Leseprobe - Delius Klasing
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Vorwort<br />
Wetter ist ein Faktor, der unser aller Leben beeinflusst, vor allem<br />
aber das der Berufs- und Sportschifffahrt.<br />
Das Wetter gewinnt in unserer modernen<br />
Welt eine immer größere<br />
Bedeutung, da es nicht nur unser<br />
Leben ganz allgemein beeinflusst,<br />
sondern auch viele Berufszweige und<br />
Freizeit aktivitäten unmittelbar betrifft.<br />
Immer genauere und langfristigere<br />
Wettervorhersagen sorgen für mehr<br />
Si cher heit auf See und helfen der<br />
Berufsschifffahrt, die stets knapp<br />
kalku lierten Fahrpläne einzuhalten.<br />
Die Sport schifffahrt profitiert ebenfalls<br />
davon, da sich lange wie kurze Törns<br />
bes ser planen lassen. Wer regelmäßig<br />
Seewetterberichte empfängt und aus<br />
den lokalen Gegebenheiten zusätzlich<br />
die richtigen eigenen Schlüsse ziehen<br />
kann, wird nur sehr selten vom<br />
Wettergeschehen überrascht. Ein verantwortungsvoller<br />
Skipper wird einen<br />
Wochenendtörn beziehungsweise den<br />
nächsten Teilabschnitt einer Reise so<br />
planen, dass die Sicherheit für Crew<br />
und Schiff gewährleistet und das Vermögen<br />
von Yacht und Mannschaft nicht<br />
2<br />
über fordert wird. Wer in einen Sturm<br />
gerät, nur weil man sich nicht oder nur<br />
oberflächlich um die Wetterprognosen<br />
für die nächsten Tage gekümmert hat,<br />
handelt fahrlässig und riskiert eventuell<br />
sogar Menschen leben. Vor einigen Jahren<br />
wurde ein Skipper verurteilt, weil<br />
er sich nicht über das Wetter informiert<br />
hatte. Die Yacht war in einen Sturm<br />
geraten und wäre beinahe gesunken.<br />
Die Grundlagen der Wetterentwicklung<br />
basieren auf recht einfachen Fakten,<br />
die auch von Laien verstanden werden<br />
können, wenn sie sich damit befassen.<br />
Die Sportschifffahrt setzt sich ständig<br />
den Naturelementen aus. Sie sollte sich<br />
deshalb im eigenen Interesse darum<br />
kümmern, wie die Natur funktioniert<br />
und wie sich die einzelnen Fakoren<br />
gegenseitig beeinflussen können. Vor<br />
allem für Segler gehört die ständige<br />
Beobachtung der Wolken, der Windgeschwindigkeit,<br />
der Windrichtung<br />
und des Luftdrucks zum täglichen<br />
Brot. Verändert sich zum Beispiel das
Was kann es Schöneres geben als einen<br />
Sommertörn in den schwedischen Schären<br />
mit blauem Himmel und Sonnenschein<br />
sowie konstantem Wind?<br />
Wolkenbild bei gleichzeitig sinkendem<br />
Druck, steht ein Wechsel des Wetters<br />
(meist zum schlechten) unmittelbar bevor.<br />
Wer dies rechtzeitig erkennt, kann<br />
frühzeitig Yacht und Mannschaft darauf<br />
vorbereiten.<br />
Wer beizeiten refft und die Rettungswes<br />
ten anlegen lässt, mag in den<br />
Augen anderer als übervorsichtig oder<br />
gar ängstlich gelten. Aber er handelt in<br />
jedem Fall verantwortungsbewusst.<br />
3
Woher kommt das Wetter?<br />
Warme Luft steigt auf, kalte sinkt ab. Diesen globalen<br />
Wetterkreislauf hält die Sonne ständig in Gang.<br />
Das Prinzip ist einfach: Die Sonne<br />
erwärmt die Erdoberfläche unterschied<br />
lich stark, Landmassen mehr als<br />
Seegebiete. Entsprechend stark wird<br />
die darüberliegende Luft aufgeheizt.<br />
Die warme Luft steigt auf und wird an<br />
der Oberfläche durch kältere ersetzt.<br />
Diese kältere Luft ist der Wind. Wichtig<br />
ist die Erkenntnis, dass die Luft allein<br />
von der Sonne kaum erwärmt wird. Luft<br />
enthält Feuchtigkeit, trockene weniger<br />
als feuchte. Diese Feuchtigkeit entsteht<br />
durch Verdunstung von Wasser und<br />
bleibt bis zur Kondensation in Form von<br />
Wassertröpfchen in der Luft enthalten.<br />
Die zur Verduns tung notwendige Energie<br />
bleibt so in gleichem Maß erhalten<br />
und wird als Latentwärme (versteckte<br />
Wärme) bezeichnet, weil sie im Wasserdampf<br />
unsichtbar gespeichert ist.<br />
Dieser Wasserdampf wird durch die<br />
Luft rund um die Erde transportiert und<br />
setzt, wenn er kondensiert, die gleiche<br />
Menge an Wärmeenergie wieder frei<br />
wie sie zuvor für die Verdunstung notwendig<br />
war. Wasser ist deshalb für das<br />
Wettergeschehen in hohem Maße mitverantwortlich,<br />
da es ungeheure<br />
Die globalen<br />
Windfelder werden<br />
durch starke<br />
Sonneneinstrahlung<br />
am Äquator<br />
und durch die<br />
Drehung der Erde<br />
hervorgerufen.<br />
35°N<br />
0°<br />
35°S<br />
Nordpol<br />
Westwinddrift<br />
Rossbreiten<br />
Nordostpassat<br />
Doldrums<br />
Südostpassat<br />
Rossbreiten<br />
Westwinddrift<br />
Südpol<br />
4
Energiemengen transportieren kann.<br />
Gewitter und tropische Wirbelstürme<br />
beziehen einen großen Teil ihrer Kraft<br />
aus der gespeicherten Wärme, die<br />
durch Kondensation des Wasserdampfes<br />
freigesetzt wird. In der Tat ist<br />
der Wind bei Regen meist stärker als<br />
sonst, da durch die Kondensation mehr<br />
Energie freigesetzt wird als in trockener<br />
Luft vorhanden ist.<br />
Durch die unterschiedlichen Temperaturen<br />
der Luft entstehen vertikale<br />
Bewegungen, die schließlich zur Zirkulation<br />
der Luftmassen führen. Dort, wo<br />
warme Luftmassen aufsteigen und von<br />
kälteren ersetzt werden, ist der Druck,<br />
den die Luft ausübt, gering. Der Oberflächenwind<br />
weht demzufolge immer<br />
von Gebieten hohen Drucks in Richtung<br />
der Bereiche niedrigen Drucks.<br />
Dieser Druckausgleich würde auf dem<br />
kürzesten Weg erfolgen, wäre da nicht<br />
die Rotation der Erde, die den Wind<br />
aus der geraden Rich tung ablenkt.<br />
Diese sogenannte Coriolis-Kraft wirkt<br />
umso stärker, je näher sich die Erdoberfläche<br />
an der Erdachse befindet. Der<br />
Wind wird so weit aus seiner Richtung<br />
abgelenkt, bis sich die Coriolis-Kraft<br />
und der Einfluss des Druckunterschiedes<br />
wieder miteinander im Gleichgewicht<br />
befinden.<br />
kalte<br />
Luft<br />
aufsteigende<br />
heiße Luft<br />
Cumulus-Wolke<br />
aufsteigende<br />
Warmluft<br />
kalte<br />
Luft<br />
Wetter funktioniert wie ein Feuer:<br />
Die Sonne erwärmt die Luft, die aufsteigt<br />
und kalte Luft nachströmen lässt.<br />
Dadurch kommt mehr oder weniger<br />
starker Wind zustande.<br />
5
Die Entstehung eines Tiefs<br />
An der Grenze zwischen polarer Kalt- und tropischer Warmluft<br />
bilden sich Störungen – Tiefdruckgebiete.<br />
Wenn warme und kalte Luftmassen<br />
gemeinsam transportiert werden, wie<br />
polare Kalt- und tropische Warmluft<br />
über dem Nordatlantik, kommt es an<br />
der Grenze zur Bildung einer Polarfront.<br />
Sie ist auf Satellitenbildern gut<br />
zu erkennen, da sich die leichtere<br />
Warmluft über die Kaltluft schiebt und<br />
der Wasserdampf zu dichten Wolken<br />
kondensiert. Die dabei frei werdende<br />
Energie versetzt das junge Tief in eine<br />
Drehbewegung (linksgerichtet auf der<br />
nördlichen, rechtsgerichtet auf der südlichen<br />
Halbkugel). Innerhalb weniger<br />
Stunden kommt es zu einem Bereich<br />
vorwärtsstrebender Warmluft, einer<br />
Warmfront und zu einem nachdrängenden<br />
Bereich von kalter Luft, einer<br />
Kaltfront. Beide Frontentypen sind an<br />
ihren typischen Wolkenbildern leicht zu<br />
erkennen.<br />
Kaltluft<br />
Kaltluft<br />
Tief<br />
Tief<br />
Warmluft<br />
Warmluft<br />
Tiefdruckgebiete bilden sich an der<br />
Gren ze von warmer zu kalter Luft. Es<br />
bilden sich Wolken, ein Beweis für ...<br />
... freigesetzte Energie. Sie versetzt das<br />
junge Tief in eine Drehbewegung, mit<br />
warmer Luft davor und kalter dahinter.<br />
6
Mit der Entwicklung des Tiefs schiebt<br />
sich nachdrängende Kaltluft mehr und<br />
mehr unter die vorauseilende Warmluft.<br />
Dabei entstehen zunehmend Wolken<br />
und sehr häufig Regen. Die dadurch frei<br />
werdende Energie sorgt schließlich für<br />
stetig zunehmenden Wind. Ein neues<br />
Tiefdruckgebiet zieht normalerweise<br />
in Richtung der Warmsektor-Isobaren<br />
und kann bis 50 Knoten (ca. 90 km/h)<br />
schnell werden. Da sich kalte Luft bei<br />
gleichem Luftdruck schneller als warme<br />
bewegt, holt die Kaltluft die Warmluft<br />
allmählich ein und drückt sie nach<br />
oben. Dadurch kommt es zu einer<br />
Vereinigung beider Frontensysteme, die<br />
als Okklusion bezeichnet wird. Nach<br />
drei bis vier Tagen hat sich das Tief voll<br />
entwickelt und beeinflusst ein riesiges<br />
Gebiet. Die Zuggeschwindigkeit wird<br />
geringer, und die Fronten winden sich<br />
bogenförmig um das Zentrum tiefen<br />
Drucks herum. Manchmal entwickelt<br />
sich eine neue Störung an der Kaltfront,<br />
die nach wie vor die ursprüng liche<br />
Polarfront darstellt. Ein solches Minitief<br />
zieht entweder in Richtung des Haupttiefes<br />
und geht in ihm auf – oder entwickelt<br />
einen noch niedrigeren Druck und<br />
zieht in einiger Entfernung zum Haupttief<br />
parallel in dieselbe Richtung.<br />
Etwa 60 Prozent aller Tiefs entstehen<br />
nach diesem Muster.<br />
Kaltluft<br />
kälteste<br />
Luft<br />
Tief<br />
Zugrichtung<br />
Barometer<br />
fällt schnell<br />
Tief<br />
Okklusion<br />
Barometer<br />
steigt schnell<br />
Trog<br />
Kaltfront<br />
Warmluft<br />
Warmfront<br />
Barometer beständig o. langsam fallend<br />
Kaltfront<br />
Warmfront<br />
Warmsektor<br />
Vor der Warmfront mit aufsteigender<br />
Luft fällt der Druck, und die nachfolgende<br />
Kaltluft strömt schnell hinterher.<br />
Hat die kalte Luft die warme eingeholt,<br />
schiebt sie sich darunter (Okklusion).<br />
Das Tief beginnt sich abzuschwächen.<br />
7
Ein Tief im Querschnitt<br />
Ein heranziehendes Tiefdruckgebiet kündigt sich in unseren Breiten<br />
lange vorher durch Wolkenbilder an.<br />
Cumuli und Stratocumuli deuten auf ein<br />
nahendes Tiefdruckgebiet hin.<br />
Bei völlig klarem Wetter kündigt sich<br />
ein heranziehendes Tief bereits etwa<br />
600 Kilometer vorher durch den Aufzug<br />
hoher Cirrus-Bewölkung an, die<br />
sich zunehmend verdichtet. Da sich<br />
die Warmluft der ersten Front über<br />
die Kaltluft davor schiebt, kon den siert<br />
immer mehr Wasserdampf, und die<br />
Cirrus-Bewölkung geht in gewaltige<br />
weiße Cirrostratus-Wolken über. Ihnen<br />
folgt, immer noch rund 400 Kilometer<br />
vor der Front, Altostratus Bewölkung.<br />
Noch herrscht am Boden schönes Wetter,<br />
die Sonne strahlt noch durch einige<br />
Wolkenlücken hindurch. Etwa 300 Kilometer<br />
vor der Warmfront verdunkeln<br />
sich die tiefsten Wolken, ein sicheres<br />
Anzeichen für Nimbostratus. Es beginnt<br />
lange und immer heftiger zu regnen. Mit<br />
Durchgang der Warmfront lockert die<br />
Kalte Okklusion<br />
Kalte Okklusion<br />
Luft A kälter als Luft B<br />
warm<br />
A<br />
kälter<br />
warm<br />
B<br />
kalt<br />
A<br />
kälter<br />
B<br />
kalt<br />
Die kalte Luft holt die warme ein und schiebt sich unter Luft B.<br />
8<br />
Die Kaltfront holt die Warmfront ein<br />
Wetter und Bewölkung<br />
typisch f. eine Kaltfront<br />
Wetter und Bewölkung<br />
typisch f. eine Warmfront<br />
Kaltluft drückt Warmluft weg von der Oberfläche nach oben und schiebt sich unter Luft B
10 000 m<br />
Cirrostratus<br />
Cirrus<br />
Warmluft<br />
Altostratus<br />
5000 m Kaltluft<br />
Nimbostratus<br />
Regen<br />
Stratus<br />
Cumulus<br />
Stratus- oder<br />
Stratocumulus-Wolken<br />
Stratocumulus<br />
etwa 200 Seemeilen<br />
Die für Kalt- und Warmfronten typischen<br />
Wolken sind leicht zu erkennen. Der<br />
Wind am Boden ist im Vergleich zur<br />
Bewölkung auf, der Regen lässt nach,<br />
und die Sonne scheint hin und wieder.<br />
Jetzt sind hauptsächlich Strato- und<br />
Altocumulus-Wolken zu sehen. Vor der<br />
Kaltfront verdichtet sich die Bewölkung<br />
wieder zu Nimbostratus, und es folgt ein<br />
Warme Okklusion<br />
Zugrichtung der Höhenwolken rechtdrehend.<br />
weiteres, allerdings schmales Niederschlagsgebiet.<br />
Danach lockert es rasch<br />
auf, die Bewölkung besteht aus Cumulus<br />
und Stratus. Daraus können sich<br />
Cumulonimbi bilden, die mit Graupel,<br />
Hagel und Gewitter daherkommen.<br />
Warme Okklusion<br />
Luft D kälter als Luft C<br />
warm<br />
C<br />
kalt<br />
warm<br />
D<br />
kälter<br />
C<br />
kalt<br />
D<br />
kälter<br />
Die Kaltfront holt die Warmfront ein Wetter u. Bewölkung überwiegend typisch f. eine<br />
Warmfront, aber stärkerer Regen<br />
Kaltluft drückt Warmluft weg von der Oberfläche nach oben und schiebt sich über Luft D<br />
Die kalte Luft holt die warme ein und schiebt sich über Luft D.<br />
9
Wolken sind die Vorboten<br />
Wer die Wolkenbilder richtig deuten kann, weiß, wie das Wetter wird.<br />
Wer oft segelt, kann auch viel üben.<br />
Wolken aller Art zeigen an, dass sich<br />
in der Atmosphäre etwas tut. Sie<br />
bestehen, auch wenn sie manchmal<br />
besonders massiv und aggressiv wirken,<br />
aus nichts anderem als kondensiertem<br />
lokale Bedeutung, die manchmal nur<br />
Bereiche von einigen Hundert Metern<br />
beeinflussen. Wolken deuten immer auf<br />
aufsteigende Warmluft hin, die durch die<br />
in den Wolkenlücken absinkende kältere<br />
Bei starker Sonnen einstrahlung kondensiert<br />
die Luft über Land zu Cumulus-<br />
Wolken.<br />
Wasserdampf. Eine bestimmte Abfolge<br />
von Wolken zeigt an, dass ein Tiefdruckgebiet<br />
naht (siehe Seiten 8/9). Aus der<br />
Geschwindigkeit der Wolken lässt sich<br />
in etwa schließen, wann die Warmfront<br />
den eigenen Standort erreichen wird.<br />
Viele Wolken aber entwickeln eine nur<br />
Vor der Warmfront mit dunklen Wolken<br />
frischt der Wind auf, und es beginnt zu<br />
regnen.<br />
Luft ersetzt wird. Wolken verändern auch<br />
den Wind. Deshalb ist es wichtig, dass<br />
jeder Segler in der Lage ist, Wolkenarten<br />
und ihre Bedeutungen zu erkennen. Hohe<br />
Wolken deuten auf Ereignisse hin, die<br />
sich entweder nur in der Höhe abspielen<br />
oder sich erst nach einigen Stunden auf<br />
10
die Verhältnisse am Boden auswirken.<br />
Tiefe Wolken hingegen wirken sich meist<br />
unmittelbar auf den Wind an der Oberfläche<br />
aus.<br />
Cumulus-Wolken sind meist haufenartig<br />
und weiß. Mit ihren oft bizarren<br />
Formen sind sie charakteristisch für<br />
labile Luftmassen. Wenn der Wind<br />
flau ist, weil die Luftdruckgegensätze<br />
nur gering sind, kommt es im Bereich<br />
einer einzigen Cumulus-Wolke zu einer<br />
der Regen die Luft abkühlt und sie in<br />
eine Bewegung nach unten versetzt. Das<br />
kann dazu führen, dass aus dem leichten<br />
Wind, der zu nächst in die Richtung der<br />
Wolke geweht hat, heftige Böen werden,<br />
die von der Wolke wegziehen.<br />
Lange Wolkenbänder aus hohen Altostratus-<br />
und Altocumulus-Wolken deuten<br />
auf hohe Windgeschwindigkeiten in der<br />
Höhe hin, den sogenannten Jetstream.<br />
Verändern sich die Wolkenbänder nicht,<br />
Die bis 10 000 Meter hohen Cirren sind<br />
oft die Vorboten eines aus geprägten<br />
Tiefdruckgebietes.<br />
eigenen Zirkulation und damit zu lokal<br />
begrenzten Winden, die bei sehr großen<br />
Wolkenformationen bis zu 15 Knoten<br />
erreichen können. Die dunklen Cumulonimbus-Wolken<br />
deuten auf Niederschlag<br />
hin. Auch wenn unter ihnen warme Luft<br />
aufsteigt, kann es dazu kommen, dass<br />
Rückseitenwetter: Die untergehende<br />
Sonne strahlt die abziehenden Wolken<br />
an und zeigt gutes Wetter im Westen an.<br />
wird es innerhalb der nächs ten zwölf<br />
Stunden nicht zu gravierenden Wetteränderungen<br />
kommen.<br />
Ziehen sie aber größere und dickere<br />
Wolken hinterher, ist fast immer ein Tiefdrucksystem<br />
im Anmarsch.<br />
11
Fachbegriffe und Symbole<br />
Seewetterberichte strotzen nur so von Fachbegriffen. Jeder Skipper<br />
sollte wissen, was sie bedeuten.<br />
Im Wetterbericht wird meist zunächst die<br />
Wetterlage erklärt. Dabei handelt es sich<br />
vor allem um die Positionen der Hochund<br />
Tiefdruckgebiete, die entweder geografischen<br />
Gegebenheiten zugeordnet<br />
oder mit Breiten- und Längenkoordinaten<br />
versehen sind. Zusätzlich erfolgen<br />
Angaben über die Entwicklung der<br />
Druckgebilde und Fronten.<br />
Ist von einem sich vertiefenden Tief die<br />
Rede, wird sich der Luftdruck in seinem<br />
Kern noch verringern. Daraus kann man<br />
schließen, dass der Wind zunehmen<br />
wird. Schwächt sich ein Tief ab oder füllt<br />
es sich auf, steigt der Druck, und der<br />
Wind wird nachlassen.<br />
Verstärkt sich ein Hochdruckgebiet,<br />
steigt der Druck in seinem Zentrum.<br />
Schwächt es sich dagegen ab, fällt der<br />
Luftdruck. Tröge und Ausläufer vertiefen<br />
sich oder füllen sich auf, unabhängig<br />
davon, was mit dem Luftdruck in dem<br />
dazugehörenden Tief geschieht. Manchmal<br />
wird aus einem Trog ein Teiltief, ein<br />
neues, eigenständiges Tiefdruckgebiet.<br />
Wichtig sind auch die Zuggeschwindig-<br />
12<br />
keiten der Druckgebilde, da sich aus<br />
ihnen schließen lässt, wann man in etwa<br />
selbst betroffen sein wird. »Langsam<br />
ziehend« bedeutet eine Geschwindigkeit<br />
von 5 bis 10 Knoten, »ziehend« etwa 20<br />
und »rasch ziehend« 30 bis 40 Knoten.<br />
Langsame Druckgebilde wandern oder<br />
verlagern sich.<br />
Windrichtungen werden normalerweise<br />
mit einer Himmelsrichtung angegeben.<br />
In Deutschland sind die acht Richtungen<br />
Nord (N), Nordwest (NW), West (W),<br />
Südwest (SW), Süd (S), Südost (SE),<br />
Ost (E) und Nordost (NE) üblich. Zwischenangaben<br />
können lauten: West<br />
bis Nordwest. Die Abkürzung »E« für Ost<br />
stammt aus dem Englischen »East« und<br />
wird auch hier verwendet, damit man sie<br />
nicht mit einer Null verwechselt.<br />
Windgeschwindigkeiten werden in<br />
Beaufort oder in Knoten angegeben<br />
(s. die Beaufortskala auf der nächsten<br />
Seite). Wenn von Starkwind die Rede ist,<br />
sind Windgeschwindigkeiten über 22<br />
Knoten (Beaufort 6–7) zu erwarten, bei<br />
Sturm sind es 34 Knoten (Beaufort 8)
Die BeaufortSkala<br />
Bft. Bezeichnung Auswirkungen auf die See Knoten<br />
0 Stille Spiegelglatte See. 1<br />
1 Leiser Zug Kleine schuppenförmige Kräuselwellen. 1 bis 3<br />
2 Leichte Brise Kleine Wellen, aber noch kurz. Glasige, 4 bis 6<br />
nicht brechende Kämme.<br />
3 Schwache Brise Kämme beginnen zu brechen. Vereinzelt 7 bis 10<br />
treten kleine Schaumköpfe auf.<br />
4 Mäßige Brise Wellen sind klein, werden aber länger. 11 bis 15<br />
Weiße Schaumköpfe treten verbreitet auf.<br />
5 Frische Brise Mäßige, aber längere Wellen. Überall weiße 16 bis 21<br />
Schaumkämme, vereinzelt Gischt.<br />
6 Starker Wind Die Bildung großer Wellen beginnt. Brechende 22 bis 27<br />
Kämme, größere weiße Schaumflächen, Gischt.<br />
7 Steifer Wind See türmt sich, der beim Brechen entstehende 28 bis 33<br />
Schaum beginnt, sich in Windrichtung zu legen.<br />
8 Stürmischer Mäßig hohe Wellenberge mit Kämmen von 34 bis 40<br />
Wind<br />
beträchtlicher Länge. Der Gischt beginnt<br />
abzuwehen. Schaumstreifen in Windrichtung.<br />
9 Sturm Hohe Wellenberge; dichte Schaumstreifen in 41 bis 47<br />
Windrichtung. »Rollen« der See beginnt.<br />
10 Schwerer Sehr hohe Wellenberge mit überbrechenden 48 bis 55<br />
Sturm Kämmen. Sicht durch Gischt beeinträchtigt.<br />
11 Orkanartiger Außergewöhnlich hohe Wellenberge. Die Kanten 56 bis 63<br />
Sturm der Wellenkämme sind zu Gischt zerblasen.<br />
12 Orkan Luft mit Schaum und Gischt angefüllt. See über 64<br />
vollständig weiß. Jede Fernsicht hört auf.<br />
oder mehr. Wichtig ist, dass in Seewetterberichten<br />
grundsätzlich immer<br />
die mittleren Windgeschwindigkeiten<br />
gemeint sind. Bei labilen Wetterbedingungen<br />
mit Schauern muss immer auch<br />
mit Böen gerechnet werden, die mit bis<br />
zu 25 Prozent höheren als die mittleren<br />
Windgeschwindigkeiten aufwarten können.<br />
13
Wetterindikator Luftdruck<br />
Entscheidend ist nicht der Luftdruck an sich, sondern die Geschwindigkeit,<br />
mit der er sich verändert.<br />
Ein gutes Baro meter reicht zur<br />
Beobachtung des Luftdrucks<br />
vollkommen aus.<br />
Der Luftdruck wird in Pascal (Pa) angegeben.<br />
Ein Pascal entspricht dem Druck,<br />
den ein Gewicht von einem Kilogramm<br />
auf eine Fläche von einem Quadratmeter<br />
ausübt. Auf jedem Quadratmeter<br />
der Erd oberfläche lasten etwa 10 Tonnen<br />
Luft. Dazu kommt die Schwerkraft,<br />
die den Gesamtdruck noch verzehnfacht.<br />
Damit man nicht mit Zahlen über<br />
100000 arbeiten muss, benutzt man die<br />
Einheit Hektopascal (hPa). Die Einheit<br />
Millibar (mbar) wird heute nicht mehr<br />
verwendet, die Zahlenwerte selbst sind<br />
allerdings gleich geblieben: 1000 hPa<br />
entsprechen 1000 mbar.<br />
Der Normaldruck auf der Erdoberfläche<br />
in Meereshöhe liegt bei etwa 1013 hPa.<br />
Der tiefste je gemessene Druck lag bei<br />
873, der höchste bei 1084 hPa. Normalerweise<br />
ist der täg liche Verlauf der<br />
Druckschwankungen gering und fast immer<br />
gleich stark. Besonders in den Tropen<br />
sind recht starke, aber stets gleichförmige<br />
Veränderungen festzustellen.<br />
In unseren Breiten werden die täglichen<br />
Moderne Geräte messen und speichern<br />
den Luftdruck digital, die<br />
Anzeige ist auch hier analog.<br />
14
Schwan kungen von den Druckwellen der<br />
Druck gebilde stark beeinflusst.<br />
Entscheidend für das künftige Wettergeschehen<br />
ist, wie schnell sich der<br />
Druck innerhalb einer bestimmten Zeit<br />
ändert. Sinkt z. B. der Druck innerhalb<br />
von drei Stunden um 10 hPa oder<br />
mehr, ist mit einem schweren<br />
Sturm zu rechnen. In vielen<br />
Seewetterberichten, vor allem,<br />
wenn Stationsmeldungen<br />
enthalten sind, werden auch<br />
Drucktendenzen angegeben.<br />
Gleichbleibender, langsam<br />
fallender oder steigender<br />
Druck ist harmlos, steigender<br />
oder schnell steigender beziehungsweise<br />
fallender Druck<br />
deuten darauf hin, dass es zu<br />
mehr Wind kommen wird.<br />
Wer eine eigene Yacht besitzt, sollte wegen<br />
der Bedeutung der Luftdruckänderungen<br />
ein gutes Barometer oder, besser<br />
noch, einen geeigneten Barografen an<br />
Bord haben. Moderne Instrumente sind<br />
recht genau und gegen Erschütterungen<br />
des Schiffes im Seegang geschützt. Die<br />
regelmäßige Beobachtung des Drucks<br />
oder des Druckverlaufes warnt fast<br />
immer rechtzeitig vor nahendem Unheil,<br />
meist ausreichend lange bevor sich Wetterveränderungen<br />
optisch ankündigen.<br />
Grundsätzlich muss bei veränderlichem<br />
Wetter in Bereichen mit größeren Druckschwankungen<br />
als in unseren Breiten<br />
damit gerechnet werden, dass sich ein<br />
Druckabfall frühmorgens und nachmittags<br />
etwas verstärkt, ein Druckanstieg<br />
aber abschwächt. Gegen Mittag und<br />
Ein Barograf zeichnet den Verlauf des<br />
Luftdrucks auf. Veränderungen sind auf<br />
einen Blick zu erkennen.<br />
spätabends geschieht das Gegenteil:<br />
Ein Druckabfall wird abgeschwächt, ein<br />
Druckanstieg dagegen verstärkt.<br />
Wer ein Barometer an Bord hat, sollte<br />
den Luftdruck regelmäßig ins Logbuch<br />
eintragen, damit außergewöhnlich<br />
schnelle Veränderungen möglichst<br />
frühzeitig festgestellt und Vorsichtsmaßnahmen<br />
ergriffen werden können.<br />
15
Wetterkarten sind wichtig<br />
Man muss kein Meteorologe sein, um Wetterkarten selbst<br />
richtig interpretieren zu können.<br />
Wetterkarten stehen jedem Sportbootskipper<br />
zur Verfügung. Entweder hängen<br />
sie beim Hafenmeister aus oder man<br />
besorgt sie sich selbst per Faxabruf oder<br />
Wetterkartenschreiber. Der Deutsche<br />
Wetterdienst sendet täglich mehrfach<br />
Wetterkarten für den Bordgebrauch,<br />
die allerdings nur mit einem speziellen<br />
Empfänger direkt an Bord empfangen<br />
werden können.<br />
Grundlage für die Reiseplanung ist die<br />
aktuelle Bodenanalyse. Sie beinhaltet<br />
die Lage der Druckgebilde und Fronten,<br />
die Isobaren (Linien gleichen Luftdrucks)<br />
sowie zahlreiche Stations- und Schiffsmeldungen.<br />
Mit einer solchen Karte, die<br />
höchstens einige Stunden alt sein sollte,<br />
hat man den Ist-Zustand des Wetters vor<br />
Augen. Stehen jeden Tag mehrere dieser<br />
Analysen zur Verfügung, kann man<br />
sich mit einiger Übung bereits ein sehr<br />
genaues Bild davon machen, wie sich<br />
das Wettergeschehen in naher Zukunft<br />
entwickeln wird. Da die Wetterdienste<br />
aber auch Vorhersagen liefern müssen,<br />
werden Großrechner eingesetzt, die auf<br />
16<br />
der Grundlage des Ist-Zustandes den<br />
wahrscheinlichen Verlauf für die nächsten<br />
fünf Tage berechnen. Die entsprechenden<br />
Wetterkarten für die kommenden<br />
24, 48, 72 und 96 Stunden werden<br />
ebenfalls täglich ausgestrahlt. Da das<br />
Wettergeschehen am Boden aber auch<br />
entscheidend von den Vorgängen in<br />
höheren Luftschichten abhängt, werden<br />
zusätzlich Höhenwetterkarten erstellt.<br />
Üblich sind die Hö hen, in denen der<br />
Druck im Mittel 850 hPa und 500 hPa<br />
beträgt.<br />
Grundsätzlich basieren die Vorhersagekarten<br />
auf Computerberechnungen, die<br />
das Wettergeschehen auf der gan zen<br />
Welt erfassen und analysieren. Die<br />
nationalen Wetterdienste verfügen über<br />
spezielle Datenverbindungen untereinander,<br />
über die ständig Wetterdaten<br />
aller Art ausgetauscht werden.<br />
Wer alle zur Verfügung stehenden<br />
Wetter- und Prognosekarten nutzt, wird<br />
schnell lernen, wie er das Großraumwetter<br />
der kommenden Tage zu beurteilen<br />
hat. Es ist jedoch unabdingbar,
Auf dieser Wetter karte sind deutlich die<br />
Druckgebilde zu sehen: ein kräftiges Tief<br />
nördlich von England und ein Hoch über<br />
Osteuropa.<br />
zusätzlich die gesprochenen Seewetterberichte<br />
abzuhören und die eigenen<br />
Beobachtungen mit in die Törnplanung<br />
der nächsten Tage einzubeziehen. So<br />
genau und detailliert die Wettervorhersagen<br />
auch sein mögen, sie müssen<br />
logischerweise große Gebiete abdecken<br />
und können lokale Besonderheiten nicht<br />
berücksichtigen.<br />
Anders sieht es aus, wenn ein gelernter<br />
Meteorologe, zum Beispiel während der<br />
Kieler Woche, jeden Morgen den Verlauf<br />
des Wetters für die Regattateilnehmer in<br />
der Kieler Bucht vorbereitet. Er berücksichtigt<br />
neben den grund legenden Informationen<br />
auch die Küs tenformationen<br />
und die thermischen Einflüsse der<br />
Landmassen. Der Durchgang der Fronten<br />
kann so fast minutengenau vorhergesagt<br />
werden, sodass sich alle Beteiligten, auch<br />
die Wettfahrtleiter, darauf einstellen<br />
können.<br />
17
Thermische Küstenwinde<br />
Die Grenze zwischen Land und See ist ein besonderer Fall, da die Luft<br />
über Land schneller erwärmt wird.<br />
18<br />
An einem wolkenlosen, flauen Morgen<br />
im Sommer sind zunächst keine Wolken<br />
zu sehen. Im Verlauf des Vormittags<br />
entsteht über Land eine leichte Quellbewölkung,<br />
die vom kondensierendem<br />
Wasserdampf aufsteigender Warmluft<br />
stammt. Die zunächst spiegelglatte See<br />
beginnt sich in Küs tennähe zu kräuseln<br />
und kann bis zum Nachmittag durchaus<br />
auch vereinzelt weiße Schaumköpfe<br />
zeigen. Nun ist der Seewind in vollem<br />
Gang. Der Luftdruck über Land ist dann<br />
um 3 bis 4 hPa gefallen, sodass kältere<br />
Luft in Richtung Land weht, um die<br />
aufgestiegene Warmluft zu ersetzen.<br />
Die Warmluft zieht in der Höhe über die<br />
See hinaus, kühlt sich ab und sinkt nach<br />
unten. Dabei lösen sich dort eventuell<br />
vorhandene Wolken auf. Dieser Kreislauf<br />
verstärkt sich mit zunehmender Erwärmung<br />
des Landes immer mehr, sodass<br />
der Seewind am Nachmittag durchaus<br />
20 Knoten erreichen kann. Der Bereich<br />
des reinen Seewindes kann sich bis zu<br />
20 Seemeilen seewärts, Tendenz abnehmend,<br />
und bis zu 30 Seemeilen landeinwärts<br />
ausdehnen. An der Grenze des<br />
Seewindes über dem Wasser muss mit<br />
Flaute gerechnet werden, am kräftigsten<br />
weht er direkt an der Küste. Je stärker<br />
der Seewind wird, des to mehr wird er<br />
von der Coriolis-Kraft aus der direkten<br />
Richtung abgelenkt. Diese Drehung nach<br />
rechts (auf der Nordhalbkugel) kann<br />
bis zu 20 Grad betragen. Der Seewind<br />
löst sich auf, sobald die Sonne untergegangen<br />
ist und das Land abkühlt. Weht<br />
ein normaler Wind, der durch reguläre<br />
Druckunterschiede hervorgerufen wird<br />
(Gradientwind), von Land nach See,<br />
nimmt er Res te des Seewindes bis zu<br />
40 See meilen und mehr mit über das<br />
Wasser, bevor sie sich endgültig auflösen.<br />
Der Seewind entsteht natürlich<br />
auch, wenn ein normaler Gradientwind<br />
weht. Bei auflandigem Wind wird der<br />
Seewind verstärkt. Bei ablandigem Wind<br />
dehnt sich der Seewind nicht so weit auf<br />
See aus, vorausgesetzt, der Gradientwind<br />
ist nicht stärker als 20 Knoten und hebt<br />
dann den Seewind auf. Je nachdem, in<br />
welchem Winkel der Gradientwind zur
3. Um den Druck wieder auszugleichen, strömt Luft hinaus<br />
über die See, unterstützt vom ablandigen Gradientwind.<br />
4. Luft sinkt zur Wasseroberfläche ab,<br />
um die Luft zu ersetzen, die in<br />
Richtung Ufer zu strömen beginnt.<br />
2. Dadurch kommt in der Höhe<br />
(gewöhnlich zwischen 300 und<br />
1000 Metern) zu viel Luft zusammen.<br />
Das führt zu unausgeglichenen Luftverhältnissen.<br />
1. Die Luft über Land wird<br />
erwärmt und dehnt sich<br />
aus. Ein Anstieg von 1<br />
bis 2 °Celsius ist ausreichend.<br />
Gradientwind<br />
Flaute<br />
Landeinwärts ziehende<br />
Seewindfront<br />
Der Seewind entsteht, wenn die warme<br />
Luft über dem Land aufsteigt und kühlere<br />
Luft nachströmt.<br />
Nachts kühlt die See langsamer ab, sodass<br />
der Landwind entsteht.<br />
Küstenlinie weht, wird der Seewind mehr<br />
oder weniger stark aus seiner normalen<br />
Richtung abgelenkt. Selbst wenn sich an<br />
Land nur Flächen geringer Ausdehnung<br />
stärker erwärmen als die See, kommt ein<br />
Seewind zustande, wenn vielleicht auch<br />
räumlich sehr begrenzt.<br />
Wenn das Land nachts kälter wird als<br />
das Seewasser an der Küste, bildet sich<br />
nach dem gleichen Prinzip der thermisch<br />
bedingte Landwind.<br />
19
Winde über der offenen See<br />
Selbst mitten über den Ozeanen weht der Wind keineswegs<br />
gleichmäßig, sondern in parallelen Bahnen.<br />
Der waagerechte Wind wird von einer<br />
kreisförmigen Strömung überlagert, die<br />
zur Wolkenbildung führt.<br />
Die Ursache für die Wind- und Wolkenbahnen<br />
über der offenen See ist wieder<br />
einmal aufsteigende Warmluft, die den<br />
Gradientwind überlagert. Dabei bilden<br />
sich kreisförmige, sogenannte Vortex-<br />
Rollen. Über der aufsteigenden Luft<br />
bilden sich Wolkenbänder, zwischen<br />
ihnen sinkt die etwas abgekühlte Luft<br />
wieder ab. Diese Bänder haben untereinander<br />
einen Abstand zwischen 1 und<br />
5 Seemeilen. Der Wind ist unter den<br />
wolkenfreien Streifen stärker und (auf<br />
der Nordhalbkugel) etwas mehr rechtdrehend<br />
als unter den Wolken. Auch<br />
wenn sich keine Wolken bilden, weht<br />
der Wind in Streifen. Die Windgeschwindigkeiten<br />
können zwischen 10 und 25<br />
Prozent voneinander abweichen. Ist der<br />
Gradientwind schwächer als 10 Knoten,<br />
kann es zu großen Wirbeln kommen,<br />
in denen der Wind aus allen möglichen<br />
Richtungen weht. Um solchen Löchern<br />
1 bis 3 Seemeilen<br />
leichtere<br />
Winde<br />
stärkere<br />
Winde<br />
leichtere<br />
Winde<br />
20
Bilden sich über<br />
der offenen See<br />
Wolkenbänder, ist<br />
der Wind unter ihnen<br />
schwächer als<br />
unter den wolkenfreien<br />
Bereichen.<br />
In den Passatregionen<br />
entstehen<br />
immer<br />
wieder lange<br />
Ketten harmloser<br />
Schönwetter-<br />
Cumuli.<br />
zu entgehen, muss man in die Richtung<br />
segeln, aus der der Gradientwind<br />
kommt, da er die Wirbel transportiert.<br />
Manchmal verändert sich auch auf<br />
offener See die Wassertemperatur.<br />
Ursache ist meist eine unterseeische<br />
Strömung, die irgendwo plötzlich an die<br />
Oberfläche kommt. Über kälterem Wasser<br />
wird die Luft stabil und steigt nicht<br />
mehr auf. Dort wird der Gradientwind<br />
wegen der größeren Reibung schwächer<br />
und außerdem abgelenkt. Über<br />
dem wärmeren Wasser steigt die Luft<br />
weiterhin auf, sodass der Gradientwind<br />
nicht durch Reibung abgebremst wird.<br />
Der Golfstrom ist ein schönes Beispiel für<br />
dieses Phänomen. Der Wind weht dort<br />
typischerweise mit bis 25 Knoten über<br />
dem warmen und mit 10 Knoten über<br />
dem kalten Wasser.<br />
21
Tropische Wirbelstürme<br />
Sie sind unberechenbar, von zerstörerischer Gewalt, und das Beste ist,<br />
ihnen aus dem Weg zu gehen.<br />
Tropische Wirbelstürme sind im Bereich<br />
des Atlantiks als »Hurrikane« bekannt,<br />
im pazifischen Raum werden sie als<br />
»Taifune« bezeichnet. Sie beginnen ihr<br />
Leben als zunächst harmlose Tiefdruckgebiete<br />
und meist über Land. Gefährlich<br />
werden sie erst, wenn sie über einem<br />
Seegebiet angelangt sind, dessen<br />
Wasser mindestens 28 °C warm ist. Da<br />
sie die Coriolis-Kraft benötigen, um in<br />
Rotation versetzt zu werden, dürfen sie<br />
sich während ihrer Entwicklung dem<br />
Äquator nicht weiter als 7° Nord oder<br />
Süd nähern. Durch die enorme Verdunstungsrate<br />
über dem warmen Wasser<br />
werden unglaubliche Energiemengen<br />
im wolkenlosen Auge eines Wirbelsturmes<br />
nach oben bis in eine Höhe von<br />
über 15000 Meter gesaugt, die dann<br />
durch Kondensation wieder freigesetzt<br />
werden. An der Wasseroberfläche wird<br />
kalte Luft von außerhalb angesaugt.<br />
Die Windgeschwindigkeiten werden mit<br />
zunehmender Größe des Wirbels immer<br />
höher und können weit über 150 Knoten<br />
erreichen. Da die hohen Wassertempe<br />
22<br />
Das Satellitenfoto<br />
zeigt deutlich die<br />
Bereiche unterschiedlich<br />
warmer<br />
Luftmassen.
17 000 m<br />
Wolkenwand<br />
Wolkenwand<br />
Auge<br />
etwa 400 Seemeilen<br />
80° 60° 40° 20°W<br />
60°<br />
40°<br />
25 °C<br />
20°N<br />
28 °C<br />
Äquator<br />
20°S<br />
Wie durch einen Schornstein wird die<br />
warme Luft im Kern eines Wirbels nach<br />
oben gesaugt. Eine Voraussetzung für<br />
die Bildung von Wirbelstürmen ist<br />
extrem warmes Meerwasser.<br />
raturen nur im Sommer bis zu Beginn<br />
des Herbstes erreicht werden, gilt diese<br />
Zeit in der Karibik als Hurrikan-Saison.<br />
Dann sind dort fast alle touristischen<br />
Einrichtungen geschlossen, und es gibt<br />
nur einige wenige Charterunternehmen,<br />
die ihre Yachten anbieten.<br />
Moderne Satellitentechnik macht es<br />
möglich, dass Wirbelstürme frühzeitig<br />
erkannt und die Bevölkerung rechtzeitg<br />
gewarnt werden kann. Das Prob lem<br />
dabei ist allerdings, dass die Zugbahnen<br />
der Wirbelstürme nie genau vorhergesagt<br />
werden können. Manchmal schlagen<br />
sie abrupt Haken oder ändern ihren<br />
Kurs zeitweilig in die entgegengesetzte<br />
Richtung. Das Hurrikan-Zentrum in Key<br />
West im Süden Floridas gibt dann zwar<br />
laufend neue Warnmeldungen heraus,<br />
aber wenn ein Wirbelsturm über die<br />
Inseln fegt, hilft meist nur noch beten.<br />
23
DWD-Seewetterberichte<br />
Der Deutsche Wetterdienst, Geschäftsfeld Seeschifffahrt mit Sitz in<br />
Hamburg, erstellt zahlreiche Berichte.<br />
Seewetterberichte werden von vielen<br />
Sendern und in vielerlei Form ausgestrahlt.<br />
Klartext-Berichte werden vor<br />
allem über Rundfunksender verbreitet<br />
(siehe unten). Besonders umfangreich<br />
ist das Angebot des DWD, das im Funkfernschreibverfahren<br />
über die Sender<br />
Pinneberg ausgestrahlt wird. Die Berichte,<br />
Vorhersagen, Stationsmeldungen<br />
und Warnungen waren ursprünglich<br />
nur für die Berufsschifffahrt gedacht.<br />
Seit einigen Jahren wird das Funkfernschreibverfahren<br />
eingesetzt. Um diese<br />
Ausstrahlungen lesen zu können, wird<br />
ein automatisch arbeitender Dekoder<br />
verwendet. Der DWD sendet außerdem<br />
mehrmals täglich auch Faksimile-Wetterund<br />
Vorhersagekarten.<br />
Deutsche Rundfunksender<br />
Zeit (GZ) Gebiet Sender Frequenzen<br />
00.05 Nord- u. Ostsee NDR Info Spezial 702, 972 kHz<br />
01.05 Nord- u. Ostsee, IJm, EK DLF/Deutschlandradio 177, 1269 kHz<br />
06.40 Nord- u. Ostsee, IJm, EK DLF/Deutschlandradio 177, 1269 kHz<br />
08.30 Nord- u. Ostsee NDR Info Spezial 702, 972 kHz<br />
11.05 Nord- u. Ostsee, IJm, EK DLF/Deutschlandradio 177, 1269 kHz<br />
21.05* Nord- u. Ostsee, IJm, EK DLF/Deutschlandradio 177, 1269 kHz<br />
22.05 Nord- u. Ostsee NDR Info Spezial 702, 972 kHz<br />
IJm = IJsselmeer; EK = Englischer Kanal, West- und Ostteil<br />
*während Sommerzeit<br />
24
Funkfernschreib-Sendungen (utc)<br />
1. Programm (englisch) Kennung 2. Programm (deutsch) Kennung<br />
4583,0 kHz DDK2 147,3 kHz DDH47<br />
7646,0 kHz DDH7 11039,0 kHz DDH9<br />
10100,8 kHz DDK9 14467,3 kHz DDH8<br />
Sendeinhalt:<br />
Sendeinhalt:<br />
Nord- und Ostsee<br />
Deutsche Nord- und Ostseeküste<br />
1. Programm 2. Programm 1. Programm 2. Programm<br />
00.05 00.05 00.20 00.20<br />
03.05 03.05 03.20 03.20<br />
05.05 05.20<br />
05.35 05.50<br />
06.05 06.20<br />
08.35 08.50<br />
09.05 09.20<br />
11.35 11.50<br />
12.05 12.20<br />
14.35 14.50<br />
15.05 15.20<br />
17.35 17.50<br />
18.05 18.20<br />
20.35 20.50<br />
21.05 21.20<br />
Sendeinhalt:<br />
Mittelmeer<br />
1. Programm 2. Programm<br />
15.50<br />
16.10<br />
Wegen der großen Zahl der Seewetterberichte in deutscher und englischer Sprache<br />
kann hier nur ein Auszug des Sendeprogramms abgedruckt werden.<br />
25
Wetter-Literatur<br />
Bücher, die sich mit dem Wetter befassen:<br />
Adlard Coles/Peter Bruce,<br />
Schwerwettersegeln, Bielefeld<br />
Rolf Dreyer, Wettertafeln für die<br />
Bordpraxis, Hamburg<br />
Dietrich von Haeften, Sturm – was tun?<br />
Bielefeld<br />
Richard Hamblyn, Spektakuläre<br />
Wolken, Bielefeld<br />
Dieter Karnetzki, Das Wetter von<br />
morgen, Bielefeld<br />
Dieter Karnetzki, Wetterregeln für<br />
Segler, Bielefeld<br />
Lothar Kaufeld/Klaus Dittmer/Rolf<br />
Dobe ritz, Mittelmeerwetter, Bielefeld<br />
Dag Pike, In Sturm und schwerer See,<br />
Bielefeld<br />
Michael Sachweh, Segelwetter Ostsee,<br />
Bielefeld<br />
Walter Stein/Harald Schultz,<br />
Wetter kunde für Wassersportler,<br />
Bielefeld<br />
Chris Tibbs, Das Wetter, Bielefeld<br />
Alan Watts, Das Wetter in Bildern,<br />
Bielefeld<br />
Alan Watts, Gefährliche Wetterlagen<br />
rechtzeitig erkennen, Bielefeld<br />
Autorenteam des Seewetteramtes,<br />
Seewetter, Hamburg<br />
Autorenteam des Seewetteramtes, Wetter<br />
an Bord, Hamburg<br />
Autorenteam des Seewetteramtes, Der<br />
kleine Wolkenatlas, Hamburg<br />
Juan Rigo, Die Winde des Mittelmeers,<br />
Bielefeld<br />
26
Eine schöne Brise bei strahlendem<br />
Sonnenschein – was kann es Schöneres<br />
geben?<br />
Man darf nur nie vergessen, dass sich<br />
das Wetter auch schnell ändern kann.<br />
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;<br />
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.<br />
6. Auflage 2013 / ISBN 978-3-89225-688-5<br />
Die Rechte für diese Ausgabe liegen bei Edition Maritim GmbH, ABC-Straße 8, 20354 Hamburg<br />
Umschlag: Buchholz.Graphiker, Hamburg · Text und Konzept: Erik von Krause · Fotos: H.-G. Kiesel, M. Naujok,<br />
Nico Krauss · Zeichnungen: J. Bassiner · Lithografie: scanlitho.teams, Bielefeld · Druck und Bindung: Print Consult, München<br />
Alle Rechte vorbehalten! Ohne ausdrückliche Erlaubnis des Verlages darf das Werk weder komplett noch teilweise reproduziert,<br />
übertragen oder kopiert werden, wie z. B. manuell oder mithilfe elektronischer und mechanischer Systeme inkl.<br />
Fotokopieren, Bandaufzeichnungen und Datenspeicherung.<br />
Vertrieb: <strong>Delius</strong> <strong>Klasing</strong> Verlag GmbH, Sieker wall 21, 33602 Bielefeld · Tel.: 0521/559-0, Fax: 0521/559-115<br />
E-Mail: info@delius-klasing.de · www.delius-klasing.de<br />
27