Vom richtigen Einbau - Brandschutzjahrbuch
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<strong>Vom</strong> <strong>richtigen</strong> <strong>Einbau</strong> von Brandschutzklappen<br />
<strong>Vom</strong> <strong>richtigen</strong> <strong>Einbau</strong><br />
von Brandschutzklappen<br />
Ing. Kurt Sobotka<br />
Hilti Austria Ges.m.b.H. • Produktmanager Brandschutz<br />
A-1230 Wien • Altmannsdorfer Straße 165 • PF 316<br />
Tel. 01 / 661 01-245 • Fax Dw 380 • E-Mail: sobotka@hilti.com • www.hilti.at<br />
Seit langem bestehende Vorschriften<br />
- neue Bautrends - die<br />
Herausforderung beim <strong>Einbau</strong><br />
von Brandschutzklappen!<br />
Das in Österreich für den <strong>Einbau</strong> von Brandschutzklappen<br />
- nachfolgend auch BSK genannt - noch immer gültige<br />
und technisch verbindliche Regelwerk ist die ÖNORM M<br />
7625 „Lüftungstechnische Anlagen - Brandschutzklappen<br />
- Anforderungen, Prüfungen, Kennzeichnung“.<br />
Gemäß dieser Norm hat der <strong>Einbau</strong> von BSK grundsätzlich<br />
in massiven Wänden oder Decken mit einer Mindestbauteildicke<br />
von 25 cm zu erfolgen. Geringere Bauteildicken<br />
sind nur dann zulässig, wenn dafür ein entsprechender<br />
Prüfnachweis vorgelegt werden kann.<br />
Hinsichtlich Raumabschluss wird gefordert, dass die BSK<br />
in voller Mauerdicke einbetoniert oder eingemörtelt wird.<br />
Wenn man Brandschutzlösungen vor Ort auf Baustellen<br />
näher inspiziert, wird man feststellen, dass die meisten<br />
BSK nicht einbetoniert oder eingemörtelt sind, sondern<br />
vielmehr weich abgeschottet sind.<br />
Und das, obwohl die ÖNORM M 7625 ein Weichschott<br />
nicht in Betracht zieht!<br />
Diesem Umstand Rechnung<br />
tragend wurde im Dezember<br />
2000 die Vornorm ÖNORM H<br />
6031 herausgegeben, die über<br />
den Umfang der ÖNORM M<br />
7625 hinaus erstmalig den<br />
<strong>Einbau</strong> von BSK in Leichtbauwänden<br />
(Gipskartonständerbauweise)<br />
und die Abschottung<br />
der BSK mittels<br />
Weichschottsystemen regelt.<br />
Ein Großteil der<br />
BSK-Abschottungen<br />
sind als so genannte<br />
weiche Abschottungen<br />
mittels Mineralwollplatten<br />
und Dämmschichtbildner<br />
bzw.<br />
Ablationsbeschichtung<br />
ausgeführt.<br />
Eine wesentliche Forderung<br />
dabei ist, dass die Lage und<br />
Position der BSK durch allfällige<br />
Kräfte resultierend aus<br />
wärmebedingten Längsdehnungen<br />
des Lüftungskanals<br />
nicht geändert werden darf.<br />
Harte BSK-Abschottung mittels Brandschutzmörtel<br />
Die Tatsache, dass die heutigen Bauweisen einen klaren<br />
Trend zu dünneren Untergründen erkennen lassen - man<br />
denke nur an den Vormarsch des Trockenausbaus bei modernen<br />
Bürobauten, Hotels, Krankenhäusern usw. - lassen<br />
die Anforderungen der ÖNORM M 7625 anachronistisch<br />
erscheinen bzw. einen normgerechten <strong>Einbau</strong> von BSK<br />
immer seltener bewerkstelligen!<br />
Während beim Einmörteln/Einbetonieren der BSK diese<br />
Schubsicherheit grundsätzlich gegeben ist, muss beim<br />
Weichschott eine entsprechende Schubsicherheit konstruktiv<br />
hergestellt werden, um im Brandfall ein Herausfallen<br />
des Weichschotts durch Lageveränderung der BSK zu<br />
verhindern.<br />
Dies kann einerseits durch Dehnungskompensation mit<br />
Hilfe von sog. Segeltuchstutzen oder durch Kraftkompensation<br />
mittels Fixpunktkonstruktion erreicht werden.<br />
16
Was hält das Weichschott um<br />
die Brandschutzklappe aus?<br />
Hilti Austria Ges.m.b.H. hat das Thema Weichschottbelastung<br />
durch Längsausdehnung von Lüftungsleitungen<br />
nach der Herausgabe der Vornorm ÖNORM H6031 aufgegriffen<br />
und im Zuge einer Weichschottprüfung die Lasteinwirkung<br />
mitgeprüft.<br />
Ausgegangen ist man dabei von einer Kombischottprüfung,<br />
d.h. gleichzeitige Durchführung von Kabeln, brennbaren<br />
und nicht-brennbaren Rohren sowie Brandschutzklappen<br />
durch eine 100 mm starke Gipskartonständerwand.<br />
Die BSK wurde mittels Hilti<br />
BSK-Befestigungswinkeln und<br />
einer von Hilti ausgelegten<br />
Schrägabstützung aus Gewindestangen<br />
„starr“ im Sinne der<br />
H6031 mit dem tragenden<br />
Untergrund, einer überkragenden<br />
Massivdecke befestigt.<br />
Mittels hydraulischem Testgerät<br />
wurde eine definierte Kraft von<br />
2,0 kN axial in die Brandschutzklappe<br />
eingeleitet, die über die<br />
gesamte Dauer des Brandversuches<br />
(90 Minuten) auf die starre<br />
Befestigung einwirkte.<br />
2,0 kN Zuglast axial in den Lüftungskanal über<br />
90 Minuten eingeleitet zur Überprüfung der starren<br />
Befestigung der BSK während des Brandversuches.<br />
Die Konstruktion hat über die gesamte Versuchsdauer der<br />
definierten Last standgehalten und somit konnte erstmals<br />
ein Prüfergebnis erzielt werden, worin sowohl die Anforderungen<br />
der ÖNORMEN B3800-2 bzw. B3836 als auch<br />
die Forderung der Vornorm ÖNORM H6031 nach einer<br />
starren Befestigung Berücksichtigung fanden. (Gutachtliche<br />
Stellungnahme IBS-Linz, Akten-Nr. 03121803-1<br />
vom 22. 1. 2003).<br />
Es muss jedoch angemerkt werden, dass die Lastannahme<br />
von 2,0 kN (Größe Lüftungskanal/BSK 300 x 200 mm) in<br />
Ermangelung an Erfahrungen aus Versuchen und Berechnungen<br />
als „realistisch“ angenommen wurde - ohne dafür<br />
einen wirklichen Nachweis erbringen zu können.<br />
Wie groß sind die auf die<br />
BSK wirkenden Schubkräfte<br />
nun wirklich?<br />
Die zunehmende Sensibilisierung des Themas „sichere<br />
Befestigung von BSK bei gleichzeitiger weicher Abschottung“<br />
ließ bei allen beteiligten Personen, insbesonders bei<br />
jenen, die mit der Ausarbeitung der H6031 befasst sind, die<br />
Frage aufkommen, „Wie starr muss die Befestigung<br />
nun wirklich sein oder wie groß sind die auf die BSK einwirkenden<br />
Längskräfte nun tatsächlich im Brandfall?“<br />
Dies hat die Firma Hilti Austria Ges.m.b.H. und die Versuchs-<br />
und Forschungsanstalt der Stadt Wien - MA 39 -<br />
VFA dazu bewogen,gemeinsam einen Grundlagen-Brandversuch<br />
mit der Zielsetzung durchzuführen, die gewonnenen<br />
Erkenntnisse der Fachwelt zur Verfügung zu stellen<br />
und allfällige neue Rückschlüsse normativ weiter zu bearbeiten.<br />
In diesem Sinne fanden zwei Brandversuche im November<br />
2004 bzw. Februar 2005 bei der MA 39 - VFA unter<br />
Beisein von Mitgliedern des Normungsausschusses, Sachverständigen,<br />
Vertretern von Prüfanstalten, BSK-Herstellern<br />
und ausführenden Lüftungsfirmen statt, die zu erstaunlichen<br />
Erkenntnissen führen sollten.<br />
Grundsätzlich waren die Versuche so aufgebaut, dass<br />
runde und eckige Lüftungsrohre/-kanäle (Größen von<br />
DN 100 bis 1.200 x 800 mm) über die gesamte Ofenbreite<br />
so geführt wurden, dass sie abgestützt an der Ofeninnenwand<br />
über die gesamte Breite des Ofens durch eine große<br />
Öffnung in der gegenüberliegenden Wand hindurchgeführt<br />
wurden.<br />
Restöffnungen und Kanalquerschnitte beim Ofenaustritt<br />
wurden mittels Hilti-Weichschottsystemen CP671 bzw.<br />
CP673 abgeschottet.<br />
Fixe Einspannungen an der Gegenwand und eine ausreichende<br />
Anzahl von Abstützungen/Auflagerungen im<br />
Ofen stellten sicher, dass ein Durchhängen oder Ausweichen<br />
(Knicken) der Lüftungsleitungen infolge der<br />
hitzebedingten Ausdehnung vermieden wird („worst<br />
case scenario“).<br />
17<br />
Vorbeugender BRANDSCHUTZ
<strong>Vom</strong> <strong>richtigen</strong> <strong>Einbau</strong> von Brandschutzklappen<br />
Daraus muss abgeleitet werden, dass unter Hitzeeinwirkung<br />
mit einer Längenänderung des Lüftungskanales<br />
von ca. 10 mm pro Laufmeter Lüftungskanal (1 %) zu rechnen<br />
ist. Die max. auftretenden Schubkräfte waren abhängig<br />
von der Größe des Lüftungsrohres/-kanals und lagen<br />
zwischen einigen wenigen kN bis max. 9,5 kN beim<br />
größten Kanal 1.200 x 800 mm! Zu erwähnen ist, dass die<br />
maximal auftretenden Kräfte bereits nach zehn Minuten<br />
erreicht wurden.<br />
Aus den Ergebnissen der beiden Versuche muss in jedem<br />
Fall der Schluss gezogen werden, dass die Funktion der<br />
BSK in Weichschotts nur dann sichergestellt werden kann,<br />
wenn eine ausreichende Dehnungs- oder Kraftkompensation<br />
vorgesehen wird!<br />
Lüftungskanäle/Spirorohre mit Stützkonstruktion im Ofen<br />
Höchste Sicherheit durch<br />
geprüfte Lösungen von starren<br />
BSK-Befestigungen von Hilti!<br />
Hilti Austria Ges.m.b.H. hat die Erkenntnisse aus dem<br />
ersten Brandversuch beim IBS Linz und den beiden<br />
Grundlagen-Brandversuchen bei der MA 39 VFA zusammengeführt<br />
und zum Anlass genommen, neue<br />
Lösungen für starre BSK-Befestigungen im Sinne der<br />
H 6031 zu entwickeln.<br />
Ansicht der Lüftungsleitungen inklusive Weichschott<br />
An der Stelle, wo die Lüftungsrohre/-kanäle aus dem Ofen<br />
austraten, wurden Längsdehnung und mittels Kraftmessdosen<br />
die auftretenden Kräfte gemessen (Temperatureinwirkung<br />
im Ofen gemäß EN 1363).<br />
Neueste Versuchserkenntnisse<br />
führen zu einem<br />
Umdenken hinsichtlich<br />
BSK-Befestigungen!<br />
Praktisch an allen eingebauten Lüftungskanälen und -rohren<br />
wurden thermisch bedingte Längsausdehnungen am<br />
freien Ende von 40 bis 45 mm gemessen.<br />
18
Die Ausführung der Befestigung hängt von der Größe der<br />
BSK und von der Abhängelänge (Abstand zwischen Bauteil<br />
und BSK) ab.<br />
Sichergestellt ist, dass es für alle Arten und Größen von<br />
Brandschutzklappen - rund oder eckig - von Hilti eine<br />
technisch optimale und wirtschaftliche Lösung gibt!<br />
Für die Beantwortung von Fragen im Zusammenhang mit<br />
Brandschutzklappenbefestigungen steht Ihnen das Hilti-<br />
Engineering-Team jederzeit zur Verfügung.<br />
Ihre Rufnummer zum Nulltarif:<br />
0800 / 81 81 00<br />
Selbstverständlich können Sie sich auch über das Internet<br />
informieren bzw. die gewünschten Dokumentationsunterlagen<br />
downloaden unter: www.hilti.at.<br />
Vorbeugender BRANDSCHUTZ<br />
19
Vorbeugender Brandschutz:<br />
Kabelanlagen mit integriertem Funktionserhalt<br />
nach ÖNorm DIN 4102-12<br />
Gebäude mit besonderen Anforderungen sind in der Regel mit sicherheitsrelevanten<br />
Anlagen ausgestattet, die im Falle eines Brandes<br />
über einen angemessenen Zeitraum funktionstüchtig bleiben<br />
müssen. Ein zentrales Thema in diesem Zusammenhang ist der Funktionserhalt<br />
der Kabelanlage, über die diese Anlagen mit Strom versorgt<br />
werden. Denn nur geprüfte Kabel in Verbindung mit zugelassenen<br />
Schellen oder Tragevorrichtungen gewährleisten, dass angeschlossene<br />
Sicherheitseinrichtungen über den geforderten Zeitraum<br />
auch funktionstüchtig bleiben. Wo auch immer in den Vorschriften<br />
von Funktionserhalt die Rede ist, gelten die Anforderungen an<br />
Kabelanlagen, wie sie in der ÖNorm DIN 4102-12 festgelegt sind.<br />
Da die baurechtlichen Vorschriften und Normen in Österreich von Bundesland<br />
zu Bundesland variieren, sind Planer und Installateure dazu gezwungen, sich<br />
die jeweiligen Bestimmungen anzueignen, in denen sie ein Bauvorhaben durchführen.<br />
Länder wie das Burgenland, die Steiermark und Vorarlberg verfügen<br />
zum Beispiel über ein Baugesetz. Andere Länder wie Niederösterreich und<br />
Tirol, aber auch zum Beispiel die Stadt Wien, besitzen eine Bauordnung. In Salzburg<br />
kommen parallel mehrere Gesetze zur Anwendung: Das Bebauungsgrundlagengesetz,<br />
das Baupolizeigesetz, das Bautechnikgesetz und andere.<br />
Funktionserhalt<br />
Anders als zum Beispiel in Deutschland, wo in den landesbaurechtlichen Vorschriften<br />
(Leitungsanlagenrichtlinie, LAR) ein Funktionserhalt von 30 Minuten<br />
für elektrische Anlagen, die zur Evakuierung von Menschen und Tieren benötigt<br />
werden, und von 90 Minuten für Brandbekämpfungsanlagen gefordert ist,<br />
stellt sich das Bild hierzulande sehr uneinheitlich dar. Dem Leitungsbauer bleibt<br />
lediglich festzustellen, welche Hinweise auf die jeweiligen Sicherheitsforderungen<br />
für die Errichtung elektrischer Anlagen in den Ausschreibungsbedingungen<br />
und in den Auflagen der Baugenehmigungen und Brandschutzkonzepte<br />
enthalten sind. Wenn ein Funktionserhalt gefordert ist, dann gelten<br />
automatisch die Anforderungen der ÖNorm DIN 1402-12.<br />
Prüfung nach DIN 4102-12<br />
Der seit Januar 1991 vorliegende Teil 12 der DIN 4102 beschreibt die Anforderungen,<br />
Prüfungen und Maßnahmen zur Erzielung des Funktionserhaltes<br />
von elektrischen Kabelanlagen im Brandfall. Diese Norm ermöglicht somit die<br />
Prüfung einer kompletten Kabelanlage unter praxisgerechten Bedingungen.<br />
Dazu gehören Starkstromkabel, isolierte Starkstromleitungen, Installationskabel<br />
und Installationsleitungen für Fernmelde- und Informationsverarbeitungsanlagen<br />
und - nicht zuletzt - die dazu gehörigen Verbindungselemente,<br />
Tragevorrichtungen und Halterungen. Gerade die „Kleinteile“, zum Beispiel<br />
brandschutztechnisch geprüfte Dübel und Schrauben, spielen in diesem Zusammenhang<br />
eine wichtige Rolle. Denn jede Kabelanlage kann nur so gut sein<br />
wie ihr schwächstes Glied. Geprüft wird grundsätzlich in einem Brandofen bei<br />
einem zugelassenen staatlichen Materialprüfungsamt (Bild 1).<br />
Der Nachweis des Funktionserhalts von elektrischen Kabelanlagen erfolgt<br />
durch ein entsprechendes „Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis“ (ABP),<br />
das die Hersteller seitens der staatlich anerkannten Prüfanstalten erhalten.<br />
Dieses ABP beschreibt die Anzahl und Typen der geprüften Kabel, die Befestigungen<br />
und Tragekonstruktionen und deren mechanisches Verhalten. Selbstverständlich<br />
muss das ABP die Klassifizierung des Funktionserhaltes der Kabelanlage<br />
und eine zusammenfassende Beurteilung enthalten. Dadurch erhält<br />
der Installateur der Kabelanlage die Sicherheit, dass es sich hier um ein von<br />
der Bauaufsicht anerkanntes Verfahren handelt. Die im ABP beschriebenen<br />
Einzelheiten sind bei der Anwendung in der Praxis genau einzuhalten. Dazu<br />
zählen zum Beispiel auch die Aufbaubeschreibung und die Angaben zur maximalen<br />
Belastbarkeit der Tragekonstruktion. Eine Zulassung die nur als Prüfzeugnis<br />
oder Prüfbericht oder Prüfbescheinigung betitelt ist, gilt dagegen nicht<br />
als Verwendungsnachweis.<br />
Mit der Ausgabe des Entwurfs der DIN 4102-12 vom Februar 1995 und dessen<br />
Einführung im November 1998 liegt eine überarbeitete Fassung vor. Diese<br />
definiert zur Vereinfachung der Prüfprozedere Standard-Tragekonstruktionen,<br />
die aber nur begrenzte Verlegevarianten zulassen. Daher hat die Firma<br />
Dätwyler sich die Mühe gemacht, auch andere Befestigungsvarianten prüfen<br />
zu lassen, die ebenfalls eingesetzt werden können.<br />
In der Praxis werden am häufigsten Kabelanlagen mit integriertem Funktionserhalt<br />
eingesetzt. Die Prüfvorschrift der ÖNorm DIN 4102-12 sieht auch<br />
Kanäle und Schächte, Schienenverteilersysteme sowie Verfahren der Beschichtung<br />
und Bekleidung in Verbindung mit „normalen Kabeln“ für den Funktionserhalt<br />
vor. Kanäle, Schächte und Schienenverteilersysteme sind in der Anwendung<br />
jedoch sehr platz- und montageintensiv. Beschichtungen und Verkleidungen<br />
haben sich bisher als unrealistisch für den Funktionserhalt erwiesen.<br />
Es kann in diesem Zusammenhang nicht oft genug darauf hingewiesen werden,<br />
dass Kabel, die nur auf ihren Isolationserhalt nach ÖNorm EN 50200 und<br />
50362 beziehungsweise DIN VDE 0472-814 geprüft sind, nicht die Forderungen<br />
nach Funktionserhalt erfüllen. Denn nach dieser Norm wird nur ein kurzes<br />
Kabelstück ohne jede Befestigung oder Halterung bezüglich der Kurzschlussfestigkeit<br />
unter Flammeneinwirkung geprüft.<br />
Prüfung von Kabelanlagen im Brandofen nach DIN 4102-12<br />
mit verschiedenen Verlegetechniken: links vorher, rechts nachher (Bild: Dätwyler)<br />
Die neuen, dünneren Keram-Sicherheitskabel<br />
aus der Pyrofil-Produktfamilie (Bild: Dätwyler)<br />
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Verlegetechniken<br />
Für Installateure ist im Zusammenhang mit den bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen<br />
interessant, dass nach ÖNorm DIN 4102-12 nur die horizontale Verlegung<br />
geprüft wird. Tatsächlich werden im Mittel aller Strecken 90 Prozent der<br />
Sicherheitskabel horizontal verlegt. Hier kommen verschiedenste Standard-<br />
Verlegetechniken zur Anwendung (s. Tabelle unten). Dabei sind für den Installateur<br />
vor allem zwei Faktoren von Bedeutung: Den vorhandenen Platz optimal<br />
auszunutzen und das zulässige Höchstgewicht der Kabelhalterungen und<br />
-trassen einzuhalten.<br />
Aus diesem Grund kann es durchaus sinnvoll sein, Sicherheitskabel mit reduzierten<br />
Kabeldurchmessern einzusetzen (Bild 2). Die reduzierten Durchmesser<br />
erlauben eine komfortablere Verlegung und vereinfachen das Handling bei<br />
der Montage. Auf diese Weise können heute die Kabelverlegesysteme in den<br />
unteren Querschnittsbereichen mit bis zu 30 Prozent mehr Kabel belegt werden.<br />
Die Verlegung selbst vereinfacht sich durch ihr geringeres Gewicht und ihre<br />
engeren Biegeradien. Da diese neue Generation dünner Sicherheitskabel<br />
keine stützenden Bandierungen benötigt, lassen sie sich außerdem bei Kabelanschlussarbeiten<br />
ebenso leicht vorbereiten wie „normale“ Starkstromkabel.<br />
Darüber hinaus sind sie so leicht, dass bei geprüften Verlegesystemen die Befestigungsabstände<br />
und Belastbarkeiten auch ohne stützende Glasseidebandierungen<br />
verdoppelt werden konnten. Beim Einsatz dieser Kabel mit den Kabeltragsystemen<br />
fast aller namhaften Hersteller können doppelte Lasten installiert<br />
werden, ohne zusätzliche Kabelrinnen zu montieren.<br />
Die Prüfergebnisse der horizontalen Verlegung sind auch auf die vertikale beziehungsweise<br />
schräge Verlegung übertragbar, allerdings nur bei der Verlegung<br />
einzelner Kabel mit Einzelschellen. Alternativ dazu kann - so die Norm -<br />
auch mit geprüften Bügelschellen verlegt werden, wobei der „Abstand der Bügelschellen<br />
dem Abstand der Einzelverlegung mit Einzelschellen“ entsprechen<br />
muss. Um diese stark eingeschränkte Verlegetechnik zu erweitern, ist es sinnvoll,<br />
dass einzelne Hersteller ihre Systeme auf möglichst viele Techniken prüfen<br />
lassen. Für Dätwylers Pyrosys-System liegt zum Beispiel auch ein „Allgemeines<br />
bauaufsichtliches Prüfzeugnis“ für die Bündel- und Unterputzverlegung<br />
vor. Installateure können auch Bündel von bis zu drei Kabeln vertikal<br />
mit Schellen oder die Kabel unter Putz verlegen. Das ermöglicht es ihnen wiederum,<br />
Platz und Verlegematerial zu sparen und ihren Montageaufwand auf<br />
ein Minimum zu reduzieren. Für die durchgehende vertikale Verlegung der Kabel,<br />
zum Beispiel bei einer Steigetrasse, ist allerdings darauf zu achten, dass<br />
eine wirksame Unterstützung im Abstand von maximal 3,5 Metern - etwa mit<br />
einer wirksamen Unterstützungsmaßnahme (WUM) - erfolgt, um ein Abrutschen<br />
der Kabelanlage im Brandfall zu verhindern (Bild 3). Bei einzelnen Kabeln<br />
und ausreichenden Platzverhältnissen kann die wirksame Unterstützung<br />
auch durch eine mäanderförmige Verlegung erfolgen.<br />
Die wirksame Unterstützungsmaßnahme Pyrosys WUM für<br />
die vertikale Verlegung gemäß DIN 4102-12 (Bild: Dätwyler)<br />
Bei der vertikalen Verlegung ist weiterhin zu beachten, dass die Kabel im Übergangsbereich<br />
von vertikal zu horizontal unterstützt werden müssen, um ein<br />
Abknicken zu verhindern.<br />
Dokumentation<br />
Der Elektroinstallateur, der die Maßnahme zum Funktionserhalt der Kabelanlage<br />
herstellt, ist dazu verpflichtet, für jedes Bauvorhaben eine Übereinstimmungserklärung<br />
(Anlage 1 eines „Allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses“)<br />
auszustellen und dem Bauherren zu übergeben. Damit bestätigt er,<br />
dass die von ihm ausgeführte Maßnahme den Bestimmungen des allgemeinen<br />
bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses entspricht. Zudem muss er die Kabelanlage<br />
mit einem Schild, das seinen Namen, die Bezeichnung der Kabelanlage laut<br />
Prüfzeugnis, die Funktionserhaltsklasse, die Prüfzeugnisnummer und das Herstellungsjahr<br />
enthält, dauerhaft kennzeichnen.<br />
Halogenfreie Kabel<br />
Neben dem Funktionserhalt spielt das Thema Halogenfreiheit beim vorbeugenden<br />
Brandschutz eine entscheidende Rolle. Denn die Sicherheit eines Gebäudes<br />
im Brandfall hängt auch davon ab, dass Fluchtwege nicht durch dichten<br />
Rauch brennender PVC-Kabel verqualmt sind, die zudem korrosive Gase<br />
absondern, dass Kabelanlagen sich nicht als Zündschnüre auswirken und damit<br />
wesentlich zum Brandgeschehen beitragen. Sicherheitskabel mit integriertem<br />
Funktionserhalt sollten deshalb grundsätzlich aus halogenfreien<br />
Werkstoffen gefertigt, schwer entflammbar und raucharm sein und eine geringe<br />
Brandfortleitung aufweisen. Für diese besonderen Eigenschaften sei hier<br />
auf die entsprechenden ÖNormen verwiesen.<br />
Kabel+Systeme GmbH<br />
Tenschertstraße 8, 1230 Wien<br />
Tel.: 01-810 16 41-0<br />
E-Mail: b.rauscher@daetwyler.net<br />
Homepage: www.daetwyler.net<br />
AUTOR: Ing. Bernhard Rauscher, Vertriebsbeauftragter,<br />
Dätwyler Kabel+Systeme GmbH, Wien<br />
Grenzwerte für die Standard-Verlegetechniken gemäß DIN 4102-12 (Tabelle: Dätwyler)<br />
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