Rolf Wunderer* Vom Selbst- zum Fremdvertrauen - Rainer Hampp ...
Rolf Wunderer* Vom Selbst- zum Fremdvertrauen - Rainer Hampp ...
Rolf Wunderer* Vom Selbst- zum Fremdvertrauen - Rainer Hampp ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
456 <strong>Rolf</strong> Wunderer: <strong>Vom</strong> <strong>Selbst</strong>- <strong>zum</strong> <strong>Fremdvertrauen</strong><br />
bilder sind ohne Vertrauen in diese langfristig nicht realisierbar. Offe (2001) betitelt<br />
seine Monographie z.B.: „Vertrauen – Die Grundlage des sozialen Zusammenlebens“.<br />
Charismatischen Führungskräften werden Vision, Verantwortung, Vorbild und<br />
Vertrauen zugeschrieben. In einer Schrift über den Polarforscher Ernest Shackleton<br />
(Morell/Caparell 2004) schreiben ihm seine Mitarbeiter wie heutigen Bewunderer diese<br />
Attribute zu. Besonders beeindruckte sie dessen unerschütterliches <strong>Selbst</strong>vertrauen<br />
und „Nehmerqualität“ in seinen lebensgefährlichen und teilweise auch erfolglosen Unternehmen<br />
mit seinem Expeditionsschiff „Endurance“. Auf die Bedeutung dieser bewussten<br />
Namensgebung für unser Thema gehen wir abschließend ein.<br />
2. <strong>Selbst</strong>vertrauen in Management und Märchen<br />
2.1 Überblick<br />
Außergewöhnliches <strong>Selbst</strong>vertrauen charakterisiert „Helden“ in Märchen und auch in<br />
Sagen. Diese zeigen sich oft zusätzlich bemerkenswert unabhängig vom <strong>Fremdvertrauen</strong><br />
in ihre Interaktions- bzw. Vertragspartner.<br />
Märchenhelden wollen auch Vorbilder für Kinder und Jugendliche sein. Als Identifikationsobjekte<br />
vermitteln sie durch ihr Verhalten kulturelle Werte (z.B.: „Vertraue<br />
dir selbst“, „Hilf dir selbst“, „Lass dir helfen“ oder eben auch „Helfe anderen“). Bei<br />
der Frage nach den eigenen Vorbildern nennen Jugendliche wie Erwachsene neben<br />
Stars aus verschiedenen Lebensbereichen noch häufiger altruistische Helfer. Und e-<br />
benso sind es (Er)Dulder – nicht nur im Christentum. Diese Vorbilder bilden dann<br />
einen Kern des sog. „Kindheits-Ichs“, der im „Erwachsenen-Ich“ noch weiter wirkt.<br />
Wir sehen hier einen in der Märchenforschung vernachlässigten Ansatz. Und in<br />
der Managementdiskussion kann man Märchenhelden als jugendliche Pendants zu den<br />
„Great WOmen“ der Führungspraxis und -forschung verstehen. Sie führen zwar selten<br />
andere, aber sie leben „Visionen“, zeigen <strong>Selbst</strong>vertrauen, Dulder- und Handlungskompetenzen,<br />
kompensieren physische wie professionelle Unterlegenheit durch<br />
kreative Problemlösungen sowie durch prosoziale Netzwerkbildung. Märchen könnten<br />
insoweit eine Art Führungs- und Kooperationslehre für Heranwachsende („Leadership<br />
for Kids“) bilden.<br />
Dazu zählen Antworten auf die Fragen: „Wie gehe ich mit Mächtigen um?“<br />
(„Managing the Boss“), „Was sind sinnvolle Kooperationsstrategien“ (z.B. Wechselseitigkeit<br />
in langfristigen Beziehungen), „Wie führe ich mich selbst?“ oder „Was kennzeichnet<br />
eine Person mit hohem <strong>Selbst</strong>vertrauen?“ und „Welchen Einfluss hat letzteres<br />
auf mein <strong>Fremdvertrauen</strong> und mein soziales Handeln?“<br />
Ein dafür zweckmäßiger theoretischer Ansatz dominiert heute noch die differentielle<br />
Psychologie bzw. Testpsychologie (vgl. z.B. Sarges 1995), ebenso die eigenschaftstheoretisch<br />
ausgerichtete Führungsforschung. Gerade in der Praxis beantworten<br />
Manager noch heute die Frage: „Was bestimmt den Erfolg einer Führungskraft“<br />
(Wunderer 1971) fast ausschließlich mit Persönlichkeitsmerkmalen. Ebenso werden in<br />
der empirischen Führerforschung noch immer „Traits“ im Rahmen von merkmalsorientierten<br />
Kategorisierungsansätzen in den Mittelpunkt gestellt. Dies finden wir z.B in<br />
der beliebten Suche nach dem „Excellent“ oder gar „Charismatic Leader“ (Bass/Steyrer<br />
1995) oder nach kulturellen Unterschieden zu positiv wie negativ „herausragen-