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Studie: Aktuelle und künftige Trends in der Hochschulbildung und ...

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<strong>Studie</strong>: <strong>Aktuelle</strong> <strong>und</strong> <strong>künftige</strong> <strong>Trends</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hochschulbildung</strong> <strong>und</strong> die Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

für Lehrende <strong>und</strong> universitäres Managment im H<strong>in</strong>blick auf <strong>künftige</strong><br />

<strong>Studie</strong>nformen <strong>und</strong> <strong>Studie</strong>nsysteme<br />

Zusammenfassung<br />

Verän<strong>der</strong>ungen mittel- <strong>und</strong> längerfristiger Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für <strong>Hochschulbildung</strong><br />

Hochschulen stehen aus historischen <strong>und</strong> funktionalen Gründen im Spannungsverhältnis zu gesellschaftlichen<br />

Entwicklungen, d.h. sie dürfen sich diesen nicht e<strong>in</strong>fach anverwandeln. Hochschulen liefern<br />

durch Wissensgenerierung <strong>und</strong> -vermittlung die Chance, dass alltagstheoretisch erzeugte Problemhorizonte<br />

<strong>der</strong> sie umgebenden Gesellschaften überschritten werden. Sie werden ihrer Rolle als Akteure <strong>in</strong><br />

dem darauf aufbauenden Dialog <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e dann gerecht, wenn sie die absehbaren Verän<strong>der</strong>ungen<br />

gesellschaftlicher Rahmenbed<strong>in</strong>gungen prospektiv aufgreifen. Mittel- <strong>und</strong> langfristig ist zu erwarten,<br />

dass für die Hochschulen <strong>in</strong> den westeuropäischen Industrielän<strong>der</strong>n dabei vor allem folgende Prozesse<br />

wirksam werden<br />

• Die fortgeschrittenen Gesellschaften bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Transformation von <strong>der</strong> Industrie- zur<br />

Wissensgesellschaft, d.h. e<strong>in</strong>erseits auf dem Wege zu e<strong>in</strong>er Durchformung gesellschaftlicher<br />

Verhältnisse durch wissensbasierte Prozesse <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits e<strong>in</strong>er reflexiv gewendeten Aufklärung.<br />

Gesellschaft <strong>und</strong> Wirtschaft gruppieren sich immer mehr um den Faktor Wissen. Die reflexiv<br />

gewendete Aufklärung bewegt sich von <strong>der</strong> fraglosen Machbarkeit <strong>der</strong> traditionell-rationalistischen<br />

Aufklärung zur fragwürdigen Machbarkeit <strong>der</strong> Nachmo<strong>der</strong>ne, welche e<strong>in</strong>stweilen<br />

nur weiß, wonach sie kommt, aber nicht wovor. Zugleich werden Wissensvorsprünge im <strong>in</strong>ternationalen<br />

Standortwettbewerb zu e<strong>in</strong>em primären Produktionsfaktor. Diese Neuordnungen ziehen<br />

e<strong>in</strong>e zunehmende Bedeutung <strong>der</strong> Wissensproduktion <strong>und</strong> Forschung nach sich. Neben neuen<br />

Wissensbereichen (z.B. Nano- <strong>und</strong> Biotechnologie) sowie neuen sozialen Problemstellungen<br />

(Globalisierung, Umwelt, Arbeitsmarkt, Demografie, Migration, Demokratie, Geschlechtergleichstellung)<br />

werden anwendungsbezogene Forschungen <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> vorhandenen <strong>in</strong>dustriellen<br />

Strukturen e<strong>in</strong> essentieller Schwerpunkt bleiben. Mit e<strong>in</strong>er weiteren Zunahme <strong>der</strong> Bildungspartizipation<br />

im tertiären Sektor ist zu rechnen. Neue Informationstechnik könnte breiten<br />

Zugang zu neuem Wissen schaffen, sofern das Problem gelöst würde, dass <strong>der</strong>zeit Zugangsmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Nutzungsverhalten sozial geschichtet s<strong>in</strong>d. Zunehmende Bedeutung kommt auch<br />

dem nichthochschulischen Bildungsbereich zu mit an<strong>der</strong>en Bildungsanbietern, etwa für lebenslanges<br />

Lernen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung.<br />

• Gesellschaftliche Aktionsräume <strong>und</strong> Steuerungsmodi verän<strong>der</strong>n sich. Vor allem wird sich die<br />

Globalisierung als Rahmenbed<strong>in</strong>gung <strong>und</strong> – soweit heute absehbar – auch als Katalysator <strong>der</strong><br />

europäischen Integration auswirken. Regulation über Märkte o<strong>der</strong> Marktsurrogate wird sich<br />

voraussichtlich als Steuerungsmuster weiter etablieren. Auch öffentliche Institutionen – etwa<br />

Hochschulen – werden <strong>der</strong>art sehr viel stärker als bisher <strong>in</strong> Wettbewerbszusammenhänge ge-


acht. Europäisierung im Kontext von Globalisierung führt zu mehr marktförmiger Steuerung<br />

<strong>und</strong> Zunahme von zwischenkont<strong>in</strong>entalem Wettbewerb e<strong>in</strong>schließlich Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen<br />

Arbeitsteilung, die landes- <strong>und</strong> auch regionalspezifische Antworten erfor<strong>der</strong>n.<br />

Gleichzeitig ist aber ebenso mit län<strong>der</strong>- <strong>und</strong> regionalspezifischen Son<strong>der</strong>wegen, Profil- <strong>und</strong> Nischenbildungen<br />

zu rechnen Gegen ökonomistische Verkürzungen ist zudem darauf h<strong>in</strong>zuweisen,<br />

dass auf e<strong>in</strong>zelstaatlicher wie <strong>in</strong>ternationaler Ebene Wirtschaftsräume nur überleben werden,<br />

wenn sie es lernen, das Zusammenspiel zum<strong>in</strong>dest dreier Elemente zu beherrschen: (a) Innovation,<br />

(b) Erhalt <strong>und</strong> Weiterentwicklung sozialer Ressourcen sowie (c) schonen<strong>der</strong> Umgang mit<br />

den natürlichen Ressourcen.<br />

• Globalisierung ist <strong>in</strong>des nicht alle<strong>in</strong> e<strong>in</strong> ökonomischer Prozess, son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong>e weltweite<br />

Verallgeme<strong>in</strong>erung von Mensch-Umwelt-Problemen mit erheblichem Krisen- <strong>und</strong> Konfliktpotential.<br />

Sie ist, daraus folgend, die Herausfor<strong>der</strong>ung, e<strong>in</strong> globales menschliches Zusammenleben<br />

nicht alle<strong>in</strong> im Wettbewerb, son<strong>der</strong>n zuvör<strong>der</strong>st <strong>in</strong> Kooperation zu organisieren. Wo zuvor<br />

menschliches Handeln lokaler <strong>und</strong> zeitlicher Beschränktheit unterlag, erhält es nun globale <strong>und</strong><br />

überdauernde Wirksamkeit. Wachsende Disparitäten zwischen armen <strong>und</strong> reichen Län<strong>der</strong>n,<br />

weltmarkt<strong>in</strong>tegrierten <strong>und</strong> abgekoppelten Regionen, mo<strong>der</strong>nen <strong>und</strong> traditionellen Sektoren, qualifizierten<br />

<strong>und</strong> unqualifizierten Beschäftigten, benötigten <strong>und</strong> nicht mehr benötigten Arbeitskräften,<br />

die Globalisierung ökologischer Gefährdungen verknüpft mit regionalen Problemen wie<br />

Wasserknappheit, Versteppungen, Zersiedelung, nachlassen<strong>der</strong> Bodenfruchtbarkeit, die sich zu<br />

e<strong>in</strong>er ökologischen Krisendynamik verdichten, die Kluft zwischen Gew<strong>in</strong>nern <strong>und</strong> Verlierern<br />

<strong>der</strong> globalisierten Kommunikation – all dies zeigt die Ambivalenzen, auf die nicht zuletzt Hochschulen<br />

reagieren müssen. Denn Hochschulen, die ihren Auftrag ernst nehmen, folgen nicht<br />

bl<strong>in</strong>d den Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, son<strong>der</strong>n stellen sie <strong>in</strong> Frage. Es ist damit zu rechnen, dass im<br />

Zuge dieser Entwicklung das Ziel, Nachhaltigkeit als Handlungspr<strong>in</strong>zip zu verankern, an E<strong>in</strong>fluss<br />

gew<strong>in</strong>nt.<br />

• In den Industriestaaten <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e ist e<strong>in</strong> demografischer Trend <strong>der</strong> Veralterung <strong>der</strong> Gesellschaften<br />

zu konstatieren, <strong>in</strong> Europa – West- <strong>und</strong> Osteuropa gleichermaßen – verb<strong>und</strong>en mit e<strong>in</strong>em<br />

Bevölkerungsrückgang. Demgegenüber stehen jüngere <strong>und</strong> wachsende Gesellschaften <strong>in</strong><br />

den Entwicklungslän<strong>der</strong>n z.B. <strong>in</strong> Süd- <strong>und</strong> Südostasien, Nahost <strong>und</strong> Afrika. Diese können für<br />

Europa e<strong>in</strong>en wachsenden Migrationsdruck bedeuten, <strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>en dortigen, demografisch <strong>in</strong>duzierten<br />

E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>ungsbedarf trifft.<br />

• Die Demokratisierung mo<strong>der</strong>ner Gesellschaften wird sich <strong>in</strong> den Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> erweiterten EU<br />

tendenziell fortsetzen, allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d auf globaler Ebene gegenläufige Entwicklungen nicht<br />

auszuschließen. Im Bildungsbereich wird Demokratisierung verstärkt auf die Integration <strong>und</strong><br />

För<strong>der</strong>ung erweiterter Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe von noch benachteiligten<br />

Gruppen zielen – bildungsferne Schichten, ältere Menschen, MigrantInnen, Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>te. Das gesellschaftspolitische<br />

Anliegen des Gen<strong>der</strong> Ma<strong>in</strong>stream<strong>in</strong>g wird <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelstaatlichen <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationalen<br />

Hochschulpolitiken durchzusetzen se<strong>in</strong>, zumal die Bildungsexpansion <strong>der</strong> letzten<br />

Jahrzehnte überproportional durch den weiblichen Bevölkerungsteil getragen worden war, die<br />

bildungsbegründete Chancenverteilung damit jedoch nur teilweise Schritt hielt.<br />

• Zunehmen<strong>der</strong> Wettbewerb <strong>und</strong> beschleunigte technologische Entwicklungen werden tendenziell<br />

<strong>in</strong>stabilere bzw. diskont<strong>in</strong>uierlichere Arbeitsmärkte <strong>und</strong> Beschäftigungsverhältnisse hervorrufen.<br />

E<strong>in</strong>erseits wird <strong>der</strong> Anteil hochqualifizierter Arbeit bzw. Arbeitskräfte weiter steigen. An<strong>der</strong>erseits<br />

wird Arbeit weiter <strong>in</strong>dividualisiert <strong>und</strong> flexibilisiert werden <strong>und</strong> zu stärker fragmentierten


Berufs- <strong>und</strong> Ausbildungsbiografien führen, die mit verän<strong>der</strong>ten Lebensverlaufsregimes e<strong>in</strong>hergehen.<br />

Das wird sich äußern <strong>in</strong> verstärkter Wechseln von Beschäftigungsverhältnissen, e<strong>in</strong>geschobenen<br />

Weiterbildungsphasen, familienbed<strong>in</strong>gten Auszeiten, dem Wechsel von beruflichen<br />

Positionen, Berufsfel<strong>der</strong>n, Arbeitsorten usw.<br />

Schwerpunkte gegenwärtiger Entwicklungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hochschulbildung</strong><br />

In den Aktivitäten, mit denen Hochschulen auf den aktuellen gesellschaftlichen Wandel reagieren bzw.<br />

reagieren sollen, lassen sich folgende übergreifende Entwicklungen identifizieren:<br />

• Expansion: Weltweit ist e<strong>in</strong> – nicht nur auf wirtschaftlich fortgeschrittene Gesellschaften begrenzter<br />

– Trend zur Erhöhung des Anteils Hochqualifizierter zu beobachten. Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Beschäftigungsstruktur, steigende Bildungsbeteiligungserwartungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bevölkerung <strong>und</strong><br />

die Akademisierung von Berufsfel<strong>der</strong>n beför<strong>der</strong>n die Hochschulexpansion. Partizipationsraten<br />

von über 50% des Altersjahrganges im tertiären Bereich, wie sie heute schon im OECD-Durchschnitt<br />

gegeben s<strong>in</strong>d, werden für alle europäischen Län<strong>der</strong> zum Maßstab.<br />

• Differenzierung: <strong>Studie</strong>nangebote sollen über die fachwissenschaftliche Ausbildung h<strong>in</strong>aus differenzierten<br />

gesellschaftlichen Anfor<strong>der</strong>ungen entsprechen <strong>und</strong> auch Fachkompetenzen vermitteln,<br />

die bisher nicht an Hochschulen angeboten wurden. Zugleich sollen Hochschulen mit<br />

<strong>Studie</strong>nangeboten jenseits des Normalstudiums auf die sich differenzierende Nachfrage nach<br />

<strong>Hochschulbildung</strong> reagieren.<br />

• Flexibilisierung: Die Auflösung traditioneller Berufsmuster <strong>und</strong> die zunehmende Individualisierung<br />

for<strong>der</strong>n die Vervielfältigung von <strong>Studie</strong>noptionen. Individuelle <strong>Studie</strong>nkomb<strong>in</strong>ationen sollen<br />

ermöglicht sowie <strong>Studie</strong>renden Kompetenzen zur Selbstorganisation <strong>und</strong> selbstständigen<br />

Weiterqualifizierung vermittelt werden.<br />

• Qualitätsorientierung: Expansion, Differenzierung <strong>und</strong> Flexibilisierung erfor<strong>der</strong>n <strong>und</strong> bewirken<br />

neue Wege zur Sicherung <strong>der</strong> <strong>Hochschulbildung</strong>squalität. Sowohl die Notwendigkeit, allgeme<strong>in</strong>e<br />

gesellschaftliche <strong>und</strong> politische Akzeptanz für die Hochschulleistungen zu generieren, die<br />

konkreten Erwartungen <strong>der</strong> Stakehol<strong>der</strong>, die angebotsabhängige Kanalisierung <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>nnachfrage,<br />

die Erfor<strong>der</strong>nisse <strong>der</strong> Curriculumentwicklung als auch die Erfolgskontrolle <strong>der</strong> Lehr-<br />

Lern-Prozesse führen dazu, dass neue Formen <strong>der</strong> Qualitätssicherung, Qualitätsdokumentation<br />

<strong>und</strong> -evaluation implementiert werden.<br />

• Standardisierung: Diese Entwicklungen stehen im Kontext <strong>der</strong> durch den Bologna-Prozess <strong>in</strong>itiierten<br />

europaweiten E<strong>in</strong>führung von modularisierten <strong>und</strong> gestuften <strong>Studie</strong>ngängen, die zur Zeit<br />

im Gange ist.<br />

<strong>Aktuelle</strong> <strong>Studie</strong>nreformen beziehen sich auf diese übergreifenden Entwicklungen. Deren konkrete Ausformungen<br />

lassen sich dabei sowohl h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>n<strong>in</strong>halte als auch <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>norganisation<br />

identifizieren.<br />

In Bezug auf die <strong>Studie</strong>n<strong>in</strong>halte kommt <strong>der</strong> Vermittlung <strong>und</strong> dem Erwerb von ‚Schlüsselqualifikationen’,<br />

genauer: multifunktionalen Fähigkeiten zunehmende Bedeutung zu. Solche Qualifikationen<br />

bezeichnen über das fachliche Wissen h<strong>in</strong>aus zu erwerbende Kompetenzen <strong>und</strong> sollen <strong>Studie</strong>rende<br />

<strong>in</strong> die Lage versetzen, Anfor<strong>der</strong>ungen unterschiedlicher Arbeitskontexte <strong>und</strong> Kulturen zu erfüllen<br />

ebenso wie (Beschäftigungs-)Krisen zu bewältigen. Sie beziehen sich auf folgende Bereiche <strong>der</strong><br />

<strong>Hochschulbildung</strong>:


• Employability bzw. Beschäftigungsfähigkeit soll die Praxisanb<strong>in</strong>dung von <strong>Hochschulbildung</strong> sicherstellen,<br />

weil e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong> fach<strong>in</strong>haltlich bestimmte <strong>Hochschulbildung</strong> als nicht mehr ausreichend<br />

für die Anfor<strong>der</strong>ungen beruflicher Praxis gesehen wird.<br />

• Strategien <strong>der</strong> Internationalisierung zielen auf die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Mobilität sowie<br />

auf die Vermittlung <strong>in</strong>terkultureller Kompetenzen.<br />

• Lebenslanges Lernen bezeichnet die selbstständige Weiterqualifizierung von ArbeitnehmerInnen,<br />

für welche die Hochschulen nachfrageorientierte Qualifizierungsangebote bereitstellen, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong>en Folge sich die Grenzen des traditionellen Fachstudiums auflösen. Das Konzept des lebenslangen<br />

Lernens soll die Partizipation an <strong>Hochschulbildung</strong> jenseits von Alter, Status <strong>und</strong><br />

Geschlecht ermöglichen <strong>und</strong> erweitern.<br />

Reformen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>norganisation konzentrieren sich auf folgende Aspekte:<br />

• Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>nstruktur s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> dom<strong>in</strong>anter Trend, folgen allerd<strong>in</strong>gs une<strong>in</strong>heitlichen<br />

Zieldef<strong>in</strong>itionen: Gestufte <strong>Studie</strong>ngänge bspw. werden sowohl e<strong>in</strong>geführt, um e<strong>in</strong>e Erhöhung<br />

<strong>der</strong> <strong>Hochschulbildung</strong>sbeteiligung zu ermöglichen, wie auch, um Bildungsaspirationen zu<br />

dämpfen. Sie zielen auf die Reduzierung von <strong>Studie</strong>ngangsoptionen, aber auch auf die Vervielfältigung<br />

von <strong>in</strong>dividuellen <strong>Studie</strong>roptionen (vor allem durch Modularisierung), ebenso auf e<strong>in</strong>e<br />

Flexibilisierung <strong>der</strong> Gestalt des Studiums (z.B. Teilzeitstudium) sowie die teilweise Virtualisierung<br />

von Lehre <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e neue Lehr- <strong>und</strong> Lernformen.<br />

• Maßnahmen <strong>der</strong> Qualitätssicherung sollen e<strong>in</strong> bestimmtes Niveau von <strong>Hochschulbildung</strong> trotz<br />

<strong>der</strong> Vervielfältigung <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>nangebote garantieren (Akkreditierung). Prozesse <strong>der</strong> <strong>Hochschulbildung</strong><br />

werden bewertet (Evaluation) <strong>und</strong> wettbewerbsfähig platziert (Profilbildung). <strong>Studie</strong>nleistungen<br />

sollen durch Kreditpunktsysteme transparent werden. Operativ ist daran vor allem<br />

zweierlei neu: Die Qualitätsorientierung wird nicht mehr durch staatsbürokratische Detailvorgaben<br />

<strong>und</strong> -prüfungen betrieben, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> die Hochschulen selbst verlegt; <strong>und</strong> die Hochschulen<br />

unterliegen <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ung, ihre traditionell implizite Qualitätssicherung durch Explikation<br />

transparent zu gestalten.<br />

• Strategien <strong>der</strong> Internationalisierung zielen auf die Kompatibilität <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>nabschlüsse, Transferierbarkeit<br />

<strong>der</strong> <strong>Studie</strong>nleistungen (ECTS) <strong>und</strong> die Internationalisierung des Curriculums mit<br />

dem Ziel <strong>in</strong>ternationaler Wettbewerbsfähigkeit <strong>der</strong> Institutionen wie <strong>der</strong> AbsolventInnen.<br />

• Weil sich lebenslanges Lernen auf Bildungsprozesse jenseits herkömmlicher Bildungsbiografien<br />

bezieht, werden hierfür neue Systeme <strong>der</strong> Anerkennung <strong>und</strong> Zertifizierung benötigt, die<br />

auch außerhalb <strong>der</strong> Hochschulen erbrachte Lernleistungen ebenso wie <strong>in</strong>formelles Lernen <strong>in</strong>tegrieren.<br />

Die Hochschulen sollen jenseits des Regelstudiums flexible Weiterbildungsangebote bereit<br />

stellen.<br />

Aus <strong>der</strong> Analyse gegenwärtiger Entwicklungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hochschulbildung</strong> ergeben sich folgende konkrete<br />

Problemanzeigen <strong>und</strong> Herausfor<strong>der</strong>ungen:<br />

• Die Beziehung zwischen akademischer Qualität <strong>und</strong> Employability ist klärungsbedürftig. Erfor<strong>der</strong>lich<br />

ist dafür die <strong>in</strong>haltliche Spezifizierung von Employability, nicht-akademischen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>und</strong> überfachlichen Kompetenzen. Employability darf sich nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> additiven Integration<br />

von Praxisanteilen <strong>in</strong> das Studium erschöpfen. Vielmehr geht es um e<strong>in</strong>e forschungsgeb<strong>und</strong>ene<br />

Lehre, die zugleich die <strong>in</strong>dividuellen Transferfähigkeiten stärkt – sei es als universitäre<br />

Lehre, die sich aus <strong>der</strong> Mitwirkung <strong>der</strong> Lehrenden an <strong>der</strong> Produktion des Standes <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>la-


genforschung speist, o<strong>der</strong> als fachhochschulische Lehre, die sich als den Forschungsstand rezipierendes<br />

Lehren <strong>und</strong> Lernen vollzieht.<br />

• Multifunktionale Fähigkeiten (sog. Schlüsselqualifikationen) werden zum Teil bereits durch<br />

<strong>Hochschulbildung</strong> vermittelt. Diese Vermittlungsprozesse müssen sichtbar gemacht, durch neue<br />

Lehr- <strong>und</strong> Lernformen verbessert <strong>und</strong> die zu erwerbenden Kompetenzen selbst präziser bestimmt<br />

werden.<br />

• Die nach wie vor bestehende Bewertungshierarchie zwischen Forschung <strong>und</strong> Lehre ist aufzulösen.<br />

Die Lehre muss e<strong>in</strong>en angemessenen Stellenwert im Reputationssystem <strong>der</strong> ProfessorInnen<br />

erhalten, d.h. <strong>der</strong> Forschung gleichrangig werden.<br />

• Die Hochschulen müssen sich organisatorisch neuen Zielgruppen öffnen. Dies betrifft vorrangig<br />

die Flexibilisierung <strong>und</strong> Differenzierung des Hochschulzugangs, <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>nstrukturen <strong>und</strong> -<br />

abschlüsse. Um die Partizipation an <strong>Hochschulbildung</strong> zu erweitern, s<strong>in</strong>d stärker als bisher nontraditional<br />

students zu <strong>in</strong>tegrieren, auch <strong>in</strong>dem die Vere<strong>in</strong>barkeit von Familie <strong>und</strong> Studium sowie<br />

von Berufstätigkeit <strong>und</strong> Studium verbessert wird.<br />

• Das Konzept des lebenslangen Lernens verweist auf <strong>in</strong>divididuelle learn<strong>in</strong>g pathways, die sich<br />

aus neuen <strong>und</strong> weniger e<strong>in</strong>heitlichen Lebensverlaufsregimes ergeben. Solche <strong>in</strong>dividuellen Bildungspfade<br />

s<strong>in</strong>d unter an<strong>der</strong>em von den Hochschulen zu ermöglichen. Hierfür müssen Wege<br />

<strong>der</strong> Anerkennung <strong>in</strong>formell <strong>und</strong> nicht-formal erbrachter Lernleistungen gef<strong>und</strong>en werden.<br />

• Im Zuge <strong>der</strong> Qualitätsorientierung muss <strong>der</strong> Wert von <strong>Studie</strong>nstufen, -abschnitten, Modulen bis<br />

h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>zelnen Lernleistungen näher bestimmt werden. Hierfür s<strong>in</strong>d Qualitätsstandards aufzustellen<br />

sowie Akkreditierungs- <strong>und</strong> Evalutionsverfahren e<strong>in</strong>zuführen. Dabei wird e<strong>in</strong>e zentrale<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung dar<strong>in</strong> bestehen, die schleichende Etablierung e<strong>in</strong>er Qualitätsbürokratie zu vermeiden.<br />

Zu prüfen ist, ob für die E<strong>in</strong>schätzung von Lernleistungen quantitative Maße<strong>in</strong>heiten<br />

wie die student workload ausreichen o<strong>der</strong> qualitative Verfahren wie <strong>in</strong>dividuelle Portfolios o<strong>der</strong><br />

das transcript of records notwendig s<strong>in</strong>d.<br />

• Weitergehende Internationalisierungsstrategien beziehen sich auf die Erhöhung <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen<br />

Mobilität von <strong>Studie</strong>renden, die Integration <strong>in</strong>ternationaler <strong>Studie</strong>nangebote, die Vermittlung<br />

<strong>in</strong>terkultureller Kompetenzen sowie die Ermöglichung von <strong>in</strong>ternationalization at home<br />

für mobilitätse<strong>in</strong>geschränkte <strong>Studie</strong>rende. Für die Verbesserung <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternationalen Wettbewerbsfähigkeit<br />

müssen ausländische <strong>Studie</strong>rende mit attraktiven <strong>Studie</strong>nangeboten <strong>und</strong> verbessertem<br />

Market<strong>in</strong>g geworben werden. Auch für <strong>Studie</strong>rende aus Län<strong>der</strong>n mit schwächeren ökonomischen<br />

Strukturen sollte das Studium im Ausland ermöglicht werden.<br />

• Auswahlverfahren sollen nach verbreiteter Auffassung den Hochschulzugang differenzieren <strong>und</strong><br />

stehen dabei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Spannungsfeld zwischen Inklusion <strong>und</strong> Exzellenz. Zugleich sollen Auswahlverfahren<br />

die Passfähigkeit zwischen <strong>Studie</strong>nbewerbern <strong>und</strong> Hochschulen erhöhen. Abgewiesenen<br />

Bewerbern <strong>und</strong> Bewerber<strong>in</strong>nen müssen kompensatorische Angebote gemacht werden.<br />

• Bei allen Reformen ist zu bedenken, dass sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Situation knapper werden<strong>der</strong> öffentlicher<br />

Ressourcen umzusetzen s<strong>in</strong>d. Da es sich häufig um <strong>in</strong>tensivierende Maßnahmen handelt, wie<br />

etwa Auswahlverfahren, Beratung/Betreuung, Evaluation o<strong>der</strong> Stipendien, ist e<strong>in</strong>e Neugestaltung<br />

<strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzierungsstrukturen notwendig.<br />

E<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> Schwerpunkte gegenwärtiger Entwicklungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hochschulbildung</strong> stehen zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Spannungsverhältnis. Hier werden <strong>in</strong>telligente Lösungen zu entwickeln se<strong>in</strong>, um diese Spannungen<br />

nicht destruktiv, son<strong>der</strong>n produktiv wirksam werden zu lassen. Die Voraussetzungen e<strong>in</strong>er produk-


tiven Wirksamwerdung s<strong>in</strong>d pr<strong>in</strong>zipiell gegeben, da es sich bei diesen Spannungen auch um Relationen<br />

<strong>der</strong> gegenseitigen Ermöglichung handelt. Drei Beispiele solcher Ziel- <strong>und</strong> Umsetzungskonflikte lassen<br />

sich wegen ihrer zentralen Bedeutung herausheben:<br />

• Flexibilisierung vs. Standardisierung: Bei <strong>der</strong> Umsetzung von <strong>Studie</strong>nreformen müssen zwei<br />

Logiken ausbalanciert werden. E<strong>in</strong>erseits s<strong>in</strong>d Optionen zu vervielfältigen <strong>und</strong> Strukturen zu<br />

flexibilisieren, an<strong>der</strong>erseits ist die Qualität neuer Optionen strukturell zu sichern <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Vergleichbarkeit<br />

zu gewährleisten. Von qualitätssichernden Massnahmen wird z.T. befürchtet, dass<br />

sie nivellierend statt <strong>in</strong>novationsför<strong>der</strong>nd wirken.<br />

• Differenzierung vs. Vere<strong>in</strong>heitlichung <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>n<strong>in</strong>halte: Steht bei <strong>der</strong> Reform <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>nstrukturen<br />

die Verkürzung <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>ndauer im Zentrum, so kann (muss aber nicht) dies zu e<strong>in</strong>er<br />

Standardisierung von <strong>Studie</strong>n<strong>in</strong>halten führen – ‚Verschulung’ im S<strong>in</strong>ne kanonisierter Wissensvermittlung<br />

–, wenn ke<strong>in</strong> Raum für <strong>in</strong>novative <strong>Studie</strong>nangebote <strong>und</strong> <strong>in</strong>dividuelle Komb<strong>in</strong>ationen<br />

bleibt.<br />

• Expansion vs. Selektion: Sofern die Expansion <strong>der</strong> <strong>Hochschulbildung</strong> auf die Baccalaureusstufe<br />

beschränkt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Zugang zur Master-/Magisterstufe restriktiv geregelt wird, kann dies zu e<strong>in</strong>er<br />

faktischen E<strong>in</strong>schränkung <strong>der</strong> Bildungspartizipationsmöglichkeiten führen, obwohl diese<br />

erweitert werden sollen. Zudem können restriktive Zugangsgestaltungen darauf h<strong>in</strong>auslaufen,<br />

Exzellenz durch quantitative Verknappung zu schaffen, statt sie durch beson<strong>der</strong>e Programme zu<br />

för<strong>der</strong>n. Geklärt werden müssen die Bedeutung e<strong>in</strong>zelner Bildungsstufen für berufliche Tätigkeiten<br />

sowie die Akzeptanz <strong>der</strong> neuen <strong>Studie</strong>nabschlüsse bei den Beschäftigern.<br />

Künftige <strong>Trends</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hochschulbildung</strong><br />

Jede Trendabschätzung für die Zukunft ist mit Prognoseunsicherheiten behaftet. Zur Bestimmung<br />

von Zukunftstrends <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Hochschulbildung</strong> gibt es zwei Möglichkeiten: Zum e<strong>in</strong>en lassen sich<br />

Trendextrapolationen aus <strong>der</strong> Gegenwart <strong>in</strong> die Zukunft vornehmen; <strong>der</strong>en Gr<strong>und</strong>lage s<strong>in</strong>d Abschätzungen<br />

<strong>der</strong> Dynamik bereits heute empirisch zu beobachten<strong>der</strong> Entwicklungen. Zum an<strong>der</strong>en<br />

lässt sich annehmen, dass <strong>Hochschulbildung</strong> bestimmte normativ wünschenswerte Anliegen aufnehmen<br />

wird, <strong>der</strong>en gesellschaftliche Bedeutung sich als unabweisbar darstellt; dabei <strong>in</strong>des wird<br />

aller Voraussicht nach nicht jedes wünschenswerte Anliegen soweit Gegenstand hochschulischer<br />

Aktivitäten werden, dass e<strong>in</strong>e Trendverfestigung festzustellen se<strong>in</strong> wird.<br />

Um die prognostischen Unsicherheiten zu verdeutlichen, lassen sich die Polaritäten benennen, <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong>er sich <strong>künftige</strong> <strong>Hochschulbildung</strong> positionieren muss. Sie s<strong>in</strong>d teils herkömmlicher Art,<br />

wobei sie im E<strong>in</strong>zelfall e<strong>in</strong>e neue Bedeutung gew<strong>in</strong>nen; teils s<strong>in</strong>d sie jüngeren Datums bzw. entstehen<br />

gerade erst:<br />

• Die traditionellen Spannungen, <strong>in</strong> denen <strong>Hochschulbildung</strong> schon immer stattfand, s<strong>in</strong>d die<br />

zwischen Theorie- <strong>und</strong> Praxisorientierung, Forschung <strong>und</strong> Lehre bzw. Forschungsfunktion <strong>und</strong><br />

Bildungsfunktion <strong>der</strong> Hochschule, Naturwissenschaften <strong>und</strong> Geistes-/Sozialwissenschaften, Bildung<br />

<strong>und</strong> Ausbildung. Diese Polaritäten s<strong>in</strong>d auch künftig auszutarieren.<br />

• Ebenfalls traditionelle Spannungen, die aber gewichtige Reformulierungen erfahren, s<strong>in</strong>d<br />

die zwischen akademischer Freiheit <strong>und</strong> gesellschaftlicher Verantwortung bzw. Stakehol<strong>der</strong>-<br />

Ansprüchen, Tradition <strong>und</strong> Innovation, Autonomie <strong>und</strong> staatlicher Aufsicht, Gr<strong>und</strong>lagen- <strong>und</strong><br />

Anwendungsorientierung, Studium als Bildungserlebnis vs. Herstellung von Employability,<br />

‚Massen’- vs. Eliteausbildung, Spezialistentum <strong>und</strong> Generalistentum.


• H<strong>in</strong>zu treten bzw. werden weitere Spannungen treten: akademische Selbststeuerung – staatliche<br />

(Rahmen-)Steuerung – Marktsteuerung; Diszipl<strong>in</strong>arität vs. Interdiszipl<strong>in</strong>arität; Regionalität<br />

vs. Internationalität; Forschungs- vs. Transferorientierung; Berufsausbildung – <strong>Hochschulbildung</strong><br />

– Weiterbildung; Differenzierung <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>n<strong>in</strong>halte vs. Vere<strong>in</strong>heitlichung <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>nformen;<br />

Vollzeitstudium vs. Teilzeitstudium; abgegrenzte Bildungsphasen vs. tätigkeitsbegleitendes<br />

Lernen; Präsenzlernen vs. Distance Learn<strong>in</strong>g. Hier <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e wird die Kunst dar<strong>in</strong><br />

bestehen, <strong>in</strong>stitutionell wie prozedural vom ‚versus’ zum ‚<strong>und</strong>’ zu gelangen.<br />

Folgende Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>Hochschulbildung</strong> <strong>der</strong> Zukunft werden sich voraussichtlich zu<br />

prägenden <strong>Trends</strong> verdichten: Gestaltung <strong>der</strong> Wissensgesellschaft; Erzeugung von Employability;<br />

Integration <strong>der</strong> Nachhaltigkeitsdimension; Internationalität; Qualitätsorientierung <strong>und</strong> Wettbewerblichkeit;<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Nutzung neuer Lehr- <strong>und</strong> Lern-Formen. Das heißt im E<strong>in</strong>zelnen:<br />

• Wissensgesellschaft gestalten <strong>und</strong> Employability erzeugen: Das Hochschulabsolventenleitbild <strong>der</strong><br />

Wissensgesellschaft muss das e<strong>in</strong>es Akteurs se<strong>in</strong>, <strong>der</strong> <strong>in</strong> komplexen <strong>und</strong> riskanten Handlungssystemen,<br />

die von gleichfalls komplexen <strong>und</strong> riskanten Umwelten umgeben s<strong>in</strong>d, folgelastige Entscheidungen<br />

zu treffen hat, <strong>der</strong> deshalb Komplexitätsreduktionen solcher Art vornehmen können muss,<br />

wie sie auf Gr<strong>und</strong> alle<strong>in</strong> fachlicher Kenntnisse nicht vornehmbar s<strong>in</strong>d. Wer heute studiert, wird mit<br />

hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit morgen unter Druck komplizierte Sachverhalte entscheiden <strong>und</strong> <strong>in</strong> solchen<br />

Situationen sicher handeln müssen. Darauf muss er/sie durch die Hochschulstudien angemessen<br />

vorbereitet se<strong>in</strong>. Institutionell wird sich für Hochschulen <strong>der</strong> Trend e<strong>in</strong>er hohen Bildungsbeteiligung<br />

fortsetzen <strong>und</strong> durch e<strong>in</strong>en sich dynamisierenden Trend zum lebenslangen Lernen ergänzt<br />

werden. Horizontale <strong>und</strong> vertikale Differenzierung wird e<strong>in</strong>e wesentliche strukturelle Antwort darauf<br />

se<strong>in</strong> müssen.<br />

• Nachhaltigkeit <strong>in</strong>tegrieren: Leistungs- <strong>und</strong> wachstumsorientierte Gesellschaften benötigen um <strong>der</strong><br />

Aufrechterhaltung ihrer Lebensgr<strong>und</strong>lagen willen e<strong>in</strong>e Nachhaltigkeitsorientierung. <strong>Studie</strong>rende<br />

werden zu e<strong>in</strong>em beträchtlichen Teil für berufliche Verwendungen ausgebildet, <strong>in</strong> denen sie <strong>in</strong> komplexen<br />

Handlungslagen folgelastige Entscheidungen zu treffen haben. Daher werden sie zu den wesentlichen<br />

personellen Trägern <strong>der</strong> Nachhaltigkeit werden müssen. Vor <strong>der</strong> <strong>Hochschulbildung</strong> <strong>der</strong><br />

Zukunft steht die Aufgabe, ihre <strong>Studie</strong>renden <strong>in</strong> Nachhaltigkeit gleichsam h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zusozialisieren.<br />

• Internationalität leben: Internationalität wird im Kontext von Globalisierung, Europäisierung <strong>und</strong><br />

Regionalisierung ausgebildet. Die Europa-Dimension <strong>der</strong> Internationalisierung wird von <strong>der</strong> Bewegung<br />

h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>em Europäischen Hochschulraum geprägt. Die <strong>Studie</strong>nstrukturreform ist <strong>der</strong>en für<br />

die nähere Zukunft bestimmendes Projekt. Darüber h<strong>in</strong>aus heißt Internationalisierung <strong>in</strong> <strong>in</strong>haltlicher<br />

H<strong>in</strong>sicht vor allem, Interkulturalität zu entwickeln. Die Zielgruppe ist dabei, soweit es um die Bildungsfunktion<br />

<strong>der</strong> Hochschule geht, dreigeteilt: <strong>Studie</strong>rende mit dem Ziel, <strong>Studie</strong>nphasen im Ausland<br />

zu verbr<strong>in</strong>gen, benötigen Vorbereitung <strong>und</strong> Unterstützung für ihr Vorhaben; <strong>Studie</strong>rende ohne<br />

Möglichkeit o<strong>der</strong> Neigung, e<strong>in</strong>e Auslandsstudienphase zu absolvieren, benötigen heimische Angebote,<br />

Interkulturalität ausbilden zu können; <strong>Studie</strong>rende bzw. <strong>Studie</strong>n<strong>in</strong>teressierte aus dem Ausland<br />

benötigen vorbereitende <strong>und</strong> aufenthaltsbegleitende Betreuungsangebote.<br />

• Qualitätsorientiert <strong>und</strong> wettbewerblich agieren: In <strong>der</strong> Qualitäts- <strong>und</strong> Wettbewerbsorientierung<br />

werden sich bereits beobachtbare Gegenwartstrends fortsetzen. Die Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Zukunft<br />

werden vorrangig dar<strong>in</strong> bestehen, e<strong>in</strong>erseits Entwicklungen h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er Qualitätsbürokratie zu vermeiden,<br />

ohne auf die akzeptanz- <strong>und</strong> wettbewerbspositionsverbessernden Effekte expliziert gemachter<br />

Qualitätsentwicklung zu verzichten. An<strong>der</strong>erseits wird es darum gehen, dem Leistungskern <strong>der</strong>


Hochschule – Forschung <strong>und</strong> Lehre – die spezifische Funktionslogik <strong>der</strong> Wissenschaft, die auf e<strong>in</strong>em<br />

reputationsgeb<strong>und</strong>enen Wettbewerb statt auf marktpreislicher Bewertung beruht, zu sichern.<br />

Allgeme<strong>in</strong>e Übere<strong>in</strong>stimmung herrscht darüber, dass die Hochschule <strong>der</strong> Zukunft auch zukunftsfähige<br />

Orientierungen <strong>und</strong> Techniken des Lehrens <strong>und</strong> Lernens benötigt. Neue Lehr- <strong>und</strong> Lernformen lassen<br />

sich <strong>in</strong> folgen<strong>der</strong> Weise gruppieren:<br />

• zunächst s<strong>in</strong>d dies auf e<strong>in</strong>er elementaren technischen Stufe neue Lehr- <strong>und</strong> Lernhilfen, etwa<br />

<strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz von Medien zur Visualisierung von Zusammenhängen (Folien, Poster, Flipcharts)<br />

<strong>und</strong> Beamern mit den entsprechenden Softwareanwendungen, die Nutzung elektronischer Medien<br />

für Großprojektionen <strong>und</strong> Videokonferenzen, digitale Bibliotheken, die auf <strong>der</strong> gleichen<br />

medialen Ebene, d.h. medienbruchfrei das Weiterlernen <strong>in</strong> ‚klassischen’ Medien wie Büchern<br />

<strong>und</strong> Zeitschriften ermöglichen;<br />

• exemplarisches Erfahrungslernen, d.h. Formen <strong>der</strong> Wissensvermittlung, die weniger über<br />

den strukturierten Lehrendenvortrag stattf<strong>in</strong>den, son<strong>der</strong>n über gezielte Hilfestellungen zum<br />

selbstständigen Wissenserwerb sowie zum zielführenden <strong>und</strong> kritischen Umgang mit Informationen,<br />

wie etwa durch die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung von Simulationen bzw. Planspielen <strong>in</strong> Lehrveranstaltungen,<br />

Projektarbeiten bzw. Projektorientiertes Lernen (POL);<br />

• <strong>Studie</strong>ngänge, die verschiedene Lernorte <strong>in</strong>tegrieren, z.B. duale <strong>Studie</strong>ngänge, die e<strong>in</strong>e betriebliche<br />

Ausbildung mit e<strong>in</strong>em Hochschulstudium verb<strong>in</strong>den, o<strong>der</strong> Verb<strong>und</strong>studiengänge für<br />

Berufserfahrene, die drei Lernorte verb<strong>in</strong>den: Hochschule, berufliche Praxis <strong>und</strong> Selbststudium<br />

im privaten Umfeld;<br />

• Mobiles Lernen (auch „ubiquitäres Lernen“), d.h. die Ausnutzung von Mobiltechnologien,<br />

um Lernen an jedem Ort zu ermöglichen, etwa CD-ROM-gestütztes Lernen, <strong>und</strong><br />

• die Anwendung netzbasierten Lehrens <strong>und</strong> Lernens.<br />

Mit den größten Hoffnungen verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d das netzbasierte Lernen <strong>und</strong> projektorientierte Lernformen:<br />

• Web-based Learn<strong>in</strong>g bezeichnet die Verschmelzung von Ausbildung <strong>und</strong> Internet. Die Art <strong>der</strong><br />

diesbezüglichen Angebote ist sehr heterogen: Sie reicht von <strong>der</strong> netzgestützten Bereitstellung<br />

von Lehrmaterialien über Lehrveranstaltungen mit Onl<strong>in</strong>e-Unterstützung, etwa Onl<strong>in</strong>e-<br />

Meet<strong>in</strong>gs, bis zu re<strong>in</strong>en Onl<strong>in</strong>e-<strong>Studie</strong>ngängen; daneben f<strong>in</strong>den sich zunehmend Blended-<br />

Learn<strong>in</strong>g-Arrangements. Diese reagieren auf e<strong>in</strong>e mittlerweile gewonnene hochschuldidaktische<br />

Erfahrung: Re<strong>in</strong>es E-Learn<strong>in</strong>g kann viele Inhalte nicht ausreichend vermitteln <strong>und</strong> vernachlässigt<br />

die soziale Komponente des Lernens zu stark. Blended Learn<strong>in</strong>g – „gemischtes Lernen“ –<br />

dagegen bezeichnet die Verb<strong>in</strong>dung von klassischer Präsenzlehre mit den verschiedenen virtuellen<br />

Komponenten des E-learn<strong>in</strong>gs. Es zielt auf e<strong>in</strong> Lernen im Medien- <strong>und</strong> Methodenmix, <strong>der</strong><br />

die Vorteile <strong>der</strong> verschiedenen Lernformen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verb<strong>in</strong>det <strong>und</strong> dadurch zugleich versucht,<br />

<strong>der</strong>en jeweilige Nachteile zu neutralisieren. So bleibt für die <strong>Studie</strong>renden e<strong>in</strong>erseits <strong>der</strong><br />

soziale Gruppenkontakt durch die Beibehaltung regelmäßiger Präsenzveranstaltungen erhalten,<br />

<strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits kann <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne <strong>Studie</strong>rende die virtuellen Kurselemente im persönlichen<br />

Lerntempo zeit- <strong>und</strong> ortsunabhängig bearbeiten.<br />

• Vor allem das Problemorientierte Lernen (POL), das auf Lehr- <strong>und</strong> Lernverfahren zur Erarbeitung<br />

von Themen <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>gruppen setzt, wird <strong>der</strong>zeit <strong>in</strong> Blended-Learn<strong>in</strong>g-Arrangements<br />

angewendet. Das Ziel dieser Methode ist es, die <strong>Studie</strong>renden zur selbstständigen Bearbeitung<br />

von speziellen Sachverhalten an Hand ausgewählter berufstypischer Arbeitsschritte heranzufüh-


en. Das Charakteristikum des POL ist, dass e<strong>in</strong> auf Interaktion <strong>und</strong> Selbstverantwortung ausgerichteter<br />

exemplarischer Lernprozess mit konkretem Anwendungsbezug <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>gruppen ausgelöst<br />

wird, <strong>der</strong> unterschiedliche Formen <strong>der</strong> studentischen Zusammenarbeit <strong>in</strong>itiiert. Durch exemplarisches<br />

Erfahrungslernen werden die <strong>Studie</strong>renden befähigt, problemorientiert <strong>und</strong> <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är<br />

Anfor<strong>der</strong>ungssituationen im Studium zu bewältigen.<br />

Konsequenzen für den Kompetenzerwerb <strong>der</strong> Lehrenden, die Hochschulorganisation <strong>und</strong> das<br />

universitäre Management<br />

Aus dem bisher Genannten folgen e<strong>in</strong>e Reihe von Anfor<strong>der</strong>ungen an die Kompetenzentwicklung <strong>der</strong><br />

Lehrenden. Dies betrifft zum e<strong>in</strong>en die Gestaltung entsprechend för<strong>der</strong>licher Kontexte <strong>und</strong> zum an<strong>der</strong>en<br />

die Lehrqualifikationen des Personals.<br />

Die Anfor<strong>der</strong>ungen an die Gestaltung <strong>der</strong> Kontexte lassen sich folgen<strong>der</strong>maßen zusammenfassen:<br />

• Gr<strong>und</strong>voraussetzung <strong>der</strong> Lehre an Hochschulen bleibt auch künftig sowohl breites als auch spezifisches<br />

aktuelles, im Forschungskontakt generiertes Wissen. Umfassende fachliche Kompetenzen<br />

<strong>der</strong> Lehrenden bilden damit weiterh<strong>in</strong> die Basis jeglicher Lehre. Das schließt entsprechend<br />

des Kompetenzansatzes e<strong>in</strong>, dass Lehrende auch die Motivation <strong>und</strong> die (methodischsozialen)<br />

Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten besitzen, dieses Wissen nachvollziehbar zu vermitteln,<br />

<strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>är <strong>in</strong> Theorie <strong>und</strong> Praxis anzuwenden, <strong>in</strong> Forschung <strong>und</strong> Lehre geme<strong>in</strong>sam mit den<br />

Lernenden (<strong>Studie</strong>renden) zu erweitern.<br />

• Die wachsende Vielfalt <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen an Hochschullehrer/<strong>in</strong>nen wird dazu führen, dass<br />

sich <strong>der</strong>en Aufgaben entlang <strong>der</strong> Achse Forschung – Lehre differenzierter als bislang verteilen<br />

werden. Statt <strong>der</strong> häufig diskutierten Trennung von Lehr- <strong>und</strong> Forschungsprofessuren dürfte es<br />

jedoch s<strong>in</strong>nvoller <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Durchsetzung realistischer se<strong>in</strong>, allen Professoren zunächst e<strong>in</strong>e<br />

(vergleichsweise hohe) Lehrverpflichtung zu geben <strong>und</strong> von dieser dann entsprechend diverser<br />

Belastungen (Adm<strong>in</strong>istration, Forschungsprojektleitung, aber auch z.B. Anzahl <strong>der</strong> zu betreuenden<br />

<strong>Studie</strong>renden) zu ermäßigen. Denkbar ist dies auch im Rahmen e<strong>in</strong>er Poolbildung <strong>der</strong> Lehrdeputate<br />

pro Institut o<strong>der</strong> Fakultät: Die Aufteilung <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuell zu leistenden St<strong>und</strong>en erfolgt<br />

dann nach e<strong>in</strong>em festen Kategorienraster, das sich an <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Gesamtbelastung orientiert,<br />

durch die Dekan<strong>in</strong> o<strong>der</strong> den Dekan. Im Durchschnitt jedoch sollten durch e<strong>in</strong>e solche Regelung<br />

die Professoren <strong>und</strong> Professor<strong>in</strong>nen nicht höher belastet werden, als sie es heute s<strong>in</strong>d.<br />

• Qualitativ angemessene Lehre an den Hochschulen wird künftig (fast) nur noch möglich se<strong>in</strong>,<br />

wenn Hochschullehrer eigene Erfahrungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nutzung <strong>und</strong> Anwendung neuer Wissensbestände<br />

auf praktische Erfor<strong>der</strong>nisse <strong>in</strong> komplexen gesellschaftlichen Bezügen besitzen. Hochschullehrer<br />

müssen deshalb nicht nur reale Möglichkeiten haben, ihre Berufsbiografien temporär<br />

auch außerhalb <strong>der</strong> Bildungse<strong>in</strong>richtungen zu gestalten – vielmehr bedarf es dazu auch entsprechen<strong>der</strong><br />

För<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Anerkennung.<br />

• Schließlich werden Lehrende künftig stärker gefor<strong>der</strong>t se<strong>in</strong>, bei Wahrung autonomer Forschung<br />

<strong>und</strong> Lehre curricular <strong>und</strong> (selbst-)evaluierend im Team professionell tätig zu werden.<br />

Die Anfor<strong>der</strong>ungen an die Lehrqualifikationen des Personals lassen sich folgen<strong>der</strong>maßen zusammenfassen:


• Gefor<strong>der</strong>t ist vor allem an<strong>der</strong>en e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle Lehr- <strong>und</strong> Betreuungsmotivation. Das dem zu<br />

Gr<strong>und</strong>e liegende pädagogische Ethos lässt sich nicht durch nachträgliche Weiterbildungen erzeugen<br />

– zumal dann nicht, wenn erst Überbeanspruchungen <strong>in</strong> Folge unzulänglicher Personalausstattungen<br />

Gleichgültigkeiten erzeugt haben. Se<strong>in</strong>e Heranbildung stellt vielmehr e<strong>in</strong>e Aufgabe<br />

<strong>der</strong> akademischen Sozialisation dar. Die Erzeugung dieser Motivation ist e<strong>in</strong>e wesentliche<br />

Voraussetzung, um <strong>der</strong> Lehre im Reputationssystem <strong>der</strong> Hochschullehrer/<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>en gleichrangigen<br />

Platz im Verhältnis zur Forschung zu verschaffen.<br />

• Hochschullehrer/<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d nicht nur fachlich, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> gleichem Maße methodisch <strong>und</strong> sozial<br />

als betreuende Unterstützer <strong>und</strong> Mo<strong>der</strong>atoren gefragt. Sie benötigen die Professionalität, z.B.<br />

Sem<strong>in</strong>are, Projektarbeiten, Fallstudien, Planspiele u.ä. methodisch sicher zu gestalten – also<br />

nicht zuletzt mit neuen Lehr- <strong>und</strong> Lernformen souverän zu agieren.<br />

• Diese Aufgabe steht <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung damit, dass Wissen <strong>in</strong> den unterschiedlichen <strong>Studie</strong>nformen<br />

(Präsenzstudium, Fernstudium, gr<strong>und</strong>ständiges <strong>und</strong> weiterbildendes Studium u.a.m.) künftig<br />

teilweise elektronisch gestützt erworben wird. Hochschullehrer werden gefor<strong>der</strong>t se<strong>in</strong>, dies e<strong>in</strong>erseits<br />

technisch, fachlich <strong>und</strong> didaktisch fe<strong>der</strong>führend zu koord<strong>in</strong>ieren. An<strong>der</strong>erseits können<br />

elektronische Formen nur dann erfolgreich se<strong>in</strong>, wenn Hochschullehrer diese eigenständige Arbeit<br />

im direkten Dialog mit <strong>Studie</strong>renden mo<strong>der</strong>ieren <strong>und</strong> coachen.<br />

• Als unverzichtbar wird sich erweisen, Gen<strong>der</strong>-Kompetenz zu erwerben als Voraussetzung e<strong>in</strong>er<br />

geschlechtergerechten Gestaltung von Lehre, Nachwuchsför<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Personalentwicklung.<br />

Diese Gestaltung bezieht sich auf die Konzipierung von <strong>Studie</strong>ngangsangeboten, Curricula-<br />

Strukturen, Lehr- <strong>und</strong> Lernformen sowie die Integration von Erkenntnissen <strong>der</strong> Frauen- <strong>und</strong> Geschlechterforschung<br />

<strong>in</strong> die Lehre unter dem Blickw<strong>in</strong>kel <strong>der</strong> spezifischen Vorstellungen, Bedürfnisse<br />

<strong>und</strong> Lebenslagen von jungen Frauen <strong>und</strong> jungen Männern mit den Zielen e<strong>in</strong>er Erhöhung<br />

<strong>der</strong> <strong>Studie</strong>rneigung, <strong>der</strong> besseren Ausschöpfung des Potenzials an <strong>Studie</strong>nberechtigten, e<strong>in</strong>er<br />

ausgewogeneren fachlichen Struktur des Hochschulzugangs sowie e<strong>in</strong>er Reduzierung von<br />

<strong>Studie</strong>nfachwechsel <strong>und</strong> <strong>Studie</strong>nabbruch. Das kann auch im Rahmen e<strong>in</strong>es Diversity Management<br />

betrieben werden – doch wäre dabei dem mitunter vorgetragenen E<strong>in</strong>wand Rechnung zu<br />

tragen, dass herkömmliches Diversity Management ke<strong>in</strong>eswegs auf tatsächliche Geschlechtergerechtigkeit<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Harmonisierung von Verschiedenheit ziele, son<strong>der</strong>n lediglich auf die profitable<br />

Ausnutzung <strong>der</strong> Verschiedenheit von Humankapital.<br />

• In wesentlich stärkerem Maße als bislang müssen Hochschullehrer/<strong>in</strong>nen darüber h<strong>in</strong>aus <strong>Studie</strong>rende<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Entwicklung jener Kompetenzen coachen, die Hochschulabsolventen künftig zur<br />

Gestaltung <strong>und</strong> Bewältigung verän<strong>der</strong>ter gesellschaftlicher Rahmenbed<strong>in</strong>gungen benötigen –<br />

Kompetenzen, die häufig bereits gegenwärtig erfor<strong>der</strong>lich s<strong>in</strong>d, aber im Studium erst ungenügend<br />

entwickelt werden. Das zielt <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auf die Anwendung fachlichen <strong>und</strong> methodischen<br />

Wissens zur Lösung komplexer praktischer Probleme, die professionell-operative<br />

<strong>und</strong> sozial-<strong>in</strong>teraktive Kompetenzen voraussetzen.<br />

• Die sich verän<strong>der</strong>nden gesellschaftlichen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen erfor<strong>der</strong>n künftig Hochschulabsolventen,<br />

welche die sie betreffenden Verän<strong>der</strong>ungen eigenständig erkennen, reflektieren<br />

<strong>und</strong> mitgestalten – d.h. lebenslang lernen. Hochschullehre kann dazu beitragen, <strong>in</strong>dem schon<br />

<strong>Studie</strong>rende befähigt werden, eigenständig <strong>und</strong> im Team Entwicklungen zu erkennen, zu analysieren<br />

<strong>und</strong> darauf zu reagieren. Voraussetzung dafür s<strong>in</strong>d gr<strong>und</strong>legende hochschuldidaktische<br />

Qualifikationen.


• Neben dem Anwendungsbezug werden Hochschullehrer/<strong>in</strong>nen gefor<strong>der</strong>t se<strong>in</strong>, Interdiszipl<strong>in</strong>arität<br />

<strong>und</strong> Internationalität zu för<strong>der</strong>n. Das erfor<strong>der</strong>t entsprechende E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong> Selbstkompetenzen,<br />

aber auch e<strong>in</strong> breites Wissen über an<strong>der</strong>e Diszipl<strong>in</strong>en, Kulturen, Methoden e<strong>in</strong>schließlich<br />

Sprachkompetenzen. Voraussetzung für e<strong>in</strong>e mo<strong>der</strong>ne Hochschullehre ist e<strong>in</strong>e entsprechende<br />

Qualifizierung <strong>der</strong> Lehrenden (von Hochschullehrer/<strong>in</strong>nen über wissenschaftliche<br />

Mitarbeiter/<strong>in</strong>nen bis h<strong>in</strong> zu Tutoren/Tutor<strong>in</strong>nen) <strong>in</strong> hochschuldidaktischen Kursen sowie die eigenständige<br />

ergänzende Weiterbildung (formell <strong>und</strong> <strong>in</strong>formell). Dafür empfehlen sich hochschuldidaktische<br />

Zentren bzw. Netzwerke.<br />

Die aus dem Genannten folgenden Anfor<strong>der</strong>ungen an universitäre Organisationsentwicklung <strong>und</strong> Management<br />

lassen sich folgen<strong>der</strong>maßen zusammenfassen:<br />

• Die Adm<strong>in</strong>istration von Universitäten kennt we<strong>der</strong> e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches Modell, noch wird sie sich künftig<br />

auf e<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternational geme<strong>in</strong>sames Modell h<strong>in</strong> entwickeln. Dem stehen kulturelle Prägungen <strong>und</strong><br />

Traditionen <strong>in</strong> den unterschiedlichen e<strong>in</strong>zelstaatlichen Kontexten entgegen. Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt es zu<br />

beachten, dass gerade <strong>in</strong> den angelsächsischen Universitätsmodellen, die auf vielfältige Weise für<br />

den Prozess <strong>der</strong> kont<strong>in</strong>entaleuropäischen Hochschulreformen beispielgebend s<strong>in</strong>d, viele E<strong>in</strong>richtungen<br />

e<strong>in</strong>en hohen Grad <strong>der</strong> Autonomie genießen. Das ist deshalb von gr<strong>und</strong>legen<strong>der</strong> Bedeutung, weil<br />

viele Reformmaßnahmen <strong>in</strong> Europa nicht mehr nur als staatliche Initiativen o<strong>der</strong> gar Verordnungen<br />

gesehen werden sollen. Das Leitbild <strong>der</strong> Hochschulautonomie gew<strong>in</strong>nt auch hier an Boden. In dieser<br />

Perspektive s<strong>in</strong>d die österreichischen Universitäten bereits weiter vorangeschritten als die deutschen.<br />

Ihr geme<strong>in</strong>sames Merkmal ist aber auch weiterh<strong>in</strong> ihr hoher Verrechtlichungsgrad, <strong>der</strong> dem Autonomiepr<strong>in</strong>zip<br />

manche Fesseln anlegt.<br />

• Organisation <strong>und</strong> Management von universitären Angelegenheiten bedeutet künftig die verstärkte<br />

Verlagerung adm<strong>in</strong>istrativer Entscheidungskompetenzen von staatlichen E<strong>in</strong>richtungen<br />

h<strong>in</strong> zu den immer autonomeren Hochschulen selbst. Dieser Prozess impliziert notwendigerweise<br />

e<strong>in</strong>e höhere Bereitschaft auf Seiten <strong>der</strong> Hochschulen, <strong>in</strong> allen Angelegenheiten von Forschung<br />

<strong>und</strong> Lehre die Verantwortung für die selbstständige Steuerung, also für Organisation <strong>und</strong> Management<br />

aller hieraus resultierenden universitären Belange selbst zu übernehmen. Auf die gestiegenen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen (dazu zählt <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch das Qualitätsmanagement) muss mit e<strong>in</strong>er<br />

weiteren Professionalisierung <strong>der</strong> für den <strong>Studie</strong>nbetrieb verantwortlichen Positionen (<strong>Studie</strong>ndekane,<br />

Referenten) reagiert werden. Professionalisierung me<strong>in</strong>t hier zweierlei: zum e<strong>in</strong>en<br />

Hauptamtlichkeit, zum an<strong>der</strong>en e<strong>in</strong>e aufgabenspezifische Ausbildung <strong>der</strong> jeweiligen Positions<strong>in</strong>haber.<br />

• Bereits die Organisation von Auswahl- <strong>und</strong> Zulassungsverfahren zum Studium bedeutet nicht<br />

nur für die unterstützende Verwaltung, son<strong>der</strong>n auch für die Lehrenden e<strong>in</strong> Mehr an Arbeit. Vor<br />

allem aber die neuen <strong>Studie</strong>ngänge mit ihren Modulen <strong>und</strong> studienbegleitenden Prüfungen <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>em höheren Betreuungsaufwand verlangen e<strong>in</strong> größeres Maß an Verwaltungsorganisation:<br />

Dies betrifft <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die <strong>Studie</strong>renden- <strong>und</strong> Prüfungsverwaltung sowie St<strong>und</strong>enplan-,<br />

Raumplan- <strong>und</strong> Lehrangebotsverwaltung.<br />

• Auf Gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> zunehmenden Diversifikation des <strong>Studie</strong>nangebots wird die Transparenz <strong>der</strong><br />

Lehrangebote gegenüber <strong>Studie</strong>renden immer wichtiger – <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e gilt dies, wenn ausländische<br />

<strong>Studie</strong>rende angeworben werden sollen. Dies ist e<strong>in</strong>e Frage <strong>der</strong> <strong>in</strong>formationstechnologischen<br />

Umsetzung, aber auch <strong>der</strong> Beratung <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>renden durch die Universitätsadm<strong>in</strong>istration<br />

<strong>und</strong> Fachbereiche/Institute.


• Um die Qualität <strong>und</strong> Attraktivität <strong>der</strong> vielfältigen neuen <strong>Studie</strong>ngänge zu gewährleisten, wird<br />

e<strong>in</strong>e vermehrte Anzahl von Akkreditierungs- <strong>und</strong> Evaluationsverfahren zu bewältigen se<strong>in</strong>. Dies<br />

betrifft <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die Lehrenden. Zu vermeiden s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> jedem Falle die schleichende Etablierung<br />

e<strong>in</strong>er Qualitätsbürokratie <strong>und</strong> die alle<strong>in</strong>ige Bewältigung von Accountability-<br />

Anfor<strong>der</strong>ung durch die Wissenschaftler/<strong>in</strong>nen. Daher wird e<strong>in</strong> Ausbau o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Umschichtung<br />

<strong>der</strong> adm<strong>in</strong>istrativen Kapazitäten <strong>der</strong> Hochschule bzw. <strong>der</strong> Fakultäten vonnöten se<strong>in</strong> – an vielen<br />

Hochschulen e<strong>in</strong> gewöhnungsbedürftiger Gedanke, da bislang meist davon ausgegangen wird,<br />

dass Verwaltungsreformen <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Hochschulreform zu e<strong>in</strong>er Reduzierung von Verwaltungskapazitäten<br />

führen könnten.<br />

• Die avisierte Grobstruktur des europäischen <strong>Studie</strong>nsystems soll zu e<strong>in</strong>er erhöhten transnationalen<br />

Mobilität <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>renden führen. Die Hochschuladm<strong>in</strong>istration <strong>und</strong> nicht zuletzt das <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Selbstverwaltung engagierte wissenschaftliche Personal müssen, um den erwarteten Internationalisierungsschub<br />

zu bewältigen, <strong>der</strong> wachsenden Anzahl von ausländischen <strong>Studie</strong>nbewerbern<br />

(<strong>und</strong> <strong>der</strong> Verwaltung ihrer Bewerbungen bzw. ihres Studiums) gewachsen se<strong>in</strong>.<br />

• E<strong>in</strong> verstärktes Anwerben von <strong>Studie</strong>renden aus Regionen mit starkem Bevölkerungswachstum<br />

(Bildungsimport), aber auch die Etablierung von Hochschuldependancen bzw. Bi-Staaten-Hochschulen<br />

<strong>in</strong> bevölkerungsreichen Gebieten werden e<strong>in</strong>e Folge <strong>der</strong> generellen Mobilitätssteigerung<br />

se<strong>in</strong>. Wettbewerbsvorteile werden jene Hochschulen haben, die ihre Lehre bil<strong>in</strong>gual anbieten.<br />

Für sämtliche Hochschulen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e kle<strong>in</strong>ere bzw. weniger bekannte, ergeben sich dabei<br />

auch neue <strong>und</strong> quantitativ umfassende Anfor<strong>der</strong>ungen an professionelles Hochschulmarket<strong>in</strong>g.<br />

• Es erhebt sich <strong>in</strong>sgesamt die Frage, <strong>in</strong> welcher Weise die vielfältigen neuen <strong>und</strong> anspruchsvollen<br />

adm<strong>in</strong>istrativen Aufgaben <strong>der</strong> Personalentwicklung (auch) im Verwaltungsbereich <strong>der</strong><br />

Hochschulen e<strong>in</strong> stärkeres Gewicht geben. Schließlich stellen <strong>der</strong> vermehrte Verwaltungsbedarf<br />

<strong>und</strong> die Ansprüche <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>renden h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Transparenz des <strong>Studie</strong>n- <strong>und</strong> Lehrangebots<br />

auch neue Anfor<strong>der</strong>ungen an die Hochschulverwaltungssoftware.<br />

• Damit kommen <strong>in</strong> den nächsten Jahren zu den bestehenden Aufgaben neue Anfor<strong>der</strong>ungen auf<br />

die Lehrenden <strong>und</strong> die Adm<strong>in</strong>istration zu. Dies führt an den Hochschulen zu e<strong>in</strong>em Kapazitätsproblem:<br />

Entwe<strong>der</strong> ist, sofern die im wissenschaftlichen Personal vorhandene Manpower zur<br />

Selbstverwaltung ausgeschöpft ist, darauf zu reagieren, <strong>in</strong>dem adm<strong>in</strong>istrative Kapazitäten <strong>in</strong> die<br />

entsprechenden Bereiche verlagert bzw. dort ausgebaut werden, o<strong>der</strong> <strong>in</strong>dem die Aufnahme von<br />

<strong>Studie</strong>renden stärker e<strong>in</strong>geschränkt wird, so dass mit den vorhandenen f<strong>in</strong>anziellen <strong>und</strong> personellen<br />

Mitteln e<strong>in</strong>e Betreuung <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>renden gewährleistet werden kann, die akademischen<br />

Standards entspricht. Inwieweit dies angesichts des allgeme<strong>in</strong>en <strong>Trends</strong> zur Bildungsexpansion<br />

anzustreben bzw. durchzusetzen ist, muss dah<strong>in</strong>gestellt bleiben. E<strong>in</strong> weiteres denkbares, aber<br />

kaum realistisches Alternativszenario wäre das Anheben <strong>der</strong> <strong>Studie</strong>ngebühren auf e<strong>in</strong> kostendeckendes<br />

Niveau.<br />

Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> lassen sich strategische Handlungsfel<strong>der</strong> bestimmen, die vorrangig zu bearbeiten<br />

s<strong>in</strong>d. Adressatenorientiert sollen diese Handlungsfel<strong>der</strong> als Kernziele <strong>künftige</strong>r <strong>Hochschulbildung</strong>sentwicklung<br />

formuliert werden. Diese Kernziele werden im Folgenden <strong>in</strong> Unterziele ausdifferenziert.

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