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Arbeit und Aufenthalt in der Türkei

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<strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Aufenthalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

RUMPF Consult<strong>in</strong>g Danışmanlık Hizmetleri Ltd. Şti.<br />

Kozyatağı Mah. Bayar Cad. Gülbahar Sok. No: 17 Perdemsac Plaza Kat:5 Daire:57‐58<br />

TR‐34742 Kadıköy ‐ İstanbul<br />

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Zollverfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

Herdweg 24 – D‐70174 Stuttgart<br />

Tel: +49 (0) 711 / 997 977‐0 – Tel: +49 (0) 711 / 997 977‐20<br />

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2 – Zollverfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

E<strong>in</strong>leitung<br />

Die engen Verb<strong>in</strong>dungen <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> zur EU gehen<br />

bereits <strong>in</strong> die Anfangsphase <strong>der</strong> alten EWG<br />

zurück <strong>und</strong> damit sehr viel weiter als die <strong>der</strong><br />

meisten aktuellen EU‐Staaten. Dennoch hat mit<br />

dem Beitritt trotz e<strong>in</strong>schlägiger Abkommen<br />

(Assoziationsabkommen, Zusatzprotokoll) bis<br />

heute nicht geklappt. Dass die <strong>Türkei</strong> wirtschaftlich<br />

aufgeholt hat <strong>und</strong> <strong>der</strong>zeit im Begriff<br />

ist, e<strong>in</strong>en großen Teil <strong>der</strong> Mitgliedstaaten <strong>der</strong><br />

EU zu überholen, ist aber auch gerade dieser<br />

traditionellen Nähe zur EU zu verdanken.<br />

Zollunion<br />

Mit <strong>der</strong> Zollunion 1996 kam es zu e<strong>in</strong>er gr<strong>und</strong>legenden<br />

Än<strong>der</strong>ung des Importregimes. An<br />

den türkischen Außengrenzen (Syrien, Irak,<br />

Iran etc.) gilt <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>same Zolltarif <strong>der</strong> EU.<br />

Diesem Zolltarif angehängt s<strong>in</strong>d sich ständig<br />

än<strong>der</strong>nde Listen von Waren, <strong>der</strong>en E<strong>in</strong>fuhr dem<br />

EU‐Zollregime unterliegt. Wer also Waren,<br />

Rohstoffe, Halbware etc. jenseits <strong>der</strong> türkischen<br />

Grenze e<strong>in</strong>kauft o<strong>der</strong> herstellen lässt, um<br />

diese dann <strong>in</strong> die <strong>Türkei</strong> e<strong>in</strong>zuführen, führt dieses<br />

Produkt damit auch <strong>in</strong> den B<strong>in</strong>nenmarkt <strong>der</strong><br />

EU e<strong>in</strong>. Ist die Ware erst e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

<strong>und</strong> hat die Zollabfertigung zur E<strong>in</strong>fuhr <strong>in</strong> den<br />

B<strong>in</strong>nenmarkt <strong>der</strong> EU h<strong>in</strong>ter sich, nimmt diese<br />

Ware am freien Warenverkehr <strong>in</strong> allen Mitgliedstaaten<br />

<strong>der</strong> EU teil.<br />

Aber auch für die Waren, die <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> EU<br />

zirkulieren, gibt es e<strong>in</strong> Regime. Denn die unterschiedlichen<br />

Politiken <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen EU‐Staaten<br />

im Bereich von Ges<strong>und</strong>heit, Umwelt <strong>und</strong> technischen<br />

Standards, die noch nicht alle harmonisiert<br />

s<strong>in</strong>d, führen dazu, dass nach wie vor e<strong>in</strong><br />

Interesse daran besteht, den Warenverkehr<br />

auch <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> EU zu kontrollieren. Denn<br />

freier Warenverkehr bedeutet lediglich, dass<br />

die Staaten ke<strong>in</strong>e „Handelsbeschränkungen“<br />

mehr anwenden dürfen, die den freien Warenverkehr<br />

beh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Es sei denn, es liegt dafür<br />

e<strong>in</strong> auch durch die EU anerkanntes öffentliches<br />

Interesse vor.<br />

Bei E<strong>in</strong>fuhren aus dem EU‐Ausland <strong>in</strong> die <strong>Türkei</strong><br />

(<strong>und</strong> umgekehrt) gibt es daher nach wie vor e<strong>in</strong><br />

„Zollverfahren“, das Verwaltungsaufwand für<br />

den Importeur bzw. Exporteur <strong>und</strong> die Zollbehörden<br />

mit sich br<strong>in</strong>gt. In diesen Verfahren<br />

greifen dann häufig faktische „Handelshemmnisse“<br />

e<strong>in</strong> – oft mehr o<strong>der</strong> weniger s<strong>in</strong>nvolle<br />

Prüfungsverfahren o<strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen an<br />

Zertifikate aller Art.<br />

E<strong>in</strong>fuhrabgaben<br />

Zwar ist <strong>der</strong> Zoll im alten S<strong>in</strong>ne entfallen, aber<br />

es gibt wie überall <strong>in</strong> <strong>der</strong> EU noch verschiedene<br />

E<strong>in</strong>fuhrabgaben.<br />

An erster Stelle steht die „E<strong>in</strong>fuhrumsatzsteuer“,<br />

die für verschiedene Warengruppen extreme<br />

Unterschiede aufweist <strong>und</strong> häufigerem<br />

Wechsel unterworfen ist. Die Standardsätze<br />

betragen zwischen 1%, 8% <strong>und</strong> 18%. In E<strong>in</strong>zelfällen,<br />

z.B. bei Luxusgütern, kann die Steuer auch<br />

schon mal über 20% betragen.<br />

Schließlich ist auch mit wechselnden „Fonds“‐<br />

Abgaben zu rechnen. Dabei handelt es sich um<br />

Son<strong>der</strong>abgaben zur F<strong>in</strong>anzierung bestimmter<br />

öffentlicher Projekte o<strong>der</strong> Leistungen, die auf<br />

bestimmte Waren o<strong>der</strong> Warengruppen erhoben<br />

werden.<br />

E<strong>in</strong>fuhr <strong>und</strong> Zollverfahren<br />

Für die E<strong>in</strong>fuhr lassen sich die erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Dokumente <strong>in</strong> zwei Gruppen unterteilen:<br />

• Dokumente, die bei je<strong>der</strong> E<strong>in</strong>fuhr erfor<strong>der</strong>lich<br />

s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong><br />

• Zusätzliche Dokumente, die sich aus <strong>der</strong><br />

jeweiligen Warengruppe ergeben. Hierfür<br />

muss für jede Ware die Zolltarifpositionsnummer<br />

(Gümrük Tarife İstatistiki<br />

Pozisyonu) geprüft werden, um zu<br />

bestimmen, welche beson<strong>der</strong>e<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen zu beachten s<strong>in</strong>d. Diese<br />

werden <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit dem Lieferanten<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel vom Importeur besorgt.<br />

Allgeme<strong>in</strong>e Begleitpapiere


Zollverfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> ‐ 3<br />

• Lieferantenrechnung, Packliste<br />

• Versicherungsdokumente<br />

• Warenverkehrsbesche<strong>in</strong>igung für freien<br />

Warenverkehr (Zollunion)<br />

• ATR‐Sche<strong>in</strong> – Ausstellung erfolgt durch<br />

Zollstellen<br />

• Warenverkehrsbesche<strong>in</strong>igung für Eisen<strong>und</strong><br />

Stahlprodukte (Freihandelsabkommen)<br />

• EUR.1 – Ausstellung erfolgt durch Zollstellen,<br />

o<strong>der</strong><br />

• Ursprungserklärung des Ausführers auf <strong>der</strong><br />

Rechnung für Sendungen bis zu €<br />

6.000,00.<br />

Beson<strong>der</strong>heiten bei ausgewählten Produktgruppen<br />

Für bestimmte Warengruppen werden Prüfzeugnisse<br />

gefor<strong>der</strong>t. Diese werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

von türkischen M<strong>in</strong>isterien ausgestellt <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d<br />

z.B. für die E<strong>in</strong>fuhr von Lebensmittel o<strong>der</strong> für<br />

elektrische Geräte erfor<strong>der</strong>lich. Das zuständige<br />

M<strong>in</strong>isterium für die Lebensmittel ist das M<strong>in</strong>isterium<br />

für Landwirtschaft <strong>und</strong> Dorfwesen<br />

(Tarım ve Köyişleri Bakanlığı), für elektrische<br />

Geräte ist das Industrie‐ <strong>und</strong> Handelsm<strong>in</strong>isterium<br />

(Sanayi ve Ticaret Bakanlığı) zuständig.<br />

Der Zoll kann ferner e<strong>in</strong>e Laboruntersuchung<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zuführenden Waren anordnen, wenn er<br />

dies für erfor<strong>der</strong>lich hält. Diese Untersuchung<br />

kann bis zu 45 Tage dauern. Betroffen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

chemische Produkte wie z. B. Des<strong>in</strong>fektionsmittel,<br />

Farben, Waschmittel. Auch für<br />

Lebensmittel wie Joghurt o<strong>der</strong> Bier können<br />

Laboranalysen angeordnet werden. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

ist e<strong>in</strong>e Laboranalyse für e<strong>in</strong>en Import solcher<br />

Produkte nicht vorgeschrieben. Der Zollbeamte<br />

hat e<strong>in</strong>en Ermessensspielraum <strong>und</strong><br />

Entscheidungsbefugnis.<br />

Für die E<strong>in</strong>fuhr von tierischen Produkten (Eier,<br />

Milch, Fleisch, Wurst etc.) ist zusätzlich e<strong>in</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitszertifikat des türkischen Ges<strong>und</strong>heitsm<strong>in</strong>isteriums<br />

(Sağlık Bakanlığı) erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Außerdem wird e<strong>in</strong>e Unbedenklichkeitsbesche<strong>in</strong>igung<br />

e<strong>in</strong>er deutschen Kontrollbehörde<br />

gefor<strong>der</strong>t, welche <strong>der</strong> türkischen Kontrollbehörde,<br />

e<strong>in</strong>er dem Landwirtschaftsm<strong>in</strong>isterium<br />

(Koruma ve Kontrol Genel Müdürlüğü) nachgeordneten<br />

Behörde entspricht. Das Problem hier<br />

ist, dass es <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>e entsprechende<br />

E<strong>in</strong>richtung nicht gibt. Es kann e<strong>in</strong> entsprechendes<br />

Zertifikat e<strong>in</strong>es Veter<strong>in</strong>ärs o<strong>der</strong> Labors<br />

ausgestellt werden, dessen Authentizität von<br />

<strong>der</strong> deutschen Auslandsvertretung bestätigt<br />

wird. Ferner erstreckt sich die Zollunion nur auf<br />

verarbeitete Lebensmittel.<br />

Für die E<strong>in</strong>fuhr von alkoholischen Getränken ist<br />

neben dem Prüfungszeugnis des Landwirtschaftsm<strong>in</strong>isteriums<br />

die Importgenehmigung<br />

durch den Kontrollrat für Tabak, Tabakprodukte<br />

<strong>und</strong> den Spirituosenmarkt (Tütün ve Tütün<br />

Mamulleri ve Alkol Piyasası Kontrol Kurumu) erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Diese Genehmigung kann gleichzeitig<br />

mit dem Prüfzeugnis beantragt werden.<br />

Früher konnte sie erst nach Vorliegen des Prüfzeugnisses<br />

beantragt werden, was die E<strong>in</strong>fuhr<br />

sehr verzögert hatte.<br />

Mit dem Import von Alkoholika fallen hohe<br />

Son<strong>der</strong>verbrauchsteuern (Özel Tüketim Vergisi,<br />

ÖTV) an. Diese betragen von 63 % für Bier bis zu<br />

275 % für Sekt. Für die E<strong>in</strong>fuhr ist <strong>der</strong> Nachweis,<br />

dass diese Steuern bezahlt worden s<strong>in</strong>d, erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Gebrauchte Waren/Produkte/Masch<strong>in</strong>en können<br />

nur e<strong>in</strong>geführt werden, wenn sie nicht älter als<br />

zehn Jahre alt s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Masch<strong>in</strong>enliste<br />

im Anhang zum türkischen Importregime aufgeführt<br />

s<strong>in</strong>d (aktuell z.B. R<strong>und</strong>erlass 2006/9<br />

über die E<strong>in</strong>fuhr gebrauchter Waren). Die Liste<br />

kann entwe<strong>der</strong> über die Internetseite <strong>der</strong> türkischen<br />

Zollbehörde, aber auch kostenpflichtig<br />

<strong>in</strong> deutscher Sprache über die AHK Istanbul bezogen<br />

werden.<br />

E<strong>in</strong>e vorübergehende E<strong>in</strong>fuhr solcher Masch<strong>in</strong>en,<br />

die nicht <strong>der</strong> Liste für gebrauchte Waren<br />

entsprechen, ist aber möglich. Maßgeblich ist<br />

das Herstellungsdatum.<br />

Falls <strong>der</strong> Zoll am Alter e<strong>in</strong>er Masch<strong>in</strong>e zweifelt,<br />

kann er vom Türkischen Standard<strong>in</strong>stitut (TSE)


4 – Zollverfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Universität e<strong>in</strong> Sachverständigengutachten<br />

e<strong>in</strong>holen.<br />

Gebrauchte Kfz können nur zum eigenen Gebrauch<br />

e<strong>in</strong>geführt werden.<br />

Die Dokumente, die für gebrauchte Waren erfor<strong>der</strong>lich<br />

s<strong>in</strong>d, bestimmen sich nach <strong>der</strong> Zolltarifnummer,<br />

es s<strong>in</strong>d also die gleichen Dokumente/Zertifikate/Prüfzeugnisse<br />

vorzulegen wie für<br />

Neuwaren.<br />

Carnet ATA–Verfahren / Mustervorschriften<br />

Das Carnet ATA ist e<strong>in</strong> weltweit angewandtes<br />

Verfahren <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es multilateralen Abkommens<br />

zur vorübergehenden E<strong>in</strong>fuhr. Dieses<br />

wird häufig bei Messewaren verwendet. Es<br />

verlangt aber, dass alle auf dem Carnet aufgeführten<br />

Waren wie<strong>der</strong> ausgeführt werden.<br />

Häufig lohnt sich die Rückfuhr nicht, weil <strong>der</strong><br />

Warenwert unter den Rückfuhrkosten liegt.<br />

Dann sollten die Waren wenn möglich am Anfang<br />

nach Mustervorschriften e<strong>in</strong>geführt werden.<br />

Muster ohne Handelswert werden zollfrei<br />

zugelassen. Hierfür sollen die Waren durch E<strong>in</strong>schnitte,<br />

Lochung dgl. entwertet se<strong>in</strong>.<br />

Für an<strong>der</strong>e Muster s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>fuhrgenehmigungen<br />

erfor<strong>der</strong>lich. Für Waren bis zu e<strong>in</strong>em Wert von<br />

US $ 60.000,00.‐ ist <strong>der</strong> Zollamt zuständig. Für<br />

wertvollere Waren ist die Zollhaupt‐verwaltung<br />

<strong>in</strong> Ankara zuständig. Auch für die Rückfuhr ist<br />

e<strong>in</strong>e Genehmigung erfor<strong>der</strong>lich, falls hierfür<br />

Zoll entrichtet worden ist, wird dieser nicht zurückerstattet.<br />

Zertifikatsnachweise<br />

Jede DIN‐ <strong>und</strong> ISO‐Norm ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> durch<br />

e<strong>in</strong>e entsprechende Norm des TSE (Türkisches<br />

Standard<strong>in</strong>stitut) ersetzt worden. Bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fuhr<br />

von Waren, die DIN‐ o<strong>der</strong> ISO‐Normen<br />

entsprechen, muss regelmäßig e<strong>in</strong> Muster zum<br />

Test dem TSE vorgelegt werden. Diese Prozedur<br />

ist aber umständlich, zeitaufwendig <strong>und</strong><br />

kosten<strong>in</strong>tensiv. Ferner müssen häufig Dokumente<br />

von Testreihen mit türkischer Übersetzung<br />

aus Deutschland vorgelegt werden. Es<br />

besteht auch die Möglichkeit, e<strong>in</strong>en gesamten<br />

Produktionsbetrieb zu zertifizieren, was 20.000<br />

€ zuzüglich Reisekosten für e<strong>in</strong> Ingenieursteam<br />

kostet.<br />

CE‐Kennzeichnung<br />

Die <strong>Türkei</strong> hat viele EG‐Richtl<strong>in</strong>ien <strong>in</strong> nationales<br />

Recht umgesetzt. Demzufolge werden für bestimmte<br />

Waren wie K<strong>in</strong><strong>der</strong>spielzeuge o<strong>der</strong> bestimmte<br />

mediz<strong>in</strong>ische Geräte e<strong>in</strong>e CE‐<br />

Kennzeichnung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Konformitätserklärung<br />

verlangt. Die CE Kennzeichnung kann<br />

bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fuhr vom Zoll überprüft werden.<br />

Importlizenz<br />

Die Importeure <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> brauchen für die<br />

Warene<strong>in</strong>fuhr e<strong>in</strong>e entsprechende Lizenz. Ohne<br />

Lizenz ist die E<strong>in</strong>fuhr nicht möglich. Beson<strong>der</strong>s<br />

wenn man mit kle<strong>in</strong>eren Firmen zusammenarbeiten<br />

wird, empfiehlt es sich, dies vorab mit<br />

dem K<strong>und</strong>en zu klären. Darüber h<strong>in</strong>aus ist die<br />

E<strong>in</strong>fuhr von alkoholischen Getränken nur Importeuren<br />

mit e<strong>in</strong>er „A‐Lizenz“ möglich.<br />

Zu beachten ist schließlich, dass nicht alle Waren<br />

bei allen Zollstellen abgefertigt werden<br />

können. Für bestimmte Waren s<strong>in</strong>d bestimmte<br />

E<strong>in</strong>fuhrzollstellen zuständig. Die Listen liegen<br />

dem Importregime bei.<br />

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Vergaberecht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

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Vergaberecht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> – 2<br />

E<strong>in</strong>führung<br />

Von erheblicher Relevanz <strong>in</strong> den Sektoren<br />

Bau, Energie <strong>und</strong> Telekommunikation ist das<br />

Vergaberecht. Bei öffentlichen Bauprojekten<br />

(Straßen, Schulen etc.) geht es um Diensto<strong>der</strong><br />

Werkleistungen. Ist auch <strong>der</strong> Betrieb<br />

e<strong>in</strong>er Anlage durch e<strong>in</strong>en privaten Unternehmer<br />

geplant, kommen Lizenzen <strong>und</strong><br />

Konzessionen h<strong>in</strong>zu. Dies ist <strong>der</strong>zeit vor allem<br />

<strong>in</strong> den Sektoren Energie <strong>und</strong> Verkehrswirtschaft<br />

(Bau <strong>und</strong> Betrieb von Flughäfen,<br />

Seehäfen <strong>und</strong> Fernstraßen) relevant. Das<br />

türkische Vergaberecht ist den europäischen<br />

Standards sehr ähnlich.<br />

Das Vergaberecht ist <strong>in</strong> verschiedenen Gesetzen<br />

geregelt, was h<strong>in</strong> <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> Irritationen<br />

hervorruft. So gibt es e<strong>in</strong> Gesetz Nr.<br />

4734 über „öffentliche Ausschreibungen“<br />

(Kamu İhale Kanunu – Vergabegesetz) <strong>und</strong> e<strong>in</strong><br />

Gesetz Nr. 4735 über „öffentliche Verträge“<br />

(Kamu İhale Sözleşmeleri Kanunu), beide <strong>in</strong><br />

Kraft seit Anfang 2003. Der Gesetzgeber hat<br />

sich während <strong>der</strong> Vorbereitung <strong>der</strong> Gesetze<br />

an den Europäischen Vergaberichtl<strong>in</strong>ien <strong>und</strong><br />

das GATT/WTO‐ Übere<strong>in</strong>kommen über das<br />

öffentliche Beschaffungswesen GPA orientiert.<br />

Das Vergabegesetz muss zusammen<br />

mit e<strong>in</strong>em R<strong>und</strong>erlass vom August 2011<br />

(Kamu İhale Genel Tebliği) gelesen werden.<br />

Für e<strong>in</strong>zelne Bereiche gibt es Verordnungen,<br />

wie etwa die DVO Vergabe im Bau (Yapım<br />

İşleri İhaleleri Uygulama Yönetmeliği), zuletzt<br />

geän<strong>der</strong>t am 8.10.2011.<br />

Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Die Vorschriften des Vergabegesetzes regeln<br />

das Vergabeverfahren für das öffentliche<br />

Beschaffungswesen, also <strong>der</strong> Behörden <strong>und</strong><br />

E<strong>in</strong>richtungen des öffentlichen Rechts, Unternehmen<br />

mit öffentlicher Mehrheitsbeteiligung<br />

<strong>und</strong> Organisationen, die aus Mitteln<br />

<strong>der</strong> öffentlichen Hand f<strong>in</strong>anziert werden. Das<br />

Gesetz bezieht sich nicht auf Beschaffungen<br />

<strong>in</strong> den Sektoren Energie, Wasser, Transport<br />

<strong>und</strong> Telekommunikation sowie Beschaffungen<br />

im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Landesverteidigung,<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong>neren Sicherheit <strong>und</strong> mit<br />

nachrichtendienstlichen Tätigkeiten. Ausgenommen<br />

s<strong>in</strong>d ferner bestimmte Projekte, die<br />

im Rahmen <strong>in</strong>ternationaler Verträge im Ausland<br />

f<strong>in</strong>anziert werden.<br />

Das Gesetz bestimmt die wesentlichen<br />

Gr<strong>und</strong>sätze des Vergaberechts. Danach ist<br />

<strong>der</strong> Wettbewerb zu schützen, s<strong>in</strong>d die Kandidaten<br />

gleich zu behandeln, muss das Verfahren<br />

transparent, zuverlässig <strong>und</strong> vertraulich<br />

se<strong>in</strong>, muss die öffentliche Kontrolle gewährleistet<br />

e<strong>in</strong> <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e effiziente Ressourcenverwendung<br />

sichergestellt se<strong>in</strong>.<br />

Wo e<strong>in</strong> Vorhaben Umweltrelevanz aufweist,<br />

muss unter Umständen e<strong>in</strong>e UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung)<br />

durchgeführt <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong> Umweltverträglichkeitsbericht (Çevre Etki<br />

Değerlendirme Raporu) vorgelegt werden.<br />

Ausgenommen s<strong>in</strong>d bauliche Notmaßnahmen,<br />

etwa nach Naturkatastrophen.<br />

Es gibt im H<strong>in</strong>blick auf die Ausschreibungsverpflichtung<br />

<strong>der</strong> Behörden Schwellenwerte,<br />

die umgerechnet zwischen 300.000 <strong>und</strong> 12<br />

Millionen Euro liegen. Die <strong>in</strong> TL geltenden<br />

Werte werden unter Berücksichtigung <strong>der</strong><br />

Inflation zum 1. Februar jedes Jahres neu<br />

festgesetzt. Die Umgehung dieser Werte<br />

durch ungerechtfertigte Aufteilung <strong>in</strong> Lose<br />

ist unzulässig. Gerechtfertigt ist die Aufteilung,<br />

wenn die ausgeschriebene Leistung<br />

nachvollziehbar <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelleistungen wie Warenlieferungen,<br />

Dienstleistungen <strong>und</strong> Bauauftrag<br />

unterschieden werden kann.<br />

Derzeit haben die türkischen Behörden noch<br />

die Möglichkeit, <strong>in</strong>ländische Bieter gegenüber<br />

ausländischen Bietern durch E<strong>in</strong>räumung<br />

von Preisvorteilen von bis zu 15% zu<br />

bevorzugen.<br />

Ausschreibungen müssen bekannt gemacht<br />

werden, wobei die Art je nach Auftragswert<br />

<strong>und</strong> Vergabeverfahren differiert. Bei kle<strong>in</strong>eren<br />

Ausschreibungen genügt die Bekannt‐<br />

© Prof. Dr. Christian Rumpf


Vergaberecht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> ‐ 3<br />

machung <strong>in</strong> den örtlichen Zeitungen (sieben<br />

Tage vor Eröffnung). Die Ausschreibungen<br />

s<strong>in</strong>d im Übrigen im Bullet<strong>in</strong> für öffentliche<br />

Ausschreibungen (Kamu İhale Bülteni) m<strong>in</strong>destens<br />

e<strong>in</strong>mal zu veröffentlichen.<br />

HINWEIS: Das Ausschreibungs‐Bullet<strong>in</strong> f<strong>in</strong>det<br />

sich unter HTTP://ISTEKLI.IHALE.GOV.TR/<br />

Aufsichtsbehörde<br />

Mit dem Vergabegesetz wurde die Anstalt<br />

für öffentliche Vergaben (Kamu İhale<br />

Kurumu) e<strong>in</strong>gerichtet. Bei <strong>der</strong> Anstalt ist <strong>der</strong><br />

Vergaberat (Kamu İhale Kurulu) angesiedelt,<br />

<strong>der</strong> aus Vertretern verschiedenster Organisationen<br />

– u.a. Gerichten, <strong>Arbeit</strong>geberverbänden,<br />

M<strong>in</strong>isterien, Handelskammern etc. –<br />

besteht, wird unter an<strong>der</strong>em bei <strong>der</strong> Behandlung<br />

von Beschwerden <strong>und</strong> <strong>der</strong> Lösung von<br />

Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien<br />

tätig. Die Entscheidungen des Verwaltungsrates<br />

werden die Parteien <strong>in</strong>nerhalb von fünf<br />

Tagen nach <strong>der</strong> Beschlussfassung mitgeteilt<br />

<strong>und</strong> im Staatsanzeiger veröffentlicht.<br />

Die vorgenannten Entscheidungen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>er<br />

Prüfung durch die staatlichen Gerichte zugänglich.<br />

Arten <strong>der</strong> Vergabe<br />

Nach Art. 18 Vergabegesetz s<strong>in</strong>d drei Ausschreibungsvarianten<br />

zulässig. Es handelt<br />

sich hierbei um die offene Ausschreibung,<br />

die Angebotse<strong>in</strong>holung von e<strong>in</strong>er Gruppe<br />

ausgewählter Bieter <strong>und</strong> die Verhandlungsmethode.<br />

Bei <strong>der</strong> offenen Ausschreibung (Açık İhale<br />

Usulü) haben alle Interessenten die Möglichkeit<br />

<strong>und</strong> das Recht, Angebote zu unterbreiten.<br />

Die Ausschreibung mit Vorauswahl ähnelt<br />

dem im hiesigen Rechtsraum bekannten<br />

Nichtoffenen Verfahren. An diesem Verfahren<br />

können sich nur solche Bieter beteiligen,<br />

die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vorausgegangenen Vorauswahlverfahren<br />

erfolgreich behauptet<br />

haben (Belli İstekliler Arasında İhale Usulü).<br />

Im Verhandlungsverfahren (Pazarlık Usulü)<br />

wendet sich <strong>der</strong> Auftraggeber an ausgewählte<br />

Unternehmen, um mit e<strong>in</strong>em o<strong>der</strong> mehreren<br />

über die Auftragsbed<strong>in</strong>gungen zu verhandeln.<br />

Dieser Weg <strong>der</strong> Vergabe ist nur<br />

zulässig, wenn Dr<strong>in</strong>glichkeit besteht (Naturkatastrophen,<br />

Seuchen u.ä.), <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Verfahren<br />

ke<strong>in</strong>e Ergebnisse erzielt wurden, bei<br />

Eilbedürftigkeit im Bereich Verteidigung <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong>nere Sicherheit, bei langfristigen Forschungs‐<br />

<strong>und</strong> Entwicklungsprojekten, Beschaffungen<br />

von ger<strong>in</strong>gem Wert (unter ca.<br />

100.000 Euro).<br />

Anwendbarkeit des Vergaberechts<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich s<strong>in</strong>d die gesetzlichen Regelungen<br />

für alle öffentlichen Aufträge bestimmt.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs gelten für verschiedene Sektoren<br />

Beson<strong>der</strong>heiten, die entwe<strong>der</strong> <strong>in</strong> Verordnungen<br />

geregelt s<strong>in</strong>d (für den Bau Sektor die<br />

Verordnung über das Vergabeverfahren für<br />

Bauaufträge ‐ Yapım İşleri İhaleleri Uygulama<br />

Yönetmeliği) o<strong>der</strong> <strong>in</strong> speziellen Gesetzen<br />

bzw. zu denen gehörigen Verordnungen<br />

(z.B. Energie, Telekommunikation).<br />

Sicherheiten<br />

Mit dem Angebot ist auch e<strong>in</strong>e vorläufige<br />

Bietersicherheit abzugeben. Als Bietersicherheit<br />

s<strong>in</strong>d m<strong>in</strong>destens 3 % des angebotenen<br />

Preises zu h<strong>in</strong>terlegen, die genaue Höhe<br />

<strong>der</strong> Sicherheit wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bekanntmachung<br />

veröffentlicht. Als Sicherheit s<strong>in</strong>d neben <strong>der</strong><br />

türkischen Lira Bankgarantien von Geschäftsbanken<br />

o<strong>der</strong> privaten F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>stituten<br />

sowie Staatsanleihen zugelassen. Die<br />

Aufsichtsbehörde für das öffentliche Beschaffungswesen<br />

kann die Form <strong>der</strong> beizubr<strong>in</strong>genden<br />

Garantien vorschreiben. Während<br />

die Sicherheiten <strong>der</strong> unterlegenen Bie‐<br />

© Prof. Dr. Christian Rumpf 2008‐2010


Vergaberecht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> – 4<br />

ter wie<strong>der</strong> zurückgegeben werden, werden<br />

die Sicherheiten <strong>der</strong> beiden wirtschaftlich<br />

günstigsten Bieter vorerst e<strong>in</strong>behalten.<br />

Kommt mit dem günstigsten Bieter ke<strong>in</strong> Vertrag<br />

zustande, wird <strong>der</strong> Vertrag mit dem<br />

zweitgünstigsten geschlossen, <strong>der</strong> unmittelbar<br />

im Anschluss daran die se<strong>in</strong>erseits h<strong>in</strong>terlegte<br />

Sicherheit zurück erhält.<br />

Von <strong>der</strong> vorgenannten Sicherheit ist die Erfüllungssicherheit<br />

zu unterscheiden, die 6 %<br />

des Auftragswertes betragen muss.<br />

Zuschlag <strong>und</strong> Vertragsschluss<br />

Den Zuschlag (ihale) erhält das wirtschaftlich<br />

günstigste Angebot. Falls das wirtschaftlich<br />

günstigste Angebot nicht nach dem niedrigsten<br />

Gebot bestimmt werden kann, sollen die<br />

Betriebskosten, Rentabilität, Qualität <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> technische Wert berücksichtigt werden,<br />

um das vorteilhafteste Angebot zu bestimmen,<br />

<strong>in</strong>sofern hat <strong>der</strong> Auftraggeber e<strong>in</strong>en<br />

erheblichen Ermessensspielraum.<br />

Der Bieter, <strong>der</strong> den Zuschlag erhält, erhält<br />

durch e<strong>in</strong>e Zustellung die Auffor<strong>der</strong>ung zum<br />

Vertragsabschluss durch Unterzeichnung des<br />

Vertrags b<strong>in</strong>nen zehn Tagen ab Zustellung.<br />

B<strong>in</strong>nen gleicher Frist ist auch die Erfüllungssicherheit<br />

zu h<strong>in</strong>terlegen. Der Bieter ist zum<br />

Vertragsschluss verpflichtet. An<strong>der</strong>nfalls<br />

verfällt die Sicherheit.<br />

Rechtsschutz<br />

Gegen den Zuschlag kann vor dem zuständigen<br />

Verwaltungsgericht – bei Ausschreibungen<br />

auf oberster staatlicher Ebene ist dies<br />

<strong>der</strong> Staatsrat – Klage auf Nichtigerklärung<br />

erhoben werden. Klagebefugt ist nicht nur<br />

<strong>der</strong> Konkurrent, son<strong>der</strong>n je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er<br />

Weise von dem Zuschlag betroffen<br />

wird. Diese auch dem französischen<br />

Verwaltungsrecht bekannte Eigenheit birgt<br />

gewisse Gefahren <strong>in</strong> sich, da auch von den<br />

Parteien nicht erkennbare “Interessierte”<br />

e<strong>in</strong>greifen können. Dies können z.B. <strong>Arbeit</strong>nehmergewerkschaften<br />

se<strong>in</strong>. Im Verwaltungsprozess<br />

steht auch das Mittel <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>stweiligen Anordnung zur Verfügung, mit<br />

dem e<strong>in</strong> Ausschreibungsverfahren vorläufig<br />

gestoppt werden kann.<br />

Vom Rechtsschutz im Vergabeverfahren zu<br />

unterscheiden ist <strong>der</strong> Rechtsschutz, <strong>der</strong> sich<br />

aus dem im Anschluss geschlossenen Vertrag<br />

ergibt. Hier haben die Parteien weitgehende<br />

Freiheit, durch e<strong>in</strong>e Gerichtsstandsklausel<br />

o<strong>der</strong> Schiedsklausel selbst zu bestimmen,<br />

welche Rechtsbehelfe im Falle von Vertragsverstößen<br />

gegeben se<strong>in</strong> sollen.<br />

Zusammenarbeit mit Anwälten<br />

Vor allem im Zusammenhang mit den erneuerbaren<br />

Energien tummeln sich zunehmend<br />

deutsche <strong>und</strong> türkische Anwaltskanzleien<br />

auf dem Rechtsmarkt, die mit Kompetenzen<br />

<strong>in</strong> diesem Bereich werben. In aller Regel jedoch<br />

bestehen die Schwierigkeiten nicht nur<br />

im richtigen Zugang zu den richtigen Behörden.<br />

Denn hierzu bieten die türkischen Behörden<br />

selbst zahlreiche Hilfestellungen,<br />

auch <strong>in</strong> den gängigen Fremdsprachen. Die<br />

Probleme liegen aber vor allem <strong>in</strong> <strong>der</strong> richtigen<br />

Auswahl <strong>der</strong> Kooperationspartner vor<br />

Ort <strong>und</strong> dann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> Verträge<br />

mit den Partnern <strong>und</strong> den Behörden. Dabei<br />

gerät man <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Gemisch aus Privatrecht <strong>und</strong><br />

öffentlichem Recht, das von den wenigsten<br />

Anwälten rechtssicher beherrscht wird, auch<br />

wenn gerne an<strong>der</strong>es behauptet wird.<br />

www.rumpf‐legal.com<br />

Mit Partnerbüros<br />

<strong>in</strong> Ankara, Izmir, Bursa <strong>und</strong> Denzli<br />

© Prof. Dr. Christian Rumpf


Profil<br />

Herdweg 24 – D‐70174 Stuttgart – Tel. +49 711 997 977‐0 – Fax +49 711 997 977‐20<br />

<strong>in</strong>fo@rumpf‐rechtsanwaelte.de<br />

In Kooperation mit: RUMPF Consult<strong>in</strong>g Danışmanlık Hizmetleri Ltd. Şti.<br />

Kozyatağı Mah. Bayar Cad. Gülbahar Sok. No: 17 K. 5 D. 57‐59 – 34742 Kadıköy‐İstanbul<br />

Tel. +90 216 545 25 97 – Fax +90 216 545 25 98<br />

<strong>in</strong>fo@rumpf‐consult.com<br />

© 2012


Die Anwaltskanzlei RUMPF RECHTSANWÄLTE ist e<strong>in</strong>e Wirtschaftskanzlei<br />

mit Schwerpunkt im <strong>in</strong>ternationalen<br />

Rechtsverkehr. Unsere Mandanten kommen aus dem<br />

Mittelstand <strong>und</strong> Großunternehmen. Bekannt geworden<br />

ist die Kanzlei vor allem durch ihre beson<strong>der</strong>e Spezialisierung<br />

auf die <strong>Türkei</strong>. Wir verb<strong>in</strong>den unterschiedliche Geschäftsmentalitäten<br />

<strong>und</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> türkischen Rechtsordnung<br />

<strong>und</strong> ihrer Sprache zu Hause.<br />

Mit Prof. Dr. Christian Rumpf verfügt die Kanzlei über<br />

e<strong>in</strong>en führenden Spezialisten für türkisches Recht im nationalen<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationalen – auch völkerrechtlichen –<br />

Zusammenhang, <strong>der</strong> sich durch zahlreiche Veröffentlichungen <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Tätigkeit als<br />

Lehrbeauftragter an verschiedenen deutschen <strong>und</strong> türkischen Universitäten sowie als<br />

Gutachter vor deutschen <strong>und</strong> ausländischen Gerichten ausgewiesen hat.<br />

Vom Vertragsschluss bis zur Zwangsvollstreckung – wir suchen <strong>und</strong> f<strong>in</strong>den die optimalen<br />

Lösungen für das ausländische Unternehmen am türkischen Markt. O<strong>der</strong> für das türkische<br />

Unternehmen <strong>in</strong> Europa <strong>in</strong> den wichtigsten Gebieten des deutschen <strong>und</strong> europäischen<br />

Wirtschaftsrechts.<br />

RUMPF RECHTSANWÄLTE treiben den Netzwerk‐Gedanken auf die Spitze. Mit e<strong>in</strong>em Istanbuler<br />

Standort, e<strong>in</strong>em starken Partner <strong>in</strong> Ankara <strong>und</strong> Kooperationskanzleien an an<strong>der</strong>en<br />

türkischen Standorten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> bieten wir mehr als nur qualifizierte Rechtsberatung<br />

– Beratung bis h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Wirtschaft <strong>und</strong> Politik.<br />

Und unseren Mandanten mit Interessen <strong>in</strong> Deutschland stehen wir mit e<strong>in</strong>em erprobten<br />

Netzwerk <strong>in</strong> Deutschland <strong>und</strong> Europa zur Verfügung, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e über e<strong>in</strong>e Kooperation<br />

mit deutschen Großkanzleien <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> Köln.<br />

Mit <strong>der</strong> RUMPF CONSULTING Danışmanlık Hizmetleri Ltd. Şti. <strong>in</strong> Istanbul verfügen wir<br />

über e<strong>in</strong>e hervorragend funktionierende eigenständige Nie<strong>der</strong>lassung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>, die<br />

unsere Mandanten <strong>und</strong> unsere deutschen <strong>und</strong> türkischen Anwälte mit all denjenigen<br />

Dienstleistungen versorgt, die für e<strong>in</strong>e umfassende Betreuung unserer Mandanten über<br />

Rechtsberatung <strong>und</strong> Prozessvertretung h<strong>in</strong>aus unerlässlich s<strong>in</strong>d:<br />

• Firmengründung<br />

• Büroservice<br />

• F<strong>in</strong>anz‐ <strong>und</strong> Lohnbuchhaltung<br />

• Wirtschaftsauskünfte <strong>und</strong> Ermittlungen


• Geschäftspartner‐ <strong>und</strong> Standortsuche<br />

• Treuhandverwaltung<br />

• Immobilien<br />

Die richtige Vertragsgestaltung entscheidet über die Zukunft e<strong>in</strong>er Investition <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>.<br />

Wir unterstützen unsere Mandanten daebi, den richtigen <strong>und</strong> erfolgreichen Zugang<br />

zum türkischen Markt zu f<strong>in</strong>den. Die Schwerpunkte unserer Kanzlei s<strong>in</strong>d<br />

• Gesellschaftsverträge<br />

• Jo<strong>in</strong>t Ventures<br />

• Handelsvertreter‐ <strong>und</strong> Vertriebsverträge<br />

• Schadensrecht<br />

• <strong>Arbeit</strong>sverträge<br />

• Mietverträge<br />

• Immobilienprojekte<br />

Die Mandanten von RUMPF RECHTSANWÄLTE kommen überwiegend aus den Branchenschwerpunkten<br />

Automobil, Bau, Energie, Textil <strong>und</strong> Versicherungen. Auch Regierungsstellen<br />

<strong>in</strong> Deutschland <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> suchen die Kompetenz von RUMPF RECHTSANWÄL‐<br />

TE.<br />

Auch wenn das Ziel je<strong>der</strong> qualifizierten Rechtsberatung die Vermeidung von Konflikten<br />

se<strong>in</strong> sollte, gehört die For<strong>der</strong>ungsbeitreibung<br />

zu den unvermeidlichen<br />

Schwerpunkten <strong>der</strong> Kanzlei. Hier kommt<br />

dem Mandanten die jahrelange Erfahrung<br />

von RUMPF RECHTSANWÄLTE zugute.<br />

Dabei beg<strong>in</strong>nt die For<strong>der</strong>ungsbeitreibung<br />

nicht mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>leitung des Mahnverfahrens<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Klageerhebung, son<strong>der</strong>n<br />

bereits mit <strong>der</strong> „Forensic Investigation“.<br />

Denn ohne Kenntnis des Schuldners <strong>und</strong><br />

se<strong>in</strong>es Vermögens ist je<strong>der</strong> rechtskräftige<br />

Titel Makulatur, bleibt <strong>der</strong> Erfolg <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zwangsvollstreckung ungewiss.


Wir sprechen die Sprache unserer Mandanten – Deutsch, Türkisch, Englisch <strong>und</strong><br />

Französisch.<br />

Wir haben verstanden, dass die Globalisierung zum beherrschenden Begriff e<strong>in</strong>er<br />

weltumgreifenden Wirtschaft geworden ist. Selbstverständlich stellen wir uns den<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen dieser neuen Welt. Die Globalisierung von Recht <strong>und</strong> Wirtschaft for<strong>der</strong>t<br />

uns dazu heraus, unsere Möglichkeiten, <strong>der</strong> Mandantschaft flexibel <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternational<br />

gegenüber zu treten, auszuschöpfen <strong>und</strong> zu erweitern. Globalisierung ist nicht das Ende<br />

<strong>der</strong> län<strong>der</strong>spezifischen Spezialisierung,<br />

son<strong>der</strong>n macht letztere nötiger denn je.<br />

Nationale Mentalitäten <strong>und</strong> Eigenheiten<br />

werden nicht nur bleiben, son<strong>der</strong>n im<br />

Globalisierungsprozess zunehmend<br />

schärfer hervortreten. Genau hier sehen<br />

wir unsere Aufgabe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sich<br />

globalisierenden Welt. Im Zusammenhang<br />

transnationaler Beziehungen bei<br />

unterschiedlichen Auffassungen von Recht<br />

<strong>und</strong> Wirtschaft. Wir bewegen uns dort,<br />

wo wir uns wirklich auskennen.<br />

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Steuern <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

Herdweg 24 – D‐70174 Stuttgart – Tel. +49 711 997 977‐0 – Fax +49 711 997 977‐20<br />

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Steuern <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> – 2<br />

E<strong>in</strong>führung<br />

Das türkische Steuersystem weist e<strong>in</strong>e stark<br />

zersplitterte Steuer‐ <strong>und</strong> Abgabenlandschaft<br />

auf. Zu den Steuern <strong>und</strong> Abgaben zählen<br />

neben den auch <strong>in</strong> Deutschland bekannten<br />

Steuerarten <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>steuer, E<strong>in</strong>kommensteuer,<br />

Körperschaftsteuer <strong>und</strong> Mehrwertsteuer<br />

auch die „Stempelsteuer“, Anzeige<strong>und</strong><br />

Reklamesteuer, Kommunikationsteuer,<br />

die Umweltabgaben sowie Fondsabgaben.<br />

„Gewerbesteuer“ gibt es <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> nicht,<br />

die Stelle <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer nimmt die<br />

Gr<strong>und</strong>buchgebühr e<strong>in</strong>.<br />

Ähnlich wie <strong>in</strong> Deutschland wird die Praxis<br />

des Steuerrechts jährlich mit zahlreichen<br />

Erlassen <strong>und</strong> Verordnungen begleitet. Daher<br />

ist – vor allem für Unternehmen – die Inanspruchnahme<br />

von Steuerberatern vor Ort<br />

unerlässlich.<br />

Die Erfassung <strong>der</strong> Steuerpflichtigen wird<br />

auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> immer engmaschiger. Dazu<br />

gehört etwa auch, dass die Eröffnung<br />

e<strong>in</strong>es Bankkontos das Vorhandense<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Steuernummer voraussetzt.<br />

Steuerverfahrensrecht<br />

Das türkische Steuerverfahrensgesetz gilt<br />

für alle Steuerrechtsgebiete. Zu beachten<br />

s<strong>in</strong>d ggf. die Doppelbesteuerungsabkommen,<br />

wobei das deutsch‐türkische Abkommen<br />

am 21.7.2009 mit Wirkung zum<br />

31.12.2010 gekündigt <strong>und</strong> im September 2011<br />

e<strong>in</strong> neues unterzeichnet wurde, das rückwirkend<br />

zum 1.1.2011 gelten soll. Die sachliche<br />

Anwendung bezieht sich auch auf sonstige<br />

Abgaben <strong>und</strong> Nebenleistungen. Als räumlicher<br />

Anwendungsbereich gilt das Staatsgebiet<br />

<strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Freizonen.<br />

Die Vollstreckung von Steuerfor<strong>der</strong>ungen<br />

folgt dem Gesetz über das Vollstreckungsverfahren<br />

von öffentlich‐rechtlichen For<strong>der</strong>ungen.<br />

E<strong>in</strong>kommensteuer<br />

Natürliche Personen mit Wohnsitz bzw.<br />

mehr als sechs Monate dauerndem <strong>Aufenthalt</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> haben dem E<strong>in</strong>kommensteuergesetz<br />

zufolge jegliches <strong>in</strong>ner‐ <strong>und</strong><br />

außerhalb <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> erzieltes E<strong>in</strong>kommen zu<br />

versteuern. Ausgenommen s<strong>in</strong>d hiervon Personen,<br />

die sich zu Geschäfts‐, Forschungso<strong>der</strong><br />

ähnlichen Zwecken vorübergehend <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> aufhalten. Diese Personen haben<br />

lediglich das im Inland erzielte E<strong>in</strong>kommen<br />

zu versteuern.<br />

Die Steuer kann auch <strong>in</strong> Raten gezahlt werden,<br />

auch St<strong>und</strong>ungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis zu<br />

beobachten. Zahlungsversäumnisse ziehen<br />

extrem hohe Säumniszuschläge (Strafsteuern)<br />

nach sich.<br />

E<strong>in</strong>e Beson<strong>der</strong>heit stellt die Stopaj dar. Diese<br />

Abschlagsteuer entsteht bei steuerpflichtigen<br />

Vorgängen etwa <strong>in</strong>folge von Dienstleistungsverträgen.<br />

In <strong>der</strong> Praxis wird regelmäßig<br />

<strong>der</strong> K<strong>und</strong>e o<strong>der</strong> Mieter damit belastet,<br />

<strong>der</strong> sie sich aber wie<strong>der</strong>holen kann, wenn<br />

<strong>der</strong> Vermieter o<strong>der</strong> Dienstleister se<strong>in</strong>en<br />

Steuerpflichten nachkommt. Zumeist aber<br />

lässt sich <strong>der</strong> Dienstleister auf diese Weise<br />

den entsprechenden Steueranteil bezahlen<br />

mit <strong>der</strong> Folge, dass hier e<strong>in</strong>e zusätzliche Belastung<br />

für den K<strong>und</strong>en entsteht. Wenn etwa<br />

türkische Rechtsanwälte St<strong>und</strong>ensätze berechnen,<br />

muss darauf geachtet werden, dass<br />

die „stopaj“ bereits dar<strong>in</strong> enthalten ist. Auch<br />

E<strong>in</strong>künfte aus Wertpapieren <strong>und</strong> Fonds werden<br />

mit <strong>der</strong> stopaj belastet. Für Auslän<strong>der</strong><br />

soll sich das jedoch än<strong>der</strong>n.<br />

Der Unterschied zwischen E<strong>in</strong>kommen‐ <strong>und</strong><br />

Lohnsteuer besteht <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />

Bemessungen.<br />

Die Besteuerung erfolgt <strong>in</strong> abgestufter Progression,<br />

<strong>der</strong> höhere Steuersatz gilt immer<br />

nur für die nächste Progressionsstufe.


3 – Steuern <strong>Türkei</strong><br />

Körperschaftsteuer<br />

Juristische Personen haben ihre nach <strong>der</strong><br />

handelsrechtlichen Gew<strong>in</strong>nermittlung erzielten<br />

Gew<strong>in</strong>ne nach den Regelungen des Körperschaftsteuergesetzes<br />

zu versteuern. Der<br />

Satz beträgt <strong>der</strong>zeit 20%. Neben verschiedenen<br />

Abschreibungs‐ <strong>und</strong> Absetzungsmöglichkeiten<br />

besteht <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch die<br />

Möglichkeit des Verlustvortrages für fünf<br />

Jahre. In den Freizonen gelten Son<strong>der</strong>regelungen,<br />

die Vergünstigungen für Neu‐<br />

Investitionen <strong>in</strong> solchen Zonen s<strong>in</strong>d aber<br />

<strong>in</strong>zwischen entfallen.<br />

Erbschaftsteuer<br />

Gegenstand dieser Steuer, die im Erbschaftsteuer‐<br />

<strong>und</strong> Schenkungsteuergesetz geregelt<br />

ist, ist <strong>der</strong> Erwerb von Todes wegen (In<strong>und</strong><br />

Auslandsvermögen), soweit sich das<br />

Nachlassvermögen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> bef<strong>in</strong>det<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erwerber des im Ausland bef<strong>in</strong>dlichen<br />

Nachlassvermögens die türkische<br />

Staatsangehörigkeit besitzt. Der Steuersatz<br />

beträgt zwischen 1% <strong>und</strong> 10%. Banken <strong>und</strong><br />

an<strong>der</strong>e Institutionen müssen ererbtes Barvermögen<br />

zurückhalten, bis <strong>der</strong> Nachweis<br />

<strong>der</strong> Steuerzahlung erbracht wird, o<strong>der</strong> vor<br />

Auszahlung 5% als Vorschuss an den Fiskus<br />

abführen.<br />

Umsatzsteuer<br />

Die Umsatzsteuer (Katma Değer Vergisi ‐<br />

KDV) wird als Verkehrssteuer auf je<strong>der</strong> Stufe<br />

<strong>der</strong> Produktion bzw. Dienstleistungen erhoben.<br />

Dabei steht den Unternehmern das<br />

Vorsteuerabzugsrecht zu. Bei EU‐E<strong>in</strong>fuhren<br />

wird sie als E<strong>in</strong>fuhrumsatzsteuer erhoben.<br />

Der Vorsteuerabzug führt lediglich zu e<strong>in</strong>er<br />

Gutschrift auf dem Steuerkonto <strong>und</strong> am Ende<br />

des Jahres mit <strong>der</strong> Umsatzsteuer verrechnet,<br />

die an das F<strong>in</strong>anzamt zu zahlen war<br />

bzw. ist. Der Regelsatz beträgt 18%, im Übrigen<br />

gibt es Sätze ab 1% bis weit über 200%.<br />

Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen<br />

s<strong>in</strong>d zum Zwecke <strong>der</strong> Exportför<strong>der</strong>ung, seltener<br />

auch bei E<strong>in</strong>fuhr Befreiungen von <strong>der</strong><br />

Umsatzsteuer möglich.<br />

Zusätzlich zur Mehrwert‐ <strong>und</strong> Umsatzsteuer<br />

wird auf bestimmte Güter e<strong>in</strong>e<br />

Son<strong>der</strong>verbrauchssteuer (ÖZEL TÜKETİM<br />

VERGİSI= ÖTV) erhoben. Ihr Gegenstand ist die<br />

e<strong>in</strong>malige Besteuerung bestimmter<br />

Warengruppen, die <strong>in</strong> vier verschiedenen,<br />

täglich aktualisierten Listen festgelegt s<strong>in</strong>d.<br />

Es gibt Sätze von bis zu mehr als 250%. Auch<br />

hier gibt es Befreiungsmöglichkeiten.<br />

Vergnügung‐ <strong>und</strong> Werbungsteuer<br />

Vergnügungsteuer (Eğlence Vergisi) entsteht<br />

bei Darbietungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit (z. B.<br />

Bühnenspiele), Sportveranstaltungen, Spiele<br />

<strong>und</strong> Wettkämpfe sowie ähnliche Vergnügungsveranstaltungen<br />

im Gebiet e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de.<br />

Bemessungsgr<strong>und</strong>lage ist das vere<strong>in</strong>nahmte<br />

Entgelt. Diese Steuer wird von<br />

<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de erhoben.<br />

Anzeige‐ <strong>und</strong> Werbungsteuer (İlan ve Reklam<br />

Vergisi) ist ebenfalls e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>desteuer<br />

<strong>und</strong> bezieht sich auf Bekanntmachungen,<br />

Anzeigen <strong>und</strong> Werbemaßnahmen jeglicher<br />

Art.<br />

Steuer für Bank‐ <strong>und</strong> Versicherungsleistungen<br />

Als Gegenstand dieser Steuer gelten Dienstleistungen<br />

<strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ene Entgelte<br />

von Banken, F<strong>in</strong>anzdienstleistern <strong>und</strong> Versicherungsgesellschaften.<br />

Der Steuersatz beträgt<br />

15%.<br />

© Prof. Dr. Christian Rumpf


Steuern <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> – 4<br />

Kommunikationsteuer<br />

Mit dieser Steuer werden Telekommunikationsdienstleistungen,<br />

auch im Bereich R<strong>und</strong>funk<br />

<strong>und</strong> Fernsehen, mit Sätzen zwischen 15<br />

<strong>und</strong> 25% besteuert.<br />

Stempelsteuer<br />

Mit <strong>der</strong> Stempelsteuer (Damga Vergisi) werden<br />

alle Papiere bzw. Urk<strong>und</strong>en belastet, die<br />

amtlich bzw. notariell beglaubigt werden<br />

bzw. <strong>der</strong> Beweisführung dienlich s<strong>in</strong>d. Das<br />

STEMPELSTEUERGESETZ <strong>und</strong> dazu gehörige Listen<br />

setzen die Margen im E<strong>in</strong>zelnen fest.<br />

Immobiliensteuer<br />

Die Immobiliensteuer (Emlak Vergisi) gibt es<br />

<strong>in</strong> zwei Varianten, nämlich als Gebäudesteuer<br />

(B<strong>in</strong>a Vergisi) <strong>und</strong> als Gr<strong>und</strong>steuer (Arazi<br />

Vergisi). Sie fließt <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de zu.<br />

In <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> wird außerdem beim Kauf <strong>und</strong><br />

Verkauf von Immobilien e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>buchabgabe<br />

fällig, die nach Art <strong>und</strong> Ort des Gr<strong>und</strong>stücks<br />

variiert. Bemessungsgr<strong>und</strong>lage ist <strong>der</strong><br />

Kaufpreis gemäß Kaufurk<strong>und</strong>e. Diese Bemessungsart<br />

ist nicht unbedenklich, weil sie<br />

zum Abschluss von Verträgen mit zu niedrigem<br />

Ansatz für e<strong>in</strong>en Kaufpreis abgeschlossen<br />

werden, die nichtig se<strong>in</strong> können.<br />

Kraftfahrzeugsteuer<br />

Die Kraftfahrzeugsteuer (Motorlu Taşıtlar<br />

vergisi) knüpft an Hubraum <strong>und</strong> Alter des<br />

Fahrzeuges an. So beträgt <strong>der</strong> jährliche<br />

Steuersatz für e<strong>in</strong> neues Kfz mit mehr als<br />

4000 ccm Hubraum ca. 11.000 TL (r<strong>und</strong> Euro<br />

6.500), für e<strong>in</strong> mehr als 16 Jahre altes Kfz <strong>der</strong><br />

gleichen Klasse 854 TL. Bei unter 1300 ccm<br />

s<strong>in</strong>d für e<strong>in</strong> neues Kfz immerh<strong>in</strong> noch 305 TL,<br />

für e<strong>in</strong> altes Kfz nur noch 36 TL zu bezahlen.<br />

Fondsabgaben<br />

Mit Fondsabgaben versucht <strong>der</strong> türkische<br />

Staat bestimmte Politiken zu för<strong>der</strong>n, wie<br />

etwa den sozialen Wohnungsbau. Solche<br />

Abgaben wechseln immer mal wie<strong>der</strong>. Derzeit<br />

haben türkische Staatsangehörige bei<br />

je<strong>der</strong> Ausreise e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gfügige Abgabe zu<br />

entrichten. Darlehen aus dem Ausland werden<br />

ebenfalls mit Fondsabgaben belastet.<br />

Die Zwangsvollstreckung endet durch Zahlung,<br />

sei es durch „freiwillige“ Leistung des<br />

Schuldners, sei es nach Verwertung von<br />

Pfandgut, die durch Verkauf o<strong>der</strong> Zwangsversteigerung<br />

(Gr<strong>und</strong>stücke) erfolgen kann.<br />

Bei Vere<strong>in</strong>barung von Ratenzahlungen o<strong>der</strong><br />

St<strong>und</strong>ungen gelten beson<strong>der</strong>e Vorschriften.<br />

Wichtige Steuer<strong>in</strong>formationen f<strong>in</strong>den<br />

sich unter www.gelirler.gov.tr<br />

www.rumpf‐legal.com<br />

Mit Partnerbüros <strong>in</strong> Ankara, Izmir <strong>und</strong><br />

an an<strong>der</strong>en Standorten


Prozesskosten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

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Mit P<br />

Prozesskosten ‐ 2<br />

E<strong>in</strong>leitung<br />

Türkische Gerichte s<strong>in</strong>d besser als ihr Ruf.<br />

Wie überall ist die For<strong>der</strong>ungsbeitreibung<br />

aber auch hier mit Kosten verb<strong>und</strong>en. Die<br />

Kostenregeln unterscheiden sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />

wesentlichen Punkten von den deutschen.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e s<strong>in</strong>d türkische Anwälte ke<strong>in</strong>eswegs<br />

billig, auch sie wollen <strong>und</strong> sollen auf<br />

ihre Kosten kommen. Die Gerichtskosten<br />

s<strong>in</strong>d zwar auf den ersten Blick ebenfalls recht<br />

hoch, doch bieten die türkischen Regelungen<br />

– an<strong>der</strong>s als die deutschen – e<strong>in</strong>en besseren<br />

Schutz des erfolglosen Klägers.<br />

Anwaltskosten folgen zweierlei Maßstäben:<br />

e<strong>in</strong>er gesetzlichen Gebührenordnung <strong>und</strong><br />

den Empfehlungen <strong>der</strong> Anwaltskammern.<br />

Gerichtskosten<br />

Die Gerichtskosten setzen sich aus <strong>der</strong> eigentlichen<br />

Gerichtsgebühr, e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>gfügigen<br />

Antragsgebühr <strong>und</strong> weiteren, meist kle<strong>in</strong>eren<br />

Kostenposten für Zustellung <strong>und</strong> Auslagen<br />

zusammen. Türkische Anwälte vermeiden<br />

es vor allem gegenüber Auslän<strong>der</strong>n, die<br />

Kosten im E<strong>in</strong>zelnen aufzuschlüsseln, son<strong>der</strong>n<br />

teilen dem Mandanten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

Kostensätze mit, die nicht exakt die Rechtslage<br />

darstellen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Endabrechnung aber<br />

meist <strong>in</strong> etwa den tatsächlich angefallenen<br />

Kosten entsprechen.<br />

Die Gerichtskosten betragen 5,4% des Gegenstandswerts.<br />

Bis zum 1.10.2011 war bei<br />

Erhebung e<strong>in</strong>er Klage e<strong>in</strong> Vorschuss <strong>in</strong> Höhe<br />

von 1,35 % des anhängig gemachten Streitwertes<br />

e<strong>in</strong>zuzahlen. Mit <strong>der</strong> ZPO‐Reform, die<br />

am 1.10.2011 <strong>in</strong> Kraft getreten ist, muss <strong>der</strong><br />

Gerichtskostenvorschuss die vollen Gebühren<br />

betragen. H<strong>in</strong>zu tritt e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gfügige<br />

Antragsgebühr von 12,20 TL bei den Zivilkammern<br />

(Asliye Hukuk Mahkemeleri) <strong>und</strong><br />

5,80 TL bei den Friedensgerichten (Sulh<br />

Hukuk Mahkemeleri). Oft wird nicht gleich<br />

<strong>der</strong> gesamte For<strong>der</strong>ungsbetrag anhängig<br />

gemacht werden, um die Anfangskosten<br />

zunächst niedrig zu halten. Aufpassen muss<br />

man aber <strong>in</strong> diesen Fällen, dass die Wirkung<br />

e<strong>in</strong>er Klageerhebung im H<strong>in</strong>blick auf laufende<br />

Fristen auch nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Höhe des e<strong>in</strong>geklagten<br />

Betrages e<strong>in</strong>tritt, also nicht versäumt<br />

werden darf, die übrigen For<strong>der</strong>ungen rechtzeitig<br />

nachzuschieben. Im Zusammenhang<br />

mit „unerlaubten Handlungen“ hat sich die<br />

Situation entspannt, nachdem die ZPO nunmehr<br />

die „Stufenklage“ vorsieht, man also<br />

„sparsam“ mit e<strong>in</strong>em Antrag zur Feststellung<br />

e<strong>in</strong>es Anspruchs beg<strong>in</strong>nen kann, ohne den<br />

Anspruch beziffern zu müssen, <strong>und</strong> zudem<br />

die Verjährungsfrist ab 1.7.2012 auf zwei Jahre<br />

verlängert se<strong>in</strong> wird.<br />

Wer als Kläger unterliegt o<strong>der</strong> die Klage zurücknimmt,<br />

erhält die Gerichtskosten (nicht<br />

die Auslagen wie Antragsgebühr, Gutachterkosten<br />

etc.) wie<strong>der</strong> zurück. Gew<strong>in</strong>nt er, entsteht<br />

e<strong>in</strong> Erstattungsanspruch gegen den<br />

Gegner.<br />

Gutachterkosten<br />

Zu Buche schlagen regelmäßig Gutachterkosten.<br />

Denn Gutachter spielen im türkischen<br />

Gerichtsverfahren e<strong>in</strong>e viel umfangreichere<br />

Rolle als <strong>in</strong> Deutschland. Türkische<br />

Gerichte lassen sich nicht nur Sachfragen,<br />

son<strong>der</strong>n auch gleich die hieraus sich ergebenden<br />

rechtlichen Konsequenzen von Gutachtern<br />

erläutern. Ernannt werden <strong>in</strong> aller<br />

Regel drei Gutachter, nämlich e<strong>in</strong> Betriebswirt,<br />

e<strong>in</strong> Jurist <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Person, welche sich<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> aufgeworfenen Sachfrage auskennt.<br />

Häufig kommt es zu mehrfachen Ernennungen,<br />

weil türkische Anwälte dazu neigen,<br />

Gutachterergebnisse mehr o<strong>der</strong> weniger gut<br />

begründet anzufechten. Gerichte ordnen<br />

dann überwiegend nicht Nachbesserung des<br />

Gutachtens an, son<strong>der</strong>n ernennen e<strong>in</strong>en<br />

neuen Gutachterausschuss. So kann es <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong>selben Sache zu drei Gutachten kommen,<br />

von denen sich das Gericht dann dasjenige<br />

heraussucht, das ihm am plausibelsten ersche<strong>in</strong>t.<br />

Die Gutachterkosten halten sich<br />

allerd<strong>in</strong>gs zumeist <strong>in</strong> Grenzen, pro Gutachten<br />

w


3 – Prozesskosten<br />

muss man <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel mit Kosten zwischen<br />

300 <strong>und</strong> 800 Euro rechnen.<br />

Anwaltskosten<br />

Was die Anwaltskosten angeht, so gibt hier<br />

die Anwaltsgebührenordnung des Türkischen<br />

Verbandes <strong>der</strong> Rechtsanwaltskammern<br />

über die gesetzlichen M<strong>in</strong>destsätze<br />

Auskunft. Diese werden ergänzt o<strong>der</strong> korrigiert<br />

durch Empfehlungen <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Rechtsanwaltskammer, die den regionalen<br />

Unterschieden im Preisniveau Rechnung<br />

tragen sollen. In <strong>der</strong> Praxis entsprechen die<br />

vere<strong>in</strong>barten Honorare eher diesen durch die<br />

jeweilige Regionalkammer empfohlenen<br />

Gebühren.<br />

Die Rechtsanwaltsgebührenordnung mit<br />

ihren Sätzen bildet jedenfalls aber die Untergrenze<br />

möglicher Honorarvere<strong>in</strong>barungen:<br />

Unterhalb <strong>der</strong> hier genannten Sätze e<strong>in</strong> Honorar<br />

zu vere<strong>in</strong>baren, ist dem Anwalt standesrechtlich<br />

verwehrt <strong>und</strong> Vere<strong>in</strong>barungen<br />

mit e<strong>in</strong>em solchen Inhalt s<strong>in</strong>d nichtig.<br />

Rechtsanwälte dürfen unentgeltlich nur tätig<br />

werden, wenn sie dies vorher unter Angabe<br />

von Gründen <strong>der</strong> Kammer mitgeteilt haben.<br />

Die Obergrenze dessen, was zulässigerweise<br />

vere<strong>in</strong>bart werden kann, liegt bei 25 % des<br />

Streitwerts.<br />

Honorarvere<strong>in</strong>barungen dürfen außerdem<br />

nicht vorsehen, dass die den Gegenstand des<br />

Zivilverfahrens bildenden Rechte o<strong>der</strong> Güter<br />

anschließend dem Rechtsanwalt gehören<br />

sollen.<br />

Für den Mandanten ist wichtig zu wissen,<br />

welche Kosten er im Anschluss e<strong>in</strong>es erfolgreichen<br />

Rechtsstreits erstattet erhält o<strong>der</strong><br />

welche er bei Unterliegen dem gegnerischen<br />

Anwalt zu erstatten hat. Denn erstattungsfähig<br />

bzw. erstattungspflichtig s<strong>in</strong>d nur die<br />

gesetzlichen Gebühren, wie sie im Verfahren<br />

durch das Gericht festgesetzt werden.<br />

Wichtig: Im Prozess fallen die erstattungsfähigen<br />

Anwaltskosten dem Anwalt, nicht dem<br />

Mandanten zu. Dies wirkt sich wie e<strong>in</strong> Erfolgsanteil<br />

aus.<br />

Die Gebührenordnungen <strong>und</strong> Empfehlungen<br />

enthalten unterschiedliche Pauschalsätze für<br />

verschiedene außerprozessuale Anwaltstätigkeiten.<br />

Im Bereich <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destgebühren<br />

ergeben sich u. a. Pauschalen für außergerichtliche<br />

Tätigkeiten.<br />

Mündliche Beratungsleistungen werden<br />

wirefolgt abgerechnet:<br />

erste St<strong>und</strong>e:<br />

für jede weitere St<strong>und</strong>e:<br />

100 TL<br />

50 TL<br />

Die Anfertigung von Verträgen kostet 600<br />

TL.<br />

Dieselben Tätigkeiten s<strong>in</strong>d nach <strong>der</strong> Empfehlung<br />

<strong>der</strong> RAK <strong>in</strong> Antalya folgen<strong>der</strong>maßen zu<br />

berechnen:<br />

Mündliche Beratung<br />

Anfertigung e<strong>in</strong>es Vertrages<br />

300 TL<br />

2520 TL<br />

Und hier zur Gegenüberstellung noch die<br />

Empfehlungen <strong>in</strong> Istanbul:<br />

Mündliche Beratung<br />

Für jede weiteren 15 m<strong>in</strong><br />

Anfertigung e<strong>in</strong>es Vertrages<br />

360 TL<br />

120 TL<br />

3000 TL<br />

Bei gerichtlichen Streitigkeiten variieren die<br />

Anwaltsgebühren <strong>in</strong> Abhängigkeit von <strong>der</strong><br />

Klageart sowie vom Streitwert.<br />

Auch hier existieren wie<strong>der</strong>um die gesetzlichen<br />

M<strong>in</strong>destsätze <strong>und</strong> regional unterschiedliche<br />

Empfehlungen <strong>der</strong> jeweiligen Anwaltskammern<br />

für die anwendbaren Sätze, so<br />

dass man sich also immer auch noch für den


Prozesskosten ‐ 4<br />

E<strong>in</strong>zelfall orientieren muss. Für bestimmte<br />

Verfahrenstypen werden die Kosten auf <strong>der</strong><br />

Basis des Streitwertes erhoben, wobei <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>stiegssatz hier <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel bei 15 % liegt.<br />

Die Sätze s<strong>in</strong>d jedoch degressiv, d.h. entwickeln<br />

sich mit wachsendem Streitwert von<br />

15% auf 1% (Amtlicher Gebührentarif: 12% ‐<br />

0,1%). Für e<strong>in</strong>en Streitwert von ca.<br />

500.000,00 Euro etwa enthält die Tabelle<br />

e<strong>in</strong>en Wert, <strong>der</strong> ungefähr bei 3,5% liegt.<br />

Wird ke<strong>in</strong>e Honorarvere<strong>in</strong>barung getroffen<br />

o<strong>der</strong> ist e<strong>in</strong>e abgeschlossene Honorarvere<strong>in</strong>barung<br />

nichtig, so gelten für die Klagen, die<br />

ke<strong>in</strong>en pauschalen Streitwert enthalten, die<br />

gesetzlichen M<strong>in</strong>destsätze, die für das Gericht<br />

b<strong>in</strong>dend s<strong>in</strong>d. In e<strong>in</strong>em solchen Fall ist<br />

vom Gericht e<strong>in</strong> Betrag als Anwaltshonorar<br />

zu bestimmen, <strong>der</strong> sich zwischen 10% <strong>und</strong> 20%<br />

des Streitwertes entsprechend <strong>der</strong> geleisteten<br />

<strong>Arbeit</strong> des Anwalts bewegt.<br />

Im Falle des Unterliegens s<strong>in</strong>d die gesetzlichen<br />

M<strong>in</strong>destkosten des gegnerischen Anwalts<br />

zu erstatten. Diese Sätze darf das Gericht<br />

bis um das Dreifache erhöhen, wenn es<br />

e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Schwierigkeit <strong>der</strong> Sache feststellt.<br />

In <strong>der</strong> Praxis kommt dies selten vor.<br />

Hat <strong>der</strong> Gegner e<strong>in</strong>e von den M<strong>in</strong>destsätzen<br />

abweichende Honorarvere<strong>in</strong>barung mit se<strong>in</strong>em<br />

Anwalt getroffen (dies ist <strong>der</strong> Regelfall),<br />

so ist dennoch nur <strong>der</strong> gesetzliche M<strong>in</strong>destsatz<br />

zu erstatten.<br />

Sonstige Kosten<br />

Im Gerichtsverfahren entstehen nicht nur<br />

Gerichts‐ <strong>und</strong> Anwaltsgebühren, son<strong>der</strong>n<br />

auch weitere Kosten. Erhoben werden zum<br />

Beispiel „Portogebühren“, Registergebühren<br />

<strong>und</strong> an<strong>der</strong>e kle<strong>in</strong>ere, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel kaum Dazu<br />

gehören vor allem die Gutachterkosten.<br />

Zu rechnen ist auch regelmäßig mit Übersetzungskosten.<br />

Da Übersetzungen, die bei<br />

Gerichten vorgelegt werden, <strong>der</strong> notariellen<br />

Beglaubigung bedürfen, kommen dann noch<br />

Notarkosten h<strong>in</strong>zu. Selbst die deutschen<br />

Apostillestempel müssen bei vielen Gerichten,<br />

obwohl dies dem entsprechenden <strong>in</strong>ternationalen<br />

Abkommen wi<strong>der</strong>spricht, mit<br />

notariell beglaubigten Übersetzungen versehen<br />

werden.<br />

Kostenstrategien<br />

Türkische Anwälte lassen sich oft <strong>und</strong> gerne<br />

auf üppige Erfolgsbeteiligungen e<strong>in</strong>, verzichten<br />

dafür aber auf gesetzliche Gebühren.<br />

Dies ist rechtlich eigentlich nicht zulässig, so<br />

dass das praktisch sehr ger<strong>in</strong>ge Restrisiko<br />

besteht, dass dann doch die gesetzlichen<br />

Gebühren geltend gemacht werden.<br />

Manchmal wird auch e<strong>in</strong>e Mischregelung<br />

vere<strong>in</strong>bart, e<strong>in</strong> Fixum im Voraus, <strong>der</strong> Rest auf<br />

Erfolgsbasis. St<strong>und</strong>ensatzregelungen s<strong>in</strong>d<br />

nur dort verbreitet, wo es die türkischen<br />

Anwälte regelmäßig mit großen Unternehmen<br />

als Mandanten zu tun haben, die ihrerseits<br />

<strong>in</strong>ternationale Erfahrung o<strong>der</strong> gar<br />

Compliance‐Regeln im Umgang mit Anwaltskanzleien<br />

haben.<br />

Wird e<strong>in</strong>e deutsche Anwaltskanzlei e<strong>in</strong>geschaltet,<br />

kann es zu Problemen o<strong>der</strong> unübersichtlichen<br />

Situationen kommen, wenn die<br />

Kooperation zwischen deutscher <strong>und</strong> türkischer<br />

Anwaltskanzlei nicht ihrerseits auf zuverlässigen<br />

Füßen steht. Rumpf Rechtsanwälte<br />

passt sich hier den Bedürfnissen des<br />

Mandanten an; <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel wird aufgr<strong>und</strong><br />

von St<strong>und</strong>ensätzen mit monatlicher Abrechnung<br />

gearbeitet. Für klar umrissene Aufgaben<br />

kommen auch Pauschalsätze <strong>in</strong> Betracht.<br />

Im E<strong>in</strong>zelfall s<strong>in</strong>d auch an<strong>der</strong>e Modelle denkbar,<br />

welche den Mentalitäten <strong>und</strong> Gepflogenheiten<br />

bei<strong>der</strong> Seiten gerecht werden.<br />

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<strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Standorten


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Marken <strong>und</strong> Patente ‐ 2<br />

E<strong>in</strong>führung<br />

Hatte die <strong>Türkei</strong> lange Zeit e<strong>in</strong>en eher schlechten<br />

Ruf, was Fragen des Markenschutzes <strong>und</strong><br />

den Problemkreis um Imitationen <strong>und</strong> Produktfälschungen<br />

ang<strong>in</strong>g, so zeichnet sich seit e<strong>in</strong>iger<br />

Zeit e<strong>in</strong>e positive Entwicklung ab. Noch<br />

immer gibt es viele Vertriebs‐ o<strong>der</strong> Geschäftspartner,<br />

die sich durch E<strong>in</strong>tragung <strong>der</strong> Marken<br />

ihrer ausländischen Partner im eigenen Namen<br />

o<strong>der</strong> Missbrauch frem<strong>der</strong> Marken Vorteile am<br />

Markt zu sichern suchen. Konsequente Verfolgung<br />

schafft aber immer häufiger Abhilfe.<br />

Denn die <strong>Türkei</strong> ist nicht nur seit langem allen<br />

e<strong>in</strong>schlägigen <strong>in</strong>ternationalen Abkommen beigetreten<br />

(z.B. „Pariser Übere<strong>in</strong>kommen“,<br />

Madri<strong>der</strong> Abkommen, WIPO), son<strong>der</strong>n verfügt<br />

auch über e<strong>in</strong> funktionierendes eigenes gesetzliches<br />

Instrumentarium, das 1995 im Zusammenhang<br />

mit dem Inkrafttreten <strong>der</strong> Zollunion<br />

<strong>in</strong> Kraft getreten ist. Seit 2003 gibt es spezialisierte<br />

Gerichte für geistigen Rechtsschutz.<br />

Ähnliche Mechanismen <strong>und</strong> Rechte wie bei<br />

Marken <strong>und</strong> Patenten gibt es auch für Gebrauchsmuster<br />

<strong>und</strong> Geschmacksmuster.<br />

Marken<br />

Markenschutz genießen – so Art. 6 <strong>der</strong> e<strong>in</strong>schlägigen<br />

„Rechtsverordnung mit Gesetzeskraft“<br />

Nr. 556 – <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel solche Marken,<br />

die im Markenregister e<strong>in</strong>getragen s<strong>in</strong>d. Schutz<br />

genießen aber auch „anerkannte Marken“,<br />

also solche nicht e<strong>in</strong>getragene Marken, die sich<br />

auf dem Markt <strong>in</strong> ständiger gewerblicher Praxis<br />

etabliert haben. Dazu gehören Marken, die<br />

sich von den Namen langer am Markt tätigen<br />

Firmen ableiten. Inhaber können private o<strong>der</strong><br />

juristische Personen se<strong>in</strong>. Darüber h<strong>in</strong>aus können<br />

von Markenschutzrechten auch solche<br />

Personen Gebrauch machen, die nach dem<br />

Pariser Verbandsübere<strong>in</strong>kommen zum Schutz<br />

<strong>der</strong> gewerblichen Rechte o<strong>der</strong> dem Gründungsabkommen<br />

<strong>der</strong> Welthandelsorganisation<br />

e<strong>in</strong> Antragsrecht haben o<strong>der</strong> bei denen das<br />

Gegenseitigkeitspr<strong>in</strong>zip erfüllt ist, d.h., <strong>in</strong> <strong>der</strong>en<br />

Län<strong>der</strong>n auch türkischen Marken ebenfalls<br />

Markenschutz gewährt wird. Es gilt ferner das<br />

Meistbegünstigungspr<strong>in</strong>zip: Internationale<br />

Abkommen treten immer dann an die Stelle<br />

<strong>der</strong> nationalen Regelung, wenn sie den besseren<br />

Rechtsschutz versprechen. Damit werden<br />

allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>getragene<br />

Marken nicht automatisch geschützt, weil <strong>der</strong><br />

Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Territorialität davon ausgeht,<br />

dass Marken gr<strong>und</strong>sätzlich nur am E<strong>in</strong>tragungsort<br />

geschützt s<strong>in</strong>d. Die E<strong>in</strong>tragung im<br />

Ausland kann aber e<strong>in</strong> Indiz für die Bekanntheit<br />

se<strong>in</strong>. Und dies wie<strong>der</strong>um kann dazu führen,<br />

dass die Marke auch ohne E<strong>in</strong>tragung geschützt<br />

wird. Wenn also „Coca Cola“ Anfang<br />

<strong>der</strong> 1960er Jahre bei <strong>der</strong> Markte<strong>in</strong>führung <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> auf „Kola Koka“ trifft, dessen<br />

Schriftzug identisch mit dem von Coca Cola ist,<br />

so hat Coca Cola e<strong>in</strong>en Anspruch auf Löschung.<br />

O<strong>der</strong> hat sich e<strong>in</strong>e nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten<br />

Marktsegment bekannte Marke wie ZELU bereits<br />

durch rege Importtätigkeit im türkischen<br />

Markt Bekanntheit verschafft, so darf <strong>der</strong> türkische<br />

Handelsvertreter diese nicht <strong>in</strong> eigenem<br />

Namen e<strong>in</strong>tragen.<br />

Das Pariser Abkommen eröffnet se<strong>in</strong>en Vertragsstaaten<br />

außerdem die Möglichkeit, <strong>in</strong><br />

jedem Land, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>tragung <strong>der</strong> betreffenden<br />

Marke beantragt wird, von e<strong>in</strong>em<br />

Vorrecht Gebrauch zu machen <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Frist von 6 Monaten ab Antragstellung durch<br />

Ausübung des Vorrechts zu bewirken, dass alle<br />

nach Entstehen des Vorrechts gestellten Anträge<br />

zurückgewiesen werden. Dieses Vorrecht<br />

steht auch denjenigen zu, die Markenware <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nationalen o<strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen<br />

Ausstellung ausgestellt haben. Noch<br />

sicherer ist, bei e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternationalen Marken‐


3 – Marken <strong>und</strong> Patente<br />

anmeldung bei <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Fachorganisation<br />

<strong>der</strong> UNO, <strong>der</strong> WIPO <strong>in</strong> Genf<br />

(www.wipo.<strong>in</strong>t) die <strong>Türkei</strong> e<strong>in</strong>zubeziehen, das<br />

führt, falls das türkische Patentamt nicht wi<strong>der</strong>spricht,<br />

zu e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das türkische<br />

Markenregister.<br />

Vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>, dass nach türkischem<br />

Markenrecht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nur e<strong>in</strong>getragene<br />

Marken Markenschutz genießen <strong>und</strong> die<br />

Schutzwirkung, die durch die E<strong>in</strong>tragung entsteht,<br />

nur für Marken <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

gegeben ist, empfiehlt es sich für Personen<br />

bzw. Unternehmen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> durch<br />

Vertriebspartner o<strong>der</strong> über e<strong>in</strong>e eigene Nie<strong>der</strong>lassung<br />

o<strong>der</strong> Gesellschaft tätig werden wollen,<br />

zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige <strong>und</strong> mit Sanktionen<br />

bestückte Lizenzvere<strong>in</strong>barung zu treffen, o<strong>der</strong><br />

besser noch e<strong>in</strong>e Markenregistrierung zu veranlassen.<br />

Vor Antragstellung empfiehlt sich naturgemäß<br />

die Markenrecherche. Hierzu wendet man sich<br />

an das Patentamt (Türk Patent Enstitüsü –<br />

www.tpe.gov.tr), bei dem man gegen e<strong>in</strong>e<br />

ger<strong>in</strong>ge Gebühr e<strong>in</strong>e Recherche nach e<strong>in</strong>em<br />

Wort <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Klasse vornehmen lassen kann;<br />

die Erstreckung auf mehrere Klassen kostet<br />

entsprechend mehr. Darüber h<strong>in</strong>aus gibt es<br />

auch im Internet Möglichkeiten, Markennamen<br />

frei zu recherchieren<br />

(www.patentofisim.com), wobei allerd<strong>in</strong>gs<br />

bezüglich <strong>der</strong> Aktualität bei solchen Anbietern<br />

Vorsicht geboten ist.<br />

Ergibt die Recherche, dass dieselbe Marke<br />

o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e ihr ähnelnde Marke e<strong>in</strong>getragen ist,<br />

kann <strong>der</strong> ausländische Marken<strong>in</strong>haber <strong>in</strong> den<br />

oben bereits erwähnten Ausnahmefällen e<strong>in</strong>e<br />

Nichtigkeitsklage gegen die e<strong>in</strong>getragene<br />

Marke erheben. Praktischerweise stellt man<br />

dabei <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel auch den Antrag auf Übertragung.<br />

Häufig <strong>und</strong> von <strong>der</strong> Rechtsprechung<br />

als Markenrechtsverletzung anerkannt s<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Fälle, <strong>in</strong> denen Importeure<br />

o<strong>der</strong> Vertriebspartner gegen das Pr<strong>in</strong>zip von<br />

„Treu <strong>und</strong> Glauben“ verstoßen, <strong>in</strong>dem sie Markenware,<br />

für die ihnen die Verkaufsbefugnis<br />

bereits wie<strong>der</strong> entzogen wurde, <strong>in</strong> eigenem<br />

Namen registrieren lassen o<strong>der</strong> gar die Marke<br />

selbst <strong>in</strong>sgeheim auf sich selbst e<strong>in</strong>tragen lassen<br />

– um dann den ursprünglichen Inhaber<br />

vom Markt zu verdrängen, <strong>in</strong>dem an<strong>der</strong>e Vertreiber<br />

mit Markenverletzungsverfahren,<br />

Strafverfahren <strong>und</strong> wettbewerbsrechtlichen<br />

Schadenersatzklagen überzogen werden.<br />

Ist die fragliche Marke frei, kann die E<strong>in</strong>tragung<br />

beim Patent<strong>in</strong>stitut <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er o<strong>der</strong> mehreren<br />

Warenklassen beantragt werden. Die<br />

Gebühren belaufen sich pro Klasse auf 130 TL.<br />

S<strong>in</strong>d alle Voraussetzungen erfüllt, wird <strong>der</strong><br />

Antrag <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Verordnungsblatt veröffentlicht,<br />

womit den Wettbewerbern für die Dauer<br />

von sechs Monaten die E<strong>in</strong>gabe von E<strong>in</strong>sprüchen<br />

<strong>und</strong> Bedenken eröffnet wird. Kommt ke<strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>spruch, wird e<strong>in</strong>getragen. Von nun an dauert<br />

<strong>der</strong> Markenschutz zehn Jahre an; er kann<br />

durch Antragstellung vor Ablauf verlängert<br />

werden. Spezialisierte Patent‐ <strong>und</strong> Markenbüros<br />

übernehmen die Überwachung <strong>der</strong> Fristen<br />

<strong>und</strong> beobachten ggf. auch den Markt im H<strong>in</strong>blick<br />

auf Verletzungen.<br />

Die Markenrechtsverletzung hat Unterlassungs‐<br />

<strong>und</strong> Schadensersatzansprüche zur Folge,<br />

die auch den entgangenen Gew<strong>in</strong>n umfassen.<br />

Es steht ferner e<strong>in</strong><br />

Maßnahme<strong>in</strong>strumentarium zur Verfügung,<br />

das u.a. das gerichtliche Beweissicherungsverfahren,<br />

die vorläufige Sicherstellung im Zoll<br />

<strong>und</strong> die e<strong>in</strong>stweilige Verfügung durch das<br />

zuständige Gericht umfasst. Auch wenn diese<br />

Instrumente im Kampf um die Schutzrechte<br />

auch gerne seitens des Markenpiraten ange‐


Marken <strong>und</strong> Patente ‐ 4<br />

wendet werden, <strong>der</strong> nicht nur die Importe des<br />

tatsächlichen Marken<strong>in</strong>habers zu stören sucht,<br />

son<strong>der</strong>n auch die neuen Vertriebspartner damit<br />

drangsaliert, bieten sie doch gerade auch<br />

Schutz für den tatsächlich Berechtigten.<br />

Die Fristen s<strong>in</strong>d kurz, die Schadensersatzansprüche<br />

müssen <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Jahres (ab<br />

1.7.2012: zwei Jahren) nach Kenntnis von <strong>der</strong><br />

Markenverletzung gerichtlich geltend gemacht<br />

werden. Ist mit <strong>der</strong> Markenverletzung e<strong>in</strong>e<br />

Straftat verb<strong>und</strong>en, gilt die Verjährungsfrist für<br />

die Straftat. Die Frist wird durch die o.g. e<strong>in</strong>stweiligen<br />

Maßnahmen nicht unterbrochen o<strong>der</strong><br />

gehemmt.<br />

Strafrechtliche Sanktionen reichen bis zu<br />

40.000 TL <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> vier Jahre Freiheitsstrafe.<br />

Zudem kann es zu Gewerbeuntersagungen<br />

kommen. Markenpiraten leben also gefährlich.<br />

Patente<br />

Die <strong>der</strong>zeit gültige Regelung ist die Rechtsverordnung<br />

mit Gesetzeskraft Nr. 551 über den<br />

Schutz <strong>der</strong> Patentrechte aus dem Jahre 1995.<br />

Auch hier gelten ferner verschiedene <strong>in</strong>ternationale<br />

Abkommen: Kooperationsabkommen<br />

über Patente (1970), dem Abkommen über das<br />

Europäische Patent (1973) <strong>und</strong> dem Straßburger<br />

Abkommen über die <strong>in</strong>ternationale Klassifizierung<br />

<strong>der</strong> Patente (1971).<br />

Patent<strong>in</strong>haber <strong>und</strong> somit Berechtigte können<br />

natürliche o<strong>der</strong> juristische Personen se<strong>in</strong>. Auch<br />

hier gilt das Meistbegünstigungspr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>ternationalen Abkommen, die <strong>der</strong> Anwendung<br />

vorteilhafter Vorschriften <strong>der</strong> Abkommen<br />

Vorrang vor solchen des nationalen Rechts<br />

verleihen. Wie beim Markenschutz beg<strong>in</strong>nt<br />

auch <strong>der</strong> Patentschutz mit dem Antrag auf<br />

E<strong>in</strong>tragung beim türkischen Patentamt. Da hier<br />

die genaue Zeit <strong>der</strong> Antragstellung von großer<br />

Bedeutung ist, wird <strong>der</strong> Zeitpunkt unter Angabe<br />

von Datum, St<strong>und</strong>e <strong>und</strong> M<strong>in</strong>ute erfasst.<br />

Patentrecherchen sollte man nur über das<br />

Patentamt machen, weil nur hier die erfor<strong>der</strong>liche<br />

Aktualität sichergestellt ist.<br />

Personen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dem PARISER ABKOMMEN<br />

vom 1883 beigetretenen Staat ansässig o<strong>der</strong><br />

gewerblich tätig s<strong>in</strong>d, genießen das Vorrecht,<br />

<strong>in</strong>nerhalb von zwölf Monaten nach E<strong>in</strong>tragung<br />

im Ausland auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> Antrag zu stellen<br />

<strong>und</strong> damit früher gestellte Anträge An<strong>der</strong>er zu<br />

verdrängen. Dieses Vorrecht steht auch denjenigen<br />

zu, welche die Ware, auf welche sich das<br />

Patent bezieht, <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nationalen<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Ausstellung ausgestellt<br />

haben.<br />

Der Rechtsschutz bei Patentrechtsverletzungen<br />

entspricht demjenigen bei Markenverletzungen.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs gibt es Rechtsschutz nur,<br />

wenn <strong>der</strong> Antrag auf E<strong>in</strong>tragung des Patents<br />

öffentlich bekannt gemacht worden ist o<strong>der</strong><br />

nachgewiesen werden kann, dass <strong>der</strong> Schädiger<br />

von <strong>der</strong> Antragstellung Kenntnis hatte.<br />

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Kaufen <strong>und</strong> Verkaufen ‐ 2<br />

E<strong>in</strong>leitung<br />

Das Kaufrecht im deutsch‐türkischen<br />

Rechtsverkehr muss sich <strong>in</strong> täglicher Praxis<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em regen Lieferverkehr <strong>in</strong> beide Richtungen<br />

bewähren; das Handelsvolumen<br />

steigt stetig. In <strong>der</strong> Regel funktioniert das<br />

ohne dass die Partner komplexe Vertragswerke<br />

abschließen. Auftrag <strong>und</strong> Bestätigung<br />

– das genügt. Was aber, wenn es zum Streit<br />

kommt? Über Fristen, Inhalt <strong>und</strong> Umfang <strong>der</strong><br />

Gewährleistung, Erfüllungsort? Wie sichert<br />

man sich ab? Genügt es, e<strong>in</strong>fach die jeweiligen<br />

AGB auszutauschen? Spätestens jetzt<br />

wird klar, dass es S<strong>in</strong>n macht, vielleicht doch<br />

das E<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> An<strong>der</strong>e <strong>in</strong> e<strong>in</strong> schriftliches Vertragswerk<br />

zu gießen. Dabei stehen die wichtigsten<br />

Klauseln oft erst h<strong>in</strong>ten, wie die zur<br />

„Rechtswahl“ o<strong>der</strong> zum „Gerichtsstand“.<br />

Anwendbares Recht<br />

Welches Recht anwendbar ist, ergibt sich<br />

eigentlich schon aus dem „<strong>in</strong>ternationalen<br />

Privatrecht“. Dabei muss man sowohl auf<br />

dasjenige des eigenen Landes wie auf dasjenige<br />

des Handelspartners achten. H<strong>in</strong>zu treten<br />

u.U. <strong>in</strong>ternationale Vere<strong>in</strong>barungen, die<br />

es etwa zum Kaufrecht, zum Transportrecht<br />

u.a. gibt. Anknüpfungspunkte können <strong>der</strong><br />

Ort <strong>der</strong> Erfüllung, die engste Verb<strong>in</strong>dung des<br />

Vertrages zu e<strong>in</strong>em bestimmten Land o<strong>der</strong><br />

Belegenheit von Vermögenswerten se<strong>in</strong>.<br />

Die Regelungen zum <strong>in</strong>ternationalen Privatrecht<br />

<strong>in</strong> Deutschland <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> ähneln<br />

sich sehr stark. Die Frage ist nur, ob dies<br />

den Parteien wirklich hilft. Es kann vielmehr<br />

S<strong>in</strong>n machen, dass sich die Parteien selbst<br />

darüber e<strong>in</strong>igen, welches Recht im Falle e<strong>in</strong>es<br />

Streits anwendbar se<strong>in</strong> soll. Das kann das<br />

deutsche, das türkische o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es<br />

Recht se<strong>in</strong>. Seit 1.8.2011 ist darauf zu achten,<br />

dass die <strong>Türkei</strong> dem CISG‐Übere<strong>in</strong>kommen<br />

(UN‐Kaufrecht) beigetreten ist. Häufig suchen<br />

die Parteien e<strong>in</strong>en Mittelweg, z.B.<br />

durch Vere<strong>in</strong>barung <strong>der</strong> Geltung des schweizerischen<br />

Rechts. Die Türken fühlen sich<br />

dabei wohl, weil das schweizerische Kaufrecht<br />

fast identisch mit dem türkischen Kaufrecht<br />

ist, die Deutschen fühlen sich wohl,<br />

weil sie me<strong>in</strong>en, e<strong>in</strong> quasi deutsches Recht<br />

gewählt zu haben. Dass die Türken damit<br />

besser fahren, weil ihre Anwälte ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>arbeitungsprobleme<br />

haben, während deutsche<br />

Anwälte <strong>in</strong> aller Regel ke<strong>in</strong>e Kenntnisse des<br />

schweizerischen Rechts besitzen, fällt den<br />

Parteien dabei zumeist nicht auf. Welches<br />

Recht letztlich das beste ist, hängt von verschiedenen<br />

Kriterien ab, nämlich ob im für<br />

anwendbar erklärten Recht kürzere o<strong>der</strong><br />

längere Rügefristen gelten, ob neben dem<br />

unmittelbaren Schaden auch <strong>der</strong> mittelbare<br />

Schaden ersetzt verlangt werden kann, ob<br />

zum Schaden auch <strong>der</strong> entgangene Gew<strong>in</strong>n<br />

gehört o<strong>der</strong> nicht, ob es unterschiedliche<br />

Verjährungsfristen gibt.<br />

Gerichtsstand<br />

Mit <strong>der</strong> „Rechtswahl“ steht noch nicht <strong>der</strong><br />

Gerichtsstand fest. Der ergibt er sich zunächst<br />

aus dem „<strong>in</strong>ternationalen Zivilverfahrensrecht“.<br />

Auch hier trifft jede Rechtsordnung<br />

ihre eigenen Regelungen, die sich<br />

im deutschen <strong>und</strong> türkischen Recht ähneln.<br />

Für Immobilien gibt es zum Beispiel <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Türkei</strong> e<strong>in</strong>en „ausschließlichen Gerichtsstand“<br />

am Sitz des zuständigen Gr<strong>und</strong>buchamts.<br />

E<strong>in</strong> deutsches Gerichtsurteil über e<strong>in</strong><br />

Gr<strong>und</strong>stück <strong>in</strong> Antalya könnte also <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Türkei</strong> nicht vollstreckt werden. Es gibt Gerichtsstände<br />

am Sitz des Beklagten, des Erfüllungsorts,<br />

des streitbezogenen Vermögens,<br />

sogar am Sitz des Handelsvertreters<br />

kann gegen u.U. geklagt werden. Will man<br />

von vorne here<strong>in</strong> Klarheit, sollte man e<strong>in</strong>e<br />

„Gerichtsstandsklausel“ vere<strong>in</strong>baren, am<br />

besten ausdrücklich unter Ausschluss staatlicher<br />

Gerichte. Wie gesagt, funktioniert das<br />

nur, soweit das Gesetz ke<strong>in</strong>en „ausschließlichen<br />

Gerichtsstand“ vorsieht. Die Fragen,<br />

die man sich zuvor zu stellen hat: Wo geht es<br />

schneller? Wo kann besser auf das Vermögen<br />

des Gegners zugegriffen werden? Welcher<br />

Reiseaufwand ist im Falle e<strong>in</strong>es Rechtsstreits<br />

zu erwarten? Anwalts‐ <strong>und</strong> Gerichtskosten?<br />

Welches Gericht kann besser mit dem anwendbaren<br />

Recht umgehen?


3 – Kaufen <strong>und</strong> Verkaufen<br />

E<strong>in</strong>e zunehmend beliebte Alternative ist, sich<br />

für die <strong>in</strong>ternationale Schiedsgerichtsbarkeit<br />

zu entscheiden. Die „Schiedsklausel“<br />

tritt <strong>in</strong> diesem Falle an die Stelle <strong>der</strong><br />

„Gerichtsstandsklausel“. Vere<strong>in</strong>bart wird<br />

dann e<strong>in</strong> <strong>in</strong> den meisten Staaten <strong>der</strong> Welt<br />

zwischenzeitlich anerkanntes Verfahren, <strong>in</strong><br />

welchem die Parteien selbst entscheiden,<br />

wer das Verfahren auf welche Weise führt<br />

<strong>und</strong> entscheidet. Aber auch hier s<strong>in</strong>d zahlreiche<br />

Punkte zu bedenken. Denn die<br />

Schiedsklausel hat Vor‐ <strong>und</strong> Nachteile. Parameter<br />

für die Entscheidung s<strong>in</strong>d unter Berücksichtigung<br />

des Gegenstandswerts die<br />

Vertraulichkeit des Verfahrens, Atmosphäre,<br />

Schnelligkeit, zusätzliche Rechtsmittel, Kosten.<br />

Die Schwierigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gestaltung e<strong>in</strong>er<br />

Schiedsklausel, so e<strong>in</strong>fach <strong>der</strong> Text nachher<br />

aussehen mag, liegt aber dar<strong>in</strong>, das richtige<br />

Verfahren, mit <strong>der</strong> richtigen Institution <strong>und</strong><br />

am richtigen Ort auszuwählen. Im deutschtürkischen<br />

Rechtsverkehr bewährt haben<br />

sich vor allem die "adm<strong>in</strong>istrierten" Verfahren<br />

nach den Regeln <strong>der</strong> ICC (International<br />

Chamber of Commerce) <strong>und</strong> DIS (Deutsche<br />

Institution für Schiedsgerichtsbarkeit) sowie<br />

die Verfahren nach den UNCITRAL‐Regeln<br />

(z.B. über das Internationale Schiedszentrum<br />

Wien).<br />

Türkisches Kaufrecht<br />

Vorauszuschicken ist, dass türkisches Kaufrecht,<br />

wenn wie im deutsch‐türkischen Verhältnis<br />

das CISG‐Übere<strong>in</strong>kommen (UN‐<br />

Kaufrecht) gilt, nur noch <strong>in</strong> Bruchstücken<br />

(z.B. Verjährungsregeln) Anwendung f<strong>in</strong>det.<br />

Das Kaufrecht ist <strong>in</strong> den Artikeln 184 ff. (ab<br />

1.7.2012 Artikel 207 ff.) Obligationengesetz<br />

(OGB) geregelt Weitere Regeln gibt es im<br />

Verbraucherschutzgesetz, etwa zu Produkthaftung,<br />

Verbraucherkredit, Haustürgeschäft,<br />

Wi<strong>der</strong>rufsrechten u.a. Für Geschäfte<br />

unter Kaufleuten f<strong>in</strong>den sich auch Bestimmungen<br />

im Handelsgesetzbuch.<br />

Die Vertragstypen ähneln dem des deutschen<br />

Rechts. So gibt es den „Kaufvertrag“<br />

<strong>und</strong> den „Werkvertrag“. Mischungen s<strong>in</strong>d<br />

möglich, <strong>in</strong>dem etwa Elemente des Kauf<strong>und</strong><br />

Werkvertrages zusammenkommen,<br />

etwa bei e<strong>in</strong>er Auftragsfertigung nach Mustern<br />

des Auftraggebers.<br />

Kaufverträge bedürfen normalerweise ke<strong>in</strong>er<br />

beson<strong>der</strong>en Form. Ausnahmen: Immobilienkauf,<br />

Kfz‐Kauf. Auch <strong>der</strong> vere<strong>in</strong>barte Eigentumsvorbehalt<br />

ist nur wirksam, wenn er<br />

notariell registriert ist; alternative Sicherungsmöglichkeiten<br />

(Sicherungsübereignung,<br />

Bürgschaft, Pfandrecht) müssen sorgfältig<br />

erwogen werden. Im Übrigen s<strong>in</strong>d uns<br />

viele Begriffe <strong>und</strong> Institutionen im türkischen<br />

Kaufrecht vertraut, auch wenn es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Punkten zu <strong>in</strong>haltlichen <strong>und</strong> strukturellen<br />

Abweichungen kommt. Dies beg<strong>in</strong>nt bei<br />

Begriffen wie „Treu <strong>und</strong> Glauben“ <strong>und</strong> geht<br />

über Anfechtung wegen Irrtums o<strong>der</strong> arglistiger<br />

Täuschung bis zum Verzug.<br />

Die Bestimmungen über das türkische Gewährleistungsrecht<br />

s<strong>in</strong>d dem deutschen<br />

Recht ähnlich. Es besteht also die Möglichkeit,<br />

zu wandeln (den Rücktritt zu erklären),<br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>ung zu erklären, Nachbesserung zu<br />

verlangen. Ab 1.7.2012 kommt e<strong>in</strong> Umtauschrecht<br />

h<strong>in</strong>zu. Schadensersatz gibt es auch<br />

neben diesen Rechten. Auch e<strong>in</strong> Zurückbehaltungsrecht<br />

ist dem türkischen Recht bekannt,<br />

Nichterfüllung <strong>und</strong> Verzug haben<br />

ebenfalls dem deutschen Recht sehr ähnliche<br />

Folgen. Die Verjährung (Standardverjährung)<br />

für Erfüllungsansprüche beträgt im<br />

Kaufrecht zehn Jahre, für Gewährleistungsansprüche<br />

e<strong>in</strong> Jahr, ab 1.7.2012 zwei Jahre.<br />

Diese Fristen können durch Garantieversprechen<br />

verlängert werden.<br />

Kaufleute unterliegen merkwürdigerweise<br />

strengeren Regeln als Nichtkaufleute. Kündigungen<br />

<strong>und</strong> Abmahnungen können nur per<br />

notarieller Zustellung, e<strong>in</strong>geschriebenem<br />

Brief o<strong>der</strong> Telegramm (ab 1.7.2012 kommen<br />

elektronische Zustellungsformen dazu) erklärt<br />

werden, wobei die Rechtsprechung hier<br />

<strong>in</strong>zwischen etwas weicher geworden ist,<br />

<strong>in</strong>dem sie den Beweis teilweise auch mit<br />

an<strong>der</strong>en Mitteln zulässt. Ähnlich verhält es


Kaufen <strong>und</strong> Verkaufen ‐ 4<br />

sich mit dem außergerichtlichen Vergleich,<br />

<strong>der</strong> nur mit e<strong>in</strong>em schriftlichen Dokument<br />

nachgewiesen werden kann.<br />

Beim Eigentumsübergang gibt es Unterschiede<br />

zum deutschen Recht. Während <strong>in</strong><br />

Deutschland <strong>der</strong> Erwerb von Eigentum an<br />

e<strong>in</strong>er Ware nicht nur e<strong>in</strong>en schuldrechtlichen<br />

Verpflichtungsvertrag (Kaufvertrag), son<strong>der</strong>n<br />

auch noch zwei d<strong>in</strong>gliche Übertragungsverträge<br />

(e<strong>in</strong>er für die Ware, e<strong>in</strong>er für<br />

das Geld) verlangt (Abstraktionspr<strong>in</strong>zip),<br />

geht das türkische Recht vom Traditionspr<strong>in</strong>zip<br />

aus. Die Übergabe erfolgt durch e<strong>in</strong>en<br />

sog. Realakt, <strong>der</strong> selbst nicht den Regeln<br />

des Vertragsrechts unterliegt.<br />

Auch <strong>der</strong> Gefahrübergang gehört zu den<br />

auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> geltenden, dem deutschen<br />

Juristen vertrauten Begriffen. Nach türkischem<br />

Recht geht die Gefahr mit Vertragsschluss<br />

auf den Käufer über, nicht erst mit<br />

<strong>der</strong> Übergabe. Selbst wenn <strong>der</strong> Verkäufer<br />

auch noch den Transport organisiert, bedeutet<br />

dies nicht, dass er für e<strong>in</strong>en Schaden<br />

während des Transports haftet. Er haftet nur<br />

für die sorgfältige Auswahl des Spediteurs.<br />

An<strong>der</strong>s ist es, wenn die Parteien als Erfüllungsort<br />

ausdrücklich den Ankunftsort vere<strong>in</strong>bart<br />

haben; dazu reicht noch nicht die<br />

Vere<strong>in</strong>barung „cif“ (customs <strong>in</strong>surance free).<br />

Bei <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>barung <strong>der</strong> Incoterms, die <strong>in</strong>zwischen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Fassung von 2010 vorliegen,<br />

muss darauf geachtet werden, dass die Parteien<br />

dadurch nicht davon befreit werden,<br />

Modalitäten <strong>der</strong> Erfüllung <strong>und</strong> des Gefahrübergangs<br />

selbst zu regeln.<br />

Allgeme<strong>in</strong>e Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen<br />

AGB s<strong>in</strong>d auch nach türkischem Recht zulässig,<br />

wenn auch nicht ganz so verbreitet wie<br />

<strong>in</strong> Deutschland. Das könnte sich än<strong>der</strong>n,<br />

nachdem ab 1.7.2012 mit dem neuen OGB<br />

auch ausdrückliche Regelungen zu den AGB<br />

<strong>in</strong> Kraft treten werden.<br />

Für Verbrauchergeschäfte<br />

ist das türkische<br />

AGB‐Recht im Verbraucherschutzgesetz<br />

geregelt. Die Überraschungsklausel<br />

ist genauso unzulässig wie<br />

<strong>der</strong> Missbrauch e<strong>in</strong>er Machtposition o<strong>der</strong> die<br />

e<strong>in</strong>seitige Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> AGB durch den<br />

Verwen<strong>der</strong> zu Lasten des Vertragspartners.<br />

Unklarheiten gehen zu Lasten des Verwen<strong>der</strong>s.<br />

Wer AGB verwendet – dies gilt <strong>in</strong> Deutschland<br />

wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> –, muss vor allem dafür<br />

sorgen, dass diese vom Geschäftspartner<br />

auch ausdrücklich o<strong>der</strong> stillschweigend akzeptiert<br />

werden. Wer also die AGB erst mit<br />

<strong>der</strong> Rechnungstellung vorlegt, kommt jedenfalls<br />

für das vergangene Geschäft zu spät.<br />

Wer die AGB dem an<strong>der</strong>en zwar rechtzeitig,<br />

jedoch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sprache zur Verfügung stellt,<br />

die dieser nicht versteht, hat dies umsonst<br />

getan. Und legen beide Seiten ihre jeweiligen<br />

AGB vor, so gilt nur, was sich nicht wi<strong>der</strong>spricht.<br />

Steht <strong>in</strong> beiden AGB, dass die<br />

AGB des an<strong>der</strong>en jeweils nicht anerkannt<br />

werden, dann fallen beide AGB unter den<br />

Tisch.<br />

Vertragsstrafe<br />

Nach türkischem Recht hat die Vertragsstrafe<br />

e<strong>in</strong>erseits „Strafcharakter“, allerd<strong>in</strong>gs<br />

kann daneben Schadensersatz nur so weit<br />

verlangt werden, als <strong>der</strong> Betrag des schuldhaft<br />

verursachten Schadens über den Betrag<br />

<strong>der</strong> Vertragsstrafe h<strong>in</strong>ausgeht <strong>und</strong> nachgewiesen<br />

werden kann. Während im Verhältnis<br />

zum Verbraucher die Vertragsstrafe nicht<br />

beliebig bestimmt werden kann <strong>und</strong> daher<br />

die Möglichkeit besteht, überzogene Vertragsstrafen<br />

durch das Gericht herabsetzen<br />

zu lassen, gilt dies nicht für Kaufleute. Diese<br />

müssen sich Vertragsstrafen auch dann beugen,<br />

wenn sie überzogen sche<strong>in</strong>en.<br />

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2 – Industriezonen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

E<strong>in</strong>führung<br />

Der e<strong>in</strong>fachste Weg, <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> Investitionen<br />

im Zusammenhang mit Industrieanlagen <strong>und</strong><br />

Produktionsstätten zu tätigen, ist <strong>der</strong> <strong>der</strong> Errichtung<br />

solcher Anlagen im Rahmen vorhandener<br />

<strong>und</strong> als solche ausgewiesener Industriegebiete.<br />

Der Gesetzgeber sieht hierfür zwei Möglichkeiten<br />

vor: Produktionsstätten können <strong>in</strong> den so<br />

genannten Industriegebieten (Endüstri<br />

Bölgeleri ‐ EB) o<strong>der</strong> den Organisierten Industriegebieten<br />

(Organize Sanayi Bölgerleri ‐ OSB)<br />

errichtet werden.<br />

Industrieansiedlungen <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> OSB verfolgen<br />

die Zielsetzung, zur Stadtentwicklung beizutragen,<br />

Zukunftstechnologien <strong>und</strong> die <strong>in</strong>dustrielle<br />

Entwicklung im Allgeme<strong>in</strong>en zu för<strong>der</strong>n.<br />

Die gesetzlichen Regelungen zu den EB wurden<br />

geschaffen, um Investitionsanreize <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

auch für ausländische Investoren zu<br />

schaffen. Diese Zielsetzung spiegelt sich vor allem<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> gesetzlichen Vorgabe für die kurze<br />

Verfahrensdauer von drei Monaten ab vollständiger<br />

E<strong>in</strong>reichung <strong>der</strong> Unterlagen wie<strong>der</strong>.<br />

Vorteile für ausländische Investoren verspricht<br />

auch e<strong>in</strong>e Regelung über Erleichterungen bei<br />

<strong>der</strong> Beschaffung von <strong>Arbeit</strong>sgenehmigungen<br />

für ausländisches Personal.<br />

Bei den EB werden Gr<strong>und</strong>stücke nicht zu Eigentum<br />

erworben, son<strong>der</strong>n den Investoren lediglich<br />

Nutzungsrechte an den verstaatlichten<br />

Parzellen bestellt. Gleichzeitig werden die Erschließungskosten<br />

des Gebietes vom Staat getragen.<br />

Damit ist die aufzubr<strong>in</strong>gende Investitionssumme<br />

um den Betrag reduziert, <strong>der</strong> auf<br />

Gr<strong>und</strong>stück <strong>und</strong> Erschließungskosten entfällt.<br />

Da <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Anwendungsverordnung<br />

mit ihren detaillierten Regelungen zur Durchführung<br />

des Genehmigungsverfahrens erst im<br />

Dezember 2004 erlassen wurde, fehlen <strong>der</strong>zeit<br />

noch repräsentative praktische Erfahrungen im<br />

Zusammenhang mit <strong>der</strong> Investition <strong>in</strong> Endüstri<br />

Bölgeleri.<br />

Organize Sanayi Bölgeleri (OSB)<br />

OSB s<strong>in</strong>d die wohl häufigste Form <strong>der</strong> konzentrierten<br />

Industrieansiedlung <strong>in</strong> ausgewiesenen<br />

Gewerbegebieten. Es handelt sich dabei um<br />

durch das Industriem<strong>in</strong>isterium o<strong>der</strong> durch Unternehmen<br />

mit entsprechenden Genehmigungen<br />

zur <strong>in</strong>dustriellen Nutzung erschlossene<br />

<strong>und</strong> anschließend durch e<strong>in</strong>e Zonenverwaltung<br />

verwaltete Gebiete, die von den Betreibern <strong>in</strong><br />

Absprache mit dem Industriem<strong>in</strong>isterium ausgewählt<br />

werden. Die Planung des Gebiets erfolgt<br />

durch das M<strong>in</strong>isterium, wobei dieses sich<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis damit begnügt, die Pläne <strong>der</strong> Kandidaten<br />

zu prüfen <strong>und</strong> abzusegnen.<br />

Der Vorteil für das e<strong>in</strong>zelne <strong>in</strong>vestierende Unternehmen<br />

besteht dar<strong>in</strong>, dass es bei <strong>der</strong> Ansiedlung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Gebiet auf e<strong>in</strong>e fertige<br />

Infrastruktur trifft <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> staatlichen<br />

Aufsicht unterstehenden Betreibergesellschaft<br />

als Dienstleister <strong>und</strong> Vermieter o<strong>der</strong><br />

Verpächter zu tun bekommet<br />

Ist die Genehmigung erteilt, können die Gründungsformalitäten<br />

beg<strong>in</strong>nen, an denen alle regional<br />

berührten Stellen, wie Geme<strong>in</strong>deverwaltungen,<br />

Handelskammern etc. mitwirken <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong>en Ergebnis die Betreiber als Verwalter<br />

<strong>der</strong> Zone Rechtspersönlichkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kapitalgesellschaft<br />

erwerben. Der Vorstand <strong>der</strong> auf<br />

diese Weise neu gegründeten OSB übernimmt<br />

anschließend die Projektleitung von <strong>der</strong> Bau<strong>und</strong><br />

Erschließungsplanung bis zum Verkauf <strong>der</strong><br />

Gr<strong>und</strong>stücke. Interessierte Investoren wenden<br />

sich dementsprechend an den Vorstand, <strong>der</strong><br />

über den Parzellenverkauf entscheidet. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

ist zusätzlich die Genehmigung des Handelsm<strong>in</strong>isteriums<br />

erfor<strong>der</strong>lich. Im Genehmigungsverfahren<br />

s<strong>in</strong>d die OSB‐Organe zwischengeschaltet,<br />

die <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf die Genehmigungen<br />

mit dem M<strong>in</strong>isterium kommunizieren.<br />

Investoren müssen den Genehmigungsverfahren<br />

dabei ausführliche Informationen<br />

über die von ihnen geplante Investition beisteuern.<br />

Dort, wo die OSB den Erwerb von Eigentum an<br />

den e<strong>in</strong>zelnen Gr<strong>und</strong>stücken vorsehen, s<strong>in</strong>d die


Industriezonen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> – 3<br />

Kosten, die im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Erschließung<br />

<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>stücke anfallen, von den<br />

Investoren zu tragen. Die Gr<strong>und</strong>stücke können<br />

mit d<strong>in</strong>glichen Rechten belastet werden, allerd<strong>in</strong>gs<br />

hat die Zonenverwaltung im Falle von<br />

Verkauf <strong>und</strong> Zwangsversteigerung wichtige<br />

Mitspracherechte.<br />

Endüstri Bölgeleri (EB)<br />

Gr<strong>und</strong>stücke <strong>in</strong> Endüstri Bölgeleri können von<br />

den Investoren dagegen nicht erworben werden.<br />

Im Unterschied zu den Organize Sanayi<br />

Bölgeleri werden die Endüstri Bölgeleri im Anschluss<br />

an die Gebietsausweisung verstaatlicht.<br />

Alle im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Erschließung<br />

anfallenden Kosten werden bei dieser Variante<br />

vom Staat getragen.<br />

Den Investoren werden gegen e<strong>in</strong> Entgelt <strong>in</strong><br />

Höhe von 0,5 % <strong>der</strong> Investitionssumme Nutzungsrechte<br />

an den Gr<strong>und</strong>stücken <strong>in</strong> Form von<br />

Gr<strong>und</strong>dienstbarkeiten bestellt. Auf diese Weise<br />

erfolgt die Gegenf<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> von staatlicher<br />

Seite getätigten Ausgaben im Zusammenhang<br />

mit <strong>der</strong> Erschließung des Gebietes.<br />

Soll die Neugründung e<strong>in</strong>er EB e<strong>in</strong>geleitet werden,<br />

s<strong>in</strong>d folgende Unterlagen e<strong>in</strong>zureichen:<br />

Antrag an das Handelsm<strong>in</strong>isterium mit folgenden<br />

Informationen:<br />

‐ Gegenstand <strong>der</strong> Produktion<br />

‐ Investitionssumme<br />

‐ Informationen zu vorhandenem<br />

<strong>in</strong>‐ bzw. ausländischen Kapital<br />

‐ F<strong>in</strong>anzierungsplan für die Investitionssumme<br />

‐ vom Vorhaben ausgehende, geplante<br />

Anreize für die Beschäftigung<br />

‐ geplanter Technologietransfer/<br />

Technologieentwicklung<br />

‐ Devisene<strong>in</strong>nahmen aus Export<br />

‐ Verr<strong>in</strong>gerung <strong>der</strong> Importquote<br />

durch die geplante <strong>in</strong>ländische<br />

Produktion<br />

‐ erwartete Investitionsgew<strong>in</strong>ne<br />

<strong>und</strong> Amortisationszeitraum<br />

‐ Begründung <strong>der</strong> Ortswahl für<br />

das Vorhaben<br />

‐ positive E<strong>in</strong>schätzung des Vorhabens<br />

durch den zuständigen<br />

Prov<strong>in</strong>zpräfekten <strong>und</strong> die örtlichen<br />

Handels‐ o<strong>der</strong> Industriekammern<br />

‐ Bekanntgabe des zu wählenden<br />

Vorstandsvorsitzenden<br />

Nach Übermittlung dieser Unterlagen an das<br />

M<strong>in</strong>isterium <strong>und</strong> dessen positiver Entscheidung<br />

trifft dieses <strong>in</strong>nerhalb von 3 Monaten e<strong>in</strong>e<br />

Auswahlentscheidung bezüglich des Ortes <strong>der</strong><br />

zukünftigen EB.<br />

Auch das Genehmigungsverfahren für Investitionen<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er bestehenden Endüstri<br />

Bölgesi unterscheidet sich von demjenigen für<br />

Aktivitäten, die <strong>in</strong> den Organize Sanayi<br />

Bölgeleri aufgenommen werden sollen. Folgende<br />

Genehmigungsschritte s<strong>in</strong>d erfor<strong>der</strong>lich:<br />

‐ Interessierte Investoren wenden sich mit<br />

e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>en Antrag an das für <strong>der</strong>artige<br />

Investitionen zuständige Handelsm<strong>in</strong>isterium.<br />

Nach dessen Prüfung erlässt<br />

das M<strong>in</strong>isterium zunächst e<strong>in</strong>en Vorbescheid.<br />

‐ Investoren s<strong>in</strong>d weiter verpflichtet,<br />

e<strong>in</strong>en Bericht über die Umweltverträglichkeit<br />

ihres Vorhabens<br />

beizubr<strong>in</strong>gen, <strong>der</strong> beim<br />

Umweltm<strong>in</strong>isterium e<strong>in</strong>zureichen<br />

ist. Da die Ausweisung des<br />

Industriegebietes selbst erst<br />

nach behördlicher Genehmigung<br />

erfolgt, s<strong>in</strong>d Ausführungen zur<br />

Auswahl des Gebietes für das<br />

Vorhaben hierbei entbehrlich.<br />

Das Umweltm<strong>in</strong>isterium beruft<br />

im weiteren Verlauf e<strong>in</strong>e Prüf‐


4 – Industriezonen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

kommission, die über den Antrag<br />

aus umweltrechtlicher Sicht<br />

entscheidet.<br />

‐ Fällt die Entscheidung des Umweltm<strong>in</strong>isteriums<br />

positiv aus, so<br />

weist das Handelsm<strong>in</strong>isterium<br />

die Kommission an, dem Investor<br />

im Rahmen <strong>der</strong> entsprechenden<br />

Endüstri Bölgesi e<strong>in</strong><br />

Gr<strong>und</strong>stück zuzuweisen.<br />

Das Gesetz sieht weiter die Möglichkeit so genannter<br />

Son<strong>der</strong><strong>in</strong>vestitionen vor. Solche Son<strong>der</strong><strong>in</strong>vestitionen<br />

s<strong>in</strong>d durch e<strong>in</strong>e Investitionssumme<br />

von m<strong>in</strong>destens 75 Billionen TL bei e<strong>in</strong>er<br />

M<strong>in</strong>destfläche von 150000 qm gekennzeichnet<br />

<strong>und</strong> müssen Zukunftstechnologien<br />

betreffen.<br />

Im Falle von Son<strong>der</strong><strong>in</strong>vestitionen ist es Sache<br />

des Investors, die geologische <strong>und</strong> geotechnischen<br />

Studien, Vor<strong>in</strong>formationen für die Bauplanung<br />

<strong>und</strong> die aktuelle Gebietskarte vorbereiten<br />

zu lassen <strong>und</strong> dem M<strong>in</strong>isterium zur Genehmigung<br />

vorzulegen. Gleiches gilt für die Erschließungspläne.<br />

E<strong>in</strong>zel<strong>in</strong>vestitionen<br />

Gesetz <strong>und</strong> Verordnung eröffnen auch die<br />

Möglichkeit, e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnes Industrieanlagenprojekt<br />

größeren Volumens wie e<strong>in</strong>e Industriezone<br />

beplanen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>richten zu lassen.<br />

Son<strong>der</strong><strong>in</strong>dustriegebiete (IEB)<br />

Schließlich ist noch e<strong>in</strong>e weitere Son<strong>der</strong>kategorie<br />

zu erwähnen, für <strong>der</strong>en Genehmigungsverfahren<br />

sich allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e Abweichungen ergeben:<br />

die sogenannten Spezial<strong>in</strong>dustriegebiete<br />

(Ihtisas Endüstri Bölgeleri), <strong>in</strong> denen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

die Ansiedlung von Informationstechnologie,<br />

Pharmazie o<strong>der</strong> aber landwirtschaftlicher<br />

Produktionen erfolgen soll.<br />

Genehmigungsdauer<br />

Der gesetzliche Richtwert für die Genehmigungsdauer<br />

<strong>in</strong> Endüstri Bölgeleri liegt bei <strong>in</strong>sgesamt<br />

3 Monaten – Voraussetzung ist hier allerd<strong>in</strong>gs,<br />

dass das Antragsverfahren so vorbereitet<br />

wurde, dass sämtliche Unterlagen den jeweiligen<br />

entscheidenden Stellen vollständig<br />

vorliegen.<br />

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Immobilien <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> – 2<br />

E<strong>in</strong>führung<br />

Der Markt <strong>der</strong> Ferienimmobilien gehört zu<br />

den <strong>in</strong>teressantesten Märkten, zumal er<br />

nicht nur Unternehmen als Investoren anspricht,<br />

son<strong>der</strong>n vor allem private K<strong>und</strong>en.<br />

Der Markt <strong>der</strong> Ferienimmobilien birgt aber<br />

auch Gefahren. Wenn die rechtliche <strong>und</strong><br />

wirtschaftliche Sicherheit des Immobilienerwerbers<br />

nicht gewährleistet ist, kann es<br />

schnell zum Desaster kommen. Immer wie<strong>der</strong><br />

werden zahlreiche Ferienhauskäufer<br />

zwar den Kaufpreis los, kommen aber we<strong>der</strong><br />

zu ihrem Eigentum an dem betreffenden<br />

Gr<strong>und</strong>stück noch werden sie je Besitzer e<strong>in</strong>es<br />

vollendeten Bauwerks.<br />

Gr<strong>und</strong>lagen des türkischen Rechts<br />

Für die Immobilienwirtschaft s<strong>in</strong>d vor allem<br />

das Obligationengesetzbuch (OGB) für das<br />

Bauwerkvertragsrecht, das Zivilgesetzbuch<br />

(ZGB) für das Sachenrecht (z.B. Übertragung<br />

<strong>und</strong> Belastung von Gr<strong>und</strong>stücken), das<br />

Gr<strong>und</strong>buchgesetz (Führung des Gr<strong>und</strong>buchs;<br />

E<strong>in</strong>tragungsverfahren), ja sogar das Verbraucherschutzgesetz<br />

relevant, das auch für<br />

selbst bewohnte Immobilien gilt. Wohneigentum<br />

<strong>und</strong> Zeiteigentum s<strong>in</strong>d im Gesetz<br />

über das Stockwerkseigentum geregelt. In<br />

vielen Fällen kann auch das Genossenschaftsgesetz<br />

wichtig werden. Zu beachten<br />

s<strong>in</strong>d auch öffentlich‐rechtliche Vorgaben wie<br />

Denkmalschutz, Naturschutz, Küstenschutz<br />

<strong>und</strong> Waldschutz.<br />

Erwerben <strong>und</strong> Erben<br />

Erworben werden Immobilien durch Eigentumsübertragung<br />

aufgr<strong>und</strong> schuldrechtlicher<br />

Verpflichtungsverträge (Kauf, Schenkung),<br />

ordentliche <strong>und</strong> außerordentliche<br />

Ersitzung, Verb<strong>in</strong>dung <strong>und</strong> Aneignung <strong>und</strong><br />

schließlich aufgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>es Erbfalls. In allen<br />

Fällen ist wichtig zu wissen, dass sich <strong>der</strong><br />

Erwerb immer nach türkischem Recht richtet.<br />

Es ist also nicht möglich, den Gr<strong>und</strong>stückserwerb<br />

als solchen – zum Beispiel –<br />

dem deutschen Recht, zu unterwerfen. Dies<br />

gilt auch für die Erbschaft, selbst wenn <strong>der</strong><br />

Erblasser Deutscher ist o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>en Wohnsitz<br />

nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> hat.<br />

Der Erwerb von Eigentum an Gr<strong>und</strong>stücken<br />

erfolgt durch E<strong>in</strong>tragung des neuen Eigentümers<br />

<strong>in</strong> das Gr<strong>und</strong>buch; die E<strong>in</strong>tragung<br />

wie<strong>der</strong>um erfolgt auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage gegenseitiger<br />

Verpflichtungserklärungen, die vor<br />

dem Gr<strong>und</strong>buchbeamten abzugeben s<strong>in</strong>d<br />

<strong>und</strong> über die e<strong>in</strong>e öffentliche Urk<strong>und</strong>e (resmî<br />

senet) errichtet wird. Nicht e<strong>in</strong>e notarielle<br />

Vere<strong>in</strong>barung, son<strong>der</strong>n diese Urk<strong>und</strong>e bildet<br />

den eigentlichen „Kaufvertrag“.<br />

Bei <strong>der</strong> Erbschaft ist e<strong>in</strong> gültiger Erbsche<strong>in</strong><br />

vorzulegen.<br />

Gr<strong>und</strong>stücksverkaufsversprechen<br />

Oft werden Bauverträge zusammen mit e<strong>in</strong>em<br />

notariellen Vertrag abgeschlossen. Bei<br />

Letzterem handelt es sich jedoch nie – auch<br />

wenn die Überschrift oft etwas An<strong>der</strong>es besagt<br />

– um e<strong>in</strong>en „Kaufvertrag“, son<strong>der</strong>n um<br />

e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>stücksverkaufsversprechen. Es ist<br />

e<strong>in</strong> „Vorvertrag“, <strong>der</strong> die Parteien zwar zum<br />

Abschluss e<strong>in</strong>es Kaufvertrages vor dem<br />

Gr<strong>und</strong>buchamt verpflichtet, aber noch ke<strong>in</strong>e<br />

Sicherheit darstellt, dass dies auch wirklich<br />

erfolgen kann. E<strong>in</strong>e gewisse Sicherheit bietet<br />

die Vormerkung (Beischreibung – şerh) im<br />

Gr<strong>und</strong>buch, weil diese auch e<strong>in</strong>en Dritten<br />

b<strong>in</strong>det, an welchen <strong>der</strong> Verkäufer zwischenzeitlich<br />

überträgt.


3 – Immobilien <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

Bauwerkvertrag<br />

Mit dem Vorgang über den Erwerb e<strong>in</strong>es<br />

Gr<strong>und</strong>stücks wird häufig bereits <strong>der</strong> Abschluss<br />

e<strong>in</strong>es Bauwerkvertrages verknüpft.<br />

Dieser muss nicht notariell beurk<strong>und</strong>et werden,<br />

auch wenn das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis oft geschieht.<br />

Hier sollten die Rechte <strong>und</strong> Pflichten<br />

möglichst detailliert aufgeführt se<strong>in</strong>, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

auch Übergabeterm<strong>in</strong>e <strong>und</strong> Zahlungsmodalitäten<br />

für die Vergütung <strong>der</strong><br />

Werkleistungen. Letztere sollte man vom<br />

Gr<strong>und</strong>stückskaufpreis trennen.<br />

Auslän<strong>der</strong> als Käufer<br />

In den letzten Jahren haben sich die Bestimmungen<br />

zum Erwerb von Immobilien<br />

durch Auslän<strong>der</strong> mehrfach geän<strong>der</strong>t. Dies ist<br />

e<strong>in</strong>e Folge davon, dass Versuche <strong>der</strong> türkischen<br />

Regierung, e<strong>in</strong>e optimale Mischung<br />

aus Beschränkung <strong>und</strong> Freiheit herzustellen,<br />

zwei Mal durch das Verfassungsgericht „gestört“<br />

worden ist.<br />

Im Gr<strong>und</strong>satz gilt: Der Erwerb von Gr<strong>und</strong>eigentum<br />

durch Auslän<strong>der</strong> ist möglich, wenn<br />

das Recht des Heimatlandes des Auslän<strong>der</strong>s<br />

den Türken ebenfalls e<strong>in</strong> solches Recht gewährt<br />

(Gegenseitigkeitspr<strong>in</strong>zip); diese Voraussetzung<br />

ist im Verhältnis zu Deutschland<br />

gegeben, allerd<strong>in</strong>gs ist geplant, von dieser<br />

Voraussetzung überhaupt Abstand zu nehmen,<br />

um z.B. auch russisches <strong>und</strong> arabisches<br />

Kapital <strong>in</strong> Immobilien fließen lassen zu können.<br />

Frei ist <strong>der</strong> Erwerb nur bis zu e<strong>in</strong>er Gesamtfläche<br />

von 2,5 Hektar für jede ausländische<br />

Person, <strong>und</strong> dies auch nur auf baurechtlich<br />

beplantem Land. Das nach dem letzten<br />

Verfassungsgerichtsurteil vom März 2008<br />

erneut reformierte Gesetz enthält e<strong>in</strong>e wenig<br />

durchsichtige Regelung, wonach aus<br />

bestimmten Gründen umwelt‐ o<strong>der</strong> sicherheitspolitischer<br />

Natur Beschränkungen o<strong>der</strong><br />

Erwerbsverbote verfügt werden können.<br />

Ferner ist e<strong>in</strong>e Obergrenze für die Verfügbarkeit<br />

von Gr<strong>und</strong>stücken für Auslän<strong>der</strong> auf<br />

beplantem Gebiet <strong>in</strong> Höhe von 10% vorgesehen.<br />

Im Übrigen gelten noch Son<strong>der</strong>vorschriften,<br />

sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten <strong>der</strong><br />

Erwerbsmöglichkeiten. Nicht möglich ist <strong>der</strong><br />

Erwerb durch Auslän<strong>der</strong> <strong>in</strong> militärischen<br />

Sicherheitszonen, <strong>der</strong> langfristige Mietvertrag<br />

ist hier ebenfalls unwirksam. Hier hilft<br />

allenfalls die Gründung e<strong>in</strong>er Kapitalgesellschaft<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>, die das Gr<strong>und</strong>stück dann<br />

übernimmt. Der vorübergehende <strong>Aufenthalt</strong><br />

– etwa <strong>in</strong> den Ferien – stellt dann ke<strong>in</strong> Problem<br />

dar.<br />

Der Erwerb durch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> gegründete<br />

Kapitalgesellschaft unterliegt nicht den<br />

oben genannten Beschränkungen, ist aber<br />

dennoch reglementiert; <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e muss<br />

<strong>der</strong> Erwerb <strong>in</strong> militärischen Sicherheitszonen<br />

durch das Militär <strong>und</strong> <strong>in</strong> zivilen Sicherheitszonen<br />

durch die Prov<strong>in</strong>zpräfektur genehmigt<br />

werden.<br />

Der Erwerb von Stockwerkseigentum <strong>und</strong><br />

Zeiteigentum<br />

Im Ferienhausbereich die wohl häufigste<br />

Form des Eigentumserwerbs durch Auslän<strong>der</strong><br />

ist diejenige auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des Gesetzes<br />

über das Stockwerkseigentum. Die<br />

gesetzlichen Regelungen ähneln dem deutschen<br />

System. Bevor das Gebäude steht,<br />

erhält <strong>der</strong> Käufer e<strong>in</strong>e Dienstbarkeit, die dem<br />

späteren Miteigentumsanteil entspricht <strong>und</strong><br />

schon jetzt auch belastet <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> verkauft<br />

werden kann. Letzterer kann erst <strong>in</strong><br />

das Gr<strong>und</strong>buch e<strong>in</strong>getragen werden, wenn<br />

das Gebäude fertiggestellt <strong>und</strong> von <strong>der</strong> zuständigen<br />

Stadtverwaltung zur Nutzung<br />

freigegeben worden ist. Der Stockwerkseigentümer<br />

ist von Gesetzes wegen Mitglied<br />

e<strong>in</strong>er Eigentümergeme<strong>in</strong>schaft.


Immobilien <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> – 4<br />

Erwerbsbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> Verfahren beim<br />

Zeiteigentum ähneln den Regeln für das<br />

Stockwerkseigentum. Hier beziehen sich die<br />

Eigentumsrechte auf den im Gr<strong>und</strong>buch e<strong>in</strong>zutragenden<br />

bestimmten Zeitraum, <strong>der</strong> zwei<br />

Wochen nicht unterschreiten darf. Diese<br />

Eigentumsform kann veräußert, gepfändet<br />

o<strong>der</strong> mit Hypotheken belastet werden.<br />

Steuern <strong>und</strong> Abgaben<br />

In <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> gibt es e<strong>in</strong>e „Gr<strong>und</strong>buchgebühr“,<br />

die nach Art <strong>und</strong> Ort <strong>der</strong> Immobilie<br />

variiert. Beim Erwerb von Eigentümern, die<br />

umsatzsteuerpflichtig s<strong>in</strong>d, fällt auch für den<br />

Verkauf von Immobilien Umsatzsteuer an,<br />

die bei Kle<strong>in</strong>immobilien 1%, ansonsten 18%<br />

beträgt. Darüber h<strong>in</strong>aus wird jährlich e<strong>in</strong>e<br />

„Immobiliensteuer“ fällig. Für unbebaute<br />

Gr<strong>und</strong>stücke wird e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>stückssteuer,<br />

ansonsten e<strong>in</strong>e Gebäudesteuer erhoben. Der<br />

Steuersatz beträgt für Wohngebäude 0,1%,<br />

für an<strong>der</strong>e Gebäude 0,2%, im Großstadtbereich<br />

jeweils das Doppelte; die Gr<strong>und</strong>steuer<br />

beträgt 0,3%, im Großstadtbereich wie<strong>der</strong><br />

das Doppelte; im landwirtschaftlichen Bereich<br />

0,1%. Während <strong>der</strong> ersten fünf Jahre<br />

werden nur drei Viertel <strong>der</strong> Steuer erhoben.<br />

Wichtige H<strong>in</strong>weise<br />

Wer e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>stück erwirbt, muss sich zunächst<br />

davon überzeugen, dass es auch im<br />

beabsichtigten Umfang zum gewünschten<br />

Zweck genutzt werden kann. Grenzen ergeben<br />

sich aus Baurecht (Bauplanung), Naturschutz,<br />

Küstenschutz u.v.a.m. Das direkt am<br />

Meer liegende Gr<strong>und</strong>stück von 30.000 qm<br />

schrumpft, was die Nutzbarkeit angeht, <strong>in</strong>folge<br />

solcher Begrenzungen sehr schnell auf<br />

3.000 qm – wenn es nicht überhaupt<br />

unbebaubar ist. Auf Versprechungen bezüglich<br />

zukünftiger Bebaubarkeit sollte man sich<br />

nicht verlassen.<br />

Je größer die Investition <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>stück,<br />

desto wichtiger ist es, den rechtlichen Zustand<br />

des Gr<strong>und</strong>stücks durch e<strong>in</strong>e „legal due<br />

diligence“ abzuklären. E<strong>in</strong>e solche Prüfung<br />

sollte durch e<strong>in</strong>e erfahrene Anwaltskanzlei<br />

durchgeführt werden, ke<strong>in</strong>esfalls durch den<br />

Verkäufer selbst. Auch große Maklerunternehmen<br />

s<strong>in</strong>d oft, aber nicht immer <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Lage, qualifizierte Auskunft zu erteilen.<br />

Zu achten ist auch auf die Zahlungskonditionen.<br />

Erst wenn e<strong>in</strong>e angemessene Absicherung<br />

im Gr<strong>und</strong>buch steht, sollte es überhaupt<br />

zu e<strong>in</strong>er Zahlung kommen. Denkbar ist<br />

auch e<strong>in</strong>e Treuhandabwicklung mit Baufortschrittskontrolle.<br />

Vollmachten<br />

Die Vollmacht für Gr<strong>und</strong>stücksgeschäfte<br />

bedarf <strong>der</strong> notariellen Beurk<strong>und</strong>ung <strong>in</strong> qualifizierter<br />

Form, nämlich mit Passfoto des<br />

Vollmachtgebers. Die Vollmacht muss präzise<br />

Angaben zu den Parteien <strong>und</strong> zum Gr<strong>und</strong>stück<br />

(Katasterdaten) <strong>und</strong> schließlich zu den<br />

Geschäften be<strong>in</strong>halten, für die die Vollmacht<br />

gelten soll. Die türkischen Generalkonsulate<br />

<strong>in</strong> Deutschland haben entsprechende Entwürfe<br />

<strong>in</strong> ihrer Datenverarbeitung. Die Bevollmächtigung<br />

kann unter E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong><br />

genannten Form auch durch e<strong>in</strong>en deutschen<br />

Notar beurk<strong>und</strong>et werden; diese Urk<strong>und</strong>e<br />

ist dann durch e<strong>in</strong>e Apostille des für<br />

den Sitz des Notars zuständigen Präsidenten<br />

des Landgerichts zu besche<strong>in</strong>igen. Die qualifizierten<br />

Übersetzungen <strong>in</strong>s Türkische kann<br />

man dann <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> anfertigen lassen.<br />

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Denizli


Handelsvertreter<br />

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Handelsvertreter ‐ 2<br />

E<strong>in</strong>führung<br />

E<strong>in</strong>e <strong>der</strong> verschiedenen Varianten, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Türkei</strong> tätig zu werden, ist die Zusammenarbeit<br />

mit e<strong>in</strong>em Handelsvertreter (acente).<br />

Das türkische Recht des Handelsvertreters<br />

unterscheidet sich <strong>der</strong>zeit noch <strong>in</strong> wichtigen<br />

Punkten vom deutschen Recht, das ja se<strong>in</strong>erseits<br />

auf europarechtlichen Vorgaben beruht.<br />

Ab 1.7.2012 tritt mit dem neuen, vollständig<br />

überarbeiteten HGB allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong><br />

neues Handelsvertreterrecht <strong>in</strong> Kraft. Auf<br />

<strong>der</strong> neuen Rechtslage beruht diese Broschüre.<br />

Begriff des Handelsvertreters<br />

Entscheidendes Abgrenzungskriterium gegenüber<br />

an<strong>der</strong>en Vertretungsformen ist die<br />

Selbstständigkeit <strong>und</strong> die Kaufmannseigenschaft<br />

des Handelsvertreters. Handelsvertreter<br />

können e<strong>in</strong>e private o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e juristische<br />

Person se<strong>in</strong>.<br />

Die häufigste Variante ist <strong>der</strong> Verkaufs‐ o<strong>der</strong><br />

Vertriebsvertreter. Für den Versicherungsvertreter<br />

<strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Untervertreter ist das<br />

Versicherungskontrollgesetz zu beachten.<br />

Auch für die Agenten <strong>der</strong> Vermittlungsgesellschaften<br />

an <strong>der</strong> Börse gelten beson<strong>der</strong>e<br />

Regeln. Bei <strong>der</strong> Reiseagentur tauchen bereits<br />

Merkmale auf, die über den „Vertreter“ h<strong>in</strong>ausgehen.<br />

Auch diese Sparte ist eigenen<br />

Regelungen unterworfen worden.<br />

Der Begriff des Pr<strong>in</strong>zipals<br />

Pr<strong>in</strong>zipal ist <strong>der</strong> Auftraggeber (müvekkil). Er<br />

kann e<strong>in</strong>e private o<strong>der</strong> juristische Person<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Handelsvertretervertrag<br />

Der Handelsvertretervertrag muss nicht<br />

schriftlich abgeschlossen se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e mündliche<br />

Vere<strong>in</strong>barung o<strong>der</strong> die ständige Praxis<br />

im Rahmen e<strong>in</strong>er Geschäftsbeziehung zwischen<br />

dem Unternehmen <strong>und</strong> se<strong>in</strong>em Vertreter<br />

reicht aus.<br />

Soll allerd<strong>in</strong>gs <strong>der</strong> Handelsvertreter selbst<br />

für den Pr<strong>in</strong>zipal Verträge schließen können,<br />

benötigt er e<strong>in</strong>e schriftliche Vollmacht, die <strong>in</strong><br />

das Handelsregister e<strong>in</strong>zutragen ist.<br />

Gebietsherrschaft <strong>und</strong> Ausschließlichkeit<br />

Der Handelsvertreter wird auf e<strong>in</strong>em territorial<br />

begrenzten Gebiet ausschließlich tätig.<br />

Von diesem Gr<strong>und</strong>satz kann durch Vertrag<br />

o<strong>der</strong> ständige Praxis abgewichen werden.<br />

Bei <strong>der</strong> Vertragsgestaltung sollte dies von<br />

vornehere<strong>in</strong> berücksichtigt werden, wenn<br />

nicht auszuschließen ist, dass <strong>der</strong> Pr<strong>in</strong>zipal<br />

auch selbst <strong>in</strong> das Market<strong>in</strong>g o<strong>der</strong> den Vertrieb<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> e<strong>in</strong>greift.<br />

Vermittlungstätigkeit<br />

Der Handelsvertreter wird vermittelnd tätig,<br />

allerd<strong>in</strong>gs nicht als Makler, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>seitig<br />

im Auftrag des Pr<strong>in</strong>zipals.<br />

Zum Vertragsschluss ist <strong>der</strong> Handelsvertreter<br />

nur befugt, wenn er hierzu ausdrücklich<br />

schriftlich bevollmächtigt ist, diese Vollmacht<br />

hat <strong>der</strong> Handelsvertreter öffentlich<br />

bekannt zu machen <strong>und</strong> <strong>in</strong> das Handelsregister<br />

e<strong>in</strong>tragen zu lassen.<br />

E<strong>in</strong>e Inkassobefugnis hat <strong>der</strong> Handelsvertreter<br />

nur dann, wenn dies ausdrücklich festgelegt<br />

ist.<br />

Überschreitet <strong>der</strong> Handelsvertreter se<strong>in</strong>e<br />

Befugnisse, kann <strong>der</strong> Pr<strong>in</strong>zipal die dabei abgeschlossenen<br />

Geschäfte genehmigen. Tut<br />

er das nicht, haftet <strong>der</strong> Handelsvertreter<br />

selbst.<br />

Mehrfachvertretung<br />

Das HGB geht von <strong>der</strong> „E<strong>in</strong>zelvertretung“<br />

aus, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis ist jedoch die Mehrfachvertretung<br />

häufig anzutreffen. Wer ke<strong>in</strong>e Konkurrenz<br />

wünscht, sollte dies <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wettbewerbsklausel<br />

festhalten.<br />

Ähnliche Vertretungsverhältnisse<br />

Das Kommissionsgeschäft ist im OGB geregelt<br />

<strong>und</strong> gilt typischerweise bei Kaufgeschäften.<br />

Dagegen ist <strong>der</strong> Kommissionär nach


3 ‐ Handelsvertreter<br />

HGB im Transportwesen tätig. Der Kommissionär<br />

wird für den Vertretenen für dessen<br />

Rechnung, aber <strong>in</strong> eigenem Namen tätig, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Regel für bestimmte Geschäfte.<br />

Das HGB kennt auch Prokurist (ticari<br />

mümessil) <strong>und</strong> Handlungsbevollmächtigten<br />

(ticari vekil). Deren Vollmachten beruhen auf<br />

notariell zu errichtenden Urk<strong>und</strong>en. Sie müssen<br />

ke<strong>in</strong>e Kaufleute <strong>und</strong> können auch Angestellte<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Vertriebsvertrag<br />

Der Alle<strong>in</strong>vertriebspartner tritt gegenüber<br />

dem K<strong>und</strong>en selbst als Verkäufer auf <strong>und</strong><br />

bestimmt se<strong>in</strong>e Gew<strong>in</strong>nmarge, wenn die<br />

Parteien nicht ausdrücklich etwas an<strong>der</strong>es<br />

vere<strong>in</strong>baren, selbst <strong>und</strong> ist für <strong>der</strong>en Beitreibung<br />

auch selbst verantwortlich. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

hat <strong>der</strong> Alle<strong>in</strong>vertriebsvertrag <strong>in</strong> Bezug auf<br />

die Risiken sowie Rechte <strong>und</strong> Pflichten oft<br />

große Ähnlichkeiten mit dem Handelsvertretervertrag,<br />

so dass das HGB, <strong>der</strong> früheren<br />

Rechtsprechung folgend, jetzt die Anwendbarkeit<br />

<strong>der</strong> Beendigungsregeln für den Handelsvertretervertrag<br />

anordnet.<br />

Vertretung ausländischer Unternehmen<br />

Das HGB lässt hier für die Handelsvertretereigenschaft<br />

bereit genügen, wenn das ausländische<br />

Unternehmen ke<strong>in</strong>en eigenen Sitz<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> hat <strong>und</strong> <strong>der</strong> Vertreter e<strong>in</strong>zelne<br />

Geschäfte für sie erledigt. Das kann dann vor<br />

allem auch Konsequenzen für die<br />

Gerichtsstandsfrage haben.<br />

Gerichtsstand<br />

Für Geschäfte, an welchen e<strong>in</strong> Handelsvertreter<br />

beteiligt ist, entsteht e<strong>in</strong> Gerichtsstand<br />

am Sitz des Handelsvertreters. Der<br />

Handelsvertreter ist auch befugt, im Namen<br />

des Pr<strong>in</strong>zipals Zustellungen entgegen‐ <strong>und</strong><br />

vorzunehmen <strong>und</strong> Prozesse zu führen.<br />

Pflichten des Handelsvertreters<br />

Der Handelsvertreter hat die Geschäfte des<br />

Pr<strong>in</strong>zipals mit <strong>der</strong> Sorgfalt e<strong>in</strong>es ordentlichen<br />

Kaufmanns <strong>und</strong> nach Treu <strong>und</strong> Glauben zu<br />

besorgen. Er ist zur Vertraulichkeit <strong>und</strong> Loyalität,<br />

zur Berichterstattung <strong>und</strong> zum Schutz<br />

<strong>der</strong> wirtschaftlichen Interessen des Pr<strong>in</strong>zipals<br />

verpflichtet (Bonität <strong>der</strong> K<strong>und</strong>en prüfen,<br />

Schutzmaßnahmen für Ware des Pr<strong>in</strong>zipals<br />

etc.). Für den Pr<strong>in</strong>zipal e<strong>in</strong>genommene Geldbeträge<br />

muss er unverzüglich auskehren.<br />

Erheben K<strong>und</strong>en Ansprüche o<strong>der</strong> gar Klagen,<br />

muss <strong>der</strong> Handelsvertreter ggf. Abwehrmaßnahmen<br />

treffen, m<strong>in</strong>destens aber unverzüglich<br />

den Pr<strong>in</strong>zipal e<strong>in</strong>schalten. Hauptpflicht<br />

ist natürlich das Tätigwerden für den<br />

Pr<strong>in</strong>zipal (K<strong>und</strong>enbeschaffung, Market<strong>in</strong>g<br />

u.a.).<br />

Pflichten des Pr<strong>in</strong>zipals<br />

Auch <strong>der</strong> Pr<strong>in</strong>zipal ist zur Vertraulichkeit,<br />

Loyalität <strong>und</strong> Information verpflichtet. Vor<br />

allem muss er ständig den Handelsvertreter<br />

über die Produkte <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Entwicklungen<br />

auf dem Laufenden halten. Wichtigste Pflicht<br />

ist die Zahlung <strong>der</strong> vere<strong>in</strong>barten bzw. e<strong>in</strong>er<br />

angemessenen Provision, bei Inkassovollmacht<br />

auch e<strong>in</strong>er angemessenen Inkassogebühr.<br />

Es kann auch e<strong>in</strong> Fixum vere<strong>in</strong>bart<br />

werden, oft trifft man Mischformen an (z.B.<br />

„Markterschließungsbeitrag“ als Fixum, im<br />

Übrigen erfolgsorientierte Provision). An<br />

welche Tatbestände die Provisionspflicht<br />

angeknüpft wird, hängt von <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>barung<br />

ab. Ist nichts vere<strong>in</strong>bart, wird sie für<br />

jedes Geschäft fällig, das auf e<strong>in</strong>e Aktivität<br />

des Handelsvertreters zurück zu führen ist.<br />

Kosten für das laufende Geschäft hat <strong>der</strong><br />

Handelsvertreter selbst zu tragen, das Gesetz<br />

billigt ihm aber e<strong>in</strong>en Erstattungsanspruch<br />

für außergewöhnliche, im Interesse<br />

des Pr<strong>in</strong>zipals entstandene Kosten zu.<br />

Erfüllt <strong>der</strong> Pr<strong>in</strong>zipal berechtigte Zahlungsansprüche<br />

des Handelsvertreters nicht, hat<br />

letzterer e<strong>in</strong> Pfandrecht an Gegenständen,<br />

die er für den Pr<strong>in</strong>zipal <strong>in</strong> Verwahrung hat.<br />

Das gilt nicht für per Inkasso e<strong>in</strong>gezogene<br />

Geldbeträge.<br />

Wettbewerbsklausel


Handelsvertreter ‐ 4<br />

Für zwei Jahre nach Beendigung des Vertrages<br />

kann e<strong>in</strong> Wettbewerbsverbot für den<br />

Handelsvertreter bestimmt werden, wenn<br />

dies angemessen entschädigt wird. Der Pr<strong>in</strong>zipal<br />

kann darauf verzichten, so dass die<br />

Entschädigung entfällt. Wird <strong>der</strong> Vertrag<br />

wegen e<strong>in</strong>es Verschuldens <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite<br />

beendet, kann die an<strong>der</strong>e Seite erklären,<br />

nicht an die Klausel geb<strong>und</strong>en zu se<strong>in</strong>.<br />

Klauseln zum Nachteil des Handelsvertreters<br />

Von den gesetzlichen Bestimmungen kann<br />

zu Lasten des Handelsvertreters <strong>in</strong> vielen,<br />

ausdrücklich durch das Gesetz genannten<br />

Punkten, nicht abgewichen werden, wie<br />

etwa bei <strong>der</strong> nachvertraglichen Wettbewerbsklausel<br />

o<strong>der</strong> den Vorschriften zu Kündigung,<br />

den Pflichten des Pr<strong>in</strong>zipals <strong>und</strong> zum<br />

Ausgleichsanspruch.<br />

Vorteile für den Pr<strong>in</strong>zipal nachwirken<br />

<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Pr<strong>in</strong>zipal mit vom Handelsvertreter<br />

gewonnenen K<strong>und</strong>en weiterarbeitet<br />

o<strong>der</strong> sonst die Umstände es aus Billigkeit<br />

erfor<strong>der</strong>n. Begrenzt wird die Höhe durch den<br />

Durchschnitt <strong>der</strong> <strong>in</strong> den letzten Jahren gezahlten<br />

Provisionen. Wer als Handelsvertreter<br />

die Beendigung des Vertrages selbst verschuldet,<br />

verwirkt se<strong>in</strong>en Ausgleichsanspruch.<br />

E<strong>in</strong> Vorausverzicht auf den Ausgleichsanspruch<br />

ist nicht möglich, er muss<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Jahres nach Ende des Vertrages<br />

geltend gemacht werden.<br />

Beendigung <strong>und</strong> Ausgleichsanspruch<br />

Das Handelsvertreterverhältnis endet mit<br />

dem Tod, Entmündigung o<strong>der</strong> Konkurs e<strong>in</strong>er<br />

<strong>der</strong> Parteien, Vere<strong>in</strong>barung o<strong>der</strong> Kündigung;<br />

letztere muss mit E<strong>in</strong>schreiben Rücksche<strong>in</strong>,<br />

per Notar o<strong>der</strong> Telegramm erfolgen. Die<br />

sicherste Form ist die Kündigung mit notarieller<br />

Zustellung.<br />

Die ordentliche Kündigung erfolgt mit dreimonatiger<br />

Frist zum Monatsende. Sie ist<br />

nicht an Voraussetzungen geb<strong>und</strong>en. Die<br />

außerordentliche Kündigung dagegen bedarf<br />

e<strong>in</strong>es wichtigen Gr<strong>und</strong>es. Liegt <strong>der</strong> nicht vor,<br />

wird sie wie e<strong>in</strong>e ordentliche Kündigung behandelt,<br />

so dass automatisch die Provisionsausfälle<br />

für die Zeit bis zum Ablauf <strong>der</strong> regulären<br />

Kündigungsfrist zu bezahlen s<strong>in</strong>d. Befristete<br />

Verträge s<strong>in</strong>d nur aus wichtigem<br />

Gr<strong>und</strong> kündbar. Wird nach Ablauf <strong>der</strong> Vertragsdauer<br />

auf gleicher Basis weiter zusammen<br />

gearbeitet, entsteht e<strong>in</strong> unbefristeter<br />

Handelsvertretervertrag.<br />

Neu ist die gesetzliche Regelung <strong>der</strong> Ausgleichszahlung.<br />

Sie setzt voraus, dass die<br />

durch den Handelsvertreter verursachten<br />

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<strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Standorten


Gesellschaftsgründung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

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2 – Gesellschaftsgründung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

E<strong>in</strong>führung<br />

Das türkische Gesellschaftsrecht weist große<br />

Ähnlichkeiten mit den auch <strong>in</strong> Deutschland<br />

bekannten Gesellschaftstypen auf; zum Teil<br />

erhebliche Unterschiede zeigen sich dann<br />

erst bei genauerer Betrachtung <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Details. Die Handelsgesellschaften haben<br />

Rechtspersönlichkeit, die sie durch die<br />

E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Handelsregister erwerben;<br />

sie erhalten damit auch die Kaufmannseigenschaft.<br />

Beschränkungen für Auslän<strong>der</strong><br />

ergeben sich heute nur noch im H<strong>in</strong>blick auf<br />

Privilegien für Türken <strong>in</strong> bestimmten Berufssparten.<br />

Bei Kapitalgesellschaften wirken<br />

sich solche Beschränkungen praktisch überhaupt<br />

nicht mehr aus.<br />

Ab 1.7.2012 wird das neue HGB <strong>in</strong> Kraft treten,<br />

so dass dann e<strong>in</strong>ige wichtige Neuregelungen<br />

zu beachten se<strong>in</strong> werden.<br />

Personengesellschaften<br />

Personengesellschaften kommen für ausländische<br />

Investoren nur <strong>in</strong> Betracht, wenn sie<br />

auch e<strong>in</strong>en gesicherten <strong>Aufenthalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Türkei</strong> vorweisen können.<br />

Die Kollektivgesellschaft (kollektif şirket)<br />

entspricht <strong>in</strong> etwa <strong>der</strong> deutschen Offenen<br />

Handelsgesellschaft (OHG). Hier haften die<br />

Gesellschafter persönlich jeweils mit ihrem<br />

gesamten Vermögen. Die Kommanditgesellschaft<br />

(komandit şirket) ähnelt stark <strong>der</strong><br />

deutschen KG. E<strong>in</strong> praktisch wesentlicher<br />

Unterschied besteht dar<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> mit se<strong>in</strong>em<br />

Vermögen haftende Komplementär<br />

(komandite) e<strong>in</strong>e natürliche Person se<strong>in</strong><br />

muss. Die Konstruktion <strong>der</strong> GmbH & Co. KG<br />

ist also <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> nicht möglich. E<strong>in</strong>e <strong>der</strong><br />

AG nahe stehende Variante ist die Kommanditgesellschaft<br />

auf Aktien (sermayesi paylara<br />

bölünmüş komandit şirket).<br />

Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />

Die GmbH kommt mit nur zwei Gesellschaftern<br />

aus (ab 1.7.2012: e<strong>in</strong> Gesellschafter),<br />

wobei sich e<strong>in</strong> Gesellschafter e<strong>in</strong>e bequeme<br />

Mehrheit e<strong>in</strong>räumen lassen kann, die auch<br />

für Satzungsän<strong>der</strong>ungen gilt. In wenigen<br />

Situationen gibt es allerd<strong>in</strong>gs noch „pro‐<br />

Kopf“‐Mehrheitserfor<strong>der</strong>nisse, z.B. bei <strong>der</strong><br />

Anteilsübertragung (drei Viertel des Kapitals,<br />

drei Viertel <strong>der</strong> Gesellschafter; entfällt ab<br />

1.7.2011). Bis 1.7.2012 muss, wenn die Gesellschaft<br />

auf e<strong>in</strong>e Person zurückfällt, diese die<br />

GmbH liquidieren. Die Höchstzahl <strong>der</strong> Gesellschafter<br />

liegt bei 50.<br />

Das Kapital muss m<strong>in</strong>destens 5.000 TL bar<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Sachen betragen (ab 1.7.2012 10.000<br />

TL, dann auch zw<strong>in</strong>gend vollständig e<strong>in</strong>zuzahlen).<br />

Es müssen Rücklagen von 20% gebildet<br />

werden. E<strong>in</strong> Anteil hat m<strong>in</strong>destens 25 TL.<br />

Im Gesellschaftervertrag (Satzung) s<strong>in</strong>d Gesellschaftszweck,<br />

Sitz, Dauer <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

(ke<strong>in</strong>e unbegrenzte Dauer möglich),<br />

Kapital, Anteils<strong>in</strong>haber <strong>und</strong> Anteileverhältnis,<br />

Regeln über die E<strong>in</strong>zahlung des Kapitals,<br />

Geschäftsführung <strong>und</strong> Vertretungsverhältnisse,<br />

Gew<strong>in</strong>nverteilung zu regeln. Oft wird<br />

e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>facher Mustergesellschaftsvertrag<br />

ausreichen. Die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Satzung erfor<strong>der</strong>t<br />

zwei Drittel des vertretenen Kapitals<br />

(vere<strong>in</strong>facht ab 1.7.2012).<br />

Gesellschafterbeschlüsse s<strong>in</strong>d notariell zu<br />

beglaubigen. Es muss m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Geschäftsführer<br />

bestellt se<strong>in</strong>.<br />

Die Geschäftsführung wird ab 1.7.2012 erheblichen<br />

Neuerungen unterworfen. Bei mehreren<br />

Geschäftsführern hat die Gesellschafterversammlung<br />

e<strong>in</strong>en „Vorsitzenden“ zu ernennen,<br />

m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Gesellschafter muss<br />

Geschäftsführungsbefugnisse, e<strong>in</strong> Geschäftsführer<br />

muss se<strong>in</strong>en Wohnsitz <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

haben.


Gesellschaftsgründung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> ‐ 3<br />

Der Gründungsvorgang ist nicht abschließend<br />

wie folgt zu beschreiben: Antrag beim<br />

Handelsregister mit Gesellschaftsvertrag<br />

(mehrfach), Gründungsbeschluss, Nachweis<br />

über die Geschäftsfähigkeit <strong>der</strong> Gesellschafter<br />

(nur bei juristischen Personen), Nachweis<br />

über die E<strong>in</strong>zahlung des Beitrages zum Verbraucherfonds<br />

<strong>in</strong> Höhe von 1 % sowie des<br />

Pflichtbeitrages für die Wettbewerbsbehörde<br />

(0,04 %) auf e<strong>in</strong> Konto <strong>der</strong> Ziraat Bankasi,<br />

Gewerbebestätigung <strong>der</strong> örtlichen Geme<strong>in</strong>de,<br />

notariell beglaubigte Unterschriftenprobe;<br />

Antrag auf E<strong>in</strong>tragung <strong>und</strong> Bekanntmachung<br />

<strong>der</strong> Gründung im Handelsregisterblatt.<br />

Banken, Versicherungen <strong>und</strong> Leas<strong>in</strong>ggesellschaften<br />

können nicht als GmbH, son<strong>der</strong>n<br />

nur als AG gegründet werden.<br />

Ab 1.7.2012 benötigt die GmbH wie die AG<br />

e<strong>in</strong>e Revisionsstelle.<br />

Die Gesellschafter haften im Verhältnis ihrer<br />

Anteile für öffentliche For<strong>der</strong>ungen.<br />

Die Gesellschaft endet mit Zeitablauf (<strong>der</strong>zeit<br />

muss e<strong>in</strong>e bestimmte Dauer bestimmt<br />

werden, ab 1.7.2012 gilt dies nicht mehr),<br />

durch e<strong>in</strong>stimmigen Gesellschafterbeschluss,<br />

Gerichtsbeschluss o<strong>der</strong> Konkurs. Außer beim<br />

Konkurs kann <strong>der</strong> Geschäftsführer Liquidator<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Aktiengesellschaft<br />

Die AG unterscheidet sich von <strong>der</strong> GmbH<br />

durch leichtere Anteilsübertragung, die Zahl<br />

<strong>der</strong> Gesellschafter, höhere Kapitalerfor<strong>der</strong>nisse<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong> weiteres Organ, nämlich die<br />

Revisionsstelle.<br />

Ab dem 1.7.2012 wird sich allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>iges<br />

än<strong>der</strong>n. Denn dann unterscheidet das Gesetz<br />

nicht mehr zwischen E<strong>in</strong>heits‐ <strong>und</strong> Stufengründung,<br />

son<strong>der</strong>n zwischen nicht registriertem<br />

<strong>und</strong> registriertem Kapitalsystem. Beim<br />

nicht registrierten Kapitalsystem entsteht<br />

e<strong>in</strong>e „gewöhnliche“ Aktiengesellschaft, sie<br />

benötigt als Gr<strong>und</strong>kapital m<strong>in</strong>destens 50.000<br />

TL. Im „registrierten System“ kann die AG<br />

bei <strong>der</strong> Kapitalmarktaufsicht e<strong>in</strong>e Kapitalobergrenze<br />

e<strong>in</strong>tragen lassen, bis zu welcher<br />

<strong>der</strong> Vorstand die Kapitalerhöhung selbst<br />

vornehmen, also je<strong>der</strong>zeit auch Aktien ausgeben<br />

kann. Damit wird dem Bedürfnis entgegen<br />

gekommen, auch bei fehlen<strong>der</strong> Börsennotierung<br />

sich schnelles Kapital am Markt<br />

verschaffen zu können. Hier muss das<br />

Gr<strong>und</strong>kapital m<strong>in</strong>destens 100.000 TL betragen.<br />

Bei <strong>der</strong> Bargründung müssen 25% des Kapitals<br />

bei Gründung e<strong>in</strong>gezahlt werden, <strong>der</strong><br />

Rest <strong>in</strong>ner halb von 24 Monaten.<br />

Reduziert sich die Zahl <strong>der</strong> Aktionäre auf<br />

vier, muss liquidiert werden (entfällt ab<br />

1.7.2012).<br />

Rücklagenerfor<strong>der</strong>nisse s<strong>in</strong>d gesetzlich geregelt.<br />

E<strong>in</strong> Anteil hat e<strong>in</strong>en Wert von m<strong>in</strong>destens<br />

1 KR (= 0,01 TL).<br />

In <strong>der</strong> Satzung s<strong>in</strong>d Gesellschaftszweck, Sitz,<br />

Kapital, Anteils<strong>in</strong>haber <strong>und</strong> Anteileverhältnis,<br />

Regeln über die E<strong>in</strong>zahlung des Kapitals,<br />

Vorstand <strong>und</strong> Vertretungsverhältnisse, Revisionsstelle<br />

(nicht vergleichbar mit dem deutschen<br />

Aufsichtsrat!) <strong>und</strong> Gew<strong>in</strong>nverteilung.<br />

Oft wird e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Mustersatzung ausreichen.<br />

Im Vorstand, <strong>der</strong> aus m<strong>in</strong>destens drei Personen<br />

besteht (ab 1.7.2012 m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e<br />

Person), müssen Aktionäre (bei juristischen<br />

Personen <strong>der</strong>en Vertreter, ab 1.7.2012 auch<br />

die juristische Person selbst) sitzen. Weitere<br />

Vorstandsmitglie<strong>der</strong> können von außen bestellt<br />

werden. M<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> vertretungsbefugtes<br />

Vorstandsmitglied muss die türkische<br />

Staatsangehörigkeit besitzen, bei e<strong>in</strong>em<br />

mehrköpfigen Vorstand muss m<strong>in</strong>destens<br />

e<strong>in</strong> Viertel <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e abgeschlossene<br />

Hochschulausbildung haben.


4 – Gesellschaftsgründung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

Die Revisionsstelle besteht aus e<strong>in</strong>er bis fünf<br />

Personen <strong>und</strong> überwacht die Tätigkeit des<br />

Vorstandes <strong>in</strong> wirtschaftlicher H<strong>in</strong>sicht (Bilanzen).<br />

Sie hat ke<strong>in</strong>e Entscheidungsbefugnisse,<br />

son<strong>der</strong>n nur <strong>in</strong>direkte E<strong>in</strong>griffsmöglichkeiten<br />

(Antragsrechte bei Gericht).<br />

Die Satzung kann mit e<strong>in</strong>facher Mehrheit<br />

geän<strong>der</strong>t werden.<br />

Zu den Hauptversammlungen ist e<strong>in</strong> Regierungskommissar<br />

zu laden.<br />

Die Gründung läuft wie bei <strong>der</strong> GmbH ab.<br />

Für bestimmte Gesellschaftsformen am F<strong>in</strong>anzmarkt<br />

gelten beson<strong>der</strong>e Kapitalerfor<strong>der</strong>nisse<br />

<strong>und</strong> u.U. Beschränkungen für Auslän<strong>der</strong>.<br />

Die Publikumsgesellschaft ist geson<strong>der</strong>t<br />

geregelt, hier s<strong>in</strong>d Bestimmungen des<br />

Kapitalmarktgesetzes zu beachten. Ab e<strong>in</strong>em<br />

Stammkapital von 250.000 TL muss die<br />

AG e<strong>in</strong>en Vertrag mit e<strong>in</strong>em Firmenanwalt<br />

vorweisen.<br />

Die AG endet durch e<strong>in</strong>stimmigen Gesellschafterbeschluss,<br />

Gerichtsbeschluss o<strong>der</strong><br />

Konkurs.<br />

Steuerliche Fragen<br />

Die Körperschaftsteuer beträgt <strong>der</strong>zeit 20%<br />

des Gew<strong>in</strong>ns. Weitere Steuerarten, die Gesellschaften<br />

betreffen können, s<strong>in</strong>d die<br />

Gr<strong>und</strong>‐ <strong>und</strong> Immobiliensteuer, Stempelsteuer,<br />

Mehrwertsteuer, Anzeige‐ <strong>und</strong> Reklamesteuer,<br />

Abgaben auf Gesellschafterdarlehen,<br />

Umweltabgaben, Fondsabgaben. Zu achten<br />

ist auf Vorauszahlungsverpflichtungen bei<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>kommensteuer bzw. Körperschaftsteuer.<br />

E<strong>in</strong>e „Gewerbesteuer“ gibt es <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Türkei</strong> nicht.<br />

Der steuerrechtlich maßgebliche Gew<strong>in</strong>n<br />

wird nach Abzug aller dem Gesellschaftszweck<br />

entsprechenden Ausgaben ermittelt.<br />

Verzugsz<strong>in</strong>sen s<strong>in</strong>d nicht abzugsfähig.<br />

Gründungskosten<br />

Die Notarkosten betragen m<strong>in</strong>destens 1% des<br />

Gründungskapitals. Da es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel noch<br />

weitere Beglaubigungen o<strong>der</strong> Beurk<strong>und</strong>ungen<br />

durchzuführen gibt, können die<br />

Notarkosten jedoch nicht abschließend benannt<br />

werden. H<strong>in</strong>zu kommt e<strong>in</strong>e Abgabe an<br />

die Stadtverwaltung <strong>in</strong> Höhe von z.Zt. 50 TL<br />

zzgl. 1% des Kapitals, soweit es den Betrag<br />

von 2.000 TL überschreitet. Für die Bekanntmachung<br />

<strong>und</strong> E<strong>in</strong>tragung s<strong>in</strong>d noch<br />

e<strong>in</strong>mal r<strong>und</strong> Euro 500,00 zu veranschlagen.<br />

Mit wechselnden weiteren Abgaben ist zu<br />

rechnen. In <strong>der</strong> Regel fallen auch Beratungskosten<br />

<strong>und</strong> Übersetzungskosten an. Auch<br />

<strong>der</strong>en Höhe hängt stark vom E<strong>in</strong>zelfall ab.<br />

Beratungskosten können durch die neue<br />

Gesellschaft <strong>in</strong> angemessener Höhe übernommen<br />

werden.<br />

Nie<strong>der</strong>lassung <strong>und</strong> Verb<strong>in</strong>dungsbüro<br />

Die Nie<strong>der</strong>lassung e<strong>in</strong>er ausländischen Gesellschaft<br />

ist genehmigungspflichtig. Sie hat<br />

ke<strong>in</strong>e eigene Rechtspersönlichkeit, begründet<br />

aber e<strong>in</strong>en Gerichtsstand <strong>und</strong> zweiten<br />

Steuersitz. Auf <strong>Arbeit</strong>sverträge ist türkisches<br />

Recht anwendbar. Die Umwandlung <strong>der</strong><br />

Nie<strong>der</strong>lassung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Kapitalgesellschaft ist<br />

je<strong>der</strong>zeit möglich.<br />

Das Verb<strong>in</strong>dungsbüro ist ebenfalls genehmigungspflichtig.<br />

Angestellte e<strong>in</strong>es solchen<br />

Büros brauchen ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>kommen‐ o<strong>der</strong><br />

Lohnsteuer zu zahlen, allerd<strong>in</strong>gs stehen auch<br />

hier Än<strong>der</strong>ungen an. Das Büro darf nicht<br />

kaufmännisch tätig werden. In <strong>der</strong> Regel<br />

eignet sich e<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dungsbüro lediglich für<br />

Repräsentanz‐ <strong>und</strong> Market<strong>in</strong>gaufgaben.<br />

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For<strong>der</strong>ungsbeitreibung<br />

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© 2012


For<strong>der</strong>ungsbeitreibung ‐ 2<br />

E<strong>in</strong>leitung<br />

Die anwaltliche Aufgabe <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ungsbeitreibung<br />

stellt gerade im deutsch‐türkischen<br />

Rechtsverkehr e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

dar. Nicht nur die Entfernung, auch die<br />

an<strong>der</strong>e Sprache <strong>und</strong> die an<strong>der</strong>e Mentalität<br />

bilden Barrieren, die <strong>der</strong> gewitzte Schuldner<br />

gerne als Heimvorteil nutzt.<br />

Das türkische Gerichtssystem<br />

E<strong>in</strong>gangs<strong>in</strong>stanz ist <strong>in</strong> den typischen zivil‐ <strong>und</strong><br />

handelsrechtlichen Streitigkeiten die „Zivilkammer“<br />

(asliye hukuk/ticaret mahkemesi).<br />

Gegen Urteile dieser Kammern ist die Kassation<br />

(Revision) zum Kassationshof (Yargıtay)<br />

gegeben. Verweist dieser zurück <strong>und</strong> beharrt<br />

die Zivilkammer auf dem alten Urteil, kommt<br />

es erneut zu e<strong>in</strong>em Verfahren beim Kassationshof,<br />

diesmal dem „Großen Senat“. Danach<br />

kann das Urteil rechtskräftig werden.<br />

Die für den 1. April 2007 geplante E<strong>in</strong>führung<br />

von Regionalgerichten (bölge adliye<br />

mahkemeleri), die als Berufungs<strong>in</strong>stanz dienen<br />

sollen, konnte noch nicht umgesetzt<br />

werden. Fest steht allerd<strong>in</strong>gs schon heute,<br />

dass es neun Regionalgerichte <strong>in</strong> Izmir, Bursa,<br />

Adana, Istanbul, Samsun, Ankara, Konya,<br />

Erzurum <strong>und</strong> Diyabakır geben wird.<br />

Infolge <strong>der</strong> notorischen Überlastung türkischer<br />

Gerichte <strong>und</strong> e<strong>in</strong>es fehlenden Bewusstse<strong>in</strong>s<br />

für „Prozessökonomie“ dauern erst<strong>in</strong>stanzliche<br />

Verfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel deutlich<br />

länger als vergleichbare Verfahren <strong>in</strong><br />

Deutschland.<br />

Die Vollstreckung <strong>der</strong> Urteile erfolgt durch<br />

„Vollstreckungsämter“, die den Gerichten<br />

zugeordnet s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> Sachpfändung,<br />

Immobiliarpfändung, Zwangsversteigerung<br />

<strong>und</strong> For<strong>der</strong>ungspfändung (Bankkonten!).<br />

Die vorläufige Anspruchssicherung kann<br />

durch flankierende Maßnahmen – e<strong>in</strong>stweilige<br />

Verfügung (tedbir) o<strong>der</strong> Arrest (ihtiyati<br />

haciz) – betrieben werden.<br />

Oft wird sich die Vorschaltung e<strong>in</strong>es Mahn‐<br />

/Vollstreckungsverfahrens empfehlen, das<br />

ca. zwei Wochen dauert. Das <strong>in</strong>nerhalb von<br />

sieben Tagen ab Zustellung auszuübende<br />

Wi<strong>der</strong>spruchsrecht‐ welches auch für Auslän<strong>der</strong><br />

gilt‐ führt zur Überleitung <strong>in</strong>s ordentliche<br />

Gerichtsverfahren. Es kann im Idealfall<br />

<strong>und</strong> mit anwaltlichem Geschick zur Verurteilung<br />

des Wi<strong>der</strong>sprechenden zu e<strong>in</strong>er zusätzlichen<br />

Entschädigung führen. Kann allerd<strong>in</strong>gs<br />

e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutig die Schuld des Schuldners<br />

beweisende Urk<strong>und</strong>e vorgelegt werden, s<strong>in</strong>d<br />

die Wi<strong>der</strong>spruchsmöglichkeiten des Schuldners<br />

nur noch sehr eng begrenzt.<br />

Die erfolgreiche Vollstreckung türkischer<br />

Urteile <strong>in</strong> Deutschland setzt den Nachweis<br />

voraus, dass das Urteil ordnungsgemäß zustande<br />

gekommen <strong>und</strong> dem <strong>in</strong> Deutschland<br />

ansässigen Schuldner ausreichend Gelegenheit<br />

gegeben worden ist, sich zu verteidigen.<br />

Die Streitbeilegung ist nach türkischem<br />

Recht auch im Wege <strong>der</strong> Schiedsgerichtsbarkeit<br />

zulässig. E<strong>in</strong>zelheiten hierzu s<strong>in</strong>d<br />

jedoch e<strong>in</strong> geson<strong>der</strong>tes Thema.<br />

Die rechtliche Situation<br />

Von <strong>der</strong> rechtlichen Situation im E<strong>in</strong>zelfall<br />

hängen die Faktoren Zeit <strong>und</strong> Kosten sowie<br />

die Aussicht auf Erfolg ab, mit an<strong>der</strong>en Worten,<br />

das Kostenrisiko. Im Übrigen sieht <strong>der</strong><br />

Ablauf wie folgt aus:<br />

Hat <strong>der</strong> Gläubiger e<strong>in</strong>e For<strong>der</strong>ung, die we<strong>der</strong><br />

<strong>in</strong> Deutschland noch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> geltend<br />

gemacht worden ist, bedarf es zunächst <strong>der</strong><br />

Feststellung des <strong>Aufenthalt</strong>sorts des Schuldners,<br />

damit e<strong>in</strong>e Klage zugestellt werden<br />

kann. Ausnahmsweise ist auch die „öffentliche<br />

Zustellung“ möglich. Nach erfolgreicher<br />

Klageerhebung muss die beklagte Seite bestimmte<br />

E<strong>in</strong>reden sofort erheben (Unzuständigkeit,<br />

Verjährung u.a.). Im Zuge des<br />

Verfahrens kommt es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel zu mehreren<br />

Verhandlungen <strong>und</strong> zur Erhebung von<br />

Gutachten.


3 – For<strong>der</strong>ungsbeitreibung<br />

Ist das Urteil ergangen, wird es erst rechtskräftig,<br />

wenn entwe<strong>der</strong> die Revisionsfrist<br />

nicht e<strong>in</strong>gehalten wurde (zwei Wochen) o<strong>der</strong><br />

die Rechtsmittelverfahren abgeschlossen<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

Die Zwangsvollstreckung setzt die Zustellung<br />

<strong>und</strong> Bezahlung aller Gerichtsgebühren voraus,<br />

ohne die es ke<strong>in</strong> „ilam“ – ke<strong>in</strong>en vollstreckungsfähigen<br />

Titel gibt.<br />

Ist das Urteil im Ausland erlangt <strong>und</strong> dort<br />

auch rechtskräftig geworden, muss es <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Türkei</strong> noch e<strong>in</strong>mal für vollstreckbar erklärt<br />

werden. Das Verfahren hierfür ähnelt e<strong>in</strong>em<br />

ordentlichen Gerichtsverfahren, ist aber <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Regel unproblematisch ‐ vorausgesetzt,<br />

dass nachgewiesen werden kann, dass Klage<br />

<strong>und</strong> Urteil <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> ordnungsgemäß zugestellt<br />

worden waren.<br />

Der bloße deutsche „Vollstreckungsbescheid“<br />

ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> nicht vollstreckbar,<br />

son<strong>der</strong>n allenfalls „Beweismittel“.<br />

Bevor es jetzt <strong>in</strong> die Zwangsvollstreckung<br />

geht, sollte man auch schon <strong>in</strong> Erfahrung<br />

gebracht haben, wo es etwas zu holen gibt.<br />

Die tatsächliche Situation<br />

Der Schuldner <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Vermögen lassen sich<br />

meist mit e<strong>in</strong>igen wirksamen Mitteln herausf<strong>in</strong>den.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs verfügt die <strong>Türkei</strong> zwar<br />

über e<strong>in</strong> Meldewesen, doch ist es <strong>der</strong>zeit nur<br />

bed<strong>in</strong>gt möglich, über schriftliche E<strong>in</strong>wohnermeldeanfragen<br />

den <strong>Aufenthalt</strong> des<br />

Schuldners zu ermitteln. Das Personenstandsregister,<br />

das für die Bestimmung des<br />

Gerichtsstandes auch die Vermutung für e<strong>in</strong>en<br />

Wohnsitz begründet, kann erster Anhaltspunkt<br />

se<strong>in</strong>. Wohnt <strong>der</strong> Schuldner nicht<br />

tatsächlich am Ort, den das Personenstandsregister<br />

ausweist, ist die Zustellung <strong>in</strong>dessen<br />

noch nicht gewährleistet. Denn es fehlt trotz<br />

<strong>der</strong> zentralistischen Verwaltungsstruktur des<br />

türkischen Staates noch an e<strong>in</strong>er vollständigen<br />

zentralen Erfassung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wohnermeldedaten.<br />

Kennt man den Ort, so wird man<br />

über die lokalen Bürgermeisterämter auch<br />

die Wohnanschrift <strong>in</strong> Erfahrung br<strong>in</strong>gen können.<br />

Das Gr<strong>und</strong>buchwesen hat sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

zwar weitgehend, aber noch nicht vollständig<br />

durchgesetzt, weil noch nicht sämtlicher<br />

Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden katastriert ist. Auch gibt es<br />

noch ke<strong>in</strong>e zentrale Erfassung. Wo es sich –<br />

etwa im ländlichen Bereich – um e<strong>in</strong> nichtkatastriertes<br />

Gr<strong>und</strong>stück handelt, kann man<br />

beim Dorfbürgermeister nachfragen.<br />

Weitere Informationsquellen s<strong>in</strong>d die örtlichen<br />

Handelsregister, die Stadtverwaltungen<br />

<strong>und</strong> die Prozessregister <strong>der</strong> örtlichen<br />

Gerichte.<br />

Und wenn man über das Vermögen Informationen<br />

benötigt, dann s<strong>in</strong>d da noch die H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse<br />

wie Bankgeheimnis, Steuergeheimnis<br />

...<br />

Lösungswege<br />

Wer e<strong>in</strong>e For<strong>der</strong>ung beizutreiben hat, sollte<br />

• sich den Partner hierfür sorgfältig aussuchen<br />

• sich die rechtliche Situation überlegen<br />

• die tatsächliche Situation feststellen<br />

• <strong>und</strong> aus all dem den Lösungsweg anhand<br />

<strong>der</strong> Situation entwickeln<br />

In den letzten Jahren haben sich verschiedene<br />

Beratungsfirmen auf die Beschaffung <strong>der</strong><br />

erfor<strong>der</strong>lichen Informationen spezialisiert.<br />

Auch die RUMPF CONSULTING bietet solche<br />

Dienstleistungen an, wobei sie auf die Erfahrungen<br />

von RUMPF RECHTSANWÄLTE <strong>und</strong><br />

ihrer langjährigen türkischen Partner zurückgreift.<br />

Auch zukunftsorientierte Recherchen,<br />

etwa zur Bonität o<strong>der</strong> Zuverlässigkeit zukünftiger<br />

Geschäftspartner werden angeboten.<br />

Manchmal genügt aber auch e<strong>in</strong>fach die<br />

überraschende Ansprache durch e<strong>in</strong> Anwaltsbüro,<br />

die Zahlungsbereitschaft zu beflügeln.<br />

Auch <strong>der</strong> schnelle vorläufige Zugriff<br />

mit gerichtlicher Hilfe kann schon vor E<strong>in</strong>leitung<br />

des Hauptverfahrens Wirkung zeigen,


For<strong>der</strong>ungsbeitreibung ‐ 4<br />

abgesehen davon, dass man dann schon<br />

Zugriff auf vollstreckbares Vermögen hat.<br />

Zusammenarbeit mit Anwälten<br />

Es gibt <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> zahlreiche Anwaltskanzleien<br />

mit deutschen Sprachkenntnissen. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

müssen sich deutsche Mandanten<br />

darauf e<strong>in</strong>stellen, dass die <strong>Arbeit</strong>sweisen<br />

an<strong>der</strong>s als diejenigen e<strong>in</strong>er deutschen Anwaltskanzlei<br />

s<strong>in</strong>d. So <strong>in</strong>formieren türkische<br />

Anwaltskanzleien ihre Mandanten unaufgefor<strong>der</strong>t<br />

nur über beson<strong>der</strong>s wichtige Ereignisse.<br />

Türkische Wirtschaftskanzleien arbeiten<br />

nicht kostengünstiger als deutsche Wirtschaftskanzleien,<br />

eher im Gegenteil. Die gesetzliche<br />

Gebührenordnung ist <strong>in</strong>zwischen<br />

auf e<strong>in</strong>em Stand, <strong>der</strong> demjenigen <strong>der</strong> deutschen<br />

Gebührenordnung nicht nachsteht. Es<br />

macht daher S<strong>in</strong>n, sich möglichst genau zu<br />

<strong>in</strong>formieren, welche Kosten bis zum Ende <strong>der</strong><br />

Zwangsvollstreckung voraussichtlich anfallen,<br />

<strong>in</strong>wieweit auch bei Obsiegen die Erstattung<br />

durch den Gegner gewährleistet ist<br />

o<strong>der</strong> ob die Erstattung beim Anwalt verbleibt.<br />

Mehr als <strong>in</strong> Deutschland ist es üblich,<br />

Pauschalhonorare zu vere<strong>in</strong>baren, oft auch<br />

mit Erfolgsbeteiligung. Es sollte immer darauf<br />

geachtet werden, dass die Anwaltskosten<br />

brutto genannt werden, d.h. e<strong>in</strong>schließlich<br />

<strong>der</strong> türkischen Mehrwertsteuer <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>kommensteuer.<br />

Immer mehr deutsche Anwaltskanzleien<br />

werben mit „eigenen Büros“ <strong>in</strong> Istanbul.<br />

Welche Vorteile dies für die Mandanten<br />

br<strong>in</strong>gt, ist allerd<strong>in</strong>gs durchaus offen. Wettbewerbsvorteile<br />

haben solche Kanzleien, die<br />

nicht nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage s<strong>in</strong>d, mit ihren türkischen<br />

Partnern effizient zusammen zu arbeiten,<br />

son<strong>der</strong>n auch eigene Kompetenz am<br />

Hauptstandort vorhalten.<br />

es nicht. Denkbar s<strong>in</strong>d Pauschalvere<strong>in</strong>barungen<br />

o<strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>barungen nach Aufwand.<br />

Für die nächste Stufe ist bereits die Beauftragung<br />

e<strong>in</strong>er Rechtsanwaltskanzlei zu empfehlen.<br />

O<strong>der</strong> Sie beauftragen ganz e<strong>in</strong>fach<br />

RUMPF RECHTSANWÄLTE.<br />

Die relativ hohen Gerichtskosten (5,4%) <strong>und</strong><br />

Auslagen müssen seit dem 1.10.2011 im Voraus<br />

aufgebracht werden.<br />

Fazit<br />

Die <strong>Türkei</strong> ist e<strong>in</strong> schwieriges Land, wenn es<br />

um die erfolgreiche Beitreibung notleiden<strong>der</strong><br />

For<strong>der</strong>ungen geht. Erfolgreiche For<strong>der</strong>ungsbeitreibung<br />

ist jedoch möglich, wenn:<br />

• zum Schuldner <strong>und</strong> se<strong>in</strong>em Vermögen<br />

ausreichende Tatsachenfeststellungen<br />

getroffen <strong>und</strong> ggfs. Beweise<br />

gesichert werden<br />

• die rechtlichen Möglichkeiten für den<br />

schnellen Zugriff ausgeschöpft werden<br />

• die Zusammenarbeit mit dem richtigen<br />

Partner vor Ort sichergestellt<br />

werden kann.<br />

Kosten<br />

Die Kosten für die Informationsbeschaffung<br />

im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er effektiven Tatsachenermittlung<br />

(Schuldner, Vermögen) richten sich<br />

nach <strong>der</strong> Schwierigkeit im E<strong>in</strong>zelfall. Erfahrungswerte<br />

aus e<strong>in</strong>er verbreiteten Praxis gibt<br />

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Deutschland <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>


Ausländische Investitionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

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2 – Ausländische Investitionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

Wer s<strong>in</strong>d wir?<br />

RUMPF CONSULTING ist e<strong>in</strong>e Beratungsgesellschaft<br />

<strong>in</strong> Istanbul, die sich auf die Beratung vor<br />

allem von ausländischen Unternehmen spezialisiert<br />

hat, die <strong>in</strong> den türkischen Markt e<strong>in</strong>steigen.<br />

Wir gehören zum Netzwerk <strong>der</strong> RUMPF<br />

RECHTSANWÄLTE <strong>in</strong> Stuttgart, s<strong>in</strong>d jedoch e<strong>in</strong><br />

rechtlich unabhängiges Unternehmen, das unter<br />

strikter Beachtung gesetzlicher Vorgaben<br />

ke<strong>in</strong>e Rechts‐ <strong>und</strong> Steuerberatung betreibt,<br />

son<strong>der</strong>n dies den türkischen Anwaltskanzleien<br />

überlässt, mit denen RUMPF RECHTSANWÄLTE<br />

auf das Engste zusammenarbeitet.<br />

E<strong>in</strong>führung<br />

Die Maßnahmen zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Investitionen<br />

sollen <strong>Arbeit</strong>splätze schaffen, Devisen e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen,<br />

<strong>der</strong> Verr<strong>in</strong>gerung <strong>der</strong> regionalen Entwicklungsunterschiede<br />

dienen, <strong>in</strong>s Land neue<br />

Technologie mitbr<strong>in</strong>gen, die Wettbewerbsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> türkischen Volkswirtschaft auf den<br />

<strong>in</strong>ternationalen Märkten verstärken. Diesem<br />

Ziel dienen auch die privilegierten Standorte<br />

wie Industriezonen, organisierte Industriezonen<br />

<strong>und</strong> kle<strong>in</strong>e Industriezonen. Solche Maßnahmen<br />

gelten für alle Investoren. E<strong>in</strong>e spezielle<br />

För<strong>der</strong>ung für ausländische Investoren gibt<br />

es nicht. Vielmehr geht es bei <strong>der</strong> türkischen<br />

Gesetzgebung über die ausländischen Investitionen<br />

nur darum, H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse gegenüber Auslän<strong>der</strong>n<br />

abzubauen.<br />

Gleichbehandlung ausländischer <strong>und</strong> türkischer<br />

Investoren<br />

Seit den Reformen 2003 gilt für Investitionen<br />

<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Gleichstellung von In‐ <strong>und</strong><br />

Auslän<strong>der</strong>n. Auslän<strong>der</strong> müssen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

nicht mehr den bis dah<strong>in</strong> erfor<strong>der</strong>lichen M<strong>in</strong>destkapitale<strong>in</strong>satz<br />

von 50.000,00 US‐Dollar bei<br />

Gründung e<strong>in</strong>er Nie<strong>der</strong>lassung erbr<strong>in</strong>gen. Die<br />

Gesellschaften <strong>und</strong> Nie<strong>der</strong>lassungen, die aufgr<strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>er Genehmigung im Rahmen des Gesetzes<br />

zur För<strong>der</strong>ung ausländischen Kapitals<br />

<strong>und</strong> gemäß Bestimmungen des türkischen<br />

Handelsgesetzes gegründet worden s<strong>in</strong>d, gelten<br />

als türkische Gesellschaften <strong>und</strong> Nie<strong>der</strong>lassungen.<br />

Die Gesellschaften <strong>und</strong> Nie<strong>der</strong>lassungen,<br />

die ausländischen Investoren gehören,<br />

können von den För<strong>der</strong>maßnahmen wie die<br />

den türkischen Staatsbürgern gehörenden Gesellschaften<br />

profitieren. E<strong>in</strong>e echte Gleichberechtigung,<br />

wie oft behauptet, bedeutet dies<br />

aber dennoch nicht. Denn <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit erfor<strong>der</strong>liche<br />

Zwischenschritt zu diesen Privilegien ist<br />

immer noch die Gründung e<strong>in</strong>er türkischen Kapitalgesellschaft.<br />

Dies entspricht zwar durchaus<br />

<strong>in</strong>ternationalen Standards, aber nicht denjenigen<br />

Standards, die <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> EU unter<br />

den EU‐Mitglie<strong>der</strong>n gelten.<br />

Die Genehmigungserfor<strong>der</strong>nisse, soweit sie nur<br />

für Auslän<strong>der</strong> vorgesehen waren, s<strong>in</strong>d stark reduziert<br />

worden. Es gibt sie praktisch nur noch<br />

für die Nie<strong>der</strong>lassung <strong>und</strong> das Verb<strong>in</strong>dungsbüro.<br />

Die <strong>Türkei</strong> hat mit verschiedenen Län<strong>der</strong>n Investitionsschutzabkommen<br />

geschlossen (e<strong>in</strong>zelne<br />

Beispiele siehe WWW.TUERKEI‐RECHT.DE, Unterpunkt<br />

„Wirtschaftsrecht“). Das Investitionsschutzabkommen<br />

mit Deutschland stammt aus<br />

dem Jahre 1962 <strong>und</strong> gehört somit e<strong>in</strong>er frühen<br />

Generation solcher Abkommen an. Der Nachteil<br />

dieses Abkommens ist, dass <strong>der</strong> spezielle<br />

Rechtsschutz, den solche Abkommen durch<br />

den Verweis auf den Rechtsweg zur ICSID (International<br />

Centre for Settlement of Investment<br />

Disputes, die Schieds<strong>in</strong>stitution <strong>der</strong><br />

Weltbank) gewähren, noch verwässert ist, weil<br />

das Beschreiten dieses <strong>in</strong>ternationalen<br />

Rechtswegs die Mithilfe des eigenen Staates<br />

erfor<strong>der</strong>t. In späteren Abkommen, etwa mit<br />

<strong>der</strong> Schweiz (1988) <strong>und</strong> Österreich (1991), können<br />

ausländische Investoren diesen Weg ohne<br />

Mitwirkung ihres Heimatstaates <strong>und</strong> ohne Zustimmung<br />

des angegriffenen Staates beschreiten,<br />

vorausgesetzt, es liegt noch ke<strong>in</strong> rechtskräftiges<br />

Urteil im betreffenden Staat vor.<br />

För<strong>der</strong>ung durch den türkischen Staat<br />

Soweit Auslän<strong>der</strong> als solche von För<strong>der</strong>maßnahmen<br />

profitieren wollen, müssen sie sich an<br />

die Generaldirektion für ausländische Investitionen<br />

wenden. Erwartet wird dabei <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

die Gründung e<strong>in</strong>er Nie<strong>der</strong>lassung o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Kapitalgesellschaft. Die Generaldirektion stellt


e<strong>in</strong>e „För<strong>der</strong>urk<strong>und</strong>e“ aus, die allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>en<br />

Anspruch auf e<strong>in</strong>e bestimmte För<strong>der</strong>ung<br />

gewährt. Vor allem mit Gründung <strong>der</strong> Kapitalgesellschaft<br />

eröffnen sich ohneh<strong>in</strong> dieselben<br />

Möglichkeiten wir für Unternehmen mit türkischem<br />

Kapital.<br />

Standort<br />

För<strong>der</strong>maßnahmen werden je nach Region,<br />

d.h. abhängig davon, ob es sich um e<strong>in</strong>e normale,<br />

entwickelte o<strong>der</strong> Prioritäts‐Region handelt,<br />

unterschiedlich durchgeführt. Die E<strong>in</strong>zelheiten<br />

<strong>der</strong> För<strong>der</strong>ungsmaßnahmen s<strong>in</strong>d mit <strong>der</strong> Generaldirektion<br />

für ausländisches Kapital abzustimmen<br />

<strong>und</strong> bestehen nicht <strong>in</strong> Subventionen,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Vergünstigungen bei <strong>der</strong> Besteuerung<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Bereitstellung von Infrastruktur,<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Gebieten sogar von kostenlosem<br />

Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden.<br />

Beson<strong>der</strong>s wichtige Sektoren<br />

Die Sektoren, die für die Investitionsför<strong>der</strong>ung<br />

Priorität haben, gelten als beson<strong>der</strong>s wichtige<br />

Sektoren. Hierzu gehören etwa bestimmte<br />

Dienstleistungen wie etwa für die Investitionen<br />

<strong>in</strong> Ausbildung, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Tourismus,<br />

Schiffs‐ <strong>und</strong> Jachtbau (Werften), Stromproduktion<br />

(e<strong>in</strong>schließlich Selbstversorger mit Netze<strong>in</strong>speisung),<br />

Infrastruktur, BO‐ o<strong>der</strong> BOT‐<br />

Projekte, Forschung <strong>und</strong> Entwicklung, Umweltschutz,<br />

neue Technologien, <strong>in</strong>novative Verfahren<br />

zur Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>und</strong> Qualitätsverbesserung<br />

sowie Großprojekte mit e<strong>in</strong>em Gesamtwert<br />

von mehr als 50 Mio US‐Dollar.<br />

Das geme<strong>in</strong>same Ziel solcher För<strong>der</strong>maßnahmen<br />

s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Technologietransfer, hohe Wertschöpfung,<br />

Exportför<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>sbeschaffung.<br />

För<strong>der</strong>ung durch die EU<br />

In den letzten Jahren hat die EU für die <strong>Türkei</strong><br />

För<strong>der</strong>mittel <strong>in</strong> erheblicher Höhe bereitgestellt.<br />

Die Beitrittspartnerschaft 2003 sieht F<strong>in</strong>anzhilfen<br />

<strong>in</strong> Höhe von 250 Mio. EUR (für 2004), 300<br />

Mio EUR (für 2005) <strong>und</strong> 500 Mio EUR (für<br />

2006) vor. Die <strong>Türkei</strong> kann ferner auf Darlehen<br />

aus Mitteln <strong>der</strong> Europäischen Investitionsbank<br />

(EIB) zugreifen. Inzwischen wird die <strong>Türkei</strong>,<br />

3 – Ausländische Investitionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

genauso wie an<strong>der</strong>e Beitrittslän<strong>der</strong>/potenzielle<br />

Beitrittslän<strong>der</strong>, aus Mitteln <strong>der</strong> neu geschaffenen<br />

Heranführungshilfe „IPA“ (Instrument for<br />

Pre‐Accession) unterstützt, die die Instrumente<br />

PHARE, ISPA, SAPARD <strong>und</strong> CARDS sowie weitere<br />

Verordnungen ersetzt. Die Kommission<br />

hat vorgeschlagen, <strong>in</strong> den Jahren 2007 bis 2013<br />

etwa 1 Mrd EUR jährlich zugunsten <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

zu budgetieren. Alle<strong>in</strong> die IPA hat bis 2013 e<strong>in</strong><br />

steigendes Budget auf über 700 Mio Euro vorgesehen.<br />

In diesem Rahmen för<strong>der</strong>t auch die EU <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Programmen unternehmerisches<br />

Engagement <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>. Da e<strong>in</strong>e Vielzahl solcher<br />

Programme besteht, können diese nicht<br />

e<strong>in</strong>zeln aufgeführt werden. Teilweise beschränkt<br />

sich die För<strong>der</strong>ung auf KMUs (türk.<br />

KOBI), manche s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Forschung <strong>und</strong> Innovation<br />

vorbehalten, an<strong>der</strong>e wie<strong>der</strong>um zielen auf<br />

die För<strong>der</strong>ung struktureller Maßnahmen ab.<br />

Den verschiedenen För<strong>der</strong>ungszwecken <strong>und</strong> ‐<br />

höhen entsprechend werden diese auch durch<br />

unterschiedliche Stellen genehmigt. Nur beispielhaft<br />

seien hier die Europäische Investitionsbank<br />

o<strong>der</strong> die deutsche Kreditanstalt für<br />

Wie<strong>der</strong>aufbau (KfW) genannt. Teilweise erfolgt<br />

die Bewilligung <strong>und</strong> Auszahlung von För<strong>der</strong>mitteln<br />

auch durch türkische Banken.<br />

Die För<strong>der</strong>ungen erfolgen zumeist durch z<strong>in</strong>sgünstige,<br />

langfristige Kredite. Teilweise erfolgen<br />

auch För<strong>der</strong>ungen durch die europäische<br />

Kommission <strong>in</strong> Form von nicht rückzahlbaren<br />

F<strong>in</strong>anzhilfen.<br />

Sonstige För<strong>der</strong>ungen<br />

Unter sonstige För<strong>der</strong>ungen fallen solche<br />

Maßnahmen, von denen ausländische Investoren<br />

<strong>in</strong>direkt profitieren. Zahlreiche Projekte<br />

zum Ausbau <strong>der</strong> Infrastruktur – Verkehr, Energie<br />

<strong>und</strong> öffentliches Bauwesen – werden von<br />

<strong>in</strong>ternationalen Organisationen o<strong>der</strong> Banken<br />

geför<strong>der</strong>t, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Weltbank <strong>und</strong><br />

dem Internationalen Währungsfonds. Die geför<strong>der</strong>ten<br />

Projekte werden öffentlich ausgeschrieben<br />

<strong>und</strong> haben den Vorteil e<strong>in</strong>er verbesserten<br />

F<strong>in</strong>anzierungssicherheit.


4 – Ausländische Investitionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

„Hermes“<br />

Bei den Exportversicherungen handelt es sich<br />

zwar nicht um För<strong>der</strong>ungen im S<strong>in</strong>ne von Beihilfen<br />

o<strong>der</strong> struktureller Unterstützung, doch<br />

ist die Rolle solcher Versicherungen wie Euler<br />

Hermes o<strong>der</strong> Coface nicht zu unterschätzen.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich geht es hier um die Versicherung<br />

von Warenexporten. Diese Versicherungen lassen<br />

sich auch bei Projekten e<strong>in</strong>schalten, <strong>in</strong> denen<br />

die Warenlieferung nur e<strong>in</strong> Teilaspekt des<br />

ganzen Projekts ist, wie etwa bei größeren<br />

Bauvorhaben.<br />

Markte<strong>in</strong>tritt<br />

Wer <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> <strong>in</strong>vestiert, wird sich nicht<br />

damit begnügen wollen, e<strong>in</strong>fach nur das für die<br />

Investition benötigte Kapital <strong>in</strong> die <strong>Türkei</strong> zu<br />

überweisen. Statt dessen wird er nach e<strong>in</strong>er<br />

rechtssicheren Form suchen, die e<strong>in</strong> festes<br />

Standbe<strong>in</strong> gewährleistet <strong>und</strong> steuerlich sauber<br />

konstruiert ist.<br />

Ist das Projekt längerfristig angelegt, bietet<br />

sich die Errichtung e<strong>in</strong>er Nie<strong>der</strong>lassung an, wobei<br />

dieser Begriff zunächst untechnisch zu sehen<br />

ist. Denn es gibt hier verschiedene Varianten.<br />

Die e<strong>in</strong>fachste Variante ist das Verb<strong>in</strong>dungsbüro.<br />

Es ist genehmigungspflichtig, hat e<strong>in</strong>ige<br />

Steuervorteile (z.B. ke<strong>in</strong>e Lohnsteuer für die<br />

<strong>Arbeit</strong>nehmer), kann aber auch ke<strong>in</strong>e eigenen<br />

Geschäfte machen. Es macht nur dann S<strong>in</strong>n,<br />

wenn es um e<strong>in</strong>e Repräsentanz geht.<br />

Die nächste Variante ist die unselbstständige<br />

Nie<strong>der</strong>lassung, die ebenfalls genehmigungspflichtig<br />

ist. Mit ihr schafft man sich e<strong>in</strong>e Betriebsstätte<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>, die bereits selbst Geschäfte<br />

machen kann bis h<strong>in</strong> zur Produktion,<br />

aber e<strong>in</strong>en Steuersitz begründet. Der Nachteil<br />

besteht dar<strong>in</strong>, dass diese Nie<strong>der</strong>lassung sowohl<br />

aus <strong>der</strong> Sicht des deutschen F<strong>in</strong>anzamts als<br />

auch aus <strong>der</strong> Sicht des türkischen F<strong>in</strong>anzamts<br />

steuerbar ist.<br />

Die meist beste Variante ist die <strong>der</strong> Gründung<br />

e<strong>in</strong>er Handelsgesellschaft. Da Personengesellschaften<br />

eher e<strong>in</strong>mal auf berufsrechtliche<br />

Probleme stoßen können, ist für Auslän<strong>der</strong> die<br />

Kapitalgesellschaft <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> GmbH o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

AG die am besten geeignete Form (siehe dazu<br />

die Broschüre „Gesellschaftsgründung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Türkei</strong>“ von Rumpf Rechtsanwälte). E<strong>in</strong>e Handelsgesellschaft<br />

benötigt e<strong>in</strong>en festen Sitz,<br />

wobei auch konkret existierende Geschäftsräume<br />

nachzuweisen s<strong>in</strong>d. Je<strong>der</strong> Beteiligte erhält<br />

e<strong>in</strong>e eigene Steuernummer – kurzum, mit<br />

<strong>der</strong> Kapitalgesellschaft steht man mit beiden<br />

Be<strong>in</strong>en im türkischen Markt.<br />

Für kurzfristige Projekte gibt es das Konstrukt<br />

<strong>der</strong> „ARGE“. Dabei handelt es sich um e<strong>in</strong>en Zusammenschluss<br />

mehrerer Unternehmen zur<br />

Verfolgung e<strong>in</strong>es bestimmten, befristeten<br />

Zwecks. Rechtlich entspricht dies e<strong>in</strong>er „BGB‐<br />

Gesellschaft“ o<strong>der</strong> – <strong>in</strong> <strong>der</strong> türkischen Term<strong>in</strong>ologie<br />

– „E<strong>in</strong>fachen Gesellschaft“. Steuerbar<br />

wird die Arge nur dann, wenn die Gesellschafter<br />

dies ausdrücklich optieren, an<strong>der</strong>nfalls<br />

bleibt je<strong>der</strong> Beteiligte <strong>in</strong>dividuell steuerbar.<br />

Dabei geht das Steuerrecht naturgemäß davon<br />

aus, dass die ARGE ke<strong>in</strong>e eigenen Gew<strong>in</strong>ne<br />

macht, son<strong>der</strong>n die Erlöse nach Abzug <strong>der</strong> Kosten<br />

<strong>in</strong> vollem Umfang auf die Beteiligten umgelegt<br />

werden.<br />

E<strong>in</strong>e „schwache“ Variante des Markte<strong>in</strong>tritts<br />

schließlich ist die nicht genehmigungspflichtige<br />

Repräsentanz durch e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelperson o<strong>der</strong> e<strong>in</strong><br />

Unternehmen, also e<strong>in</strong>e Art Market<strong>in</strong>gpartnerschaft.<br />

Ferner können dauerhafte Lieferbeziehungen,<br />

Lohnfertigungsvere<strong>in</strong>barungen o<strong>der</strong><br />

Handelsvertreterverhältnisse Mittel <strong>der</strong><br />

Marktbearbeitung se<strong>in</strong> (vgl. die Broschüren<br />

zum „Handelsvertreter“ <strong>und</strong> „Kaufen <strong>und</strong> Verkaufen“<br />

von Rumpf Rechtsanwälte).<br />

Wie können wir Ihnen helfen?<br />

Rumpf Consult<strong>in</strong>g unterstützt sie <strong>in</strong> allen Belangen<br />

beim E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> den türkischen Markt.<br />

www.rumpf‐consult.com


Zwangsvollstreckung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

Herdweg 24 – D‐70174 Stuttgart<br />

Tel: +49 (0) 711 / 997 977‐0 – Tel: +49 (0) 711 / 997 977‐20<br />

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© 2012


2 – Zwangsvollstreckung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

E<strong>in</strong>führung<br />

Was hilft <strong>der</strong> gewonnene Prozess, wenn<br />

nachher <strong>der</strong> tatsächliche Erfolg ausbleibt?<br />

Ohne effektive Zwangsvollstreckung <strong>und</strong><br />

ggfs. Sicherungsmaßnahmen im Vorfeld e<strong>in</strong>es<br />

Prozesses bleiben schnell e<strong>in</strong>mal die<br />

Früchte e<strong>in</strong>es noch so ruhmreichen <strong>und</strong> teuer<br />

bezahlten Sieges aus. Insoweit gilt <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Türkei</strong> nichts an<strong>der</strong>es als <strong>in</strong> Deutschland. Und<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat stellt das türkische<br />

Zwangsvollstreckungssystem, das wie an<strong>der</strong>e<br />

Rechtsvorschriften aus dem Privatrecht<br />

<strong>und</strong> dem Zivilverfahrensrecht auf e<strong>in</strong>er<br />

Übernahme schweizerischer Gesetzesbestimmungen<br />

beruht, zusammen mit den<br />

Möglichkeiten e<strong>in</strong>stweiligen Rechtsschutzes<br />

durchaus e<strong>in</strong> geeignetes Mittel dar, auch<br />

tatsächlich zum Erfolg zu kommen – vorausgesetzt,<br />

man weiß, ob <strong>und</strong> wo man auf die<br />

Reichtümer des säumigen Schuldners zugreifen<br />

kann. Dies wie<strong>der</strong>um ist e<strong>in</strong> eigenes,<br />

praktisch relevantes Thema.<br />

Gerichte <strong>und</strong> Vollstreckungsbehörden<br />

Das türkische Gerichtssystem ist zweistufig<br />

(Tatsachen<strong>in</strong>stanz <strong>und</strong> Revisions<strong>in</strong>stanz).<br />

Seit 1.4.2007 sollte es auch e<strong>in</strong>e Berufungs<strong>in</strong>stanz<br />

geben, diese haben jedoch bisher<br />

(Stand 1.11.2011) ihre Tätigkeit noch nicht<br />

aufgenommen.<br />

Sowohl vor‐ wie auch nachgeschaltet s<strong>in</strong>d<br />

die Vollstreckungsorgane, die räumlich bei<br />

den Gerichten angesiedelt s<strong>in</strong>d. Das „Vollstreckungsamt“,<br />

das auch schon e<strong>in</strong>mal aus<br />

<strong>der</strong> Geschäftsstelle e<strong>in</strong>es Gerichts bestehen<br />

kann, ist für die Durchführung des Mahn‐ <strong>und</strong><br />

Vollstreckungsverfahrens <strong>und</strong> <strong>der</strong> ZV‐<br />

Maßnahmen zuständig.<br />

Beschwerden gegen solche Maßnahmen<br />

gehen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel an das Vollstreckungsgericht,<br />

das auch für die gerichtlichen Verfahren<br />

auf Herausgabe von Pfandgut o<strong>der</strong> Gegenständen<br />

aus <strong>der</strong> Konkursmasse sowie für<br />

die Verfolgung von Verstößen gegen das<br />

Vollstreckungsstrafrecht zuständig ist.<br />

Zustellung<br />

Die Zustellung von Schriftstücken von Behörden<br />

<strong>und</strong> Gerichten kann im Postwege,<br />

durch Gerichtsbeamte o<strong>der</strong> durch Beamte<br />

<strong>der</strong> Vollstreckungsämter erfolgen. Im<br />

deutsch‐türkischen Rechtsverkehr gelten für<br />

die grenzüberschreitende Zustellung vor<br />

allem das Haager Übere<strong>in</strong>kommen über die<br />

Zustellung gerichtlicher <strong>und</strong> außergerichtlicher<br />

Schriftstücke im Ausland <strong>und</strong> das<br />

Deutsch‐türkische Nie<strong>der</strong>lassungsabkommen<br />

aus dem Jahre 1929. Die Auslandszustellung<br />

ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis nach wie vor zeitaufwendig.<br />

Fristen<br />

Wer das Schriftstück e<strong>in</strong>er türkischen Vollstreckungsbehörde<br />

– dazu gehört auch <strong>der</strong><br />

Zahlungsbefehl im Mahn‐ <strong>und</strong> Vollstreckungsverfahren<br />

– zugestellt erhält, muss<br />

<strong>in</strong>nerhalb von sieben Tagen nach Zustellung<br />

reagieren. Dies ist die durch das Gesetz<br />

überwiegend vorgesehene Rechtsmittelfrist.<br />

Wer sie nicht e<strong>in</strong>hält, verliert das Rechtsmittel.<br />

Ob die Zustellung im Inland o<strong>der</strong> im Ausland<br />

erfolgt, spielt dabei ke<strong>in</strong>e Rolle, so dass<br />

es für ausländische Schuldner schwierig se<strong>in</strong><br />

kann, rechtzeitig zu reagieren. Fast unbekannt<br />

ist die Möglichkeit, beim örtlichen Generalkonsulat<br />

fristwahrende Rechtsmittel<br />

anzubr<strong>in</strong>gen.<br />

Mahn‐ <strong>und</strong> Vollstreckungsverfahren<br />

Beim Mahn‐ <strong>und</strong> Vollstreckungsverfahren<br />

handelt es sich um e<strong>in</strong> summarisches Verfahren,<br />

das zunächst e<strong>in</strong>mal das ordentliche


Zwangsvollstreckung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> ‐ 3<br />

Gerichtsverfahren ersetzt. Insofern ist <strong>der</strong><br />

am Ende dieses Verfahrens stehende Zahlungsbefehl<br />

mit dem deutschen Vollstreckungsbescheid<br />

vergleichbar. Als Vorstufe<br />

denkbar, aber nicht zw<strong>in</strong>gend erfor<strong>der</strong>lich ist<br />

das notarielle Mahnverfahren. Legt <strong>der</strong><br />

Schuldner nicht <strong>in</strong>nerhalb von sieben Tagen<br />

E<strong>in</strong>spruch gegen den Zahlungsbefehl e<strong>in</strong>,<br />

wird dieser rechtskräftig. Er hat auf Verlangen,<br />

wenn er nicht zahlt, se<strong>in</strong> Vermögen offen<br />

zu legen. Tut er dies nicht o<strong>der</strong> nur unvollständig,<br />

kann gegen ihn e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gfügige<br />

Gefängnisstrafe verhängt werden. Der<br />

E<strong>in</strong>spruch führt zur E<strong>in</strong>stellung <strong>der</strong> Zwangsvollstreckung<br />

<strong>und</strong> mündet <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en ordentlichen Zivilprozess. Allerd<strong>in</strong>gs ist<br />

die Erhebung des E<strong>in</strong>spruchs nicht ganz ungefährlich.<br />

Stellt sich nämlich am Ende des<br />

ordentlichen Prozesses heraus, dass er vollkommen<br />

unbegründet war, verurteilt das<br />

Gericht den Schuldner auf Antrag zur Zahlung<br />

e<strong>in</strong>er Entschädigung von m<strong>in</strong>destens<br />

40% des Gegenstandswertes. Die gleiche<br />

Gefahr droht dem Gläubiger, wenn sich dessen<br />

Anspruch als vollständig ungerechtfertigt<br />

herausstellt. Der Nachweis e<strong>in</strong>es Schadens<br />

ist hierzu nicht erfor<strong>der</strong>lich. Für bestimmte<br />

Gegenstände (z.B. Mietsachen) gelten<br />

Son<strong>der</strong>bestimmungen.<br />

Vollstreckung aus Urteilen<br />

<strong>und</strong> Urk<strong>und</strong>en<br />

Vollstreckt werden kann aus Gerichtsurteilen<br />

<strong>und</strong> Schiedssprüchen. Letztere s<strong>in</strong>d, wenn<br />

sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> gefällt werden, mit e<strong>in</strong>er<br />

gerichtlichen Vollstreckungsklausel zu versehen.<br />

Kommen Urteile o<strong>der</strong> Schiedssprüche<br />

aus dem Ausland, müssen sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gerichtsverfahren<br />

für vollstreckbar erklärt werden.<br />

Die türkischen Gerichte dürfen <strong>in</strong> diesem<br />

Fall aber die ausländischen Sprüche<br />

nicht mehr <strong>in</strong>haltlich, son<strong>der</strong>n nur auf die<br />

E<strong>in</strong>haltung wesentlicher Formen überprüfen,<br />

so dass es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis nur selten zu Problemen<br />

kommt. Auch ausländische Versäumnisurteile<br />

können für vollstreckbar erklärt werden,<br />

sofern im ausländischen Verfahren dem<br />

Beklagten ausreichend Gelegenheit gegeben<br />

wurde, sich zu verteidigen.<br />

Vollstreckt werden kann auch – ohne vorheriges<br />

Gerichtsverfahren – aus bestimmten<br />

Urk<strong>und</strong>en (Beispiel: das bed<strong>in</strong>gungslose notarielle<br />

Schuldanerkenntnis). Soweit e<strong>in</strong> Urteil<br />

noch nicht rechtskräftig ist, ist es vorläufig<br />

vollstreckbar. Dies gilt nicht für Urteile <strong>in</strong><br />

Gr<strong>und</strong>stückssachen <strong>und</strong> <strong>in</strong> Familien‐ bzw.<br />

Personenstandssachen sowie Schiedssprüche<br />

<strong>und</strong> Beschlüsse zur Vollstreckbarerklärung<br />

ausländischer Urteile.<br />

Wer den Schuldner o<strong>der</strong> se<strong>in</strong> Vermögen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> vermutet, sollte sich nicht mit<br />

e<strong>in</strong>em Vollstreckungsbescheid begnügen,<br />

son<strong>der</strong>n se<strong>in</strong>e For<strong>der</strong>ung im ordentlichen<br />

Gerichtsverfahren verfolgen. Denn <strong>der</strong> deutsche<br />

Vollstreckungsbescheid ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

nicht vollstreckungsfähig.<br />

Pfändung<br />

Die Pfändung erfolgt auf Antrag <strong>und</strong> dient<br />

<strong>der</strong> Vollstreckung von Geldfor<strong>der</strong>ungen, die<br />

durch Pfändung <strong>und</strong> Verwertung von Vermögensgegenständen<br />

des Vollstreckungsschuldners<br />

beigetrieben werden. Die Pfändung<br />

von Gr<strong>und</strong>stücken erfolgt durch Anzeige<br />

an das Gr<strong>und</strong>buchamt, das e<strong>in</strong>en Pfändungsvermerk<br />

e<strong>in</strong>trägt, <strong>der</strong> die Wirkung e<strong>in</strong>er<br />

For<strong>der</strong>ungsabtretung hat. Pfändbar s<strong>in</strong>d<br />

auch Geschäftsanteile an Kapitalgesellschaften<br />

<strong>und</strong> Bankkonten sowie – bis zu e<strong>in</strong>er<br />

bestimmten Grenze – Lohn <strong>und</strong> Gehalt. Nicht<br />

pfändbar s<strong>in</strong>d Gegenstände o<strong>der</strong> For<strong>der</strong>ungen,<br />

für die auch sonst das Gesetz die Übertragung<br />

auf an<strong>der</strong>e untersagt, z.B. Schmerzensgeldansprüche..


4 – Zwangsvollstreckung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

Rechte Dritter<br />

Das stärkere Recht e<strong>in</strong>es Dritten an e<strong>in</strong>em<br />

<strong>der</strong> Zwangsvollstreckung unterliegenden<br />

Gegenstand wird durch Klagemöglichkeiten<br />

des Betroffenen geschützt, z.B. durch die<br />

<strong>in</strong>nerhalb von sieben Tagen nach Kenntnis<br />

<strong>der</strong> Pfändung zu erhebende<br />

Herausgabeklage. Will <strong>der</strong> Dritte die Unterbrechung<br />

<strong>der</strong> Zwangsvollstreckung, so hat er<br />

bis zum rechtskräftigen Abschluss <strong>der</strong><br />

Herausgabeklage Sicherheit zu leisten.<br />

Ende <strong>der</strong> Zwangsvollstreckung<br />

Die Zwangsvollstreckung endet durch Zahlung,<br />

sei es durch „freiwillige“ Leistung des<br />

Schuldners, sei es nach Verwertung von<br />

Pfandgut, die durch Verkauf o<strong>der</strong> Zwangsversteigerung<br />

erfolgen kann. Bei Vere<strong>in</strong>barung<br />

von Ratenzahlungen o<strong>der</strong> St<strong>und</strong>ungen<br />

gelten beson<strong>der</strong>e Vorschriften.<br />

Zwangsversteigerung<br />

Die Zwangsversteigerung ist das letzte Mittel,<br />

um Ansprüche im Vollstreckungswege<br />

durchzusetzen. Sie folgt e<strong>in</strong>em förmlichen<br />

Verfahren, das rechtsmittelfähig ist, so dass<br />

es vor allem bei Zwangsversteigerungen von<br />

Gr<strong>und</strong>stücken mit Auslän<strong>der</strong>beteiligung zu<br />

zahlreichen Verzögerungen kommen kann,<br />

wenn die Vollstreckungsbehörden etwa die<br />

verschiedenen Beschränkungen beim Gr<strong>und</strong>stückserwerb<br />

durch Auslän<strong>der</strong> nicht ausreichend<br />

beachten. Die Zwangsversteigerung<br />

erfolgt zunächst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Term<strong>in</strong>, <strong>in</strong><br />

dem m<strong>in</strong>destens 60% des durch e<strong>in</strong>en amtlich<br />

bestellten Gutachter festgestellten Wertes<br />

erzielt werden müssen. Gel<strong>in</strong>gt dies nicht,<br />

kommt es zu e<strong>in</strong>em zweiten Term<strong>in</strong>, <strong>in</strong> dem<br />

40% erzielt werden müssen. Der Ersteigerer<br />

hat Sicherheit zu h<strong>in</strong>terlegen.<br />

Für die Zwangsversteigerung von Gr<strong>und</strong>stücken<br />

s<strong>in</strong>d die Vollstreckungsbehörden am<br />

Gr<strong>und</strong>buchort zuständig.<br />

Vorläufige Sicherungsmaßnahmen<br />

Wirksame Sicherungsmittel s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>stweilige<br />

Verfügung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Arrest, letzterer <strong>in</strong><br />

Form <strong>der</strong> Pfändung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arresthypothek.<br />

In <strong>der</strong> Regel ist Sicherheit <strong>in</strong> Höhe von<br />

m<strong>in</strong>destens 15% zu leisten. Diese Mittel hängen<br />

nicht von <strong>der</strong> E<strong>in</strong>leitung e<strong>in</strong>es Mahn‐ <strong>und</strong><br />

Vollstreckungsverfahrens o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erhebung<br />

e<strong>in</strong>er Klage ab. Allerd<strong>in</strong>gs bleibt <strong>der</strong> Sicherungseffekt<br />

nur dann dauerhaft erhalten,<br />

wenn <strong>in</strong>nerhalb von zehn Tagen nach Ergehen<br />

des Verfügungs‐ o<strong>der</strong> Arrestbeschlusses<br />

Klage erhoben wird.<br />

Ausländische Währung<br />

Es ist heutzutage <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> ke<strong>in</strong> Problem,<br />

For<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Fremdwährung titulieren<br />

zu lassen. Allerd<strong>in</strong>gs wird die zugesprochene<br />

For<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> TL umgerechnet, wobei<br />

für den Zeitpunkt <strong>der</strong> Umrechnung verschiedene<br />

Anknüpfungsalternativen bestehen.<br />

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Mit Partnerbüros <strong>in</strong> Istanbul, Ankara, Izmir<br />

<strong>und</strong> an an<strong>der</strong>en Standorten


2 – <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Aufenthalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

Wer s<strong>in</strong>d wir?<br />

RUMPF CONSULTING ist e<strong>in</strong>e Beratungsgesellschaft<br />

<strong>in</strong> Istanbul, die sich auf die Beratung vor<br />

allem von ausländischen Unternehmen spezialisiert<br />

hat, die <strong>in</strong> den türkischen Markt e<strong>in</strong>steigen.<br />

Wir gehören zum Netzwerk <strong>der</strong> RUMPF<br />

RECHTSANWÄLTE <strong>in</strong> Stuttgart, s<strong>in</strong>d jedoch e<strong>in</strong><br />

rechtlich unabhängiges Unternehmen, das unter<br />

strikter Beachtung gesetzlicher Vorgaben<br />

ke<strong>in</strong>e Rechts‐ <strong>und</strong> Steuerberatung betreibt,<br />

son<strong>der</strong>n dies den türkischen Anwaltskanzleien<br />

überlässt, mit denen RUMPF RECHTSANWÄLTE<br />

auf das Engste zusammenarbeitet. Unseren<br />

K<strong>und</strong>en bieten wir alle Dienstleistungen, die<br />

über das Dienstleistungsangebot von Rechtsanwälten<br />

<strong>und</strong> Steuerberatern h<strong>in</strong>ausgehen.<br />

Diese Broschüre ersetzt naturgemäß nicht die<br />

qualifizierte Beratung. Sie erfasst nicht die reglementierten<br />

Berufe (z.B. Notare, Ingenieure,<br />

Rechtsanwälte, Architekten, Ärzte u.a.), für<br />

welche beson<strong>der</strong>e Regeln zu beachten s<strong>in</strong>d.<br />

<strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Aufenthalt</strong><br />

Für <strong>Aufenthalt</strong>e bis zu drei Monaten benötigt<br />

man ke<strong>in</strong> Visum für die <strong>Türkei</strong>. Reist man zum<br />

Zwecke <strong>der</strong> Aufnahme e<strong>in</strong>er längeren Beschäftigung<br />

e<strong>in</strong>, so sollte man zuvor beim zuständigen<br />

türkischen Generalkonsulat <strong>in</strong> Deutschland<br />

e<strong>in</strong> Visum für die Beantragung e<strong>in</strong>er <strong>Aufenthalt</strong>s‐/<strong>und</strong><br />

<strong>Arbeit</strong>serlaubnis beantragen. Der<br />

<strong>Arbeit</strong>geber <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> muss dann <strong>in</strong>nerhalb<br />

von drei Tagen nach E<strong>in</strong>reichung <strong>der</strong> Unterlagen<br />

beim Konsulat <strong>in</strong> Deutschland se<strong>in</strong>erseits<br />

e<strong>in</strong>en Antrag auf Erteilung <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>serlaubnis<br />

beim <strong>Arbeit</strong>s‐ <strong>und</strong> Sozialm<strong>in</strong>isterium stellen.<br />

Nach E<strong>in</strong>reise ist durch den <strong>Arbeit</strong>nehmer e<strong>in</strong>e<br />

<strong>Aufenthalt</strong>sgenehmigung bei <strong>der</strong> örtlichen Auslän<strong>der</strong>behörde<br />

zu beantragen. Wird zunächst<br />

nur e<strong>in</strong>e <strong>Aufenthalt</strong>serlaubnis <strong>und</strong> später im<br />

türkischen Inland e<strong>in</strong>e <strong>Arbeit</strong>sgenehmigung<br />

beantragt, so ist mit e<strong>in</strong>er erhöhten Bearbeitungsdauer<br />

zu rechnen. Der Erhalt e<strong>in</strong>er <strong>Arbeit</strong>sgenehmigung<br />

ist ausgeschlossen, wenn<br />

die E<strong>in</strong>reise ursprünglich zu e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en<br />

Zweck erfolgte. In diesem Fall muss man ganz<br />

von vorne anfangen.<br />

Verstöße gegen arbeits‐ <strong>und</strong> aufenthaltsrechtliche<br />

Bestimmungen führen zu erheblichen<br />

Bußgel<strong>der</strong>n, die <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber zu bezahlen<br />

hat. Dem <strong>Arbeit</strong>nehmer drohen vor allem auslän<strong>der</strong>rechtliche<br />

Sanktionen.<br />

<strong>Arbeit</strong>sverhältnis<br />

Wer als ausländischer Investor <strong>Arbeit</strong>sverträge<br />

schließen will, sollte dies nicht ohne rechtlichen<br />

Beistand zu tun. Denn es gibt gegenüber den <strong>in</strong><br />

Deutschland herrschenden Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>ige<br />

Unterschiede <strong>und</strong> Beson<strong>der</strong>heiten.<br />

<strong>Arbeit</strong>sverträge können zunächst e<strong>in</strong>mal<br />

mündlich geschlossen werden. In diesem Fall<br />

ist <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber allerd<strong>in</strong>gs zur Dokumentation<br />

<strong>der</strong> wesentlichen Vertragsbed<strong>in</strong>gungen<br />

<strong>und</strong> Aushändigung dieses Nachweises an den<br />

<strong>Arbeit</strong>nehmer verpflichtet. E<strong>in</strong> befristeter <strong>Arbeit</strong>svertrag<br />

von mehr als e<strong>in</strong>em Jahr bedarf<br />

<strong>der</strong> Schriftform.<br />

Die Probezeit darf nicht länger als zwei Monate<br />

betragen, <strong>in</strong> Tarifverträgen können auch bis zu<br />

vier Monate festgelegt werden.<br />

Es gibt e<strong>in</strong>en gesetzlich verankerten M<strong>in</strong>destlohn,<br />

<strong>der</strong> halbjährlich angepasst wird <strong>und</strong> <strong>der</strong>zeit<br />

monatlich r<strong>und</strong> 350 Euro Brutto (300 Euro<br />

Netto) beträgt. Gebräuchlich s<strong>in</strong>d zusätzliche<br />

Leistungen wie Mittagessen, <strong>Arbeit</strong>skleidung<br />

<strong>und</strong> Fahrtkostenausgleich. Der <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />

hat e<strong>in</strong> <strong>Arbeit</strong>sverweigerungsrecht, wenn <strong>der</strong><br />

<strong>Arbeit</strong>geber mehr als 20 Tage mit <strong>der</strong> Lohnzahlung<br />

säumig ist.<br />

Die Höchstarbeitszeit beträgt wöchentlich 45<br />

St<strong>und</strong>en. E<strong>in</strong>e Überst<strong>und</strong>en‐Verordnung sieht<br />

e<strong>in</strong> jährliches Maximum von 270 Überst<strong>und</strong>en<br />

vor. Solche Überst<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d mit Lohnzuschlägen<br />

von 50 % zu vergüten, es sei denn, die<br />

Überst<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d ausdrücklich vertraglich <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Vergütung <strong>in</strong>begriffen. Ist vertraglich e<strong>in</strong>e<br />

niedrigere Wochenst<strong>und</strong>enzahl vere<strong>in</strong>bart, gilt<br />

die zwischen dieser Zeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Höchstzeit abgeleistete Zeit als Mehrarbeit, die<br />

mit e<strong>in</strong>em Zuschlag von 25% zu vergüten ist. Die<br />

vorgenannte Regelung zu den Überst<strong>und</strong>en<br />

bleibt davon unberührt. Der Anspruch auf Jahresurlaub,<br />

<strong>der</strong> dem <strong>Arbeit</strong>nehmer erstmalig<br />

nach e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>jährigen Wartefrist zusteht, liegt<br />

anfänglich bei 14 Tagen, nach fünf Jahren bei


20 Tagen <strong>und</strong> nach fünfzehn Jahren bei 26 Tagen.<br />

Die Beendigung von <strong>Arbeit</strong>sverhältnissen erfolgt<br />

im Wege <strong>der</strong> ordentlichen o<strong>der</strong> außerordentlichen<br />

Kündigung, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>vernehmlichen<br />

Aufhebung, durch Tod o<strong>der</strong> bei befristeten<br />

Verträgen durch Fristablauf. E<strong>in</strong>e automatische<br />

Beendigung mit dem Erreichen <strong>der</strong> Altersgrenze<br />

gibt es nicht.<br />

Die Kündigungsfristen für die ordentliche Kündigung<br />

bemessen sich nach <strong>der</strong> Dauer des <strong>Arbeit</strong>sverhältnisses:<br />

‐ 0 ‐ 6 Monate: 2 Wochen<br />

‐ 6 ‐ 18 Monate: 4 Wochen<br />

‐ 18 ‐ 36 Monate: 6 Wochen<br />

‐ Ab 36 Monaten: 8 Wochen<br />

Während e<strong>in</strong>er laufenden vertraglichen Probezeit<br />

ist das <strong>Arbeit</strong>sverhältnis frei <strong>und</strong> ohne<br />

Kündigungsfrist kündbar. Beson<strong>der</strong>e Kündigungsschutzregelungen<br />

bestehen für <strong>Arbeit</strong>nehmer,<br />

die bereits länger als 6 Monate <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

unbefristeten <strong>Arbeit</strong>sverhältnis beschäftigt<br />

s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> wenn <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber <strong>in</strong> <strong>der</strong>selben<br />

Branche m<strong>in</strong>destens 30 <strong>Arbeit</strong>nehmer beschäftigt.<br />

E<strong>in</strong>e Kündigung kann dann nur begründet<br />

erfolgen (z.B. betriebliche Gründe).<br />

Ke<strong>in</strong>e ausreichenden Gründe s<strong>in</strong>d:<br />

‐ Mitgliedschaft <strong>und</strong> Aktivität <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gewerkschaft<br />

‐ Verfolgung von Rechten gegen den <strong>Arbeit</strong>geber<br />

‐ Zugehörigkeit zu e<strong>in</strong>er religiösen o<strong>der</strong><br />

ethnischen Gruppe<br />

‐ krankheits‐ o<strong>der</strong> unfallbed<strong>in</strong>gtes Fernbleiben<br />

von <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Fristen<br />

Befristete <strong>Arbeit</strong>sverhältnisse können nur aus<br />

wichtigem Gr<strong>und</strong> gekündigt werden (außerordentliche<br />

Kündigung).<br />

Die außerordentliche Kündigung von <strong>Arbeit</strong>sverhältnissen<br />

setzt voraus, dass <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />

etwa se<strong>in</strong>e <strong>Arbeit</strong>skraft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise<br />

schädigt, dass er se<strong>in</strong>e <strong>Arbeit</strong>sleistung an m<strong>in</strong>destens<br />

drei aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> folgenden Tagen<br />

3 – <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Aufenthalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Monat an <strong>in</strong>sgesamt fünf Tagen<br />

nicht erbr<strong>in</strong>gen kann o<strong>der</strong> auf Dauer erkrankt.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs ist e<strong>in</strong>e Kündigung nach Krankheit<br />

o<strong>der</strong> Unfall nicht sofort möglich, son<strong>der</strong>n an<br />

bestimmte Ausfallzeiten geb<strong>und</strong>en, <strong>der</strong>en Berechnung<br />

an die Kündigungsfristen angelehnt<br />

ist. Auch erhebliches Fehlverhalten des <strong>Arbeit</strong>nehmers<br />

wie etwa sexuelle Belästigung an<strong>der</strong>er,<br />

krim<strong>in</strong>elle Aktivitäten, Täuschung über wesentliche<br />

Eigenschaften bei Vertragsschluss<br />

<strong>und</strong> Beleidigung etc. berechtigen zu e<strong>in</strong>er fristlosen<br />

Kündigung.<br />

Auszusprechen ist die fristlose Kündigung <strong>in</strong>nerhalb<br />

von sechs Tagen nach Kenntnis des<br />

Kündigungsgr<strong>und</strong>es, spätestens jedoch b<strong>in</strong>nen<br />

e<strong>in</strong>es Jahres.<br />

Die Kündigungserklärung muss schriftlich erfolgen<br />

<strong>und</strong> die Kündigungsgründe enthalten.<br />

Handelt es sich hierbei um <strong>in</strong> <strong>der</strong> Person des<br />

<strong>Arbeit</strong>nehmers liegende Gründe, so ist dieser<br />

vor Abgabe <strong>der</strong> Kündigungserklärung anzuhören.<br />

E<strong>in</strong>e auffällige Beson<strong>der</strong>heit <strong>und</strong> Kostenbelastung<br />

für den <strong>Arbeit</strong>geber s<strong>in</strong>d die gesetzlichen<br />

Entschädigungsregelungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>, die<br />

beim Ausscheiden von Mitarbeitern zum Tragen<br />

kommen, wenn diese m<strong>in</strong>destens zwölf<br />

Monate beschäftigt waren. Als Abf<strong>in</strong>dung wird<br />

pro Beschäftigungsjahr e<strong>in</strong>e Zahlung <strong>in</strong> Höhe<br />

des Lohns für 30 Tage fällig. Die jährlich aktualisierte<br />

Obergrenze beträgt <strong>der</strong>zeit ca. 2600 TL<br />

pro Jahr (Stand Mai 2011).<br />

<strong>Arbeit</strong>nehmer können e<strong>in</strong>e Dienstaltersentschädigung<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e dann verlangen,<br />

wenn sie selbst aus berechtigten Gründen (obligatorischer<br />

Wehrdienst, Rente, Eheschließung)<br />

o<strong>der</strong> gestützt auf ges<strong>und</strong>heitliche o<strong>der</strong><br />

zw<strong>in</strong>gende Gründe gekündigt haben.<br />

Innerhalb e<strong>in</strong>es Monats nach Kündigung kann<br />

Kündigungsschutzklage erhoben werden. Hat<br />

die Klage Erfolg, muss <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber wie<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>stellen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e vom Gericht bestimmte<br />

Entschädigung zahlen, die zwischen vier <strong>und</strong><br />

acht Monatslöhnen liegt. Für die ausgefallene<br />

<strong>Arbeit</strong>szeit gibt es e<strong>in</strong>e zusätzliche Entschädigung<br />

von maximal vier Monatslöhnen. Der <strong>Arbeit</strong>geber<br />

trägt die Beweislast für das Vorlie‐


4 – <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Aufenthalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />

gen <strong>der</strong> die ordentliche Kündigung rechtfertigenden<br />

Gründe.<br />

Im Falle e<strong>in</strong>es Betriebsübergangs bleiben dem<br />

<strong>Arbeit</strong>nehmer die Ansprüche gegen den alten<br />

<strong>Arbeit</strong>geber erhalten. Für e<strong>in</strong>e Übergangszeit<br />

von zwei Jahren haften <strong>der</strong> alte <strong>und</strong> neue <strong>Arbeit</strong>geber<br />

gesamtschuldnerisch für die vor Betriebsübergang<br />

entstandenen Ansprüche, danach<br />

nur <strong>der</strong> neue <strong>Arbeit</strong>geber. Als Betriebsübergang<br />

gilt auch die Übergabe e<strong>in</strong>es Betriebsteils.<br />

In H<strong>in</strong>blick auf die Kündigungsmöglichkeiten<br />

kann <strong>der</strong> Betriebsübergang für sich<br />

alle<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>en Gr<strong>und</strong> für e<strong>in</strong>e betriebsbed<strong>in</strong>gte<br />

Kündigung bilden. Führt <strong>der</strong> Betriebsübergang<br />

aber zu tief greifenden Än<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Betriebsstruktur,<br />

so kann dies e<strong>in</strong>e betriebsbed<strong>in</strong>gte<br />

Kündigung rechtfertigen.<br />

Sozialversicherung<br />

<strong>Arbeit</strong>nehmer s<strong>in</strong>d bei <strong>der</strong> Sozialversicherungsanstalt<br />

Sosyal Güvenlik Kurumu (SGK) zu<br />

versichern <strong>und</strong> erwerben damit e<strong>in</strong>en Anspruch<br />

auf Schutzleistungen bei Krankheit,<br />

Mutterschaft, <strong>Arbeit</strong>sunfällen, Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen,<br />

Berufskrankheiten sowie auf e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Altersversorgung<br />

sowie e<strong>in</strong> Sterbegeld. Für<br />

Neue<strong>in</strong>stellungen besteht e<strong>in</strong>e Meldepflicht<br />

des <strong>Arbeit</strong>gebers, <strong>der</strong> dieser spätestens e<strong>in</strong>en<br />

Tag vor Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Beschäftigung nachkommen<br />

muss. Die Frist für Unternehmen, die<br />

erstmalig e<strong>in</strong>en <strong>Arbeit</strong>nehmer zur Sozialversicherung<br />

anmelden, liegt bei e<strong>in</strong>em Monat.<br />

Nicht fristgerechte Anmeldungen werden mit<br />

Geldbußen <strong>in</strong> Höhe des gesetzlichen M<strong>in</strong>destlohns<br />

sanktioniert, die sich verdoppeln, wenn<br />

<strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmer zudem nicht über e<strong>in</strong>e <strong>Arbeit</strong>serlaubnis<br />

verfügt. Der <strong>Arbeit</strong>geber ist weiter<br />

verpflichtet, <strong>in</strong>nerhalb bestimmter Fristen<br />

monatlich Mitteilungen über die versicherten<br />

<strong>Arbeit</strong>nehmer zu machen.<br />

Aus <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik entsendete <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />

können im Rahmen e<strong>in</strong>es entsprechenden<br />

bilateralen Abkommens vom<br />

30.04.1964 ihre Angehörigkeit zur deutschen<br />

Sozialversicherung für e<strong>in</strong>en begrenzten Zeitraum<br />

behalten <strong>und</strong> entsprechend für ihr türkisches<br />

<strong>Arbeit</strong>sverhältnis von <strong>der</strong> türkischen Sozialversicherungspflicht<br />

befreit werden.<br />

Als Versicherungsprämien für die Sozialversicherung<br />

fallen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> 36,5 % des Nettolohnes<br />

an. Dabei ist <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber dafür zuständig,<br />

<strong>Arbeit</strong>nehmer‐ <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>geberanteile<br />

<strong>in</strong>nerhalb des <strong>der</strong> Lohnauszahlung nachfolgenden<br />

Monats an die SGK abzuführen.<br />

Das türkische System kennt e<strong>in</strong> Mutterschaftsgeld,<br />

das dem Krankengeld entspricht. Für K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

bis zum 18. Lebensjahr (<strong>in</strong> Ausbildung bis<br />

zum 22. Lebensjahr) gibt es e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gfügiges<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>geld.<br />

Der Mutterschaftsurlaub umfasst gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

8 Wochen vor <strong>und</strong> 8 Wochen nach <strong>der</strong> Geburt<br />

des K<strong>in</strong>des. Diese hälftige Aufteilung des Zeitraums<br />

ist jedoch nicht zw<strong>in</strong>gend. Im Anschluss<br />

hieran kann die Mutter für sechs Monate <strong>in</strong><br />

unbezahlten Mutterschaftsurlaub gehen o<strong>der</strong><br />

aber ihre <strong>Arbeit</strong>szeit bei gleich bleibendem<br />

Lohn um höchstens zwei St<strong>und</strong>en pro Tag verkürzen,<br />

etwa weil sie e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d stillt.<br />

<strong>Arbeit</strong>slosengeld wird ab e<strong>in</strong>em Zeitraum von 6<br />

Tagen nach E<strong>in</strong>tritt <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>slosigkeit gewährt<br />

<strong>und</strong> ab Ende des ersten Monats <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>slosigkeit<br />

gezahlt; Voraussetzung s<strong>in</strong>d die<br />

Kündigung des <strong>Arbeit</strong>gebers <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e ununterbrochene<br />

Beschäftigung von 600 Prämientagen<br />

bei dem selben <strong>Arbeit</strong>geber. <strong>Arbeit</strong>ern<br />

werden dabei 40% des Lohnes <strong>und</strong> Angestellten<br />

50% des Gehaltes gezahlt. Für welchen Zeitraum<br />

<strong>Arbeit</strong>slosengeld gezahlt wird, hängt davon<br />

ab, wie lange das vorherige Beschäftigungsverhältnis<br />

andauerte, ist aber auf maximal<br />

300 Tage beschränkt.<br />

Das Rentene<strong>in</strong>trittsalter liegt <strong>der</strong>zeit bei 60<br />

Jahren für Männer <strong>und</strong> 58 für Frauen.

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