Lebhafter Gedankenaustausch - Bundeswehr
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4 aktuell politik / Hintergrund 1. Juli 2013<br />
Mission kann starten<br />
new York. Der UN-Sicherheitsrat<br />
hat grünes Licht für die 12 600<br />
Mann starke Mali-Mission gegeben.<br />
Das UN-Gremium bewilligte<br />
am vergangenen Dienstag<br />
in New York einstimmig die<br />
MINUSMA, die nach einem<br />
bereits im April verabschiedeten<br />
Zeitplan am 1. Juli starten<br />
soll. Der Leiter der Mission, Bert<br />
Koenders, rief laut Mitteilung<br />
der Vereinten Nationen alle Mitgliedsstaaten<br />
auf, die Truppe mit<br />
Ausrüstung sowie militärischem<br />
und zivilem Personal zu unterstützen.<br />
Den Kern bilden die rund<br />
6000 Soldaten der westafrikanischen<br />
Eingreiftruppe AFISMA,<br />
die seit Monaten in Mali stationiert<br />
sind und künftig unter UN-<br />
Kommando stehen. Eine der ersten<br />
Aufgaben der UN-Mission ist die<br />
Sicherung der Präsidentschaftswahl<br />
in dem westafrikanischen<br />
Land, die für den 28. Juli angesetzt<br />
ist.<br />
(ber jup)<br />
Juliausgabe verboten<br />
rangun. Aus Sorge vor Protesten<br />
im Land hat die Regierung<br />
Birmas die aktuelle Ausgabe<br />
der US-amerikanischen Zeitschrift<br />
Time verboten. Der Vertrieb<br />
der Juli-Ausgabe mit einer<br />
buddhismuskritischen Titelgeschichte<br />
sei „um weitere Konflikte<br />
zu vermeiden“ verboten worden,<br />
berichtet die Onlineausgabe der<br />
Myanmar Times am vergangenen<br />
Mittwoch. Der Artikel mit<br />
dem Titel „The Face of Buddhist<br />
Terror“ dürfe in Birma weder im<br />
Original noch als Kopie verkauft<br />
oder vertrieben werden, zitiert<br />
das Blatt einen Facebook-Eintrag<br />
von Regierungssprecher Ye Htut.<br />
Als Titelbild hatte das Magazin<br />
ein Foto des Mönchs Wirathu<br />
gewählt. Er gilt als Drahtzieher<br />
der antimuslimischen Ausschreitungen<br />
birmanischer Buddhisten<br />
in den vergangenen zwölf Monaten.<br />
(mit/ame)<br />
Millionen unterstützt<br />
Berlin. Die Welthungerhilfe hat<br />
im vergangenen Jahr rund 19 Millionen<br />
Menschen in 39 Ländern<br />
mit ihren Projekten unterstützt.<br />
Nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden<br />
Wolfgang Jamann<br />
gelten zwei Drittel dieser Partnerländer<br />
als fragile Staaten. Wie<br />
aus dem am vergangenen Dienstag<br />
vorgestellten Jahresbericht<br />
der Hilfsorgansiation hervorgeht,<br />
wurden 351 Projekte in Afrika,<br />
Asien und Lateinamerika unterstützt.<br />
Die Welthungerhilfe warb<br />
im vergangenen Jahr 36,8 Millionen<br />
Euro Spenden ein. Der<br />
Gesamtertrag der Organisation<br />
lag zusammen mit den institutionellen<br />
Zuschüssen demnach bei<br />
148,5 Millionen Euro. (lob fu)<br />
Nordafrikanisches Somalia?<br />
Serie zum Arabischen Frühling – In Lybien teilen sich mittlerweile die Milizen die Macht.<br />
von Markus Tiedke<br />
tripolis. Vielen Menschen im<br />
Westen sind die Anfänge des Aufstandes<br />
gegen Libyens Langzeit-<br />
Diktator Muammar al-Gaddafi<br />
im Februar 2011 noch gegenwärtig.<br />
Zuerst waren es meist verwackelte<br />
Aufnahmen von Mobiltelefonen,<br />
die ihren Weg in westliche<br />
Medien fanden. Menschentrauben<br />
waren zu sehen, die Parolen skandierten<br />
und plötzlich auseinanderstoben,<br />
weil Sicherheitskräfte<br />
das Feuer eröffneten. Verletzte<br />
kamen ins Bild, auch Tote.<br />
Es sollte nicht lange dauern,<br />
bis die Gegner Gaddafis selbst zu<br />
den Waffen griffen. Zumeist auf<br />
lokaler Ebene entstanden Milizen.<br />
Bald liefen Soldaten und Polizisten<br />
zu den Rebellengruppen über, später<br />
setzten sich auch hochrangige<br />
Vertreter des Regimes ab. Immer<br />
öfter wurden die Milizen durch<br />
eingereiste Kämpfer aus anderen<br />
Staaten unterstützt. Männer,<br />
die zuvor bereits in Afghanistan,<br />
in Tschetschenien oder im<br />
Irak waren. Viele, wenn nicht<br />
die meisten unter ihnen waren<br />
Islamisten.<br />
Den Ausschlag für den Ausgang<br />
des Bürgerkrieges aber gaben<br />
letztlich die Luftangriffe vor allem<br />
westlicher Nationen unter der<br />
Führung Frankreichs und Großbritanniens.<br />
Sie schwächten die<br />
Armee Gaddafis entscheidend<br />
und ermöglichten den Vormarsch<br />
der Rebellen. Gaddafis Clan zerstreute<br />
sich, setzte sich ins Exil<br />
ab oder kam um. Der Diktator<br />
selbst wurde am 20. Oktober 2011<br />
von Rebellen gefasst, vermutlich<br />
gefoltert und ermordet. Sein<br />
Sohn Saif al-Islam, jahrelang als<br />
designierter Nachfolger gehandelt,<br />
wurde ebenfalls gefangen<br />
genommen und ist seither in<br />
Libyen inhaftiert.<br />
Nach dem Tode Gaddafis, dessen<br />
Gewaltherrschaft im Stil des<br />
„Teile und herrsche“ das traditionell<br />
von Stämmen regierte Land<br />
jahrelang zusammengehalten<br />
hatte, prophezeite der Nahost-<br />
Experte Peter Scholl-Latour den<br />
Zusammenbruch aller staatlichen<br />
Ordnung in Libyen. „Es ist völlig<br />
unklar, wer das Land nun regieren<br />
kann“, sagte er im Dezember<br />
2011 Welt Online. Es sei<br />
unwahrscheinlich, dass sich die<br />
Stämme nun „jenen in Tripolis<br />
unterwerfen“ würden, die noch<br />
bis vor kurzem zu Gaddafi gehört<br />
hätten. „Ich befürchte vielmehr,<br />
dass sich etwa der Süden des<br />
Landes zu einem neuen Somalia<br />
entwickeln könnte“, so<br />
Scholl-Latour damals.<br />
„Die Zukunft ist<br />
finster.“<br />
D e r<br />
b e t a g t e<br />
Journalist<br />
sollte recht<br />
b e h a l t e n .<br />
G u t z we i<br />
Jahre nach<br />
dem Beginn des Aufstandes hat<br />
das Land zwar eine provisorische<br />
Regierung, die vom außerhalb des<br />
Landes weithin anerkannten Nationalen<br />
Übergangsrat gestellt wird.<br />
In den meisten Regionen Libyens<br />
aber liegt die tatsächliche Gewalt<br />
in den Händen so genannter<br />
Revolutionsbrigaden, die sich<br />
den Weisungen der Regierung in<br />
Tripolis nicht fügen. Mehr noch,<br />
vielfach arbeiten die Milizen<br />
eifrig daran, ihre Macht im Einflussgebiet<br />
zu zementieren und<br />
die dortige Gesellschaft zu kontrollieren.<br />
Die Folgen sind nicht mehr<br />
zu übersehen. Die Zentralgewalt<br />
erodiert zusehends, immer<br />
häufiger kommt es zu blutigen<br />
Zusammenstößen zwischen Bürgern<br />
und Milizionären.<br />
Die gefeierten<br />
Kriegshelden<br />
von einst<br />
f ü h -<br />
ren sich<br />
zunehm<br />
e n d<br />
selbstherrlich<br />
auf und<br />
werden den<br />
Menschen lästig.<br />
Jüngstes Beispiel ist<br />
Bengasi, eines der<br />
Zentren des Widerstands<br />
gegen Gaddafi.<br />
Anfang Juni kam es<br />
dort zu schweren Auseinandersetzungen<br />
mit 31<br />
Toten und mehr als einhundert<br />
Verletzten, nachdem<br />
Demonstranten die Auflösung<br />
der lokalen Miliz „Schutzschild<br />
Libyens“ gefordert hatten.<br />
Die Milizionäre hatten daraufhin<br />
das Feuer eröffnet, erst Spezialkräfte<br />
konnten die Kämpfe<br />
beenden.<br />
Hauptproblem des Übergangsrates<br />
ist, dass er über zu wenige<br />
loyale und schlagkräftige Sicherheitskräfte<br />
verfügt. Um dennoch<br />
die Ordnung zu gewährleisten,<br />
muss die schwache Zentralregierung<br />
immer wieder die Dienste<br />
lokaler Milizen in Anspruch<br />
nehmen. Das schwächt aber die<br />
Autorität des Staates und bestärkt<br />
Milizionäre und Stammeskrieger<br />
in ihrem Selbstverständnis als<br />
die wahren Herren des Landes.<br />
Mittlerweile können solche<br />
Rebellengruppen schon mal tagelang<br />
Ministerien belagern, ohne<br />
dass ihnen Polizei oder Militär<br />
ernsthaft die Stirn böten. Immer<br />
wieder reißen Bombenanschläge<br />
Menschen in den Tod. Und neben<br />
den Libyern selbst werden auch<br />
Ausländer zunehmend Opfer von<br />
Gewalt. So starben im September<br />
2012 in Bengasi der US-Botschafter<br />
und drei weitere Amerikaner<br />
bei einem Anschlag. Im<br />
Mai dieses Jahres explodierte<br />
eine Bombe vor der französischen<br />
Botschaft in Tripolis. Das<br />
Auswärtige Amt warnt explizit<br />
vor Reisen in das Land.<br />
Doch auch außerhalb Libyens<br />
macht sich die rechtlose Situation<br />
im Land bemerkbar. Die Vereinten<br />
Nationen haben Libyen als<br />
einen der Hauptwaffenlieferanten<br />
der Region ausgemacht. In<br />
einem Bericht vom April dieses<br />
Jahres wird aufgezeigt, dass neben<br />
Handfeuerwaffen und Munition<br />
auch Granaten, Sprengstoff und<br />
schwere Waffen aus Gaddafis<br />
Arsenalen in anderen Ländern<br />
aufgetaucht seien. Verkauft wurde<br />
das militärische Gerät indes nicht<br />
vom libyschen Staat, sondern von<br />
Milizionären – den wahren Herren<br />
dieses neuen „failed state“ im Norden<br />
des Schwarzen Kontinents.<br />
Weltweit 45 Millionen auf der Flucht<br />
UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR veröffentlicht alarmierende Zahlen des Jahres 2012.<br />
Blumenrath<br />
genf. Bewaffnete Konflikte und<br />
andere Bedrohungen haben die<br />
Zahl der Flüchtlinge weltweit auf<br />
den höchsten Stand seit zwei Jahrzehnten<br />
steigen lassen. 2012 seien<br />
mehr als 45,2 Millionen Menschen<br />
auf der Flucht gewesen,<br />
teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk<br />
UNHCR am vorvergangenen<br />
Mittwoch in Genf mit. Dies<br />
ist der höchste Stand seit 1994,<br />
als der Völkermord in Ruanda<br />
und der Zusammenbruch Jugoslawiens<br />
die Flüchtlingszahlen in<br />
die Höhe schnellen ließen.<br />
„Wir erleben eine Zunahme<br />
neuer Konflikte, und es scheint,<br />
dass die alten nicht enden“,<br />
erklärte UN-Flüchtlingshochkommissar<br />
António Guterres<br />
angesichts des Weltflüchtlingstags<br />
am 20. Juni. Mit 55 Prozent<br />
stammten gut die Hälfte der<br />
Flüchtlinge aus Konfliktgebieten<br />
wie Afghanistan, Somalia,<br />
Irak oder Syrien.<br />
Auch in den afrikanischen<br />
Krisenländern Mali, Demokratische<br />
Republik Kongo und<br />
Sudan wuchs dem UN-Bericht<br />
zufolge die Zahl der Flüchtlinge.<br />
Von 45,2 Millionen Betroffenen<br />
flüchteten sich demnach 15,4<br />
Millionen ins Ausland, 28,8 Millionen<br />
Menschen waren im eigenen<br />
Land auf der Flucht, zudem<br />
gab es 937 000 Asylbewerber.<br />
„Aber das Dramatischste sind<br />
die Zahlen der neu Vertriebenen.<br />
7,6 Millionen gewaltsam<br />
Vertriebene (...), das macht einen<br />
Mensch pro Wimpernschlag“,<br />
klagte Guterres.<br />
Angesichts der Eskalation des<br />
Bürgerkriegs in Syrien sei für<br />
2013 keine Besserung zu erwarten.<br />
Die Weltgemeinschaft müsse<br />
nun Syriens Nachbarländer bei<br />
der Versorgung der syrischen<br />
Flüchtlinge unterstützen, forderte<br />
der UN-Flüchtlingskommissar.<br />
Das UNHCR befürchtet, dass<br />
die Zahl der syrischen Flüchtlinge<br />
im Ausland von derzeit 1,6<br />
Millionen bis Ende des Jahres auf<br />
3,4 Millionen Menschen steigt.<br />
Innerhalb des Bürgerkriegslandes<br />
sind bereits 4,25 Millionen<br />
Menschen auf der Flucht.<br />
Die Hauptlast von Flucht und<br />
Vertreibung tragen dem Bericht<br />
zufolge Entwicklungsländer. Dort<br />
leben 87 Prozent der Flüchtlinge<br />
weltweit. Das wichtigste Aufnahmeland<br />
für Flüchtlinge war<br />
2012 Pakistan mit 1,6 Millionen<br />
Flüchtlingen, gefolgt vom<br />
Iran (868 000) und Deutschland<br />
(590 000).<br />
Mit 46 Prozent machten Minderjährige<br />
fast die Hälfte aller Flüchtlinge<br />
weltweit auf. Dass Kinder<br />
zunehmend allein auf der Flucht<br />
seien, entwickele sich zu einem<br />
„der schwersten humanitären Probleme“,<br />
erklärte Guterres. (bt/gt)