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Vorwort zum Bestand 330 Melsungen - Hessisches Archiv ...

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<strong>Vorwort</strong> <strong>zum</strong> <strong>Bestand</strong> <strong>330</strong> <strong>Melsungen</strong><br />

(Stand: 1.10.2008)<br />

<strong>Melsungen</strong> war seit dem Mittelalter Sitz eines Amtes und hat als Marktort, Handels- und<br />

Gewerbeplatz durchaus eine Rolle gespielt. Seit 1821 war <strong>Melsungen</strong> Kreisstadt, bis es<br />

diese Funktion am 1.1.1974 abgeben mußte und im Zuge der Gebiets- und<br />

Verwaltungsreform der siebziger Jahre dieses Jahrhunderts Teil des neugebildeten<br />

Schwalm-Eder-Kreises mit Verwaltungssitz in Homberg wurde. Durch die Eingliederung<br />

der sieben ehemals selbständigen Gemeinden Adelshausen, Günsterode, Kehrenbach,<br />

Kirchhof, Obermelsungen, Röhrenfurth und Schwarzenberg im Zuge eben dieser<br />

Gebietsreform zwischen 1970 und 1973 konnte die Stadt ihre Gemarkungsfläche<br />

vervierfachen. Das von der Stadt <strong>Melsungen</strong> übernommene Schriftgut der früheren<br />

Gemeinden Kehrenbach, Kirchhof, Röhrenfurth und Schwarzenberg wird jeweils als<br />

gesonderter Provenienzbestand im Gesamtbestand <strong>330</strong> <strong>Melsungen</strong> erschlossen, während<br />

für Adelshausen, Günsterode und Obermelsungen keine schriftliche Überlieferung<br />

ermittelt werden konnte.<br />

Verfassung und Verwaltung der Stadt<br />

Neben dem seit 1379 ständigen Rat aus 12 Schöffen, aus denen jährlich 2 Bürgermeister<br />

gewählt wurden, gab es in <strong>Melsungen</strong> als Vertretung der Gemeinde einen Ausschuß oder<br />

Unterrat von ebenfalls 12 Personen, von denen 2 Gemeindevormünder bzw. Gemeindeoder<br />

Unterbürgermeister waren. Die städtischen Kämmereirechnungen führen demnach<br />

oft vier Bürgermeister auf. Durch einen Erlaß des landesherrlichen Steuerkollegiums vom<br />

14. Mai 1783 wurde die Zahl der Ratsmitglieder von zwölf auf sechs herabgesetzt.<br />

Eingeschlossen waren Bürgermeister und Vizebürgermeister. Spätestens seit dem 16.<br />

Jahrhundert schlug der Gemeindeausschuß vier Ratsmitglieder vor, aus denen der<br />

Landgraf einen <strong>zum</strong> Bürgermeister bestimmte. Durch eine Verfügung vom 26. Dezember<br />

1786 ging die Leitung der Bürgermeisterwahl definitiv auf einen landesherrlichen<br />

Beamten (Amtmann, Schultheiß oder Rentmeister) über. Nicht nur der Rat der Stadt war<br />

im Laufe der Jahrhunderte verkleinert worden, auch der Unterrat oder Ausschuß bestand<br />

seit 1786 nur noch aus sechs (bisher 12) Personen.<br />

Nachgeordnet in der Verwaltung der Stadt sind Stadtschreiber, Stadtknecht, der die<br />

polizeilichen Aufgaben zu versehen hatte, ein Stadtförster, zwei Braumeister, Torwächter<br />

und Turmmann. Nach der Zwischenperiode des Königreichs Westphalen, in dem der<br />

Bürgermeister nach französischem Vorbild <strong>zum</strong> Cantons-Maire, der Stadtaktuar <strong>zum</strong><br />

Mairie-Sekretär wurden, kam es mit der Einführung der kurhessischen Gemeindeordnung<br />

vom 23.10.1834 zu einer grundlegenden Neuordnung im Sinne gemeindlicher<br />

Selbstverwaltung. Die stimmfähigen Ortsbürger wählten einen Gemeinde- oder<br />

Bürgerausschuß, aus dem wiederum Stadtrat und Bürgermeister gewählt wurden.<br />

Der Übergang Kurhessens an Preußen ließ zunächst die kurhessische Gesetzgebung im<br />

Bereich von Stadt- und Gemeindeverwaltung unverändert. Durch die Städteordnung für<br />

die preußische Provinz Hessen-Nassau vom 4.8.1897 wurde die Selbstverwaltung<br />

eingeführt, Strukturen, die sich noch heute erhalten haben. Alle männlichen Bürger der<br />

Stadt, die über 24 Jahre alt sind und ein Haus besitzen, wählen für sechs Jahre 18<br />

Stadtverordnete. Der Bürgermeister, der für 12 Jahre gewählt wurde, führt die<br />

Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung als exekutives Organ aus. Beigegeben<br />

sind ihm der Magistrat, der auf sechs Jahre gewählt wurde. Auf die Veränderungen nach<br />

dem Ende des 2. Weltkrieges braucht an dieser Stelle nicht eingegangen zu werden, da<br />

die Bestände des deponierten Stadtarchivs nur selten über 1945 hinausreichen.<br />

Bürgermeister<br />

Die Namen der Bürgermeister, Gemeindebürgermeister, Ratsherren und<br />

Ausschußmitglieder bis 1921 sind, soweit bekannt, bei L. Armbrust (Geschichte der Stadt<br />

<strong>Melsungen</strong>, 2.Aufl., <strong>Melsungen</strong> 1921, S.168ff.) aufgeführt.<br />

1


Hier genügt es daher, die Liste der Bürgermeister bis <strong>zum</strong> heutigen Tag fortzuführen:<br />

1906 - 1927 Otto Gleim<br />

1927 - 1945 Dr. Otto Schmidt<br />

1945 - 1957 Christian Bitter<br />

1957 - 1969 Otto Dannenberg<br />

seit 1969 Dr. Erhart Appell<br />

Registratur<br />

Die Schriftgutüberlieferung der Stadt in Form von Akten und Amtsbüchern ist in<br />

reichlichem Maße vorhanden. Ältere Ordnungspläne, Verzeichnisse oder Repertorien<br />

fehlten. Aus dem Ende des 18. Jahrhunderts liegt ein Repertorium über die<br />

Stadtregistratur vor, die im Rathaus aufbewahrt wurde. Dieses Repertorium ist in drei<br />

Registraturen, die wiederum mehrfach untergliedert sind, eingeteilt (A 62).<br />

1822 wurde durch die kreisrätliche Verwaltung eine "Instruktion zur Einrichtung der<br />

Registraturen in den Städten des Kreises" geschaffen. Diese Instruktion sah eine<br />

Dreiteilung in eine Registratur für abgelegte Akten, eine für dauernd aufzubewahrende<br />

Akten und eine für die laufende Verwaltung vor. Für die laufenden Registraturen der<br />

kurhessischen Städte wurde ein einheitlicher Plan vorgeschrieben, der sich eng an den<br />

1821 für die Kreisämter erlassenen Einheitsregistraturplan anlehnte. Zwölf mit<br />

Großbuchstaben versehene Hauptgruppen gliedern sich in Gefache, die mit römischen<br />

Zahlen bezeichnet wurden:<br />

A. Die Stadt im allgemeinen betr. Gegenstände<br />

Gef. I<br />

B. Hoheitssachen<br />

Gef. II Gesetzgebung<br />

Gef. III Aufnahme und Entlassung von Untertanen<br />

Gef. IV Dispensationen<br />

Gef. V Gnadensachen<br />

C. Militärsachen<br />

Gef. VI Personal<br />

Gef. VII Material<br />

D. Schul- und sonstige Erziehungssachen<br />

Gef. VIII<br />

E. Kirchen- und sonstige Religionssachen<br />

Gef. IX<br />

F. Gewerbe- und Ackerbausachen<br />

Gef. X Gewerbesachen<br />

Gef. XI Ackerbausachen<br />

G. Wege- und Brückenbau<br />

Gef. XII<br />

H. Judensachen<br />

Gef. XII<br />

I<br />

J. Polizeisachen<br />

Gef. XIV Öffentliche und allgem. Sicherheitspolizei<br />

Gef. XV Lokalpolizei<br />

Gef. XVI Feuerpolizei<br />

Gef. XVII Gesundheits- und Bevölkerungspolizei, Sitten- und Religionspolizei<br />

Gef. XVIII Polizeikommissionssachen<br />

K. Sachen öffentlicher Anstalten<br />

Gef. XIX<br />

L. Gemeindesachen<br />

Gef. XX Allgem. Gegenstände, Bürgeraufnahme, Dienerbestellung, Prozesse<br />

Gef. XXI Gemeindeeinnahmen und -ausgaben, Vermögen<br />

Gef. XXII Gemeinderechnungswesen<br />

2


Gef. XXIII Erhebungen und Ausgaben, die nicht die ganze Gemeinde betreffen<br />

M. Finanzsachen<br />

Gef. XXIV/XXV<br />

Dieses 12-teilige Repertorium war wohl bis 1850 gültig und in Gebrauch. Auf den<br />

<strong>Archiv</strong>alien aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts finden sich häufig Signaturen<br />

in der Form A I 10 oder LXX 15. Etwa in der Mitte des vorigen Jahrhunderts begann man<br />

in <strong>Melsungen</strong> mit einer Neuverzeichnung der eigentlichen Stadtregistratur, die in 13<br />

Reposituren gegliedert war und deren Einzelrepertorien als Amtsbuchserie A 63<br />

aufgestellt wurden:<br />

Rep. A: Allgemeine Sachen<br />

Rep. B: Gemeindeangelegenheiten<br />

Rep. C: Landeshoheitssachen<br />

Rep. D: Kirchensachen<br />

Rep. E: Schulsachen<br />

Rep. F: Militärsachen<br />

Rep. G: Polizeisachen<br />

Rep. H: Anstalten, Stiftungen, Armenwesen<br />

Rep. I: Zunft- und Gewerbesachen<br />

Rep. K: Finanzsachen<br />

Rep. L: Landwege- und Brückenbau<br />

Rep. M: Wasserbau<br />

Rep. N: Landwirtschaftliche Sachen<br />

Innerhalb der jeweiligen Rubrik wurden die jeweiligen Aktenbände nach Nummern<br />

durchgezählt, z.B. Nr. 14. Dieser Aktenplan dürfte bis <strong>zum</strong> Jahre 1903 in Gebrauch<br />

gewesen sein, denn von nun ab finden sich auf den städtischen Altakten andere<br />

Signaturen, z.B. I A 1, wobei die römische Ziffer die Hauptgruppe, der Buchstabe die<br />

Unterabteilung und die arabische Ziffer die Aktenstufe bezeichnen.<br />

Zu diesem Registraturschema liegt uns der Aktenplan aus dem Jahr 1903 (A 62) vor, der<br />

<strong>zum</strong> ersten Mal General- und Spezialakten unterscheidet und jeweils in 17 Hauptgruppen<br />

untergliedert ist. Bis <strong>zum</strong> Jahre 1928 ist dieser Aktenplan in Gebrauch gewesen, bis er<br />

durch ein Aktenverzeichnis ersetzt wurde, das sich aus den Hauptgruppen A - G<br />

zusammensetzte. Zur besseren Orientierung und Übersichtlichkeit wies man jeder<br />

Hauptgruppe eine besondere Farbe zu, denn bei der städtischen Registratur handelte es<br />

sich jetzt weitgehend um Schnellhefter- und Stehordnerakten. Innerhalb der einzelnen<br />

durch Buchstaben gekennzeichneten Hauptgruppe erfolgte die Gliederung bereits nach<br />

der Dezimalklassifikation. Es finden sich nun Aktenzeichen, wie etwa B - 05 - 01. Dieser<br />

Aktenplan hatte seine Gültigkeit bis etwa 1950 und ist also somit auch für die neueren<br />

Altakten des Depositums der Stadt im Staatsarchiv gültig gewesen.<br />

Oberzunftamt <strong>Melsungen</strong><br />

Zusammen mit dem Schriftgut der Stadt <strong>Melsungen</strong> gelangten auch Altakten nicht<br />

städtischer Provenienz in das Staatsarchiv. In größerem Umfange finden sich Unterlagen<br />

aus der Registratur des Oberzunftamtes über die Verwaltung der Zünfte sowie über<br />

Handels- und Gewerbeangelegenheiten aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts.<br />

Durch die kurhessische Zunftordnung vom 5.3.1816 wurden Oberzunftämter eingerichtet,<br />

die die Aufsicht über die Zünfte und die Zunftgerichtsbarkeit auszuüben hatten. Zunächst<br />

teilten sich die Leitung des Oberzunftamtes in den Städten der Justizbeamte und der<br />

jeweilige Bürgermeister.<br />

Durch die Umbildung der hessischen Staatsverwaltung durch Verordnung vom 29.6.1821<br />

trat in der Leitung der Behörde anstelle des Justizbeamten der Kreisrat, dem aber auch<br />

weiterhin der Bürgermeister zugeordnet blieb. Durch das Gesetz über die<br />

Polizeiverwaltung vom 29.10. 1848 wurde die Tätigkeit der Oberzunftämter erneut<br />

geregelt und verändert. Gerichtliche Funktionen gingen jetzt in erster Linie wieder an den<br />

Justizbeamten mit Hinzuziehung des Bürgermeisters über, die Verwaltungsaufgaben<br />

oblagen dem Bürgermeister unter Mitbeteiligung des Justizbeamten. Die Zunftämter<br />

3


estanden in dieser Aufgabengliederung nach dem Übergang Kurhessens an Preußen<br />

weiter, wurden dann aber aufgrund der Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund<br />

vom 21.6.1869 aufgehoben. Ihre Funktionen wurden den Gemeindebehörden<br />

übertragen. Damit ging auch ihr Schriftgut auf die Stadtverwaltung über. Die Akten des<br />

ehemaligen Oberzunftamtes wurden dann endgültig in die städtische Registratur<br />

eingegliedert.<br />

Übernahme in das Staatsarchiv<br />

Die älteren Amtsbücher und Akten des <strong>Bestand</strong>es gelangten in großen Ablieferungen<br />

1892, 1895, 1897, 1902 und 1904 in das Staatsarchiv. Ein im Jahre 1921 angelegtes<br />

handschriftliches Verzeichnis diente bisher als Findmittel und unterschied zwischen<br />

gebundenen <strong>Archiv</strong>alien (Amtsbüchern), älterem <strong>Archiv</strong>, neuerem <strong>Archiv</strong> und Akten nicht<br />

stadträtlicher Provenienz (u.a. Oberzunftamt). Das in diesem Übersichtsverzeichnis<br />

aufgeführte Schriftgut reicht bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts. Die <strong>Archiv</strong>alien<br />

waren nach Sachgebieten zusammengefaßt, nicht etwa einzeln verzeichnet. Erst die<br />

hessische Gebiets- und Verwaltungsreform 1970er Jahre führte erneut zu großen<br />

Ablieferungen in den Jahren 1982 und 1983, wobei nun nach vorheriger Aussonderung in<br />

<strong>Melsungen</strong> das zeitlich anschließende Schriftgut nach 1850 zur Ablieferung an das<br />

Staatsarchiv gelangte.<br />

Neuordnung in Staatsarchiv<br />

Die großen Ablieferungen der Jahre 1982 und 1983, die ohne Ablieferungsverzeichnisse<br />

in das Staatsarchiv gelangt waren, führten nun zu Überlegungen, wie das gesamte hier in<br />

Hause deponierte Schriftgut der Stadt <strong>Melsungen</strong> neu geordnet und verzeichnet werden<br />

könne. Die große Anzahl vorhandener Amtsbücher - das älteste Amtsbuch ist eine<br />

Hospitalsrechnung aus dem Jahre 1534 - erforderte eine strikte Trennung des Amtsbuchund<br />

des Aktenbestandes. Nach archivischen Ordnungsprinzipien wurden<br />

zusammengehörende Amtsbücher serienmäßig erfaßt, ohne daß das einzelne Amtsbuch<br />

verzeichnet wurde. Jede Amtsbuchserie ist durch ein der laufenden Seriennummer<br />

vorangestelltes A gekennzeichnet. Das gesamte Aktenschriftgut wurde einzeln<br />

verzeichnet, wobei jedem Aktenband eine einzelne Nummer gegeben wurde. Zur<br />

Unterscheidung von den Amtsbuchserien wurde jeweils ein B vor die entsprechende<br />

Signatur vorgestellt.<br />

Die Erschließung von Nachträgen und späteren Ablieferungen erfolgt nunmehr direkt in<br />

der <strong>Archiv</strong>datenbank HADIS.<br />

Quellen:<br />

Hess. Staatsarchiv Harburg:<br />

156e 1294<br />

Geschäftsakten K <strong>Melsungen</strong> 7<br />

<strong>330</strong> <strong>Melsungen</strong> A 62, A 63, A 84, B 2802, B 2619, B 2933<br />

Literatur:<br />

Armbrust, Ludwig: Geschichte der Stadt <strong>Melsungen</strong>, 2.Aufl., <strong>Melsungen</strong> 1921<br />

Eckhardt, Wilhelm A.: Das Stadtarchiv <strong>Melsungen</strong> im Staatsarchiv Harburg, in: Mitt. d.<br />

Vereins f. hess. Gesch. NF 20, 1990, S.2ff.<br />

Schmidt, Jürgen: <strong>Melsungen</strong>, Die Geschichte einer Stadt, <strong>Melsungen</strong> 1978<br />

[vgl. Einleitung <strong>zum</strong> veröffentlichten Findbuch von A. Sieburg, 1996]<br />

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