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Sprache als wissenschaftlicher Untersuchungsgegenstand

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S. Hackmack / Uni Bremen FB10 <strong>Sprache</strong> <strong>als</strong> <strong>wissenschaftlicher</strong> <strong>Untersuchungsgegenstand</strong><br />

Begrifflichkeit bedienen, die ihrerseits geklärt werden muss (was bedeutet z.B. bei Chomsky das<br />

Konzept »sentence«? Was versteht Halliday unter einer »activity«?).<br />

Diese beiden Aussagen zeigen <strong>als</strong>o sehr deutlich, dass es – wie in jeder Wissenschaft – auch in der<br />

Linguistik der Blickwinkel des jeweiligen Wissenschaftlers ist, der den Gegenstand definiert: In<br />

Abhängigkeit davon, welcher Ausschnitt der »realen Welt« betrachtet wird, landen wir letztendlich bei<br />

unterschiedlichen Untersuchungsbereichen.<br />

In der Tat ist es so, dass es in der modernen Linguistik keine einheitliche, standardisierte Definition<br />

des Begriffes »<strong>Sprache</strong>« gibt und eine solche aus den gerade genannten Gründen auch nicht vorrangig<br />

angestrebt wird.<br />

In einem Punkt allerdings sind sich die meisten Sprachwissenschaftler einig, dass nämlich die<br />

Untersuchung von <strong>Sprache</strong> bzw. einer Einzelsprache zwei wesentliche Aspekte umfasst, nämlich<br />

einerseits die Untersuchung der Funktion, die <strong>Sprache</strong> erfüllt, und andererseits der formalen<br />

Eigenschaften, die sie aufweist. Ferner besteht Konsens darüber, dass man im Rahmen<br />

sprach<strong>wissenschaftlicher</strong> Forschung eine Reihe von linguistischen Kerngebieten ausmachen kann, die<br />

im Grunde so etwas wie die Basis jeglicher Untersuchung bilden.<br />

Genau diese Kerngebiete wollen wir in den nächsten Abschnitten herausarbeiten. Wir beziehen uns<br />

dabei auf die Annahme, dass <strong>Sprache</strong> ein semiotisches System ist. Eine derartige Annäherung an den<br />

Gegenstand werden Sie in unzähligen Einführungen in die Sprachwissenschaft finden. Die Konzepte<br />

»semiotisches System« und Begriffe wie »Zeichen« und »Symbol« gehören mithin zum Grundstock<br />

jedes Sprachwissenschaftlers. Interessanterweise, und kaum nachvollziehbar, ist es dabei aber häufig<br />

so, dass diese Begrifflichkeit nur einmal, oft in einleitenden Sitzungen, eingeführt wird und dann, für<br />

den Rest entsprechender Seminare, auf Nimmerwiedersehen verschwindet – fast so, <strong>als</strong> ob die<br />

Veranstalter damit eine Pflicht erfüllen, deren Sinn sie nicht recht nachvollzogen haben. Das ist<br />

insofern bedauerlich, <strong>als</strong> eine etwas gründlichere Auseinandersetzung mit diesen Konzepten das, was<br />

wir weiter oben <strong>als</strong> linguistische Kerngebiete bezeichnet haben, auf ganz elegante und einfache Art<br />

begründet und es sich in allen weiteren Auseinandersetzungen mit dem Thema »<strong>Sprache</strong>« lohnt, den<br />

Zeichencharakter sprachlicher Ausdrücke im Hinterkopf zu behalten.<br />

2 <strong>Sprache</strong> <strong>als</strong> semiotisches System<br />

Als eine wesentliche Funktion der <strong>Sprache</strong> kann ihre Aufgabe <strong>als</strong> Medium in einem Kommunikationsprozess<br />

genannt werden: mithilfe von <strong>Sprache</strong> »senden« und »empfangen« wir Ideen, Nachrichten,<br />

Gedanken, kurz Information.<br />

In diesem Kontext betrachten wir <strong>Sprache</strong> <strong>als</strong> ein semiotisches System, <strong>als</strong>o <strong>als</strong> ein System, das aus<br />

einer Menge von physisch wahrnehmbaren Zeichen und deren Kombination zu komplexen Zeichen<br />

besteht und dessen Aufgabe es ist, <strong>als</strong> gemeinsamer, der Kommunikation zugrundeliegender Kode zu<br />

fungieren. Dieser Kode muss allen zur Verfügung stehen, die am Kommunikationsprozess beteiligt<br />

sind, damit Kommunikation überhaupt funktionieren kann.<br />

2.1 Zeichen und sprachliche Zeichen<br />

Da das Konzept »Zeichen« in diesem Kontext so zentral ist, wollen wir uns im folgenden ein wenig<br />

intensiver damit beschäftigen.<br />

Was macht ein Zeichen überhaupt aus? Etwas salopp können wir sagen, dass das wesentliche<br />

Kriterium eines Zeichens darin besteht, dass es für etwas anderes steht. Hinsichtlich der materiellen<br />

Form gibt es kaum Einschränkungen: im Grunde genommen kann alles, was physisch wahrnehmbar<br />

ist, Zeichencharakter haben. Auch bezüglich des Zeicheninhaltes, <strong>als</strong>o dessen, wofür es steht, gibt es<br />

quasi keine Beschränkungen. Spontanbildungen von Zeichen sind problemlos möglich – jedenfalls<br />

dann, wenn sich die am Kommunikationsprozess beteiligten Partner entsprechend einigen.<br />

Das klingt ja zunächst einmal sehr vage, allerdings gibt es einige Anhaltspunkte, über die wir<br />

verschiedenen Typen von Zeichen beschreiben und voneinander unterscheiden können, um das Ganze<br />

zu systematisieren. Dreh- und Angelpunkt bei diesen Überlegungen ist die Frage, wie genau der Bezug<br />

ist zwischen dem Zeichen und dem, wofür es steht. Wir stützten uns im folgenden auf die Einteilung<br />

von Zeichen im Sinne von Charles Saunders Peirce (1839-1914), einem der Begründer moderner<br />

semiotischer Forschung.<br />

Damit wir im Zusammenhang mit Zeichen nicht immer die etwas umständliche Formulierung »das,<br />

wofür es steht« verwenden zu müssen, führen wir dafür den Begriff »Bezeichnetes« ein.<br />

Mathematisch-logische Grundlagen der Sprachwissenschaft 2

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