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MAGAZIN | KOLUMNE Und jetzt Sport! Die Revolution lebt! Brot und Spiele. Fußball als Opium fürs Volk. Irgendwie hat das immer funktioniert. „Das war einmal“, sagt Dr. L. Eder. Die Demonstrationen rund um den Confederations Cup in Brasilien sind nach Meinung unseres Sportchefs das Beste, was dem Fußball widerfahren konnte. Sepp und seine Spießgesellen haben mit allem gerechnet, aber wahrlich nicht damit. In einem fußballverrückten Land, vielleicht dem fußballverrücktesten überhaupt, protestieren die Menschen gegen die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr. Und das, obwohl zeitgleich der Confederations Cup über die Bühne geht. Der Baum brennt lichterloh. Und ich liebe es! Denn die Menschen in Rio de Janeiro, São Paulo und Recife tun damit der ganzen Welt einen großen Gefallen. Ihre Proteste zeugen nicht nur von der demokratischen Reife eines Landes, welches bis in die 1980er noch von einer faschistischen Militärdiktatur unterjocht wurde. Endlich erhebt sich eine Demokratie gegen die zutiefst antidemokratische Fifa-Mafia. Was Südafrika 2010 und auch Deutschland 2006 sich nicht trauten, übernimmt nun das Land des fünfmaligen Weltmeisters. Ich ziehe meinen Hut vor dem brasilianischen Volk. Diejenigen Funktionäre und ehemaligen Stars – vor allem Pelé und Firlefranz –, die sich und den Fußball vor langer Zeit schon verkauft haben, können sich keinen Reim darauf machen. Sepp Blatter rechnete mit einem schnellen Ende der Proteste, da der Fußball „stärker als die Unzufriedenheit der Menschen“ sei. Nur hat sich der Fifa-Präsident dabei schwer geirrt, denn die Brasilianer haben erkannt, dass das größte Sportereignis unseres Planeten im kommenden Jahr nicht das ihre sein wird. Milliarden für die WM statt Gelder für Bildung, dazu korrupte Strukturen in der Politik. Die Kritik an der eigenen Regierung wirft auch einen großen Schatten auf die Fifa. Strikte Auflagen und Regeln im Sinne der Sponsoren, überteuerte Eintrittspreise und wie schon vor drei Jahren in Südafrika die Zwangsräumung von Wohnungen für milliardenschwere Stadien, die nach der WM leer stehen, lassen die Fußball- WM – einst Sport der Massen und Armen – immer mehr zu einem Spektakel der Privilegierten verkommen. Und geschmiert wird dabei, was das Zeug hält! Dass sich das ausgebeutete Volk irgendwann einmal wehrt, kann nicht wirklich verwundern. Aber selbst der friedliche Hinweis der Demonstranten auf die Missstände im Lande wird nicht geduldet. Mit dem brachialen Einsatz von Knüppeln, Tränengas und Gummigeschossen ist die Machtelite bestrebt, den Status Quo aufrecht zu erhalten. Komme, was wolle! Was die Fifa um ihren führenden Apparatschik aber bis ins Mark getroffen hat, ist die Solidarität PIG-Sportexperte Dr. L. Eder legt gerne den Finger in die Wunde. Nicht nur sportlich – auch gesellschaftlich & politisch. der brasilianischen Nationalmannschaft mit ihren revoltierenden Bürgern. „Die Seleção ist das Volk“, sagte Brasiliens Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari angesichts der Ereignisse in seiner Heimat. „Wir sind das Volk“, haben 1989 in Leipzig auch hunderttausende Demonstranten gerufen. Ein paar Tage später war die Mauer gefallen. Und ein Diktator gestürzt, der den Sport stets als Propagandamittel eingesetzt hatte. Wenn also ein Umsturz in einem Staat möglich ist, wieso dann nicht auch in einem Verband, der nachweislich den Weltfußball seit Jahrzehnten für seine Zwecke missbraucht? Helden wie Bradley Manning, Julian Assange oder Edward Snowden, die allesamt die Wahrheit kund tun, werden mundtot gemacht. Stattdessen darf der Fifa-Lügenapparat nach Belieben walten. Aber nicht mehr lange, da bin ich mir sicher. Die Ereignisse in Brasilien sind nämlich das Beste, was dem Fußball widerfahren konnte. Die Revolution lebt! • 38 | 39
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