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Europas letzte große Urwälder

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<strong>Europas</strong> <strong>letzte</strong><br />

<strong>große</strong> <strong>Urwälder</strong><br />

Österreichische Firmen sind mitverantwortlich für die<br />

Zerstörung der <strong>Urwälder</strong> im Norden Russlands<br />

Die <strong>letzte</strong>n <strong>große</strong>n intakten <strong>Urwälder</strong><br />

<strong>Europas</strong> liegen im hohen Norden des<br />

europäischen Teils Russlands, zwischen der<br />

finnisch-russischen Grenze im Westen und<br />

dem Ural im Osten. Sie bieten zahlreichen<br />

Pflanzen und Tieren einen natürlichen<br />

Lebensraum – womit sie deren Überleben in<br />

Europa sichern. Große Raubtiere wie Wölfe<br />

und Luchse zählen dazu, aber auch kleinere<br />

Tiere wie Flughörnchen, Dreizehenspecht<br />

und Auerhühner. Der in ganz Europa schwer<br />

gefährdete Braunbär – nur mehr 6000<br />

Exemplare haben die Zerstückelung ihres<br />

Lebensraums Wald überlebt – findet hier<br />

ideale Lebensbedingungen. Auch für den<br />

vom Aussterben bedrohten Uhu sind diese<br />

unberührten <strong>Urwälder</strong> als Jagd- und<br />

Rückzugsgebiet überlebens-notwendig.<br />

Die <strong>Urwälder</strong> sichern zudem das Überleben<br />

zahlreicher indigener Kulturen: Die Saami in<br />

der Murmansk-Region oder die Komi und die<br />

Nenets in den Regionen Archangelsk und<br />

Komi sind vom Wald abhängig. Er liefert<br />

ihnen Nahrung und ist eine Basis für ihre<br />

Kultur.<br />

Nur noch 14 Prozent <strong>Urwälder</strong><br />

erhalten<br />

In den skandinavischen Ländern sind die<br />

<strong>Urwälder</strong> bereits fast vollständig zerstört. Die<br />

intensive Nutzung der Wälder durch den<br />

Menschen hat nur noch kleinste Inseln übrig<br />

gelassen. Nun droht den <strong>letzte</strong>n <strong>große</strong>n<br />

unberührten <strong>Urwälder</strong>n <strong>Europas</strong> ein<br />

ähnliches Schicksal: Heute sind nur noch 14<br />

Prozent der ursprünglichen Waldfläche des<br />

europäischen Teils Russlands von <strong>große</strong>n<br />

intakten <strong>Urwälder</strong>n bedeckt. Diese <strong>letzte</strong>n<br />

<strong>Urwälder</strong> liegen in den vier Regionen<br />

Archangelsk, Karelien, Komi und Murmansk.<br />

Gefährdet:<br />

Der Braunbär.<br />

Sein<br />

Überleben<br />

hängt vom<br />

Erhalt der<br />

<strong>letzte</strong>n<br />

<strong>Urwälder</strong> ab.<br />

Foto: GP/Beltra<br />

Die größte Gefahr für die <strong>Urwälder</strong> ist der<br />

industrielle Holzeinschlag für Papierfabriken<br />

und Sägewerke. Durchschnittlich 250.000<br />

Hektar intakter Urwald wurden jedes Jahr<br />

allein in der Region Archangelsk in den<br />

<strong>letzte</strong>n 20 Jahren vernichtet. Die <strong>letzte</strong>n<br />

<strong>Urwälder</strong> <strong>Europas</strong> werden zu<br />

Konsumprodukten wie etwa Papier und<br />

Zellstoff, Pappe und Faserplatten oder<br />

Profilholz verarbeitet.<br />

Österreich importiert<br />

Kahlschlagholz aus <strong>Urwälder</strong>n<br />

Die Produkte aus dieser Urwaldzerstörung<br />

werden auch von Österreich importiert – mit<br />

wachsender Tendenz. Im Jahr 2000 wurden<br />

– zählt man nur die acht wichtigsten<br />

Produktgruppen – über 250.000 Tonnen Holz<br />

im Wert von über 50 Millionen Euro aus<br />

Russland nach Österreich importiert. Den<br />

Löwenanteil macht Nadelholz aus – vieles<br />

davon aus den <strong>letzte</strong>n <strong>Urwälder</strong>n <strong>Europas</strong>.<br />

Greenpeace Österreich<br />

www.greenpeace.at


RAUBBAU: Papierfabriken und Sägewerke in<br />

Russland und die österreichischen Verflechtungen<br />

Nach der wirtschaftlichen Flaute der 1990er Jahre erlebt die russische Holz- und Papierindustrie seit<br />

1999 einen Boom. Von den 20 am schnellsten wachsenden Unternehmen Russlands sind acht aus<br />

der Holz- und Papierbranche. In den Holzregionen wie Karelien oder Archangelsk sind über 50<br />

Prozent der Einwohner in der Holzindustrie beschäftigt. Immer mehr ausländische Unternehmen<br />

Der Dvinsky-Urwald:<br />

Bedrohtes Juwel in der<br />

Region Archangelsk<br />

investieren in den Sektor, darunter etwa der<br />

österreichische Papierhändler Wilfried Heinzel.<br />

Es herrscht Goldgräberstimmung, Exportraten<br />

und Gewinne steigen – und damit der Bedarf<br />

nach Holz. Die öffentliche Kontrolle diese<br />

Sektors ist dabei gering: In der Region<br />

Archangelsk etwa gibt es erst seit dem Jahr<br />

2000 einen Entwicklungsplan für den<br />

Forstsektor. Von 169 Unternehmen, die in der<br />

selben, urwaldreichen Region Wald abholzen,<br />

gehen nur 20 nach einem Abholzungsplan vor.<br />

Zwei Unternehmen sind für die Vernichtung der<br />

<strong>letzte</strong>n <strong>große</strong>n <strong>Urwälder</strong> in der Archangelsk-<br />

Region hauptverantwortlich – eine Papier- und<br />

Zellstofffabrik und ein Sägewerk, die beide<br />

nach Österreich liefern:<br />

Einer der größten <strong>Urwälder</strong><br />

<strong>Europas</strong>: Der Dvinsky-<br />

Urwald wird von allen Seiten<br />

durch Abholzung bedroht.<br />

Foto: GP/Kantor<br />

Der Dvinsky-Urwald ist mit über 1,5 Millionen<br />

Hektar nicht nur einer der größten <strong>Urwälder</strong><br />

im europäischen Teil Russlands, sondern<br />

auch in ganz Europa. Er liegt 150 Kilometer<br />

südöstlich von Achangelsk, der größten<br />

Hafenstadt der Region neben St. Petersburg.<br />

Hatte die Urwaldvernichtung in Russland bis<br />

vor einigen Jahren schwer zugängliche<br />

Gebiete wie den Dvinsky nur am Rande<br />

erfasst, hat sich dies seit Mitte der 90er<br />

Jahre geändert. Heute ist der Urwald<br />

größtenteils verpachtet und stetig werden<br />

neue Straßen für Holzfäller in den Urwald<br />

gebaut. Von allen Seiten wird in den Dvinsky<br />

eingeschlagen. Auf Satellitenbildern sind<br />

ständig neue schachbrettartige<br />

Kahlschlagflächen zu erkennen. Der <strong>große</strong><br />

intakte Urwald wir von Papierfabriken und<br />

Sägewerken Schritt für Schritt vernichtet.<br />

Die Archangelsker Zellstoff<br />

und Papierfabrik (AP&PM) in<br />

Novodvinsk ist mit einer Jahresproduktion von<br />

über 300.000 Tonnen größter<br />

Pappenproduzent in Russland. Sie ist<br />

zunehmend exportorientiert und verkauft über<br />

50 Prozent ihrer Zellstoff- und<br />

Pappenproduktion nach Übersee. Der<br />

österreichische Papierhändler Wilfried Heinzel<br />

aus Wien importiert Papierprodukte von der<br />

AP&PM und besitzt Aktien der Fabrik. Dieses<br />

Unternehmen hat damit direkten Einfluss auf<br />

die Geschäftspolitik und zeichnet<br />

mitverantwortlich für die voran schreitende<br />

Urwaldzerstörung.<br />

Die AP&PM benötigt für die Jahresproduktion<br />

knapp 4 Mio. Kubikmeter Rohholz. Sie besitzt<br />

eigene Konzessionen, die für den<br />

Holznachschub sorgen – unter anderem im<br />

einmaligen Dvinsky-Urwald.<br />

Das Solombalski Sägewerk<br />

(SLDK) in Archangelsk ist eines der<br />

bedeutendsten Sägewerke in Archangelsk.<br />

Dort werden über 250.000 Kubikmeter<br />

Sägeholz produziert, wovon zwei Drittel<br />

exportiert werden, auch nach<br />

Österreich. Das Unternehmen besitzt eigene<br />

Schiffe sowie eine Hafenanlage<br />

in Archangelsk, die für den Vertrieb nach<br />

Übersee sorgen.<br />

Greenpeace Österreich<br />

www.greenpeace.at


VERANTWORTLICH:<br />

Die Top 5 Urwaldzerstörer in Österreich<br />

Diese österreichischen<br />

Unternehmen importieren<br />

russisches Urwaldholz:<br />

Wilfried Heinzel AG, 1220 Wien:<br />

importiert Papier aus russischem Urwaldholz.<br />

Heinzel besitzt mehr als 10% der Aktien an<br />

der Archangelsk Zellstoff- und Papierfabrik<br />

(Arkhbum), die mit Chlor bleicht und<br />

hauptverantwortlich ist für die Zerstörung des<br />

Dvinsky-Urwaldes in Archangelsk. Außerdem<br />

besitzt Heinzel Anteile am Zellstoffwerk<br />

Cepruss, eines der schmutzigsten in ganz<br />

Europa, das ebenfalls mit giftigem Chlor<br />

bleicht und <strong>große</strong> Mengen Dioxine in die<br />

Ostesee einleitet.<br />

Pisec GesmbH, 1010 Wien: Importiert<br />

Raubbau-Holz aus der Region Archangelsk.<br />

Wema, 6832 Zwischenwasser (Vlbg):<br />

importiert Holz aus der urwaldreichen<br />

Archangelsk-Region.<br />

Europzell, 1010 Wien: Importiert<br />

russisches Urwaldholz aus der Region<br />

Archangelsk.<br />

Ost-West-Holz Ges.m.b.H.,<br />

Wöllersdorf (NÖ): handelt ausschließlich mit<br />

russischen Lärchenholz.<br />

ACHTUNG! In diesen österreichischen<br />

Baumärkten werden Holzprodukte aus<br />

russischen <strong>Urwälder</strong>n der Region<br />

Archangelsk verkauft:<br />

! Bauhaus<br />

! (wird geprüft)<br />

! Hornbach<br />

Mit schwerer Maschinerie und<br />

immenser Geschwindigkeit betreiben<br />

Holzkonzerne ihren Raubbau an<br />

<strong>Urwälder</strong>n. Das Holz wird auch von<br />

österreichischen Firmen vertrieben.<br />

Foto: GP/D. Beltra<br />

Import österreichischer Holzprodukte aus Russland (2000)<br />

Top 7 Menge und Wert (Quelle: Stat. Zentralamt 2002)<br />

Menge in t<br />

Wert in Euro<br />

Zeitungspapier<br />

Zellstoff<br />

Sperrholz<br />

Laubschnittholz<br />

Nadelschnittholz<br />

Nadelrohholz<br />

Laubrohholz<br />

Nadelschnittholz<br />

Laubschnittholz<br />

Sperrholz<br />

Zeitungspapier<br />

Zellstoff<br />

Nadelrohholz<br />

Nadelrohholz<br />

Laubrohholz<br />

Nadelschnittholz<br />

Laubschnittholz<br />

Sperrholz<br />

Laubrohholz<br />

Nadelrohholz<br />

Zellstoff<br />

Zeitungspapier<br />

Sperrholz<br />

Laubschnittholz<br />

Laubrohholz<br />

Zellstoff<br />

Zeitungspapier<br />

Nadelschnittholz<br />

Material Menge in Tonnen Wert in Euro<br />

Nadelrohholz 178.822 t € 18.793.485<br />

Laubrohholz 1.750 t € 243.599<br />

Nadelschnittholz 55.120 t € 13.472.743<br />

Laubschnittholz 4.009 t € 518.157<br />

Sperrholz 1.696 t € 1.588.845<br />

Zellstoff 13.636 t € 9.702.188<br />

Zeitungspapier 10.808 t € 6.802.468<br />

Greenpeace Österreich<br />

www.greenpeace.at


Die borealen <strong>Urwälder</strong> in Russland<br />

gehören zu den Fantastischen Sieben –<br />

den <strong>letzte</strong>n <strong>große</strong>n Urwaldgebieten der<br />

Welt. Sie werden täglich mehr bedroht.<br />

Foto: GP/E.Weckermann<br />

Urwaldschutz – eine internationale Aufgabe<br />

Nur noch ein Fünftel der <strong>Urwälder</strong> unserer Erde sind erhalten geblieben – und die Reste<br />

stehen unter starkem Druck der Forstwirtschaft. Um sie zu schützen, sind alle gefragt:<br />

Regierungen, Konsumenten und Unternehmen.<br />

Die Regierungen der Welt haben die<br />

Möglichkeit, auf dem URWALDGIPFEL der<br />

Artenvielfaltskonvention CBD von 7. bis 19.<br />

April 2002 in Den Haag, Niederlande, die<br />

<strong>Urwälder</strong> der Erde zu sichern. Hier können<br />

die Weichen in Richtung Schutz und Erhalt<br />

der <strong>letzte</strong>n <strong>Urwälder</strong> gestellt werden.<br />

Greenpeace fordert:<br />

! Einen Stopp der industriellen<br />

Erschließung der <strong>letzte</strong>n <strong>große</strong>n intakten<br />

<strong>Urwälder</strong> im europäischen Teil Russlands<br />

!Sofortige Maßnahmen zum Schutz und<br />

Erhalt der <strong>letzte</strong>n <strong>Urwälder</strong> <strong>Europas</strong>.<br />

! Waldmanagement nach ökologischen<br />

und sozialen Kriterien. Das Zertifikat<br />

des Forest Stewardship Council (FSC) gilt<br />

weltweit als glaubwürdiger<br />

Nachweis für ökologische Waldnutzung.<br />

Das können Sie tun:<br />

! Reduzieren Sie den Papierverbrauch.<br />

Verwenden Sie Recyclingpapier.<br />

! Lassen Sie sich beim Holz-Kauf die Herkunft<br />

beglaubigen. Achten Sie darauf, dass sie keine<br />

Produkte aus Urwaldzerstörung kaufen.<br />

! Fragen Sie beim Kauf von Holzprodukten nach<br />

dem Öko-Siegel FSC. Damit<br />

können Sie sicher sein, kein Holz aus<br />

Urwaldzerstörung zu erwerben.<br />

Österreichischer Vorzeigebetrieb:<br />

Die russische Tochter MADOK der Firma<br />

Leitinger / Holzindustrie Preding Ges.m.b.H.<br />

ist als erster Betrieb im europäischen Teil<br />

Russland nach FSC-Kriterien<br />

zertifiziert! Das garantiert<br />

ökologisch und sozial<br />

verträgliches Holz, strenge<br />

Kontrolle – und gutes<br />

Gewissen beim Kauf.<br />

Greenpeace Österreich<br />

www.greenpeace.at

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