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Herbert Haag Der Teufelsglaube ist unchr ich

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<strong>Herbert</strong> <strong>Haag</strong><br />

<strong>Der</strong> <strong>Teufelsglaube</strong> <strong>ist</strong> <strong>unchr</strong> <strong>ich</strong><br />

Zum Thema Teufel und Exorzismus: Wir miissen die Grundlagen Hndern<br />

Die traditionelle Lehre<br />

OEM mcrkwiirdiger Widerspruch Falk auf:<br />

Einerseits wurde der Teufel in der aufgrand<br />

des Zweiten Vatikanums reforrnierten<br />

I.iturgie (neucs Missal(' Romanum,<br />

nener Taufritus u. a.) deutl<strong>ich</strong> zuriidtgedrangt,<br />

andererseits hat n<strong>ich</strong>t nur Papst<br />

Paul VI. in den letznen Jahren mehrinals<br />

die Notwendigkeit des Teufclsglaubcns<br />

verreidigt. Noch Ende Juni 1975 wurde in<br />

Rom ein zwar von einem anonymen „Experten"<br />

verfathes, aber im „Osservatore<br />

Romano" grog aufgezogenes und von der<br />

Glaubenskongregation als „s<strong>ich</strong>ere Basis<br />

zur Bekraftigung der Lehre des Mag<strong>ist</strong>eriums"<br />

nachdriickl<strong>ich</strong> empfohlenes Studiendokument<br />

verbffentl<strong>ich</strong>t, das die Ex<strong>ist</strong>enz<br />

der Damonenwelt als eine „dogrnatische<br />

Tatsathe" und als unverzidatbaren Gegenstand<br />

des chr<strong>ist</strong>licEen Glaubens festgehalten<br />

wissen will. Zwar gibt es (wie auch dieses<br />

Dokument einraumen mu g) keine dogtnatisch<br />

verbindl<strong>ich</strong>e Aussage fiber die Ex<strong>ist</strong>enz'<br />

von Teufeln und bOsen Ge<strong>ist</strong>ern..Das<br />

4. Laterankonzil, auf das man s<strong>ich</strong> gerne<br />

beruft, setzt sie in seiner Argumentation<br />

gegen einen unbiblischen Dualismus, dem<br />

herkOmml<strong>ich</strong>en Denken entsprechend, einfach<br />

voraus, Dennoch wird die Teufelslehre<br />

wie ein Glaubcnssatz behandelt: die Kirche<br />

kann ja n<strong>ich</strong>t zweitausencl Jahre lang etwas<br />

Falsches gelehrt haben. Deshalh <strong>ist</strong> Haretiker,<br />

wer sie in Frage stellt.<br />

Weiterhin also soil jeder Chr<strong>ist</strong> glauben,<br />

dais Gott eine Engelwelt geschaffen hat,<br />

von der silt jedoch alsbald ein Teil sei<br />

es aus Hochmut, sei es aus Selbstherrl<strong>ich</strong>keit<br />

oder auch nur aus geiler Begierde Wadi<br />

Frauen (ein Motiv, das im Mittelalter bei<br />

der Verdaditigung einer Frau als Hexe ein<br />

trauriges Nachleben fiihrte) — getrennt<br />

hatte, Zur Strafe wurden diese unbottnalSigen<br />

Ge<strong>ist</strong>er in die Holle verbannt, von wo<br />

aus sie bis heute ihr Unwesen treiben. Dabei<br />

shirt es die kirchl<strong>ich</strong>en Lehrer wenig,<br />

dalS sie skin fiir die Herkunfc der Teufel<br />

auf ausgesprochen phantasievolle jiidische<br />

Legenden stilt*:n..Legenden gehiiren zwar<br />

notwendig ge4igen Leben eines , Vol-<br />

Ices, und sie ,haben in jed 're;Religion Cihren<br />

Platz, aber, man ;Splilte sie d'och n<strong>ich</strong>t zurn<br />

Glaubenss‘atz erheben.<br />

Satan im Alien Testament<br />

Was wir aus der Bibel fiber des Ursprung<br />

des Teufels w.issen, <strong>ist</strong> gle<strong>ich</strong> Null. Die biblischen<br />

Schriftsteller waren sick der Verlegenheit,<br />

in die these Frage fiihrt, sehr<br />

wohl bewugt. Im Alien Testament er<br />

scheint der Satan unvermittelt in drei Texten<br />

aus persischer Zeit, in der die Auseinandersetzung<br />

mit dem iranischen Dualismus<br />

unauswe<strong>ich</strong>l<strong>ich</strong> war, urn ebenso rasth<br />

auch wieder zu verschwinden. Die bekannteste,<br />

in der Literatur oft variierte Steile<br />

<strong>ist</strong> der Prolog des Ijob-Buches, wo der<br />

Satan unter den „Skihnen Gottes" die Rolle<br />

des himmlischen Poliz<strong>ist</strong>en und Staatsanwaits<br />

spielt, der zugle<strong>ich</strong> iiber ljob im<br />

Namen Gottes die unmenschl<strong>ich</strong>ste Priifung<br />

verhangt. <strong>Der</strong> Satan verkOrpert also jene<br />

Form der Allwissenheit Cones, die das Bose<br />

Tun der Menschen auf spiirt, gle<strong>ich</strong>zeitig aber<br />

auch das vom Menschen als unnerechenbar<br />

und willkiirl<strong>ich</strong> empfundene Handeln Gottes.<br />

Beide Rollen entsprechen der in dieser<br />

Zeit immer starker werdenden Tendenz,<br />

Jahwe selbst von jedern Sdiatten zu befreien.<br />

Emmer aber bleibt der Satan in Abhangigkeit<br />

von Gott. Nirgendwo liest man<br />

clavon, dafS er eine Gegenmacht aufbietet,<br />

die Gottes Re<strong>ich</strong> bekiimpft. Und nirgendwo<br />

wird der Satan zur Erklarung des Bi5sen<br />

herangezogen. Die Sande kommt vom<br />

Menschen. Deshalb wird auch der Mensch<br />

fiir sein Tun haftbar gemacht, angefangen<br />

von der Siindenfallerzahlung bis hin zu den<br />

Strafandrohungcn der Propheten und der<br />

Vergeltungsiehre der Weisheitsschriften.<br />

-6-<br />

<strong>Der</strong> Teufel Neuen Testament<br />

Auch im Neuen• Testament spielt der Satan<br />

keineswegs die Rolle, die man ihrn im herkOmml<strong>ich</strong>en<br />

thr<strong>ist</strong>l<strong>ich</strong>en Denken zugewiesen<br />

hat. Vielmehr bleibt er such hier eine<br />

Randfigur. Zwar wird vom bilsen Menschen<br />

gesagt, er habe den Teufel zurn Vater<br />

(Joh 8, 44), die bOsen Taten werden Werke<br />

des Teufels genannt (1 Joh 3, 8), der Teufel<br />

nimmt das Wort, das in die Herzen der<br />

Menschen gelegt <strong>ist</strong>, wieder weg (Mk 4, 15<br />

par.), und schlial<strong>ich</strong> sprechen die Gle<strong>ich</strong>nisse<br />

vom Simarin (Mk 4, 14-20 par.) und<br />

vom Unkraut unter dem Weizen (Mt 13,<br />

37-43), die Versuchungsgesth<strong>ich</strong>te (Mt 4,<br />

1-11 par.) und die Zurechtweisung des<br />

Petrus durdi Jesus (Mk g , 33 par.) eine<br />

deutl<strong>ich</strong>e Sprad4e. Jedodi vermin eine soilfaltige<br />

Exegese Liberzeugend nathzuweisen,<br />

dal der Satan nie Gegenstand der Verkiindigung<br />

Jesu war und dall Jesus auch n<strong>ich</strong>t,<br />

wie vielfach behauptet wird, sein Wirken<br />

als. Kampf Fegen den Satan und seinen Tod<br />

als Oberwindung des Satans verstanden<br />

hat.<br />

jest( ' exUre<strong>ist</strong>isches Wirkert<br />

Dieser Feststellung widerspr<strong>ich</strong>t das unbestrittene<br />

exorz<strong>ist</strong><strong>ist</strong>he Wirken Jesu n<strong>ich</strong>t.<br />

Denn was Jesus tat, war etwas trOilig anderes,<br />

ais was die heutigen „Exotz<strong>ist</strong>en`<br />

tun oder zu tun vorgeben. Jesus hat n<strong>ich</strong>t<br />

;read" ausgetrieben wie rac<strong>ist</strong> behauptet<br />

wird' --e sondern Darnonen, und<br />

das war fiir die bibl<strong>ist</strong>hen Schriftstelier etwas,<br />

sanz. anderes: <strong>Der</strong>: antike . Mensch empfancLdie<br />

standigi. Bedrohung der mensthl<strong>ich</strong>en<br />

Ex<strong>ist</strong>enz duech -aeiCelfaltige Gefahren<br />

,und:GeWalten ,nic:ht:Weniger , intensiv als<br />

win.-flu • Gegenteile ,er .Stand 'vor ahem der<br />

Krank:heit weitgehend.nhilflos. gegenuber.<br />

Daner sie n<strong>ich</strong>t iatioria!' erklaren konnte,<br />

fiihrte er sie auf da g unheiml<strong>ich</strong>e Wirken<br />

von' '.Darnonen zuriick. Diese wurden<br />

keinesw.egs eels Widersacher Gottes yerstandent,<br />

sondern ..als eine Art.„Kobolde oder<br />

Schadensge<strong>ist</strong>er. Sic stiirten, nidat das persOnlithe<br />

Verhahmis des lytensdien zu Gott,<br />

sondern bedrobten seine physische und materielle<br />

Ex<strong>ist</strong>enz: Dementsprecherid sind die<br />

Exorzismen Jesu ais Krankenbeilungen zu<br />

verstehen. Jesus heilt zurn Beispiel einen<br />

Epileptiker, indem er aus ihm einen „Dimon"<br />

austreibt (Lk 9, 37-43). In den drei<br />

widitigsten Exorzismen Jesu, der Heilung<br />

des Besessenen von Kafarnaum (Mk. 1,


21-28 par.), des Besessenen von Gerasa<br />

(Mk 5, 1-20 par.) und des TOchterchens<br />

der Syrophdnizierin (Mk 7, 24-30 par.)<br />

wird eindriickl<strong>ich</strong> deutl<strong>ich</strong>, dafs Jesus Macht<br />

hat iiber alle bisher geltenden ,Machte und<br />

Gewalten" und dai3 er s<strong>ich</strong> den Armen,<br />

Kranken und Geplagten, Heiden wie Juden,<br />

liebevoll zuwendet.<br />

Besessenheit<br />

In wOrtl<strong>ich</strong>em Verstandnis der neutestamentlidien<br />

Berithre, aber ohne nun im<br />

Gegensatz zum Neuen Testament — zwischen<br />

Teufeln und Damonen zu unterscheiden<br />

(eine Simplifizierung, der s<strong>ich</strong> selbst das<br />

erwahnte rOmische Studiendokument aus<br />

dem Jahr 1975 nodi schuldig macht!), hat<br />

die katholisdie Kirche bis in unsere Gegenwart<br />

mit Besessenheit gerechnet: die Teufel<br />

ergreifen von einem Menschen Besitz, indem<br />

sie seine physischen und psydiischen<br />

Aktiviraten Ubernehmen und ihn auf diese<br />

Weise s<strong>ich</strong> selbst entfremden. Wer jedoch<br />

an Besessenheit glaubt, mu g auch die Praxis<br />

des Exorzismus verteidigen. Denn wenn<br />

der Teufel in einen Menschen einbr<strong>ich</strong>t,<br />

mui3 man alles tun, urn ihn wieder hinauszuwerfen.<br />

Daher kommt Besessenheit, wie<br />

die Erfahrung lehrt, immer nur dort vor,<br />

W 0 an den Teufel geglaubt wird. Nock nie<br />

war ein Athe<strong>ist</strong> „besessen". Diese Raitkoppelung<br />

macht den fatalen Zirkcl aus,<br />

in den ein Aufienstehender, sei er Arzt oder<br />

Psychotherapeut, keinen Zutritt mehr hat.<br />

Hinzu kommt nods, daf3 es s<strong>ich</strong> bei „Besesseism'<br />

fast immer urn Frauen handelt,<br />

wahrend der Exorz<strong>ist</strong> immer ein Priester,<br />

also ein ziilibatarer Mann <strong>ist</strong>. Da g s<strong>ich</strong> daraus<br />

fur die Patientin notwendig psydiische<br />

Eskalationen ergeben, ja daB die stundenund<br />

(wie im Fall Klingenberg) monatelangen<br />

Beschwbrungsversudie schlie gl<strong>ich</strong> mit<br />

dem volligen Zusammenbruch der Personl<strong>ich</strong>keit<br />

enden ktinnen, wird einen mit psy-<br />

&schen Prozessen Vertrauten n<strong>ich</strong>t wundern.<br />

Nadi, den Weisungen des Rituale Romanum<br />

wind Besessenheit anhand dreier Kriterien<br />

festgestellt: <strong>Der</strong> Patient mug mehrere<br />

WOrter in einer item unbekannten<br />

Sprathe sprechen oder verstehen, er mug<br />

verborgene Dinge offenbaren und<br />

Krafte an den Tag legen, die iiber sein<br />

Alter oder seine physisdie Konstitution<br />

hinausgehen. Im L<strong>ich</strong>te unserer heutigen<br />

medizinisch-psychiatr<strong>ist</strong>hen und parapsydiologischen<br />

Erkenntnisse miissen jedoch<br />

alle drei Kriterien als untaugl<strong>ich</strong> abgewiesen<br />

werden. Sie wurden festgesetzt, als man<br />

von den fur „Besessenheit" zustandigen<br />

Disziplinen nods keine Ahnung hatte.<br />

Ebenso wie die Auswahl der Kriterien<br />

zeugt auch der eGroBe Exorzismus" aus<br />

dem Rituale Romanum, der in sokhen Fallen<br />

prakiziert wird, von mittelalterliehem,<br />

magisch aufgeladenem Ge<strong>ist</strong>. Immerhin<br />

stammt er aus dem 16. und 17. Jahrhundert,<br />

dem Zeitalter der Hexenprozesse.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Teufelsglaube</strong> <strong>ist</strong> <strong>unchr</strong><strong>ist</strong>l<strong>ich</strong><br />

Die Forderung des Zweiten Vatikanums,<br />

die Wahrheit der Offenbarung sei im steten<br />

Gespr<strong>ich</strong> mit den profanen Wissensdiaften<br />

zu suchen und die Verkiindigung des geoffenbarten<br />

Wortes sei der Vorstellungswelt<br />

und Spradie der heutigen Volker anzupassen<br />

(Pastoralkonstitution Art. 44), <strong>ist</strong><br />

vielle<strong>ich</strong>t fur keinen Bere<strong>ich</strong> aktueller und<br />

gebieterischer als fur den des <strong>Teufelsglaube</strong>ns.<br />

Mit einem bloBen Verbot des Exorzismus,<br />

wie es in den letzten Monaten von<br />

vielen Seiten gefordert wurde, <strong>ist</strong> es nidn<br />

getan. Solange man an den Teufel glaubt,<br />

wird man auch Besessenheit fur<br />

halten. Wir miissen die Grundlagen andern.<br />

Man sollte s<strong>ich</strong> endl<strong>ich</strong> vor Augen fiihren,<br />

zu welchen Verzerrungen der chr<strong>ist</strong>l<strong>ich</strong>en<br />

Botschaft der <strong>Teufelsglaube</strong> gefiihrt, welch<br />

unermeBlidies Leid er iiber die Menschheit<br />

gebracht hat, wie Behr das urspriingl<strong>ich</strong>e<br />

chr<strong>ist</strong>l<strong>ich</strong>e Bewatsein, von der Tyrannei<br />

der „Machte" befreit zu sein, im Laufe der<br />

Jahrhunderte immer mehr dutch Teufelsund<br />

Damonenangst verschiittet wurde. Wir<br />

mOgen ruhig weiterhin die Teufelsfratzen,<br />

die uns von den Portalen und Pfeilern der<br />

alten Dome herab angrinsen, bewundern: in<br />

der Frohbotschaft des Evangeliums haben<br />

sic n<strong>ich</strong>ts mehr zu suchen. Data mit der Ablehnung<br />

des Teufels n<strong>ich</strong>t auch die Realitat<br />

des Bilisen geleugnet wird, diirfte jedem<br />

selbstverstandl<strong>ich</strong> sein, der die Botschaft<br />

der Propheten und des Neuen Testaments<br />

kennt, aber auch jedem, der fur die Selbstverantwortung<br />

des Menschen eintritt. <strong>Der</strong><br />

<strong>Teufelsglaube</strong> <strong>ist</strong> eine Verfalsdiung der<br />

chr<strong>ist</strong>l<strong>ich</strong>en Offenbarung. Es kann kein Zufall<br />

sein, daB er in keinem der klassisdien<br />

Glaubensbekenntnisse erwahnt wird.<br />

ins Forum Kin A8/76

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