Elsass-Gazette - Elsass-Freunde Basel
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<strong>Elsass</strong>-<strong>Gazette</strong><br />
Nr. 120 April 2013<br />
Mitteilungsblatt<br />
Kulturverein <strong>Elsass</strong>-<strong>Freunde</strong> <strong>Basel</strong><br />
Association culturelle les amis de l’Alsace Bâle<br />
0<br />
Die <strong>Elsass</strong>-<strong>Freunde</strong> <strong>Basel</strong><br />
unterstützen und fördern<br />
Anliegen und<br />
Zielsetzungen der<br />
Regio TriRhena
Impressum<br />
________________________________________________________________________________<br />
Impressum<br />
Mitteilungsblatt <strong>Elsass</strong>-<strong>Gazette</strong><br />
Postadresse:<br />
Kulturverein <strong>Elsass</strong>-<strong>Freunde</strong> <strong>Basel</strong>,<br />
Postfach 3405, CH 4002 <strong>Basel</strong><br />
Sekretariat: Marianne Gloor<br />
Tel: +41 (0) 61 821 05 15<br />
E-Mail: elsass.freunde@bluewin.ch<br />
Internet: www.elsass-freunde-basel.ch<br />
Redaktion: Regula Adam, Redaktorin<br />
Drosselstrasse 59, CH-4059 <strong>Basel</strong><br />
Tel: +41 (0)61 361 38 25<br />
E-Mail: regulaadam@msn.com<br />
Weiteres Redaktionsmitglied:<br />
Dr. Hans-Jörg Renk<br />
Niederholzstrasse 45, CH-4125 Riehen<br />
Tel: +41 (0) 76 459 94 40<br />
E-Mail: hj.renk@sunrise.ch<br />
Gestaltung: Dr. Eric P. Adam<br />
Drosselstrasse 59, CH-4059 <strong>Basel</strong><br />
E-Mail: eadam@dplanet.ch<br />
Druck: Speedy Print AG<br />
Güterstrasse 88, CH-4053 <strong>Basel</strong><br />
Auflage: 500 Stück<br />
Die nächste Ausgabe erscheint<br />
am 17. Juli 2013<br />
Redaktionsschluss: 13. Juni 2013<br />
Adressen<br />
________________________________________________________________________________<br />
Präsident: Dr. Robert Heuss Eichhornstrasse 14<br />
CH-4059 <strong>Basel</strong><br />
T: 0041 (0) 61 333 10 40<br />
F: 0041 (0) 61 333 10 41<br />
Mobile: 0041 (0) 78 720 47 33<br />
E-Mail: robert.heuss@balcab.ch<br />
Vizepräsident CH: Daniel Braun Sennheimerstrasse 25<br />
CH-4054 <strong>Basel</strong><br />
T: 0041 (0) 61 263 18 15<br />
F: 0041 (0) 61 301 40 35<br />
E-Mail: daniel.braun@dbp-architekten.ch<br />
Vizepräsident F: Gérard Kielwasser 15, rue de la Résistance<br />
F-68870 Bartenheim<br />
T : 0033 389 68 36 23<br />
F : 0033 389 70 71 22<br />
E-Mail : g.kielwasser@wanadoo.fr<br />
Vizepräsident D : Eberhard Stotz Hofstrasse 18<br />
D-79415 Bad Bellingen<br />
T/F: 0049 76 353 929<br />
E-Mail: EStotz@web.de<br />
Sekretärin: Marianne Gloor Schauenburgerstrasse 20<br />
CH-4133 Pratteln<br />
T. 0041 (0) 61 821 05 15<br />
Mobile: 0041 (0)79 754 73 41<br />
E-Mail: mag46@bluewin.ch<br />
Kassier: Karlheinz Matthes Chilchmattstrasse 4<br />
CH-4118 Rodersdorf<br />
T: 0041 (0) 61 731 14 70<br />
Mobile : 0041 (0)79 306 82 66<br />
E-Mail: khma@bluewin.ch<br />
Redaktorin: Regula Adam Drosselstrasse 59<br />
CH-4059 <strong>Basel</strong><br />
T : 0041 (0) 61 361 38 25<br />
T/F : 0041 (0) 61 361 76 61<br />
E-Mail: regulaadam@msn.com<br />
Beisitzerin: Ruth Banderet Gundeldingerstrasse 353<br />
CH-4053 <strong>Basel</strong><br />
T/F: 0041 (0) 61 302 84 82<br />
E-Mail: ruth.banderet@bluewin.ch<br />
Beisitzer: Prof. Dr. Werner Gallusser Giornicostrasse 106<br />
CH-4059 <strong>Basel</strong><br />
T: 0041 (0) 61 331 75 58<br />
E-Mail: werner.gall@bluewin.ch<br />
Beisitzerin Ursula Schmitt Schützenmattstrasse 35<br />
CH-4051 <strong>Basel</strong><br />
T : 0041 (0) 61 274 02 47<br />
E-Mail: uschmitt@bluewin.ch<br />
Beisitzer: Werner Schwarzwälder 10, rue André Malraux<br />
F-68330 Huningue<br />
T/F: 0033 389 67 39 31<br />
E-Mail:werner.schwarzwaelder@orange.fr<br />
2<br />
39<br />
39
Bildernachweis / Quellenhinweis<br />
________________________________________________________________________________<br />
Bildernachweis<br />
Titelbild Storchennest in Dambach-la-ville; Foto Ruedi Niescher<br />
Seite 4 Regula Adam; Foto Ruedi Niescher<br />
Seiten 5-6 Generalversammlung in Bartenheim; Fotos Ruedi Niescher<br />
Seite 7 Referenten RheinPorts; Foto Ruedi Niescher<br />
Seiten 8-9 Elsässische Tafelfreuden; Fotos Ruedi Niescher<br />
Seite 10 Schuppenkarpfen; http://de.wikipedia.org/wiki/Karpfen<br />
Seiten 11-12 Illustrationen Ausflug Neuenburg/Bürgeln; Schlossverwaltung<br />
Bürgeln, Stadtverwaltung Neuenburg<br />
Seite 14 Rathaus Mulhouse; Foto Eric Adam<br />
Seite 15 Festsaal Auberge Alsacienne; http://www.aubergezoo.com<br />
Seite 15 Zweisprachige Strassensschilder; http://www.plaquesbilingues.fr/<br />
Seite 16 Delphine Wespiser; Foto Jean-Christophe Meyer (L’Alsace)<br />
Seite 20 Amélie Lieby; Foto aus dem besprochenen Buch<br />
Seite 24 Uli Führe und Stefan Pflaum signieren ihr Liederbuch;<br />
Badische Zeitung de, Foto Christian Ringwald<br />
Seite 27 Gérard Leser; http://www.dna.fr/fr/images/289A4831-ADAF-<br />
4DC0-BC72-14434D1BB58D/DNA_03/gnomes-nains-lutins-etgeants.jpg<br />
Seite 29 La rose d’argent; beschriebenes Buch Seite 45<br />
Seite 30 Martin Graff; http://ais.badische-zeitung.de/<br />
piece/03/cc/e9/20/63760672.jpg<br />
Seite 33 Lina Ritter; http://medias.jds.fr/article/48024/pierre-de-<br />
Hagenbach_300.jpg<br />
Seite 36 Jubilare; Fotos Ruedi Niescher<br />
Rückseite Collage déjeuner culinaire; Fotos Ruedi Niescher<br />
Quellenhinweis<br />
Seiten 11-13<br />
Seite 15<br />
Homepage Schloss Bürgeln, Bürgerbroschüre Stadt Neuenburg,<br />
Info-Flyer Museum für Stadtgeschichte<br />
Wir danken Patrick Hell, “Promotion du Bilinguisme“, für den Hinweis<br />
betreffend den 13 neuen zweisprachigen Strassenschilder<br />
Bei einigen Artikeln hat die Redaktion die Hilfe von Wikipedia in Anspruch<br />
genommen, um zu vermeiden, dass möglichst keine historische, geographische<br />
oder technische Fehler in der <strong>Gazette</strong> publiziert werden<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
_____________________________________________________________________________<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
2 Impressum<br />
3 Inhaltsverzeichnis<br />
4 Leitartikel Regula Adam<br />
5--6 Rückblick Generalversammlung Regula Adam<br />
7 Wo, wer sind die RheinPorts ? Regula Adam<br />
8-9 Rückblick Elsässische Tafelfreuden Regula Adam<br />
10 Routes de la Carpe Frite“ Regula Adam<br />
11-13 Ausflug nach Neuenburg/Bürgeln Freitag, 24. Mai 2013<br />
14-15 Ausflug nach Mulhouse Donnerstag, 20. Juni 2013<br />
16-19 Delphine; „Isch das nit a Bliamalé?“ Hans-Jörg Renk<br />
20-23 Die Gedichte von Amélie Lieby neu entdeckt<br />
Hans-Jörg Renk<br />
24-26 Liederbuch; „Woni sing und stand“ Ursula Schmitt<br />
27-29 Gérard Leser; „Eine vergnügliche Reise<br />
durch die elsässische Sagenwelt“ Ursula Schmitt<br />
30-32 Martin Graff; „Leben wie<br />
Gott im <strong>Elsass</strong>“<br />
Hans-Jörg Renk<br />
33-34 Lina Ritters „Pierre de Hagenbach“ Hans-Jörg Renk<br />
35 Mundarttage Bad Bellingen<br />
36 Herzliche Gratulation:<br />
Gérard Kielwasser; Daniel Braun<br />
Regula Adam<br />
37 Gedicht: Die Brücke / Le Pont Edgar Zeidler<br />
38/39 Bilder- und Quellennachweis / Adressen<br />
38<br />
3
Leitartikel<br />
________________________________________________________________________________<br />
Leitartikel<br />
von Regula Adam<br />
Die Mundart ist in aller Munde.<br />
Diesen Eindruck erhalte ich, wenn<br />
ich von den vielen Einladungen zu<br />
Mundartveranstaltungen, welche im<br />
Dreiland stattfinden, Kenntnis<br />
nehme. Das ist sehr erfreulich und<br />
zeigt, wie viele Schriftsteller und<br />
Organisatoren sich mit Herzblut<br />
engagieren, damit der Dialekt<br />
erhalten und lebendig bleibt. Da<br />
unsere <strong>Gazette</strong> nur viermal im Jahr<br />
erscheint, ist es leider nicht möglich<br />
auf alle Veranstaltungen rechtzeitig<br />
hinzuweisen. So fand am Wochenende<br />
vom 22.-24 März 2013 die von<br />
Markus Manfred Jung organisierte<br />
Veranstaltung „25 Jahre Internationale<br />
Schopfheimer Mund-Art-<br />
Literatur-Werkstatt“ statt. Die Aktivitäten<br />
gingen in Schopfheim, Weil<br />
am Rhein, Saint-Louis und in <strong>Basel</strong><br />
über die Bühne. Bemerkenswert war<br />
der Umstand, dass nicht nur das<br />
Alemannische, sondern auch Beiträge<br />
von anderen Dialekten aus dem<br />
europäischen Raum vorgestellt wurden.<br />
In der nächsten <strong>Elsass</strong>- <strong>Gazette</strong><br />
werden wir über diese Anlässe<br />
berichten. Anfangs Juni finden wiederum<br />
die auch bei Baslern geschätzten<br />
Mundarttage in Bad Bellingen<br />
statt. Delphine Wespiser, geniesst<br />
nicht nur ihren guten Ruf als<br />
Miss France vom vergangenen Jahr,<br />
sondern hat ihr Versprechen ein-<br />
4<br />
gelöst, sich weiterhin für das Elsässische<br />
zu engagieren. In Magstattle-Bas<br />
hat sie zusammen mit Yves<br />
Bisch Schülern eine unterhaltsame<br />
Elsässisch-Lektion erteilt und erfreut<br />
festgestellt, dass einige Kinder den<br />
Dialekt verstehen und reden können.<br />
Trotz ermutigenden Erfolgen ist<br />
der Weg für den Erhalt des Dialekts<br />
immer noch hart und steinig, kommen<br />
doch von Paris immer wieder<br />
negative Signale. Ein trinationales<br />
Projekt ganz im Sinn und Geist der<br />
„Regio Basiliensis“, welche dieses<br />
Jahr 50 Jahre alt wird, ist der Dreiländer-Dichterweg,<br />
über welchen die<br />
<strong>Elsass</strong>-<strong>Gazette</strong> im letzten Sommer<br />
ausführlich berichtet hat. Die Koordination<br />
dieses grenzüberschreitenden<br />
Projektes übernimmt neu die<br />
Internationale Bauausstellung IBA<br />
2020 (Details siehe Seite 26). Die<br />
<strong>Elsass</strong>-<strong>Freunde</strong> freuen sich, dass<br />
der Dreiländer-Dichterweg immer<br />
konkretere Formen annimmt.<br />
Edgar Zeidler<br />
________________________________________________________________________________<br />
Le Pont<br />
Sous le pont<br />
coule le Rhin<br />
témoin des déchirements<br />
entre deux nations<br />
jadis ennemies.<br />
Sur le pont<br />
deux êtres se donnent<br />
la main,<br />
témoins d’un amour enfoui<br />
au cœur<br />
de leur histoire.<br />
Sous le pont<br />
coulent<br />
les larmes des guerres<br />
emportées par les tourbillons<br />
du chagrin,<br />
du deuil,<br />
et de l’oubli. –<br />
Ils se sont arrêtés U<br />
Et ont pris le temps<br />
de se contempler<br />
et ont vu<br />
chacun<br />
dans les yeux de l’autre<br />
fleurir<br />
enfin<br />
la confiance,<br />
l’amitié<br />
et l’amour<br />
sur les ponts du Rhin.<br />
Version française de l’auteur<br />
D’ Brùck<br />
Ùnter dr Brùck<br />
lauift dr Rhi,<br />
Ziiga vo dr Zwietràcht<br />
zweier Nàtiona<br />
fiahjer spìnnafìnd.<br />
Ùf dr Brùck<br />
gann sich zwei Manscha<br />
d’Hànd,<br />
Ziiga von’ra Liab<br />
tiaf ìm Harza<br />
vo ìhrer Gschìcht.<br />
Ùnter dr Brùck<br />
lauifa<br />
d’Kriagstrana,<br />
mìtgrìssa ìn da Wìrwel<br />
vom Kùmmer,<br />
vom Leid,<br />
ùnem Vergassa. –<br />
Sie sìn steh geblìwa0<br />
Ùn han d’Zitt gnùmma<br />
sich za betràchta<br />
ùn han gsah,<br />
jedes<br />
ìn da Auiga vom àndera<br />
wia s Vertrauia,<br />
d’Frìndschàft<br />
un d’Liab<br />
andlig<br />
ùfbliahja<br />
ùf da Brùcka ìwrem Rhi.<br />
Edgar Zeidler<br />
Die Rheinbrücke zwischen Chalampé (F) und Neuenburg (D) hat den Autor zu diesem<br />
Gedicht zum 50. Jahrestag der deutsch-französischen Freundschaft inspiriert.<br />
37
Jubilare<br />
________________________________________________________________________________<br />
Herzliche Gratulation<br />
Gérard Kielwasser<br />
Rückblick Generalversammlung<br />
________________________________________________________________________________<br />
Generalversammlung 2013<br />
von Regula Adam<br />
Daniel Braun<br />
36<br />
Genau am Erscheinungsdatum unserer <strong>Gazette</strong>, am<br />
10. April kann Gérard Kielwasser seinen 75. Geburtstag<br />
feiern. Dazu möchten wir ihm ganz herzlich<br />
gratulieren. Im Jahre 2006 wurde er an der Generalversammlung<br />
als Repräsentant des <strong>Elsass</strong> zum<br />
Vizepräsidenten gewählt. Mit seinen Erfahrungen als<br />
adjoint au Maire ist er eine grosse Hilfe beim Organisieren<br />
von Anlässen im <strong>Elsass</strong> und öffnet uns mit<br />
seiner charmanten Art und einem grossen Beziehungsnetz<br />
immer wieder Tor und Tür. Er hat es<br />
auch ermöglicht, dass wir uns für die Vorstandssitzungen<br />
im Office de Tourisme im Maison de<br />
Haute Alsace in Village-Neuf treffen können.<br />
Am 25. Mai kann unser langjähriges Vorstandsmitglied<br />
und seit 2008 Vizepräsident in unserem<br />
Verein, seinen 70. Geburtstag feiern. Wir kennen<br />
Daniel Braun als kompetenten und vielseitigen Organisator,<br />
welcher oft in Zusammenarbeit mit seiner<br />
Frau Verena und Werner Gallusser attraktive und<br />
aussergewöhnliche Exkursionen organisiert und<br />
nicht ruht, bis auch noch das letzte Tüpfelchen auf<br />
dem i ist. Ich habe Daniel als besonnen, aber sehr<br />
engagierten Vorstandskollegen kennen gelernt und<br />
hoffe, dass er noch lange trotz seiner andern<br />
interessanten Hobbys den <strong>Elsass</strong>-<strong>Freunde</strong>n treu<br />
bleiben wird.<br />
Beiden Jubilaren wünschen wir im Namen des Vorstandes für die Zukunft nur das<br />
Beste und danken ihnen für ihren unermüdlichen Einsatz in unserem Verein.<br />
Regula Adam<br />
Am 8. März 2013 nehmen 72 Mitglieder<br />
der <strong>Elsass</strong>-<strong>Freunde</strong> <strong>Basel</strong> im<br />
Restaurant Auberge d’Alsace in Bartenheim<br />
an der diesjährigen Generalversammlung<br />
teil.<br />
Zum Auftakt musizieren Marie-Andrée<br />
Joerger, Akkordeon, und Laura<br />
Tavernier, Violoncello, professionell<br />
im Duett mit eingängigen Weisen.<br />
Präsident Robert Heuss freut sich,<br />
die zahlreichen Gäste aus Politik<br />
und Kultur begrüssen zu können.<br />
Im Jahresbericht wird festgestellt,<br />
dass die zehn vielfältigen<br />
Veranstaltungen im vergangenen<br />
Vereinsjahr stets sehr gut besucht<br />
5
Rückblick Generalversammlung<br />
________________________________________________________________________________<br />
waren. Als Neuerung wurden die<br />
vier Ausgaben der <strong>Elsass</strong>-<strong>Gazette</strong><br />
erstmals mit farbiger Titel- und Umschlagseite<br />
gedruckt. Das neue Erscheinungsbild<br />
rechtfertigt, als Visitenkarte<br />
des Vereins, die dadurch<br />
entstandenen Mehrkosten. Die von<br />
unserem Webmaster Hugo Neuhaus<br />
betreute Web-Site darf sich sehen<br />
lassen und wird rege benutzt. Leider<br />
ist der Hinschied von vier Mitgliedern<br />
zu beklagen, so auch derjenige<br />
von Urs Burkhardt, unserem<br />
langjährigen Mitglied, Revisor und<br />
Bruder des vorgängigen Präsidenten<br />
Jürg Burkhardt. Im vergangenen<br />
Jahr sind 24 Neueintritte zu verzeichnen.<br />
Ende Vereinsjahr beträgt<br />
der Mitgliederbestand 425. Positiv<br />
wird der erfreulich gute<br />
Rechnungsabschluss<br />
zur Kenntnis<br />
genommen. Der Verein<br />
steht nun wieder<br />
auf einer gesunden finanziellen<br />
Basis. Dem<br />
Vorstand wird ohne<br />
Gegenstimme Décharge<br />
erteilt. Der<br />
Jahresbeitrag wird auf<br />
der bisherigen Höhe<br />
belassen. Wahlen finden<br />
dieses Jahr turnusgemäss<br />
keine<br />
statt. Unter anderem<br />
dankt Robert Heuss<br />
Gérard Kielwasser<br />
und Directeur Eric<br />
Lefebvre, welche es<br />
6<br />
ermöglichen, die Vorstandssitzungen<br />
im Office de Tourisme du Pays<br />
de Saint-Louis/Huningue im Maison<br />
de Haute-Alsace in Village-Neuf<br />
durchzuführen. Nach einem musikalischen<br />
Zwischenspiel referieren<br />
Hans-Peter Hadorn, Direktor<br />
Schweizerische Rheinhäfen, und<br />
Jacky Scheidecker, Directeur Ports<br />
de Mulhouse-Rhin über die<br />
Entwicklung und Zukunftspläne der<br />
Rheinhäfen am Oberrhein (siehe<br />
nächste Seite). Anschliessend wird<br />
vom Bürgermeister von Bartenheim,<br />
Jacques Ginther, ein grosszügiger<br />
elsässischer Apéro offeriert, welcher<br />
in gemütlicher Runde allseits<br />
genossen wird.<br />
Mundarttage Bad Bellingen<br />
________________________________________________________________________________<br />
Mundarttage<br />
Bad Bellingen<br />
07.-09. Juni 2013<br />
(Homepage: www.mundarttagebadbellingen.jimdo.com)<br />
Freitag, 07. Juni<br />
20.00h „Zwei us de Regio“ Sketche, Poesien und Chansons<br />
im Schlosskeller<br />
Colette Greder, Peter Richner & Andrei Ichtchenko<br />
(Akkordeon) präsentieren ihr schweizer-alemannisches<br />
Programm..<br />
Samstag, 08. Juni<br />
20.00h „Woni Sing und Stand“ im Schlosskeller<br />
Alemannische Lieder aus dem begeistert aufgenommenen,<br />
grenzüberschreitenden Liederbuch von Uli<br />
Führe und Stefan Pflaum. Historische und<br />
gegenwärtige Mundartlieder des alemannischen<br />
Sprachraumes in Baden, im <strong>Elsass</strong>, in der Schweiz und<br />
in Vorarlberg.<br />
Ein Feuerwerk aus Musik und Sprache erwartet uns<br />
nach der Pause: Texte und Lieder aus dem reichen<br />
alemannischen Programm der Künstler - Stefan Pflaum<br />
(Akkordeon) und Uli Führe (Gitarre, Geige, Mandoline). .<br />
Die Veranstaltung findet im Schlosskeller statt.<br />
Sonntag, 09. Juni<br />
15.00h Akustiksession uff alemannisch!!!<br />
„Pocket Rock“ ä chleini Rock-Cover-Band us Rhiwiler.<br />
Als dynamisches Sixpäck sin mir im Dreiländereck<br />
underwägs an Fäschdli, Party´s un Hochzidde uff ä<br />
weng „rockigi“ Art doch diesmol ä wenig anderscht!<br />
19.00h Beißzangenbowle, Alfred Heizman im Schlosskeller<br />
Vorzeigenarr, Mundartdichter und Schelm vom See<br />
(Konstanz). Er ist in der Region aus Hörfunk und als<br />
„Fischerin vom Bodensee“ aus fastnächtlichen<br />
Fernsehübertragungen bekannt. Lachen ist bekanntlich<br />
gesundUUU.<br />
35
Lina Ritter<br />
________________________________________________________________________________<br />
lichen <strong>Elsass</strong> mit insgesamt rund<br />
sechzig Mitwirkenden zur Aufführung<br />
gelangen. (siehe Angaben am<br />
Ende des Artikels). Patrick Keller<br />
und Luis Donatien Perin weisen darauf<br />
hin, dass das Stück, das kurz<br />
vor dem Ersten Weltkrieg entstand,<br />
von erstaunlicher Aktualität ist, denn<br />
Lina Ritter prangt darin den Missbrauch<br />
absoluter Macht an, zeigt<br />
aber auch, wie die Kraft der Liebe,<br />
verkörpert durch die weibliche<br />
Hauptrolle, dem aus einfachen Verhältnissen<br />
stammenden Mädchen<br />
Annette, selbst einen Tyrannen verändern<br />
kann. Lina Ritter kritisiert<br />
aber auch den Populismus, der zum<br />
Hass und der Gewalt des Volksaufstands<br />
gegen Hagenbach führte und<br />
zeigt sich damit einmal mehr als<br />
Vertreterin des Humanismus, des<br />
Pazifismus und der Völkerverständigung,<br />
wie sie es in dem bekannten<br />
Haiku zum Ausdruck brachte, der<br />
über ihrem Grab auf dem Friedhof<br />
von Village-Neuf prangt:<br />
34<br />
Worum trennt uns e Rhi?<br />
Ass mir zeige chenne<br />
Wie me Brucke bäut<br />
Die Geschichte von Peter von Hagenbach<br />
spielte sich in unserer Region<br />
ab und hat auch zahlreiche Bezüge<br />
zu <strong>Basel</strong> und zur Schweiz, sie<br />
geht also auch uns an. Wer mit der<br />
französisichen Sprache etwas Mühe<br />
hat, dem sei die zweisprachige Ausgabe<br />
des Stückes empfohlen, die<br />
rechtzeitig in den Editions du Lys in<br />
Saint-Louis erscheinen wird.<br />
Aufführungen im RiveRhin Village-<br />
Neuf (gegenüber der “Piste du<br />
Rhin”)<br />
Donnerstag, 27. Juni, Freitag, 28.<br />
Juni und Samstag, 29. Juni, jeweils<br />
20.30 Uhr<br />
Eintritt: 10 Euro<br />
Reservation: Tel. 00333 89 70 28 32<br />
oder riverhin@orange.fr<br />
RheinPorts<br />
________________________________________________________________________________<br />
Wo, wer sind die RheinPorts ?<br />
Orientierung von:<br />
Hans-Peter Hadorn, Direktor Schweizerische Rheinhäfen<br />
Jacky Scheidecker, Ports de Mulhouse-Rhin<br />
RheinPorts <strong>Basel</strong>-Mulhouse-Weil<br />
von Regula Adam<br />
Die Rheinschifffahrt spielt im 21.<br />
Jahrhundert eine zentrale Rolle im<br />
Gütertransport. Der Rhein verbindet<br />
als grösste europäische Wasserstrasse<br />
Städte, Ballungsräume und<br />
Grenzregionen miteinander. Die<br />
RheinPorts am südlichen Oberrhein<br />
sind die Verkehrsdrehscheibe direkt<br />
an den Korridoren Rotterdam-Genua<br />
und Antwerpen-Marseille. Hier befinden<br />
sich bedeutende Produktionsstandorte<br />
des internationalen Pharma-,<br />
Chemie- und Life Science-<br />
Clusters sowie Automobilindustrie<br />
und hoch spezialisierte Maschinenbauunternehmen.<br />
Der Anfang einer<br />
Zusammenarbeit der Häfen am<br />
südlichen Oberrhein, dazu gehören<br />
der Auhafen Muttenz, Birsfelden,<br />
<strong>Basel</strong> St.Johann, Huningue, Ile<br />
Napoléon, Ottmarsheim und Weil<br />
am Rhein, begann im April 2006.<br />
Das wichtigste Motiv zu Beginn war<br />
das Kennenlernen der verschiedenen<br />
Systeme und Strukturen der<br />
einzelnen Länder. Die Gründe für<br />
eine Kooperation der RheinPorts<br />
sind unter anderem, die sechs Container-Terminals<br />
in der Regio besser<br />
H-P Hadorn J. Scheidecker<br />
zu vernetzen, Grenzen zu überwinden<br />
und Potenziale nutzen, um<br />
so beim Standortwettbewerb entlang<br />
des Rheins die eigene Position zu<br />
stärken. Ebenso gilt es, betriebliche<br />
und organisatorische Synergien zu<br />
nutzen. Wichtige Ziele von Rhein-<br />
Ports <strong>Basel</strong>-Mulhouse-Weil sind eine<br />
harmonisierte Organisationsstruktur,<br />
das heisst Schaffung einer<br />
einheitlichen Struktur in allen drei<br />
Häfen, Ausbau des gemeinsamen<br />
Standortmarketings, Aufbau eines<br />
grenzüberschreitenden Containernetzwerks<br />
mit den Seehäfen: Rotterdam,<br />
Antwerpen, Mittelmeerhäfen<br />
(Marseille, Ligurien). RheinPorts ist<br />
Partner des von der EU geförderten<br />
Projekts “Connecting Citizen Ports<br />
21“ (CCP21). Es soll die Rolle der<br />
Häfen für Wirtschaft und Gesellschaft<br />
weiter stärken. Seit 2011 gibt<br />
es eine gemeinsame Homepage,<br />
www.rheinports.net .<br />
7
Elsässische Tafelfreuden<br />
________________________________________________________________________________<br />
Elsässische Tafelfreuden<br />
von Regula Adam<br />
Am 28. Februar gegen Mittag stehen<br />
48 <strong>Elsass</strong>-<strong>Freunde</strong> geduldig auf<br />
dem Parkplatz der Meret Oppenheimstrasse<br />
und warten auf den elsässischen<br />
Reisebus.<br />
Er kommt schliesslich etwas verspätet<br />
nach der vereinbarten Abfahrtszeit.<br />
Nach der Wegfahrt stellt sich<br />
der Chauffeur mit kurzen Worten<br />
vor: Am Volant isch dr Patric. Etwas<br />
umständlich probiert er uns zu erklären,<br />
wieso es zu einer Verspätung<br />
kam, offensichtlich gab es Kommunikationsprobleme<br />
zwischen den<br />
Büroangestellten und dem Chauffeur.<br />
Während wir durch das liebliche<br />
Sundgau fahren, begrüsst uns<br />
der heutige Organisator Peter<br />
Probst. Er ist noch nicht lange Mitglied<br />
bei den <strong>Elsass</strong>-<strong>Freunde</strong>n, aber<br />
durchaus engagiert, hat er doch bereits<br />
zwei Ausflugsberichte verfasst<br />
und sich auf Anfrage spontan bereit<br />
erklärt, den heutigen Ausflug zu organisieren.<br />
(Der Dank des Vorstan-<br />
8<br />
des ist ihm gewiss). In seinen Ausfühungen<br />
bringt er uns den Sundgau<br />
näher, welcher eingezwängt zwischen<br />
Saint-Louis, Mulhouse, Belfort<br />
und dem Pruntruterzipfel, trotz beschaulicher<br />
Landschaft und typischen,<br />
schmucken Elsässer Dörfern<br />
eher ein Mauerblümchendasein<br />
fristet. Touristisch gesehen beginnt<br />
das <strong>Elsass</strong> erst in Mulhouse, unter<br />
anderem mit der bekannten Route<br />
des Vins und der Route des Crêtes.<br />
Das Sundgau hat immerhin die<br />
Routes de la Carpe Frite. Die<br />
Karpfen werden uns aber heute<br />
nicht aufgetischt. In Lutter in der Auberge<br />
Paysanne begrüsst uns die<br />
Patronne Carmen Guérinot-Litzler.<br />
Im gemütlichen Saal im ersten Stock<br />
wird uns zum Apéro grosszügig Crémant<br />
d’Alsace angeboten, wer will<br />
kann sich Cassislikör dazumischen<br />
lassen und so wandelt sich das<br />
Getränk zu einem Kir Royal.<br />
Lina Ritter<br />
________________________________________________________________________________<br />
Voranzeige:<br />
Lina Ritters “Pierre de Hagenbach” Ende Juni<br />
in Village-Neuf<br />
von Hans-Jörg Renk<br />
Vor 125 Jahren wurde in Village-<br />
Neuf die Dichterin Lina Ritter geboren,<br />
und vor 100 Jahren schrieb sie<br />
eines ihrer bekanntesten Werke, das<br />
Theaterstück “Peter vu Hagebach”<br />
über den blutdrünstigen burgundischen<br />
Landvogt von Beisach, der<br />
1474 während eines Volksaufstands<br />
gefangen, nach einem kurzen Prozess<br />
zum Tode verurteilt und enthauptet<br />
wurde. Dieses doppelte Jubiläum<br />
nahmen Patrick Keller,<br />
Deutschlehrer am Gymnasium von<br />
Zillisheim, und Louis Donatien Perin,<br />
Autor und Übersetzer in Village-Neuf<br />
– der am letztjährigen Literarischen<br />
Abend der <strong>Elsass</strong>-<strong>Freunde</strong> auftrat -<br />
zum Anlass, das auf Elsässisch geschriebene<br />
Stück auf Französisch<br />
zu adaptieren und Ende Juni im Geburtsort<br />
der Autorin auf die Bühne<br />
zu bringen. Es mag erstaunen, dass<br />
es 100 Jahre brauchte, bis eine französische<br />
Version vorlag, aber da Lina<br />
Ritter alle ihre Werke auf Elsässisch<br />
oder Hochdeutsch schrieb, geriet<br />
sie im <strong>Elsass</strong> nach und nach in<br />
Vergessenheit. Ihr einziges Theaterstück,<br />
das bis jetzt auf französisch<br />
übersetzt wurde, war “Hört Brüder,<br />
hört!” welches 1953 als “Ecoutez,<br />
frères!” als Freilichtaufführung auf<br />
dem Mont Sainte-Odile inszeniert<br />
wurde. Immerhin fanden in den<br />
letzten Jahrzehnten drei Aufführungen<br />
von “Peter vu Hagebach” in der<br />
Originalsprache statt, 1971 durch<br />
das Théâtre Alsacien de Mulhouse<br />
(mit Tony Troxler), 1994 in Village-<br />
Neuf und 2001 in Altkirch, die beiden<br />
letzten als Freilichtaufführungen.<br />
Die französische Adaptation wird als<br />
Gemeinschaftswerk von nicht weniger<br />
als sieben Amateur-Theatertruppen<br />
und einem Chor aus dem süd-<br />
33
Leben wie Gott im <strong>Elsass</strong><br />
________________________________________________________________________________<br />
Elsässische Tafelfreuden<br />
________________________________________________________________________________<br />
Buch auch unbekannte historische<br />
Tatsachen, etwa dass es in Graffs<br />
Heimat, dem Münstertal, schon um<br />
das Jahr 1200, also noch vor dem<br />
Rütlischwur, eine demokratische<br />
Auflehnung gegen die Obrigkeit gab<br />
oder dass Otto Feger, der frühere<br />
Stadtarchivar von Konstanz, bereits<br />
1946 eine Vision eines künftgen Europa<br />
ohne Grenzen und mit einer<br />
einheitlichen Währung hatte – ob er<br />
sie wohl in der heutigen EU verwirklicht<br />
sähe?<br />
Obwohl sich das Buch in erster Linie<br />
an ein deutsches Publikum richtet,<br />
ist es auch für schweizerische Leser,<br />
die mehr über das <strong>Elsass</strong> und<br />
seine Besonderheiten – etwa das<br />
“droit local” - erfahren möchten, eine<br />
sprudelnde Quelle des Wissens.<br />
Marin Graff: Leben wie Gott im <strong>Elsass</strong>. Deutsche Fantasien, Klöpfer& Meyer<br />
Verlag, Tübingen, 295 Seiten<br />
Dazu wird köstliches<br />
Apérogebäck<br />
serviert. Der erste<br />
Gang ist ein typisches<br />
elsässisches<br />
Entrée, es gibt einen<br />
grünen Salat,<br />
daneben auf einem<br />
knusprig gebackenen<br />
Brot luftig geschmolzener<br />
Münsterkäse.<br />
Getrunken<br />
wird dazu ein Glas<br />
Pinot blanc aus<br />
Guebwiller. Danach<br />
folgt ein rosa gebratenes<br />
Stück<br />
Schweinsfilet mit<br />
verschiedenen frischen<br />
Gemüsen, Frites und Kartoffelgratin;<br />
dazu gibt es Pinot Noir<br />
Aiméstenz aus Wettolsheim.<br />
Als die Chefin den wohlgenährten<br />
<strong>Elsass</strong>-<strong>Freunde</strong>n den Küchenchef<br />
vorstellt, ist die Überraschung gross,<br />
er kommt von Zypern, ist aber schon<br />
lange hier ansässig.<br />
32<br />
Das Dessert ist eine Symphonie von<br />
verschiedenen Süssigkeiten: eine<br />
kleine tarte au citron, ein<br />
Schoggiküchlein en miniature und<br />
ein Ofenküchlein mit Vanillecrème.<br />
Zum Kaffee probieren einige <strong>Elsass</strong>-<br />
<strong>Freunde</strong> einen Alisier, den speziellen<br />
Digestif aus dem <strong>Elsass</strong>.<br />
Peter Probst danken wir für die<br />
Organisation des gelungenen<br />
Anlasses. Es wurde wiederum<br />
geschätzt, in schöner Umgebung<br />
und in angenehmer Gesellschaft<br />
gepflegt zu tafeln und sich zu<br />
unterhalten.<br />
9
Routes de la Carpe Frite<br />
________________________________________________________________________________<br />
„Routes de la Carpe Frite“<br />
von Regula Adam<br />
Der liebliche und beschauliche<br />
Sundgau im südlichen <strong>Elsass</strong> kann<br />
trotz seinen schönen Dörfern nicht<br />
mit so vielen touristischen Superlativen<br />
glänzen wie das <strong>Elsass</strong><br />
nördlich von Mulhouse. Doch gastronomisch<br />
hat der Sundgau etwas<br />
Spezielles zu bieten, die Carpe<br />
Frite. Der frittierte Karpfen wird mit<br />
Zitrone, Mayonnaise, Salat und Kartoffeln<br />
serviert und kann von Hand<br />
gegessen werden. Allerdings ist das<br />
feine Fischgericht nicht jedermanns<br />
Sache, da man je nach Zubereitungsart<br />
auf „Geräte“ beissen kann.<br />
Im „Verband Sundgau, Routes de la<br />
Carpe Frite“ haben sich 30 Wirte<br />
zusammen geschlossen, welche<br />
den Karpfen in ihren Restaurants<br />
servieren. Vom Conseil National des<br />
Arts Culinaires wurden die „Routes<br />
de la Carpe frite“ als «Site remarquable<br />
du goût» ausgezeichnet. Die<br />
Karpfenstrasse ist ähnlich wie die<br />
Weinstrasse mit Hinweistafeln<br />
10<br />
ausgeschildert. Der Karpfen ist ein<br />
beliebter Speisefisch und der am<br />
häufigste gezüchtete Süsswasserfisch.<br />
Bereits vor unserer Zeitrechnung<br />
züchteten ihn die Chinesen.<br />
Die Römer schätzten ihn als Delikatesse<br />
aus der Donau. Im Mittelalter<br />
besassen Klöster viele Karpfenteiche,<br />
um mit Fischgerichten die lange<br />
Fastenzeit besser ertragen zu können.<br />
Im Sundgau ist der Karpfen<br />
nach drei Jahren ausgewachsen<br />
und hat ein Gewicht von zwei bis<br />
drei Kilo. Massgebend für ein gutes<br />
Aroma des Speisefisches sind gute<br />
Futter- und Haltungsbedingungen,<br />
speziell vor dem Verzehr sollte der<br />
Karpfen in einer guten Wasserqualität<br />
gehalten werden.<br />
Leben wie Gott im <strong>Elsass</strong><br />
________________________________________________________________________________<br />
“Reichsuniversität” Strassburg beteiligt<br />
war, durch welche gegen 90<br />
Menschen zu Tode kamen. Und es<br />
brauchte laut Graff einen norwegischen<br />
Autor, um herauszufinden,<br />
dass während des Zweiten Weltkriegs<br />
bei Cernay/ Sennheim ein<br />
SS-Ausbildungslager bestand.<br />
Die meisten Kapitel des Buches<br />
handeln jedoch von den positiven<br />
Seiten der deutsch-französischen<br />
Beziehungen, die der Autor mit viel<br />
Sympathie und subtiler Kritik anhand<br />
von gut zwanzig deutsch-französischen<br />
Paaren von heute<br />
schildert, die sich im <strong>Elsass</strong> niederliessen,<br />
beide Sprachen mehr oder<br />
weniger beherrschen und deren Kinder<br />
perfekt zweisprachig aufwachsen.<br />
Alle diese Paare stammen<br />
jedoch von ausserhalb des <strong>Elsass</strong>,<br />
und so muss Graff mit leisem Bedauern<br />
feststellen, “dass nicht die<br />
Elsässer, sondern die Franzosen<br />
und die Deutschen, die zusammen<br />
deutsch-französische Kinder erziehen,<br />
die Zukunft der Region bilden.<br />
Die Elsässer bleiben verkrampft auf<br />
ihrem Trauma sitzen. Sie sind unfähig,<br />
mit den Sprachen zu spielen.”<br />
Der Autor beklagt, dass die Anzahl<br />
der Deutschstunden an den Schulen<br />
reduziert werden soll, dass es in<br />
Strassburg immer noch kein<br />
deutsch-französisches Gymnasium<br />
gibt und dass von einigen Bildungsbeamten,<br />
die er “Patr’idioten” nennt,<br />
immer noch die Auffassung<br />
vertreten wird: “Hochdeutsch und<br />
Elsässisch haben sprachlich nichts<br />
miteinander zu tun. Es handelt sich<br />
um Fremdsprachen!” Wie schon in<br />
seinen früheren Büchern geht Graff<br />
mit seinen Landsleuten hart ins<br />
Gericht, wenn er etwa schreibt:<br />
“Medienwirksame Proteste gegen<br />
den Patriotismus, wie in Korsika, im<br />
Baskenland und der Bretagne gibt<br />
es nicht. Elsässer bleiben<br />
Schlafmützen.” Er warnt eine deutsche<br />
Freundin vor dem einschlägigen<br />
Vorurteil ihrer Landsleute, dass<br />
die Elässser “alle Sprachakrobaten<br />
seien, die Sprachen wie das Hemd<br />
wechseln. Das war einmal. Die Zeit<br />
von Albert Schweitzer ist vorbei.<br />
Heute sind die elsässischen Intellektuellen<br />
nicht mehr zweisprachig.<br />
Eher noch die elsässischen Verkäuferinnen<br />
von dm, Aldi und Lidl im<br />
Grenzgebiet.” Umso mehr lobt Graff<br />
die Arbeit des zweisprachigen TV-<br />
Senders Arte in Strassburg, kann<br />
sich jedoch die bissige Bemerkung<br />
nicht verkneifen, dass dessen neue<br />
Chefin kein Wort Deutsch versteht.<br />
Mit sarkastischem, aber liebevollen<br />
Humor schildert er auch die Buchmesse<br />
von Saint-Louis (die dieses<br />
Jahr vom 3.- 5. Mai auf dem Platz<br />
vor der Mairie stattfindet), das von<br />
Hansjörg Schneider organisierte<br />
jährliche Dichtertreffen auf dem<br />
Todtnauberg, das Mittagessen zur<br />
Feier des 70. Geburtstags von Helmut<br />
Kohl im nördlichen <strong>Elsass</strong><br />
sowie eine Reihe weiterer Anlässe<br />
und Begegnungen im <strong>Elsass</strong> und im<br />
Badischen. Man entnimmt dem<br />
31
Leben wie Gott im <strong>Elsass</strong><br />
________________________________________________________________________________<br />
“Leben wie Gott im <strong>Elsass</strong>”<br />
Ein nachdenklich-humorvoller Martin Graff über seine Heimat<br />
von Hans-Jörg Renk<br />
Der Theologe, Schriftsteller, Filmemacher,<br />
Journalist und Kabarettist<br />
Martin Graff aus dem Elsässischen<br />
Münstertal hat zum 50. Jahrestag<br />
des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags<br />
ein Buch mit 48<br />
Kapiteln geschrieben, jedes von<br />
ihnen eine amüsante, manchmal<br />
aber auch nachdenkliche Kurzgeschichte,<br />
in welchen der vielseitige<br />
Autor sämtliche Register seiner<br />
vielen Lebenserfahrungen und<br />
Talente zieht. Der Titel “Leben wie<br />
Gott im <strong>Elsass</strong>” lässt zwar auf den<br />
ersten Blick auf einen Reiseführer<br />
schliessen, aber der Untertitel<br />
“Deutsche Fantasien” deutet bereits<br />
an, dass es sich dabei um eine sehr<br />
spezielle Variante dieser Gattung<br />
handelt. Martin Graff versucht nämlich,<br />
dem deutschen Leser das <strong>Elsass</strong><br />
aus einer Perspektive jenseits<br />
der Clichés “Fachwerkhäuser, Sauerkraut,<br />
Wein und Weihnachtsmärkte”<br />
näher zu bringen und lässt<br />
dabei auch die dunkeln Seiten der<br />
Geschichte seiner Heimat nicht aus,<br />
die vielen Deutschen, obwohl auch<br />
Teil ihrer Geschichte, nicht bekannt<br />
sind, weil die Schulbücher sie nicht<br />
behandeln (geradesowenig wie die<br />
französischenU), vor allem die<br />
Zwangsrekrutierung während des<br />
Zweiten Weltkriegs, der auch sein<br />
30<br />
eigener Vater zum Opfer fiel. Die<br />
Schatten der Vergangenheit liegen<br />
auch über der zufälligen Begegnung<br />
mit einem deutschen Touristen auf<br />
den Höhenwegen der Vogesen, wo<br />
in den beiden Weltkriegen Deutsche<br />
und Franzosen gegeneinander<br />
kämpften. Als der Besucher stolz<br />
erwähnt, er sei 1943 in Strassburg<br />
als Sohn eines Arztes geboren, wird<br />
Graff hellhörig und beginnt zu recherchieren,<br />
bis er herausfindet,<br />
dass der Vater des Touristen damals<br />
möglicherweise an den menschenverachtenden<br />
medizinischen<br />
Experimenten des Anatomieprofessors<br />
Dr. August Hirt an der<br />
Ausschreibung Neuenburg / Bürgeln<br />
________________________________________________________________________________<br />
Ausflug nach<br />
Neuenburg / Bürgeln<br />
Ausschreibung<br />
von Eberhard Stotz<br />
Datum: Freitag, 24. Mai 2013<br />
Besammlung/Abfahrt 7.45 Uhr, Abfahrt pünktlich 08.00 h<br />
Treffpunkt: Bushalt Meret Oppenheimstrasse, <strong>Basel</strong><br />
Rückkehr: gegen 18.00 Uhr<br />
Teilnehmerzahl: max. 44 Personen<br />
Reiseleitung: Eberhard Stotz<br />
Kosten: 84,00 CHF / 68,00 €<br />
Anmeldeschluss: Dienstag, 30. April 2013<br />
Das diesjährige Spargelessen im<br />
Markgräflerland – im Landgasthof<br />
Schwanen in Bad Bellingen – wird<br />
umrahmt von zwei geschichtsträchtigen<br />
Stationen:<br />
Am Vormittag von der Stadt Neuenburg<br />
am Rhein mit ihrer ungewöhnlichen<br />
Geschichte und am<br />
Nachmittag von Schloss Bürgeln,<br />
das einst als Propstei von St. Blasien<br />
(Station des letztjährigen Anlasses)<br />
erbaut wurde.<br />
Nach einer nur 45-minütigen Busfahrt<br />
sind wir gleich im Zentrum der<br />
Zähringer-Stadt Neuenburg zu Kaffee<br />
und Gipfeli im Café Laffleur am<br />
Rathausplatz.<br />
Anschließend erreichen wir mit<br />
wenigen Schritten das „Museum für<br />
Stadtgeschichte“ im Alten Rathaus<br />
zu einem geführten Rundgang durch<br />
die wechselvolle Stadtgeschichte.<br />
11
Ausschreibung Neuenburg / Bürgeln<br />
________________________________________________________________________________<br />
Gnome, Zwerge und Riesen im <strong>Elsass</strong><br />
________________________________________________________________________________<br />
Im nahen „Bildungshaus Bonifacius<br />
Amerbach“ wird uns Bürgermeister<br />
Joachim Schuster seine Stadt vorstellen.<br />
Dabei erfahren wir auch erste<br />
Details über die große Zukunftsaufgabe<br />
„Landesgartenschau 2022“<br />
mit der Präambel „Neuenburg will an<br />
den Rhein“. Als Abschluss lädt die<br />
Stadt Neuenburg noch zu einem<br />
Apéro ein.<br />
Zum Spargelessen fahren wir nach<br />
Bad Bellingen, wo uns im Landgasthof<br />
Schwanen (von früheren Spargelessen<br />
bestens bekannt) Markgräfler<br />
Spargel offeriert werden.<br />
Für das Nachmittagsprogramm fahren<br />
wir Richtung Schwarzwald, zum<br />
Schloss Bürgeln.<br />
Gegen 18.00 Uhr werden wir wieder<br />
in <strong>Basel</strong> zurück sein.<br />
Im Preis sind enthalten:<br />
- Kaffee und Gipfeli,<br />
- Mittagessen, Mineralwasser,<br />
Tasse Kaffee,<br />
- Busfahrt,<br />
- Führungen,Trinkgelder,<br />
Organisation.<br />
Informationen zur Stadt<br />
Neuenburg:<br />
Neuenburg hat rd. 12.000 Einwohner,<br />
davon 8.500 EW in der Kernstadt<br />
und 3.500 EW in den Stadtteilen<br />
Grissheim, Steinenstadt und<br />
Zinken, die im Zuge der Gemeindereform<br />
in den 1970er Jahren eingegliedert<br />
wurden.<br />
bung – die Vogesen – verpflanzt<br />
wurden, von einer kleinen elsässischen<br />
Gruppierung der <strong>Freunde</strong><br />
der Gartenzwerge, die den originellen<br />
Namen „Nainpourquoi“ trägt<br />
und von einer seit 1980 in <strong>Basel</strong><br />
existierenden internationalen Vereinigung<br />
zum Schutz der Gartenzwerge.<br />
Wenn Sie sich als Leser des Buches<br />
gerne mit einem „Hauszwerg“<br />
über das Verschwinden der richtigen<br />
„Zwarigeler“ trösten möchten,<br />
so empfehle ich Ihnen das Unternehmen<br />
Ernenwein in Marmoutier,<br />
das sich der traditionellen Herstellung<br />
von Gartenzwergen verschrieben<br />
hat...<br />
Interessant zu lesen ist auch die Sage<br />
im Annex über „das Männlein auf dem<br />
Blochmund“ in deutscher Originalversion.<br />
Gérard Leser hat ein interessantes und<br />
lesenswertes Buch geschrieben, dessen<br />
Bibliographie und Quellenangaben<br />
die sorgfältige Bearbeitung des Themas<br />
unterstreichen und das auch<br />
durch seine reiche Ausstattung besticht.<br />
Die Lektüre war für mich „rien<br />
que du plaisir“, merci Gérard.<br />
Autor: Gérard Leser<br />
Titel: Le monde merveilleux et<br />
inquiétant des gnomes, nains, lutins et<br />
géants en Alsace<br />
Herausgeber: Editions du Donon, 2012<br />
Es liegt hoch über dem Markgräflerland;<br />
von seiner Terrasse aus<br />
geniessen wir einen unvergesslichen<br />
Blick über das Rheintal bis zu<br />
den Vogesen. Bei einer Führung bekommen<br />
wir Informationen zur<br />
„Perle des Markgräflerlandes“. Eine<br />
Überraschung beschliesst den Besuch<br />
auf Schloss Bürgeln.<br />
Die von Berthold IV. von Zähringen<br />
um 1175 gegründete Stadt entwickelte<br />
sich auch dank ihrer hervorragenden<br />
Lage am Rhein nach<br />
der Stadtgründung rasch zum bedeutenden<br />
Mittelpunkt der Raumschaft.<br />
Bereits 1219 wurde Neuenburg<br />
am Rhein vom Stauferkaiser<br />
Friedrich II. zur freien Reichsstadt<br />
erhoben. 1331 erfolgte der Übergang<br />
an das Haus Habsburg, dem<br />
Neuenburg bis 1806 angehörte.<br />
Von allen Gründungen der Zähringerherzöge,<br />
zu denen Neuenburg<br />
bis heute enge Verbindungen pflegt,<br />
traf die Stadt das härteste Los. Unnachsichtig<br />
ist das Schicksal mit der<br />
12<br />
29
Gnome, Zwerge und Riesen im <strong>Elsass</strong><br />
________________________________________________________________________________<br />
Ausschreibung Neuenburg / Bürgeln<br />
________________________________________________________________________________<br />
stimmten geographischen Ort verknüpft<br />
und zeitgebunden.<br />
Er hat in seinem Buch etwa hundert<br />
Sagen aus Quellen regionaler Autoren<br />
zusammengetragen, die sich<br />
mit Zwergen, Gnomen, Kobolden<br />
und Riesen befassen und sich dabei<br />
die Mühe gemacht, die Authentizität<br />
dieser Sagen zu überprüfen.<br />
Die Ergebnisse seiner Sammlung<br />
hat er in verschiedene Rubriken unterteilt<br />
und schreibt über Erdmannla<br />
und Erdwibla aus dem Sundgau,<br />
von Bergmannla aus den ehemaligen<br />
Minen in den Vogesentälern,<br />
den Petrolminen in der Gegend um<br />
Pechelbronn und den Kaliminen. Einen<br />
grossen Teil des Sagenschatzes<br />
bilden die Melkersagen. Bereits<br />
seit dem 9. Jahrhundert trieben<br />
Bauern ihre Herden auf die Höhen<br />
der Vogesenkämme, um sie dort<br />
während des Sommers weiden zu<br />
lassen. Sie nannten sich „Malker“.<br />
Das Entstehen zahlreicher Sagen<br />
lässt sich gut durch das einsame<br />
Leben dieser Bauern während der<br />
Sommermonate erklären. Sie stammen<br />
vor allem aus den beiden<br />
Münstertälern und dem Florival.<br />
Die Sagen über Hausgeister sind<br />
dagegen im ganzen <strong>Elsass</strong> verbreitet.<br />
Hausgeister sind an ein bestimmtes<br />
Haus, eine Familie oder<br />
einen Ort gebunden. Sie schützen<br />
das Haus, necken jedoch seine Bewohner<br />
gerne, ohne Schaden anzurichten.<br />
Der ungenehmeren Sorte<br />
entsprechen die ebenfalls im ganzen<br />
<strong>Elsass</strong> verbreiteten Sagen über Kobolde,<br />
die sich nachts den Menschen auf<br />
die Brust setzen und Albträume auslösen,<br />
wie zum Beispiel das Toggala<br />
aus dem Leimental oder das Schrattala<br />
aus Dambach-la-Ville. Es existieren<br />
auch Sagen von Gnomen, die mit religiösen<br />
Gebäuden in Verbindung gebracht<br />
werden, so u.a. mit der Kathedrale<br />
von Strassburg oder der Kirche<br />
von Saint Léger in Guebwiller.<br />
Der Lebensraum der Zwerge ist die Erde<br />
und so gibt es auch Sagen über<br />
Zwerge als Hüter des Bodens, zuständig<br />
für das Gedeihen und die Fruchtbarkeit<br />
ihrer Schätze. Mir hat dabei die<br />
aus Brunstatt überlieferte Sage des<br />
„Wigigerla“ besonders gut gefallen.<br />
Zwerge und Riesen sind Zeitgenossen<br />
bei der Erschaffung der Erde. So gilt<br />
der Riese Schrat als Schöpfer eines<br />
Teils der elsässischen Landschaft.<br />
Meist werden Riesen in den Sagen als<br />
gutmütig, mit viel Muskelkraft, jedoch<br />
nicht besonders viel Intelligenz ausgestattet,<br />
beschrieben. Schlettstadt etwa<br />
soll von einem der mächtigsten Riesen<br />
namens Schletto gegründet worden<br />
sein. Es gibt einige wenige Sagen<br />
über bösartige Riesen, wie z.B. die des<br />
Riesen vom Kastenwald oder der drei<br />
Riesen von der Hochkönigsburg.<br />
Der grossen Einsamkeit der Gartenzwerge<br />
ist die letzte Rubrik gewidmet.<br />
Mit einem Augenzwinkern schreibt der<br />
Autor von gekidnappten Gartenzwergen,<br />
die in ihre ursprüngliche Umge-<br />
Stadt umgegangen. Dreimal wurde<br />
Neuenburg völlig zerstört: 1675 im<br />
Holländischen Krieg, 1704 im Spanischen<br />
Erbfolgekrieg und im Juni<br />
1940 als erste deutsche Stadt im<br />
Zweiten Weltkrieg. Um 1525 verlor<br />
die Stadt durch ein verheerendes<br />
Rheinhochwasser die Hälfte ihres<br />
Stadtgebietes, darunter auch ihr<br />
Münster.<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzte<br />
die Stadt Neuenburg sehr aktiv ihre<br />
Lage im Dreiländereck, ihre optimalen<br />
Verkehrsverbindungen und die<br />
im Rheinvorland vorhandenen<br />
Grundstücksflächen zur Ansiedlung<br />
zahlreicher Industrie- und Gewerbebetriebe,<br />
die aktuell rund 4.500<br />
Arbeitsplätze bieten. Zu dieser attraktiven<br />
Stadt am Rhein gehört natürlich<br />
auch der deutsch-französische<br />
Austausch über die nahe<br />
Grenze; Kontakte und Zusammenarbeit<br />
werden aktiv gepflegt. Weitere<br />
Details wird Bürgermeister Schuster<br />
bei unserem Besuch erläutern.<br />
Bildungshaus Bonifacius Amerbach:<br />
Dieser Name wird einem Teil unserer<br />
Mitglieder bekannt sein. Aber<br />
warum steht er an einem Gebäude<br />
in Neuenburg? Hier des Rätsels Lösung:<br />
Amerbach wurde 1495 in <strong>Basel</strong><br />
geboren. Er war der jüngste<br />
Sohn des nach <strong>Basel</strong> eingewanderten<br />
Druckers Johannes Amerbach.<br />
Er studierte Rechtswissenschaft in<br />
Freiburg/Br. und in Avignon und<br />
wirkte in <strong>Basel</strong> u. a. als Anwalt. Dieser<br />
Bonifacius Amerbach heiratete<br />
1527 die Neuenburgerin Martha<br />
Fuchs, die Tochter des Altbürgermeisters<br />
Leonhard Fuchs: „ des<br />
fuxen doch der zu nüwaburck“. Unter<br />
den Hochzeitsgästen befanden<br />
sich auch Erasmus von Rotterdam<br />
und Paracelsus.<br />
Barockschloss Bürgeln:<br />
Ritter Werner von Kaltenbach aus<br />
dem Kandertal schenkte im 12. JH.<br />
seinen Besitz Bürgeln dem Kloster<br />
St. Blasien, wo er 1125 als Mönch<br />
starb. Wie viele Burgen und Schlösser<br />
wurde auch Bürgeln durch Kriege<br />
und einen Brand zu Beginn des<br />
18. Jahrhunderts zerstört. Abt Meinrad<br />
von St. Blasien gab 1762 dem<br />
Baumeister Franz Anton Bagnato<br />
den Auftrag für den Bau einer<br />
Probstei. Er schuf von 1762 – 1764<br />
eine schlichte zweigeschossige<br />
Dreiflügelanlage, die von einem kleinen<br />
Park umgeben ist. 1806 fiel das<br />
Schloss an das Großherzogtum von<br />
Baden, das wie bei vielen anderen<br />
Häusern nicht viel damit anfangen<br />
konnte. Es wurde verkauft. 1920<br />
gründeten heimatverbundene Bürger<br />
aus dem Umland den Bürgelnbund,<br />
der bis heute sich um das Anwesen<br />
kümmert und in den letzten<br />
Jahren ernorme Anstrengungen unternommen<br />
hat, dass Bürgeln zu<br />
Recht als „Perle des Markgräflerlandes“<br />
bezeichnet werden kann.<br />
28<br />
13
Ausschreibung Mulhouse<br />
________________________________________________________________________________<br />
„Mulhouse, Zolli und botanischer Garten“<br />
Ausschreibung<br />
von Robert Heuss<br />
Datum: Donnerstag, 20. Juni 2013<br />
Besammlung/Abfahrt<br />
08.45 h, Abfahrt pünklich 09.00 h<br />
Treffpunkt:<br />
Bushalt Meret Oppenheim-Strasse, <strong>Basel</strong><br />
Rückkehr:<br />
ca. 1800h<br />
Teilnehmerzahl:<br />
25-50 Personen<br />
Reiseleitung:<br />
Robert Heuss + Gérard Kielwasser<br />
Kosten: 90 CHF oder 74 €<br />
Anmeldeschluss: Samstag, 18. Mai 2013<br />
Gnome, Zwerge und Riesen im <strong>Elsass</strong><br />
________________________________________________________________________________<br />
Eine vergnügliche<br />
Reise<br />
durch die<br />
elsässische<br />
Sagenwelt<br />
von Ursula Schmitt<br />
Mulhouse war von 1515-1798 Zugewandter<br />
Ort zur Eidgenossenschaft,<br />
länger als es seither zu Frankreich<br />
gehört. Es ist deshalb nicht verwunderlich,<br />
dass im Ratssaal und am<br />
Rathaus die Wappen der Schweizer<br />
Kantone prangen. Auf unserem Ausflug,<br />
der nach Kaffee/Gipfeli mit<br />
einer Stadtführung in Deutsch oder<br />
Elsässisch beginnt, werden wir<br />
Wer von uns erinnert sich an Zeiten,<br />
wo das Erzählen von Geschichten<br />
noch im Alltag verankert<br />
war? In unserer heutigen Gesellschaft<br />
bleibt dafür kaum Raum,<br />
man hat ja schliesslich seinen Laptop,<br />
sein E-Book und twittert sich<br />
durch das Leben. Dabei gerät die<br />
traditionelle mündliche Weitergabe<br />
in Gefahr unterzugehen und so ist<br />
auch das Verschwinden wertvoller<br />
Volkskultur voraussehbar. Es gibt<br />
sie jedoch noch, die Hüter alten<br />
Kulturgutes, und einer von ihnen ist<br />
Gérard Leser, <strong>Elsass</strong>-Spezialist und<br />
Kenner alter Bräuche und Sagen.<br />
Das elsässische Kulturgut ist reich<br />
an mündlichen Überlieferungen.<br />
August Stoeber (1808-1884) begann,<br />
zusammen mit seinem Bruder<br />
Alfred Stoeber, Sagen aufzuzeichnen.<br />
Dabei verzichtete er auf die damals übliche<br />
Romantisierung des Stoffes zugunsten<br />
wahrheitsgetreuer Wiedergabe<br />
der Berichte seiner Gesprächspartner.<br />
Charles Braun, Jean Variol, Paul<br />
Stinzzi, Alfred Gravier, Raymond<br />
Matzen, Gabriel Gravier u.a. folgten<br />
später seinem Beispiel.<br />
Im Gegensatz zu den Sammlern und<br />
Herausgebern sind die ursprünglichen<br />
Verfasser der Sagen unbekannt. Stoffe<br />
und Motive wurden häufig von anderen<br />
Kulturen und Völkern übernommen.<br />
Gérard Leser betont in seinem Buch<br />
den Unterschied zwischen Sage und<br />
Märchen. Die Sage ist im Gegensatz<br />
zum Märchen immer mit einem be-<br />
14<br />
27
Woni sing und stand<br />
________________________________________________________________________________<br />
geht in der Schweiz durch alle<br />
Bevölkerungsschichten. In Baden<br />
hat Dialekt eine andere Bedeutung,<br />
gebildete Leute sprechen ihn nicht.<br />
Im <strong>Elsass</strong> wiederum spricht nur noch<br />
ein kleiner Teil Dialekt.<br />
Der Titel des Buches – Woni Sing<br />
Und Stand – nimmt ein Hebelzitat<br />
auf. Hebels literarisches Schaffen ist<br />
weit über den alemannischen Raum<br />
hinaus anerkannt. Er ist für Baden<br />
ein Glücksfall und hat eine herausragende<br />
Wirkung auf die Mundartliteratur.<br />
Biographien der Liedermacher, eine<br />
umfassende Bibliographie und ein<br />
Curriculum der beiden Autoren bilden<br />
den Abschluss des vielschichtigen<br />
Buches. Besonders gefallen hat<br />
mir der Aufbau des Buches mit<br />
seinem Wechsel von Text und Lied<br />
und die sorgfältige Gestaltung mit<br />
dem Vorsatz von Tanconville.<br />
Titel: Woni Sing Und Stand<br />
Autoren: Uli Führe und Stefan Pflaum<br />
Editor: Muettersproch Gesellschaft, Verein für alemannische<br />
Sprache und Landesverein Badische Heimat<br />
Verlag: G. Braun, Buchverlag Karlsruhe, 2012<br />
IBA 2020, die neue Koordinationsstelle<br />
des Dreiländer-Dichterwegs<br />
Jetzt kommt neue Dynamik in die Sache, weil der Bau des „Herzstücks“ dieses<br />
Dichterwegs, des Rheinuferwegs zwischen Dreirosenbrücke und der Dreiländerbrücke<br />
in Hüningen, auf schweizerischer Seite bereits weit fortgeschritten ist und<br />
die Bauarbeiten auf französischem Gebiet diesen Sommer beginnen. Anfangs<br />
März dieses Jahres trafen sich Vertreter aller Parteien erstmals zu einer gemeinsamen<br />
Sitzung in den Räumlichkeiten der Internationalen Bauausstellung IBA<br />
2020. Der Rheinuferweg ist eines einer Reihe von Projekten der IBA 2020, mit<br />
welchem der Rhein von Rheinfelden bis Kembs wieder vermehrt ins Zentrum der<br />
Dreiländer-Region gerückt werden soll, daher ist es logisch, dass die IBA 2020 in<br />
Zukunft auch die Vorbereitungen zum Dichterweg über die Ländergrenzen hinaus<br />
koordinieren wird. Die <strong>Elsass</strong>-<strong>Freunde</strong> zusammen mit Agate und Dialektpartnern<br />
aus dem Badischen bleiben aber am Ball und konzentrieren sich auf das Sammeln<br />
von geeigneten Gedichten.<br />
Ausschreibung Mulhouse<br />
________________________________________________________________________________<br />
durch die historischen Teile geführt,<br />
wo früher die Händler und Handwerker<br />
lebten.<br />
Zum Mittagessen begeben wir uns<br />
in die 1881 in klassizistischem Stil<br />
erbaute Auberge Alsacienne du<br />
Parc Zoologique, wo uns im Festsaal<br />
ein feines Mittagessen erwartet.<br />
Am Nachmittag werden wir unter<br />
kundiger Führung (oder wer ihn<br />
lieber allein erkundet, kann das<br />
auch) den zoologischen und botanischen<br />
Garten besuchen, an diesem<br />
letzten Frühlingstag ein besonderes<br />
Erlebnis! Im Zoo hat es Eisbären,<br />
Sibirische Tiger, Asiatische<br />
Löwen, Grevyzebras, kanadische<br />
Wölfe, Mähnenrobben und Blauaugenmaki,<br />
um nur einige zu erwähnen.<br />
Botanisch fallen der Irisgarten,<br />
der rote Fächerahorn, der<br />
Pfingstrosengarten sowie der Dahliengarten<br />
besonders auf. Ab 16 Uhr<br />
treffen wir uns wieder in der Auberge<br />
du Zoo zu Kaffee und Kuchen.<br />
Ca. um 1700 Uhr verlassen<br />
wir Mulhouse bzw. den Zolli, erfüllt<br />
von Eindrücken eines herrlichen<br />
Parks mit reizvollen Tieren.<br />
Im Preis inbegriffen sind:<br />
- Busfahrt<br />
- Kaffee/Gipfeli in der<br />
Auberge du Vieux Mulhouse<br />
(direkt neben dem Rathaus<br />
gelegen)<br />
- Stadtführung<br />
- Mittagessen inkl. einem ¼<br />
Wein, Mineralwasser / Café<br />
oder Tee in der Auberge du<br />
Zoo<br />
- Eintritt in den Jardin<br />
Zoologique et Botanique +<br />
Führung<br />
- Organisation, Trinkgelder<br />
************************************************************************<br />
Neue Zwei-<br />
Sprachige<br />
Strassen-<br />
Schilder in<br />
Mulhouse<br />
(Beispiele).<br />
26<br />
15
Delphine Wespiser<br />
________________________________________________________________________________<br />
“Ìsch das nit a Bliamalé?”<br />
Delphine Wespiser und Yves Bisch machen<br />
Primarschülern Lust auf den Dialekt<br />
von Hans-Jörg Renk<br />
16<br />
Delphine Wespiser aus Magstatt-le-<br />
Bas, Miss France 2012, lässt es bei<br />
ihrem Engagement für das Elsässische<br />
nicht bei TV-Interviews und<br />
beim Vorwort zum Lehrbuch “Leçons<br />
d’alsacien” (EG 119, Seite<br />
31/32) bewenden, sondern schreitet<br />
vom Wort zur Tat: Sie begann Anfang<br />
Februar eine Tournée durch die<br />
Elsässer Primarschulen, um bei den<br />
Kindern die Lust am Dialekt zu wecken,<br />
ehrenamtlich und mit dem Segen<br />
des französischen Erziehungsministeriums.<br />
Organisiert hat diese<br />
Tournée unser Fördermitglied Yves<br />
Bisch, der Delphine als “Mentor” bei<br />
ihren Elsässisch-Stunden begleitet.<br />
Die “<strong>Elsass</strong>-<strong>Gazette</strong>” hatte die Gelegenheit,<br />
einer dieser Lektionen in<br />
Ranspach-le-Bas beizuwohnen.<br />
Delphine Wespiser kommt pünktlich<br />
um 9 Uhr in die “Salle communale”<br />
von Ranspach-le-Bas, wo sie bereits<br />
Woni sing und stand<br />
________________________________________________________________________________<br />
Jahren anzutreffen sind und ein Teil<br />
ihrer Texte erstmals in Noten gesetzt<br />
und abgedruckt wurde.<br />
Die vorliegende Sammlung umfasst<br />
eine subjektive Auswahl von Liedern,<br />
auch betonen die Autoren,<br />
dass sie dabei weder die Absicht<br />
haben, ein systemisches Werk herauszugeben<br />
noch eine Bewertung<br />
durchzuführen.<br />
Den Liedern vorangestellt wird in jedem<br />
Kapitel eine Übersicht der<br />
mundartlichen Spracheigenheiten<br />
der jeweiligen Region. Nachgestellt<br />
werden die „Fundstücke“, eine Zusammenstellung<br />
recherchierter Literatur<br />
im Zusammenhang mit dem<br />
Volkslied aus Archiven und Bibliotheken.<br />
Wobei der Name Fundstück<br />
das Zufällige der Auswahl betonen<br />
soll.<br />
Interessant sind auch die Anmerkungen<br />
zu den Liedern, die sich mit<br />
Tonart, Akkordschemen und dem<br />
Sprachspielerischen im Dialekt befassen.<br />
Verglichen werden auch drei<br />
Bettel-Lieder im alemannischen<br />
Sprachraum und Dialogische Lieder.<br />
Des weiteren wird der Zusammenhang<br />
von wirtschaftlichen und politischen<br />
Ereignissen, die im Lied<br />
ihren Niederschlag fanden und noch<br />
immer finden: das Lied als Ventil,<br />
um sich gegen Missstände aufzulehnen.<br />
Man war sich schon früh der<br />
Macht aufrührerischer Lieder bewusst<br />
und entsprechend hart wurde<br />
dagegen angegangen. Auch heute<br />
noch werden Lieder zensuriert, das<br />
Vorgehen ist dabei bloss nicht mehr<br />
so offensichtlich.<br />
Ein Grundkonzept des Liederbuches<br />
liegt in der Darstellung des Zusammenhanges<br />
des Mundart-Liederschaffens.<br />
Aus den weiterführenden Texten des<br />
Buches wird das für die alemannischen<br />
Regionen deutlich. So lassen<br />
sich klar regionale Eigenheiten erkennen.<br />
Im Badischen fehlen weitgehend<br />
Liebeslieder, dafür sind Ironie und<br />
Spott anzutreffen. Im <strong>Elsass</strong> wiederum<br />
zeigen die meisten Lieder unverblümte<br />
sexuelle Anspielungen, antifranzösische<br />
Passagen existieren dagegen<br />
keine. Die badischen und elsässischen<br />
Lieder sind melodisch<br />
einfach aufgebaut und lassen sich<br />
leicht nachsingen. Dagegen hat die<br />
Schweiz gesangstechnisch schwierige<br />
Melodien. Ihre vielen Liebeslieder<br />
sind voller Poesie und anspruchsvoller<br />
Melodik. Dies alles lässt auf<br />
eine entwickelte Gesangsstruktur<br />
schliessen. Im Vorarlberg wiederum<br />
zeigt sich der schweizerische Einfluss<br />
in den dort verbreiteten Volksliedern.<br />
Historische Eigenheiten nivellieren<br />
sich bei den Dialekt-Liedermachern<br />
durch anglo-amerikanische Einflüsse.<br />
Im Vergleich zu den übrigen alemannischen<br />
Regionen zählt die<br />
Schweiz zahlreiche aktive Liedermacher,<br />
ein Grund dafür dürfte in ihrem<br />
Verhältnis zum Dialekt liegen. Dieser<br />
25
Woni sing und stand<br />
________________________________________________________________________________<br />
Woni sing und stand<br />
Ein grenzüberschreitendes alemannisches Liederbuch<br />
von Ursula Schmitt<br />
Lieder sind poetisches, begleitendes Gedächtnis, Orte der inneren<br />
Heimat.<br />
Die beiden Autoren des vorliegenden<br />
Buches - Stefan Pflaum<br />
(links) und Uli Führe – sind den <strong>Elsass</strong>-<strong>Freunde</strong>n<br />
als engagierte Vertreter<br />
des badischen Dialekts bekannt<br />
und von ihnen geschätzt. Ich<br />
denke dabei auch an ihren<br />
letztjährigen Auftritt anlässlich der<br />
Mundarttage in Bad Bellingen, eine<br />
äusserst positive Erinnerung.<br />
In ihrem gemeinsam verfassten Liederbuch<br />
haben die beiden ein anspruchvolles<br />
Werk geschaffen. Das<br />
Konzept – Lieder aus allen alemannischen<br />
Sprachräumen zusammenzuführen<br />
- ist in dieser Form neu. Es<br />
24<br />
bietet eine Auswahl historischer<br />
Mundartlieder, bezieht jedoch gleichzeitig<br />
auch aktuelle Mundart-Liedermacher<br />
aus den alemannischen<br />
Sprachregionen mit ein. Umfasst werden<br />
Baden, das <strong>Elsass</strong>, die Schweiz<br />
und Vorarlberg. Ausgenommen wird<br />
Schwaben, da schwäbische Versionen<br />
bereits in entsprechenden<br />
Sammlungen dokumentiert sind.<br />
Umrahmt werden die Liedtexte – die<br />
mit den dazugehörenden Noten und<br />
Akkorden versehen sind – mit kommentierenden<br />
Texten zum Thema.<br />
Dabei ist noch zu erwähnen, dass<br />
Dialekt-Liedermacher erst in den 70er<br />
Delphine Wespiser<br />
________________________________________________________________________________<br />
etwa 35 Primarschülerinnen und<br />
-Schüler im Alter von 6-10 Jahren<br />
ungeduldig erwarten. Sie trägt einem<br />
dicken Pullover, denn sie ist<br />
erkältet, Folge eines Foto-Shootings<br />
am Strand von Tel Aviv, von wo sie<br />
erst am Vorabend zurückgekehrt ist<br />
und bei welchem sie im 15 Grad<br />
kalten Wasser Badkleider vorführte.<br />
Aber sie lässt sich nichts anmerken<br />
und begrüsst die Journalisten – neben<br />
dem Vertreter der “<strong>Elsass</strong>-<br />
<strong>Gazette</strong>” die Kollegen der beiden<br />
Elsässser Tageszeitungen - mit einem<br />
strahlenden Lächeln und einem<br />
festen Händedruck. Sie ist auch<br />
ohne Krönchen und Schärpe so, wie<br />
man sie aus den Medien kennt, wirkt<br />
jedoch reifer als ihre gerade einmal<br />
21 Jahre. Offensichtlich haben ihr<br />
die zwei Jahre, während derer sie im<br />
Rampenlicht stand, zuerst als “Miss<br />
Alsace”, dann als “Miss France”, viel<br />
Selbstsicherheit gegeben, ohne<br />
deswegen abgehoben zu sein oder<br />
Starallüren zu pflegen. Sie ist eine<br />
natürliche junge Frau von heute, und<br />
das zeigt sich sogleich auch bei<br />
ihrem spontanen Kontakt mit den<br />
Kindern, zu denen sie sofort Zugang<br />
findet. Auf ihre erste Frage, wer von<br />
ihnen Elsässisch spricht, gehen sogleich<br />
ein Dutzend Hände in die Höhe.<br />
Das ist keine Überraschung,<br />
denn in dieser ländlichen Gegend<br />
hat sich der Dialekt weit besser<br />
erhalten als in den Städten, wie Bürgermeisterin<br />
Catherine Troendle,<br />
gleichzeitig Senatorin in Paris,<br />
schon beim Vorgespräch mit den<br />
Presseleuten stolz betonte. Die Politikerin<br />
spricht aus eigener Erfahrung,<br />
denn sie hatte erst in der<br />
Schule Französisch gelernt. Und wie<br />
im Falle von Delphine Wespiser ist<br />
die Tatsache, dass noch relativ viele<br />
Kinder Elsässisch sprechen oder zumindest<br />
verstehen, auch in<br />
Ranspach-le-Bas vor allem das<br />
Verdienst der Grosseltern. Einige<br />
der Primarschüler stammen aber<br />
auch aus der Schweiz und aus<br />
Deutschland und haben deswegen<br />
einen natürlichen Zugang zum<br />
Dialekt.<br />
Die eigentliche Lektion beginnt mit<br />
einem Märchen, das Yves Bisch erzählt:<br />
“Als ich in eurem Alter war,<br />
sprachen alle Kinder im <strong>Elsass</strong> Dialekt.<br />
Aber eines Tages kam jemand<br />
und nahm alle elsässischen Wörter<br />
weg. Als ich jedoch kürzlich zusammen<br />
mit Delphine einen Winterspaziergang<br />
machte, entdeckten wir<br />
im Schnee ein blühendes Blumenbeet,<br />
und Delphine fand inmitten der<br />
Blumen die verschwundenen Wörter<br />
wieder!” Sie hat sie in einer grossen<br />
Tasche mitgebracht, in Form von<br />
bunten Bildern, und zeigt als erstes<br />
logischerweise eine Blume. Wer<br />
weiss, wie man dazu auf Elsässisch<br />
sagt? Und aus einem Dutzend Kinderkehlen<br />
tönt es eifrig: “A Bliemalé!”<br />
Delphine wiederholt es, damit<br />
es sich auch diejenigen Kinder<br />
merken können, für die der Dialekt<br />
neu und dafür umso spannender ist,<br />
und lässt das Wort individuell wie-<br />
17
Delphine Wespiser<br />
________________________________________________________________________________<br />
Amélie Lieby<br />
________________________________________________________________________________<br />
derholen. So geht es weiter mit<br />
ungefähr zwei Dutzend Wörtern aus<br />
dem Alltag des Dorfes: “E Maidelé”,<br />
“E Biebelé”, “E Katzalé”, “E Miselé”,<br />
“E Häselé”,“E Chappe”, “E Schlappe”,<br />
wobei die Kinder jeweils die<br />
entsprechenden Figuren stolz in die<br />
Höhe heben. Die Lektion endet mit<br />
einer gemeinsamen Wiederholung:<br />
Auf die gesungene Frage “Isch das<br />
nit a Hiselé?” antworten die Kinder<br />
ebenfalls singend: “Jo, das isch e<br />
Hiselé!” und so geht es weiter, bis<br />
alle Figuren ihren richtigen Namen<br />
haben. Am Schluss gibt es eine<br />
“Klassenfoto” mit Delphine, die geduldig<br />
Autogramme gibt und sich<br />
von den erstaunlich zahlreichen<br />
Kindern, die ein Handy zücken,<br />
fotografieren lässt – beides ist sie ja<br />
zur Genüge gewohnt.<br />
Sie hat während dieser speziellen<br />
Schulstunde nicht nur ihren Charme,<br />
sondern auch ihr pädagogisches<br />
und ihr schauspielerisches Talent<br />
mit Erfolg in den Dienst des Dialekts<br />
gestellt, wie der begeisterte Schlussapplaus<br />
der Kinder beweist. Man<br />
kann davon ausgehen, dass diese<br />
spielerische Lektion nicht vergessen<br />
gehen wird und dass der Imitationsdrang<br />
der Kinder dafür sorgt, dass<br />
der Dialekt in der Primarschule von<br />
Ranspach-le-Bas und darüber hinaus<br />
im Dorf wieder öfter zu hören<br />
sein wird. Catherine Troendle plant<br />
bereits, zum nächsten monatlichen<br />
Treffen des Clubs “Bel Age” neben<br />
den älteren Dorfbewohnern auch die<br />
Kinder einzuladen, um den sprachlichen<br />
Austausch zwischen den<br />
Generationen zu fördern, und die<br />
Schuldirektorin Elodie Fimbel wird<br />
dafür sorgen, dass die Geschichte<br />
der verlorenen Wörter im Theaterstück<br />
der Kinder zum Jahresende<br />
wieder auftauchen wird. So besteht<br />
die Hoffnung, dass diese Lektion<br />
nicht ein einmaliges Ereignis bleibt,<br />
sondern in anderer Form eine Fortsetzung<br />
findet.<br />
Weitere derartige Lektionen in anderen<br />
Primarschulen im <strong>Elsass</strong> sind<br />
vorgesehen, denn an entsprechenden<br />
Anfragen fehlt es nicht. Aber<br />
vorerst fliegt Delphine in Begleitung<br />
ihrer Mutter nach New York, um die<br />
Muttersprach-Kenntnisse der dortigen<br />
Elsässer Kolonie aufzufrischen,<br />
mit Hilfe einer “Dictée”, deren Text<br />
von Yves Bisch stammt. Denn auch<br />
nach ihrem “Amtsjahr” hat sie nach<br />
wie vor einen vollen Kalender. So<br />
wird sie unter anderem in einer<br />
zweisprachigen Fernsehsendung<br />
über das Leben der “Innerfranzosen”<br />
im <strong>Elsass</strong> auftreten, welche vom<br />
Office pour la Langue et la Culture<br />
d’Alsace (OLCA) angeregt wurde.<br />
Im April erscheint eine Briefmarke<br />
mit ihrem Konterfei, die sie auch<br />
über ihr “Miss-Jahr” zu einer Botschafterin<br />
des <strong>Elsass</strong> macht, eine<br />
Rolle, die sie schon jetzt als Vorstandsmitglied<br />
des Tourismus-Verbandes<br />
des Pays de Sierentz für<br />
ihre engere Heimat spielt. Wenn es<br />
ihr dichtes Arbeitspensum erlaubt,<br />
S’Végali trajt a Zwiig ìn sim Schabalì,<br />
Un polsteret s Nastlì üss, mìt sina pflümiga Faderli.<br />
Zur Üssààt hät dr Pflüag g’résta dr brüna Boda;<br />
Un in si Schoss rieselt halla Garsta-Sooma.<br />
Vom Wald hàr schwabt a wurziga Tànna-Duft,<br />
Wia siidig Elfa-Hoor ziahn d Wulka ìn dr Luft;<br />
A laaia Wing striiicht mì éber da bluta Àrm,<br />
Mìr ìsch-s so güet, ums Harz so warm!<br />
Zwei jungi Menscha spàziara Hànd in Hànd,<br />
Ìch merk-s, as knèpft sìch dèrt a zärtliga Bànd!<br />
A hochschwangeri Fràui làuft mir entgega mit miada Schritt,<br />
Miatterlichi, weichi Zéég trajt, hìtt scho, dàs junga Gsìcht.<br />
Àlles ìsch ìn Erwartung<br />
Un harrt dar glèckligi Erféllung0<br />
Oh Friajohr!<br />
Symbol vo Hoffnung, Schéénheit un Freid<br />
Ìch dànk fér àll dia Herrlichkeit.<br />
*Gelände; ** Dickicht<br />
Sündgàui Luft -<br />
Poesie -<br />
Amélie Lieby,<br />
Eine echte Bäuerin,<br />
Eine “freudige” Dichterin,<br />
Jerôme Do Bentzinger Editeur,<br />
Colmar 2013,<br />
134 Seiten, 20 €<br />
18<br />
23
Amélie Lieby<br />
________________________________________________________________________________<br />
Land: Gérard Leser auf Elsässisch,<br />
Stefan Pflaum auf südbadisches<br />
Alemannisch und der Rezensent auf<br />
<strong>Basel</strong>dytsch. Das Buch enthält ausser<br />
den Gedichten auch Erklärungen<br />
zur Geschichte und Schreibweise<br />
der Elässischen Dialekte, die auf<br />
Französisch abgefasst sind und<br />
somit eine spachliche Brücke bilden,<br />
wie auch das umfangreiche Glossar,<br />
in welchem über 1000 Ausdrücke<br />
aus dem reichen Wortschatz von<br />
Amélie Lieby auf Hochdeutsch und<br />
Französisch übersetzt werden. Da<br />
und dort erscheint auch die lateinische<br />
Wurzel eines Wortes oder<br />
gar dessen englische Version. Das<br />
Buch ist also mehr als “nur” ein Gedichtband,<br />
sondern auch ein interessantes<br />
Nachschlagewerk. Und als<br />
besondere “Zugabe” wird jedes Gedicht<br />
mit einer dazu passenden<br />
22<br />
S Friahjohr<br />
A Füass-Wagli, vom Àlter tiaf un ang,<br />
Fiahrt mì ébers witta G’lang,*<br />
Ìch làuif un héhr, séh un wundera mì:<br />
As ìsch doch gèster àlles àngerst gsìì!<br />
farbigen Illustration von Marie-Claire<br />
Zerkout verschönt. Denis Lieby benutzt<br />
schliesslich die Gelegenheit,<br />
eine Lanze für das Elsässische zu<br />
brechen und schreibt zur Ermutigung<br />
seiner Landsleute: “Si l’on<br />
vous dit que vous parlez un dialecte<br />
ou un patois, dites que l’alsacien<br />
n’est pas de l’allemand mal parlé<br />
mais une langue orale, une<br />
„Mundart”, et écrite, ein Schriftdialekt0Bref,<br />
comme Delphine<br />
Wespiser, notre Miss France 2012,<br />
nous sommes fiers de notre<br />
héritage!“<br />
Es ist zu hoffen, dass “Sündgàui<br />
Luft” auch in Südbaden und in der<br />
Nordwestschweiz die Verbreitung<br />
findet, die es verdient!<br />
Hier ein zur Jahreszeit passendes<br />
Gedicht von Amélie:<br />
Chàlta Wìng hät pfiffa ébers Dàch<br />
Ischig Schnee-Wàsser hät sìch gwàlzt ìn dr Bach,<br />
Un hitt isch àlles so fastlich g’stìmmt, so froh erregt,<br />
Wia wenn d’Nàtür dr Hochzitter erwarta düet!<br />
As spriasst, as kiimt, as chrachelet dr Sàft im G’héérst**,<br />
Un d Chnospa sìn wia’na jungi Brust, so zàrt und fest.<br />
D Chìrs- un Pfèrsig-Baim hai scho bstellt ìhr Hochzitts-Chleid,<br />
Drwiil, s Schnee-Glècklì, s Ersta lüttet zu dar Fastligkeit.<br />
Duftendi Vèyalì, mit nìedergschlàgena Aigli, stehn Spàlier àm Wagli,<br />
S Hasli sprìngt un gumpt so fréhlig ébers Mattli.<br />
Delphine Wespiser<br />
________________________________________________________________________________<br />
wird Delphine im Herbst auch ihr<br />
Studium “Internationales Management”<br />
wieder aufnehmen, das sie<br />
vor ihrer Miss-Wahl in Colmar,<br />
Lörrach und <strong>Basel</strong> begonnen hatte.<br />
Sie hat ihre mehreren Monate an<br />
der Fachhochschule Nordwestschweiz<br />
in bester Erinnerung und<br />
hofft, in Zukunft wieder dorthin zurückzukehren,<br />
denn sie fühlt sich in<br />
<strong>Basel</strong> sehr wohl und mag die Baslerinnen<br />
und Basler. Da ihr Vater in<br />
dieser Stadt arbeitet, fuhr er sie jeweils<br />
mit dem Auto an ihren Studienort<br />
in der Nähe des Bahnhofs<br />
SBB. Das Mittagessen nahm sie<br />
meistens in Gesellschaft ihrer Studienkolleginnen<br />
und –Kollegen in<br />
einer nahegelegenen Cafeteria ein<br />
und wenn es der Stundenplan erlaubte,<br />
ging sie als begeisterte<br />
Schwimmerin gerne ins “Aqua Basilea”,<br />
wo das Wasser bestimmt<br />
wärmer ist als am winterlichen<br />
Strand von Tel AvivU<br />
Yves Bisch hofft, dass die Elsässisch-Lektionen<br />
mit Deplhine Wespiser<br />
dazu beitragen, dass auch die<br />
Familien der Kinder wieder Lust am<br />
Dialekt verspüren, und dass dieser<br />
mit Hilfe der Schulen, an denen er<br />
einst verboten war, wieder seine angestammte<br />
Rolle in Kultur, Wirtschaft<br />
und Gesellschaft übernehmen<br />
kann, aber nicht als Sprache<br />
der Abgrenzung und des Rückzugs<br />
auf sich selbst, sondern im Gegenteil<br />
als Sprache der Integration und<br />
der Öffnung. Der Vormittag in<br />
Ranspach–le-Bas berechtigt zu dieser<br />
Hoffnung, auch wenn der Weg<br />
noch weit und steinig ist: Wenige<br />
Tage später hat der französische<br />
Staatsrat (Conseil d’Etat), ein beratendes<br />
Gremium des Präsidenten<br />
und der Regierung, eine Verfassungsänderung<br />
abgelehnt, die es erlaubt<br />
hätte, dass Frankreich endlich<br />
der Charta für Minderheitensprachen<br />
des Europarates beitreten<br />
kann, der bekanntlich seinen Sitz in<br />
Strassburg, der Haupstadt des <strong>Elsass</strong>,<br />
hatUPräsident François Hollande<br />
hat daraufhin diesen Teil der<br />
Verfassungsrevision gestrichen – bis<br />
auf weiteres. Ob das <strong>Elsass</strong>, wenn<br />
der geplante “Conseil d’Alsace”, in<br />
der Volksabstimmung vom 7. April<br />
angenommen wird, auch in der<br />
Sprachenfrage ein grösseres Gewicht<br />
gegenüber Paris haben wird,<br />
bleibt abzuwartenU<br />
Seit dem Jahr 2000 organisiert der Verein "E Friehjohr fer unseri Sproch" in<br />
Zusammenarbeit mit dem OLCA (Office pour la Langue et la Culture d'Alsace/<br />
<strong>Elsass</strong>isches Sprochamt, www.olcalsace.org) von Anfang März bis Ende Juni im<br />
ganzen <strong>Elsass</strong> mehrere hundert Veranstaltungen auf Elsässisch, von<br />
Theaterstücken über Dichterlesungen und Stammtischen bis zu Gottesdiensten.<br />
Das detaillierte Programm findet sich auf www.friehjohr.com<br />
19
Amélie Lieby<br />
________________________________________________________________________________<br />
Amélie<br />
Eine Dichterin des Dreilands<br />
Die Gedichte von<br />
Amélie Lieby (1913-2006)<br />
neu entdeckt<br />
von Hans-Jörg Renk<br />
Es ist vielleicht mehr als nur ein Zufall,<br />
dass Delphine Wespiser aus<br />
Magstatt-le-Bas/Niedermàgschgets<br />
stammt, denn dieses kleine Dorf<br />
zwischen Bartenheim und Altkirch<br />
pflegt schon lange eine enge Beziehung<br />
zum Dialekt, hat es doch<br />
zwei Dichterpersönlichkeiten hervorgebracht,<br />
die in der Mundart des<br />
Sundgaus geschrieben haben:<br />
Charles Zumstein (1867-1963) und<br />
Amélie Lieby (1913-2006). An beide<br />
wurde Anfang März aus Anlass ihres<br />
50. Todestages bzw. 100. Geburtstages<br />
an zwei Abenden mit Gedichten<br />
der beiden “Jubilare” und einem<br />
sonntäglichen “Kaffeekranzle” im<br />
Rahmen der Veranstaltungsreihe “E<br />
Friehjohr fer unseri Sproch” erinnert.<br />
Als bleibende Erinnerung an Amélie<br />
Lieby erschien aus diesem Anlass<br />
ein Gedichtband, den ihre fünf Kinder<br />
unter der Leitung ihres Sohnes<br />
Denis und ihrer Tochter Geneviève<br />
herausgebenen haben. Er umfasst<br />
rund 50 Gedichte auf Elsässisch und<br />
ein halbes Dutzend auf Französisch,<br />
welche die Autorin im Laufe ihres<br />
langen Lebens verfasste, in den<br />
20<br />
ersten Jahrzehnten so diskret, dass<br />
nicht einmal die Familie davon<br />
wusste. “Entdeckt” wurde ihr poetisches<br />
Talent erst 1964, als sich<br />
eines ihrer Kinder beklagte, dass für<br />
ein bevorstehendes Hochzeitsfest<br />
kein Gedicht zur Hand sei, worauf<br />
die Mutter erwiderte: “Warum hast<br />
Du mich nicht gebeten, eins zu<br />
schreiben?” Erst dann erkannte die<br />
Familie und später das Dorf, welch<br />
poetischer Schatz sich da jahrzehntelang<br />
verborgen hatte. Dass Amélies<br />
Gedichte auch einer weiteren<br />
Öffentlichkeit bekannt wurden, ist<br />
vor allem das Verdienst unseres<br />
Fördermitglieds Gérard Leser, der<br />
die Dichterin in seine Dialekt-Kurse<br />
Amélie Lieby<br />
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an der Univerité Populaire de Mulhouse<br />
einlud und einige ihrer Gedichte<br />
in der Tageszeitung “L’Alsace”<br />
unter dem Titel “Amélie Lieby, la<br />
Reine de l’Amitié” veröffentlichte.<br />
Sie hatte daraufhin auch Auftritte am<br />
regionalen Fernsehen FR 3 und am<br />
Radio, wo sie von Dinah Faust, der<br />
Frau von Germain Muller, interviewt<br />
wurde. Amélie wurde auch an eine<br />
Lesung an der Universität Freiburg<br />
im Breisgau eingeladen und ein Teil<br />
ihrer Gedichte erschien unter dem<br />
Titel “S tägliga Brot” bei der Société<br />
d’Histoire de la Hochkirch et de<br />
Haute-Alsace in Sierentz. Die jetzt<br />
vorliegende Sammlung ist jedoch<br />
die erste, die alle bekannten Gedichte<br />
von Amélie Lieby umfasst, die<br />
ihre Kinder in fleissiger Arbeit gesammelt<br />
und korrigiert haben, denn<br />
von vielen existieren verschiedene<br />
Fassungen, da Amélie ihre Werke<br />
immer wieder überarbeitete. Mit<br />
Hilfe von Gérard Leser, Yves Bisch<br />
und Edgar Zeidler wurden die Gedichte<br />
in der jetzt weitgehend akzeptierten<br />
Schreibweise “Orthal” (Orthographie<br />
alsacienne”) redigiert. Zu<br />
jedem Gedicht hat Denis Lieby eine<br />
kurze französische Einleitung beigesteuert,<br />
damit auch der des Dialekts<br />
nicht oder nur wenig kundige Leser<br />
Zugang zur Poesie seiner Mutter findet.<br />
Amélies Gedichte besingen<br />
zwar vor allem das einfache Leben<br />
im Bauerndorf, die Natur und die<br />
Jahreszeiten, sie schildern aber<br />
nicht nur eine heile Welt, sondern<br />
handeln auch von Tod und Krieg.<br />
Es wäre also falsch, Amélie Lieby lediglich<br />
als “Heimatdichterin” zu bezeichnen,<br />
wie auch Johann Peter<br />
Hebel, an welchen ihr Stil bisweilen<br />
erinnert, alles andere als ein “Heimatdichter”<br />
war. In einem ihrer Gedichte<br />
würdigt Amélie auch Charles<br />
Zumstein, der wohl ihr Vorbild war,<br />
und in einem anderen den grössten<br />
Dichter des Sundgaus, Nathan Katz<br />
(1892 – 1981), dessen Heimatort<br />
Waldighofen am gleichen Flüsschen<br />
liegt wie Amélies Geburtsort<br />
Wolschwiller, der Ill, die wohl dem<br />
<strong>Elsass</strong> seinen Namen gab.<br />
Da das Hochalemannische des<br />
Sundgaus von allen Dialekten des<br />
<strong>Elsass</strong> denjenigen der Nordwestschweiz<br />
und des Markgräflerlandes<br />
am nächsten steht und Amélie in<br />
ihren Gedichten auch über ihre engere<br />
Heimat hinausblickt, darf man<br />
sie ruhig als Dichterin des Dreilands<br />
bezeichnen, so etwa, wenn sie in<br />
ihrem Gedicht “Oba-ìm-Holz”<br />
schreibt:<br />
D Jungfràui vo da Schwizer Barga<br />
stolz ìhr wissa Chopf sie rèckt;<br />
Un d Bàsler Stàdt, ìhri vìlli Térm si<br />
strèckt;<br />
A sìlber Streifa schlìnglet sich: ich<br />
weiss, as ìsch dr Rhi;<br />
Un àm Schwàrzwàld, dr Istein,<br />
schìmmert ìm halla Sunna-Schiin!<br />
Aus diesem Grunde beschlossen die<br />
Herausgeber auch, dem Band nicht<br />
nur ein, sondern gleich drei Vorworte<br />
beizugeben, eines aus jedem<br />
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