Lacht da wer? - Mediaculture online
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Age»-Geschichten andererseits. In aller Regel deckt die Kritik über Ersteres den<br />
Mantel der Nächstenliebe, was auch hier in Bezug auf Filme wie Harte Jungs getan<br />
<strong>wer</strong> den soll, und feiert Zweiteres als ideales Feld für filmische Talentproben (auch<br />
hier: auto biografisch geerdet). Abgefedert <strong>wer</strong>den die Zumutungen des Genres sehr<br />
gern immer wie der mit Elementen des «Körpertauschs» oder anderen fantastischen<br />
Zutaten wie in Teen-Aged (2002, Andreas Wuttke). Tatsächlich ist die Familie ein beinahe<br />
größeres Problem als der Sex.<br />
enSemble KOmiK. Eine relativ späte Ent deckung des deutschen Films – und offensichtlich<br />
dem Nachlassen der Zugkraft von Stars wie Otto Waalkes geschuldet – ist die<br />
komische Gruppe, die sich um die Märchen travestie wie in den Sieben-Z<strong>wer</strong>ge-Filmen<br />
oder um die Parodie medialer Vorbilder ent wickelt: Während Ossi’s Eleven (2008,<br />
Oliver Mielke) sich noch um ein Bild der Verlierer von deutscher Vereinigung und<br />
Neoliberalis mus bemüht, variiert Otto’s Eleven eher die überkommenen Gagtechniken.<br />
Ideale Stoffe für Ensemble-Komödien liefert natürlich der Sport, ob es sich <strong>da</strong>bei<br />
um Bobrennen (Schwe re Jungs) oder Fußball (FC Venus) handelt.<br />
Til SchweiGer. Bemerkens<strong>wer</strong>terweise haben die deutschen Konsensbilder gerne<br />
ein «Gesicht». Das Gesicht der Beziehungskomö die war Katja Riemann, <strong>da</strong>s Gesicht<br />
des neuen TV-Heimatkitsches ist Christine Neubauer, <strong>da</strong>s Gesicht der neuesten deutschen<br />
Komödie zur sexuellen Ökonomie des deutschen Mittelstandes ist Til Schweiger.<br />
In einer Sozialge schichte der Stars könnte man sie als lebende [22] Vorschläge zum<br />
Umgang mit lebensgeschicht lichen und gesellschaftlichen Widersprüchen ansehen.<br />
Das Komische an ihnen ist vor allem Strategie. So ist Schweiger der Macho, der zum<br />
Softie wird, die narrative und ikonogra phische Auflösung des Widerspruchs von Lust<br />
und Ordnung, in dem sich weibliches Begehren oder männliches Begehrt<strong>wer</strong>denwollen<br />
befinden. Entsprechend erfolgreich sind Schweigers eigene Komödien, in<br />
denen familiäre Geborgenheit und sexuelle Anspie lungen so aufeinandertreffen, <strong>da</strong>ss<br />
immerhin bei Keinohrhasen (2007) Zweifel an der Al tersfreigabe geäußert wurden.<br />
Dabei geht es in diesen Komödien um eben dies: eine sexu elle Energie in die Reorganisation<br />
des Famili ären retten und die Bruchstellen mit Komik bedecken. Die erfolgreichste<br />
Film komödie des Jahres 2010 war Schweigers Zweiohrküken (2009).<br />
SPaSSPOliTiK. Seit Helmut Dietls Schtonk! (1992), der direkt auf den Skan<strong>da</strong>l der<br />
ge fälschten Hitler Tagebücher reagierte und dem eine gewisse satirische Schärfe nicht<br />
ab zusprechen war, gelang es kaum einem deut schen Film, politische Satire und Komik<br />
noch einmal zu verbinden. Vielleicht war einer in sich bereits karnevalisierten Politik<br />
mit die sem Mittel auch kaum beizukommen. Einen Endpunkt dieser Entwicklung<br />
markiert mög licherweise Hape Kerkelings Isch kandidiere, (2009, Angelo Colagrossi),<br />
wo er seine Kunstfigur Horst Schlämmer in den Wahlkampf und zu Begegnungen mit<br />
real existierenden deutschen Politikerinnen und Politikern führt. Besser und zugleich<br />
folgenloser konnte man die Vermischung von Politik und Entertainment kaum noch<br />
aufzeigen. Letztendlich scheint es einigermaßen gleichgültig, ob man von Politikern<br />
regiert wird, die sich wie Kaba rettisten verhalten, oder von Kabarettisten, die sich<br />
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