Liebe Partnerschaft
Liebe Partnerschaft
Liebe Partnerschaft
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<strong>Liebe</strong><br />
<strong>Partnerschaft</strong><br />
<strong>Partnerschaft</strong>liche Beziehung<br />
(was ist wichtig)<br />
* Kreuze fünf Fähigkeiten oder Eigenschaften an, die für<br />
eine partnerschaftliche Beziehung als besonders wichtig<br />
sind.<br />
* Streiche die Fähigkeiten oder Eigenschaften durch, die<br />
für Dich unwichtig sind.<br />
0 feste Grundsätze haben<br />
0 gut reden können<br />
0 den Partner faszinieren<br />
0 miteinander streiten können<br />
0 sich gepflegt kleiden<br />
0 sich durchsetzen können<br />
0 allein sein können<br />
0 sich körperlich fit fühlen<br />
0 eigene Wünsche äußern<br />
0 sich in den Partner einfühlen können<br />
0 allem Neuen gegenüber aufgeschlossen sein<br />
0 sich und dem Partner gegenüber kritisch sein<br />
0 um des Friedens willen nachgeben können<br />
0 Freunde haben<br />
0 offen seine Meinung sagen<br />
0 sich für andere einsetzen<br />
0 verzeihen können<br />
0 Wünsche des Partners erraten<br />
und erfüllen können<br />
0 zu Opfern bereit sein<br />
0 dem anderen Freiheit lassen<br />
0 zuhören können<br />
0 einen gemeinsamen Glauben haben<br />
0 den anderen so annehmen wie r ist<br />
0 eigene Stärken und Schwächen annehmen<br />
0 die Treue halten<br />
0 alles gemeinsam machen<br />
Die Schritte zur kirchlichen Trauung<br />
• Anmeldung im Pfarramt (Wohnsitz eines Partners)<br />
(meist 5-7 Monate vorher)<br />
• Ehevorbereitungskurs (1/2 Tag oder 1 1/2 Tage)<br />
• Trauungsprotokoll in der Pfarre des Hauptwohnsitzes<br />
eines Partners (Aufnahme<br />
der Personalien, Feststellung<br />
der Ehefähigkeit, Verlobung<br />
durch Unterschrift)<br />
• Besprechung der Feier mit<br />
dem Trauungsassistenten<br />
(Priester, Diakon)<br />
• Standesamtliche Trauung<br />
(geschieht vor dem Standesbeamten<br />
und zwei zeugen)<br />
• Kirchliche Trauung<br />
(geschieht vor dem Priester/<br />
Diakon und zwei zeugen)<br />
Warum heiraten? - Argumente, Meinungen<br />
1.„Verbindlich wird eine Beziehung erst, wenn man sich<br />
auch nach außen hin und gegenüber anderen ausdrücklich<br />
bindet!“<br />
2.„Auf Dauer kann man nicht mit Experimenten leben.<br />
Einmal muss man sich entscheiden.“<br />
3.„Als Geschäftspartner würde ich in ein Unternehmen<br />
solange nichts investieren, solange ich noch keine deutliche<br />
Zusicherung meines Vertragspartners in Händen habe.<br />
Es bleibt ohnehin noch genügend Risiko.“<br />
4.„Ich finde es schön, wenn zwei Menschen ihren Willen<br />
und ihre Bereitschaft zur gegenseitigen Hilfe und Treue<br />
ohne Vorbehalte öffentlich versprechen.“<br />
5.„Ich kenne so viele Beispiele, wo eine Ehe schiefgegangen<br />
ist.“<br />
6.„Ich sehe es als einen mutigen Schritt, ein Zeichen großer<br />
Hoffnung und eine zutiefst menschliche Leistung an,<br />
wenn zwei Menschen zueinander ja sagen, obwohl auch<br />
sie keinen Garantieschein für das Gelingen ihrer Ehe besitzen.“<br />
7.„Ich meine: Die Ehe engt die persönliche Freiheit ein,<br />
sie stumpft die <strong>Liebe</strong> ab, weil man sich des anderen zu<br />
sicher zu sein glaubt bzw. weil man sich dann nicht mehr<br />
umeinander bemüht.“<br />
8.„Mit der Heirat wird die Ehe nicht nur, „geschlossen“,<br />
sondern ein überraschungsreicher neuer Lebensabschnitt<br />
eröffnet. Daher soll bei einer Trauung wirklich ein Fest<br />
gefeiert werden.“<br />
9.„Die <strong>Liebe</strong> ist etwas ganz Persönliches. Ich halte nichts<br />
von äußerem Getue. Weder Staat noch Kirche sollen sich<br />
hier einmischen.“<br />
10.„Ich brauche die Ehe als Versorgungsinstitution nicht!“<br />
- Welches Argument bzw. welche Meinung schätzt du am<br />
meisten? (rot) Wofür findest du wenig Verständnis? (blau)<br />
- Welche Argumente für bzw. gegen Heirat und Ehe<br />
kannst du selbst darüber hinaus nennen?<br />
Lebensformen<br />
derzeit<br />
in Zukunft<br />
gewünscht<br />
Familie mit Hausfrau (traditionell) ! !<br />
Familie mit Hausmann ! !<br />
Doppelverdiener-Familie ! !<br />
Familie mit Tagesmutter ! !<br />
Wochenend-Familie ! !<br />
Fortsetzungsfamilie (nach Trennung) ! !<br />
Teilfamilie (alleinerziehende Mutter) ! !<br />
Teilfamilie (alleinerziehender Vater) ! !<br />
Homosexuelle <strong>Partnerschaft</strong> mit Kinder ! !<br />
Wohngemeinschaft mit Kindern ! !<br />
Kinderlose Ehe/<strong>Partnerschaft</strong> ! !<br />
Wochenendbeziehung ohne Kinder ! !<br />
Wohngemeinschaft ohne Kinder ! !<br />
Homosexuelle <strong>Partnerschaft</strong> ohne Kinder ! !<br />
Ordensgemeinschaft ! !<br />
Single ! !<br />
..................... ! !<br />
...................... ! !<br />
Kreuze an, was es derzeit schon gibt, und was in Zukunft<br />
gewünscht ist.
FAMILIE - GENERATIONEN<br />
(4. 6. 9. Gebot)<br />
Familie im AT: Die Familie stellte eine wirtschaftliche,<br />
soziale, ökonomische und religiöse<br />
Einheit dar. Die Leitung oblag dem Vater, wenngleich<br />
er sich dem Willen Jahwes unterstellt<br />
wusste. Handlungsprinzip war die gegenseitige<br />
Hilfe und Stütze. Der Wert der Kinder wird immer<br />
in Beziehung zu ihren Eltern gesehen. Sie<br />
sind als Gabe Jahwes für die Eltern da. Besonders<br />
die männlichen Nachkommen wurden hochgeschätzt.<br />
Erziehen heißt im Hebräischen<br />
"Anleitung" und "Züchtigung". Die Mutter nimmt<br />
vor allen in den ersten Lebensjahren der Kinder<br />
diese Aufgabe wahr, führt jedoch die Töchter bis<br />
zu deren Verheiratung (12-15 Jahre). Die Generationen<br />
tragen füreinander Verantwortung. Die Eltern<br />
hatten besonders für die religiöse Unterweisung<br />
zu sorgen (Dtn 6,20ff). Kinder sollten die<br />
Eltern wichtig nehmen und ihnen gehorchen<br />
(Dekalog 4).<br />
NT: Jesus gibt kein neues Modell der Familie<br />
vor; er setzt Familie nicht absolut und stellt überdies<br />
biologisches Beziehungsdenken in Frage (Mt<br />
12,46-50; Lk 2,41-52). Familienbindungen relativieren<br />
sich im Kontext der Entscheidung für das<br />
Reich Gottes. Die <strong>Liebe</strong> zu Gott zeigt sich aber<br />
auch in der <strong>Liebe</strong> zu den Menschen. Diese gilt<br />
allen Menschen, so auch den Familienmitgliedern.<br />
Die ntl Briefe übernehmen tlw antike Haustafeln<br />
(Kol 3,18-4,1; Eph 5,22-6,9; 1 Petr 2,13-3,7). Es<br />
wird die Angewiesenheit und wechselseitige Unterordnung<br />
in <strong>Liebe</strong> betont. So sehr die Familie in<br />
Ehren gehalten wird, steht sie doch wie die Ehe<br />
unter dem eschatologischen Vorbehalt, dass<br />
Mann und Frau, Vater, Mutter und Kinder einander<br />
nichts Letztes sein können (1 Kor 7,29-34).<br />
Gegenwärtige Probleme der Familie<br />
Familie als zentraler Lebenswert wird meist nicht<br />
in Frage gestellt, jedoch die praktische Umsetzung<br />
im Alltag wird zunehmend schwieriger:<br />
• Der Mensch lebt in mehreren ausdifferenzierten<br />
Funktionsbereichen, die schlecht aufeinander<br />
abgestimmt sind bzw. konkurrieren (Arbeitswelt,<br />
Schule, Freizeit, Familie).<br />
• Individuelle Freiheit erfordert auch individuelle<br />
Sinngebung und Existenzsicherung.<br />
• Wandelbarkeit wird zur Norm, woraus ein Widerspruch<br />
zum normgebenden Leitbild der Familie<br />
entsteht<br />
• Ehe auf Dauer wird als Ideal belassen, verliert<br />
aber an Verbindlichkeit<br />
• Gegenseitigkeitsverpflichtungen nehmen ab<br />
• Die Scheidung verliert an Dramatik<br />
• Verantwortete Elternschaft fragt auch, ob ein<br />
(weiteres) Kind nicht die persönliche Leistungsund<br />
Zuwendungsfähikgeit übersteigt.<br />
• Autonomieansprüche der Kinder relativieren<br />
die Verantwortlichkeit der Eltern.<br />
Kichlich lehramtliche Aussagen zur Familie<br />
Vor allem das Apostolische Schreiben "Familiaris consortio"<br />
(1981) hat sich mit der Familie befasst. Die Ehe gilt<br />
darin als die Grundlage der größeren Gemeinschaft der<br />
Familie, die aus Ehegatten, deren Eltern, den Kindern und<br />
den Verwandten besteht.<br />
• Würde und Verantwortung von Mann und Frau sind<br />
von "Gleichwertigkeit" bestimmt. (22,25)<br />
• Kinder sind "gewiss die vorzüglichste Gabe für die<br />
Ehe“ (14). Sie tragen zur Heiligung der Eltern bei und<br />
besitzen volle personale Würde.<br />
• Familienplanung als verantwortete Elternschaft ist<br />
Recht und Pflicht der Eltern. (Gaudium et spes 49)<br />
Dem Plan Gottes nach ist Familie innige Gemeinschaft<br />
des Lebens und der <strong>Liebe</strong> mit der Sendung, die <strong>Liebe</strong> als<br />
Teilhabe an der <strong>Liebe</strong> Gottes zu hüten, zu offenbaren und<br />
mitzuteilen.<br />
Dies verwirklicht sie vor allem auf vierfache Weise (Fam.<br />
Con. 17-64):<br />
1. Bildung einer Gemeinschaft von Personen<br />
unbedingte Treue der Gatten, Familie als Schule reich entfalteter<br />
Humanität, erzieherischer Austausch zwischen<br />
Eltern und Kinder,, Toleranz, Verzeihen.<br />
2. Dienst am Leben<br />
Mitwirken an der Weitergabe des menschlichen Lebens<br />
als Geschenk Gottes; Erziehung,<br />
3. Teilnahme an der gesellschaftlichen Entwicklung<br />
Familie als Grund- und Lebenszelle der Gesellschaft; erste<br />
Schule der zwischenmenschlichen Beziehungen, die Achtung,<br />
Gerechtigkeit, Dialog und <strong>Liebe</strong> kennzeichnen soll;<br />
Respektieren und Fördern der Familie durch Staat und<br />
Familienpolitik<br />
4. Teilnahme am Leben und an der Sendung der Kirche<br />
Familie als Hauskirche, als glaubende und verkündigende<br />
Gemeinschaft, als erlöste und erlösende Gemeinschaft.<br />
Sozialhirtenbrief der Österr. Bischöfe (1990)<br />
Die Familie hat eine vorrangige Bedeutung. Sie ist<br />
als Kernzelle einer gesunden Gesellschaft zwar<br />
zurückgedrängt worden, bleibt aber dennoch der<br />
Ort, wo den Kindern zuerst die Grundwerte des<br />
persönlichen und gemeinschaftlichen Lebens vermittelt<br />
werden.(n 69)<br />
Damit steht der Familie zu (71-73):<br />
⇒ ein gesicherter wirtschaftlicher Lebensraum<br />
(besonders kinderreichen Familien und den<br />
Familien Alleinerziehender)<br />
⇒ ein sozialer Lebensraum (auch mit solchen Arbeitszeiten)<br />
⇒ ein geistig - kultureller Lebensraum.<br />
Zum 6. und 9. Gebot:<br />
"Ehebruch, das heißt eheliche Untreue. Wenn zwei Partner, von<br />
denen wenigstens einer verheiratet ist, miteinander eine, wenn<br />
auch nur vorübergehende geschlechtliche Beziehung eingehen,<br />
begehen sie Ehebruch. Christus verurteilt schon den Ehebruch<br />
im Geiste. Das 6. Gebot und das NT verbieten den Ehebruch<br />
absolut." (Kath. Katech. 2380)<br />
"Ehebruch ist ein Unrecht. Wer die Ehe bricht, wird seinen Verpflichtungen<br />
untreu. Er verletzt das Band der Ehe, das Zeichen<br />
des Bundes ist; er verletzt auch das Recht seines Ehepartners und<br />
schädigt die Institution der Ehe, indem er den Vertrag nicht einhält,<br />
der ihr zugrunde liegt. Er setzt das Gut der menschlichen<br />
Zeugung aufs Spiel sowie das Wohl der Kinder, die eine dauerhafte<br />
Verbundenheit der Eltern benötigen." (Kath. Katech. 2381)
SEXUALITÄT<br />
Die Frage der Sexualethik ist immer in einem<br />
gesellschaftlichen Kontext, auf dem Hintergrund<br />
politischer und ökonomischer, sozialer<br />
und historisch-kultureller Bedingungen zu sehen.<br />
Die Aussagen des AT<br />
Der Schöpfungsbericht zeigt, dass Sexualität<br />
der Verantwortung des Menschen zur Gestaltung<br />
übergeben wird. Die Existenz des Menschen<br />
ist durch die Ergänzungsbedürftigkeit<br />
von Mann und Frau dazu bestimmt, sich dem<br />
anderen zu öffnen: <strong>Partnerschaft</strong> und Sexualität<br />
werden als gute Gabe Gottes gesehen. Diese<br />
Freude an der Leiblichkeit und Sinnlichkeit<br />
wird im Hohenlied im AT deutlich.<br />
Die Ordnung in der Sexualität wird im AT von<br />
der patriarchalischen Kultur aber mitbeeinflusst<br />
(Lev 15,18; Lev 15,16; Lev 18,3). In der<br />
Spätzeit kommt es zu radikalen sexualasketischen<br />
Tendenzen im Judentum.<br />
Die Aussagen im NT<br />
Jesus selbst handelte im persönlichen Umgang<br />
mit der Frau - gemessen an Recht und Brauch<br />
seiner Zeit - frei und ungezwungen. Zu einzelnen<br />
Fragen der Sexualität berichten die Evangelien<br />
keine konkreten Anweisungen Jesu.<br />
Sein Anliegen ist die religiöse Berufung, und<br />
diese gilt für Mann und Frau gleich. Darin<br />
gründet auch ihre gleiche Würde und Verantwortung.<br />
Die Ablehnung der Ehescheidung<br />
hat darin ihren Grund. Sie richtet sich einerseits<br />
gegen die rechtlich ungleiche Behandlung<br />
der Frau und stellt den Mann unter die<br />
gleiche Bindung wie die Frau; andererseits<br />
soll deutlich werden, dass mit gesetzlichen<br />
Vorschriften und deren Anpassung die Ehe<br />
nicht gerettet werden kann. Hilfe bringt nur<br />
ein vertieftes Verständnis persönliche Bindung<br />
in Treue. Die Gesinnung ist das Entscheidende.<br />
Paulus begegnete in seiner Mission der sexuellen<br />
Freizügigkeit in griechischen Städten. Korinth<br />
war die Vergnügungshauptstadt der Welt<br />
von damals. Paulus nimmt in seinem Brief an<br />
die Korinther dazu Stellung. Manche scharfe<br />
Äußerung zu Fragen der Sexualität und der<br />
Ehe sind bei Paulus als Reaktion auf harte Angriffe<br />
oder auf extreme Situationen der Umwelt<br />
zu sehen.<br />
Wortableitung von „lieben“<br />
mittelhochdeutsch: gelouban<br />
= geloben = versprechen, loben, verloben<br />
= glauben = vertrauen = hoffen, trauen<br />
sich trauen, sich anvertrauen<br />
jem. etw. anvertrauen, zutrauen<br />
daraus folgt: Trauung (trauen, anvertrauen)<br />
Treue (sich trauen, jem. etw. anvertrauen)<br />
Kirchenväter und Augustinus<br />
Durch eine einseitige Interpretation des Paulus und<br />
durch den Einfluss gnostischer Strömungen (Dualismus:<br />
der Leib ist das Schlechte, der Geist das Gute) entfaltete<br />
sich im Laufe der Zeit eine Lehre, die Ehe und Fortpflanzung<br />
als Folgen des Sündenfalls sah. Augustinus<br />
wollte den Manichäismus abwehren, der in der Sexualität<br />
eine Bedrohung der Besonnenheit und der Freiheit<br />
sah, und verteidigte die schöpfungsmäßige Gutheit der<br />
Sexualität. Zugleich aber wollte er das Unheil der Sünde<br />
und die erbsündliche Begierde des Menschen in seiner<br />
Lehre verankert wissen, so dass er die Bedeutung der<br />
Lust nur im Dienste der Zeugung und der Treue deuten<br />
konnte. Damit eliminiert er die Sexualität als Fähigkeit<br />
des Menschen zur Freude und Lust und lehrt einen Dualismus<br />
zwischen einer rein geistigen ehelichen <strong>Liebe</strong> und<br />
der geschlechtlichen Hingabe. Dieser augustinische Dualismus<br />
hat das christliche Verständnis der Sexualität bis<br />
in die Gegenwart stark belastet. Vor allem die Ehegüterlehre<br />
hatte eine lange anschließende Tradition. 3 Ehegüter:<br />
Nachkommenschaft, Treue und Sakramentalität.<br />
Eine neue Sicht der Sexualität brachte das 20. Jh. S.<br />
Freud ("Abhandlungen zur Sexualtheorie"), Wilhelm<br />
Reich ("Die sexuelle Revolution, 1936"), Herbert Marcuse<br />
und Alex Comfort ("Der aufgeklärte Eros, 1968")<br />
waren Wissenschafter, die Sexualität zu einem Thema<br />
der öffentlichen Diskussion machten.<br />
Zweites Vaticanum<br />
Betont wird die gegenseitige Annahme der Partner, Sexualität<br />
ist Ausdruck der <strong>Liebe</strong>.<br />
Heute versucht das Christentum eine personal-ganzheitliche<br />
Sicht der Sexualität zu vertreten. Der legalistisch-juridische<br />
Standpunkt wird zugunsten einer Wiederbetonung<br />
der <strong>Liebe</strong> zurückgedrängt. Die <strong>Liebe</strong> ist<br />
demnach oberstes Ziel und Maßstab der Sexualität. Dort,<br />
wo sich sexuelles Verhalten gegen die <strong>Liebe</strong> wendet,<br />
wird es unmoralisch. Umgekehrt werden Moralgebote,<br />
die sich gegen den Menschen richten, ungültig. Ethische<br />
Urteile werden heute weniger auf dem Hintergrund von<br />
Gesetz und Pflicht gedeutet, als vielmehr von ihrem historisch-dynamischen<br />
Aspekt her mit der Betonung von<br />
Beziehung, Verantwortung und Gewissen.<br />
7 Thesen zum Umgang mit Sexualität (Kasper)<br />
These 1: Respektiere die Freiwilligkeit des anderen<br />
These 2: Trage Verantwortung für die Konsequenzen<br />
(Kind, Partner, Abhängigkeiten)<br />
These 3: Beachte die Mehrdeutigkeit sexuellen Tuns<br />
(sexuelles Tun ist nonverbale Kommunikation, daher<br />
missverständlich.)<br />
These 4: Sexualität erreicht ihren vollen Sinngehalt als<br />
Zeichen dauernder <strong>Liebe</strong> (Sexualität ist eingebettet in<br />
die personale <strong>Liebe</strong>.)<br />
These 5: Sexualität ist eine Begabung, die durch Lernen<br />
entfaltet wird (= Fortschreiten in der Zuneigung und der<br />
Sprachfähigkeit der <strong>Liebe</strong>sbeziehung.<br />
These 6: Sexualität muss kommunizierbar sein (über<br />
Empfindungen, Wünsche und Ängste sprechen lernen<br />
und es pflegen)<br />
These 7: Sexualität entfaltet sich zu einer Sexualkultur<br />
(Kultur hat mit Phantasie, Sensibilität und Freude am<br />
Gestalten zu tun, aber auch mit Verzicht.)
DIE SEXUALITÄT DES MENSCHEN (M.Majerus)<br />
Die Sexualität ist in erster Linie eine Kraft, die dem Menschen von<br />
Natur aus mitgegeben ist. Diese Kraft äußert sich von Geburt an bis<br />
zum Tod. Sie zeigt sich unter vielen verschiedenen Ausdrucksformen:<br />
der Wunsch, in den Armen gehalten zu werden; liebkosen, genießen,<br />
Kinder zeugen und in die Welt setzen, sich freuen können,<br />
anerkannt sein; sich mit Eifer für etwas einsetzen.<br />
Die Sexualität ist weitaus mehr als bloß Genitalität, Geschlechtsverkehr,<br />
Verliebtheit, Flirt, Selbstbefriedigung, sexuelle Erregung, Pornografie...:<br />
all dies sind - neben vielen anderen Verhalten - nur Zeichen,<br />
Ausdrucksformen der Sexualität.<br />
Sexualität ist eine Energie, die den ganzen Menschen betrifft und die<br />
in viele seiner Wünsche, Sehnsüchte, Gedanken, Entscheidungen und<br />
Handlungen hineinspielt. Sie hat im Wesentlichen vier große Ausrichtungen<br />
(Aspekte):<br />
1. Identitätsaspekt<br />
Der Mensch kann nur leben, wenn er Bestätigung und Selbstbestätigung<br />
durch ein DU erfährt.<br />
Die Geborgenheit, die Anerkennung und Wärme brauchen die Menschen,<br />
um ihr Leben zu bejahen und sich zu entwickeln. Arme, die<br />
einem fest umschließen, Hände, die einem zärtlich streicheln, Lippen,<br />
die einem küssen und die sagen: Gut, dass es dich gibt! Solche<br />
Gesten und das, was sie ausdrücken, sind lebenswichtig für das Baby,<br />
für den Jugendlichen, für den Erwachsenen aber auch für alte,<br />
todkranke Menschen.<br />
2. Lustaspekt<br />
Die Lust, Freude und das Genießen. Etwas auskosten, Freude empfinden,<br />
genießen, Nähe erfahren, das sind Grundbedürfnisse des<br />
Menschen, die gestillt werden sollen. Solche Erfahrungen bezaubern<br />
den Menschen und lassen ihn die Schwere des Lebens mutig und humorvoll<br />
ertragen.<br />
3. Beziehungsaspekt<br />
Sexualität ist die Sprache der <strong>Liebe</strong>sgefühle in einer Beziehung. <strong>Liebe</strong>sworte,<br />
die oft nicht die Empfindungen ausdrücken können, brauchen<br />
auch noch <strong>Liebe</strong>sgesten und <strong>Liebe</strong>szeichen, damit sie wahr,<br />
verstehbar und überzeugend sind.<br />
4. Fruchtbarkeitsaspekt<br />
Sexualität steht im Dienst des Lebens: Schönes schaffen, Wahrheit<br />
suchen, soziale Engagements eingehen, Kinder in die Welt setzen<br />
und großziehen, Sorge tragen für andere, ein gemütliches Zuhause<br />
einrichten,... Der Dienst am Leben ist reich und vielfältig wie das<br />
Leben selbst.<br />
Die Sexualität ist eine naturgegebene Kraft, die der Mensch gestalten<br />
lernen muss. Der Einklang von Natur - Gefühl - Wille ist eine lebenslange<br />
Aufgabe. Die Sexualität des Menschen ist offen für das Gute<br />
und das Böse. In ihrer Gestaltung bleibt sie an Werte, für die sich der<br />
Mensch frei entscheiden muss, gebunden. In der Sexualität vermögen<br />
Menschen den anderen zu beglücken, aber auch zu beleidigen und<br />
verletzen, bis hin zur Versklavung.<br />
Minimale Anforderungen von Werten in der Gestaltung der Sexualität:<br />
Ich achte eigene und fremde Gefühle.<br />
Ich respektiere die Freiheit meines Partners.<br />
Ich handle wahr und glaubwürdig.<br />
Ich bedenke die Konsequenzen meines Handelns.<br />
Ich spreche meine Erwartungen und Ängste offen aus.<br />
Ich handle nicht gegen die elementaren Prinzipien der Selbst- u. Gottesliebe.<br />
Vor und außereheliche Beziehungen<br />
In der Beurteilung soll vom Standpunkt einer<br />
ganzheitlich integrierten Sexualität ausgegangen<br />
werden. Grundsatz ist, dass die leibliche<br />
Ausdrucksform sexueller Beziehungen<br />
stets der personalen Beziehung der Partner<br />
entsprechen soll.<br />
Aufgrund dieses Kriteriums lässt sich allgemein<br />
sagen, dass da, wo die <strong>Liebe</strong>s- und<br />
Bindungsfähigkeit (noch) fehlen, die<br />
menschliche Voraussetzung für eine vollendete<br />
Geschlechtsgemeinschaft nicht gegeben<br />
ist. Wird Geschlechtsverkehr in einer verfrühten<br />
Phase aufgenommen, so verführt er<br />
leicht zur Illusion persönlicher Befriedigung<br />
ohne personale Hingabe.<br />
"Im Vorraum der vollen sexuellen Gemeinschaft<br />
gibt es ein breites Spektrum sexueller,<br />
das heißt aus der geschlechtlichen Bestimmtheit<br />
des ganzen Menschen erwachsender Beziehungen<br />
unterschiedlicher Intensität und<br />
Ausdrucksformen, auch eine Stufenleiter<br />
der Zärtlichkeiten. Diese Beziehungen können<br />
als gut und richtig gelten, solange sie<br />
Ausdruck der Vorläufigkeit sind und nicht<br />
intensiver gestaltet werden, als es dem Grad<br />
der zwischen den Partnern bestehenden personalen<br />
Bindung und der daraus resultierenden<br />
Vertrautheit entspricht. (Synodenbeschluss<br />
"Christlich gelebte Ehe und Familie“,<br />
Bonn 1975)<br />
Keuschheit<br />
vom lat. conscius d.h. bewusst, ahd.:<br />
chuski d.h. enthaltsam, mhd.: hiusche, d.<br />
h. mäßig, sittsam, und meint Bewusstheit,<br />
Verantwortungsbewusstheit wie<br />
auch Enthaltsamkeit und Maßhalten. Das<br />
kann je nach Lebenssituation verschieden<br />
aussehen.<br />
In Regeln, Vorschriften, Bräuchen und Gesetzen sind Erfahrungen<br />
der Menschen eingegangen, die die Kraft der Sexualität in menschenwürdige<br />
Bahnen leiten wollen. Sie sollen helfen dass Menschen<br />
in ihrer Sexualität sich selbst und anderen nicht zu großen Schaden<br />
zufügen, sondern dass sie zu einem sinnerfüllten Leben beitragen<br />
kann. Sie haben die Aufgabe, den Menschen zu schützen vor eigener<br />
und fremder Willkür. Sexuelle Normen, Tabus, Vorschriften wirken<br />
oft einengend. Sie müssen deshalb immer neu angepasst werden an<br />
die Zeit.