Arbeit und Aufenthalt in der Türkei
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<strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Aufenthalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
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Zollverfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
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2 – Zollverfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
E<strong>in</strong>leitung<br />
Die engen Verb<strong>in</strong>dungen <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> zur EU gehen<br />
bereits <strong>in</strong> die Anfangsphase <strong>der</strong> alten EWG<br />
zurück <strong>und</strong> damit sehr viel weiter als die <strong>der</strong><br />
meisten aktuellen EU‐Staaten. Dennoch hat mit<br />
dem Beitritt trotz e<strong>in</strong>schlägiger Abkommen<br />
(Assoziationsabkommen, Zusatzprotokoll) bis<br />
heute nicht geklappt. Dass die <strong>Türkei</strong> wirtschaftlich<br />
aufgeholt hat <strong>und</strong> <strong>der</strong>zeit im Begriff<br />
ist, e<strong>in</strong>en großen Teil <strong>der</strong> Mitgliedstaaten <strong>der</strong><br />
EU zu überholen, ist aber auch gerade dieser<br />
traditionellen Nähe zur EU zu verdanken.<br />
Zollunion<br />
Mit <strong>der</strong> Zollunion 1996 kam es zu e<strong>in</strong>er gr<strong>und</strong>legenden<br />
Än<strong>der</strong>ung des Importregimes. An<br />
den türkischen Außengrenzen (Syrien, Irak,<br />
Iran etc.) gilt <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>same Zolltarif <strong>der</strong> EU.<br />
Diesem Zolltarif angehängt s<strong>in</strong>d sich ständig<br />
än<strong>der</strong>nde Listen von Waren, <strong>der</strong>en E<strong>in</strong>fuhr dem<br />
EU‐Zollregime unterliegt. Wer also Waren,<br />
Rohstoffe, Halbware etc. jenseits <strong>der</strong> türkischen<br />
Grenze e<strong>in</strong>kauft o<strong>der</strong> herstellen lässt, um<br />
diese dann <strong>in</strong> die <strong>Türkei</strong> e<strong>in</strong>zuführen, führt dieses<br />
Produkt damit auch <strong>in</strong> den B<strong>in</strong>nenmarkt <strong>der</strong><br />
EU e<strong>in</strong>. Ist die Ware erst e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
<strong>und</strong> hat die Zollabfertigung zur E<strong>in</strong>fuhr <strong>in</strong> den<br />
B<strong>in</strong>nenmarkt <strong>der</strong> EU h<strong>in</strong>ter sich, nimmt diese<br />
Ware am freien Warenverkehr <strong>in</strong> allen Mitgliedstaaten<br />
<strong>der</strong> EU teil.<br />
Aber auch für die Waren, die <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> EU<br />
zirkulieren, gibt es e<strong>in</strong> Regime. Denn die unterschiedlichen<br />
Politiken <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen EU‐Staaten<br />
im Bereich von Ges<strong>und</strong>heit, Umwelt <strong>und</strong> technischen<br />
Standards, die noch nicht alle harmonisiert<br />
s<strong>in</strong>d, führen dazu, dass nach wie vor e<strong>in</strong><br />
Interesse daran besteht, den Warenverkehr<br />
auch <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> EU zu kontrollieren. Denn<br />
freier Warenverkehr bedeutet lediglich, dass<br />
die Staaten ke<strong>in</strong>e „Handelsbeschränkungen“<br />
mehr anwenden dürfen, die den freien Warenverkehr<br />
beh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Es sei denn, es liegt dafür<br />
e<strong>in</strong> auch durch die EU anerkanntes öffentliches<br />
Interesse vor.<br />
Bei E<strong>in</strong>fuhren aus dem EU‐Ausland <strong>in</strong> die <strong>Türkei</strong><br />
(<strong>und</strong> umgekehrt) gibt es daher nach wie vor e<strong>in</strong><br />
„Zollverfahren“, das Verwaltungsaufwand für<br />
den Importeur bzw. Exporteur <strong>und</strong> die Zollbehörden<br />
mit sich br<strong>in</strong>gt. In diesen Verfahren<br />
greifen dann häufig faktische „Handelshemmnisse“<br />
e<strong>in</strong> – oft mehr o<strong>der</strong> weniger s<strong>in</strong>nvolle<br />
Prüfungsverfahren o<strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen an<br />
Zertifikate aller Art.<br />
E<strong>in</strong>fuhrabgaben<br />
Zwar ist <strong>der</strong> Zoll im alten S<strong>in</strong>ne entfallen, aber<br />
es gibt wie überall <strong>in</strong> <strong>der</strong> EU noch verschiedene<br />
E<strong>in</strong>fuhrabgaben.<br />
An erster Stelle steht die „E<strong>in</strong>fuhrumsatzsteuer“,<br />
die für verschiedene Warengruppen extreme<br />
Unterschiede aufweist <strong>und</strong> häufigerem<br />
Wechsel unterworfen ist. Die Standardsätze<br />
betragen zwischen 1%, 8% <strong>und</strong> 18%. In E<strong>in</strong>zelfällen,<br />
z.B. bei Luxusgütern, kann die Steuer auch<br />
schon mal über 20% betragen.<br />
Schließlich ist auch mit wechselnden „Fonds“‐<br />
Abgaben zu rechnen. Dabei handelt es sich um<br />
Son<strong>der</strong>abgaben zur F<strong>in</strong>anzierung bestimmter<br />
öffentlicher Projekte o<strong>der</strong> Leistungen, die auf<br />
bestimmte Waren o<strong>der</strong> Warengruppen erhoben<br />
werden.<br />
E<strong>in</strong>fuhr <strong>und</strong> Zollverfahren<br />
Für die E<strong>in</strong>fuhr lassen sich die erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Dokumente <strong>in</strong> zwei Gruppen unterteilen:<br />
• Dokumente, die bei je<strong>der</strong> E<strong>in</strong>fuhr erfor<strong>der</strong>lich<br />
s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong><br />
• Zusätzliche Dokumente, die sich aus <strong>der</strong><br />
jeweiligen Warengruppe ergeben. Hierfür<br />
muss für jede Ware die Zolltarifpositionsnummer<br />
(Gümrük Tarife İstatistiki<br />
Pozisyonu) geprüft werden, um zu<br />
bestimmen, welche beson<strong>der</strong>e<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen zu beachten s<strong>in</strong>d. Diese<br />
werden <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit dem Lieferanten<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel vom Importeur besorgt.<br />
Allgeme<strong>in</strong>e Begleitpapiere
Zollverfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> ‐ 3<br />
• Lieferantenrechnung, Packliste<br />
• Versicherungsdokumente<br />
• Warenverkehrsbesche<strong>in</strong>igung für freien<br />
Warenverkehr (Zollunion)<br />
• ATR‐Sche<strong>in</strong> – Ausstellung erfolgt durch<br />
Zollstellen<br />
• Warenverkehrsbesche<strong>in</strong>igung für Eisen<strong>und</strong><br />
Stahlprodukte (Freihandelsabkommen)<br />
• EUR.1 – Ausstellung erfolgt durch Zollstellen,<br />
o<strong>der</strong><br />
• Ursprungserklärung des Ausführers auf <strong>der</strong><br />
Rechnung für Sendungen bis zu €<br />
6.000,00.<br />
Beson<strong>der</strong>heiten bei ausgewählten Produktgruppen<br />
Für bestimmte Warengruppen werden Prüfzeugnisse<br />
gefor<strong>der</strong>t. Diese werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />
von türkischen M<strong>in</strong>isterien ausgestellt <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d<br />
z.B. für die E<strong>in</strong>fuhr von Lebensmittel o<strong>der</strong> für<br />
elektrische Geräte erfor<strong>der</strong>lich. Das zuständige<br />
M<strong>in</strong>isterium für die Lebensmittel ist das M<strong>in</strong>isterium<br />
für Landwirtschaft <strong>und</strong> Dorfwesen<br />
(Tarım ve Köyişleri Bakanlığı), für elektrische<br />
Geräte ist das Industrie‐ <strong>und</strong> Handelsm<strong>in</strong>isterium<br />
(Sanayi ve Ticaret Bakanlığı) zuständig.<br />
Der Zoll kann ferner e<strong>in</strong>e Laboruntersuchung<br />
<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zuführenden Waren anordnen, wenn er<br />
dies für erfor<strong>der</strong>lich hält. Diese Untersuchung<br />
kann bis zu 45 Tage dauern. Betroffen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
chemische Produkte wie z. B. Des<strong>in</strong>fektionsmittel,<br />
Farben, Waschmittel. Auch für<br />
Lebensmittel wie Joghurt o<strong>der</strong> Bier können<br />
Laboranalysen angeordnet werden. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
ist e<strong>in</strong>e Laboranalyse für e<strong>in</strong>en Import solcher<br />
Produkte nicht vorgeschrieben. Der Zollbeamte<br />
hat e<strong>in</strong>en Ermessensspielraum <strong>und</strong><br />
Entscheidungsbefugnis.<br />
Für die E<strong>in</strong>fuhr von tierischen Produkten (Eier,<br />
Milch, Fleisch, Wurst etc.) ist zusätzlich e<strong>in</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitszertifikat des türkischen Ges<strong>und</strong>heitsm<strong>in</strong>isteriums<br />
(Sağlık Bakanlığı) erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Außerdem wird e<strong>in</strong>e Unbedenklichkeitsbesche<strong>in</strong>igung<br />
e<strong>in</strong>er deutschen Kontrollbehörde<br />
gefor<strong>der</strong>t, welche <strong>der</strong> türkischen Kontrollbehörde,<br />
e<strong>in</strong>er dem Landwirtschaftsm<strong>in</strong>isterium<br />
(Koruma ve Kontrol Genel Müdürlüğü) nachgeordneten<br />
Behörde entspricht. Das Problem hier<br />
ist, dass es <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>e entsprechende<br />
E<strong>in</strong>richtung nicht gibt. Es kann e<strong>in</strong> entsprechendes<br />
Zertifikat e<strong>in</strong>es Veter<strong>in</strong>ärs o<strong>der</strong> Labors<br />
ausgestellt werden, dessen Authentizität von<br />
<strong>der</strong> deutschen Auslandsvertretung bestätigt<br />
wird. Ferner erstreckt sich die Zollunion nur auf<br />
verarbeitete Lebensmittel.<br />
Für die E<strong>in</strong>fuhr von alkoholischen Getränken ist<br />
neben dem Prüfungszeugnis des Landwirtschaftsm<strong>in</strong>isteriums<br />
die Importgenehmigung<br />
durch den Kontrollrat für Tabak, Tabakprodukte<br />
<strong>und</strong> den Spirituosenmarkt (Tütün ve Tütün<br />
Mamulleri ve Alkol Piyasası Kontrol Kurumu) erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Diese Genehmigung kann gleichzeitig<br />
mit dem Prüfzeugnis beantragt werden.<br />
Früher konnte sie erst nach Vorliegen des Prüfzeugnisses<br />
beantragt werden, was die E<strong>in</strong>fuhr<br />
sehr verzögert hatte.<br />
Mit dem Import von Alkoholika fallen hohe<br />
Son<strong>der</strong>verbrauchsteuern (Özel Tüketim Vergisi,<br />
ÖTV) an. Diese betragen von 63 % für Bier bis zu<br />
275 % für Sekt. Für die E<strong>in</strong>fuhr ist <strong>der</strong> Nachweis,<br />
dass diese Steuern bezahlt worden s<strong>in</strong>d, erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Gebrauchte Waren/Produkte/Masch<strong>in</strong>en können<br />
nur e<strong>in</strong>geführt werden, wenn sie nicht älter als<br />
zehn Jahre alt s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Masch<strong>in</strong>enliste<br />
im Anhang zum türkischen Importregime aufgeführt<br />
s<strong>in</strong>d (aktuell z.B. R<strong>und</strong>erlass 2006/9<br />
über die E<strong>in</strong>fuhr gebrauchter Waren). Die Liste<br />
kann entwe<strong>der</strong> über die Internetseite <strong>der</strong> türkischen<br />
Zollbehörde, aber auch kostenpflichtig<br />
<strong>in</strong> deutscher Sprache über die AHK Istanbul bezogen<br />
werden.<br />
E<strong>in</strong>e vorübergehende E<strong>in</strong>fuhr solcher Masch<strong>in</strong>en,<br />
die nicht <strong>der</strong> Liste für gebrauchte Waren<br />
entsprechen, ist aber möglich. Maßgeblich ist<br />
das Herstellungsdatum.<br />
Falls <strong>der</strong> Zoll am Alter e<strong>in</strong>er Masch<strong>in</strong>e zweifelt,<br />
kann er vom Türkischen Standard<strong>in</strong>stitut (TSE)
4 – Zollverfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Universität e<strong>in</strong> Sachverständigengutachten<br />
e<strong>in</strong>holen.<br />
Gebrauchte Kfz können nur zum eigenen Gebrauch<br />
e<strong>in</strong>geführt werden.<br />
Die Dokumente, die für gebrauchte Waren erfor<strong>der</strong>lich<br />
s<strong>in</strong>d, bestimmen sich nach <strong>der</strong> Zolltarifnummer,<br />
es s<strong>in</strong>d also die gleichen Dokumente/Zertifikate/Prüfzeugnisse<br />
vorzulegen wie für<br />
Neuwaren.<br />
Carnet ATA–Verfahren / Mustervorschriften<br />
Das Carnet ATA ist e<strong>in</strong> weltweit angewandtes<br />
Verfahren <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es multilateralen Abkommens<br />
zur vorübergehenden E<strong>in</strong>fuhr. Dieses<br />
wird häufig bei Messewaren verwendet. Es<br />
verlangt aber, dass alle auf dem Carnet aufgeführten<br />
Waren wie<strong>der</strong> ausgeführt werden.<br />
Häufig lohnt sich die Rückfuhr nicht, weil <strong>der</strong><br />
Warenwert unter den Rückfuhrkosten liegt.<br />
Dann sollten die Waren wenn möglich am Anfang<br />
nach Mustervorschriften e<strong>in</strong>geführt werden.<br />
Muster ohne Handelswert werden zollfrei<br />
zugelassen. Hierfür sollen die Waren durch E<strong>in</strong>schnitte,<br />
Lochung dgl. entwertet se<strong>in</strong>.<br />
Für an<strong>der</strong>e Muster s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>fuhrgenehmigungen<br />
erfor<strong>der</strong>lich. Für Waren bis zu e<strong>in</strong>em Wert von<br />
US $ 60.000,00.‐ ist <strong>der</strong> Zollamt zuständig. Für<br />
wertvollere Waren ist die Zollhaupt‐verwaltung<br />
<strong>in</strong> Ankara zuständig. Auch für die Rückfuhr ist<br />
e<strong>in</strong>e Genehmigung erfor<strong>der</strong>lich, falls hierfür<br />
Zoll entrichtet worden ist, wird dieser nicht zurückerstattet.<br />
Zertifikatsnachweise<br />
Jede DIN‐ <strong>und</strong> ISO‐Norm ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> durch<br />
e<strong>in</strong>e entsprechende Norm des TSE (Türkisches<br />
Standard<strong>in</strong>stitut) ersetzt worden. Bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fuhr<br />
von Waren, die DIN‐ o<strong>der</strong> ISO‐Normen<br />
entsprechen, muss regelmäßig e<strong>in</strong> Muster zum<br />
Test dem TSE vorgelegt werden. Diese Prozedur<br />
ist aber umständlich, zeitaufwendig <strong>und</strong><br />
kosten<strong>in</strong>tensiv. Ferner müssen häufig Dokumente<br />
von Testreihen mit türkischer Übersetzung<br />
aus Deutschland vorgelegt werden. Es<br />
besteht auch die Möglichkeit, e<strong>in</strong>en gesamten<br />
Produktionsbetrieb zu zertifizieren, was 20.000<br />
€ zuzüglich Reisekosten für e<strong>in</strong> Ingenieursteam<br />
kostet.<br />
CE‐Kennzeichnung<br />
Die <strong>Türkei</strong> hat viele EG‐Richtl<strong>in</strong>ien <strong>in</strong> nationales<br />
Recht umgesetzt. Demzufolge werden für bestimmte<br />
Waren wie K<strong>in</strong><strong>der</strong>spielzeuge o<strong>der</strong> bestimmte<br />
mediz<strong>in</strong>ische Geräte e<strong>in</strong>e CE‐<br />
Kennzeichnung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Konformitätserklärung<br />
verlangt. Die CE Kennzeichnung kann<br />
bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fuhr vom Zoll überprüft werden.<br />
Importlizenz<br />
Die Importeure <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> brauchen für die<br />
Warene<strong>in</strong>fuhr e<strong>in</strong>e entsprechende Lizenz. Ohne<br />
Lizenz ist die E<strong>in</strong>fuhr nicht möglich. Beson<strong>der</strong>s<br />
wenn man mit kle<strong>in</strong>eren Firmen zusammenarbeiten<br />
wird, empfiehlt es sich, dies vorab mit<br />
dem K<strong>und</strong>en zu klären. Darüber h<strong>in</strong>aus ist die<br />
E<strong>in</strong>fuhr von alkoholischen Getränken nur Importeuren<br />
mit e<strong>in</strong>er „A‐Lizenz“ möglich.<br />
Zu beachten ist schließlich, dass nicht alle Waren<br />
bei allen Zollstellen abgefertigt werden<br />
können. Für bestimmte Waren s<strong>in</strong>d bestimmte<br />
E<strong>in</strong>fuhrzollstellen zuständig. Die Listen liegen<br />
dem Importregime bei.<br />
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Vergaberecht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> – 2<br />
E<strong>in</strong>führung<br />
Von erheblicher Relevanz <strong>in</strong> den Sektoren<br />
Bau, Energie <strong>und</strong> Telekommunikation ist das<br />
Vergaberecht. Bei öffentlichen Bauprojekten<br />
(Straßen, Schulen etc.) geht es um Diensto<strong>der</strong><br />
Werkleistungen. Ist auch <strong>der</strong> Betrieb<br />
e<strong>in</strong>er Anlage durch e<strong>in</strong>en privaten Unternehmer<br />
geplant, kommen Lizenzen <strong>und</strong><br />
Konzessionen h<strong>in</strong>zu. Dies ist <strong>der</strong>zeit vor allem<br />
<strong>in</strong> den Sektoren Energie <strong>und</strong> Verkehrswirtschaft<br />
(Bau <strong>und</strong> Betrieb von Flughäfen,<br />
Seehäfen <strong>und</strong> Fernstraßen) relevant. Das<br />
türkische Vergaberecht ist den europäischen<br />
Standards sehr ähnlich.<br />
Das Vergaberecht ist <strong>in</strong> verschiedenen Gesetzen<br />
geregelt, was h<strong>in</strong> <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> Irritationen<br />
hervorruft. So gibt es e<strong>in</strong> Gesetz Nr.<br />
4734 über „öffentliche Ausschreibungen“<br />
(Kamu İhale Kanunu – Vergabegesetz) <strong>und</strong> e<strong>in</strong><br />
Gesetz Nr. 4735 über „öffentliche Verträge“<br />
(Kamu İhale Sözleşmeleri Kanunu), beide <strong>in</strong><br />
Kraft seit Anfang 2003. Der Gesetzgeber hat<br />
sich während <strong>der</strong> Vorbereitung <strong>der</strong> Gesetze<br />
an den Europäischen Vergaberichtl<strong>in</strong>ien <strong>und</strong><br />
das GATT/WTO‐ Übere<strong>in</strong>kommen über das<br />
öffentliche Beschaffungswesen GPA orientiert.<br />
Das Vergabegesetz muss zusammen<br />
mit e<strong>in</strong>em R<strong>und</strong>erlass vom August 2011<br />
(Kamu İhale Genel Tebliği) gelesen werden.<br />
Für e<strong>in</strong>zelne Bereiche gibt es Verordnungen,<br />
wie etwa die DVO Vergabe im Bau (Yapım<br />
İşleri İhaleleri Uygulama Yönetmeliği), zuletzt<br />
geän<strong>der</strong>t am 8.10.2011.<br />
Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Die Vorschriften des Vergabegesetzes regeln<br />
das Vergabeverfahren für das öffentliche<br />
Beschaffungswesen, also <strong>der</strong> Behörden <strong>und</strong><br />
E<strong>in</strong>richtungen des öffentlichen Rechts, Unternehmen<br />
mit öffentlicher Mehrheitsbeteiligung<br />
<strong>und</strong> Organisationen, die aus Mitteln<br />
<strong>der</strong> öffentlichen Hand f<strong>in</strong>anziert werden. Das<br />
Gesetz bezieht sich nicht auf Beschaffungen<br />
<strong>in</strong> den Sektoren Energie, Wasser, Transport<br />
<strong>und</strong> Telekommunikation sowie Beschaffungen<br />
im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Landesverteidigung,<br />
<strong>der</strong> <strong>in</strong>neren Sicherheit <strong>und</strong> mit<br />
nachrichtendienstlichen Tätigkeiten. Ausgenommen<br />
s<strong>in</strong>d ferner bestimmte Projekte, die<br />
im Rahmen <strong>in</strong>ternationaler Verträge im Ausland<br />
f<strong>in</strong>anziert werden.<br />
Das Gesetz bestimmt die wesentlichen<br />
Gr<strong>und</strong>sätze des Vergaberechts. Danach ist<br />
<strong>der</strong> Wettbewerb zu schützen, s<strong>in</strong>d die Kandidaten<br />
gleich zu behandeln, muss das Verfahren<br />
transparent, zuverlässig <strong>und</strong> vertraulich<br />
se<strong>in</strong>, muss die öffentliche Kontrolle gewährleistet<br />
e<strong>in</strong> <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e effiziente Ressourcenverwendung<br />
sichergestellt se<strong>in</strong>.<br />
Wo e<strong>in</strong> Vorhaben Umweltrelevanz aufweist,<br />
muss unter Umständen e<strong>in</strong>e UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung)<br />
durchgeführt <strong>und</strong><br />
e<strong>in</strong> Umweltverträglichkeitsbericht (Çevre Etki<br />
Değerlendirme Raporu) vorgelegt werden.<br />
Ausgenommen s<strong>in</strong>d bauliche Notmaßnahmen,<br />
etwa nach Naturkatastrophen.<br />
Es gibt im H<strong>in</strong>blick auf die Ausschreibungsverpflichtung<br />
<strong>der</strong> Behörden Schwellenwerte,<br />
die umgerechnet zwischen 300.000 <strong>und</strong> 12<br />
Millionen Euro liegen. Die <strong>in</strong> TL geltenden<br />
Werte werden unter Berücksichtigung <strong>der</strong><br />
Inflation zum 1. Februar jedes Jahres neu<br />
festgesetzt. Die Umgehung dieser Werte<br />
durch ungerechtfertigte Aufteilung <strong>in</strong> Lose<br />
ist unzulässig. Gerechtfertigt ist die Aufteilung,<br />
wenn die ausgeschriebene Leistung<br />
nachvollziehbar <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelleistungen wie Warenlieferungen,<br />
Dienstleistungen <strong>und</strong> Bauauftrag<br />
unterschieden werden kann.<br />
Derzeit haben die türkischen Behörden noch<br />
die Möglichkeit, <strong>in</strong>ländische Bieter gegenüber<br />
ausländischen Bietern durch E<strong>in</strong>räumung<br />
von Preisvorteilen von bis zu 15% zu<br />
bevorzugen.<br />
Ausschreibungen müssen bekannt gemacht<br />
werden, wobei die Art je nach Auftragswert<br />
<strong>und</strong> Vergabeverfahren differiert. Bei kle<strong>in</strong>eren<br />
Ausschreibungen genügt die Bekannt‐<br />
© Prof. Dr. Christian Rumpf
Vergaberecht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> ‐ 3<br />
machung <strong>in</strong> den örtlichen Zeitungen (sieben<br />
Tage vor Eröffnung). Die Ausschreibungen<br />
s<strong>in</strong>d im Übrigen im Bullet<strong>in</strong> für öffentliche<br />
Ausschreibungen (Kamu İhale Bülteni) m<strong>in</strong>destens<br />
e<strong>in</strong>mal zu veröffentlichen.<br />
HINWEIS: Das Ausschreibungs‐Bullet<strong>in</strong> f<strong>in</strong>det<br />
sich unter HTTP://ISTEKLI.IHALE.GOV.TR/<br />
Aufsichtsbehörde<br />
Mit dem Vergabegesetz wurde die Anstalt<br />
für öffentliche Vergaben (Kamu İhale<br />
Kurumu) e<strong>in</strong>gerichtet. Bei <strong>der</strong> Anstalt ist <strong>der</strong><br />
Vergaberat (Kamu İhale Kurulu) angesiedelt,<br />
<strong>der</strong> aus Vertretern verschiedenster Organisationen<br />
– u.a. Gerichten, <strong>Arbeit</strong>geberverbänden,<br />
M<strong>in</strong>isterien, Handelskammern etc. –<br />
besteht, wird unter an<strong>der</strong>em bei <strong>der</strong> Behandlung<br />
von Beschwerden <strong>und</strong> <strong>der</strong> Lösung von<br />
Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien<br />
tätig. Die Entscheidungen des Verwaltungsrates<br />
werden die Parteien <strong>in</strong>nerhalb von fünf<br />
Tagen nach <strong>der</strong> Beschlussfassung mitgeteilt<br />
<strong>und</strong> im Staatsanzeiger veröffentlicht.<br />
Die vorgenannten Entscheidungen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>er<br />
Prüfung durch die staatlichen Gerichte zugänglich.<br />
Arten <strong>der</strong> Vergabe<br />
Nach Art. 18 Vergabegesetz s<strong>in</strong>d drei Ausschreibungsvarianten<br />
zulässig. Es handelt<br />
sich hierbei um die offene Ausschreibung,<br />
die Angebotse<strong>in</strong>holung von e<strong>in</strong>er Gruppe<br />
ausgewählter Bieter <strong>und</strong> die Verhandlungsmethode.<br />
Bei <strong>der</strong> offenen Ausschreibung (Açık İhale<br />
Usulü) haben alle Interessenten die Möglichkeit<br />
<strong>und</strong> das Recht, Angebote zu unterbreiten.<br />
Die Ausschreibung mit Vorauswahl ähnelt<br />
dem im hiesigen Rechtsraum bekannten<br />
Nichtoffenen Verfahren. An diesem Verfahren<br />
können sich nur solche Bieter beteiligen,<br />
die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em vorausgegangenen Vorauswahlverfahren<br />
erfolgreich behauptet<br />
haben (Belli İstekliler Arasında İhale Usulü).<br />
Im Verhandlungsverfahren (Pazarlık Usulü)<br />
wendet sich <strong>der</strong> Auftraggeber an ausgewählte<br />
Unternehmen, um mit e<strong>in</strong>em o<strong>der</strong> mehreren<br />
über die Auftragsbed<strong>in</strong>gungen zu verhandeln.<br />
Dieser Weg <strong>der</strong> Vergabe ist nur<br />
zulässig, wenn Dr<strong>in</strong>glichkeit besteht (Naturkatastrophen,<br />
Seuchen u.ä.), <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Verfahren<br />
ke<strong>in</strong>e Ergebnisse erzielt wurden, bei<br />
Eilbedürftigkeit im Bereich Verteidigung <strong>und</strong><br />
<strong>in</strong>nere Sicherheit, bei langfristigen Forschungs‐<br />
<strong>und</strong> Entwicklungsprojekten, Beschaffungen<br />
von ger<strong>in</strong>gem Wert (unter ca.<br />
100.000 Euro).<br />
Anwendbarkeit des Vergaberechts<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich s<strong>in</strong>d die gesetzlichen Regelungen<br />
für alle öffentlichen Aufträge bestimmt.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs gelten für verschiedene Sektoren<br />
Beson<strong>der</strong>heiten, die entwe<strong>der</strong> <strong>in</strong> Verordnungen<br />
geregelt s<strong>in</strong>d (für den Bau Sektor die<br />
Verordnung über das Vergabeverfahren für<br />
Bauaufträge ‐ Yapım İşleri İhaleleri Uygulama<br />
Yönetmeliği) o<strong>der</strong> <strong>in</strong> speziellen Gesetzen<br />
bzw. zu denen gehörigen Verordnungen<br />
(z.B. Energie, Telekommunikation).<br />
Sicherheiten<br />
Mit dem Angebot ist auch e<strong>in</strong>e vorläufige<br />
Bietersicherheit abzugeben. Als Bietersicherheit<br />
s<strong>in</strong>d m<strong>in</strong>destens 3 % des angebotenen<br />
Preises zu h<strong>in</strong>terlegen, die genaue Höhe<br />
<strong>der</strong> Sicherheit wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bekanntmachung<br />
veröffentlicht. Als Sicherheit s<strong>in</strong>d neben <strong>der</strong><br />
türkischen Lira Bankgarantien von Geschäftsbanken<br />
o<strong>der</strong> privaten F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>stituten<br />
sowie Staatsanleihen zugelassen. Die<br />
Aufsichtsbehörde für das öffentliche Beschaffungswesen<br />
kann die Form <strong>der</strong> beizubr<strong>in</strong>genden<br />
Garantien vorschreiben. Während<br />
die Sicherheiten <strong>der</strong> unterlegenen Bie‐<br />
© Prof. Dr. Christian Rumpf 2008‐2010
Vergaberecht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> – 4<br />
ter wie<strong>der</strong> zurückgegeben werden, werden<br />
die Sicherheiten <strong>der</strong> beiden wirtschaftlich<br />
günstigsten Bieter vorerst e<strong>in</strong>behalten.<br />
Kommt mit dem günstigsten Bieter ke<strong>in</strong> Vertrag<br />
zustande, wird <strong>der</strong> Vertrag mit dem<br />
zweitgünstigsten geschlossen, <strong>der</strong> unmittelbar<br />
im Anschluss daran die se<strong>in</strong>erseits h<strong>in</strong>terlegte<br />
Sicherheit zurück erhält.<br />
Von <strong>der</strong> vorgenannten Sicherheit ist die Erfüllungssicherheit<br />
zu unterscheiden, die 6 %<br />
des Auftragswertes betragen muss.<br />
Zuschlag <strong>und</strong> Vertragsschluss<br />
Den Zuschlag (ihale) erhält das wirtschaftlich<br />
günstigste Angebot. Falls das wirtschaftlich<br />
günstigste Angebot nicht nach dem niedrigsten<br />
Gebot bestimmt werden kann, sollen die<br />
Betriebskosten, Rentabilität, Qualität <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> technische Wert berücksichtigt werden,<br />
um das vorteilhafteste Angebot zu bestimmen,<br />
<strong>in</strong>sofern hat <strong>der</strong> Auftraggeber e<strong>in</strong>en<br />
erheblichen Ermessensspielraum.<br />
Der Bieter, <strong>der</strong> den Zuschlag erhält, erhält<br />
durch e<strong>in</strong>e Zustellung die Auffor<strong>der</strong>ung zum<br />
Vertragsabschluss durch Unterzeichnung des<br />
Vertrags b<strong>in</strong>nen zehn Tagen ab Zustellung.<br />
B<strong>in</strong>nen gleicher Frist ist auch die Erfüllungssicherheit<br />
zu h<strong>in</strong>terlegen. Der Bieter ist zum<br />
Vertragsschluss verpflichtet. An<strong>der</strong>nfalls<br />
verfällt die Sicherheit.<br />
Rechtsschutz<br />
Gegen den Zuschlag kann vor dem zuständigen<br />
Verwaltungsgericht – bei Ausschreibungen<br />
auf oberster staatlicher Ebene ist dies<br />
<strong>der</strong> Staatsrat – Klage auf Nichtigerklärung<br />
erhoben werden. Klagebefugt ist nicht nur<br />
<strong>der</strong> Konkurrent, son<strong>der</strong>n je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er<br />
Weise von dem Zuschlag betroffen<br />
wird. Diese auch dem französischen<br />
Verwaltungsrecht bekannte Eigenheit birgt<br />
gewisse Gefahren <strong>in</strong> sich, da auch von den<br />
Parteien nicht erkennbare “Interessierte”<br />
e<strong>in</strong>greifen können. Dies können z.B. <strong>Arbeit</strong>nehmergewerkschaften<br />
se<strong>in</strong>. Im Verwaltungsprozess<br />
steht auch das Mittel <strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>stweiligen Anordnung zur Verfügung, mit<br />
dem e<strong>in</strong> Ausschreibungsverfahren vorläufig<br />
gestoppt werden kann.<br />
Vom Rechtsschutz im Vergabeverfahren zu<br />
unterscheiden ist <strong>der</strong> Rechtsschutz, <strong>der</strong> sich<br />
aus dem im Anschluss geschlossenen Vertrag<br />
ergibt. Hier haben die Parteien weitgehende<br />
Freiheit, durch e<strong>in</strong>e Gerichtsstandsklausel<br />
o<strong>der</strong> Schiedsklausel selbst zu bestimmen,<br />
welche Rechtsbehelfe im Falle von Vertragsverstößen<br />
gegeben se<strong>in</strong> sollen.<br />
Zusammenarbeit mit Anwälten<br />
Vor allem im Zusammenhang mit den erneuerbaren<br />
Energien tummeln sich zunehmend<br />
deutsche <strong>und</strong> türkische Anwaltskanzleien<br />
auf dem Rechtsmarkt, die mit Kompetenzen<br />
<strong>in</strong> diesem Bereich werben. In aller Regel jedoch<br />
bestehen die Schwierigkeiten nicht nur<br />
im richtigen Zugang zu den richtigen Behörden.<br />
Denn hierzu bieten die türkischen Behörden<br />
selbst zahlreiche Hilfestellungen,<br />
auch <strong>in</strong> den gängigen Fremdsprachen. Die<br />
Probleme liegen aber vor allem <strong>in</strong> <strong>der</strong> richtigen<br />
Auswahl <strong>der</strong> Kooperationspartner vor<br />
Ort <strong>und</strong> dann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> Verträge<br />
mit den Partnern <strong>und</strong> den Behörden. Dabei<br />
gerät man <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Gemisch aus Privatrecht <strong>und</strong><br />
öffentlichem Recht, das von den wenigsten<br />
Anwälten rechtssicher beherrscht wird, auch<br />
wenn gerne an<strong>der</strong>es behauptet wird.<br />
www.rumpf‐legal.com<br />
Mit Partnerbüros<br />
<strong>in</strong> Ankara, Izmir, Bursa <strong>und</strong> Denzli<br />
© Prof. Dr. Christian Rumpf
Profil<br />
Herdweg 24 – D‐70174 Stuttgart – Tel. +49 711 997 977‐0 – Fax +49 711 997 977‐20<br />
<strong>in</strong>fo@rumpf‐rechtsanwaelte.de<br />
In Kooperation mit: RUMPF Consult<strong>in</strong>g Danışmanlık Hizmetleri Ltd. Şti.<br />
Kozyatağı Mah. Bayar Cad. Gülbahar Sok. No: 17 K. 5 D. 57‐59 – 34742 Kadıköy‐İstanbul<br />
Tel. +90 216 545 25 97 – Fax +90 216 545 25 98<br />
<strong>in</strong>fo@rumpf‐consult.com<br />
© 2012
Die Anwaltskanzlei RUMPF RECHTSANWÄLTE ist e<strong>in</strong>e Wirtschaftskanzlei<br />
mit Schwerpunkt im <strong>in</strong>ternationalen<br />
Rechtsverkehr. Unsere Mandanten kommen aus dem<br />
Mittelstand <strong>und</strong> Großunternehmen. Bekannt geworden<br />
ist die Kanzlei vor allem durch ihre beson<strong>der</strong>e Spezialisierung<br />
auf die <strong>Türkei</strong>. Wir verb<strong>in</strong>den unterschiedliche Geschäftsmentalitäten<br />
<strong>und</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> türkischen Rechtsordnung<br />
<strong>und</strong> ihrer Sprache zu Hause.<br />
Mit Prof. Dr. Christian Rumpf verfügt die Kanzlei über<br />
e<strong>in</strong>en führenden Spezialisten für türkisches Recht im nationalen<br />
<strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationalen – auch völkerrechtlichen –<br />
Zusammenhang, <strong>der</strong> sich durch zahlreiche Veröffentlichungen <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Tätigkeit als<br />
Lehrbeauftragter an verschiedenen deutschen <strong>und</strong> türkischen Universitäten sowie als<br />
Gutachter vor deutschen <strong>und</strong> ausländischen Gerichten ausgewiesen hat.<br />
Vom Vertragsschluss bis zur Zwangsvollstreckung – wir suchen <strong>und</strong> f<strong>in</strong>den die optimalen<br />
Lösungen für das ausländische Unternehmen am türkischen Markt. O<strong>der</strong> für das türkische<br />
Unternehmen <strong>in</strong> Europa <strong>in</strong> den wichtigsten Gebieten des deutschen <strong>und</strong> europäischen<br />
Wirtschaftsrechts.<br />
RUMPF RECHTSANWÄLTE treiben den Netzwerk‐Gedanken auf die Spitze. Mit e<strong>in</strong>em Istanbuler<br />
Standort, e<strong>in</strong>em starken Partner <strong>in</strong> Ankara <strong>und</strong> Kooperationskanzleien an an<strong>der</strong>en<br />
türkischen Standorten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> bieten wir mehr als nur qualifizierte Rechtsberatung<br />
– Beratung bis h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Wirtschaft <strong>und</strong> Politik.<br />
Und unseren Mandanten mit Interessen <strong>in</strong> Deutschland stehen wir mit e<strong>in</strong>em erprobten<br />
Netzwerk <strong>in</strong> Deutschland <strong>und</strong> Europa zur Verfügung, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e über e<strong>in</strong>e Kooperation<br />
mit deutschen Großkanzleien <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> <strong>und</strong> Köln.<br />
Mit <strong>der</strong> RUMPF CONSULTING Danışmanlık Hizmetleri Ltd. Şti. <strong>in</strong> Istanbul verfügen wir<br />
über e<strong>in</strong>e hervorragend funktionierende eigenständige Nie<strong>der</strong>lassung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>, die<br />
unsere Mandanten <strong>und</strong> unsere deutschen <strong>und</strong> türkischen Anwälte mit all denjenigen<br />
Dienstleistungen versorgt, die für e<strong>in</strong>e umfassende Betreuung unserer Mandanten über<br />
Rechtsberatung <strong>und</strong> Prozessvertretung h<strong>in</strong>aus unerlässlich s<strong>in</strong>d:<br />
• Firmengründung<br />
• Büroservice<br />
• F<strong>in</strong>anz‐ <strong>und</strong> Lohnbuchhaltung<br />
• Wirtschaftsauskünfte <strong>und</strong> Ermittlungen
• Geschäftspartner‐ <strong>und</strong> Standortsuche<br />
• Treuhandverwaltung<br />
• Immobilien<br />
Die richtige Vertragsgestaltung entscheidet über die Zukunft e<strong>in</strong>er Investition <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>.<br />
Wir unterstützen unsere Mandanten daebi, den richtigen <strong>und</strong> erfolgreichen Zugang<br />
zum türkischen Markt zu f<strong>in</strong>den. Die Schwerpunkte unserer Kanzlei s<strong>in</strong>d<br />
• Gesellschaftsverträge<br />
• Jo<strong>in</strong>t Ventures<br />
• Handelsvertreter‐ <strong>und</strong> Vertriebsverträge<br />
• Schadensrecht<br />
• <strong>Arbeit</strong>sverträge<br />
• Mietverträge<br />
• Immobilienprojekte<br />
Die Mandanten von RUMPF RECHTSANWÄLTE kommen überwiegend aus den Branchenschwerpunkten<br />
Automobil, Bau, Energie, Textil <strong>und</strong> Versicherungen. Auch Regierungsstellen<br />
<strong>in</strong> Deutschland <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> suchen die Kompetenz von RUMPF RECHTSANWÄL‐<br />
TE.<br />
Auch wenn das Ziel je<strong>der</strong> qualifizierten Rechtsberatung die Vermeidung von Konflikten<br />
se<strong>in</strong> sollte, gehört die For<strong>der</strong>ungsbeitreibung<br />
zu den unvermeidlichen<br />
Schwerpunkten <strong>der</strong> Kanzlei. Hier kommt<br />
dem Mandanten die jahrelange Erfahrung<br />
von RUMPF RECHTSANWÄLTE zugute.<br />
Dabei beg<strong>in</strong>nt die For<strong>der</strong>ungsbeitreibung<br />
nicht mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>leitung des Mahnverfahrens<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Klageerhebung, son<strong>der</strong>n<br />
bereits mit <strong>der</strong> „Forensic Investigation“.<br />
Denn ohne Kenntnis des Schuldners <strong>und</strong><br />
se<strong>in</strong>es Vermögens ist je<strong>der</strong> rechtskräftige<br />
Titel Makulatur, bleibt <strong>der</strong> Erfolg <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zwangsvollstreckung ungewiss.
Wir sprechen die Sprache unserer Mandanten – Deutsch, Türkisch, Englisch <strong>und</strong><br />
Französisch.<br />
Wir haben verstanden, dass die Globalisierung zum beherrschenden Begriff e<strong>in</strong>er<br />
weltumgreifenden Wirtschaft geworden ist. Selbstverständlich stellen wir uns den<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen dieser neuen Welt. Die Globalisierung von Recht <strong>und</strong> Wirtschaft for<strong>der</strong>t<br />
uns dazu heraus, unsere Möglichkeiten, <strong>der</strong> Mandantschaft flexibel <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternational<br />
gegenüber zu treten, auszuschöpfen <strong>und</strong> zu erweitern. Globalisierung ist nicht das Ende<br />
<strong>der</strong> län<strong>der</strong>spezifischen Spezialisierung,<br />
son<strong>der</strong>n macht letztere nötiger denn je.<br />
Nationale Mentalitäten <strong>und</strong> Eigenheiten<br />
werden nicht nur bleiben, son<strong>der</strong>n im<br />
Globalisierungsprozess zunehmend<br />
schärfer hervortreten. Genau hier sehen<br />
wir unsere Aufgabe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sich<br />
globalisierenden Welt. Im Zusammenhang<br />
transnationaler Beziehungen bei<br />
unterschiedlichen Auffassungen von Recht<br />
<strong>und</strong> Wirtschaft. Wir bewegen uns dort,<br />
wo wir uns wirklich auskennen.<br />
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Steuern <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
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Steuern <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> – 2<br />
E<strong>in</strong>führung<br />
Das türkische Steuersystem weist e<strong>in</strong>e stark<br />
zersplitterte Steuer‐ <strong>und</strong> Abgabenlandschaft<br />
auf. Zu den Steuern <strong>und</strong> Abgaben zählen<br />
neben den auch <strong>in</strong> Deutschland bekannten<br />
Steuerarten <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>steuer, E<strong>in</strong>kommensteuer,<br />
Körperschaftsteuer <strong>und</strong> Mehrwertsteuer<br />
auch die „Stempelsteuer“, Anzeige<strong>und</strong><br />
Reklamesteuer, Kommunikationsteuer,<br />
die Umweltabgaben sowie Fondsabgaben.<br />
„Gewerbesteuer“ gibt es <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> nicht,<br />
die Stelle <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>erwerbsteuer nimmt die<br />
Gr<strong>und</strong>buchgebühr e<strong>in</strong>.<br />
Ähnlich wie <strong>in</strong> Deutschland wird die Praxis<br />
des Steuerrechts jährlich mit zahlreichen<br />
Erlassen <strong>und</strong> Verordnungen begleitet. Daher<br />
ist – vor allem für Unternehmen – die Inanspruchnahme<br />
von Steuerberatern vor Ort<br />
unerlässlich.<br />
Die Erfassung <strong>der</strong> Steuerpflichtigen wird<br />
auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> immer engmaschiger. Dazu<br />
gehört etwa auch, dass die Eröffnung<br />
e<strong>in</strong>es Bankkontos das Vorhandense<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Steuernummer voraussetzt.<br />
Steuerverfahrensrecht<br />
Das türkische Steuerverfahrensgesetz gilt<br />
für alle Steuerrechtsgebiete. Zu beachten<br />
s<strong>in</strong>d ggf. die Doppelbesteuerungsabkommen,<br />
wobei das deutsch‐türkische Abkommen<br />
am 21.7.2009 mit Wirkung zum<br />
31.12.2010 gekündigt <strong>und</strong> im September 2011<br />
e<strong>in</strong> neues unterzeichnet wurde, das rückwirkend<br />
zum 1.1.2011 gelten soll. Die sachliche<br />
Anwendung bezieht sich auch auf sonstige<br />
Abgaben <strong>und</strong> Nebenleistungen. Als räumlicher<br />
Anwendungsbereich gilt das Staatsgebiet<br />
<strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Freizonen.<br />
Die Vollstreckung von Steuerfor<strong>der</strong>ungen<br />
folgt dem Gesetz über das Vollstreckungsverfahren<br />
von öffentlich‐rechtlichen For<strong>der</strong>ungen.<br />
E<strong>in</strong>kommensteuer<br />
Natürliche Personen mit Wohnsitz bzw.<br />
mehr als sechs Monate dauerndem <strong>Aufenthalt</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> haben dem E<strong>in</strong>kommensteuergesetz<br />
zufolge jegliches <strong>in</strong>ner‐ <strong>und</strong><br />
außerhalb <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> erzieltes E<strong>in</strong>kommen zu<br />
versteuern. Ausgenommen s<strong>in</strong>d hiervon Personen,<br />
die sich zu Geschäfts‐, Forschungso<strong>der</strong><br />
ähnlichen Zwecken vorübergehend <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> aufhalten. Diese Personen haben<br />
lediglich das im Inland erzielte E<strong>in</strong>kommen<br />
zu versteuern.<br />
Die Steuer kann auch <strong>in</strong> Raten gezahlt werden,<br />
auch St<strong>und</strong>ungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis zu<br />
beobachten. Zahlungsversäumnisse ziehen<br />
extrem hohe Säumniszuschläge (Strafsteuern)<br />
nach sich.<br />
E<strong>in</strong>e Beson<strong>der</strong>heit stellt die Stopaj dar. Diese<br />
Abschlagsteuer entsteht bei steuerpflichtigen<br />
Vorgängen etwa <strong>in</strong>folge von Dienstleistungsverträgen.<br />
In <strong>der</strong> Praxis wird regelmäßig<br />
<strong>der</strong> K<strong>und</strong>e o<strong>der</strong> Mieter damit belastet,<br />
<strong>der</strong> sie sich aber wie<strong>der</strong>holen kann, wenn<br />
<strong>der</strong> Vermieter o<strong>der</strong> Dienstleister se<strong>in</strong>en<br />
Steuerpflichten nachkommt. Zumeist aber<br />
lässt sich <strong>der</strong> Dienstleister auf diese Weise<br />
den entsprechenden Steueranteil bezahlen<br />
mit <strong>der</strong> Folge, dass hier e<strong>in</strong>e zusätzliche Belastung<br />
für den K<strong>und</strong>en entsteht. Wenn etwa<br />
türkische Rechtsanwälte St<strong>und</strong>ensätze berechnen,<br />
muss darauf geachtet werden, dass<br />
die „stopaj“ bereits dar<strong>in</strong> enthalten ist. Auch<br />
E<strong>in</strong>künfte aus Wertpapieren <strong>und</strong> Fonds werden<br />
mit <strong>der</strong> stopaj belastet. Für Auslän<strong>der</strong><br />
soll sich das jedoch än<strong>der</strong>n.<br />
Der Unterschied zwischen E<strong>in</strong>kommen‐ <strong>und</strong><br />
Lohnsteuer besteht <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />
Bemessungen.<br />
Die Besteuerung erfolgt <strong>in</strong> abgestufter Progression,<br />
<strong>der</strong> höhere Steuersatz gilt immer<br />
nur für die nächste Progressionsstufe.
3 – Steuern <strong>Türkei</strong><br />
Körperschaftsteuer<br />
Juristische Personen haben ihre nach <strong>der</strong><br />
handelsrechtlichen Gew<strong>in</strong>nermittlung erzielten<br />
Gew<strong>in</strong>ne nach den Regelungen des Körperschaftsteuergesetzes<br />
zu versteuern. Der<br />
Satz beträgt <strong>der</strong>zeit 20%. Neben verschiedenen<br />
Abschreibungs‐ <strong>und</strong> Absetzungsmöglichkeiten<br />
besteht <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch die<br />
Möglichkeit des Verlustvortrages für fünf<br />
Jahre. In den Freizonen gelten Son<strong>der</strong>regelungen,<br />
die Vergünstigungen für Neu‐<br />
Investitionen <strong>in</strong> solchen Zonen s<strong>in</strong>d aber<br />
<strong>in</strong>zwischen entfallen.<br />
Erbschaftsteuer<br />
Gegenstand dieser Steuer, die im Erbschaftsteuer‐<br />
<strong>und</strong> Schenkungsteuergesetz geregelt<br />
ist, ist <strong>der</strong> Erwerb von Todes wegen (In<strong>und</strong><br />
Auslandsvermögen), soweit sich das<br />
Nachlassvermögen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> bef<strong>in</strong>det<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erwerber des im Ausland bef<strong>in</strong>dlichen<br />
Nachlassvermögens die türkische<br />
Staatsangehörigkeit besitzt. Der Steuersatz<br />
beträgt zwischen 1% <strong>und</strong> 10%. Banken <strong>und</strong><br />
an<strong>der</strong>e Institutionen müssen ererbtes Barvermögen<br />
zurückhalten, bis <strong>der</strong> Nachweis<br />
<strong>der</strong> Steuerzahlung erbracht wird, o<strong>der</strong> vor<br />
Auszahlung 5% als Vorschuss an den Fiskus<br />
abführen.<br />
Umsatzsteuer<br />
Die Umsatzsteuer (Katma Değer Vergisi ‐<br />
KDV) wird als Verkehrssteuer auf je<strong>der</strong> Stufe<br />
<strong>der</strong> Produktion bzw. Dienstleistungen erhoben.<br />
Dabei steht den Unternehmern das<br />
Vorsteuerabzugsrecht zu. Bei EU‐E<strong>in</strong>fuhren<br />
wird sie als E<strong>in</strong>fuhrumsatzsteuer erhoben.<br />
Der Vorsteuerabzug führt lediglich zu e<strong>in</strong>er<br />
Gutschrift auf dem Steuerkonto <strong>und</strong> am Ende<br />
des Jahres mit <strong>der</strong> Umsatzsteuer verrechnet,<br />
die an das F<strong>in</strong>anzamt zu zahlen war<br />
bzw. ist. Der Regelsatz beträgt 18%, im Übrigen<br />
gibt es Sätze ab 1% bis weit über 200%.<br />
Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen<br />
s<strong>in</strong>d zum Zwecke <strong>der</strong> Exportför<strong>der</strong>ung, seltener<br />
auch bei E<strong>in</strong>fuhr Befreiungen von <strong>der</strong><br />
Umsatzsteuer möglich.<br />
Zusätzlich zur Mehrwert‐ <strong>und</strong> Umsatzsteuer<br />
wird auf bestimmte Güter e<strong>in</strong>e<br />
Son<strong>der</strong>verbrauchssteuer (ÖZEL TÜKETİM<br />
VERGİSI= ÖTV) erhoben. Ihr Gegenstand ist die<br />
e<strong>in</strong>malige Besteuerung bestimmter<br />
Warengruppen, die <strong>in</strong> vier verschiedenen,<br />
täglich aktualisierten Listen festgelegt s<strong>in</strong>d.<br />
Es gibt Sätze von bis zu mehr als 250%. Auch<br />
hier gibt es Befreiungsmöglichkeiten.<br />
Vergnügung‐ <strong>und</strong> Werbungsteuer<br />
Vergnügungsteuer (Eğlence Vergisi) entsteht<br />
bei Darbietungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit (z. B.<br />
Bühnenspiele), Sportveranstaltungen, Spiele<br />
<strong>und</strong> Wettkämpfe sowie ähnliche Vergnügungsveranstaltungen<br />
im Gebiet e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de.<br />
Bemessungsgr<strong>und</strong>lage ist das vere<strong>in</strong>nahmte<br />
Entgelt. Diese Steuer wird von<br />
<strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de erhoben.<br />
Anzeige‐ <strong>und</strong> Werbungsteuer (İlan ve Reklam<br />
Vergisi) ist ebenfalls e<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>desteuer<br />
<strong>und</strong> bezieht sich auf Bekanntmachungen,<br />
Anzeigen <strong>und</strong> Werbemaßnahmen jeglicher<br />
Art.<br />
Steuer für Bank‐ <strong>und</strong> Versicherungsleistungen<br />
Als Gegenstand dieser Steuer gelten Dienstleistungen<br />
<strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ene Entgelte<br />
von Banken, F<strong>in</strong>anzdienstleistern <strong>und</strong> Versicherungsgesellschaften.<br />
Der Steuersatz beträgt<br />
15%.<br />
© Prof. Dr. Christian Rumpf
Steuern <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> – 4<br />
Kommunikationsteuer<br />
Mit dieser Steuer werden Telekommunikationsdienstleistungen,<br />
auch im Bereich R<strong>und</strong>funk<br />
<strong>und</strong> Fernsehen, mit Sätzen zwischen 15<br />
<strong>und</strong> 25% besteuert.<br />
Stempelsteuer<br />
Mit <strong>der</strong> Stempelsteuer (Damga Vergisi) werden<br />
alle Papiere bzw. Urk<strong>und</strong>en belastet, die<br />
amtlich bzw. notariell beglaubigt werden<br />
bzw. <strong>der</strong> Beweisführung dienlich s<strong>in</strong>d. Das<br />
STEMPELSTEUERGESETZ <strong>und</strong> dazu gehörige Listen<br />
setzen die Margen im E<strong>in</strong>zelnen fest.<br />
Immobiliensteuer<br />
Die Immobiliensteuer (Emlak Vergisi) gibt es<br />
<strong>in</strong> zwei Varianten, nämlich als Gebäudesteuer<br />
(B<strong>in</strong>a Vergisi) <strong>und</strong> als Gr<strong>und</strong>steuer (Arazi<br />
Vergisi). Sie fließt <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de zu.<br />
In <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> wird außerdem beim Kauf <strong>und</strong><br />
Verkauf von Immobilien e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>buchabgabe<br />
fällig, die nach Art <strong>und</strong> Ort des Gr<strong>und</strong>stücks<br />
variiert. Bemessungsgr<strong>und</strong>lage ist <strong>der</strong><br />
Kaufpreis gemäß Kaufurk<strong>und</strong>e. Diese Bemessungsart<br />
ist nicht unbedenklich, weil sie<br />
zum Abschluss von Verträgen mit zu niedrigem<br />
Ansatz für e<strong>in</strong>en Kaufpreis abgeschlossen<br />
werden, die nichtig se<strong>in</strong> können.<br />
Kraftfahrzeugsteuer<br />
Die Kraftfahrzeugsteuer (Motorlu Taşıtlar<br />
vergisi) knüpft an Hubraum <strong>und</strong> Alter des<br />
Fahrzeuges an. So beträgt <strong>der</strong> jährliche<br />
Steuersatz für e<strong>in</strong> neues Kfz mit mehr als<br />
4000 ccm Hubraum ca. 11.000 TL (r<strong>und</strong> Euro<br />
6.500), für e<strong>in</strong> mehr als 16 Jahre altes Kfz <strong>der</strong><br />
gleichen Klasse 854 TL. Bei unter 1300 ccm<br />
s<strong>in</strong>d für e<strong>in</strong> neues Kfz immerh<strong>in</strong> noch 305 TL,<br />
für e<strong>in</strong> altes Kfz nur noch 36 TL zu bezahlen.<br />
Fondsabgaben<br />
Mit Fondsabgaben versucht <strong>der</strong> türkische<br />
Staat bestimmte Politiken zu för<strong>der</strong>n, wie<br />
etwa den sozialen Wohnungsbau. Solche<br />
Abgaben wechseln immer mal wie<strong>der</strong>. Derzeit<br />
haben türkische Staatsangehörige bei<br />
je<strong>der</strong> Ausreise e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gfügige Abgabe zu<br />
entrichten. Darlehen aus dem Ausland werden<br />
ebenfalls mit Fondsabgaben belastet.<br />
Die Zwangsvollstreckung endet durch Zahlung,<br />
sei es durch „freiwillige“ Leistung des<br />
Schuldners, sei es nach Verwertung von<br />
Pfandgut, die durch Verkauf o<strong>der</strong> Zwangsversteigerung<br />
(Gr<strong>und</strong>stücke) erfolgen kann.<br />
Bei Vere<strong>in</strong>barung von Ratenzahlungen o<strong>der</strong><br />
St<strong>und</strong>ungen gelten beson<strong>der</strong>e Vorschriften.<br />
Wichtige Steuer<strong>in</strong>formationen f<strong>in</strong>den<br />
sich unter www.gelirler.gov.tr<br />
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Prozesskosten <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
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Mit P<br />
Prozesskosten ‐ 2<br />
E<strong>in</strong>leitung<br />
Türkische Gerichte s<strong>in</strong>d besser als ihr Ruf.<br />
Wie überall ist die For<strong>der</strong>ungsbeitreibung<br />
aber auch hier mit Kosten verb<strong>und</strong>en. Die<br />
Kostenregeln unterscheiden sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />
wesentlichen Punkten von den deutschen.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e s<strong>in</strong>d türkische Anwälte ke<strong>in</strong>eswegs<br />
billig, auch sie wollen <strong>und</strong> sollen auf<br />
ihre Kosten kommen. Die Gerichtskosten<br />
s<strong>in</strong>d zwar auf den ersten Blick ebenfalls recht<br />
hoch, doch bieten die türkischen Regelungen<br />
– an<strong>der</strong>s als die deutschen – e<strong>in</strong>en besseren<br />
Schutz des erfolglosen Klägers.<br />
Anwaltskosten folgen zweierlei Maßstäben:<br />
e<strong>in</strong>er gesetzlichen Gebührenordnung <strong>und</strong><br />
den Empfehlungen <strong>der</strong> Anwaltskammern.<br />
Gerichtskosten<br />
Die Gerichtskosten setzen sich aus <strong>der</strong> eigentlichen<br />
Gerichtsgebühr, e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>gfügigen<br />
Antragsgebühr <strong>und</strong> weiteren, meist kle<strong>in</strong>eren<br />
Kostenposten für Zustellung <strong>und</strong> Auslagen<br />
zusammen. Türkische Anwälte vermeiden<br />
es vor allem gegenüber Auslän<strong>der</strong>n, die<br />
Kosten im E<strong>in</strong>zelnen aufzuschlüsseln, son<strong>der</strong>n<br />
teilen dem Mandanten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />
Kostensätze mit, die nicht exakt die Rechtslage<br />
darstellen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Endabrechnung aber<br />
meist <strong>in</strong> etwa den tatsächlich angefallenen<br />
Kosten entsprechen.<br />
Die Gerichtskosten betragen 5,4% des Gegenstandswerts.<br />
Bis zum 1.10.2011 war bei<br />
Erhebung e<strong>in</strong>er Klage e<strong>in</strong> Vorschuss <strong>in</strong> Höhe<br />
von 1,35 % des anhängig gemachten Streitwertes<br />
e<strong>in</strong>zuzahlen. Mit <strong>der</strong> ZPO‐Reform, die<br />
am 1.10.2011 <strong>in</strong> Kraft getreten ist, muss <strong>der</strong><br />
Gerichtskostenvorschuss die vollen Gebühren<br />
betragen. H<strong>in</strong>zu tritt e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gfügige<br />
Antragsgebühr von 12,20 TL bei den Zivilkammern<br />
(Asliye Hukuk Mahkemeleri) <strong>und</strong><br />
5,80 TL bei den Friedensgerichten (Sulh<br />
Hukuk Mahkemeleri). Oft wird nicht gleich<br />
<strong>der</strong> gesamte For<strong>der</strong>ungsbetrag anhängig<br />
gemacht werden, um die Anfangskosten<br />
zunächst niedrig zu halten. Aufpassen muss<br />
man aber <strong>in</strong> diesen Fällen, dass die Wirkung<br />
e<strong>in</strong>er Klageerhebung im H<strong>in</strong>blick auf laufende<br />
Fristen auch nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Höhe des e<strong>in</strong>geklagten<br />
Betrages e<strong>in</strong>tritt, also nicht versäumt<br />
werden darf, die übrigen For<strong>der</strong>ungen rechtzeitig<br />
nachzuschieben. Im Zusammenhang<br />
mit „unerlaubten Handlungen“ hat sich die<br />
Situation entspannt, nachdem die ZPO nunmehr<br />
die „Stufenklage“ vorsieht, man also<br />
„sparsam“ mit e<strong>in</strong>em Antrag zur Feststellung<br />
e<strong>in</strong>es Anspruchs beg<strong>in</strong>nen kann, ohne den<br />
Anspruch beziffern zu müssen, <strong>und</strong> zudem<br />
die Verjährungsfrist ab 1.7.2012 auf zwei Jahre<br />
verlängert se<strong>in</strong> wird.<br />
Wer als Kläger unterliegt o<strong>der</strong> die Klage zurücknimmt,<br />
erhält die Gerichtskosten (nicht<br />
die Auslagen wie Antragsgebühr, Gutachterkosten<br />
etc.) wie<strong>der</strong> zurück. Gew<strong>in</strong>nt er, entsteht<br />
e<strong>in</strong> Erstattungsanspruch gegen den<br />
Gegner.<br />
Gutachterkosten<br />
Zu Buche schlagen regelmäßig Gutachterkosten.<br />
Denn Gutachter spielen im türkischen<br />
Gerichtsverfahren e<strong>in</strong>e viel umfangreichere<br />
Rolle als <strong>in</strong> Deutschland. Türkische<br />
Gerichte lassen sich nicht nur Sachfragen,<br />
son<strong>der</strong>n auch gleich die hieraus sich ergebenden<br />
rechtlichen Konsequenzen von Gutachtern<br />
erläutern. Ernannt werden <strong>in</strong> aller<br />
Regel drei Gutachter, nämlich e<strong>in</strong> Betriebswirt,<br />
e<strong>in</strong> Jurist <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Person, welche sich<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> aufgeworfenen Sachfrage auskennt.<br />
Häufig kommt es zu mehrfachen Ernennungen,<br />
weil türkische Anwälte dazu neigen,<br />
Gutachterergebnisse mehr o<strong>der</strong> weniger gut<br />
begründet anzufechten. Gerichte ordnen<br />
dann überwiegend nicht Nachbesserung des<br />
Gutachtens an, son<strong>der</strong>n ernennen e<strong>in</strong>en<br />
neuen Gutachterausschuss. So kann es <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong>selben Sache zu drei Gutachten kommen,<br />
von denen sich das Gericht dann dasjenige<br />
heraussucht, das ihm am plausibelsten ersche<strong>in</strong>t.<br />
Die Gutachterkosten halten sich<br />
allerd<strong>in</strong>gs zumeist <strong>in</strong> Grenzen, pro Gutachten<br />
w
3 – Prozesskosten<br />
muss man <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel mit Kosten zwischen<br />
300 <strong>und</strong> 800 Euro rechnen.<br />
Anwaltskosten<br />
Was die Anwaltskosten angeht, so gibt hier<br />
die Anwaltsgebührenordnung des Türkischen<br />
Verbandes <strong>der</strong> Rechtsanwaltskammern<br />
über die gesetzlichen M<strong>in</strong>destsätze<br />
Auskunft. Diese werden ergänzt o<strong>der</strong> korrigiert<br />
durch Empfehlungen <strong>der</strong> jeweiligen<br />
Rechtsanwaltskammer, die den regionalen<br />
Unterschieden im Preisniveau Rechnung<br />
tragen sollen. In <strong>der</strong> Praxis entsprechen die<br />
vere<strong>in</strong>barten Honorare eher diesen durch die<br />
jeweilige Regionalkammer empfohlenen<br />
Gebühren.<br />
Die Rechtsanwaltsgebührenordnung mit<br />
ihren Sätzen bildet jedenfalls aber die Untergrenze<br />
möglicher Honorarvere<strong>in</strong>barungen:<br />
Unterhalb <strong>der</strong> hier genannten Sätze e<strong>in</strong> Honorar<br />
zu vere<strong>in</strong>baren, ist dem Anwalt standesrechtlich<br />
verwehrt <strong>und</strong> Vere<strong>in</strong>barungen<br />
mit e<strong>in</strong>em solchen Inhalt s<strong>in</strong>d nichtig.<br />
Rechtsanwälte dürfen unentgeltlich nur tätig<br />
werden, wenn sie dies vorher unter Angabe<br />
von Gründen <strong>der</strong> Kammer mitgeteilt haben.<br />
Die Obergrenze dessen, was zulässigerweise<br />
vere<strong>in</strong>bart werden kann, liegt bei 25 % des<br />
Streitwerts.<br />
Honorarvere<strong>in</strong>barungen dürfen außerdem<br />
nicht vorsehen, dass die den Gegenstand des<br />
Zivilverfahrens bildenden Rechte o<strong>der</strong> Güter<br />
anschließend dem Rechtsanwalt gehören<br />
sollen.<br />
Für den Mandanten ist wichtig zu wissen,<br />
welche Kosten er im Anschluss e<strong>in</strong>es erfolgreichen<br />
Rechtsstreits erstattet erhält o<strong>der</strong><br />
welche er bei Unterliegen dem gegnerischen<br />
Anwalt zu erstatten hat. Denn erstattungsfähig<br />
bzw. erstattungspflichtig s<strong>in</strong>d nur die<br />
gesetzlichen Gebühren, wie sie im Verfahren<br />
durch das Gericht festgesetzt werden.<br />
Wichtig: Im Prozess fallen die erstattungsfähigen<br />
Anwaltskosten dem Anwalt, nicht dem<br />
Mandanten zu. Dies wirkt sich wie e<strong>in</strong> Erfolgsanteil<br />
aus.<br />
Die Gebührenordnungen <strong>und</strong> Empfehlungen<br />
enthalten unterschiedliche Pauschalsätze für<br />
verschiedene außerprozessuale Anwaltstätigkeiten.<br />
Im Bereich <strong>der</strong> M<strong>in</strong>destgebühren<br />
ergeben sich u. a. Pauschalen für außergerichtliche<br />
Tätigkeiten.<br />
Mündliche Beratungsleistungen werden<br />
wirefolgt abgerechnet:<br />
erste St<strong>und</strong>e:<br />
für jede weitere St<strong>und</strong>e:<br />
100 TL<br />
50 TL<br />
Die Anfertigung von Verträgen kostet 600<br />
TL.<br />
Dieselben Tätigkeiten s<strong>in</strong>d nach <strong>der</strong> Empfehlung<br />
<strong>der</strong> RAK <strong>in</strong> Antalya folgen<strong>der</strong>maßen zu<br />
berechnen:<br />
Mündliche Beratung<br />
Anfertigung e<strong>in</strong>es Vertrages<br />
300 TL<br />
2520 TL<br />
Und hier zur Gegenüberstellung noch die<br />
Empfehlungen <strong>in</strong> Istanbul:<br />
Mündliche Beratung<br />
Für jede weiteren 15 m<strong>in</strong><br />
Anfertigung e<strong>in</strong>es Vertrages<br />
360 TL<br />
120 TL<br />
3000 TL<br />
Bei gerichtlichen Streitigkeiten variieren die<br />
Anwaltsgebühren <strong>in</strong> Abhängigkeit von <strong>der</strong><br />
Klageart sowie vom Streitwert.<br />
Auch hier existieren wie<strong>der</strong>um die gesetzlichen<br />
M<strong>in</strong>destsätze <strong>und</strong> regional unterschiedliche<br />
Empfehlungen <strong>der</strong> jeweiligen Anwaltskammern<br />
für die anwendbaren Sätze, so<br />
dass man sich also immer auch noch für den
Prozesskosten ‐ 4<br />
E<strong>in</strong>zelfall orientieren muss. Für bestimmte<br />
Verfahrenstypen werden die Kosten auf <strong>der</strong><br />
Basis des Streitwertes erhoben, wobei <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>stiegssatz hier <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel bei 15 % liegt.<br />
Die Sätze s<strong>in</strong>d jedoch degressiv, d.h. entwickeln<br />
sich mit wachsendem Streitwert von<br />
15% auf 1% (Amtlicher Gebührentarif: 12% ‐<br />
0,1%). Für e<strong>in</strong>en Streitwert von ca.<br />
500.000,00 Euro etwa enthält die Tabelle<br />
e<strong>in</strong>en Wert, <strong>der</strong> ungefähr bei 3,5% liegt.<br />
Wird ke<strong>in</strong>e Honorarvere<strong>in</strong>barung getroffen<br />
o<strong>der</strong> ist e<strong>in</strong>e abgeschlossene Honorarvere<strong>in</strong>barung<br />
nichtig, so gelten für die Klagen, die<br />
ke<strong>in</strong>en pauschalen Streitwert enthalten, die<br />
gesetzlichen M<strong>in</strong>destsätze, die für das Gericht<br />
b<strong>in</strong>dend s<strong>in</strong>d. In e<strong>in</strong>em solchen Fall ist<br />
vom Gericht e<strong>in</strong> Betrag als Anwaltshonorar<br />
zu bestimmen, <strong>der</strong> sich zwischen 10% <strong>und</strong> 20%<br />
des Streitwertes entsprechend <strong>der</strong> geleisteten<br />
<strong>Arbeit</strong> des Anwalts bewegt.<br />
Im Falle des Unterliegens s<strong>in</strong>d die gesetzlichen<br />
M<strong>in</strong>destkosten des gegnerischen Anwalts<br />
zu erstatten. Diese Sätze darf das Gericht<br />
bis um das Dreifache erhöhen, wenn es<br />
e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Schwierigkeit <strong>der</strong> Sache feststellt.<br />
In <strong>der</strong> Praxis kommt dies selten vor.<br />
Hat <strong>der</strong> Gegner e<strong>in</strong>e von den M<strong>in</strong>destsätzen<br />
abweichende Honorarvere<strong>in</strong>barung mit se<strong>in</strong>em<br />
Anwalt getroffen (dies ist <strong>der</strong> Regelfall),<br />
so ist dennoch nur <strong>der</strong> gesetzliche M<strong>in</strong>destsatz<br />
zu erstatten.<br />
Sonstige Kosten<br />
Im Gerichtsverfahren entstehen nicht nur<br />
Gerichts‐ <strong>und</strong> Anwaltsgebühren, son<strong>der</strong>n<br />
auch weitere Kosten. Erhoben werden zum<br />
Beispiel „Portogebühren“, Registergebühren<br />
<strong>und</strong> an<strong>der</strong>e kle<strong>in</strong>ere, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel kaum Dazu<br />
gehören vor allem die Gutachterkosten.<br />
Zu rechnen ist auch regelmäßig mit Übersetzungskosten.<br />
Da Übersetzungen, die bei<br />
Gerichten vorgelegt werden, <strong>der</strong> notariellen<br />
Beglaubigung bedürfen, kommen dann noch<br />
Notarkosten h<strong>in</strong>zu. Selbst die deutschen<br />
Apostillestempel müssen bei vielen Gerichten,<br />
obwohl dies dem entsprechenden <strong>in</strong>ternationalen<br />
Abkommen wi<strong>der</strong>spricht, mit<br />
notariell beglaubigten Übersetzungen versehen<br />
werden.<br />
Kostenstrategien<br />
Türkische Anwälte lassen sich oft <strong>und</strong> gerne<br />
auf üppige Erfolgsbeteiligungen e<strong>in</strong>, verzichten<br />
dafür aber auf gesetzliche Gebühren.<br />
Dies ist rechtlich eigentlich nicht zulässig, so<br />
dass das praktisch sehr ger<strong>in</strong>ge Restrisiko<br />
besteht, dass dann doch die gesetzlichen<br />
Gebühren geltend gemacht werden.<br />
Manchmal wird auch e<strong>in</strong>e Mischregelung<br />
vere<strong>in</strong>bart, e<strong>in</strong> Fixum im Voraus, <strong>der</strong> Rest auf<br />
Erfolgsbasis. St<strong>und</strong>ensatzregelungen s<strong>in</strong>d<br />
nur dort verbreitet, wo es die türkischen<br />
Anwälte regelmäßig mit großen Unternehmen<br />
als Mandanten zu tun haben, die ihrerseits<br />
<strong>in</strong>ternationale Erfahrung o<strong>der</strong> gar<br />
Compliance‐Regeln im Umgang mit Anwaltskanzleien<br />
haben.<br />
Wird e<strong>in</strong>e deutsche Anwaltskanzlei e<strong>in</strong>geschaltet,<br />
kann es zu Problemen o<strong>der</strong> unübersichtlichen<br />
Situationen kommen, wenn die<br />
Kooperation zwischen deutscher <strong>und</strong> türkischer<br />
Anwaltskanzlei nicht ihrerseits auf zuverlässigen<br />
Füßen steht. Rumpf Rechtsanwälte<br />
passt sich hier den Bedürfnissen des<br />
Mandanten an; <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel wird aufgr<strong>und</strong><br />
von St<strong>und</strong>ensätzen mit monatlicher Abrechnung<br />
gearbeitet. Für klar umrissene Aufgaben<br />
kommen auch Pauschalsätze <strong>in</strong> Betracht.<br />
Im E<strong>in</strong>zelfall s<strong>in</strong>d auch an<strong>der</strong>e Modelle denkbar,<br />
welche den Mentalitäten <strong>und</strong> Gepflogenheiten<br />
bei<strong>der</strong> Seiten gerecht werden.<br />
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Marken <strong>und</strong> Patente ‐ 2<br />
E<strong>in</strong>führung<br />
Hatte die <strong>Türkei</strong> lange Zeit e<strong>in</strong>en eher schlechten<br />
Ruf, was Fragen des Markenschutzes <strong>und</strong><br />
den Problemkreis um Imitationen <strong>und</strong> Produktfälschungen<br />
ang<strong>in</strong>g, so zeichnet sich seit e<strong>in</strong>iger<br />
Zeit e<strong>in</strong>e positive Entwicklung ab. Noch<br />
immer gibt es viele Vertriebs‐ o<strong>der</strong> Geschäftspartner,<br />
die sich durch E<strong>in</strong>tragung <strong>der</strong> Marken<br />
ihrer ausländischen Partner im eigenen Namen<br />
o<strong>der</strong> Missbrauch frem<strong>der</strong> Marken Vorteile am<br />
Markt zu sichern suchen. Konsequente Verfolgung<br />
schafft aber immer häufiger Abhilfe.<br />
Denn die <strong>Türkei</strong> ist nicht nur seit langem allen<br />
e<strong>in</strong>schlägigen <strong>in</strong>ternationalen Abkommen beigetreten<br />
(z.B. „Pariser Übere<strong>in</strong>kommen“,<br />
Madri<strong>der</strong> Abkommen, WIPO), son<strong>der</strong>n verfügt<br />
auch über e<strong>in</strong> funktionierendes eigenes gesetzliches<br />
Instrumentarium, das 1995 im Zusammenhang<br />
mit dem Inkrafttreten <strong>der</strong> Zollunion<br />
<strong>in</strong> Kraft getreten ist. Seit 2003 gibt es spezialisierte<br />
Gerichte für geistigen Rechtsschutz.<br />
Ähnliche Mechanismen <strong>und</strong> Rechte wie bei<br />
Marken <strong>und</strong> Patenten gibt es auch für Gebrauchsmuster<br />
<strong>und</strong> Geschmacksmuster.<br />
Marken<br />
Markenschutz genießen – so Art. 6 <strong>der</strong> e<strong>in</strong>schlägigen<br />
„Rechtsverordnung mit Gesetzeskraft“<br />
Nr. 556 – <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel solche Marken,<br />
die im Markenregister e<strong>in</strong>getragen s<strong>in</strong>d. Schutz<br />
genießen aber auch „anerkannte Marken“,<br />
also solche nicht e<strong>in</strong>getragene Marken, die sich<br />
auf dem Markt <strong>in</strong> ständiger gewerblicher Praxis<br />
etabliert haben. Dazu gehören Marken, die<br />
sich von den Namen langer am Markt tätigen<br />
Firmen ableiten. Inhaber können private o<strong>der</strong><br />
juristische Personen se<strong>in</strong>. Darüber h<strong>in</strong>aus können<br />
von Markenschutzrechten auch solche<br />
Personen Gebrauch machen, die nach dem<br />
Pariser Verbandsübere<strong>in</strong>kommen zum Schutz<br />
<strong>der</strong> gewerblichen Rechte o<strong>der</strong> dem Gründungsabkommen<br />
<strong>der</strong> Welthandelsorganisation<br />
e<strong>in</strong> Antragsrecht haben o<strong>der</strong> bei denen das<br />
Gegenseitigkeitspr<strong>in</strong>zip erfüllt ist, d.h., <strong>in</strong> <strong>der</strong>en<br />
Län<strong>der</strong>n auch türkischen Marken ebenfalls<br />
Markenschutz gewährt wird. Es gilt ferner das<br />
Meistbegünstigungspr<strong>in</strong>zip: Internationale<br />
Abkommen treten immer dann an die Stelle<br />
<strong>der</strong> nationalen Regelung, wenn sie den besseren<br />
Rechtsschutz versprechen. Damit werden<br />
allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>getragene<br />
Marken nicht automatisch geschützt, weil <strong>der</strong><br />
Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Territorialität davon ausgeht,<br />
dass Marken gr<strong>und</strong>sätzlich nur am E<strong>in</strong>tragungsort<br />
geschützt s<strong>in</strong>d. Die E<strong>in</strong>tragung im<br />
Ausland kann aber e<strong>in</strong> Indiz für die Bekanntheit<br />
se<strong>in</strong>. Und dies wie<strong>der</strong>um kann dazu führen,<br />
dass die Marke auch ohne E<strong>in</strong>tragung geschützt<br />
wird. Wenn also „Coca Cola“ Anfang<br />
<strong>der</strong> 1960er Jahre bei <strong>der</strong> Markte<strong>in</strong>führung <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> auf „Kola Koka“ trifft, dessen<br />
Schriftzug identisch mit dem von Coca Cola ist,<br />
so hat Coca Cola e<strong>in</strong>en Anspruch auf Löschung.<br />
O<strong>der</strong> hat sich e<strong>in</strong>e nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten<br />
Marktsegment bekannte Marke wie ZELU bereits<br />
durch rege Importtätigkeit im türkischen<br />
Markt Bekanntheit verschafft, so darf <strong>der</strong> türkische<br />
Handelsvertreter diese nicht <strong>in</strong> eigenem<br />
Namen e<strong>in</strong>tragen.<br />
Das Pariser Abkommen eröffnet se<strong>in</strong>en Vertragsstaaten<br />
außerdem die Möglichkeit, <strong>in</strong><br />
jedem Land, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>tragung <strong>der</strong> betreffenden<br />
Marke beantragt wird, von e<strong>in</strong>em<br />
Vorrecht Gebrauch zu machen <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Frist von 6 Monaten ab Antragstellung durch<br />
Ausübung des Vorrechts zu bewirken, dass alle<br />
nach Entstehen des Vorrechts gestellten Anträge<br />
zurückgewiesen werden. Dieses Vorrecht<br />
steht auch denjenigen zu, die Markenware <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nationalen o<strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen<br />
Ausstellung ausgestellt haben. Noch<br />
sicherer ist, bei e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternationalen Marken‐
3 – Marken <strong>und</strong> Patente<br />
anmeldung bei <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Fachorganisation<br />
<strong>der</strong> UNO, <strong>der</strong> WIPO <strong>in</strong> Genf<br />
(www.wipo.<strong>in</strong>t) die <strong>Türkei</strong> e<strong>in</strong>zubeziehen, das<br />
führt, falls das türkische Patentamt nicht wi<strong>der</strong>spricht,<br />
zu e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das türkische<br />
Markenregister.<br />
Vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>, dass nach türkischem<br />
Markenrecht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nur e<strong>in</strong>getragene<br />
Marken Markenschutz genießen <strong>und</strong> die<br />
Schutzwirkung, die durch die E<strong>in</strong>tragung entsteht,<br />
nur für Marken <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
gegeben ist, empfiehlt es sich für Personen<br />
bzw. Unternehmen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> durch<br />
Vertriebspartner o<strong>der</strong> über e<strong>in</strong>e eigene Nie<strong>der</strong>lassung<br />
o<strong>der</strong> Gesellschaft tätig werden wollen,<br />
zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige <strong>und</strong> mit Sanktionen<br />
bestückte Lizenzvere<strong>in</strong>barung zu treffen, o<strong>der</strong><br />
besser noch e<strong>in</strong>e Markenregistrierung zu veranlassen.<br />
Vor Antragstellung empfiehlt sich naturgemäß<br />
die Markenrecherche. Hierzu wendet man sich<br />
an das Patentamt (Türk Patent Enstitüsü –<br />
www.tpe.gov.tr), bei dem man gegen e<strong>in</strong>e<br />
ger<strong>in</strong>ge Gebühr e<strong>in</strong>e Recherche nach e<strong>in</strong>em<br />
Wort <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Klasse vornehmen lassen kann;<br />
die Erstreckung auf mehrere Klassen kostet<br />
entsprechend mehr. Darüber h<strong>in</strong>aus gibt es<br />
auch im Internet Möglichkeiten, Markennamen<br />
frei zu recherchieren<br />
(www.patentofisim.com), wobei allerd<strong>in</strong>gs<br />
bezüglich <strong>der</strong> Aktualität bei solchen Anbietern<br />
Vorsicht geboten ist.<br />
Ergibt die Recherche, dass dieselbe Marke<br />
o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e ihr ähnelnde Marke e<strong>in</strong>getragen ist,<br />
kann <strong>der</strong> ausländische Marken<strong>in</strong>haber <strong>in</strong> den<br />
oben bereits erwähnten Ausnahmefällen e<strong>in</strong>e<br />
Nichtigkeitsklage gegen die e<strong>in</strong>getragene<br />
Marke erheben. Praktischerweise stellt man<br />
dabei <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel auch den Antrag auf Übertragung.<br />
Häufig <strong>und</strong> von <strong>der</strong> Rechtsprechung<br />
als Markenrechtsverletzung anerkannt s<strong>in</strong>d<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Fälle, <strong>in</strong> denen Importeure<br />
o<strong>der</strong> Vertriebspartner gegen das Pr<strong>in</strong>zip von<br />
„Treu <strong>und</strong> Glauben“ verstoßen, <strong>in</strong>dem sie Markenware,<br />
für die ihnen die Verkaufsbefugnis<br />
bereits wie<strong>der</strong> entzogen wurde, <strong>in</strong> eigenem<br />
Namen registrieren lassen o<strong>der</strong> gar die Marke<br />
selbst <strong>in</strong>sgeheim auf sich selbst e<strong>in</strong>tragen lassen<br />
– um dann den ursprünglichen Inhaber<br />
vom Markt zu verdrängen, <strong>in</strong>dem an<strong>der</strong>e Vertreiber<br />
mit Markenverletzungsverfahren,<br />
Strafverfahren <strong>und</strong> wettbewerbsrechtlichen<br />
Schadenersatzklagen überzogen werden.<br />
Ist die fragliche Marke frei, kann die E<strong>in</strong>tragung<br />
beim Patent<strong>in</strong>stitut <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er o<strong>der</strong> mehreren<br />
Warenklassen beantragt werden. Die<br />
Gebühren belaufen sich pro Klasse auf 130 TL.<br />
S<strong>in</strong>d alle Voraussetzungen erfüllt, wird <strong>der</strong><br />
Antrag <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Verordnungsblatt veröffentlicht,<br />
womit den Wettbewerbern für die Dauer<br />
von sechs Monaten die E<strong>in</strong>gabe von E<strong>in</strong>sprüchen<br />
<strong>und</strong> Bedenken eröffnet wird. Kommt ke<strong>in</strong><br />
E<strong>in</strong>spruch, wird e<strong>in</strong>getragen. Von nun an dauert<br />
<strong>der</strong> Markenschutz zehn Jahre an; er kann<br />
durch Antragstellung vor Ablauf verlängert<br />
werden. Spezialisierte Patent‐ <strong>und</strong> Markenbüros<br />
übernehmen die Überwachung <strong>der</strong> Fristen<br />
<strong>und</strong> beobachten ggf. auch den Markt im H<strong>in</strong>blick<br />
auf Verletzungen.<br />
Die Markenrechtsverletzung hat Unterlassungs‐<br />
<strong>und</strong> Schadensersatzansprüche zur Folge,<br />
die auch den entgangenen Gew<strong>in</strong>n umfassen.<br />
Es steht ferner e<strong>in</strong><br />
Maßnahme<strong>in</strong>strumentarium zur Verfügung,<br />
das u.a. das gerichtliche Beweissicherungsverfahren,<br />
die vorläufige Sicherstellung im Zoll<br />
<strong>und</strong> die e<strong>in</strong>stweilige Verfügung durch das<br />
zuständige Gericht umfasst. Auch wenn diese<br />
Instrumente im Kampf um die Schutzrechte<br />
auch gerne seitens des Markenpiraten ange‐
Marken <strong>und</strong> Patente ‐ 4<br />
wendet werden, <strong>der</strong> nicht nur die Importe des<br />
tatsächlichen Marken<strong>in</strong>habers zu stören sucht,<br />
son<strong>der</strong>n auch die neuen Vertriebspartner damit<br />
drangsaliert, bieten sie doch gerade auch<br />
Schutz für den tatsächlich Berechtigten.<br />
Die Fristen s<strong>in</strong>d kurz, die Schadensersatzansprüche<br />
müssen <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Jahres (ab<br />
1.7.2012: zwei Jahren) nach Kenntnis von <strong>der</strong><br />
Markenverletzung gerichtlich geltend gemacht<br />
werden. Ist mit <strong>der</strong> Markenverletzung e<strong>in</strong>e<br />
Straftat verb<strong>und</strong>en, gilt die Verjährungsfrist für<br />
die Straftat. Die Frist wird durch die o.g. e<strong>in</strong>stweiligen<br />
Maßnahmen nicht unterbrochen o<strong>der</strong><br />
gehemmt.<br />
Strafrechtliche Sanktionen reichen bis zu<br />
40.000 TL <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> vier Jahre Freiheitsstrafe.<br />
Zudem kann es zu Gewerbeuntersagungen<br />
kommen. Markenpiraten leben also gefährlich.<br />
Patente<br />
Die <strong>der</strong>zeit gültige Regelung ist die Rechtsverordnung<br />
mit Gesetzeskraft Nr. 551 über den<br />
Schutz <strong>der</strong> Patentrechte aus dem Jahre 1995.<br />
Auch hier gelten ferner verschiedene <strong>in</strong>ternationale<br />
Abkommen: Kooperationsabkommen<br />
über Patente (1970), dem Abkommen über das<br />
Europäische Patent (1973) <strong>und</strong> dem Straßburger<br />
Abkommen über die <strong>in</strong>ternationale Klassifizierung<br />
<strong>der</strong> Patente (1971).<br />
Patent<strong>in</strong>haber <strong>und</strong> somit Berechtigte können<br />
natürliche o<strong>der</strong> juristische Personen se<strong>in</strong>. Auch<br />
hier gilt das Meistbegünstigungspr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong><br />
<strong>in</strong>ternationalen Abkommen, die <strong>der</strong> Anwendung<br />
vorteilhafter Vorschriften <strong>der</strong> Abkommen<br />
Vorrang vor solchen des nationalen Rechts<br />
verleihen. Wie beim Markenschutz beg<strong>in</strong>nt<br />
auch <strong>der</strong> Patentschutz mit dem Antrag auf<br />
E<strong>in</strong>tragung beim türkischen Patentamt. Da hier<br />
die genaue Zeit <strong>der</strong> Antragstellung von großer<br />
Bedeutung ist, wird <strong>der</strong> Zeitpunkt unter Angabe<br />
von Datum, St<strong>und</strong>e <strong>und</strong> M<strong>in</strong>ute erfasst.<br />
Patentrecherchen sollte man nur über das<br />
Patentamt machen, weil nur hier die erfor<strong>der</strong>liche<br />
Aktualität sichergestellt ist.<br />
Personen, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dem PARISER ABKOMMEN<br />
vom 1883 beigetretenen Staat ansässig o<strong>der</strong><br />
gewerblich tätig s<strong>in</strong>d, genießen das Vorrecht,<br />
<strong>in</strong>nerhalb von zwölf Monaten nach E<strong>in</strong>tragung<br />
im Ausland auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> Antrag zu stellen<br />
<strong>und</strong> damit früher gestellte Anträge An<strong>der</strong>er zu<br />
verdrängen. Dieses Vorrecht steht auch denjenigen<br />
zu, welche die Ware, auf welche sich das<br />
Patent bezieht, <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er nationalen<br />
o<strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Ausstellung ausgestellt<br />
haben.<br />
Der Rechtsschutz bei Patentrechtsverletzungen<br />
entspricht demjenigen bei Markenverletzungen.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs gibt es Rechtsschutz nur,<br />
wenn <strong>der</strong> Antrag auf E<strong>in</strong>tragung des Patents<br />
öffentlich bekannt gemacht worden ist o<strong>der</strong><br />
nachgewiesen werden kann, dass <strong>der</strong> Schädiger<br />
von <strong>der</strong> Antragstellung Kenntnis hatte.<br />
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Kaufen <strong>und</strong> Verkaufen ‐ 2<br />
E<strong>in</strong>leitung<br />
Das Kaufrecht im deutsch‐türkischen<br />
Rechtsverkehr muss sich <strong>in</strong> täglicher Praxis<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em regen Lieferverkehr <strong>in</strong> beide Richtungen<br />
bewähren; das Handelsvolumen<br />
steigt stetig. In <strong>der</strong> Regel funktioniert das<br />
ohne dass die Partner komplexe Vertragswerke<br />
abschließen. Auftrag <strong>und</strong> Bestätigung<br />
– das genügt. Was aber, wenn es zum Streit<br />
kommt? Über Fristen, Inhalt <strong>und</strong> Umfang <strong>der</strong><br />
Gewährleistung, Erfüllungsort? Wie sichert<br />
man sich ab? Genügt es, e<strong>in</strong>fach die jeweiligen<br />
AGB auszutauschen? Spätestens jetzt<br />
wird klar, dass es S<strong>in</strong>n macht, vielleicht doch<br />
das E<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> An<strong>der</strong>e <strong>in</strong> e<strong>in</strong> schriftliches Vertragswerk<br />
zu gießen. Dabei stehen die wichtigsten<br />
Klauseln oft erst h<strong>in</strong>ten, wie die zur<br />
„Rechtswahl“ o<strong>der</strong> zum „Gerichtsstand“.<br />
Anwendbares Recht<br />
Welches Recht anwendbar ist, ergibt sich<br />
eigentlich schon aus dem „<strong>in</strong>ternationalen<br />
Privatrecht“. Dabei muss man sowohl auf<br />
dasjenige des eigenen Landes wie auf dasjenige<br />
des Handelspartners achten. H<strong>in</strong>zu treten<br />
u.U. <strong>in</strong>ternationale Vere<strong>in</strong>barungen, die<br />
es etwa zum Kaufrecht, zum Transportrecht<br />
u.a. gibt. Anknüpfungspunkte können <strong>der</strong><br />
Ort <strong>der</strong> Erfüllung, die engste Verb<strong>in</strong>dung des<br />
Vertrages zu e<strong>in</strong>em bestimmten Land o<strong>der</strong><br />
Belegenheit von Vermögenswerten se<strong>in</strong>.<br />
Die Regelungen zum <strong>in</strong>ternationalen Privatrecht<br />
<strong>in</strong> Deutschland <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> ähneln<br />
sich sehr stark. Die Frage ist nur, ob dies<br />
den Parteien wirklich hilft. Es kann vielmehr<br />
S<strong>in</strong>n machen, dass sich die Parteien selbst<br />
darüber e<strong>in</strong>igen, welches Recht im Falle e<strong>in</strong>es<br />
Streits anwendbar se<strong>in</strong> soll. Das kann das<br />
deutsche, das türkische o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es<br />
Recht se<strong>in</strong>. Seit 1.8.2011 ist darauf zu achten,<br />
dass die <strong>Türkei</strong> dem CISG‐Übere<strong>in</strong>kommen<br />
(UN‐Kaufrecht) beigetreten ist. Häufig suchen<br />
die Parteien e<strong>in</strong>en Mittelweg, z.B.<br />
durch Vere<strong>in</strong>barung <strong>der</strong> Geltung des schweizerischen<br />
Rechts. Die Türken fühlen sich<br />
dabei wohl, weil das schweizerische Kaufrecht<br />
fast identisch mit dem türkischen Kaufrecht<br />
ist, die Deutschen fühlen sich wohl,<br />
weil sie me<strong>in</strong>en, e<strong>in</strong> quasi deutsches Recht<br />
gewählt zu haben. Dass die Türken damit<br />
besser fahren, weil ihre Anwälte ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>arbeitungsprobleme<br />
haben, während deutsche<br />
Anwälte <strong>in</strong> aller Regel ke<strong>in</strong>e Kenntnisse des<br />
schweizerischen Rechts besitzen, fällt den<br />
Parteien dabei zumeist nicht auf. Welches<br />
Recht letztlich das beste ist, hängt von verschiedenen<br />
Kriterien ab, nämlich ob im für<br />
anwendbar erklärten Recht kürzere o<strong>der</strong><br />
längere Rügefristen gelten, ob neben dem<br />
unmittelbaren Schaden auch <strong>der</strong> mittelbare<br />
Schaden ersetzt verlangt werden kann, ob<br />
zum Schaden auch <strong>der</strong> entgangene Gew<strong>in</strong>n<br />
gehört o<strong>der</strong> nicht, ob es unterschiedliche<br />
Verjährungsfristen gibt.<br />
Gerichtsstand<br />
Mit <strong>der</strong> „Rechtswahl“ steht noch nicht <strong>der</strong><br />
Gerichtsstand fest. Der ergibt er sich zunächst<br />
aus dem „<strong>in</strong>ternationalen Zivilverfahrensrecht“.<br />
Auch hier trifft jede Rechtsordnung<br />
ihre eigenen Regelungen, die sich<br />
im deutschen <strong>und</strong> türkischen Recht ähneln.<br />
Für Immobilien gibt es zum Beispiel <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Türkei</strong> e<strong>in</strong>en „ausschließlichen Gerichtsstand“<br />
am Sitz des zuständigen Gr<strong>und</strong>buchamts.<br />
E<strong>in</strong> deutsches Gerichtsurteil über e<strong>in</strong><br />
Gr<strong>und</strong>stück <strong>in</strong> Antalya könnte also <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Türkei</strong> nicht vollstreckt werden. Es gibt Gerichtsstände<br />
am Sitz des Beklagten, des Erfüllungsorts,<br />
des streitbezogenen Vermögens,<br />
sogar am Sitz des Handelsvertreters<br />
kann gegen u.U. geklagt werden. Will man<br />
von vorne here<strong>in</strong> Klarheit, sollte man e<strong>in</strong>e<br />
„Gerichtsstandsklausel“ vere<strong>in</strong>baren, am<br />
besten ausdrücklich unter Ausschluss staatlicher<br />
Gerichte. Wie gesagt, funktioniert das<br />
nur, soweit das Gesetz ke<strong>in</strong>en „ausschließlichen<br />
Gerichtsstand“ vorsieht. Die Fragen,<br />
die man sich zuvor zu stellen hat: Wo geht es<br />
schneller? Wo kann besser auf das Vermögen<br />
des Gegners zugegriffen werden? Welcher<br />
Reiseaufwand ist im Falle e<strong>in</strong>es Rechtsstreits<br />
zu erwarten? Anwalts‐ <strong>und</strong> Gerichtskosten?<br />
Welches Gericht kann besser mit dem anwendbaren<br />
Recht umgehen?
3 – Kaufen <strong>und</strong> Verkaufen<br />
E<strong>in</strong>e zunehmend beliebte Alternative ist, sich<br />
für die <strong>in</strong>ternationale Schiedsgerichtsbarkeit<br />
zu entscheiden. Die „Schiedsklausel“<br />
tritt <strong>in</strong> diesem Falle an die Stelle <strong>der</strong><br />
„Gerichtsstandsklausel“. Vere<strong>in</strong>bart wird<br />
dann e<strong>in</strong> <strong>in</strong> den meisten Staaten <strong>der</strong> Welt<br />
zwischenzeitlich anerkanntes Verfahren, <strong>in</strong><br />
welchem die Parteien selbst entscheiden,<br />
wer das Verfahren auf welche Weise führt<br />
<strong>und</strong> entscheidet. Aber auch hier s<strong>in</strong>d zahlreiche<br />
Punkte zu bedenken. Denn die<br />
Schiedsklausel hat Vor‐ <strong>und</strong> Nachteile. Parameter<br />
für die Entscheidung s<strong>in</strong>d unter Berücksichtigung<br />
des Gegenstandswerts die<br />
Vertraulichkeit des Verfahrens, Atmosphäre,<br />
Schnelligkeit, zusätzliche Rechtsmittel, Kosten.<br />
Die Schwierigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gestaltung e<strong>in</strong>er<br />
Schiedsklausel, so e<strong>in</strong>fach <strong>der</strong> Text nachher<br />
aussehen mag, liegt aber dar<strong>in</strong>, das richtige<br />
Verfahren, mit <strong>der</strong> richtigen Institution <strong>und</strong><br />
am richtigen Ort auszuwählen. Im deutschtürkischen<br />
Rechtsverkehr bewährt haben<br />
sich vor allem die "adm<strong>in</strong>istrierten" Verfahren<br />
nach den Regeln <strong>der</strong> ICC (International<br />
Chamber of Commerce) <strong>und</strong> DIS (Deutsche<br />
Institution für Schiedsgerichtsbarkeit) sowie<br />
die Verfahren nach den UNCITRAL‐Regeln<br />
(z.B. über das Internationale Schiedszentrum<br />
Wien).<br />
Türkisches Kaufrecht<br />
Vorauszuschicken ist, dass türkisches Kaufrecht,<br />
wenn wie im deutsch‐türkischen Verhältnis<br />
das CISG‐Übere<strong>in</strong>kommen (UN‐<br />
Kaufrecht) gilt, nur noch <strong>in</strong> Bruchstücken<br />
(z.B. Verjährungsregeln) Anwendung f<strong>in</strong>det.<br />
Das Kaufrecht ist <strong>in</strong> den Artikeln 184 ff. (ab<br />
1.7.2012 Artikel 207 ff.) Obligationengesetz<br />
(OGB) geregelt Weitere Regeln gibt es im<br />
Verbraucherschutzgesetz, etwa zu Produkthaftung,<br />
Verbraucherkredit, Haustürgeschäft,<br />
Wi<strong>der</strong>rufsrechten u.a. Für Geschäfte<br />
unter Kaufleuten f<strong>in</strong>den sich auch Bestimmungen<br />
im Handelsgesetzbuch.<br />
Die Vertragstypen ähneln dem des deutschen<br />
Rechts. So gibt es den „Kaufvertrag“<br />
<strong>und</strong> den „Werkvertrag“. Mischungen s<strong>in</strong>d<br />
möglich, <strong>in</strong>dem etwa Elemente des Kauf<strong>und</strong><br />
Werkvertrages zusammenkommen,<br />
etwa bei e<strong>in</strong>er Auftragsfertigung nach Mustern<br />
des Auftraggebers.<br />
Kaufverträge bedürfen normalerweise ke<strong>in</strong>er<br />
beson<strong>der</strong>en Form. Ausnahmen: Immobilienkauf,<br />
Kfz‐Kauf. Auch <strong>der</strong> vere<strong>in</strong>barte Eigentumsvorbehalt<br />
ist nur wirksam, wenn er<br />
notariell registriert ist; alternative Sicherungsmöglichkeiten<br />
(Sicherungsübereignung,<br />
Bürgschaft, Pfandrecht) müssen sorgfältig<br />
erwogen werden. Im Übrigen s<strong>in</strong>d uns<br />
viele Begriffe <strong>und</strong> Institutionen im türkischen<br />
Kaufrecht vertraut, auch wenn es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />
Punkten zu <strong>in</strong>haltlichen <strong>und</strong> strukturellen<br />
Abweichungen kommt. Dies beg<strong>in</strong>nt bei<br />
Begriffen wie „Treu <strong>und</strong> Glauben“ <strong>und</strong> geht<br />
über Anfechtung wegen Irrtums o<strong>der</strong> arglistiger<br />
Täuschung bis zum Verzug.<br />
Die Bestimmungen über das türkische Gewährleistungsrecht<br />
s<strong>in</strong>d dem deutschen<br />
Recht ähnlich. Es besteht also die Möglichkeit,<br />
zu wandeln (den Rücktritt zu erklären),<br />
M<strong>in</strong><strong>der</strong>ung zu erklären, Nachbesserung zu<br />
verlangen. Ab 1.7.2012 kommt e<strong>in</strong> Umtauschrecht<br />
h<strong>in</strong>zu. Schadensersatz gibt es auch<br />
neben diesen Rechten. Auch e<strong>in</strong> Zurückbehaltungsrecht<br />
ist dem türkischen Recht bekannt,<br />
Nichterfüllung <strong>und</strong> Verzug haben<br />
ebenfalls dem deutschen Recht sehr ähnliche<br />
Folgen. Die Verjährung (Standardverjährung)<br />
für Erfüllungsansprüche beträgt im<br />
Kaufrecht zehn Jahre, für Gewährleistungsansprüche<br />
e<strong>in</strong> Jahr, ab 1.7.2012 zwei Jahre.<br />
Diese Fristen können durch Garantieversprechen<br />
verlängert werden.<br />
Kaufleute unterliegen merkwürdigerweise<br />
strengeren Regeln als Nichtkaufleute. Kündigungen<br />
<strong>und</strong> Abmahnungen können nur per<br />
notarieller Zustellung, e<strong>in</strong>geschriebenem<br />
Brief o<strong>der</strong> Telegramm (ab 1.7.2012 kommen<br />
elektronische Zustellungsformen dazu) erklärt<br />
werden, wobei die Rechtsprechung hier<br />
<strong>in</strong>zwischen etwas weicher geworden ist,<br />
<strong>in</strong>dem sie den Beweis teilweise auch mit<br />
an<strong>der</strong>en Mitteln zulässt. Ähnlich verhält es
Kaufen <strong>und</strong> Verkaufen ‐ 4<br />
sich mit dem außergerichtlichen Vergleich,<br />
<strong>der</strong> nur mit e<strong>in</strong>em schriftlichen Dokument<br />
nachgewiesen werden kann.<br />
Beim Eigentumsübergang gibt es Unterschiede<br />
zum deutschen Recht. Während <strong>in</strong><br />
Deutschland <strong>der</strong> Erwerb von Eigentum an<br />
e<strong>in</strong>er Ware nicht nur e<strong>in</strong>en schuldrechtlichen<br />
Verpflichtungsvertrag (Kaufvertrag), son<strong>der</strong>n<br />
auch noch zwei d<strong>in</strong>gliche Übertragungsverträge<br />
(e<strong>in</strong>er für die Ware, e<strong>in</strong>er für<br />
das Geld) verlangt (Abstraktionspr<strong>in</strong>zip),<br />
geht das türkische Recht vom Traditionspr<strong>in</strong>zip<br />
aus. Die Übergabe erfolgt durch e<strong>in</strong>en<br />
sog. Realakt, <strong>der</strong> selbst nicht den Regeln<br />
des Vertragsrechts unterliegt.<br />
Auch <strong>der</strong> Gefahrübergang gehört zu den<br />
auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> geltenden, dem deutschen<br />
Juristen vertrauten Begriffen. Nach türkischem<br />
Recht geht die Gefahr mit Vertragsschluss<br />
auf den Käufer über, nicht erst mit<br />
<strong>der</strong> Übergabe. Selbst wenn <strong>der</strong> Verkäufer<br />
auch noch den Transport organisiert, bedeutet<br />
dies nicht, dass er für e<strong>in</strong>en Schaden<br />
während des Transports haftet. Er haftet nur<br />
für die sorgfältige Auswahl des Spediteurs.<br />
An<strong>der</strong>s ist es, wenn die Parteien als Erfüllungsort<br />
ausdrücklich den Ankunftsort vere<strong>in</strong>bart<br />
haben; dazu reicht noch nicht die<br />
Vere<strong>in</strong>barung „cif“ (customs <strong>in</strong>surance free).<br />
Bei <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>barung <strong>der</strong> Incoterms, die <strong>in</strong>zwischen<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Fassung von 2010 vorliegen,<br />
muss darauf geachtet werden, dass die Parteien<br />
dadurch nicht davon befreit werden,<br />
Modalitäten <strong>der</strong> Erfüllung <strong>und</strong> des Gefahrübergangs<br />
selbst zu regeln.<br />
Allgeme<strong>in</strong>e Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen<br />
AGB s<strong>in</strong>d auch nach türkischem Recht zulässig,<br />
wenn auch nicht ganz so verbreitet wie<br />
<strong>in</strong> Deutschland. Das könnte sich än<strong>der</strong>n,<br />
nachdem ab 1.7.2012 mit dem neuen OGB<br />
auch ausdrückliche Regelungen zu den AGB<br />
<strong>in</strong> Kraft treten werden.<br />
Für Verbrauchergeschäfte<br />
ist das türkische<br />
AGB‐Recht im Verbraucherschutzgesetz<br />
geregelt. Die Überraschungsklausel<br />
ist genauso unzulässig wie<br />
<strong>der</strong> Missbrauch e<strong>in</strong>er Machtposition o<strong>der</strong> die<br />
e<strong>in</strong>seitige Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> AGB durch den<br />
Verwen<strong>der</strong> zu Lasten des Vertragspartners.<br />
Unklarheiten gehen zu Lasten des Verwen<strong>der</strong>s.<br />
Wer AGB verwendet – dies gilt <strong>in</strong> Deutschland<br />
wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> –, muss vor allem dafür<br />
sorgen, dass diese vom Geschäftspartner<br />
auch ausdrücklich o<strong>der</strong> stillschweigend akzeptiert<br />
werden. Wer also die AGB erst mit<br />
<strong>der</strong> Rechnungstellung vorlegt, kommt jedenfalls<br />
für das vergangene Geschäft zu spät.<br />
Wer die AGB dem an<strong>der</strong>en zwar rechtzeitig,<br />
jedoch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sprache zur Verfügung stellt,<br />
die dieser nicht versteht, hat dies umsonst<br />
getan. Und legen beide Seiten ihre jeweiligen<br />
AGB vor, so gilt nur, was sich nicht wi<strong>der</strong>spricht.<br />
Steht <strong>in</strong> beiden AGB, dass die<br />
AGB des an<strong>der</strong>en jeweils nicht anerkannt<br />
werden, dann fallen beide AGB unter den<br />
Tisch.<br />
Vertragsstrafe<br />
Nach türkischem Recht hat die Vertragsstrafe<br />
e<strong>in</strong>erseits „Strafcharakter“, allerd<strong>in</strong>gs<br />
kann daneben Schadensersatz nur so weit<br />
verlangt werden, als <strong>der</strong> Betrag des schuldhaft<br />
verursachten Schadens über den Betrag<br />
<strong>der</strong> Vertragsstrafe h<strong>in</strong>ausgeht <strong>und</strong> nachgewiesen<br />
werden kann. Während im Verhältnis<br />
zum Verbraucher die Vertragsstrafe nicht<br />
beliebig bestimmt werden kann <strong>und</strong> daher<br />
die Möglichkeit besteht, überzogene Vertragsstrafen<br />
durch das Gericht herabsetzen<br />
zu lassen, gilt dies nicht für Kaufleute. Diese<br />
müssen sich Vertragsstrafen auch dann beugen,<br />
wenn sie überzogen sche<strong>in</strong>en.<br />
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2 – Industriezonen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
E<strong>in</strong>führung<br />
Der e<strong>in</strong>fachste Weg, <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> Investitionen<br />
im Zusammenhang mit Industrieanlagen <strong>und</strong><br />
Produktionsstätten zu tätigen, ist <strong>der</strong> <strong>der</strong> Errichtung<br />
solcher Anlagen im Rahmen vorhandener<br />
<strong>und</strong> als solche ausgewiesener Industriegebiete.<br />
Der Gesetzgeber sieht hierfür zwei Möglichkeiten<br />
vor: Produktionsstätten können <strong>in</strong> den so<br />
genannten Industriegebieten (Endüstri<br />
Bölgeleri ‐ EB) o<strong>der</strong> den Organisierten Industriegebieten<br />
(Organize Sanayi Bölgerleri ‐ OSB)<br />
errichtet werden.<br />
Industrieansiedlungen <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> OSB verfolgen<br />
die Zielsetzung, zur Stadtentwicklung beizutragen,<br />
Zukunftstechnologien <strong>und</strong> die <strong>in</strong>dustrielle<br />
Entwicklung im Allgeme<strong>in</strong>en zu för<strong>der</strong>n.<br />
Die gesetzlichen Regelungen zu den EB wurden<br />
geschaffen, um Investitionsanreize <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
auch für ausländische Investoren zu<br />
schaffen. Diese Zielsetzung spiegelt sich vor allem<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> gesetzlichen Vorgabe für die kurze<br />
Verfahrensdauer von drei Monaten ab vollständiger<br />
E<strong>in</strong>reichung <strong>der</strong> Unterlagen wie<strong>der</strong>.<br />
Vorteile für ausländische Investoren verspricht<br />
auch e<strong>in</strong>e Regelung über Erleichterungen bei<br />
<strong>der</strong> Beschaffung von <strong>Arbeit</strong>sgenehmigungen<br />
für ausländisches Personal.<br />
Bei den EB werden Gr<strong>und</strong>stücke nicht zu Eigentum<br />
erworben, son<strong>der</strong>n den Investoren lediglich<br />
Nutzungsrechte an den verstaatlichten<br />
Parzellen bestellt. Gleichzeitig werden die Erschließungskosten<br />
des Gebietes vom Staat getragen.<br />
Damit ist die aufzubr<strong>in</strong>gende Investitionssumme<br />
um den Betrag reduziert, <strong>der</strong> auf<br />
Gr<strong>und</strong>stück <strong>und</strong> Erschließungskosten entfällt.<br />
Da <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Anwendungsverordnung<br />
mit ihren detaillierten Regelungen zur Durchführung<br />
des Genehmigungsverfahrens erst im<br />
Dezember 2004 erlassen wurde, fehlen <strong>der</strong>zeit<br />
noch repräsentative praktische Erfahrungen im<br />
Zusammenhang mit <strong>der</strong> Investition <strong>in</strong> Endüstri<br />
Bölgeleri.<br />
Organize Sanayi Bölgeleri (OSB)<br />
OSB s<strong>in</strong>d die wohl häufigste Form <strong>der</strong> konzentrierten<br />
Industrieansiedlung <strong>in</strong> ausgewiesenen<br />
Gewerbegebieten. Es handelt sich dabei um<br />
durch das Industriem<strong>in</strong>isterium o<strong>der</strong> durch Unternehmen<br />
mit entsprechenden Genehmigungen<br />
zur <strong>in</strong>dustriellen Nutzung erschlossene<br />
<strong>und</strong> anschließend durch e<strong>in</strong>e Zonenverwaltung<br />
verwaltete Gebiete, die von den Betreibern <strong>in</strong><br />
Absprache mit dem Industriem<strong>in</strong>isterium ausgewählt<br />
werden. Die Planung des Gebiets erfolgt<br />
durch das M<strong>in</strong>isterium, wobei dieses sich<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis damit begnügt, die Pläne <strong>der</strong> Kandidaten<br />
zu prüfen <strong>und</strong> abzusegnen.<br />
Der Vorteil für das e<strong>in</strong>zelne <strong>in</strong>vestierende Unternehmen<br />
besteht dar<strong>in</strong>, dass es bei <strong>der</strong> Ansiedlung<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Gebiet auf e<strong>in</strong>e fertige<br />
Infrastruktur trifft <strong>und</strong> mit e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> staatlichen<br />
Aufsicht unterstehenden Betreibergesellschaft<br />
als Dienstleister <strong>und</strong> Vermieter o<strong>der</strong><br />
Verpächter zu tun bekommet<br />
Ist die Genehmigung erteilt, können die Gründungsformalitäten<br />
beg<strong>in</strong>nen, an denen alle regional<br />
berührten Stellen, wie Geme<strong>in</strong>deverwaltungen,<br />
Handelskammern etc. mitwirken <strong>und</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong>en Ergebnis die Betreiber als Verwalter<br />
<strong>der</strong> Zone Rechtspersönlichkeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kapitalgesellschaft<br />
erwerben. Der Vorstand <strong>der</strong> auf<br />
diese Weise neu gegründeten OSB übernimmt<br />
anschließend die Projektleitung von <strong>der</strong> Bau<strong>und</strong><br />
Erschließungsplanung bis zum Verkauf <strong>der</strong><br />
Gr<strong>und</strong>stücke. Interessierte Investoren wenden<br />
sich dementsprechend an den Vorstand, <strong>der</strong><br />
über den Parzellenverkauf entscheidet. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
ist zusätzlich die Genehmigung des Handelsm<strong>in</strong>isteriums<br />
erfor<strong>der</strong>lich. Im Genehmigungsverfahren<br />
s<strong>in</strong>d die OSB‐Organe zwischengeschaltet,<br />
die <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf die Genehmigungen<br />
mit dem M<strong>in</strong>isterium kommunizieren.<br />
Investoren müssen den Genehmigungsverfahren<br />
dabei ausführliche Informationen<br />
über die von ihnen geplante Investition beisteuern.<br />
Dort, wo die OSB den Erwerb von Eigentum an<br />
den e<strong>in</strong>zelnen Gr<strong>und</strong>stücken vorsehen, s<strong>in</strong>d die
Industriezonen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> – 3<br />
Kosten, die im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Erschließung<br />
<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>stücke anfallen, von den<br />
Investoren zu tragen. Die Gr<strong>und</strong>stücke können<br />
mit d<strong>in</strong>glichen Rechten belastet werden, allerd<strong>in</strong>gs<br />
hat die Zonenverwaltung im Falle von<br />
Verkauf <strong>und</strong> Zwangsversteigerung wichtige<br />
Mitspracherechte.<br />
Endüstri Bölgeleri (EB)<br />
Gr<strong>und</strong>stücke <strong>in</strong> Endüstri Bölgeleri können von<br />
den Investoren dagegen nicht erworben werden.<br />
Im Unterschied zu den Organize Sanayi<br />
Bölgeleri werden die Endüstri Bölgeleri im Anschluss<br />
an die Gebietsausweisung verstaatlicht.<br />
Alle im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Erschließung<br />
anfallenden Kosten werden bei dieser Variante<br />
vom Staat getragen.<br />
Den Investoren werden gegen e<strong>in</strong> Entgelt <strong>in</strong><br />
Höhe von 0,5 % <strong>der</strong> Investitionssumme Nutzungsrechte<br />
an den Gr<strong>und</strong>stücken <strong>in</strong> Form von<br />
Gr<strong>und</strong>dienstbarkeiten bestellt. Auf diese Weise<br />
erfolgt die Gegenf<strong>in</strong>anzierung <strong>der</strong> von staatlicher<br />
Seite getätigten Ausgaben im Zusammenhang<br />
mit <strong>der</strong> Erschließung des Gebietes.<br />
Soll die Neugründung e<strong>in</strong>er EB e<strong>in</strong>geleitet werden,<br />
s<strong>in</strong>d folgende Unterlagen e<strong>in</strong>zureichen:<br />
Antrag an das Handelsm<strong>in</strong>isterium mit folgenden<br />
Informationen:<br />
‐ Gegenstand <strong>der</strong> Produktion<br />
‐ Investitionssumme<br />
‐ Informationen zu vorhandenem<br />
<strong>in</strong>‐ bzw. ausländischen Kapital<br />
‐ F<strong>in</strong>anzierungsplan für die Investitionssumme<br />
‐ vom Vorhaben ausgehende, geplante<br />
Anreize für die Beschäftigung<br />
‐ geplanter Technologietransfer/<br />
Technologieentwicklung<br />
‐ Devisene<strong>in</strong>nahmen aus Export<br />
‐ Verr<strong>in</strong>gerung <strong>der</strong> Importquote<br />
durch die geplante <strong>in</strong>ländische<br />
Produktion<br />
‐ erwartete Investitionsgew<strong>in</strong>ne<br />
<strong>und</strong> Amortisationszeitraum<br />
‐ Begründung <strong>der</strong> Ortswahl für<br />
das Vorhaben<br />
‐ positive E<strong>in</strong>schätzung des Vorhabens<br />
durch den zuständigen<br />
Prov<strong>in</strong>zpräfekten <strong>und</strong> die örtlichen<br />
Handels‐ o<strong>der</strong> Industriekammern<br />
‐ Bekanntgabe des zu wählenden<br />
Vorstandsvorsitzenden<br />
Nach Übermittlung dieser Unterlagen an das<br />
M<strong>in</strong>isterium <strong>und</strong> dessen positiver Entscheidung<br />
trifft dieses <strong>in</strong>nerhalb von 3 Monaten e<strong>in</strong>e<br />
Auswahlentscheidung bezüglich des Ortes <strong>der</strong><br />
zukünftigen EB.<br />
Auch das Genehmigungsverfahren für Investitionen<br />
<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er bestehenden Endüstri<br />
Bölgesi unterscheidet sich von demjenigen für<br />
Aktivitäten, die <strong>in</strong> den Organize Sanayi<br />
Bölgeleri aufgenommen werden sollen. Folgende<br />
Genehmigungsschritte s<strong>in</strong>d erfor<strong>der</strong>lich:<br />
‐ Interessierte Investoren wenden sich mit<br />
e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>en Antrag an das für <strong>der</strong>artige<br />
Investitionen zuständige Handelsm<strong>in</strong>isterium.<br />
Nach dessen Prüfung erlässt<br />
das M<strong>in</strong>isterium zunächst e<strong>in</strong>en Vorbescheid.<br />
‐ Investoren s<strong>in</strong>d weiter verpflichtet,<br />
e<strong>in</strong>en Bericht über die Umweltverträglichkeit<br />
ihres Vorhabens<br />
beizubr<strong>in</strong>gen, <strong>der</strong> beim<br />
Umweltm<strong>in</strong>isterium e<strong>in</strong>zureichen<br />
ist. Da die Ausweisung des<br />
Industriegebietes selbst erst<br />
nach behördlicher Genehmigung<br />
erfolgt, s<strong>in</strong>d Ausführungen zur<br />
Auswahl des Gebietes für das<br />
Vorhaben hierbei entbehrlich.<br />
Das Umweltm<strong>in</strong>isterium beruft<br />
im weiteren Verlauf e<strong>in</strong>e Prüf‐
4 – Industriezonen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
kommission, die über den Antrag<br />
aus umweltrechtlicher Sicht<br />
entscheidet.<br />
‐ Fällt die Entscheidung des Umweltm<strong>in</strong>isteriums<br />
positiv aus, so<br />
weist das Handelsm<strong>in</strong>isterium<br />
die Kommission an, dem Investor<br />
im Rahmen <strong>der</strong> entsprechenden<br />
Endüstri Bölgesi e<strong>in</strong><br />
Gr<strong>und</strong>stück zuzuweisen.<br />
Das Gesetz sieht weiter die Möglichkeit so genannter<br />
Son<strong>der</strong><strong>in</strong>vestitionen vor. Solche Son<strong>der</strong><strong>in</strong>vestitionen<br />
s<strong>in</strong>d durch e<strong>in</strong>e Investitionssumme<br />
von m<strong>in</strong>destens 75 Billionen TL bei e<strong>in</strong>er<br />
M<strong>in</strong>destfläche von 150000 qm gekennzeichnet<br />
<strong>und</strong> müssen Zukunftstechnologien<br />
betreffen.<br />
Im Falle von Son<strong>der</strong><strong>in</strong>vestitionen ist es Sache<br />
des Investors, die geologische <strong>und</strong> geotechnischen<br />
Studien, Vor<strong>in</strong>formationen für die Bauplanung<br />
<strong>und</strong> die aktuelle Gebietskarte vorbereiten<br />
zu lassen <strong>und</strong> dem M<strong>in</strong>isterium zur Genehmigung<br />
vorzulegen. Gleiches gilt für die Erschließungspläne.<br />
E<strong>in</strong>zel<strong>in</strong>vestitionen<br />
Gesetz <strong>und</strong> Verordnung eröffnen auch die<br />
Möglichkeit, e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnes Industrieanlagenprojekt<br />
größeren Volumens wie e<strong>in</strong>e Industriezone<br />
beplanen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>richten zu lassen.<br />
Son<strong>der</strong><strong>in</strong>dustriegebiete (IEB)<br />
Schließlich ist noch e<strong>in</strong>e weitere Son<strong>der</strong>kategorie<br />
zu erwähnen, für <strong>der</strong>en Genehmigungsverfahren<br />
sich allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>e Abweichungen ergeben:<br />
die sogenannten Spezial<strong>in</strong>dustriegebiete<br />
(Ihtisas Endüstri Bölgeleri), <strong>in</strong> denen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
die Ansiedlung von Informationstechnologie,<br />
Pharmazie o<strong>der</strong> aber landwirtschaftlicher<br />
Produktionen erfolgen soll.<br />
Genehmigungsdauer<br />
Der gesetzliche Richtwert für die Genehmigungsdauer<br />
<strong>in</strong> Endüstri Bölgeleri liegt bei <strong>in</strong>sgesamt<br />
3 Monaten – Voraussetzung ist hier allerd<strong>in</strong>gs,<br />
dass das Antragsverfahren so vorbereitet<br />
wurde, dass sämtliche Unterlagen den jeweiligen<br />
entscheidenden Stellen vollständig<br />
vorliegen.<br />
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Immobilien <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> – 2<br />
E<strong>in</strong>führung<br />
Der Markt <strong>der</strong> Ferienimmobilien gehört zu<br />
den <strong>in</strong>teressantesten Märkten, zumal er<br />
nicht nur Unternehmen als Investoren anspricht,<br />
son<strong>der</strong>n vor allem private K<strong>und</strong>en.<br />
Der Markt <strong>der</strong> Ferienimmobilien birgt aber<br />
auch Gefahren. Wenn die rechtliche <strong>und</strong><br />
wirtschaftliche Sicherheit des Immobilienerwerbers<br />
nicht gewährleistet ist, kann es<br />
schnell zum Desaster kommen. Immer wie<strong>der</strong><br />
werden zahlreiche Ferienhauskäufer<br />
zwar den Kaufpreis los, kommen aber we<strong>der</strong><br />
zu ihrem Eigentum an dem betreffenden<br />
Gr<strong>und</strong>stück noch werden sie je Besitzer e<strong>in</strong>es<br />
vollendeten Bauwerks.<br />
Gr<strong>und</strong>lagen des türkischen Rechts<br />
Für die Immobilienwirtschaft s<strong>in</strong>d vor allem<br />
das Obligationengesetzbuch (OGB) für das<br />
Bauwerkvertragsrecht, das Zivilgesetzbuch<br />
(ZGB) für das Sachenrecht (z.B. Übertragung<br />
<strong>und</strong> Belastung von Gr<strong>und</strong>stücken), das<br />
Gr<strong>und</strong>buchgesetz (Führung des Gr<strong>und</strong>buchs;<br />
E<strong>in</strong>tragungsverfahren), ja sogar das Verbraucherschutzgesetz<br />
relevant, das auch für<br />
selbst bewohnte Immobilien gilt. Wohneigentum<br />
<strong>und</strong> Zeiteigentum s<strong>in</strong>d im Gesetz<br />
über das Stockwerkseigentum geregelt. In<br />
vielen Fällen kann auch das Genossenschaftsgesetz<br />
wichtig werden. Zu beachten<br />
s<strong>in</strong>d auch öffentlich‐rechtliche Vorgaben wie<br />
Denkmalschutz, Naturschutz, Küstenschutz<br />
<strong>und</strong> Waldschutz.<br />
Erwerben <strong>und</strong> Erben<br />
Erworben werden Immobilien durch Eigentumsübertragung<br />
aufgr<strong>und</strong> schuldrechtlicher<br />
Verpflichtungsverträge (Kauf, Schenkung),<br />
ordentliche <strong>und</strong> außerordentliche<br />
Ersitzung, Verb<strong>in</strong>dung <strong>und</strong> Aneignung <strong>und</strong><br />
schließlich aufgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>es Erbfalls. In allen<br />
Fällen ist wichtig zu wissen, dass sich <strong>der</strong><br />
Erwerb immer nach türkischem Recht richtet.<br />
Es ist also nicht möglich, den Gr<strong>und</strong>stückserwerb<br />
als solchen – zum Beispiel –<br />
dem deutschen Recht, zu unterwerfen. Dies<br />
gilt auch für die Erbschaft, selbst wenn <strong>der</strong><br />
Erblasser Deutscher ist o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>en Wohnsitz<br />
nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> hat.<br />
Der Erwerb von Eigentum an Gr<strong>und</strong>stücken<br />
erfolgt durch E<strong>in</strong>tragung des neuen Eigentümers<br />
<strong>in</strong> das Gr<strong>und</strong>buch; die E<strong>in</strong>tragung<br />
wie<strong>der</strong>um erfolgt auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage gegenseitiger<br />
Verpflichtungserklärungen, die vor<br />
dem Gr<strong>und</strong>buchbeamten abzugeben s<strong>in</strong>d<br />
<strong>und</strong> über die e<strong>in</strong>e öffentliche Urk<strong>und</strong>e (resmî<br />
senet) errichtet wird. Nicht e<strong>in</strong>e notarielle<br />
Vere<strong>in</strong>barung, son<strong>der</strong>n diese Urk<strong>und</strong>e bildet<br />
den eigentlichen „Kaufvertrag“.<br />
Bei <strong>der</strong> Erbschaft ist e<strong>in</strong> gültiger Erbsche<strong>in</strong><br />
vorzulegen.<br />
Gr<strong>und</strong>stücksverkaufsversprechen<br />
Oft werden Bauverträge zusammen mit e<strong>in</strong>em<br />
notariellen Vertrag abgeschlossen. Bei<br />
Letzterem handelt es sich jedoch nie – auch<br />
wenn die Überschrift oft etwas An<strong>der</strong>es besagt<br />
– um e<strong>in</strong>en „Kaufvertrag“, son<strong>der</strong>n um<br />
e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>stücksverkaufsversprechen. Es ist<br />
e<strong>in</strong> „Vorvertrag“, <strong>der</strong> die Parteien zwar zum<br />
Abschluss e<strong>in</strong>es Kaufvertrages vor dem<br />
Gr<strong>und</strong>buchamt verpflichtet, aber noch ke<strong>in</strong>e<br />
Sicherheit darstellt, dass dies auch wirklich<br />
erfolgen kann. E<strong>in</strong>e gewisse Sicherheit bietet<br />
die Vormerkung (Beischreibung – şerh) im<br />
Gr<strong>und</strong>buch, weil diese auch e<strong>in</strong>en Dritten<br />
b<strong>in</strong>det, an welchen <strong>der</strong> Verkäufer zwischenzeitlich<br />
überträgt.
3 – Immobilien <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
Bauwerkvertrag<br />
Mit dem Vorgang über den Erwerb e<strong>in</strong>es<br />
Gr<strong>und</strong>stücks wird häufig bereits <strong>der</strong> Abschluss<br />
e<strong>in</strong>es Bauwerkvertrages verknüpft.<br />
Dieser muss nicht notariell beurk<strong>und</strong>et werden,<br />
auch wenn das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis oft geschieht.<br />
Hier sollten die Rechte <strong>und</strong> Pflichten<br />
möglichst detailliert aufgeführt se<strong>in</strong>, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
auch Übergabeterm<strong>in</strong>e <strong>und</strong> Zahlungsmodalitäten<br />
für die Vergütung <strong>der</strong><br />
Werkleistungen. Letztere sollte man vom<br />
Gr<strong>und</strong>stückskaufpreis trennen.<br />
Auslän<strong>der</strong> als Käufer<br />
In den letzten Jahren haben sich die Bestimmungen<br />
zum Erwerb von Immobilien<br />
durch Auslän<strong>der</strong> mehrfach geän<strong>der</strong>t. Dies ist<br />
e<strong>in</strong>e Folge davon, dass Versuche <strong>der</strong> türkischen<br />
Regierung, e<strong>in</strong>e optimale Mischung<br />
aus Beschränkung <strong>und</strong> Freiheit herzustellen,<br />
zwei Mal durch das Verfassungsgericht „gestört“<br />
worden ist.<br />
Im Gr<strong>und</strong>satz gilt: Der Erwerb von Gr<strong>und</strong>eigentum<br />
durch Auslän<strong>der</strong> ist möglich, wenn<br />
das Recht des Heimatlandes des Auslän<strong>der</strong>s<br />
den Türken ebenfalls e<strong>in</strong> solches Recht gewährt<br />
(Gegenseitigkeitspr<strong>in</strong>zip); diese Voraussetzung<br />
ist im Verhältnis zu Deutschland<br />
gegeben, allerd<strong>in</strong>gs ist geplant, von dieser<br />
Voraussetzung überhaupt Abstand zu nehmen,<br />
um z.B. auch russisches <strong>und</strong> arabisches<br />
Kapital <strong>in</strong> Immobilien fließen lassen zu können.<br />
Frei ist <strong>der</strong> Erwerb nur bis zu e<strong>in</strong>er Gesamtfläche<br />
von 2,5 Hektar für jede ausländische<br />
Person, <strong>und</strong> dies auch nur auf baurechtlich<br />
beplantem Land. Das nach dem letzten<br />
Verfassungsgerichtsurteil vom März 2008<br />
erneut reformierte Gesetz enthält e<strong>in</strong>e wenig<br />
durchsichtige Regelung, wonach aus<br />
bestimmten Gründen umwelt‐ o<strong>der</strong> sicherheitspolitischer<br />
Natur Beschränkungen o<strong>der</strong><br />
Erwerbsverbote verfügt werden können.<br />
Ferner ist e<strong>in</strong>e Obergrenze für die Verfügbarkeit<br />
von Gr<strong>und</strong>stücken für Auslän<strong>der</strong> auf<br />
beplantem Gebiet <strong>in</strong> Höhe von 10% vorgesehen.<br />
Im Übrigen gelten noch Son<strong>der</strong>vorschriften,<br />
sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten <strong>der</strong><br />
Erwerbsmöglichkeiten. Nicht möglich ist <strong>der</strong><br />
Erwerb durch Auslän<strong>der</strong> <strong>in</strong> militärischen<br />
Sicherheitszonen, <strong>der</strong> langfristige Mietvertrag<br />
ist hier ebenfalls unwirksam. Hier hilft<br />
allenfalls die Gründung e<strong>in</strong>er Kapitalgesellschaft<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>, die das Gr<strong>und</strong>stück dann<br />
übernimmt. Der vorübergehende <strong>Aufenthalt</strong><br />
– etwa <strong>in</strong> den Ferien – stellt dann ke<strong>in</strong> Problem<br />
dar.<br />
Der Erwerb durch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> gegründete<br />
Kapitalgesellschaft unterliegt nicht den<br />
oben genannten Beschränkungen, ist aber<br />
dennoch reglementiert; <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e muss<br />
<strong>der</strong> Erwerb <strong>in</strong> militärischen Sicherheitszonen<br />
durch das Militär <strong>und</strong> <strong>in</strong> zivilen Sicherheitszonen<br />
durch die Prov<strong>in</strong>zpräfektur genehmigt<br />
werden.<br />
Der Erwerb von Stockwerkseigentum <strong>und</strong><br />
Zeiteigentum<br />
Im Ferienhausbereich die wohl häufigste<br />
Form des Eigentumserwerbs durch Auslän<strong>der</strong><br />
ist diejenige auf <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>lage des Gesetzes<br />
über das Stockwerkseigentum. Die<br />
gesetzlichen Regelungen ähneln dem deutschen<br />
System. Bevor das Gebäude steht,<br />
erhält <strong>der</strong> Käufer e<strong>in</strong>e Dienstbarkeit, die dem<br />
späteren Miteigentumsanteil entspricht <strong>und</strong><br />
schon jetzt auch belastet <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> verkauft<br />
werden kann. Letzterer kann erst <strong>in</strong><br />
das Gr<strong>und</strong>buch e<strong>in</strong>getragen werden, wenn<br />
das Gebäude fertiggestellt <strong>und</strong> von <strong>der</strong> zuständigen<br />
Stadtverwaltung zur Nutzung<br />
freigegeben worden ist. Der Stockwerkseigentümer<br />
ist von Gesetzes wegen Mitglied<br />
e<strong>in</strong>er Eigentümergeme<strong>in</strong>schaft.
Immobilien <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> – 4<br />
Erwerbsbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> Verfahren beim<br />
Zeiteigentum ähneln den Regeln für das<br />
Stockwerkseigentum. Hier beziehen sich die<br />
Eigentumsrechte auf den im Gr<strong>und</strong>buch e<strong>in</strong>zutragenden<br />
bestimmten Zeitraum, <strong>der</strong> zwei<br />
Wochen nicht unterschreiten darf. Diese<br />
Eigentumsform kann veräußert, gepfändet<br />
o<strong>der</strong> mit Hypotheken belastet werden.<br />
Steuern <strong>und</strong> Abgaben<br />
In <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> gibt es e<strong>in</strong>e „Gr<strong>und</strong>buchgebühr“,<br />
die nach Art <strong>und</strong> Ort <strong>der</strong> Immobilie<br />
variiert. Beim Erwerb von Eigentümern, die<br />
umsatzsteuerpflichtig s<strong>in</strong>d, fällt auch für den<br />
Verkauf von Immobilien Umsatzsteuer an,<br />
die bei Kle<strong>in</strong>immobilien 1%, ansonsten 18%<br />
beträgt. Darüber h<strong>in</strong>aus wird jährlich e<strong>in</strong>e<br />
„Immobiliensteuer“ fällig. Für unbebaute<br />
Gr<strong>und</strong>stücke wird e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>stückssteuer,<br />
ansonsten e<strong>in</strong>e Gebäudesteuer erhoben. Der<br />
Steuersatz beträgt für Wohngebäude 0,1%,<br />
für an<strong>der</strong>e Gebäude 0,2%, im Großstadtbereich<br />
jeweils das Doppelte; die Gr<strong>und</strong>steuer<br />
beträgt 0,3%, im Großstadtbereich wie<strong>der</strong><br />
das Doppelte; im landwirtschaftlichen Bereich<br />
0,1%. Während <strong>der</strong> ersten fünf Jahre<br />
werden nur drei Viertel <strong>der</strong> Steuer erhoben.<br />
Wichtige H<strong>in</strong>weise<br />
Wer e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>stück erwirbt, muss sich zunächst<br />
davon überzeugen, dass es auch im<br />
beabsichtigten Umfang zum gewünschten<br />
Zweck genutzt werden kann. Grenzen ergeben<br />
sich aus Baurecht (Bauplanung), Naturschutz,<br />
Küstenschutz u.v.a.m. Das direkt am<br />
Meer liegende Gr<strong>und</strong>stück von 30.000 qm<br />
schrumpft, was die Nutzbarkeit angeht, <strong>in</strong>folge<br />
solcher Begrenzungen sehr schnell auf<br />
3.000 qm – wenn es nicht überhaupt<br />
unbebaubar ist. Auf Versprechungen bezüglich<br />
zukünftiger Bebaubarkeit sollte man sich<br />
nicht verlassen.<br />
Je größer die Investition <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Gr<strong>und</strong>stück,<br />
desto wichtiger ist es, den rechtlichen Zustand<br />
des Gr<strong>und</strong>stücks durch e<strong>in</strong>e „legal due<br />
diligence“ abzuklären. E<strong>in</strong>e solche Prüfung<br />
sollte durch e<strong>in</strong>e erfahrene Anwaltskanzlei<br />
durchgeführt werden, ke<strong>in</strong>esfalls durch den<br />
Verkäufer selbst. Auch große Maklerunternehmen<br />
s<strong>in</strong>d oft, aber nicht immer <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Lage, qualifizierte Auskunft zu erteilen.<br />
Zu achten ist auch auf die Zahlungskonditionen.<br />
Erst wenn e<strong>in</strong>e angemessene Absicherung<br />
im Gr<strong>und</strong>buch steht, sollte es überhaupt<br />
zu e<strong>in</strong>er Zahlung kommen. Denkbar ist<br />
auch e<strong>in</strong>e Treuhandabwicklung mit Baufortschrittskontrolle.<br />
Vollmachten<br />
Die Vollmacht für Gr<strong>und</strong>stücksgeschäfte<br />
bedarf <strong>der</strong> notariellen Beurk<strong>und</strong>ung <strong>in</strong> qualifizierter<br />
Form, nämlich mit Passfoto des<br />
Vollmachtgebers. Die Vollmacht muss präzise<br />
Angaben zu den Parteien <strong>und</strong> zum Gr<strong>und</strong>stück<br />
(Katasterdaten) <strong>und</strong> schließlich zu den<br />
Geschäften be<strong>in</strong>halten, für die die Vollmacht<br />
gelten soll. Die türkischen Generalkonsulate<br />
<strong>in</strong> Deutschland haben entsprechende Entwürfe<br />
<strong>in</strong> ihrer Datenverarbeitung. Die Bevollmächtigung<br />
kann unter E<strong>in</strong>haltung <strong>der</strong><br />
genannten Form auch durch e<strong>in</strong>en deutschen<br />
Notar beurk<strong>und</strong>et werden; diese Urk<strong>und</strong>e<br />
ist dann durch e<strong>in</strong>e Apostille des für<br />
den Sitz des Notars zuständigen Präsidenten<br />
des Landgerichts zu besche<strong>in</strong>igen. Die qualifizierten<br />
Übersetzungen <strong>in</strong>s Türkische kann<br />
man dann <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> anfertigen lassen.<br />
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© 2012
Handelsvertreter ‐ 2<br />
E<strong>in</strong>führung<br />
E<strong>in</strong>e <strong>der</strong> verschiedenen Varianten, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Türkei</strong> tätig zu werden, ist die Zusammenarbeit<br />
mit e<strong>in</strong>em Handelsvertreter (acente).<br />
Das türkische Recht des Handelsvertreters<br />
unterscheidet sich <strong>der</strong>zeit noch <strong>in</strong> wichtigen<br />
Punkten vom deutschen Recht, das ja se<strong>in</strong>erseits<br />
auf europarechtlichen Vorgaben beruht.<br />
Ab 1.7.2012 tritt mit dem neuen, vollständig<br />
überarbeiteten HGB allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong><br />
neues Handelsvertreterrecht <strong>in</strong> Kraft. Auf<br />
<strong>der</strong> neuen Rechtslage beruht diese Broschüre.<br />
Begriff des Handelsvertreters<br />
Entscheidendes Abgrenzungskriterium gegenüber<br />
an<strong>der</strong>en Vertretungsformen ist die<br />
Selbstständigkeit <strong>und</strong> die Kaufmannseigenschaft<br />
des Handelsvertreters. Handelsvertreter<br />
können e<strong>in</strong>e private o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e juristische<br />
Person se<strong>in</strong>.<br />
Die häufigste Variante ist <strong>der</strong> Verkaufs‐ o<strong>der</strong><br />
Vertriebsvertreter. Für den Versicherungsvertreter<br />
<strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Untervertreter ist das<br />
Versicherungskontrollgesetz zu beachten.<br />
Auch für die Agenten <strong>der</strong> Vermittlungsgesellschaften<br />
an <strong>der</strong> Börse gelten beson<strong>der</strong>e<br />
Regeln. Bei <strong>der</strong> Reiseagentur tauchen bereits<br />
Merkmale auf, die über den „Vertreter“ h<strong>in</strong>ausgehen.<br />
Auch diese Sparte ist eigenen<br />
Regelungen unterworfen worden.<br />
Der Begriff des Pr<strong>in</strong>zipals<br />
Pr<strong>in</strong>zipal ist <strong>der</strong> Auftraggeber (müvekkil). Er<br />
kann e<strong>in</strong>e private o<strong>der</strong> juristische Person<br />
se<strong>in</strong>.<br />
Handelsvertretervertrag<br />
Der Handelsvertretervertrag muss nicht<br />
schriftlich abgeschlossen se<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>e mündliche<br />
Vere<strong>in</strong>barung o<strong>der</strong> die ständige Praxis<br />
im Rahmen e<strong>in</strong>er Geschäftsbeziehung zwischen<br />
dem Unternehmen <strong>und</strong> se<strong>in</strong>em Vertreter<br />
reicht aus.<br />
Soll allerd<strong>in</strong>gs <strong>der</strong> Handelsvertreter selbst<br />
für den Pr<strong>in</strong>zipal Verträge schließen können,<br />
benötigt er e<strong>in</strong>e schriftliche Vollmacht, die <strong>in</strong><br />
das Handelsregister e<strong>in</strong>zutragen ist.<br />
Gebietsherrschaft <strong>und</strong> Ausschließlichkeit<br />
Der Handelsvertreter wird auf e<strong>in</strong>em territorial<br />
begrenzten Gebiet ausschließlich tätig.<br />
Von diesem Gr<strong>und</strong>satz kann durch Vertrag<br />
o<strong>der</strong> ständige Praxis abgewichen werden.<br />
Bei <strong>der</strong> Vertragsgestaltung sollte dies von<br />
vornehere<strong>in</strong> berücksichtigt werden, wenn<br />
nicht auszuschließen ist, dass <strong>der</strong> Pr<strong>in</strong>zipal<br />
auch selbst <strong>in</strong> das Market<strong>in</strong>g o<strong>der</strong> den Vertrieb<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> e<strong>in</strong>greift.<br />
Vermittlungstätigkeit<br />
Der Handelsvertreter wird vermittelnd tätig,<br />
allerd<strong>in</strong>gs nicht als Makler, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>seitig<br />
im Auftrag des Pr<strong>in</strong>zipals.<br />
Zum Vertragsschluss ist <strong>der</strong> Handelsvertreter<br />
nur befugt, wenn er hierzu ausdrücklich<br />
schriftlich bevollmächtigt ist, diese Vollmacht<br />
hat <strong>der</strong> Handelsvertreter öffentlich<br />
bekannt zu machen <strong>und</strong> <strong>in</strong> das Handelsregister<br />
e<strong>in</strong>tragen zu lassen.<br />
E<strong>in</strong>e Inkassobefugnis hat <strong>der</strong> Handelsvertreter<br />
nur dann, wenn dies ausdrücklich festgelegt<br />
ist.<br />
Überschreitet <strong>der</strong> Handelsvertreter se<strong>in</strong>e<br />
Befugnisse, kann <strong>der</strong> Pr<strong>in</strong>zipal die dabei abgeschlossenen<br />
Geschäfte genehmigen. Tut<br />
er das nicht, haftet <strong>der</strong> Handelsvertreter<br />
selbst.<br />
Mehrfachvertretung<br />
Das HGB geht von <strong>der</strong> „E<strong>in</strong>zelvertretung“<br />
aus, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis ist jedoch die Mehrfachvertretung<br />
häufig anzutreffen. Wer ke<strong>in</strong>e Konkurrenz<br />
wünscht, sollte dies <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wettbewerbsklausel<br />
festhalten.<br />
Ähnliche Vertretungsverhältnisse<br />
Das Kommissionsgeschäft ist im OGB geregelt<br />
<strong>und</strong> gilt typischerweise bei Kaufgeschäften.<br />
Dagegen ist <strong>der</strong> Kommissionär nach
3 ‐ Handelsvertreter<br />
HGB im Transportwesen tätig. Der Kommissionär<br />
wird für den Vertretenen für dessen<br />
Rechnung, aber <strong>in</strong> eigenem Namen tätig, <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Regel für bestimmte Geschäfte.<br />
Das HGB kennt auch Prokurist (ticari<br />
mümessil) <strong>und</strong> Handlungsbevollmächtigten<br />
(ticari vekil). Deren Vollmachten beruhen auf<br />
notariell zu errichtenden Urk<strong>und</strong>en. Sie müssen<br />
ke<strong>in</strong>e Kaufleute <strong>und</strong> können auch Angestellte<br />
se<strong>in</strong>.<br />
Vertriebsvertrag<br />
Der Alle<strong>in</strong>vertriebspartner tritt gegenüber<br />
dem K<strong>und</strong>en selbst als Verkäufer auf <strong>und</strong><br />
bestimmt se<strong>in</strong>e Gew<strong>in</strong>nmarge, wenn die<br />
Parteien nicht ausdrücklich etwas an<strong>der</strong>es<br />
vere<strong>in</strong>baren, selbst <strong>und</strong> ist für <strong>der</strong>en Beitreibung<br />
auch selbst verantwortlich. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
hat <strong>der</strong> Alle<strong>in</strong>vertriebsvertrag <strong>in</strong> Bezug auf<br />
die Risiken sowie Rechte <strong>und</strong> Pflichten oft<br />
große Ähnlichkeiten mit dem Handelsvertretervertrag,<br />
so dass das HGB, <strong>der</strong> früheren<br />
Rechtsprechung folgend, jetzt die Anwendbarkeit<br />
<strong>der</strong> Beendigungsregeln für den Handelsvertretervertrag<br />
anordnet.<br />
Vertretung ausländischer Unternehmen<br />
Das HGB lässt hier für die Handelsvertretereigenschaft<br />
bereit genügen, wenn das ausländische<br />
Unternehmen ke<strong>in</strong>en eigenen Sitz<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> hat <strong>und</strong> <strong>der</strong> Vertreter e<strong>in</strong>zelne<br />
Geschäfte für sie erledigt. Das kann dann vor<br />
allem auch Konsequenzen für die<br />
Gerichtsstandsfrage haben.<br />
Gerichtsstand<br />
Für Geschäfte, an welchen e<strong>in</strong> Handelsvertreter<br />
beteiligt ist, entsteht e<strong>in</strong> Gerichtsstand<br />
am Sitz des Handelsvertreters. Der<br />
Handelsvertreter ist auch befugt, im Namen<br />
des Pr<strong>in</strong>zipals Zustellungen entgegen‐ <strong>und</strong><br />
vorzunehmen <strong>und</strong> Prozesse zu führen.<br />
Pflichten des Handelsvertreters<br />
Der Handelsvertreter hat die Geschäfte des<br />
Pr<strong>in</strong>zipals mit <strong>der</strong> Sorgfalt e<strong>in</strong>es ordentlichen<br />
Kaufmanns <strong>und</strong> nach Treu <strong>und</strong> Glauben zu<br />
besorgen. Er ist zur Vertraulichkeit <strong>und</strong> Loyalität,<br />
zur Berichterstattung <strong>und</strong> zum Schutz<br />
<strong>der</strong> wirtschaftlichen Interessen des Pr<strong>in</strong>zipals<br />
verpflichtet (Bonität <strong>der</strong> K<strong>und</strong>en prüfen,<br />
Schutzmaßnahmen für Ware des Pr<strong>in</strong>zipals<br />
etc.). Für den Pr<strong>in</strong>zipal e<strong>in</strong>genommene Geldbeträge<br />
muss er unverzüglich auskehren.<br />
Erheben K<strong>und</strong>en Ansprüche o<strong>der</strong> gar Klagen,<br />
muss <strong>der</strong> Handelsvertreter ggf. Abwehrmaßnahmen<br />
treffen, m<strong>in</strong>destens aber unverzüglich<br />
den Pr<strong>in</strong>zipal e<strong>in</strong>schalten. Hauptpflicht<br />
ist natürlich das Tätigwerden für den<br />
Pr<strong>in</strong>zipal (K<strong>und</strong>enbeschaffung, Market<strong>in</strong>g<br />
u.a.).<br />
Pflichten des Pr<strong>in</strong>zipals<br />
Auch <strong>der</strong> Pr<strong>in</strong>zipal ist zur Vertraulichkeit,<br />
Loyalität <strong>und</strong> Information verpflichtet. Vor<br />
allem muss er ständig den Handelsvertreter<br />
über die Produkte <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Entwicklungen<br />
auf dem Laufenden halten. Wichtigste Pflicht<br />
ist die Zahlung <strong>der</strong> vere<strong>in</strong>barten bzw. e<strong>in</strong>er<br />
angemessenen Provision, bei Inkassovollmacht<br />
auch e<strong>in</strong>er angemessenen Inkassogebühr.<br />
Es kann auch e<strong>in</strong> Fixum vere<strong>in</strong>bart<br />
werden, oft trifft man Mischformen an (z.B.<br />
„Markterschließungsbeitrag“ als Fixum, im<br />
Übrigen erfolgsorientierte Provision). An<br />
welche Tatbestände die Provisionspflicht<br />
angeknüpft wird, hängt von <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>barung<br />
ab. Ist nichts vere<strong>in</strong>bart, wird sie für<br />
jedes Geschäft fällig, das auf e<strong>in</strong>e Aktivität<br />
des Handelsvertreters zurück zu führen ist.<br />
Kosten für das laufende Geschäft hat <strong>der</strong><br />
Handelsvertreter selbst zu tragen, das Gesetz<br />
billigt ihm aber e<strong>in</strong>en Erstattungsanspruch<br />
für außergewöhnliche, im Interesse<br />
des Pr<strong>in</strong>zipals entstandene Kosten zu.<br />
Erfüllt <strong>der</strong> Pr<strong>in</strong>zipal berechtigte Zahlungsansprüche<br />
des Handelsvertreters nicht, hat<br />
letzterer e<strong>in</strong> Pfandrecht an Gegenständen,<br />
die er für den Pr<strong>in</strong>zipal <strong>in</strong> Verwahrung hat.<br />
Das gilt nicht für per Inkasso e<strong>in</strong>gezogene<br />
Geldbeträge.<br />
Wettbewerbsklausel
Handelsvertreter ‐ 4<br />
Für zwei Jahre nach Beendigung des Vertrages<br />
kann e<strong>in</strong> Wettbewerbsverbot für den<br />
Handelsvertreter bestimmt werden, wenn<br />
dies angemessen entschädigt wird. Der Pr<strong>in</strong>zipal<br />
kann darauf verzichten, so dass die<br />
Entschädigung entfällt. Wird <strong>der</strong> Vertrag<br />
wegen e<strong>in</strong>es Verschuldens <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite<br />
beendet, kann die an<strong>der</strong>e Seite erklären,<br />
nicht an die Klausel geb<strong>und</strong>en zu se<strong>in</strong>.<br />
Klauseln zum Nachteil des Handelsvertreters<br />
Von den gesetzlichen Bestimmungen kann<br />
zu Lasten des Handelsvertreters <strong>in</strong> vielen,<br />
ausdrücklich durch das Gesetz genannten<br />
Punkten, nicht abgewichen werden, wie<br />
etwa bei <strong>der</strong> nachvertraglichen Wettbewerbsklausel<br />
o<strong>der</strong> den Vorschriften zu Kündigung,<br />
den Pflichten des Pr<strong>in</strong>zipals <strong>und</strong> zum<br />
Ausgleichsanspruch.<br />
Vorteile für den Pr<strong>in</strong>zipal nachwirken<br />
<strong>und</strong>/o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Pr<strong>in</strong>zipal mit vom Handelsvertreter<br />
gewonnenen K<strong>und</strong>en weiterarbeitet<br />
o<strong>der</strong> sonst die Umstände es aus Billigkeit<br />
erfor<strong>der</strong>n. Begrenzt wird die Höhe durch den<br />
Durchschnitt <strong>der</strong> <strong>in</strong> den letzten Jahren gezahlten<br />
Provisionen. Wer als Handelsvertreter<br />
die Beendigung des Vertrages selbst verschuldet,<br />
verwirkt se<strong>in</strong>en Ausgleichsanspruch.<br />
E<strong>in</strong> Vorausverzicht auf den Ausgleichsanspruch<br />
ist nicht möglich, er muss<br />
<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Jahres nach Ende des Vertrages<br />
geltend gemacht werden.<br />
Beendigung <strong>und</strong> Ausgleichsanspruch<br />
Das Handelsvertreterverhältnis endet mit<br />
dem Tod, Entmündigung o<strong>der</strong> Konkurs e<strong>in</strong>er<br />
<strong>der</strong> Parteien, Vere<strong>in</strong>barung o<strong>der</strong> Kündigung;<br />
letztere muss mit E<strong>in</strong>schreiben Rücksche<strong>in</strong>,<br />
per Notar o<strong>der</strong> Telegramm erfolgen. Die<br />
sicherste Form ist die Kündigung mit notarieller<br />
Zustellung.<br />
Die ordentliche Kündigung erfolgt mit dreimonatiger<br />
Frist zum Monatsende. Sie ist<br />
nicht an Voraussetzungen geb<strong>und</strong>en. Die<br />
außerordentliche Kündigung dagegen bedarf<br />
e<strong>in</strong>es wichtigen Gr<strong>und</strong>es. Liegt <strong>der</strong> nicht vor,<br />
wird sie wie e<strong>in</strong>e ordentliche Kündigung behandelt,<br />
so dass automatisch die Provisionsausfälle<br />
für die Zeit bis zum Ablauf <strong>der</strong> regulären<br />
Kündigungsfrist zu bezahlen s<strong>in</strong>d. Befristete<br />
Verträge s<strong>in</strong>d nur aus wichtigem<br />
Gr<strong>und</strong> kündbar. Wird nach Ablauf <strong>der</strong> Vertragsdauer<br />
auf gleicher Basis weiter zusammen<br />
gearbeitet, entsteht e<strong>in</strong> unbefristeter<br />
Handelsvertretervertrag.<br />
Neu ist die gesetzliche Regelung <strong>der</strong> Ausgleichszahlung.<br />
Sie setzt voraus, dass die<br />
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2 – Gesellschaftsgründung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
E<strong>in</strong>führung<br />
Das türkische Gesellschaftsrecht weist große<br />
Ähnlichkeiten mit den auch <strong>in</strong> Deutschland<br />
bekannten Gesellschaftstypen auf; zum Teil<br />
erhebliche Unterschiede zeigen sich dann<br />
erst bei genauerer Betrachtung <strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Details. Die Handelsgesellschaften haben<br />
Rechtspersönlichkeit, die sie durch die<br />
E<strong>in</strong>tragung <strong>in</strong> das Handelsregister erwerben;<br />
sie erhalten damit auch die Kaufmannseigenschaft.<br />
Beschränkungen für Auslän<strong>der</strong><br />
ergeben sich heute nur noch im H<strong>in</strong>blick auf<br />
Privilegien für Türken <strong>in</strong> bestimmten Berufssparten.<br />
Bei Kapitalgesellschaften wirken<br />
sich solche Beschränkungen praktisch überhaupt<br />
nicht mehr aus.<br />
Ab 1.7.2012 wird das neue HGB <strong>in</strong> Kraft treten,<br />
so dass dann e<strong>in</strong>ige wichtige Neuregelungen<br />
zu beachten se<strong>in</strong> werden.<br />
Personengesellschaften<br />
Personengesellschaften kommen für ausländische<br />
Investoren nur <strong>in</strong> Betracht, wenn sie<br />
auch e<strong>in</strong>en gesicherten <strong>Aufenthalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Türkei</strong> vorweisen können.<br />
Die Kollektivgesellschaft (kollektif şirket)<br />
entspricht <strong>in</strong> etwa <strong>der</strong> deutschen Offenen<br />
Handelsgesellschaft (OHG). Hier haften die<br />
Gesellschafter persönlich jeweils mit ihrem<br />
gesamten Vermögen. Die Kommanditgesellschaft<br />
(komandit şirket) ähnelt stark <strong>der</strong><br />
deutschen KG. E<strong>in</strong> praktisch wesentlicher<br />
Unterschied besteht dar<strong>in</strong>, dass <strong>der</strong> mit se<strong>in</strong>em<br />
Vermögen haftende Komplementär<br />
(komandite) e<strong>in</strong>e natürliche Person se<strong>in</strong><br />
muss. Die Konstruktion <strong>der</strong> GmbH & Co. KG<br />
ist also <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> nicht möglich. E<strong>in</strong>e <strong>der</strong><br />
AG nahe stehende Variante ist die Kommanditgesellschaft<br />
auf Aktien (sermayesi paylara<br />
bölünmüş komandit şirket).<br />
Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />
Die GmbH kommt mit nur zwei Gesellschaftern<br />
aus (ab 1.7.2012: e<strong>in</strong> Gesellschafter),<br />
wobei sich e<strong>in</strong> Gesellschafter e<strong>in</strong>e bequeme<br />
Mehrheit e<strong>in</strong>räumen lassen kann, die auch<br />
für Satzungsän<strong>der</strong>ungen gilt. In wenigen<br />
Situationen gibt es allerd<strong>in</strong>gs noch „pro‐<br />
Kopf“‐Mehrheitserfor<strong>der</strong>nisse, z.B. bei <strong>der</strong><br />
Anteilsübertragung (drei Viertel des Kapitals,<br />
drei Viertel <strong>der</strong> Gesellschafter; entfällt ab<br />
1.7.2011). Bis 1.7.2012 muss, wenn die Gesellschaft<br />
auf e<strong>in</strong>e Person zurückfällt, diese die<br />
GmbH liquidieren. Die Höchstzahl <strong>der</strong> Gesellschafter<br />
liegt bei 50.<br />
Das Kapital muss m<strong>in</strong>destens 5.000 TL bar<br />
o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Sachen betragen (ab 1.7.2012 10.000<br />
TL, dann auch zw<strong>in</strong>gend vollständig e<strong>in</strong>zuzahlen).<br />
Es müssen Rücklagen von 20% gebildet<br />
werden. E<strong>in</strong> Anteil hat m<strong>in</strong>destens 25 TL.<br />
Im Gesellschaftervertrag (Satzung) s<strong>in</strong>d Gesellschaftszweck,<br />
Sitz, Dauer <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
(ke<strong>in</strong>e unbegrenzte Dauer möglich),<br />
Kapital, Anteils<strong>in</strong>haber <strong>und</strong> Anteileverhältnis,<br />
Regeln über die E<strong>in</strong>zahlung des Kapitals,<br />
Geschäftsführung <strong>und</strong> Vertretungsverhältnisse,<br />
Gew<strong>in</strong>nverteilung zu regeln. Oft wird<br />
e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>facher Mustergesellschaftsvertrag<br />
ausreichen. Die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Satzung erfor<strong>der</strong>t<br />
zwei Drittel des vertretenen Kapitals<br />
(vere<strong>in</strong>facht ab 1.7.2012).<br />
Gesellschafterbeschlüsse s<strong>in</strong>d notariell zu<br />
beglaubigen. Es muss m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Geschäftsführer<br />
bestellt se<strong>in</strong>.<br />
Die Geschäftsführung wird ab 1.7.2012 erheblichen<br />
Neuerungen unterworfen. Bei mehreren<br />
Geschäftsführern hat die Gesellschafterversammlung<br />
e<strong>in</strong>en „Vorsitzenden“ zu ernennen,<br />
m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Gesellschafter muss<br />
Geschäftsführungsbefugnisse, e<strong>in</strong> Geschäftsführer<br />
muss se<strong>in</strong>en Wohnsitz <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
haben.
Gesellschaftsgründung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> ‐ 3<br />
Der Gründungsvorgang ist nicht abschließend<br />
wie folgt zu beschreiben: Antrag beim<br />
Handelsregister mit Gesellschaftsvertrag<br />
(mehrfach), Gründungsbeschluss, Nachweis<br />
über die Geschäftsfähigkeit <strong>der</strong> Gesellschafter<br />
(nur bei juristischen Personen), Nachweis<br />
über die E<strong>in</strong>zahlung des Beitrages zum Verbraucherfonds<br />
<strong>in</strong> Höhe von 1 % sowie des<br />
Pflichtbeitrages für die Wettbewerbsbehörde<br />
(0,04 %) auf e<strong>in</strong> Konto <strong>der</strong> Ziraat Bankasi,<br />
Gewerbebestätigung <strong>der</strong> örtlichen Geme<strong>in</strong>de,<br />
notariell beglaubigte Unterschriftenprobe;<br />
Antrag auf E<strong>in</strong>tragung <strong>und</strong> Bekanntmachung<br />
<strong>der</strong> Gründung im Handelsregisterblatt.<br />
Banken, Versicherungen <strong>und</strong> Leas<strong>in</strong>ggesellschaften<br />
können nicht als GmbH, son<strong>der</strong>n<br />
nur als AG gegründet werden.<br />
Ab 1.7.2012 benötigt die GmbH wie die AG<br />
e<strong>in</strong>e Revisionsstelle.<br />
Die Gesellschafter haften im Verhältnis ihrer<br />
Anteile für öffentliche For<strong>der</strong>ungen.<br />
Die Gesellschaft endet mit Zeitablauf (<strong>der</strong>zeit<br />
muss e<strong>in</strong>e bestimmte Dauer bestimmt<br />
werden, ab 1.7.2012 gilt dies nicht mehr),<br />
durch e<strong>in</strong>stimmigen Gesellschafterbeschluss,<br />
Gerichtsbeschluss o<strong>der</strong> Konkurs. Außer beim<br />
Konkurs kann <strong>der</strong> Geschäftsführer Liquidator<br />
se<strong>in</strong>.<br />
Aktiengesellschaft<br />
Die AG unterscheidet sich von <strong>der</strong> GmbH<br />
durch leichtere Anteilsübertragung, die Zahl<br />
<strong>der</strong> Gesellschafter, höhere Kapitalerfor<strong>der</strong>nisse<br />
<strong>und</strong> e<strong>in</strong> weiteres Organ, nämlich die<br />
Revisionsstelle.<br />
Ab dem 1.7.2012 wird sich allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>iges<br />
än<strong>der</strong>n. Denn dann unterscheidet das Gesetz<br />
nicht mehr zwischen E<strong>in</strong>heits‐ <strong>und</strong> Stufengründung,<br />
son<strong>der</strong>n zwischen nicht registriertem<br />
<strong>und</strong> registriertem Kapitalsystem. Beim<br />
nicht registrierten Kapitalsystem entsteht<br />
e<strong>in</strong>e „gewöhnliche“ Aktiengesellschaft, sie<br />
benötigt als Gr<strong>und</strong>kapital m<strong>in</strong>destens 50.000<br />
TL. Im „registrierten System“ kann die AG<br />
bei <strong>der</strong> Kapitalmarktaufsicht e<strong>in</strong>e Kapitalobergrenze<br />
e<strong>in</strong>tragen lassen, bis zu welcher<br />
<strong>der</strong> Vorstand die Kapitalerhöhung selbst<br />
vornehmen, also je<strong>der</strong>zeit auch Aktien ausgeben<br />
kann. Damit wird dem Bedürfnis entgegen<br />
gekommen, auch bei fehlen<strong>der</strong> Börsennotierung<br />
sich schnelles Kapital am Markt<br />
verschaffen zu können. Hier muss das<br />
Gr<strong>und</strong>kapital m<strong>in</strong>destens 100.000 TL betragen.<br />
Bei <strong>der</strong> Bargründung müssen 25% des Kapitals<br />
bei Gründung e<strong>in</strong>gezahlt werden, <strong>der</strong><br />
Rest <strong>in</strong>ner halb von 24 Monaten.<br />
Reduziert sich die Zahl <strong>der</strong> Aktionäre auf<br />
vier, muss liquidiert werden (entfällt ab<br />
1.7.2012).<br />
Rücklagenerfor<strong>der</strong>nisse s<strong>in</strong>d gesetzlich geregelt.<br />
E<strong>in</strong> Anteil hat e<strong>in</strong>en Wert von m<strong>in</strong>destens<br />
1 KR (= 0,01 TL).<br />
In <strong>der</strong> Satzung s<strong>in</strong>d Gesellschaftszweck, Sitz,<br />
Kapital, Anteils<strong>in</strong>haber <strong>und</strong> Anteileverhältnis,<br />
Regeln über die E<strong>in</strong>zahlung des Kapitals,<br />
Vorstand <strong>und</strong> Vertretungsverhältnisse, Revisionsstelle<br />
(nicht vergleichbar mit dem deutschen<br />
Aufsichtsrat!) <strong>und</strong> Gew<strong>in</strong>nverteilung.<br />
Oft wird e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Mustersatzung ausreichen.<br />
Im Vorstand, <strong>der</strong> aus m<strong>in</strong>destens drei Personen<br />
besteht (ab 1.7.2012 m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e<br />
Person), müssen Aktionäre (bei juristischen<br />
Personen <strong>der</strong>en Vertreter, ab 1.7.2012 auch<br />
die juristische Person selbst) sitzen. Weitere<br />
Vorstandsmitglie<strong>der</strong> können von außen bestellt<br />
werden. M<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> vertretungsbefugtes<br />
Vorstandsmitglied muss die türkische<br />
Staatsangehörigkeit besitzen, bei e<strong>in</strong>em<br />
mehrköpfigen Vorstand muss m<strong>in</strong>destens<br />
e<strong>in</strong> Viertel <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e abgeschlossene<br />
Hochschulausbildung haben.
4 – Gesellschaftsgründung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
Die Revisionsstelle besteht aus e<strong>in</strong>er bis fünf<br />
Personen <strong>und</strong> überwacht die Tätigkeit des<br />
Vorstandes <strong>in</strong> wirtschaftlicher H<strong>in</strong>sicht (Bilanzen).<br />
Sie hat ke<strong>in</strong>e Entscheidungsbefugnisse,<br />
son<strong>der</strong>n nur <strong>in</strong>direkte E<strong>in</strong>griffsmöglichkeiten<br />
(Antragsrechte bei Gericht).<br />
Die Satzung kann mit e<strong>in</strong>facher Mehrheit<br />
geän<strong>der</strong>t werden.<br />
Zu den Hauptversammlungen ist e<strong>in</strong> Regierungskommissar<br />
zu laden.<br />
Die Gründung läuft wie bei <strong>der</strong> GmbH ab.<br />
Für bestimmte Gesellschaftsformen am F<strong>in</strong>anzmarkt<br />
gelten beson<strong>der</strong>e Kapitalerfor<strong>der</strong>nisse<br />
<strong>und</strong> u.U. Beschränkungen für Auslän<strong>der</strong>.<br />
Die Publikumsgesellschaft ist geson<strong>der</strong>t<br />
geregelt, hier s<strong>in</strong>d Bestimmungen des<br />
Kapitalmarktgesetzes zu beachten. Ab e<strong>in</strong>em<br />
Stammkapital von 250.000 TL muss die<br />
AG e<strong>in</strong>en Vertrag mit e<strong>in</strong>em Firmenanwalt<br />
vorweisen.<br />
Die AG endet durch e<strong>in</strong>stimmigen Gesellschafterbeschluss,<br />
Gerichtsbeschluss o<strong>der</strong><br />
Konkurs.<br />
Steuerliche Fragen<br />
Die Körperschaftsteuer beträgt <strong>der</strong>zeit 20%<br />
des Gew<strong>in</strong>ns. Weitere Steuerarten, die Gesellschaften<br />
betreffen können, s<strong>in</strong>d die<br />
Gr<strong>und</strong>‐ <strong>und</strong> Immobiliensteuer, Stempelsteuer,<br />
Mehrwertsteuer, Anzeige‐ <strong>und</strong> Reklamesteuer,<br />
Abgaben auf Gesellschafterdarlehen,<br />
Umweltabgaben, Fondsabgaben. Zu achten<br />
ist auf Vorauszahlungsverpflichtungen bei<br />
<strong>der</strong> E<strong>in</strong>kommensteuer bzw. Körperschaftsteuer.<br />
E<strong>in</strong>e „Gewerbesteuer“ gibt es <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Türkei</strong> nicht.<br />
Der steuerrechtlich maßgebliche Gew<strong>in</strong>n<br />
wird nach Abzug aller dem Gesellschaftszweck<br />
entsprechenden Ausgaben ermittelt.<br />
Verzugsz<strong>in</strong>sen s<strong>in</strong>d nicht abzugsfähig.<br />
Gründungskosten<br />
Die Notarkosten betragen m<strong>in</strong>destens 1% des<br />
Gründungskapitals. Da es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel noch<br />
weitere Beglaubigungen o<strong>der</strong> Beurk<strong>und</strong>ungen<br />
durchzuführen gibt, können die<br />
Notarkosten jedoch nicht abschließend benannt<br />
werden. H<strong>in</strong>zu kommt e<strong>in</strong>e Abgabe an<br />
die Stadtverwaltung <strong>in</strong> Höhe von z.Zt. 50 TL<br />
zzgl. 1% des Kapitals, soweit es den Betrag<br />
von 2.000 TL überschreitet. Für die Bekanntmachung<br />
<strong>und</strong> E<strong>in</strong>tragung s<strong>in</strong>d noch<br />
e<strong>in</strong>mal r<strong>und</strong> Euro 500,00 zu veranschlagen.<br />
Mit wechselnden weiteren Abgaben ist zu<br />
rechnen. In <strong>der</strong> Regel fallen auch Beratungskosten<br />
<strong>und</strong> Übersetzungskosten an. Auch<br />
<strong>der</strong>en Höhe hängt stark vom E<strong>in</strong>zelfall ab.<br />
Beratungskosten können durch die neue<br />
Gesellschaft <strong>in</strong> angemessener Höhe übernommen<br />
werden.<br />
Nie<strong>der</strong>lassung <strong>und</strong> Verb<strong>in</strong>dungsbüro<br />
Die Nie<strong>der</strong>lassung e<strong>in</strong>er ausländischen Gesellschaft<br />
ist genehmigungspflichtig. Sie hat<br />
ke<strong>in</strong>e eigene Rechtspersönlichkeit, begründet<br />
aber e<strong>in</strong>en Gerichtsstand <strong>und</strong> zweiten<br />
Steuersitz. Auf <strong>Arbeit</strong>sverträge ist türkisches<br />
Recht anwendbar. Die Umwandlung <strong>der</strong><br />
Nie<strong>der</strong>lassung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Kapitalgesellschaft ist<br />
je<strong>der</strong>zeit möglich.<br />
Das Verb<strong>in</strong>dungsbüro ist ebenfalls genehmigungspflichtig.<br />
Angestellte e<strong>in</strong>es solchen<br />
Büros brauchen ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>kommen‐ o<strong>der</strong><br />
Lohnsteuer zu zahlen, allerd<strong>in</strong>gs stehen auch<br />
hier Än<strong>der</strong>ungen an. Das Büro darf nicht<br />
kaufmännisch tätig werden. In <strong>der</strong> Regel<br />
eignet sich e<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dungsbüro lediglich für<br />
Repräsentanz‐ <strong>und</strong> Market<strong>in</strong>gaufgaben.<br />
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© 2012
For<strong>der</strong>ungsbeitreibung ‐ 2<br />
E<strong>in</strong>leitung<br />
Die anwaltliche Aufgabe <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ungsbeitreibung<br />
stellt gerade im deutsch‐türkischen<br />
Rechtsverkehr e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
dar. Nicht nur die Entfernung, auch die<br />
an<strong>der</strong>e Sprache <strong>und</strong> die an<strong>der</strong>e Mentalität<br />
bilden Barrieren, die <strong>der</strong> gewitzte Schuldner<br />
gerne als Heimvorteil nutzt.<br />
Das türkische Gerichtssystem<br />
E<strong>in</strong>gangs<strong>in</strong>stanz ist <strong>in</strong> den typischen zivil‐ <strong>und</strong><br />
handelsrechtlichen Streitigkeiten die „Zivilkammer“<br />
(asliye hukuk/ticaret mahkemesi).<br />
Gegen Urteile dieser Kammern ist die Kassation<br />
(Revision) zum Kassationshof (Yargıtay)<br />
gegeben. Verweist dieser zurück <strong>und</strong> beharrt<br />
die Zivilkammer auf dem alten Urteil, kommt<br />
es erneut zu e<strong>in</strong>em Verfahren beim Kassationshof,<br />
diesmal dem „Großen Senat“. Danach<br />
kann das Urteil rechtskräftig werden.<br />
Die für den 1. April 2007 geplante E<strong>in</strong>führung<br />
von Regionalgerichten (bölge adliye<br />
mahkemeleri), die als Berufungs<strong>in</strong>stanz dienen<br />
sollen, konnte noch nicht umgesetzt<br />
werden. Fest steht allerd<strong>in</strong>gs schon heute,<br />
dass es neun Regionalgerichte <strong>in</strong> Izmir, Bursa,<br />
Adana, Istanbul, Samsun, Ankara, Konya,<br />
Erzurum <strong>und</strong> Diyabakır geben wird.<br />
Infolge <strong>der</strong> notorischen Überlastung türkischer<br />
Gerichte <strong>und</strong> e<strong>in</strong>es fehlenden Bewusstse<strong>in</strong>s<br />
für „Prozessökonomie“ dauern erst<strong>in</strong>stanzliche<br />
Verfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel deutlich<br />
länger als vergleichbare Verfahren <strong>in</strong><br />
Deutschland.<br />
Die Vollstreckung <strong>der</strong> Urteile erfolgt durch<br />
„Vollstreckungsämter“, die den Gerichten<br />
zugeordnet s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> Sachpfändung,<br />
Immobiliarpfändung, Zwangsversteigerung<br />
<strong>und</strong> For<strong>der</strong>ungspfändung (Bankkonten!).<br />
Die vorläufige Anspruchssicherung kann<br />
durch flankierende Maßnahmen – e<strong>in</strong>stweilige<br />
Verfügung (tedbir) o<strong>der</strong> Arrest (ihtiyati<br />
haciz) – betrieben werden.<br />
Oft wird sich die Vorschaltung e<strong>in</strong>es Mahn‐<br />
/Vollstreckungsverfahrens empfehlen, das<br />
ca. zwei Wochen dauert. Das <strong>in</strong>nerhalb von<br />
sieben Tagen ab Zustellung auszuübende<br />
Wi<strong>der</strong>spruchsrecht‐ welches auch für Auslän<strong>der</strong><br />
gilt‐ führt zur Überleitung <strong>in</strong>s ordentliche<br />
Gerichtsverfahren. Es kann im Idealfall<br />
<strong>und</strong> mit anwaltlichem Geschick zur Verurteilung<br />
des Wi<strong>der</strong>sprechenden zu e<strong>in</strong>er zusätzlichen<br />
Entschädigung führen. Kann allerd<strong>in</strong>gs<br />
e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutig die Schuld des Schuldners<br />
beweisende Urk<strong>und</strong>e vorgelegt werden, s<strong>in</strong>d<br />
die Wi<strong>der</strong>spruchsmöglichkeiten des Schuldners<br />
nur noch sehr eng begrenzt.<br />
Die erfolgreiche Vollstreckung türkischer<br />
Urteile <strong>in</strong> Deutschland setzt den Nachweis<br />
voraus, dass das Urteil ordnungsgemäß zustande<br />
gekommen <strong>und</strong> dem <strong>in</strong> Deutschland<br />
ansässigen Schuldner ausreichend Gelegenheit<br />
gegeben worden ist, sich zu verteidigen.<br />
Die Streitbeilegung ist nach türkischem<br />
Recht auch im Wege <strong>der</strong> Schiedsgerichtsbarkeit<br />
zulässig. E<strong>in</strong>zelheiten hierzu s<strong>in</strong>d<br />
jedoch e<strong>in</strong> geson<strong>der</strong>tes Thema.<br />
Die rechtliche Situation<br />
Von <strong>der</strong> rechtlichen Situation im E<strong>in</strong>zelfall<br />
hängen die Faktoren Zeit <strong>und</strong> Kosten sowie<br />
die Aussicht auf Erfolg ab, mit an<strong>der</strong>en Worten,<br />
das Kostenrisiko. Im Übrigen sieht <strong>der</strong><br />
Ablauf wie folgt aus:<br />
Hat <strong>der</strong> Gläubiger e<strong>in</strong>e For<strong>der</strong>ung, die we<strong>der</strong><br />
<strong>in</strong> Deutschland noch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> geltend<br />
gemacht worden ist, bedarf es zunächst <strong>der</strong><br />
Feststellung des <strong>Aufenthalt</strong>sorts des Schuldners,<br />
damit e<strong>in</strong>e Klage zugestellt werden<br />
kann. Ausnahmsweise ist auch die „öffentliche<br />
Zustellung“ möglich. Nach erfolgreicher<br />
Klageerhebung muss die beklagte Seite bestimmte<br />
E<strong>in</strong>reden sofort erheben (Unzuständigkeit,<br />
Verjährung u.a.). Im Zuge des<br />
Verfahrens kommt es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel zu mehreren<br />
Verhandlungen <strong>und</strong> zur Erhebung von<br />
Gutachten.
3 – For<strong>der</strong>ungsbeitreibung<br />
Ist das Urteil ergangen, wird es erst rechtskräftig,<br />
wenn entwe<strong>der</strong> die Revisionsfrist<br />
nicht e<strong>in</strong>gehalten wurde (zwei Wochen) o<strong>der</strong><br />
die Rechtsmittelverfahren abgeschlossen<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
Die Zwangsvollstreckung setzt die Zustellung<br />
<strong>und</strong> Bezahlung aller Gerichtsgebühren voraus,<br />
ohne die es ke<strong>in</strong> „ilam“ – ke<strong>in</strong>en vollstreckungsfähigen<br />
Titel gibt.<br />
Ist das Urteil im Ausland erlangt <strong>und</strong> dort<br />
auch rechtskräftig geworden, muss es <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Türkei</strong> noch e<strong>in</strong>mal für vollstreckbar erklärt<br />
werden. Das Verfahren hierfür ähnelt e<strong>in</strong>em<br />
ordentlichen Gerichtsverfahren, ist aber <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Regel unproblematisch ‐ vorausgesetzt,<br />
dass nachgewiesen werden kann, dass Klage<br />
<strong>und</strong> Urteil <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> ordnungsgemäß zugestellt<br />
worden waren.<br />
Der bloße deutsche „Vollstreckungsbescheid“<br />
ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> nicht vollstreckbar,<br />
son<strong>der</strong>n allenfalls „Beweismittel“.<br />
Bevor es jetzt <strong>in</strong> die Zwangsvollstreckung<br />
geht, sollte man auch schon <strong>in</strong> Erfahrung<br />
gebracht haben, wo es etwas zu holen gibt.<br />
Die tatsächliche Situation<br />
Der Schuldner <strong>und</strong> se<strong>in</strong> Vermögen lassen sich<br />
meist mit e<strong>in</strong>igen wirksamen Mitteln herausf<strong>in</strong>den.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs verfügt die <strong>Türkei</strong> zwar<br />
über e<strong>in</strong> Meldewesen, doch ist es <strong>der</strong>zeit nur<br />
bed<strong>in</strong>gt möglich, über schriftliche E<strong>in</strong>wohnermeldeanfragen<br />
den <strong>Aufenthalt</strong> des<br />
Schuldners zu ermitteln. Das Personenstandsregister,<br />
das für die Bestimmung des<br />
Gerichtsstandes auch die Vermutung für e<strong>in</strong>en<br />
Wohnsitz begründet, kann erster Anhaltspunkt<br />
se<strong>in</strong>. Wohnt <strong>der</strong> Schuldner nicht<br />
tatsächlich am Ort, den das Personenstandsregister<br />
ausweist, ist die Zustellung <strong>in</strong>dessen<br />
noch nicht gewährleistet. Denn es fehlt trotz<br />
<strong>der</strong> zentralistischen Verwaltungsstruktur des<br />
türkischen Staates noch an e<strong>in</strong>er vollständigen<br />
zentralen Erfassung <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wohnermeldedaten.<br />
Kennt man den Ort, so wird man<br />
über die lokalen Bürgermeisterämter auch<br />
die Wohnanschrift <strong>in</strong> Erfahrung br<strong>in</strong>gen können.<br />
Das Gr<strong>und</strong>buchwesen hat sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
zwar weitgehend, aber noch nicht vollständig<br />
durchgesetzt, weil noch nicht sämtlicher<br />
Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden katastriert ist. Auch gibt es<br />
noch ke<strong>in</strong>e zentrale Erfassung. Wo es sich –<br />
etwa im ländlichen Bereich – um e<strong>in</strong> nichtkatastriertes<br />
Gr<strong>und</strong>stück handelt, kann man<br />
beim Dorfbürgermeister nachfragen.<br />
Weitere Informationsquellen s<strong>in</strong>d die örtlichen<br />
Handelsregister, die Stadtverwaltungen<br />
<strong>und</strong> die Prozessregister <strong>der</strong> örtlichen<br />
Gerichte.<br />
Und wenn man über das Vermögen Informationen<br />
benötigt, dann s<strong>in</strong>d da noch die H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse<br />
wie Bankgeheimnis, Steuergeheimnis<br />
...<br />
Lösungswege<br />
Wer e<strong>in</strong>e For<strong>der</strong>ung beizutreiben hat, sollte<br />
• sich den Partner hierfür sorgfältig aussuchen<br />
• sich die rechtliche Situation überlegen<br />
• die tatsächliche Situation feststellen<br />
• <strong>und</strong> aus all dem den Lösungsweg anhand<br />
<strong>der</strong> Situation entwickeln<br />
In den letzten Jahren haben sich verschiedene<br />
Beratungsfirmen auf die Beschaffung <strong>der</strong><br />
erfor<strong>der</strong>lichen Informationen spezialisiert.<br />
Auch die RUMPF CONSULTING bietet solche<br />
Dienstleistungen an, wobei sie auf die Erfahrungen<br />
von RUMPF RECHTSANWÄLTE <strong>und</strong><br />
ihrer langjährigen türkischen Partner zurückgreift.<br />
Auch zukunftsorientierte Recherchen,<br />
etwa zur Bonität o<strong>der</strong> Zuverlässigkeit zukünftiger<br />
Geschäftspartner werden angeboten.<br />
Manchmal genügt aber auch e<strong>in</strong>fach die<br />
überraschende Ansprache durch e<strong>in</strong> Anwaltsbüro,<br />
die Zahlungsbereitschaft zu beflügeln.<br />
Auch <strong>der</strong> schnelle vorläufige Zugriff<br />
mit gerichtlicher Hilfe kann schon vor E<strong>in</strong>leitung<br />
des Hauptverfahrens Wirkung zeigen,
For<strong>der</strong>ungsbeitreibung ‐ 4<br />
abgesehen davon, dass man dann schon<br />
Zugriff auf vollstreckbares Vermögen hat.<br />
Zusammenarbeit mit Anwälten<br />
Es gibt <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> zahlreiche Anwaltskanzleien<br />
mit deutschen Sprachkenntnissen. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
müssen sich deutsche Mandanten<br />
darauf e<strong>in</strong>stellen, dass die <strong>Arbeit</strong>sweisen<br />
an<strong>der</strong>s als diejenigen e<strong>in</strong>er deutschen Anwaltskanzlei<br />
s<strong>in</strong>d. So <strong>in</strong>formieren türkische<br />
Anwaltskanzleien ihre Mandanten unaufgefor<strong>der</strong>t<br />
nur über beson<strong>der</strong>s wichtige Ereignisse.<br />
Türkische Wirtschaftskanzleien arbeiten<br />
nicht kostengünstiger als deutsche Wirtschaftskanzleien,<br />
eher im Gegenteil. Die gesetzliche<br />
Gebührenordnung ist <strong>in</strong>zwischen<br />
auf e<strong>in</strong>em Stand, <strong>der</strong> demjenigen <strong>der</strong> deutschen<br />
Gebührenordnung nicht nachsteht. Es<br />
macht daher S<strong>in</strong>n, sich möglichst genau zu<br />
<strong>in</strong>formieren, welche Kosten bis zum Ende <strong>der</strong><br />
Zwangsvollstreckung voraussichtlich anfallen,<br />
<strong>in</strong>wieweit auch bei Obsiegen die Erstattung<br />
durch den Gegner gewährleistet ist<br />
o<strong>der</strong> ob die Erstattung beim Anwalt verbleibt.<br />
Mehr als <strong>in</strong> Deutschland ist es üblich,<br />
Pauschalhonorare zu vere<strong>in</strong>baren, oft auch<br />
mit Erfolgsbeteiligung. Es sollte immer darauf<br />
geachtet werden, dass die Anwaltskosten<br />
brutto genannt werden, d.h. e<strong>in</strong>schließlich<br />
<strong>der</strong> türkischen Mehrwertsteuer <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
E<strong>in</strong>kommensteuer.<br />
Immer mehr deutsche Anwaltskanzleien<br />
werben mit „eigenen Büros“ <strong>in</strong> Istanbul.<br />
Welche Vorteile dies für die Mandanten<br />
br<strong>in</strong>gt, ist allerd<strong>in</strong>gs durchaus offen. Wettbewerbsvorteile<br />
haben solche Kanzleien, die<br />
nicht nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage s<strong>in</strong>d, mit ihren türkischen<br />
Partnern effizient zusammen zu arbeiten,<br />
son<strong>der</strong>n auch eigene Kompetenz am<br />
Hauptstandort vorhalten.<br />
es nicht. Denkbar s<strong>in</strong>d Pauschalvere<strong>in</strong>barungen<br />
o<strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>barungen nach Aufwand.<br />
Für die nächste Stufe ist bereits die Beauftragung<br />
e<strong>in</strong>er Rechtsanwaltskanzlei zu empfehlen.<br />
O<strong>der</strong> Sie beauftragen ganz e<strong>in</strong>fach<br />
RUMPF RECHTSANWÄLTE.<br />
Die relativ hohen Gerichtskosten (5,4%) <strong>und</strong><br />
Auslagen müssen seit dem 1.10.2011 im Voraus<br />
aufgebracht werden.<br />
Fazit<br />
Die <strong>Türkei</strong> ist e<strong>in</strong> schwieriges Land, wenn es<br />
um die erfolgreiche Beitreibung notleiden<strong>der</strong><br />
For<strong>der</strong>ungen geht. Erfolgreiche For<strong>der</strong>ungsbeitreibung<br />
ist jedoch möglich, wenn:<br />
• zum Schuldner <strong>und</strong> se<strong>in</strong>em Vermögen<br />
ausreichende Tatsachenfeststellungen<br />
getroffen <strong>und</strong> ggfs. Beweise<br />
gesichert werden<br />
• die rechtlichen Möglichkeiten für den<br />
schnellen Zugriff ausgeschöpft werden<br />
• die Zusammenarbeit mit dem richtigen<br />
Partner vor Ort sichergestellt<br />
werden kann.<br />
Kosten<br />
Die Kosten für die Informationsbeschaffung<br />
im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er effektiven Tatsachenermittlung<br />
(Schuldner, Vermögen) richten sich<br />
nach <strong>der</strong> Schwierigkeit im E<strong>in</strong>zelfall. Erfahrungswerte<br />
aus e<strong>in</strong>er verbreiteten Praxis gibt<br />
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Deutschland <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>
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© 2012
2 – Ausländische Investitionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
Wer s<strong>in</strong>d wir?<br />
RUMPF CONSULTING ist e<strong>in</strong>e Beratungsgesellschaft<br />
<strong>in</strong> Istanbul, die sich auf die Beratung vor<br />
allem von ausländischen Unternehmen spezialisiert<br />
hat, die <strong>in</strong> den türkischen Markt e<strong>in</strong>steigen.<br />
Wir gehören zum Netzwerk <strong>der</strong> RUMPF<br />
RECHTSANWÄLTE <strong>in</strong> Stuttgart, s<strong>in</strong>d jedoch e<strong>in</strong><br />
rechtlich unabhängiges Unternehmen, das unter<br />
strikter Beachtung gesetzlicher Vorgaben<br />
ke<strong>in</strong>e Rechts‐ <strong>und</strong> Steuerberatung betreibt,<br />
son<strong>der</strong>n dies den türkischen Anwaltskanzleien<br />
überlässt, mit denen RUMPF RECHTSANWÄLTE<br />
auf das Engste zusammenarbeitet.<br />
E<strong>in</strong>führung<br />
Die Maßnahmen zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Investitionen<br />
sollen <strong>Arbeit</strong>splätze schaffen, Devisen e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen,<br />
<strong>der</strong> Verr<strong>in</strong>gerung <strong>der</strong> regionalen Entwicklungsunterschiede<br />
dienen, <strong>in</strong>s Land neue<br />
Technologie mitbr<strong>in</strong>gen, die Wettbewerbsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> türkischen Volkswirtschaft auf den<br />
<strong>in</strong>ternationalen Märkten verstärken. Diesem<br />
Ziel dienen auch die privilegierten Standorte<br />
wie Industriezonen, organisierte Industriezonen<br />
<strong>und</strong> kle<strong>in</strong>e Industriezonen. Solche Maßnahmen<br />
gelten für alle Investoren. E<strong>in</strong>e spezielle<br />
För<strong>der</strong>ung für ausländische Investoren gibt<br />
es nicht. Vielmehr geht es bei <strong>der</strong> türkischen<br />
Gesetzgebung über die ausländischen Investitionen<br />
nur darum, H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse gegenüber Auslän<strong>der</strong>n<br />
abzubauen.<br />
Gleichbehandlung ausländischer <strong>und</strong> türkischer<br />
Investoren<br />
Seit den Reformen 2003 gilt für Investitionen<br />
<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Gleichstellung von In‐ <strong>und</strong><br />
Auslän<strong>der</strong>n. Auslän<strong>der</strong> müssen <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
nicht mehr den bis dah<strong>in</strong> erfor<strong>der</strong>lichen M<strong>in</strong>destkapitale<strong>in</strong>satz<br />
von 50.000,00 US‐Dollar bei<br />
Gründung e<strong>in</strong>er Nie<strong>der</strong>lassung erbr<strong>in</strong>gen. Die<br />
Gesellschaften <strong>und</strong> Nie<strong>der</strong>lassungen, die aufgr<strong>und</strong><br />
e<strong>in</strong>er Genehmigung im Rahmen des Gesetzes<br />
zur För<strong>der</strong>ung ausländischen Kapitals<br />
<strong>und</strong> gemäß Bestimmungen des türkischen<br />
Handelsgesetzes gegründet worden s<strong>in</strong>d, gelten<br />
als türkische Gesellschaften <strong>und</strong> Nie<strong>der</strong>lassungen.<br />
Die Gesellschaften <strong>und</strong> Nie<strong>der</strong>lassungen,<br />
die ausländischen Investoren gehören,<br />
können von den För<strong>der</strong>maßnahmen wie die<br />
den türkischen Staatsbürgern gehörenden Gesellschaften<br />
profitieren. E<strong>in</strong>e echte Gleichberechtigung,<br />
wie oft behauptet, bedeutet dies<br />
aber dennoch nicht. Denn <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit erfor<strong>der</strong>liche<br />
Zwischenschritt zu diesen Privilegien ist<br />
immer noch die Gründung e<strong>in</strong>er türkischen Kapitalgesellschaft.<br />
Dies entspricht zwar durchaus<br />
<strong>in</strong>ternationalen Standards, aber nicht denjenigen<br />
Standards, die <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> EU unter<br />
den EU‐Mitglie<strong>der</strong>n gelten.<br />
Die Genehmigungserfor<strong>der</strong>nisse, soweit sie nur<br />
für Auslän<strong>der</strong> vorgesehen waren, s<strong>in</strong>d stark reduziert<br />
worden. Es gibt sie praktisch nur noch<br />
für die Nie<strong>der</strong>lassung <strong>und</strong> das Verb<strong>in</strong>dungsbüro.<br />
Die <strong>Türkei</strong> hat mit verschiedenen Län<strong>der</strong>n Investitionsschutzabkommen<br />
geschlossen (e<strong>in</strong>zelne<br />
Beispiele siehe WWW.TUERKEI‐RECHT.DE, Unterpunkt<br />
„Wirtschaftsrecht“). Das Investitionsschutzabkommen<br />
mit Deutschland stammt aus<br />
dem Jahre 1962 <strong>und</strong> gehört somit e<strong>in</strong>er frühen<br />
Generation solcher Abkommen an. Der Nachteil<br />
dieses Abkommens ist, dass <strong>der</strong> spezielle<br />
Rechtsschutz, den solche Abkommen durch<br />
den Verweis auf den Rechtsweg zur ICSID (International<br />
Centre for Settlement of Investment<br />
Disputes, die Schieds<strong>in</strong>stitution <strong>der</strong><br />
Weltbank) gewähren, noch verwässert ist, weil<br />
das Beschreiten dieses <strong>in</strong>ternationalen<br />
Rechtswegs die Mithilfe des eigenen Staates<br />
erfor<strong>der</strong>t. In späteren Abkommen, etwa mit<br />
<strong>der</strong> Schweiz (1988) <strong>und</strong> Österreich (1991), können<br />
ausländische Investoren diesen Weg ohne<br />
Mitwirkung ihres Heimatstaates <strong>und</strong> ohne Zustimmung<br />
des angegriffenen Staates beschreiten,<br />
vorausgesetzt, es liegt noch ke<strong>in</strong> rechtskräftiges<br />
Urteil im betreffenden Staat vor.<br />
För<strong>der</strong>ung durch den türkischen Staat<br />
Soweit Auslän<strong>der</strong> als solche von För<strong>der</strong>maßnahmen<br />
profitieren wollen, müssen sie sich an<br />
die Generaldirektion für ausländische Investitionen<br />
wenden. Erwartet wird dabei <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />
die Gründung e<strong>in</strong>er Nie<strong>der</strong>lassung o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Kapitalgesellschaft. Die Generaldirektion stellt
e<strong>in</strong>e „För<strong>der</strong>urk<strong>und</strong>e“ aus, die allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>en<br />
Anspruch auf e<strong>in</strong>e bestimmte För<strong>der</strong>ung<br />
gewährt. Vor allem mit Gründung <strong>der</strong> Kapitalgesellschaft<br />
eröffnen sich ohneh<strong>in</strong> dieselben<br />
Möglichkeiten wir für Unternehmen mit türkischem<br />
Kapital.<br />
Standort<br />
För<strong>der</strong>maßnahmen werden je nach Region,<br />
d.h. abhängig davon, ob es sich um e<strong>in</strong>e normale,<br />
entwickelte o<strong>der</strong> Prioritäts‐Region handelt,<br />
unterschiedlich durchgeführt. Die E<strong>in</strong>zelheiten<br />
<strong>der</strong> För<strong>der</strong>ungsmaßnahmen s<strong>in</strong>d mit <strong>der</strong> Generaldirektion<br />
für ausländisches Kapital abzustimmen<br />
<strong>und</strong> bestehen nicht <strong>in</strong> Subventionen,<br />
son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Vergünstigungen bei <strong>der</strong> Besteuerung<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Bereitstellung von Infrastruktur,<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Gebieten sogar von kostenlosem<br />
Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden.<br />
Beson<strong>der</strong>s wichtige Sektoren<br />
Die Sektoren, die für die Investitionsför<strong>der</strong>ung<br />
Priorität haben, gelten als beson<strong>der</strong>s wichtige<br />
Sektoren. Hierzu gehören etwa bestimmte<br />
Dienstleistungen wie etwa für die Investitionen<br />
<strong>in</strong> Ausbildung, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Tourismus,<br />
Schiffs‐ <strong>und</strong> Jachtbau (Werften), Stromproduktion<br />
(e<strong>in</strong>schließlich Selbstversorger mit Netze<strong>in</strong>speisung),<br />
Infrastruktur, BO‐ o<strong>der</strong> BOT‐<br />
Projekte, Forschung <strong>und</strong> Entwicklung, Umweltschutz,<br />
neue Technologien, <strong>in</strong>novative Verfahren<br />
zur Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>und</strong> Qualitätsverbesserung<br />
sowie Großprojekte mit e<strong>in</strong>em Gesamtwert<br />
von mehr als 50 Mio US‐Dollar.<br />
Das geme<strong>in</strong>same Ziel solcher För<strong>der</strong>maßnahmen<br />
s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Technologietransfer, hohe Wertschöpfung,<br />
Exportför<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>sbeschaffung.<br />
För<strong>der</strong>ung durch die EU<br />
In den letzten Jahren hat die EU für die <strong>Türkei</strong><br />
För<strong>der</strong>mittel <strong>in</strong> erheblicher Höhe bereitgestellt.<br />
Die Beitrittspartnerschaft 2003 sieht F<strong>in</strong>anzhilfen<br />
<strong>in</strong> Höhe von 250 Mio. EUR (für 2004), 300<br />
Mio EUR (für 2005) <strong>und</strong> 500 Mio EUR (für<br />
2006) vor. Die <strong>Türkei</strong> kann ferner auf Darlehen<br />
aus Mitteln <strong>der</strong> Europäischen Investitionsbank<br />
(EIB) zugreifen. Inzwischen wird die <strong>Türkei</strong>,<br />
3 – Ausländische Investitionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
genauso wie an<strong>der</strong>e Beitrittslän<strong>der</strong>/potenzielle<br />
Beitrittslän<strong>der</strong>, aus Mitteln <strong>der</strong> neu geschaffenen<br />
Heranführungshilfe „IPA“ (Instrument for<br />
Pre‐Accession) unterstützt, die die Instrumente<br />
PHARE, ISPA, SAPARD <strong>und</strong> CARDS sowie weitere<br />
Verordnungen ersetzt. Die Kommission<br />
hat vorgeschlagen, <strong>in</strong> den Jahren 2007 bis 2013<br />
etwa 1 Mrd EUR jährlich zugunsten <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
zu budgetieren. Alle<strong>in</strong> die IPA hat bis 2013 e<strong>in</strong><br />
steigendes Budget auf über 700 Mio Euro vorgesehen.<br />
In diesem Rahmen för<strong>der</strong>t auch die EU <strong>in</strong> verschiedenen<br />
Programmen unternehmerisches<br />
Engagement <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>. Da e<strong>in</strong>e Vielzahl solcher<br />
Programme besteht, können diese nicht<br />
e<strong>in</strong>zeln aufgeführt werden. Teilweise beschränkt<br />
sich die För<strong>der</strong>ung auf KMUs (türk.<br />
KOBI), manche s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Forschung <strong>und</strong> Innovation<br />
vorbehalten, an<strong>der</strong>e wie<strong>der</strong>um zielen auf<br />
die För<strong>der</strong>ung struktureller Maßnahmen ab.<br />
Den verschiedenen För<strong>der</strong>ungszwecken <strong>und</strong> ‐<br />
höhen entsprechend werden diese auch durch<br />
unterschiedliche Stellen genehmigt. Nur beispielhaft<br />
seien hier die Europäische Investitionsbank<br />
o<strong>der</strong> die deutsche Kreditanstalt für<br />
Wie<strong>der</strong>aufbau (KfW) genannt. Teilweise erfolgt<br />
die Bewilligung <strong>und</strong> Auszahlung von För<strong>der</strong>mitteln<br />
auch durch türkische Banken.<br />
Die För<strong>der</strong>ungen erfolgen zumeist durch z<strong>in</strong>sgünstige,<br />
langfristige Kredite. Teilweise erfolgen<br />
auch För<strong>der</strong>ungen durch die europäische<br />
Kommission <strong>in</strong> Form von nicht rückzahlbaren<br />
F<strong>in</strong>anzhilfen.<br />
Sonstige För<strong>der</strong>ungen<br />
Unter sonstige För<strong>der</strong>ungen fallen solche<br />
Maßnahmen, von denen ausländische Investoren<br />
<strong>in</strong>direkt profitieren. Zahlreiche Projekte<br />
zum Ausbau <strong>der</strong> Infrastruktur – Verkehr, Energie<br />
<strong>und</strong> öffentliches Bauwesen – werden von<br />
<strong>in</strong>ternationalen Organisationen o<strong>der</strong> Banken<br />
geför<strong>der</strong>t, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Weltbank <strong>und</strong><br />
dem Internationalen Währungsfonds. Die geför<strong>der</strong>ten<br />
Projekte werden öffentlich ausgeschrieben<br />
<strong>und</strong> haben den Vorteil e<strong>in</strong>er verbesserten<br />
F<strong>in</strong>anzierungssicherheit.
4 – Ausländische Investitionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
„Hermes“<br />
Bei den Exportversicherungen handelt es sich<br />
zwar nicht um För<strong>der</strong>ungen im S<strong>in</strong>ne von Beihilfen<br />
o<strong>der</strong> struktureller Unterstützung, doch<br />
ist die Rolle solcher Versicherungen wie Euler<br />
Hermes o<strong>der</strong> Coface nicht zu unterschätzen.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich geht es hier um die Versicherung<br />
von Warenexporten. Diese Versicherungen lassen<br />
sich auch bei Projekten e<strong>in</strong>schalten, <strong>in</strong> denen<br />
die Warenlieferung nur e<strong>in</strong> Teilaspekt des<br />
ganzen Projekts ist, wie etwa bei größeren<br />
Bauvorhaben.<br />
Markte<strong>in</strong>tritt<br />
Wer <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> <strong>in</strong>vestiert, wird sich nicht<br />
damit begnügen wollen, e<strong>in</strong>fach nur das für die<br />
Investition benötigte Kapital <strong>in</strong> die <strong>Türkei</strong> zu<br />
überweisen. Statt dessen wird er nach e<strong>in</strong>er<br />
rechtssicheren Form suchen, die e<strong>in</strong> festes<br />
Standbe<strong>in</strong> gewährleistet <strong>und</strong> steuerlich sauber<br />
konstruiert ist.<br />
Ist das Projekt längerfristig angelegt, bietet<br />
sich die Errichtung e<strong>in</strong>er Nie<strong>der</strong>lassung an, wobei<br />
dieser Begriff zunächst untechnisch zu sehen<br />
ist. Denn es gibt hier verschiedene Varianten.<br />
Die e<strong>in</strong>fachste Variante ist das Verb<strong>in</strong>dungsbüro.<br />
Es ist genehmigungspflichtig, hat e<strong>in</strong>ige<br />
Steuervorteile (z.B. ke<strong>in</strong>e Lohnsteuer für die<br />
<strong>Arbeit</strong>nehmer), kann aber auch ke<strong>in</strong>e eigenen<br />
Geschäfte machen. Es macht nur dann S<strong>in</strong>n,<br />
wenn es um e<strong>in</strong>e Repräsentanz geht.<br />
Die nächste Variante ist die unselbstständige<br />
Nie<strong>der</strong>lassung, die ebenfalls genehmigungspflichtig<br />
ist. Mit ihr schafft man sich e<strong>in</strong>e Betriebsstätte<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>, die bereits selbst Geschäfte<br />
machen kann bis h<strong>in</strong> zur Produktion,<br />
aber e<strong>in</strong>en Steuersitz begründet. Der Nachteil<br />
besteht dar<strong>in</strong>, dass diese Nie<strong>der</strong>lassung sowohl<br />
aus <strong>der</strong> Sicht des deutschen F<strong>in</strong>anzamts als<br />
auch aus <strong>der</strong> Sicht des türkischen F<strong>in</strong>anzamts<br />
steuerbar ist.<br />
Die meist beste Variante ist die <strong>der</strong> Gründung<br />
e<strong>in</strong>er Handelsgesellschaft. Da Personengesellschaften<br />
eher e<strong>in</strong>mal auf berufsrechtliche<br />
Probleme stoßen können, ist für Auslän<strong>der</strong> die<br />
Kapitalgesellschaft <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> GmbH o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
AG die am besten geeignete Form (siehe dazu<br />
die Broschüre „Gesellschaftsgründung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Türkei</strong>“ von Rumpf Rechtsanwälte). E<strong>in</strong>e Handelsgesellschaft<br />
benötigt e<strong>in</strong>en festen Sitz,<br />
wobei auch konkret existierende Geschäftsräume<br />
nachzuweisen s<strong>in</strong>d. Je<strong>der</strong> Beteiligte erhält<br />
e<strong>in</strong>e eigene Steuernummer – kurzum, mit<br />
<strong>der</strong> Kapitalgesellschaft steht man mit beiden<br />
Be<strong>in</strong>en im türkischen Markt.<br />
Für kurzfristige Projekte gibt es das Konstrukt<br />
<strong>der</strong> „ARGE“. Dabei handelt es sich um e<strong>in</strong>en Zusammenschluss<br />
mehrerer Unternehmen zur<br />
Verfolgung e<strong>in</strong>es bestimmten, befristeten<br />
Zwecks. Rechtlich entspricht dies e<strong>in</strong>er „BGB‐<br />
Gesellschaft“ o<strong>der</strong> – <strong>in</strong> <strong>der</strong> türkischen Term<strong>in</strong>ologie<br />
– „E<strong>in</strong>fachen Gesellschaft“. Steuerbar<br />
wird die Arge nur dann, wenn die Gesellschafter<br />
dies ausdrücklich optieren, an<strong>der</strong>nfalls<br />
bleibt je<strong>der</strong> Beteiligte <strong>in</strong>dividuell steuerbar.<br />
Dabei geht das Steuerrecht naturgemäß davon<br />
aus, dass die ARGE ke<strong>in</strong>e eigenen Gew<strong>in</strong>ne<br />
macht, son<strong>der</strong>n die Erlöse nach Abzug <strong>der</strong> Kosten<br />
<strong>in</strong> vollem Umfang auf die Beteiligten umgelegt<br />
werden.<br />
E<strong>in</strong>e „schwache“ Variante des Markte<strong>in</strong>tritts<br />
schließlich ist die nicht genehmigungspflichtige<br />
Repräsentanz durch e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelperson o<strong>der</strong> e<strong>in</strong><br />
Unternehmen, also e<strong>in</strong>e Art Market<strong>in</strong>gpartnerschaft.<br />
Ferner können dauerhafte Lieferbeziehungen,<br />
Lohnfertigungsvere<strong>in</strong>barungen o<strong>der</strong><br />
Handelsvertreterverhältnisse Mittel <strong>der</strong><br />
Marktbearbeitung se<strong>in</strong> (vgl. die Broschüren<br />
zum „Handelsvertreter“ <strong>und</strong> „Kaufen <strong>und</strong> Verkaufen“<br />
von Rumpf Rechtsanwälte).<br />
Wie können wir Ihnen helfen?<br />
Rumpf Consult<strong>in</strong>g unterstützt sie <strong>in</strong> allen Belangen<br />
beim E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> den türkischen Markt.<br />
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Zwangsvollstreckung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
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© 2012
2 – Zwangsvollstreckung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
E<strong>in</strong>führung<br />
Was hilft <strong>der</strong> gewonnene Prozess, wenn<br />
nachher <strong>der</strong> tatsächliche Erfolg ausbleibt?<br />
Ohne effektive Zwangsvollstreckung <strong>und</strong><br />
ggfs. Sicherungsmaßnahmen im Vorfeld e<strong>in</strong>es<br />
Prozesses bleiben schnell e<strong>in</strong>mal die<br />
Früchte e<strong>in</strong>es noch so ruhmreichen <strong>und</strong> teuer<br />
bezahlten Sieges aus. Insoweit gilt <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Türkei</strong> nichts an<strong>der</strong>es als <strong>in</strong> Deutschland. Und<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat stellt das türkische<br />
Zwangsvollstreckungssystem, das wie an<strong>der</strong>e<br />
Rechtsvorschriften aus dem Privatrecht<br />
<strong>und</strong> dem Zivilverfahrensrecht auf e<strong>in</strong>er<br />
Übernahme schweizerischer Gesetzesbestimmungen<br />
beruht, zusammen mit den<br />
Möglichkeiten e<strong>in</strong>stweiligen Rechtsschutzes<br />
durchaus e<strong>in</strong> geeignetes Mittel dar, auch<br />
tatsächlich zum Erfolg zu kommen – vorausgesetzt,<br />
man weiß, ob <strong>und</strong> wo man auf die<br />
Reichtümer des säumigen Schuldners zugreifen<br />
kann. Dies wie<strong>der</strong>um ist e<strong>in</strong> eigenes,<br />
praktisch relevantes Thema.<br />
Gerichte <strong>und</strong> Vollstreckungsbehörden<br />
Das türkische Gerichtssystem ist zweistufig<br />
(Tatsachen<strong>in</strong>stanz <strong>und</strong> Revisions<strong>in</strong>stanz).<br />
Seit 1.4.2007 sollte es auch e<strong>in</strong>e Berufungs<strong>in</strong>stanz<br />
geben, diese haben jedoch bisher<br />
(Stand 1.11.2011) ihre Tätigkeit noch nicht<br />
aufgenommen.<br />
Sowohl vor‐ wie auch nachgeschaltet s<strong>in</strong>d<br />
die Vollstreckungsorgane, die räumlich bei<br />
den Gerichten angesiedelt s<strong>in</strong>d. Das „Vollstreckungsamt“,<br />
das auch schon e<strong>in</strong>mal aus<br />
<strong>der</strong> Geschäftsstelle e<strong>in</strong>es Gerichts bestehen<br />
kann, ist für die Durchführung des Mahn‐ <strong>und</strong><br />
Vollstreckungsverfahrens <strong>und</strong> <strong>der</strong> ZV‐<br />
Maßnahmen zuständig.<br />
Beschwerden gegen solche Maßnahmen<br />
gehen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel an das Vollstreckungsgericht,<br />
das auch für die gerichtlichen Verfahren<br />
auf Herausgabe von Pfandgut o<strong>der</strong> Gegenständen<br />
aus <strong>der</strong> Konkursmasse sowie für<br />
die Verfolgung von Verstößen gegen das<br />
Vollstreckungsstrafrecht zuständig ist.<br />
Zustellung<br />
Die Zustellung von Schriftstücken von Behörden<br />
<strong>und</strong> Gerichten kann im Postwege,<br />
durch Gerichtsbeamte o<strong>der</strong> durch Beamte<br />
<strong>der</strong> Vollstreckungsämter erfolgen. Im<br />
deutsch‐türkischen Rechtsverkehr gelten für<br />
die grenzüberschreitende Zustellung vor<br />
allem das Haager Übere<strong>in</strong>kommen über die<br />
Zustellung gerichtlicher <strong>und</strong> außergerichtlicher<br />
Schriftstücke im Ausland <strong>und</strong> das<br />
Deutsch‐türkische Nie<strong>der</strong>lassungsabkommen<br />
aus dem Jahre 1929. Die Auslandszustellung<br />
ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis nach wie vor zeitaufwendig.<br />
Fristen<br />
Wer das Schriftstück e<strong>in</strong>er türkischen Vollstreckungsbehörde<br />
– dazu gehört auch <strong>der</strong><br />
Zahlungsbefehl im Mahn‐ <strong>und</strong> Vollstreckungsverfahren<br />
– zugestellt erhält, muss<br />
<strong>in</strong>nerhalb von sieben Tagen nach Zustellung<br />
reagieren. Dies ist die durch das Gesetz<br />
überwiegend vorgesehene Rechtsmittelfrist.<br />
Wer sie nicht e<strong>in</strong>hält, verliert das Rechtsmittel.<br />
Ob die Zustellung im Inland o<strong>der</strong> im Ausland<br />
erfolgt, spielt dabei ke<strong>in</strong>e Rolle, so dass<br />
es für ausländische Schuldner schwierig se<strong>in</strong><br />
kann, rechtzeitig zu reagieren. Fast unbekannt<br />
ist die Möglichkeit, beim örtlichen Generalkonsulat<br />
fristwahrende Rechtsmittel<br />
anzubr<strong>in</strong>gen.<br />
Mahn‐ <strong>und</strong> Vollstreckungsverfahren<br />
Beim Mahn‐ <strong>und</strong> Vollstreckungsverfahren<br />
handelt es sich um e<strong>in</strong> summarisches Verfahren,<br />
das zunächst e<strong>in</strong>mal das ordentliche
Zwangsvollstreckung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> ‐ 3<br />
Gerichtsverfahren ersetzt. Insofern ist <strong>der</strong><br />
am Ende dieses Verfahrens stehende Zahlungsbefehl<br />
mit dem deutschen Vollstreckungsbescheid<br />
vergleichbar. Als Vorstufe<br />
denkbar, aber nicht zw<strong>in</strong>gend erfor<strong>der</strong>lich ist<br />
das notarielle Mahnverfahren. Legt <strong>der</strong><br />
Schuldner nicht <strong>in</strong>nerhalb von sieben Tagen<br />
E<strong>in</strong>spruch gegen den Zahlungsbefehl e<strong>in</strong>,<br />
wird dieser rechtskräftig. Er hat auf Verlangen,<br />
wenn er nicht zahlt, se<strong>in</strong> Vermögen offen<br />
zu legen. Tut er dies nicht o<strong>der</strong> nur unvollständig,<br />
kann gegen ihn e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gfügige<br />
Gefängnisstrafe verhängt werden. Der<br />
E<strong>in</strong>spruch führt zur E<strong>in</strong>stellung <strong>der</strong> Zwangsvollstreckung<br />
<strong>und</strong> mündet <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>en ordentlichen Zivilprozess. Allerd<strong>in</strong>gs ist<br />
die Erhebung des E<strong>in</strong>spruchs nicht ganz ungefährlich.<br />
Stellt sich nämlich am Ende des<br />
ordentlichen Prozesses heraus, dass er vollkommen<br />
unbegründet war, verurteilt das<br />
Gericht den Schuldner auf Antrag zur Zahlung<br />
e<strong>in</strong>er Entschädigung von m<strong>in</strong>destens<br />
40% des Gegenstandswertes. Die gleiche<br />
Gefahr droht dem Gläubiger, wenn sich dessen<br />
Anspruch als vollständig ungerechtfertigt<br />
herausstellt. Der Nachweis e<strong>in</strong>es Schadens<br />
ist hierzu nicht erfor<strong>der</strong>lich. Für bestimmte<br />
Gegenstände (z.B. Mietsachen) gelten<br />
Son<strong>der</strong>bestimmungen.<br />
Vollstreckung aus Urteilen<br />
<strong>und</strong> Urk<strong>und</strong>en<br />
Vollstreckt werden kann aus Gerichtsurteilen<br />
<strong>und</strong> Schiedssprüchen. Letztere s<strong>in</strong>d, wenn<br />
sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> gefällt werden, mit e<strong>in</strong>er<br />
gerichtlichen Vollstreckungsklausel zu versehen.<br />
Kommen Urteile o<strong>der</strong> Schiedssprüche<br />
aus dem Ausland, müssen sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gerichtsverfahren<br />
für vollstreckbar erklärt werden.<br />
Die türkischen Gerichte dürfen <strong>in</strong> diesem<br />
Fall aber die ausländischen Sprüche<br />
nicht mehr <strong>in</strong>haltlich, son<strong>der</strong>n nur auf die<br />
E<strong>in</strong>haltung wesentlicher Formen überprüfen,<br />
so dass es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis nur selten zu Problemen<br />
kommt. Auch ausländische Versäumnisurteile<br />
können für vollstreckbar erklärt werden,<br />
sofern im ausländischen Verfahren dem<br />
Beklagten ausreichend Gelegenheit gegeben<br />
wurde, sich zu verteidigen.<br />
Vollstreckt werden kann auch – ohne vorheriges<br />
Gerichtsverfahren – aus bestimmten<br />
Urk<strong>und</strong>en (Beispiel: das bed<strong>in</strong>gungslose notarielle<br />
Schuldanerkenntnis). Soweit e<strong>in</strong> Urteil<br />
noch nicht rechtskräftig ist, ist es vorläufig<br />
vollstreckbar. Dies gilt nicht für Urteile <strong>in</strong><br />
Gr<strong>und</strong>stückssachen <strong>und</strong> <strong>in</strong> Familien‐ bzw.<br />
Personenstandssachen sowie Schiedssprüche<br />
<strong>und</strong> Beschlüsse zur Vollstreckbarerklärung<br />
ausländischer Urteile.<br />
Wer den Schuldner o<strong>der</strong> se<strong>in</strong> Vermögen <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> vermutet, sollte sich nicht mit<br />
e<strong>in</strong>em Vollstreckungsbescheid begnügen,<br />
son<strong>der</strong>n se<strong>in</strong>e For<strong>der</strong>ung im ordentlichen<br />
Gerichtsverfahren verfolgen. Denn <strong>der</strong> deutsche<br />
Vollstreckungsbescheid ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
nicht vollstreckungsfähig.<br />
Pfändung<br />
Die Pfändung erfolgt auf Antrag <strong>und</strong> dient<br />
<strong>der</strong> Vollstreckung von Geldfor<strong>der</strong>ungen, die<br />
durch Pfändung <strong>und</strong> Verwertung von Vermögensgegenständen<br />
des Vollstreckungsschuldners<br />
beigetrieben werden. Die Pfändung<br />
von Gr<strong>und</strong>stücken erfolgt durch Anzeige<br />
an das Gr<strong>und</strong>buchamt, das e<strong>in</strong>en Pfändungsvermerk<br />
e<strong>in</strong>trägt, <strong>der</strong> die Wirkung e<strong>in</strong>er<br />
For<strong>der</strong>ungsabtretung hat. Pfändbar s<strong>in</strong>d<br />
auch Geschäftsanteile an Kapitalgesellschaften<br />
<strong>und</strong> Bankkonten sowie – bis zu e<strong>in</strong>er<br />
bestimmten Grenze – Lohn <strong>und</strong> Gehalt. Nicht<br />
pfändbar s<strong>in</strong>d Gegenstände o<strong>der</strong> For<strong>der</strong>ungen,<br />
für die auch sonst das Gesetz die Übertragung<br />
auf an<strong>der</strong>e untersagt, z.B. Schmerzensgeldansprüche..
4 – Zwangsvollstreckung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
Rechte Dritter<br />
Das stärkere Recht e<strong>in</strong>es Dritten an e<strong>in</strong>em<br />
<strong>der</strong> Zwangsvollstreckung unterliegenden<br />
Gegenstand wird durch Klagemöglichkeiten<br />
des Betroffenen geschützt, z.B. durch die<br />
<strong>in</strong>nerhalb von sieben Tagen nach Kenntnis<br />
<strong>der</strong> Pfändung zu erhebende<br />
Herausgabeklage. Will <strong>der</strong> Dritte die Unterbrechung<br />
<strong>der</strong> Zwangsvollstreckung, so hat er<br />
bis zum rechtskräftigen Abschluss <strong>der</strong><br />
Herausgabeklage Sicherheit zu leisten.<br />
Ende <strong>der</strong> Zwangsvollstreckung<br />
Die Zwangsvollstreckung endet durch Zahlung,<br />
sei es durch „freiwillige“ Leistung des<br />
Schuldners, sei es nach Verwertung von<br />
Pfandgut, die durch Verkauf o<strong>der</strong> Zwangsversteigerung<br />
erfolgen kann. Bei Vere<strong>in</strong>barung<br />
von Ratenzahlungen o<strong>der</strong> St<strong>und</strong>ungen<br />
gelten beson<strong>der</strong>e Vorschriften.<br />
Zwangsversteigerung<br />
Die Zwangsversteigerung ist das letzte Mittel,<br />
um Ansprüche im Vollstreckungswege<br />
durchzusetzen. Sie folgt e<strong>in</strong>em förmlichen<br />
Verfahren, das rechtsmittelfähig ist, so dass<br />
es vor allem bei Zwangsversteigerungen von<br />
Gr<strong>und</strong>stücken mit Auslän<strong>der</strong>beteiligung zu<br />
zahlreichen Verzögerungen kommen kann,<br />
wenn die Vollstreckungsbehörden etwa die<br />
verschiedenen Beschränkungen beim Gr<strong>und</strong>stückserwerb<br />
durch Auslän<strong>der</strong> nicht ausreichend<br />
beachten. Die Zwangsversteigerung<br />
erfolgt zunächst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Term<strong>in</strong>, <strong>in</strong><br />
dem m<strong>in</strong>destens 60% des durch e<strong>in</strong>en amtlich<br />
bestellten Gutachter festgestellten Wertes<br />
erzielt werden müssen. Gel<strong>in</strong>gt dies nicht,<br />
kommt es zu e<strong>in</strong>em zweiten Term<strong>in</strong>, <strong>in</strong> dem<br />
40% erzielt werden müssen. Der Ersteigerer<br />
hat Sicherheit zu h<strong>in</strong>terlegen.<br />
Für die Zwangsversteigerung von Gr<strong>und</strong>stücken<br />
s<strong>in</strong>d die Vollstreckungsbehörden am<br />
Gr<strong>und</strong>buchort zuständig.<br />
Vorläufige Sicherungsmaßnahmen<br />
Wirksame Sicherungsmittel s<strong>in</strong>d die e<strong>in</strong>stweilige<br />
Verfügung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Arrest, letzterer <strong>in</strong><br />
Form <strong>der</strong> Pfändung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arresthypothek.<br />
In <strong>der</strong> Regel ist Sicherheit <strong>in</strong> Höhe von<br />
m<strong>in</strong>destens 15% zu leisten. Diese Mittel hängen<br />
nicht von <strong>der</strong> E<strong>in</strong>leitung e<strong>in</strong>es Mahn‐ <strong>und</strong><br />
Vollstreckungsverfahrens o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erhebung<br />
e<strong>in</strong>er Klage ab. Allerd<strong>in</strong>gs bleibt <strong>der</strong> Sicherungseffekt<br />
nur dann dauerhaft erhalten,<br />
wenn <strong>in</strong>nerhalb von zehn Tagen nach Ergehen<br />
des Verfügungs‐ o<strong>der</strong> Arrestbeschlusses<br />
Klage erhoben wird.<br />
Ausländische Währung<br />
Es ist heutzutage <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> ke<strong>in</strong> Problem,<br />
For<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Fremdwährung titulieren<br />
zu lassen. Allerd<strong>in</strong>gs wird die zugesprochene<br />
For<strong>der</strong>ung <strong>in</strong> TL umgerechnet, wobei<br />
für den Zeitpunkt <strong>der</strong> Umrechnung verschiedene<br />
Anknüpfungsalternativen bestehen.<br />
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<strong>und</strong> an an<strong>der</strong>en Standorten
2 – <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Aufenthalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
Wer s<strong>in</strong>d wir?<br />
RUMPF CONSULTING ist e<strong>in</strong>e Beratungsgesellschaft<br />
<strong>in</strong> Istanbul, die sich auf die Beratung vor<br />
allem von ausländischen Unternehmen spezialisiert<br />
hat, die <strong>in</strong> den türkischen Markt e<strong>in</strong>steigen.<br />
Wir gehören zum Netzwerk <strong>der</strong> RUMPF<br />
RECHTSANWÄLTE <strong>in</strong> Stuttgart, s<strong>in</strong>d jedoch e<strong>in</strong><br />
rechtlich unabhängiges Unternehmen, das unter<br />
strikter Beachtung gesetzlicher Vorgaben<br />
ke<strong>in</strong>e Rechts‐ <strong>und</strong> Steuerberatung betreibt,<br />
son<strong>der</strong>n dies den türkischen Anwaltskanzleien<br />
überlässt, mit denen RUMPF RECHTSANWÄLTE<br />
auf das Engste zusammenarbeitet. Unseren<br />
K<strong>und</strong>en bieten wir alle Dienstleistungen, die<br />
über das Dienstleistungsangebot von Rechtsanwälten<br />
<strong>und</strong> Steuerberatern h<strong>in</strong>ausgehen.<br />
Diese Broschüre ersetzt naturgemäß nicht die<br />
qualifizierte Beratung. Sie erfasst nicht die reglementierten<br />
Berufe (z.B. Notare, Ingenieure,<br />
Rechtsanwälte, Architekten, Ärzte u.a.), für<br />
welche beson<strong>der</strong>e Regeln zu beachten s<strong>in</strong>d.<br />
<strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Aufenthalt</strong><br />
Für <strong>Aufenthalt</strong>e bis zu drei Monaten benötigt<br />
man ke<strong>in</strong> Visum für die <strong>Türkei</strong>. Reist man zum<br />
Zwecke <strong>der</strong> Aufnahme e<strong>in</strong>er längeren Beschäftigung<br />
e<strong>in</strong>, so sollte man zuvor beim zuständigen<br />
türkischen Generalkonsulat <strong>in</strong> Deutschland<br />
e<strong>in</strong> Visum für die Beantragung e<strong>in</strong>er <strong>Aufenthalt</strong>s‐/<strong>und</strong><br />
<strong>Arbeit</strong>serlaubnis beantragen. Der<br />
<strong>Arbeit</strong>geber <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> muss dann <strong>in</strong>nerhalb<br />
von drei Tagen nach E<strong>in</strong>reichung <strong>der</strong> Unterlagen<br />
beim Konsulat <strong>in</strong> Deutschland se<strong>in</strong>erseits<br />
e<strong>in</strong>en Antrag auf Erteilung <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>serlaubnis<br />
beim <strong>Arbeit</strong>s‐ <strong>und</strong> Sozialm<strong>in</strong>isterium stellen.<br />
Nach E<strong>in</strong>reise ist durch den <strong>Arbeit</strong>nehmer e<strong>in</strong>e<br />
<strong>Aufenthalt</strong>sgenehmigung bei <strong>der</strong> örtlichen Auslän<strong>der</strong>behörde<br />
zu beantragen. Wird zunächst<br />
nur e<strong>in</strong>e <strong>Aufenthalt</strong>serlaubnis <strong>und</strong> später im<br />
türkischen Inland e<strong>in</strong>e <strong>Arbeit</strong>sgenehmigung<br />
beantragt, so ist mit e<strong>in</strong>er erhöhten Bearbeitungsdauer<br />
zu rechnen. Der Erhalt e<strong>in</strong>er <strong>Arbeit</strong>sgenehmigung<br />
ist ausgeschlossen, wenn<br />
die E<strong>in</strong>reise ursprünglich zu e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en<br />
Zweck erfolgte. In diesem Fall muss man ganz<br />
von vorne anfangen.<br />
Verstöße gegen arbeits‐ <strong>und</strong> aufenthaltsrechtliche<br />
Bestimmungen führen zu erheblichen<br />
Bußgel<strong>der</strong>n, die <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber zu bezahlen<br />
hat. Dem <strong>Arbeit</strong>nehmer drohen vor allem auslän<strong>der</strong>rechtliche<br />
Sanktionen.<br />
<strong>Arbeit</strong>sverhältnis<br />
Wer als ausländischer Investor <strong>Arbeit</strong>sverträge<br />
schließen will, sollte dies nicht ohne rechtlichen<br />
Beistand zu tun. Denn es gibt gegenüber den <strong>in</strong><br />
Deutschland herrschenden Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>ige<br />
Unterschiede <strong>und</strong> Beson<strong>der</strong>heiten.<br />
<strong>Arbeit</strong>sverträge können zunächst e<strong>in</strong>mal<br />
mündlich geschlossen werden. In diesem Fall<br />
ist <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber allerd<strong>in</strong>gs zur Dokumentation<br />
<strong>der</strong> wesentlichen Vertragsbed<strong>in</strong>gungen<br />
<strong>und</strong> Aushändigung dieses Nachweises an den<br />
<strong>Arbeit</strong>nehmer verpflichtet. E<strong>in</strong> befristeter <strong>Arbeit</strong>svertrag<br />
von mehr als e<strong>in</strong>em Jahr bedarf<br />
<strong>der</strong> Schriftform.<br />
Die Probezeit darf nicht länger als zwei Monate<br />
betragen, <strong>in</strong> Tarifverträgen können auch bis zu<br />
vier Monate festgelegt werden.<br />
Es gibt e<strong>in</strong>en gesetzlich verankerten M<strong>in</strong>destlohn,<br />
<strong>der</strong> halbjährlich angepasst wird <strong>und</strong> <strong>der</strong>zeit<br />
monatlich r<strong>und</strong> 350 Euro Brutto (300 Euro<br />
Netto) beträgt. Gebräuchlich s<strong>in</strong>d zusätzliche<br />
Leistungen wie Mittagessen, <strong>Arbeit</strong>skleidung<br />
<strong>und</strong> Fahrtkostenausgleich. Der <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />
hat e<strong>in</strong> <strong>Arbeit</strong>sverweigerungsrecht, wenn <strong>der</strong><br />
<strong>Arbeit</strong>geber mehr als 20 Tage mit <strong>der</strong> Lohnzahlung<br />
säumig ist.<br />
Die Höchstarbeitszeit beträgt wöchentlich 45<br />
St<strong>und</strong>en. E<strong>in</strong>e Überst<strong>und</strong>en‐Verordnung sieht<br />
e<strong>in</strong> jährliches Maximum von 270 Überst<strong>und</strong>en<br />
vor. Solche Überst<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d mit Lohnzuschlägen<br />
von 50 % zu vergüten, es sei denn, die<br />
Überst<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d ausdrücklich vertraglich <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Vergütung <strong>in</strong>begriffen. Ist vertraglich e<strong>in</strong>e<br />
niedrigere Wochenst<strong>und</strong>enzahl vere<strong>in</strong>bart, gilt<br />
die zwischen dieser Zeit <strong>und</strong> <strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Höchstzeit abgeleistete Zeit als Mehrarbeit, die<br />
mit e<strong>in</strong>em Zuschlag von 25% zu vergüten ist. Die<br />
vorgenannte Regelung zu den Überst<strong>und</strong>en<br />
bleibt davon unberührt. Der Anspruch auf Jahresurlaub,<br />
<strong>der</strong> dem <strong>Arbeit</strong>nehmer erstmalig<br />
nach e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>jährigen Wartefrist zusteht, liegt<br />
anfänglich bei 14 Tagen, nach fünf Jahren bei
20 Tagen <strong>und</strong> nach fünfzehn Jahren bei 26 Tagen.<br />
Die Beendigung von <strong>Arbeit</strong>sverhältnissen erfolgt<br />
im Wege <strong>der</strong> ordentlichen o<strong>der</strong> außerordentlichen<br />
Kündigung, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>vernehmlichen<br />
Aufhebung, durch Tod o<strong>der</strong> bei befristeten<br />
Verträgen durch Fristablauf. E<strong>in</strong>e automatische<br />
Beendigung mit dem Erreichen <strong>der</strong> Altersgrenze<br />
gibt es nicht.<br />
Die Kündigungsfristen für die ordentliche Kündigung<br />
bemessen sich nach <strong>der</strong> Dauer des <strong>Arbeit</strong>sverhältnisses:<br />
‐ 0 ‐ 6 Monate: 2 Wochen<br />
‐ 6 ‐ 18 Monate: 4 Wochen<br />
‐ 18 ‐ 36 Monate: 6 Wochen<br />
‐ Ab 36 Monaten: 8 Wochen<br />
Während e<strong>in</strong>er laufenden vertraglichen Probezeit<br />
ist das <strong>Arbeit</strong>sverhältnis frei <strong>und</strong> ohne<br />
Kündigungsfrist kündbar. Beson<strong>der</strong>e Kündigungsschutzregelungen<br />
bestehen für <strong>Arbeit</strong>nehmer,<br />
die bereits länger als 6 Monate <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
unbefristeten <strong>Arbeit</strong>sverhältnis beschäftigt<br />
s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> wenn <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber <strong>in</strong> <strong>der</strong>selben<br />
Branche m<strong>in</strong>destens 30 <strong>Arbeit</strong>nehmer beschäftigt.<br />
E<strong>in</strong>e Kündigung kann dann nur begründet<br />
erfolgen (z.B. betriebliche Gründe).<br />
Ke<strong>in</strong>e ausreichenden Gründe s<strong>in</strong>d:<br />
‐ Mitgliedschaft <strong>und</strong> Aktivität <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gewerkschaft<br />
‐ Verfolgung von Rechten gegen den <strong>Arbeit</strong>geber<br />
‐ Zugehörigkeit zu e<strong>in</strong>er religiösen o<strong>der</strong><br />
ethnischen Gruppe<br />
‐ krankheits‐ o<strong>der</strong> unfallbed<strong>in</strong>gtes Fernbleiben<br />
von <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Fristen<br />
Befristete <strong>Arbeit</strong>sverhältnisse können nur aus<br />
wichtigem Gr<strong>und</strong> gekündigt werden (außerordentliche<br />
Kündigung).<br />
Die außerordentliche Kündigung von <strong>Arbeit</strong>sverhältnissen<br />
setzt voraus, dass <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />
etwa se<strong>in</strong>e <strong>Arbeit</strong>skraft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise<br />
schädigt, dass er se<strong>in</strong>e <strong>Arbeit</strong>sleistung an m<strong>in</strong>destens<br />
drei aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> folgenden Tagen<br />
3 – <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Aufenthalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Monat an <strong>in</strong>sgesamt fünf Tagen<br />
nicht erbr<strong>in</strong>gen kann o<strong>der</strong> auf Dauer erkrankt.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs ist e<strong>in</strong>e Kündigung nach Krankheit<br />
o<strong>der</strong> Unfall nicht sofort möglich, son<strong>der</strong>n an<br />
bestimmte Ausfallzeiten geb<strong>und</strong>en, <strong>der</strong>en Berechnung<br />
an die Kündigungsfristen angelehnt<br />
ist. Auch erhebliches Fehlverhalten des <strong>Arbeit</strong>nehmers<br />
wie etwa sexuelle Belästigung an<strong>der</strong>er,<br />
krim<strong>in</strong>elle Aktivitäten, Täuschung über wesentliche<br />
Eigenschaften bei Vertragsschluss<br />
<strong>und</strong> Beleidigung etc. berechtigen zu e<strong>in</strong>er fristlosen<br />
Kündigung.<br />
Auszusprechen ist die fristlose Kündigung <strong>in</strong>nerhalb<br />
von sechs Tagen nach Kenntnis des<br />
Kündigungsgr<strong>und</strong>es, spätestens jedoch b<strong>in</strong>nen<br />
e<strong>in</strong>es Jahres.<br />
Die Kündigungserklärung muss schriftlich erfolgen<br />
<strong>und</strong> die Kündigungsgründe enthalten.<br />
Handelt es sich hierbei um <strong>in</strong> <strong>der</strong> Person des<br />
<strong>Arbeit</strong>nehmers liegende Gründe, so ist dieser<br />
vor Abgabe <strong>der</strong> Kündigungserklärung anzuhören.<br />
E<strong>in</strong>e auffällige Beson<strong>der</strong>heit <strong>und</strong> Kostenbelastung<br />
für den <strong>Arbeit</strong>geber s<strong>in</strong>d die gesetzlichen<br />
Entschädigungsregelungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong>, die<br />
beim Ausscheiden von Mitarbeitern zum Tragen<br />
kommen, wenn diese m<strong>in</strong>destens zwölf<br />
Monate beschäftigt waren. Als Abf<strong>in</strong>dung wird<br />
pro Beschäftigungsjahr e<strong>in</strong>e Zahlung <strong>in</strong> Höhe<br />
des Lohns für 30 Tage fällig. Die jährlich aktualisierte<br />
Obergrenze beträgt <strong>der</strong>zeit ca. 2600 TL<br />
pro Jahr (Stand Mai 2011).<br />
<strong>Arbeit</strong>nehmer können e<strong>in</strong>e Dienstaltersentschädigung<br />
<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e dann verlangen,<br />
wenn sie selbst aus berechtigten Gründen (obligatorischer<br />
Wehrdienst, Rente, Eheschließung)<br />
o<strong>der</strong> gestützt auf ges<strong>und</strong>heitliche o<strong>der</strong><br />
zw<strong>in</strong>gende Gründe gekündigt haben.<br />
Innerhalb e<strong>in</strong>es Monats nach Kündigung kann<br />
Kündigungsschutzklage erhoben werden. Hat<br />
die Klage Erfolg, muss <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber wie<strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>stellen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e vom Gericht bestimmte<br />
Entschädigung zahlen, die zwischen vier <strong>und</strong><br />
acht Monatslöhnen liegt. Für die ausgefallene<br />
<strong>Arbeit</strong>szeit gibt es e<strong>in</strong>e zusätzliche Entschädigung<br />
von maximal vier Monatslöhnen. Der <strong>Arbeit</strong>geber<br />
trägt die Beweislast für das Vorlie‐
4 – <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Aufenthalt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong><br />
gen <strong>der</strong> die ordentliche Kündigung rechtfertigenden<br />
Gründe.<br />
Im Falle e<strong>in</strong>es Betriebsübergangs bleiben dem<br />
<strong>Arbeit</strong>nehmer die Ansprüche gegen den alten<br />
<strong>Arbeit</strong>geber erhalten. Für e<strong>in</strong>e Übergangszeit<br />
von zwei Jahren haften <strong>der</strong> alte <strong>und</strong> neue <strong>Arbeit</strong>geber<br />
gesamtschuldnerisch für die vor Betriebsübergang<br />
entstandenen Ansprüche, danach<br />
nur <strong>der</strong> neue <strong>Arbeit</strong>geber. Als Betriebsübergang<br />
gilt auch die Übergabe e<strong>in</strong>es Betriebsteils.<br />
In H<strong>in</strong>blick auf die Kündigungsmöglichkeiten<br />
kann <strong>der</strong> Betriebsübergang für sich<br />
alle<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>en Gr<strong>und</strong> für e<strong>in</strong>e betriebsbed<strong>in</strong>gte<br />
Kündigung bilden. Führt <strong>der</strong> Betriebsübergang<br />
aber zu tief greifenden Än<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Betriebsstruktur,<br />
so kann dies e<strong>in</strong>e betriebsbed<strong>in</strong>gte<br />
Kündigung rechtfertigen.<br />
Sozialversicherung<br />
<strong>Arbeit</strong>nehmer s<strong>in</strong>d bei <strong>der</strong> Sozialversicherungsanstalt<br />
Sosyal Güvenlik Kurumu (SGK) zu<br />
versichern <strong>und</strong> erwerben damit e<strong>in</strong>en Anspruch<br />
auf Schutzleistungen bei Krankheit,<br />
Mutterschaft, <strong>Arbeit</strong>sunfällen, Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen,<br />
Berufskrankheiten sowie auf e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Altersversorgung<br />
sowie e<strong>in</strong> Sterbegeld. Für<br />
Neue<strong>in</strong>stellungen besteht e<strong>in</strong>e Meldepflicht<br />
des <strong>Arbeit</strong>gebers, <strong>der</strong> dieser spätestens e<strong>in</strong>en<br />
Tag vor Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Beschäftigung nachkommen<br />
muss. Die Frist für Unternehmen, die<br />
erstmalig e<strong>in</strong>en <strong>Arbeit</strong>nehmer zur Sozialversicherung<br />
anmelden, liegt bei e<strong>in</strong>em Monat.<br />
Nicht fristgerechte Anmeldungen werden mit<br />
Geldbußen <strong>in</strong> Höhe des gesetzlichen M<strong>in</strong>destlohns<br />
sanktioniert, die sich verdoppeln, wenn<br />
<strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmer zudem nicht über e<strong>in</strong>e <strong>Arbeit</strong>serlaubnis<br />
verfügt. Der <strong>Arbeit</strong>geber ist weiter<br />
verpflichtet, <strong>in</strong>nerhalb bestimmter Fristen<br />
monatlich Mitteilungen über die versicherten<br />
<strong>Arbeit</strong>nehmer zu machen.<br />
Aus <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik entsendete <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />
können im Rahmen e<strong>in</strong>es entsprechenden<br />
bilateralen Abkommens vom<br />
30.04.1964 ihre Angehörigkeit zur deutschen<br />
Sozialversicherung für e<strong>in</strong>en begrenzten Zeitraum<br />
behalten <strong>und</strong> entsprechend für ihr türkisches<br />
<strong>Arbeit</strong>sverhältnis von <strong>der</strong> türkischen Sozialversicherungspflicht<br />
befreit werden.<br />
Als Versicherungsprämien für die Sozialversicherung<br />
fallen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Türkei</strong> 36,5 % des Nettolohnes<br />
an. Dabei ist <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber dafür zuständig,<br />
<strong>Arbeit</strong>nehmer‐ <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>geberanteile<br />
<strong>in</strong>nerhalb des <strong>der</strong> Lohnauszahlung nachfolgenden<br />
Monats an die SGK abzuführen.<br />
Das türkische System kennt e<strong>in</strong> Mutterschaftsgeld,<br />
das dem Krankengeld entspricht. Für K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />
bis zum 18. Lebensjahr (<strong>in</strong> Ausbildung bis<br />
zum 22. Lebensjahr) gibt es e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gfügiges<br />
K<strong>in</strong><strong>der</strong>geld.<br />
Der Mutterschaftsurlaub umfasst gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
8 Wochen vor <strong>und</strong> 8 Wochen nach <strong>der</strong> Geburt<br />
des K<strong>in</strong>des. Diese hälftige Aufteilung des Zeitraums<br />
ist jedoch nicht zw<strong>in</strong>gend. Im Anschluss<br />
hieran kann die Mutter für sechs Monate <strong>in</strong><br />
unbezahlten Mutterschaftsurlaub gehen o<strong>der</strong><br />
aber ihre <strong>Arbeit</strong>szeit bei gleich bleibendem<br />
Lohn um höchstens zwei St<strong>und</strong>en pro Tag verkürzen,<br />
etwa weil sie e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d stillt.<br />
<strong>Arbeit</strong>slosengeld wird ab e<strong>in</strong>em Zeitraum von 6<br />
Tagen nach E<strong>in</strong>tritt <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>slosigkeit gewährt<br />
<strong>und</strong> ab Ende des ersten Monats <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>slosigkeit<br />
gezahlt; Voraussetzung s<strong>in</strong>d die<br />
Kündigung des <strong>Arbeit</strong>gebers <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e ununterbrochene<br />
Beschäftigung von 600 Prämientagen<br />
bei dem selben <strong>Arbeit</strong>geber. <strong>Arbeit</strong>ern<br />
werden dabei 40% des Lohnes <strong>und</strong> Angestellten<br />
50% des Gehaltes gezahlt. Für welchen Zeitraum<br />
<strong>Arbeit</strong>slosengeld gezahlt wird, hängt davon<br />
ab, wie lange das vorherige Beschäftigungsverhältnis<br />
andauerte, ist aber auf maximal<br />
300 Tage beschränkt.<br />
Das Rentene<strong>in</strong>trittsalter liegt <strong>der</strong>zeit bei 60<br />
Jahren für Männer <strong>und</strong> 58 für Frauen.