Leseprobe - Baobab Books
Leseprobe - Baobab Books
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Henri Mbarga (Text)<br />
Billy Djité (Illustration)<br />
Warum das Schwein<br />
keine Hörner hat<br />
und andere Geschichten aus Kamerun<br />
<strong>Baobab</strong> heißt der Affenbrotbaum, in dessen Schatten sich die Menschen<br />
Geschichten erzählen. <strong>Baobab</strong> heißt auch die Buchreihe, in der<br />
Bilderbücher, Kindergeschichten und Jugendromane aus Asien, Afrika,<br />
Lateinamerika und dem Nahen Osten in deutscher Übersetzung<br />
erscheinen. Herausgegeben wird sie von <strong>Baobab</strong> <strong>Books</strong>, der Fachstelle<br />
zur Förderung kultureller Vielfalt in der Kinder- und Jugendliteratur.<br />
Informationen zu unserem Gesamtprogramm und unseren Projekten<br />
finden Sie unter www.baobabbooks.ch.<br />
<strong>Baobab</strong> <strong>Books</strong> dankt terre des hommes schweiz und der<br />
Erklärung von Bern für die finanzielle Unterstützung.<br />
Aus dem Französischen von Claudia Steinitz<br />
Herausgegeben vom Museum Rietberg Zürich
Inhalt<br />
6 Vorwort<br />
9 Die Schildkröte mit den tausend Ideen<br />
15 Das mutige Trio<br />
23 Die Spur der Antilope<br />
29 Einsam ist die Fledermaus<br />
35 Warum das Schwein keine Hörner hat<br />
Warum das Schwein keine Hörner hat<br />
Copyright © 2012 <strong>Baobab</strong> <strong>Books</strong>, Basel, Switzerland<br />
Alle Rechte vorbehalten<br />
Text: Henri Mbarga<br />
Illustration: Billy Djité<br />
Konzept: Lorenz Homberger und Christiane Voegeli<br />
Übersetzung aus dem Französischen: Claudia Steinitz<br />
Lektorat: Sonja Matheson<br />
Gestaltung: Bernet & Schönenberger, Zürich<br />
Druck: Freiburger Graphische Betriebe, Freiburg i. Brsg.<br />
ISBN 978-3-905804-38-6<br />
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der<br />
Deutschen Nationalbibliografie, detaillierte bibliografische Daten sind<br />
im Internet abrufbar unter http://dnd.d-nb.de.
Die Schildkröte<br />
mit den tausend Ideen<br />
Mbintu, die Schildkröte mit den tausend Ideen, traf eines Tages<br />
den Elefanten. Sie sah mit einem verschmitzten Lächeln zu<br />
ihm auf und fragte: »Du bist zwar viel größer als ich, aber glaubst<br />
du, du wärest deshalb auch stärker?«<br />
»Natürlich bin ich viel stärker als du!«, antwortete der Elefant.<br />
»Das wollen wir doch erst mal sehen«, sagte die Schildkröte<br />
und machte folgenden Vorschlag: »Jeder von uns stellt sich auf<br />
eine Seite des Hügels und dann ziehen wir an einer Liane.<br />
Wenn du es schaffst, mich auf deine Seite des Hügels zu ziehen,<br />
erkenne ich dich als den Stärkeren an.«<br />
Der Elefant willigte siegesgewiss ein. Die Schildkröte suchte<br />
eine dicke Liane, band dem Elefanten das eine Ende um<br />
und erklärte: »Ich gehe nun um den Hügel herum. Du darfst erst<br />
ziehen, wenn ich bereit bin und ›Los!‹ rufe.«<br />
9
Schnell lief die Schildkröte mit dem anderen Ende der Liane um<br />
den Hügel herum. Am Flussufer traf sie dabei das Nilpferd<br />
und fragte es: »Du bist größer als ich, aber glaubst du, du wärest<br />
deshalb auch stärker?«<br />
»Was soll diese Frage, du kleine Schildkröte?«, antwortete das<br />
Nilpferd empört. »Du hast ja Ideen! Willst du dich über mich lustig<br />
machen?«<br />
Die Schildkröte ging darauf gar nicht ein, sondern schlug dem<br />
Nilpferd vor: »Lass uns unsere Kräfte messen. Jeder von uns stellt<br />
sich auf eine Seite des Hügels und dann ziehen wir an einer Liane.<br />
Wenn du es schaffst, mich auf deine Seite des Hügels zu ziehen,<br />
erkenne ich dich als den Stärkeren an.«<br />
»Du hast doch eine Liane in der Hand, Schildkröte, also lass uns<br />
sogleich beginnen«, schlug das Nilpferd vor.<br />
»Einverstanden«, antwortete die Schildkröte. »Ich gehe um den<br />
Hügel herum. Du darfst erst ziehen, wenn ich ›Los!‹ rufe.«<br />
Dann band sie dem Nilpferd die Liane um die Fangzähne und<br />
ging um den Hügel herum. Auf halbem Weg suchte sie sich einen<br />
Platz, an dem sie die beiden Dickhäuter im Blick hatte, und<br />
versteckte sich unter einem toten Baumstamm.<br />
Dann rief sie laut: »Los!«<br />
Der Elefant und das Nilpferd begannen zu ziehen. Sie setzten alle<br />
ihre Kräfte ein und lieferten sich einen erbitterten Kampf.<br />
Zwei Tage und zwei Nächte lang war die Liane straff gespannt.<br />
Keiner von beiden schaffte es, den anderen von der Stelle zu<br />
bewegen.<br />
10
Erst als die Schildkröte sah, dass beide vollkommen erschöpft<br />
waren, setzte sie dem Kampf ein Ende und rief: »Schluss!«<br />
Sie ging zuerst zum Elefanten und sagte stolz: »Habe ich dir nicht<br />
gesagt, dass ich mindestens genauso stark bin wie du? Du hast<br />
mich keinen Zentimeter von der Stelle bewegt.«<br />
Dann ging sie zum Nilpferd und fragte: »Bist du endlich überzeugt,<br />
dass ich ebenso stark bin wie du?«<br />
Seit diesem Tag sprechen der Elefant und das Nilpferd nur mit<br />
größter Bewunderung von Mbintu, der Schildkröte mit den<br />
tausend Ideen.<br />
13