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Von-Willebrand-Patientinnen in der gynäkologischen Praxis - Gzrr.de

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32<br />

Interview<br />

März 2009<br />

Oft übersehen:<br />

<strong>Von</strong>-<strong>Willebrand</strong>-<strong>Patient<strong>in</strong>nen</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>gynäkologischen</strong> <strong>Praxis</strong><br />

Interview mit:<br />

Dr. Susan Halimeh<br />

Fachärzt<strong>in</strong> für Transfusionsmediz<strong>in</strong>,<br />

Fachärzt<strong>in</strong> für K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>- und Jugendmediz<strong>in</strong>,<br />

Hämostaseolog<strong>in</strong><br />

MVZ Labor Duisburg GmbH<br />

Königstr. 53, 47051 Duisburg<br />

Fon: 0 203 / 300 98-0<br />

Fax: 0 203 / 300 98-99<br />

E-mail: praxis@mvz-labor-duisburg.<strong>de</strong><br />

Internet:www.mvz-labor-duisburg.<strong>de</strong><br />

?<br />

Worum han<strong>de</strong>lt es sich beim<br />

von-<strong>Willebrand</strong>-Syndrom?<br />

Das von-<strong>Willebrand</strong>-Syndrom ist die<br />

häufigste genetisch bed<strong>in</strong>gte Blutger<strong>in</strong>nungsstörung.<br />

Die Prävalenz wird auf<br />

etwa e<strong>in</strong> Prozent geschätzt – mit hoher<br />

Dunkelziffer. Die Krankheit wur<strong>de</strong><br />

1926 als „hereditäre Pseudohämophilie“<br />

erstmals beschrieben – damals war es e<strong>in</strong>e<br />

Überraschung, dass auch Frauen betroffen<br />

waren. Als Ger<strong>in</strong>nungsstörung<br />

war vor allem die Hämophilie bekannt,<br />

und die brachte man ausschließlich mit<br />

Männern <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung. Heute weiß<br />

man, dass etwa ebensoviel Frauen wie<br />

Männer am von-<strong>Willebrand</strong>-Syndrom<br />

lei<strong>de</strong>n. Bei dieser Ger<strong>in</strong>nungsstörung<br />

fehlt <strong><strong>de</strong>r</strong> von-<strong>Willebrand</strong>-Faktor, e<strong>in</strong><br />

für die Ger<strong>in</strong>nung wichtiges Prote<strong>in</strong>,<br />

entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> teilweise bzw. ganz o<strong><strong>de</strong>r</strong> ist <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er Funktion gestört. Folge ist vor al-<br />

lem e<strong>in</strong>e Störung <strong><strong>de</strong>r</strong> primären Hämostase:<br />

Die Adhäsion <strong><strong>de</strong>r</strong> Thrombozyten<br />

an das Endothel sowie die Thrombozytenaggregation<br />

s<strong>in</strong>d bee<strong>in</strong>trächtigt. Da<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> von-<strong>Willebrand</strong>-Faktor außer<strong>de</strong>m<br />

als Schutz- und Transportprote<strong>in</strong> für<br />

<strong>de</strong>n Blutger<strong>in</strong>nungsfaktor VIII dient,<br />

kommt es <strong>in</strong> schweren Fällen auch zu<br />

e<strong>in</strong>em Faktor VIII-Mangel.<br />

?<br />

Warum<br />

wird das von-<strong>Willebrand</strong>-Syndrom<br />

so oft nicht<br />

erkannt?<br />

Das liegt daran, dass die mil<strong>de</strong> Form<br />

<strong>de</strong>s von-<strong>Willebrand</strong>-Syndroms, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Typ 1, mit etwa 60 bis 70 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Fälle am häufigsten vorkommt. Viele<br />

dieser Patienten s<strong>in</strong>d nicht diagnostiziert,<br />

weil die Blutungsneigung im Alltag<br />

eher unauffällig ist. E<strong>in</strong>e Neigung<br />

zu Blutungen wird häufig erst beim<br />

Zahnarzt bei e<strong>in</strong>er Zahnextraktion o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

bei HNO-E<strong>in</strong>griffen wie Tonsillektomien<br />

und A<strong>de</strong>notomien festgestellt.<br />

Ganz an<strong><strong>de</strong>r</strong>s h<strong>in</strong>gegen Patienten mit<br />

von-<strong>Willebrand</strong>-Syndrom Typ 3: Diese<br />

Patienten haben e<strong>in</strong>e stark ausgeprägte<br />

Blutungsneigung, die sich beispielsweise<br />

durch spontane, sehr schmerzhafte<br />

Muskel- und Gelenke<strong>in</strong>blutungen<br />

bemerkbar macht. Diese Fälle wer<strong>de</strong>n<br />

meist schon <strong>in</strong> frühem Alter beim K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>arzt<br />

diagnostiziert. Da aber auch das<br />

Blutger<strong>in</strong>nungssystem bei <strong>de</strong>n mil<strong>de</strong>n<br />

Formen lebensgefährlich entgleisen<br />

kann, ist es wichtig, auch diese Patienten<br />

zu kennen.<br />

?<br />

Welche Symptome gelten als<br />

Hauptkennzeichen für e<strong>in</strong>e<br />

Hämostasestörung wie das von-<br />

<strong>Willebrand</strong>-Syndrom?<br />

Die wichtigsten Warnkennzeichen<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Neigung zu Hämatomen –<br />

blaue Flecke treten dabei oft großflächig<br />

und an ungewöhnlichen Körperstellen<br />

auf – Epistaxis, Schleimhautblutungen<br />

– vor allem an <strong><strong>de</strong>r</strong> Mundschleimhaut<br />

beim Zähneputzen – und perioperative<br />

Blutungen. Bei diesen Symptomen<br />

sollte unbed<strong>in</strong>gt an e<strong>in</strong>e Ger<strong>in</strong>nungsstörung<br />

gedacht wer<strong>de</strong>n.<br />

?<br />

Mit welchen Symptomen bzw.<br />

Risiken ist das von-<strong>Willebrand</strong>-<br />

Syndrom speziell im <strong>gynäkologischen</strong><br />

Bereich verbun<strong>de</strong>n?<br />

Gera<strong>de</strong> Mädchen und Frauen s<strong>in</strong>d<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkrankung <strong>in</strong> ganz beson<strong><strong>de</strong>r</strong>er<br />

Weise bee<strong>in</strong>trächtigt. Hypermenorrhoe<br />

und Menorrhagie s<strong>in</strong>d Symptome,<br />

die etwa 60 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> Mädchen<br />

und Frauen mit von-<strong>Willebrand</strong>-Syndrom<br />

Typ 1 und über 60 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong>Patient<strong>in</strong>nen</strong> mit Typ 3 betreffen. Das<br />

be<strong>de</strong>utet e<strong>in</strong>e erhebliche M<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Lebensqualität und e<strong>in</strong>e hohe emotionale<br />

Belastung. Die Menstruation<br />

kann bis zu zehn Tage dauern, <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />

meisten Fällen mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Konsequenz<br />

e<strong>in</strong>er Eisenmangelanämie durch <strong>de</strong>n<br />

hohen Blutverlust. Ohne die eigentliche<br />

Ursache <strong><strong>de</strong>r</strong> starken Blutungen zu<br />

kennen, wer<strong>de</strong>n häufig Hysterektomien<br />

durchgeführt – oft unnötigerweise,<br />

<strong>de</strong>nn mit e<strong>in</strong>er adäquaten Behandlung<br />

<strong>de</strong>s von-<strong>Willebrand</strong>-Syndroms kann<br />

auch die Dauer und Stärke <strong><strong>de</strong>r</strong> Perio<strong>de</strong>nblutung<br />

reguliert wer<strong>de</strong>n.<br />

E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Bereich für<br />

von-<strong>Willebrand</strong>-<strong>Patient<strong>in</strong>nen</strong> ist das<br />

Thema Geburten. Sie bergen bei unent<strong>de</strong>cktem<br />

von-<strong>Willebrand</strong>-Syndrom<br />

das Risiko starker Nachblutungen. Das<br />

kommt daher, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> von-<strong>Willebrand</strong>-<br />

Faktor e<strong>in</strong> Akut-Phase-Prote<strong>in</strong> ist, <strong>de</strong>ssen<br />

Konzentration postpartal stark abfällt.<br />

Die Mütter können dann nach<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Geburt zum Teil schwer bluten.<br />

Die Erfahrung zeigt, dass die Nachblutungen<br />

oft erst zwischen <strong>de</strong>m fünften<br />

und siebten Tag nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Entb<strong>in</strong>dung<br />

auftreten, wenn die Mütter bereits zu<br />

Hause s<strong>in</strong>d. Das ist beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s tückisch<br />

und zeigt, wie wichtig es ist, <strong>Patient<strong>in</strong>nen</strong><br />

mit Blutger<strong>in</strong>nungsstörungen zu<br />

kennen. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die Kollegen aus<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Gynäkologie haben hier e<strong>in</strong>e beson-<br />

Bildnachweis: privat


Interview<br />

März 2009<br />

33<br />

E<strong>in</strong> Service Ihres Netzwerkes vWS – E<strong>in</strong>e Initiative zur<br />

Früherkennung <strong>de</strong>s von-<strong>Willebrand</strong>-Syndroms<br />

Netzwerk vWS<br />

E<strong>in</strong>e Initiative zur Früherkennung <strong>de</strong>s von-<strong>Willebrand</strong>-Syndroms<br />

Für Ihre Patientenakte:<br />

E<strong>in</strong>schätzung <strong>de</strong>s Blutungsrisikos<br />

Patient:<br />

Geb.-Datum:<br />

Datum:<br />

Blutgruppe:<br />

<strong>Praxis</strong>-Stempel<br />

Bitte zum E<strong>in</strong>legen <strong>in</strong> die Patientenakte hier an <strong><strong>de</strong>r</strong> gestrichelten L<strong>in</strong>ie falten.<br />

Vom Arzt o<strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten anzukreuzen bzw. zu ergänzen<br />

1. Ist bei Ihnen e<strong>in</strong>e Blutger<strong>in</strong>nungsstörung o<strong><strong>de</strong>r</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Thrombose festgestellt wor<strong>de</strong>n?<br />

2. Gab o<strong><strong>de</strong>r</strong> gibt es Fälle von Blutungsneigungen <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Familie?<br />

3. Heilen Ihre Wun<strong>de</strong>n schlecht ab?<br />

Beobachten Sie vermehrt folgen<strong>de</strong> Blutungsarten – auch ohne erkennbaren Grund?<br />

<br />

<br />

<br />

4. Nasenbluten<br />

(ohne an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Ursachen wie Infekte <strong><strong>de</strong>r</strong> oberen Atemwege;<br />

trockene Luft, z. B. <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Heizperio<strong>de</strong>; starkes Schneuzen)<br />

5. Blaue Flecken o<strong><strong>de</strong>r</strong> kle<strong>in</strong>e, punktförmige Blutungen mehr<br />

als 1-2mal pro Woche (vor allem am Körperrumpf und<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en, ungewöhnlichen Stellen)<br />

6. Spontane Gelenk- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Muskel-/Weichteilblutungen<br />

7. Zahnfleischbluten und Blutungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Mundschleimhaut<br />

Beobachten Sie ungewöhnlich lange bzw. verstärkte Blutungen nach Verletzungen<br />

und E<strong>in</strong>griffen?<br />

8. Blutungen nach Schnitt- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schürfwun<strong>de</strong>n<br />

(z.B. durch Rasieren)<br />

9. Blutungen während o<strong><strong>de</strong>r</strong> nach <strong>de</strong>m Ziehen von Zähnen<br />

10. Blutungen während o<strong><strong>de</strong>r</strong> nach Operationen<br />

(z.B. Man<strong>de</strong>loperationen, Bl<strong>in</strong>ddarmoperationen, Geburten)<br />

Nehmen Sie Medikamente e<strong>in</strong>, die die Blutger<strong>in</strong>nung bee<strong>in</strong>flussen (können)?<br />

11a. Schmerz- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Rheumamittel:<br />

11b. Medikamente zur Blutverdünnung:<br />

11c. Weitere Medikamente o<strong><strong>de</strong>r</strong> Vitam<strong>in</strong>präparate:<br />

Differenzierung und Bewertung durch <strong>de</strong>n Arzt<br />

ja ne<strong>in</strong> falls ja<br />

» Diagnose erfragen 2<br />

» Verwandschaftsgrad<br />

» Diagnose bekannt 2<br />

» lange nässend, klaffend 2<br />

» vereiternd 2<br />

» Keloidbildung 2<br />

» immer schon 2<br />

» nur saisonal 3<br />

» HNO-Befund vorhan<strong>de</strong>n<br />

» bei Medikamentene<strong>in</strong>nahme 1<br />

» arterielle Hypertonie 4<br />

» traumaför<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Tätigkeiten 0<br />

» immer schon 2<br />

» bei Medikamentene<strong>in</strong>nahme 1<br />

» Parodontitis 0<br />

» über 5 M<strong>in</strong>uten 2<br />

» typische Verletzung (Nassrasur) 2<br />

» bei Medikamentene<strong>in</strong>nahme 1<br />

» über 5 M<strong>in</strong>uten 2<br />

» Nachbehandlung war nötig 2<br />

» bei Medikamentene<strong>in</strong>nahme 1<br />

» welche Operation 5<br />

» Gabe von Blutkonserven 5; 2<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Blutprodukten?<br />

» Blutungsneigung seit 2; 4; 6<br />

Medikamentene<strong>in</strong>nahme<br />

2<br />

319 043<br />

<strong>Von</strong> Frauen und Mädchen zu beantworten:<br />

<br />

<br />

12. Haben Sie <strong>de</strong>n E<strong>in</strong>druck, dass die Monatsblutungen verlängert<br />

(+7 Tage) und/o<strong><strong>de</strong>r</strong> verstärkt s<strong>in</strong>d (häufiger B<strong>in</strong><strong>de</strong>n-/Tamponwechsel)?<br />

Modifiziert nach:<br />

Koscielny J. et al. Hämostaseologie 2007; 27: 177-184<br />

und Pfanner G. et al. Anaesthesist 2007; 56: 604-611<br />

Unterschrift <strong>de</strong>s Arztes<br />

» seit Menarche 2<br />

0 = ke<strong>in</strong> Handlungsbedarf<br />

1 = Medikamentenanamnese<br />

2 = Überweisung Ger<strong>in</strong>nungszentrum<br />

3 = Überweisung HNO-Facharzt<br />

4 = Konsultation Internist<br />

5 = Befundaushebung<br />

6 = Konsultation Internist / Krankenhaus (Chirurg)<br />

und evtl. Karenz


34<br />

Interview<br />

März 2009<br />

E<strong>in</strong> Service Ihres Netzwerkes vWS – E<strong>in</strong>e Initiative zur<br />

Früherkennung <strong>de</strong>s von-<strong>Willebrand</strong>-Syndroms<br />

Netzwerk vWS<br />

E<strong>in</strong>e Initiative zur Früherkennung <strong>de</strong>s von-<strong>Willebrand</strong>-Syndroms<br />

Ger<strong>in</strong>nungsstörungen dürfen nicht unterschätzt wer<strong>de</strong>n!<br />

Die Prävalenz für die häufigste angeborene Hämostasestörung, das von-<strong>Willebrand</strong>-Syndrom, beträgt ca. 1% <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesamtbevölkerung.<br />

Es besteht e<strong>in</strong>e hohe Dunkelziffer, da die Blutungsneigung im Alltag nur leicht ausgeprägt ist.<br />

Vorsicht <strong>in</strong> Belastungssituationen:<br />

• Operationen,<br />

• Zahnextraktionen,<br />

• implantologische E<strong>in</strong>griffe sowie<br />

• Schwangerschaft und Geburt<br />

können bei Patienten mit unent<strong>de</strong>ckten Ger<strong>in</strong>nungsstörungen lebensgefährliche Blutungskomplikationen auslösen.<br />

Bitte klären Sie daher das Blutungsrisiko Ihrer Patienten ab!<br />

Blutungs-Risikokandidaten mit standardisierten Anamnesefragen erkennen<br />

Sie können das Blutungs-Risikoprofil Ihrer Patienten mit <strong>de</strong>n umseitigen Anamnesefragen gut vorherbestimmen.<br />

Beziehen Sie bei K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>n bei<strong>de</strong> Elternteile mit e<strong>in</strong>. Die Fragen s<strong>in</strong>d richtungsweisend für die Blutungsprognose:<br />

• sehr hohe prädiktive Aussagekraft<br />

• ke<strong>in</strong> komplexes Fachwissen zu Ger<strong>in</strong>nungsstörungen erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich<br />

• Labordiagnostik nur <strong>in</strong> qualifizierten Verdachtsfällen nötig<br />

Beachten Sie folgen<strong>de</strong> H<strong>in</strong>weise zur Auswertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Anamnesefragen:<br />

• Ist m<strong>in</strong><strong>de</strong>stens e<strong>in</strong>e Frage mit „Ja“ beantwortet, besteht e<strong>in</strong>e positive Blutungsanamnese<br />

• S<strong>in</strong>d m<strong>in</strong><strong>de</strong>stens vier Fragen mit „Ja“ angekreuzt und ger<strong>in</strong>nungsför<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong> Medikamente ausgeschlossen wor<strong>de</strong>n,<br />

liegt mit e<strong>in</strong>em positiven Vorhersagewert (positive predictive value) von 99% e<strong>in</strong>e Ger<strong>in</strong>nungsstörung vor*<br />

Überweisen Sie Verdachts-Patienten an e<strong>in</strong> auf Ger<strong>in</strong>nungsstörungen spezialisiertes Kompetenzzentrum (Hämophiliebehandlungszentrum).<br />

Dort wird die kl<strong>in</strong>ische Diagnose gestellt.<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Service-Seite www.netzwerk-von-willebrand.<strong>de</strong> steht Ihnen e<strong>in</strong> umfassen<strong>de</strong>s Verzeichnis aller <strong>de</strong>utschen Behandlungszentren<br />

zur Verfügung. Dort f<strong>in</strong><strong>de</strong>n Sie auch weitere Informationen zu Diagnose und Therapie <strong>de</strong>s von-<strong>Willebrand</strong>-Syndroms<br />

und können Service-Materialien anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Haben Sie weiteren Informationsbedarf? Bitte schreiben Sie uns über aerzte@netzwerk-von-willebrand.<strong>de</strong> e<strong>in</strong>e E-Mail o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

rufen Sie unsere wissenschaftliche Hotl<strong>in</strong>e an. Unter 069/305-84437 s<strong>in</strong>d wir für Sie erreichbar.<br />

*Koscielny J. et al. Hämostaseologie 2007; 27: 177-184<br />

In Zusammenarbeit mit<br />

Berufsverband <strong><strong>de</strong>r</strong> Frauenärzte e.V.


Interview<br />

März 2009<br />

35<br />

Bildnachweis: picture-alliance/chromorange<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong>e Verantwortung, <strong>de</strong>nn Schwangere<br />

vertrauen <strong>in</strong> hohem Maße darauf, dass<br />

„ihr“ Gynäkologe alles tut, um mögliche<br />

Risiken auszuschließen.<br />

Fallstricke gilt es <strong>in</strong>sbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Erfassung e<strong>in</strong>er<br />

Menorrhagie zu berücksichti-<br />

?<br />

Welche<br />

gen?<br />

Das Problem bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Menorrhagie ist,<br />

dass die Betroffenen ke<strong>in</strong> Krankheitsbewusstse<strong>in</strong><br />

haben und die Länge und<br />

Dauer ihrer Perio<strong>de</strong>nblutung für normal<br />

halten. Grund hierfür ist, dass sich<br />

die Mädchen und Frauen an weiblichen<br />

Vorbil<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Familie<br />

orientieren. Es ist für sie also<br />

ganz normal, wenn die Menstruation<br />

länger als vier, fünf Tage<br />

dauert und B<strong>in</strong><strong>de</strong>n und Tampons<br />

sehr häufig gewechselt wer<strong>de</strong>n<br />

müssen. Daher ist es auch<br />

sehr unwahrsche<strong>in</strong>lich, dass<br />

<strong>Patient<strong>in</strong>nen</strong> ihre Beschwer<strong>de</strong>n<br />

beim Frauenarzt aktiv ansprechen.<br />

Die Frage <strong>de</strong>s Arztes, ob<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Perio<strong>de</strong> alles „normal“<br />

ist, wer<strong>de</strong>n die <strong>Patient<strong>in</strong>nen</strong><br />

meistens mit „ja“ beantworten,<br />

und so bleibt die Menorrhagie<br />

unent<strong>de</strong>ckt. Empfehlenswerter<br />

ist es daher, aktiv und konkret<br />

nachzuhaken: Wie lange dauert<br />

die Perio<strong>de</strong>, wie viele B<strong>in</strong><strong>de</strong>n<br />

und Tampons brauchen Sie<br />

am Tag? Gibt die Patient<strong>in</strong> an,<br />

sich während <strong><strong>de</strong>r</strong> Menstruation<br />

arbeitsunfähig zu mel<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

nicht <strong>in</strong> die Schule zu gehen,<br />

weil sie sich wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> starken<br />

Blutung nicht aus <strong>de</strong>m Haus<br />

traut, sollte <strong>de</strong>m unbed<strong>in</strong>gt<br />

nachgegangen wer<strong>de</strong>n. E<strong>in</strong>e<br />

lange und <strong>in</strong>tensive Monatsblutung<br />

seit Menarche weist – nach<br />

Ausschluss organischer Ursachen – mit<br />

hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit speziell auf<br />

das von-<strong>Willebrand</strong>-Syndrom h<strong>in</strong>.<br />

?<br />

<strong>Von</strong> Gynäkologen hört man oft,<br />

dass sie ke<strong>in</strong>e von-<strong>Willebrand</strong>-<br />

<strong>Patient<strong>in</strong>nen</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Praxis</strong> haben<br />

bzw. diese <strong>Patient<strong>in</strong>nen</strong> durch das<br />

Rout<strong>in</strong>e-Screen<strong>in</strong>g auffallen. Teilen<br />

Sie diese E<strong>in</strong>schätzung?<br />

Schön, wenn es so wäre. So e<strong>in</strong>fach<br />

ist es aber lei<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht. Schwere Koagulopathien<br />

und Patienten mit von-<br />

<strong>Willebrand</strong>-Syndrom Typ 3 wer<strong>de</strong>n<br />

durch die Rout<strong>in</strong>e-Parameter aPTT<br />

und Quick erfasst, e<strong>in</strong> mil<strong>de</strong>s von-<strong>Willebrand</strong>-Syndrom<br />

aber nicht. So kann<br />

die aPTT häufig falsch positiv se<strong>in</strong>; umgekehrt<br />

ist e<strong>in</strong>e normale aPTT ke<strong>in</strong> Garant<br />

dafür, dass ke<strong>in</strong>e Ger<strong>in</strong>nungsstörung<br />

vorliegt. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die leichten<br />

Formen <strong>de</strong>s von-<strong>Willebrand</strong>-Syndroms<br />

wer<strong>de</strong>n durch die aPTT, Quick und<br />

Thrombozytenzahl nicht verlässlich erfasst.<br />

Bei e<strong>in</strong>er geschätzten Prävalenz<br />

von etwa e<strong>in</strong> Prozent ist es daher sehr<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich, dass e<strong>in</strong> Gynäkologe<br />

von-<strong>Willebrand</strong>-<strong>Patient<strong>in</strong>nen</strong> betreut<br />

– und die Erkrankung noch nicht diagnostiziert<br />

wor<strong>de</strong>n ist.<br />

?<br />

Wenn Screen<strong>in</strong>gtests ke<strong>in</strong>e<br />

richtungsweisen<strong>de</strong>n diagnostischen<br />

Werkzeuge s<strong>in</strong>d, auf welche<br />

Weise kann <strong><strong>de</strong>r</strong> Arzt Verdachtsfälle<br />

erkennen?<br />

Seit 1999 empfehlen Fachgesellschaften<br />

e<strong>in</strong>e gezielte und standardisierte<br />

Anamnese. Sie ist am besten geeignet,<br />

um mögliche Ger<strong>in</strong>nungsstörungen<br />

zu erkennen und im Vorfeld von Operationen<br />

Blutungs-Risikokandidaten<br />

„herauszufischen“. Seit kurzem gibt es<br />

e<strong>in</strong>en neuen Anamnesebogen, <strong><strong>de</strong>r</strong> an<br />

mehr als 5 000 Patienten getestet wur<strong>de</strong><br />

und erstmals e<strong>in</strong>e standardisierte<br />

Auswertung erlaubt. <strong>Von</strong> diesen Ergebnissen<br />

aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Kl<strong>in</strong>ik können nun auch<br />

nie<strong><strong>de</strong>r</strong>gelassene Ärzte profitieren. E<strong>in</strong>e<br />

umfassen<strong>de</strong> Ger<strong>in</strong>nungsdiagnostik ist<br />

nur noch im positiven Verdachtsfall nötig.<br />

Die Diagnostik selbst sollte besser<br />

von e<strong>in</strong>em auf Ger<strong>in</strong>nungsstörungen<br />

spezialisierten Zentrum durchgeführt<br />

wer<strong>de</strong>n, das über entsprechend umfassen<strong>de</strong><br />

Laborausstattung verfügt.<br />

?<br />

Welche<br />

Nasenbluten kann e<strong>in</strong> erstes Zeichen für das von-<strong>Willebrand</strong>-Syndrom se<strong>in</strong>.<br />

therapeutischen Behandlungsmöglichkeiten<br />

gibt es?<br />

Abhängig vom Schweregrad e<strong>in</strong>er<br />

Menorrhagie können Hormone,<br />

Desmopress<strong>in</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

e<strong>in</strong> Plasmakonzentrat mit<br />

e<strong>in</strong>em Komplex aus von-<br />

<strong>Willebrand</strong>-Faktor und<br />

Blutger<strong>in</strong>nungsfaktor VIII<br />

e<strong>in</strong>gesetzt wer<strong>de</strong>n. Die Supplementation<br />

mit Eisen ist <strong>in</strong><br />

je<strong>de</strong>m Fall obligat. E<strong>in</strong>e Hormonbehandlung<br />

ist mit oralen<br />

Kontrazeptiva o<strong><strong>de</strong>r</strong> e<strong>in</strong>er<br />

hormonbeschichteten Spirale<br />

möglich. Bei<strong>de</strong>s schwächt die<br />

Aktivität <strong><strong>de</strong>r</strong> Gebärmutterschleimhaut<br />

und reduziert so<br />

die Blutung. Desmopress<strong>in</strong><br />

(DDAVP) wird bei Bedarf (on<br />

<strong>de</strong>mand) verabreicht und ist<br />

<strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Nasensprays zur<br />

bequemen Selbstanwendung<br />

verfügbar (Octostim ® Dosierspray).<br />

Bei Geburten und vor<br />

Operationen kann Desmopress<strong>in</strong><br />

auch als Kurz<strong>in</strong>fusion<br />

(M<strong>in</strong>ir<strong>in</strong> ® parenteral) gegeben<br />

wer<strong>de</strong>n, um Nachblutungen<br />

zu vermei<strong>de</strong>n. Wichtig ist<br />

allerd<strong>in</strong>gs, dass die Wirkung<br />

m<strong>in</strong><strong>de</strong>stens sieben Tage vor e<strong>in</strong>em<br />

operativen E<strong>in</strong>griff bzw.<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Entb<strong>in</strong>dung getestet wird. Non Respon<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

sollten auf Plasmakonzentrate<br />

ausweichen. <strong>Patient<strong>in</strong>nen</strong> mit schwerer<br />

Blutungsneigung sollten generell Plasmakonzentrate<br />

erhalten, also sowohl<br />

zur Behandlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Menorrhagie als<br />

auch zur Vermeidung von Nachblutungen<br />

bei Geburten und Operationen.<br />

Uta Schmidt, Düsseldorf<br />

Hier erhalten Sie <strong>de</strong>n Fragebogen zur<br />

E<strong>in</strong>schätzung <strong>de</strong>s Blutungsrisikos:<br />

Service-Faxnummer 0 211 / 516 045-129

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