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Camposanto in Halle - Stadt Halle (Saale)

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Der hallesche<br />

<strong>Stadt</strong>gottesacker<br />

Friedhöfe s<strong>in</strong>d Orte der Stille. Sie stehen nur selten im<br />

Zentrum öffentlichen Interesses. Der vor fast 500 Jahren<br />

angelegte <strong>Stadt</strong>gottesacker aber zählt heute zu den<br />

wichtigsten Sehenswürdigkeiten <strong>Halle</strong>s und hat sich<br />

diesen Charakter doch bewahrt. Se<strong>in</strong>e architektonische<br />

und baukünstlerische Gestaltung ist e<strong>in</strong>malig <strong>in</strong> Europa.<br />

In den Grabanlagen ruhen Männer und Frauen, die den<br />

Namen der <strong>Saale</strong>stadt <strong>in</strong> aller Welt bekannt gemacht<br />

haben. Unter ihnen August Hermann Francke, der<br />

Begründer der berühmten Schulanstalten (Bogen 80/81),<br />

der Universalgelehrte Christian Thomasius (Bogen 10)<br />

und der Vater des Komponisten Georg Friedrich Händel,<br />

des wohl berühmtesten Bürgers der <strong>Stadt</strong> (Bogen 60).<br />

Zeittafel<br />

1529 Aufhebung der Friedhöfe an den Kirchen <strong>in</strong> der<br />

<strong>Stadt</strong> und Errichtung e<strong>in</strong>es allgeme<strong>in</strong>en Gottesackers vor<br />

der östlichen <strong>Stadt</strong>mauer<br />

1558 – 1590 Unter Leitung des <strong>Stadt</strong>baumeisters Nickel<br />

Hoffmann (etwa 1502 bis 1592) wird e<strong>in</strong>e Grabbogen-<br />

Anlage errichtet<br />

1721 und 1835/36 Erweiterung des <strong>Stadt</strong>gottesackers<br />

nach Norden und Süden; im späten 19. Jh. Rückbau zum<br />

<strong>Stadt</strong>park<br />

<strong>Camposanto</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Halle</strong><br />

Der <strong>Stadt</strong>gottesacker<br />

1945 Bei Luftangriffen werden 31 Grabbögen und der<br />

Torturm zerstört oder schwer beschädigt; bis 1990 – trotz<br />

Engagement von Bürger<strong>in</strong>itiativen – weitgehender Verfall<br />

der Gesamtanlage<br />

1991 – 2003 Beg<strong>in</strong>n der Restaurierung. Die umfangreichen<br />

Mittel der von Dr. Marianne Witte errichteten Stiftung<br />

<strong>Stadt</strong>gottesacker <strong>Halle</strong> – <strong>in</strong>sgesamt mehr als 6 Millionen<br />

Euro – ermöglichen den Erhalt und die Rekonstruktion<br />

der gesamten Anlage. (Dank- und Gedenktafel im Torturm)


Motto<br />

AUFBLÜHEN UND STAUB WERDEN<br />

DAS IST DAS EWIGE<br />

GESETZ DER NATUR<br />

HOFFET AUF MORGENROT<br />

IM TOTENTAL<br />

HIER DIE SAAT<br />

DORT DIE ERNTE<br />

Inschrift an der<br />

westlichen Außenmauer<br />

Entstehung<br />

Der Christ des Mittelalters glaubte, dass ihm e<strong>in</strong> Grab vor<br />

dem Altar, auf jedem Fall dicht an der Kirche die Auferstehung<br />

zum ewigen Leben garantieren würde. Luther<br />

hat gegen diese Auffassung gestritten und praktische<br />

Ärzte, auch Gelehrte machten auf die gesundheitlichen<br />

Gefahren aufmerksam, die von den zahlreichen engen<br />

und übervollen Friedhöfen mitten <strong>in</strong> der <strong>Stadt</strong> ausg<strong>in</strong>gen.<br />

Die Seuche „Englischer Schweiß“ (epidemisches, meist<br />

tödlich verlaufendes Fieber) von 1529 gab den Ausschlag,<br />

dass <strong>Halle</strong>s Ratsherren <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit Kard<strong>in</strong>al<br />

Albrecht schon im Mai des gleichen Jahres beschlossen,<br />

ohne Verzug e<strong>in</strong>en allgeme<strong>in</strong>en <strong>Stadt</strong>gottesacker auf dem<br />

Mart<strong>in</strong>sberg vor den östlichen Mauern zu errichten.<br />

Dort lag bislang e<strong>in</strong> Pestfriedhof, nun wurde er als e<strong>in</strong>er<br />

der ersten Zentralfriedhöfe Deutschlands geweiht.<br />

Mit der Errichtung der <strong>in</strong>sgesamt 515 m langen Arkadenarchitektur<br />

wurde erst 30 Jahre später begonnen.<br />

Ab 1557 spannte sich Bogen an Bogen, der 94. und Letzte<br />

im heute baumbestandenen unregelmäßigem Geviert<br />

(113 x 123 x 129 x 150 m) wurde 1594 vollendet. Ursprünglich<br />

standen <strong>in</strong> den bis zu vier Meter tiefen Grüften die<br />

Särge sichtbar auf dem Boden. Erst die hygienischen Forderungen<br />

des 19. Jh. führten 1862 zur Auffüllung der Grüfte<br />

mit Erde. Die Grabstellen waren Eigentum der <strong>Stadt</strong>.<br />

Sie konnten von Bürgern, die <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> gelebt oder sich<br />

besondere Verdienste erworben hatten, gemietet oder<br />

auch gepachtet werden. Auf herkömmliche Art, im Innenraum<br />

des <strong>Camposanto</strong>, wurde – mit gelegentlichen Unterbrechungen<br />

– bis <strong>in</strong> die erste Hälfte des 20. Jh. begraben.<br />

Seit Januar 2000 werden erneut Nutzungsrechte an Gräbern<br />

vergeben und Urnenbeisetzungen ermöglicht.<br />

Heute gibt es <strong>in</strong> den vier Grabfeldern <strong>in</strong>sgesamt etwa<br />

2000 Grabstellen.<br />

2


Grabstätten bekannter Persönlichkeiten<br />

Bogen 10: Christian Thomasius<br />

1655 – 1728, Universalgelehrter und geistiger Vater der<br />

Universität <strong>Halle</strong><br />

Bogen 12: Felicitas von Selmnitz<br />

1488 – 1558, erste bekennende Lutheraner<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>Halle</strong> und<br />

mit dem Reformator befreundet<br />

Bogen 15: August Hermann Niemeyer<br />

1754 – 1828, Kanzler und Rektor der Universität, Direktor<br />

der Franckeschen Stiftungen<br />

Der Baumeister<br />

Nickel Hoffmann (auch Niclas Hofmann oder Niclaus<br />

Hofeman geschrieben), Ste<strong>in</strong>metz und Architekt, lebte<br />

von etwa 1540 bis zu se<strong>in</strong>em Tode 1592 <strong>in</strong> <strong>Halle</strong>. Woher<br />

der damals etwa vierzigjährige Meister kam, ist nicht<br />

e<strong>in</strong>deutig belegt. Vermutlich stammte er aus Obersachsen,<br />

er hatte unter anderem <strong>in</strong> Pirna gearbeitet, wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

aber auch <strong>in</strong> Italien und dort entscheidende Anregungen<br />

erhalten. Sicher ist: Er war der erste, der im mitteldeutschen<br />

Raum Bauformen der Renaissance beherrschte<br />

und sie eigenständig weiterentwickelte, dem es gelang,<br />

Architektonisches und Dekoratives, Form und Dekor zu<br />

e<strong>in</strong>er künstlerischen E<strong>in</strong>heit zu verb<strong>in</strong>den und Schüler <strong>in</strong><br />

diesem Geist zu bilden.<br />

Auf Hoffmann, der als <strong>Stadt</strong>baumeister große kommunale<br />

Bauaufgaben leitete, geht nicht nur der Gesamtentwurf<br />

des <strong>Stadt</strong>gottesackers zurück, er schuf auch mehrere<br />

Grabbögen mit eigener Hand. E<strong>in</strong>e dieser Arbeiten (Bogen<br />

17/18) versah er mit se<strong>in</strong>em Monogramm und Ste<strong>in</strong>metzzeichen,<br />

e<strong>in</strong>em stürzenden Kreuz auf e<strong>in</strong>em langen Haken,<br />

den e<strong>in</strong> gegabelter Spieß kreuzt. Hoffmann, der sich auch<br />

als Vollender der halleschen Marktkirche, als Architekt<br />

etlicher Patrizierhäuser und öffentlicher Gebäude <strong>in</strong> der<br />

<strong>Stadt</strong> großes Ansehen erwarb, war e<strong>in</strong> deutschlandweit<br />

gefragter Mann. Von ihm stammen unter anderem die<br />

Rathäuser <strong>in</strong> den bayrischen Städten Hof (1563) und<br />

Schwe<strong>in</strong>furth (1569/71), er wirkte mit am Bau des Schlosses<br />

Hartenfels <strong>in</strong> Torgau an dem der sächsischen Augustusburg<br />

… Se<strong>in</strong> Ruhm, se<strong>in</strong>e kunstgeschichtliche Bedeutung<br />

aber fußt auf dem halleschen <strong>Camposanto</strong>.<br />

Den E<strong>in</strong>gang zum Gottesacker versahen se<strong>in</strong>e Nachfolger<br />

mit e<strong>in</strong>em Torturm. An se<strong>in</strong>er Innenseite bef<strong>in</strong>det sich<br />

das ste<strong>in</strong>erne Reliefbild e<strong>in</strong>es bärtigen alten Mannes und<br />

darum die Inschrift „Nickel Hofeman Stei(n)metz Meister<br />

dieses Bauwes“.<br />

3<br />

Bogen 44: Johann Re<strong>in</strong>hold Forster<br />

1729 – 1798, Weltreisender, Naturforscher, auch Rektor<br />

an der halleschen Universität<br />

Bogen 47: Friedrich Hoffmann<br />

1660 – 1742, Arzt, Professor der Mediz<strong>in</strong>, erfand<br />

volksbekannte Arzneien<br />

Bogen 60: Georg Händel<br />

Vater des Komponisten Georg Friedrich Händel und<br />

weitere Mitglieder der Familie<br />

Bogen 80/81: August Hermann Francke<br />

1663 –1727, Theologe, Sprachwissenschaftler und<br />

Pädagoge, gründete 1698 die späteren<br />

„Franckeschen Stiftungen",<br />

bis 1727 deren Direktor<br />

15<br />

12<br />

10<br />

44<br />

47<br />

80<br />

81<br />

EINGANG<br />

60<br />

4


STADTGOTTESACKER<br />

Öffnungszeiten<br />

Januar, Februar und November: 8.00 – 17.00 Uhr<br />

März und Oktober: 8.00 – 18.00 Uhr<br />

April und September: 8.00 – 19.00 Uhr<br />

Mai, Juni, Juli, August: 8.00 – 20.00 Uhr<br />

Dezember: 8.00 – 16.30 Uhr<br />

AM STEINTOR<br />

MARKTKIRCHE<br />

Tourist<br />

<strong>in</strong>formation<br />

ROTER TURM<br />

Große Ste<strong>in</strong>straße<br />

FAHNENMONUMENT<br />

Magdeburger Strasse<br />

Hanser<strong>in</strong>g<br />

Volkmannstraße<br />

HÄNDEL<br />

DENKMAL<br />

RATSHOF<br />

AMTSGERICHT<br />

Rathausstraße<br />

<strong>Stadt</strong>park<br />

Wilhelm-Külz-Straße<br />

Gottesackerstraße<br />

G.-Anlauf-Straße<br />

Hanser<strong>in</strong>g<br />

STADTHAUS<br />

Leipziger Strasse<br />

KONZERTHALLE<br />

ULRICHSKIRCHE<br />

LEIPZIGER TURM<br />

RIEBECKPLATZ<br />

Waisenhausr<strong>in</strong>g<br />

Leipziger Strasse<br />

HAUPT-<br />

BAHNHOF


Der <strong>Stadt</strong>gottesacker als <strong>Camposanto</strong><br />

<strong>Halle</strong>s <strong>Camposanto</strong> (deutsch: heiliges Feld) ist nicht der<br />

e<strong>in</strong>zige Renaissancefriedhof Europas, der nach dem Vorbild<br />

des alten Begräbnisplatzes <strong>in</strong> Pisa (Italien) angelegt worden<br />

ist, aber er ist der bedeutendste. Das verdankt er vor<br />

allem se<strong>in</strong>er architektonischen Geschlossenheit und den<br />

e<strong>in</strong>maligen Verzierungen der umlaufenden Arkaden. Die<br />

wohlhabenden <strong>Halle</strong>nser, die sich hier beisetzen ließen,<br />

haben Künstler und Bauhandwerker beauftragt, die es<br />

vermochten, der Individualität dieser Patrizier und<br />

Gelehrten auch im Tode Ausdruck zu verleihen. Jeder<br />

Grabbogen und jeder der sie vone<strong>in</strong>ander abgrenzenden<br />

Pfeiler und Pilaster unter dem geme<strong>in</strong>samen hohen<br />

Satteldach ist reich geschmückt mit Blatt- und Rankenornamenten.<br />

Und ke<strong>in</strong>er gleicht dem anderen. Vorbild<br />

der Ste<strong>in</strong>metze und Bildhauer waren u. a. die Kupferstiche<br />

des Westfalen He<strong>in</strong>rich Aldegrever. Symbole des christlichen<br />

Glaubens und mythologische Zeichen fehlen nicht.<br />

Ins Bild gesetzt s<strong>in</strong>d auch Figuren und phantastische<br />

Gestalten, dazu kommen Familienwappen. Die <strong>in</strong> den<br />

Sandste<strong>in</strong> gehauenen Worte beider Testamente s<strong>in</strong>d <strong>in</strong><br />

late<strong>in</strong>ischer, doch meist bereits <strong>in</strong> deutscher Sprache<br />

geschrieben, denn <strong>Halle</strong> war auch Luthers <strong>Stadt</strong>.<br />

E<strong>in</strong>st war jede Gruft mit e<strong>in</strong>em Metall- oder Holzgitter<br />

abgeschlossen. Trotz vieler Verluste haben sich auf dem<br />

denkmalgeschützten Friedhof hervorragende Beispiele<br />

hallescher Kunstschmiede erhalten und <strong>in</strong> den meisten<br />

Grablegen e<strong>in</strong>drucksvolle Epitaphe aus mehreren Jahrhunderten.<br />

Die Flügel der Gesamtanlage wurden an drei Seiten<br />

durch e<strong>in</strong>e fünf bis sechs Meter hohe Mauer gesichert.<br />

Besonders aus Richtung Süden und Westen wirkt der<br />

<strong>Stadt</strong>gottesacker dadurch wie e<strong>in</strong> stark befestigtes Kastell.<br />

Der E<strong>in</strong>druck täuscht: H<strong>in</strong>ter der Mauer öffnet sich e<strong>in</strong><br />

Ort der Ruhe und Bes<strong>in</strong>nlichkeit <strong>in</strong>mitten der pulsierenden<br />

Großstadt.


Kontakte und Information<br />

<strong>Stadt</strong>market<strong>in</strong>g <strong>Halle</strong> (<strong>Saale</strong>) GmbH<br />

Gruppentourismus<br />

Tel. 0345 1227915/26<br />

Fax 0345 4723363<br />

gruppentouristik@stadtmarket<strong>in</strong>g-halle.de<br />

Tourist-Information<br />

Tel. 0345 1229984<br />

Fax 0345 1229985<br />

tourist<strong>in</strong>fo@stadtmarket<strong>in</strong>g-halle.de<br />

Marktplatz 13, Marktschlösschen<br />

06108 <strong>Halle</strong> (<strong>Saale</strong>)<br />

<strong>in</strong>fo@stadtmarket<strong>in</strong>g-halle.de<br />

www.stadtmarket<strong>in</strong>g-halle.de<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Stadt</strong>market<strong>in</strong>g <strong>Halle</strong> GmbH<br />

Fotos: Thomas Ziegler<br />

Text: Michael Pantenius<br />

Gestaltung: xio_design<br />

Druck: Druckerei Teichmann

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