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Bürgerliche Mitgliedschaft in Religionsgemeinschaften

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„<strong>Bürgerliche</strong>“ <strong>Mitgliedschaft</strong> <strong>in</strong> Kirchen und Religionsgeme<strong>in</strong>schaften<br />

e<strong>in</strong> auf Dauer angelegtes Phänomen natürlicher Personen ist, kommt gesellschaftsrechtlichen<br />

Organisationsformen wenig praktische Bedeutung zu. 52 S<strong>in</strong>n<br />

und Zweck e<strong>in</strong>er Religionsgeme<strong>in</strong>schaft soll ja gerade deren rechtliche Eigenständigkeit<br />

se<strong>in</strong> und nicht ihr „Stehen und Fallen“ mit dem Willen e<strong>in</strong>zelner Gesellschafter.<br />

Religiöse Gesellschaften s<strong>in</strong>d deswegen höchstens <strong>in</strong> der Gründungsphase<br />

e<strong>in</strong>er (religionsgeme<strong>in</strong>schaftlichen) Körperschaft als „Vorgründungsgesellschaften“<br />

denkbar. Gleiches gilt für die mögliche Organisationsform der Handelsgesellschaft,<br />

soweit ihr überwiegender Zweck nicht auf e<strong>in</strong> religiöses, sondern e<strong>in</strong> wirtschaftliches<br />

Erwerbsstreben gerichtet ist. 53<br />

E<strong>in</strong>e andere systematische Überlegung betrifft die negative Abgrenzung von<br />

Religionsgeme<strong>in</strong>schaften zu religiösen Vere<strong>in</strong>en gemäß Art. 138 II WRV. Religiöse<br />

Vere<strong>in</strong>e verfolgen ke<strong>in</strong>en umfassenden, sondern bloß e<strong>in</strong>en begrenzten Zweck<br />

im religiösen oder sozialen Bereich. Sie leiten ihre Freiheit als zugeordnete Umfeldorganisation<br />

von e<strong>in</strong>er Religionsgeme<strong>in</strong>schaft ab. 54 Entsprechendes gilt für anstaltliche<br />

Organisationsformen. Sie erfassen die natürlichen Personen nur partikular<br />

und stellen unter den Bed<strong>in</strong>gungen religiöser Pluralität, staatlicher Neutralität<br />

und Säkularität (Art. 4 I, II GG, Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 I WRV) ke<strong>in</strong>e taugliche<br />

Rechtsform für e<strong>in</strong>e Religionsgeme<strong>in</strong>schaft dar. Der Staat würde mit der<br />

E<strong>in</strong>richtung und E<strong>in</strong>gliederung e<strong>in</strong>er Religionsanstalt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Organisationsstruktur<br />

die Trennung von Staat und Kirche aufheben. Ebenso wenig können Stiftungen<br />

Religionsgeme<strong>in</strong>schaften se<strong>in</strong>, weil e<strong>in</strong> Vermögen ke<strong>in</strong>er Religion nachgeht.<br />

Schließlich f<strong>in</strong>det der Begriff „Religionsgeme<strong>in</strong>schaft“ <strong>in</strong> Art. 7 III (2) GG<br />

Erwähnung. Danach wird der Religionsunterricht unbeschadet des staatlichen<br />

Aufsichtsrechts <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit den Grundsätzen der Religionsgeme<strong>in</strong>schaften<br />

erteilt. Art. 7 III (2) GG konkretisiert das Selbstbestimmungsrecht bestehender<br />

Religionsgeme<strong>in</strong>schaften (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 III WRV) <strong>in</strong> dieser<br />

Spezialmaterie und ist <strong>in</strong> den Worten des BVerwG funktional als „Mittel zur Entfaltung<br />

und Unterstützung der […] Religionsfreiheit“ zu verstehen. 55 Wie das<br />

BVerwG <strong>in</strong> dieser Entscheidung zudem feststellte, liegt der Religionsunterricht<br />

nicht exklusiv im Interesse der Religionsgeme<strong>in</strong>schaft, sondern im Interesse der<br />

Geme<strong>in</strong>schaft und ihrer Mitglieder.<br />

Der Akzent verschiebt sich dadurch m<strong>in</strong>destens gleichrangig zugunsten der e<strong>in</strong>er<br />

konfessionellen Beschulung ausgesetzten K<strong>in</strong>der bzw. ihrer Erziehungsberechtigten.<br />

Religionsgeme<strong>in</strong>schaften kommt diesem Ansatz zufolge die Rolle zu,<br />

den Glauben ihrer Mitglieder zu konzentrieren und ihre Lehren <strong>in</strong> den öffentlichen<br />

Raum h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zutragen. Sie fungieren als religiöse Repräsentanten und Multiplikatoren.<br />

In Art. 7 III (2) GG führt der Begriff der „Religionsgeme<strong>in</strong>schaft“ den<br />

älteren, <strong>in</strong> der WRV verwendeten Begriff der „Religionsgesellschaft“ fort, ohne<br />

52 He<strong>in</strong>ig, Religionsgesellschaften, S. 73.<br />

53 Vgl. von Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, S. 83; He<strong>in</strong>ig, Religionsgesellschaften, S. 67 f.<br />

54 BVerfGE 24, 236 (246f.); Morlok, <strong>in</strong>: Dreier, GG III, Art. 137 WRV Rn. 52.<br />

55 BVerwGE 110, 326 (340); 123, 49 (53).

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