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Kein Mann der leeren Worte: Heino <strong>Büse</strong> macht lieber anstatt<br />
zu reden. Scheint etwas unmöglich, ist die Herausforderung<br />
noch größer<br />
„Ich will beruflich kürzertreten, um mehr Zeit für die<br />
Familie zu haben, zu reisen und vielleicht mal wieder<br />
Motorrad fahren.“ Der das sagt, ist kein Mann,<br />
der den Eindruck macht, als müsste er beruflich kürzertreten,<br />
kein Mann, dem man seine 65 Jahre ansieht,<br />
den man eher <strong>auf</strong> Mitte 50 schätzen würde.<br />
Der das sagt, ist kein anderer als Heino <strong>Büse</strong>, Geschäftsführer<br />
und Eigentümer der Heino <strong>Büse</strong> MX<br />
Import GmbH, einem der größten „Vollsortimenter“<br />
unter den Großhändlern Europas für Motorradbekleidung<br />
und technisches Zubehör für Motorräder.<br />
Doch <strong>Büse</strong> ist nicht nur Chef des in Roetgen bei Aachen<br />
ansässigen Unternehmens, das sich in 25 Jahren<br />
vom kleinen Einmann-Betrieb zum Großhändler<br />
mit über 30 Mitarbeitern entwickelt hat und welches<br />
heute über 3000 Händler in Deutschland, Belgien,<br />
den Niederlanden und in Luxemburg betreut. Heino<br />
<strong>Büse</strong>, Jahrgang 1944, ist einer der erfolgreichsten<br />
deutschen Endurofahrer überhaupt, der nach seinen<br />
Titeln gefragt, schon einmal nachdenken muss.<br />
Insgesamt wurde <strong>Büse</strong> zwölfmal Deutscher Meister,<br />
holte zwei Europameistertitel (die EM war vom Niveau<br />
der erst 1990 eingeführten WM gleichzusetzen),<br />
gewann die Klassen übergreifende Gesamtwertung<br />
der Six-Days <strong>auf</strong> der Isle of Man und hat in<br />
seiner Sammlung zwölf Goldmedaillen von den Six-<br />
Days liegen.<br />
Angefangen hat die sportliche Karriere dabei kurioserweise<br />
damit, dass es eben nicht ganz so losging,<br />
wie „der junge“ Heino sich das vorgestellt hatte.<br />
„Das war so Ende der 50er Jahre. Bei uns im Ort hatten<br />
wir einen Enduristen, der für die meisten von<br />
uns Jungs ein Fahrervorbild war. Mehrere Motorräder<br />
hatte der zu Haus und irgendwann stand mal zur<br />
Debatte, wer bei ihm immer ordentlich mitputzt und<br />
hilft, dem wolle er dann für ein Rennen eine 50er<br />
Maschine zur Verfügung stellen.“ Für einige der<br />
Jungs ging ein Traum in Erfüllung, Heino <strong>Büse</strong> war<br />
nicht mit von der Partie. Das war der Moment, in<br />
dem ein Charakterzug <strong>Büse</strong>s offenbar werden sollte,<br />
der sich später durch sein gesamtes Leben zog.<br />
„Ich war erst sauer, aber dann sagte ich mir: Das<br />
kann ich allein, ich mache mir das möglich und ich<br />
kann das sicher noch besser als die anderen.“<br />
Von da an wurde eisern gespart, auch von den Eltern<br />
gab es die eine oder andere Mark und wenig später<br />
stand sie da, die erste Kreidler mit Dreigang-Handschaltung<br />
und satten 50 Kubik. „Klar haben wir<br />
auch die Straßen unsicher gemacht, aber am liebsten<br />
war ich von Beginn an im Gelände unterwegs.“<br />
So wurde trainiert, geschraubt und erste Wettbewerbe<br />
wurden gefahren. Bald folgte der Kreidler eine<br />
Hercules 101. „Mit lokalen Rennen und der deutschen<br />
Meisterschaft, wo ich dann auch schon ab<br />
und an als Privatfahrer am Start war, bist du gut und<br />
gern <strong>auf</strong> 20 bis 30 Renntermine im Jahr gekommen.“<br />
Und mit der Erfahrung steigerten sich natürlich<br />
auch die Leistungen.<br />
Als es nach der Lehre zur Bundeswehr ging sollte<br />
sich dann in Sachen Motorsport schnell einiges ändern.<br />
Zwar wurde <strong>Büse</strong> nie in eine Sportfördergruppe<br />
<strong>auf</strong>genommen, aber als es in der Bundeswehrmeisterschaft<br />
<strong>auf</strong> einer alten Maico <strong>auf</strong> Anhieb ganz<br />
weit nach vorn ging, wurden die Vorgesetzten <strong>auf</strong>merksam.<br />
Kontakte zur Industrie wurden hergestellt<br />
und so kam <strong>Büse</strong> nach und nach zu immer besserem<br />
Material.<br />
1966 sollte es dann den ersten großen sportlichen<br />
Erfolg geben. <strong>Büse</strong> war in der Bundeswehrmannschaft,<br />
die in der Deutschen Enduro Meisterschaft<br />
in der Clubwertung angetreten war und konnte dort<br />
<strong>auf</strong> Anhieb die Mannschaftswertung gewinnen. Im<br />
selben Jahr ging es dann auch nach Schweden zur<br />
Six-Days, wo man ebenfalls als Clubmannschaft<br />
den Sieg einfahren konnte. „Das waren verrückte<br />
Zeiten, es war ja kalter Krieg, viele Sportler aus dem<br />
Osten waren mit am Start und wir sind als Bundeswehrmannschaft<br />
in Uniform gefahren. Die Blicke<br />
der anderen hattest du so sicher.“ Mit dem sportlichen<br />
Erfolg klopften auch die großen Hersteller bei<br />
<strong>Büse</strong> an. Jawa war damals richtig gut „und ich war<br />
<strong>auf</strong> einmal <strong>auf</strong> einer Werksmaschine der Tschechen<br />
unterwegs, mit der ich mit tschechischem Kennzeichen<br />
auch in meine deutsche Kaserne einrückte.“<br />
In die rückte <strong>Büse</strong> übrigens noch bis 1992 täglich<br />
ein. Nach dem Grunddienst hatte er verlängert,<br />
dann noch einmal zwei Jahre drangehängt und irgendwann<br />
als Berufssoldat unterschrieben. „Das<br />
war eigentlich nie mein Plan gewesen. Alles was ich<br />
wollte, war Motorrad fahren, allerdings hatte sich<br />
schnell gezeigt, dass ich bei der Bundeswehr eine<br />
berufliche Absicherung hatte, wie ich sie als Motorradprofi<br />
nie gehabt hätte, auch wenn ich damals mit<br />
dem Sport viel mehr verdiente als in meinem Beruf<br />
beim Bund.“<br />
Den Clubtiteln von 1966 folgten weitere sportliche<br />
Höhenflüge. In der Deutschen Meisterschaft war<br />
<strong>Büse</strong> immer vorn dabei und 1972 wurde ihm das erste<br />
hauseigene Produkt von Österreichs „Orangen“<br />
zur Verfügung gestellt, <strong>Büse</strong> ging mit einer 250er<br />
KTM an den Start und wurde <strong>auf</strong> Anhieb Zweiter in<br />
der Meisterschaft. 1975 konnte er dann auch den<br />
DM-Titel gewinnen und im selben Jahr fuhr er mit<br />
dem Klassengesamtsieg bei den Six-Days <strong>auf</strong> der<br />
Isle of Man einen seiner größten Erfolge ein.<br />
Doch die Erfolgsgeschichte war damit noch lange<br />
nicht zu Ende. Bei der EM schlug ein Jahr später am<br />
Ende der Saison Platz 2 zubuche, „der Stress war<br />
damals schon immens. Am Freitag raus aus der Kaserne,<br />
Rennen fahren und am Montag wieder pünktlich<br />
zum Dienst. Heute fragt man sich da schon<br />
manchmal, wie das funktionierte, aber das war wieder<br />
so eine fast unmögliche Sache, also musste ich<br />
das angehen.“<br />
1977 folgte dann der spektakuläre Wechsel von KTM<br />
zu Hercules, die schon länger an <strong>Büse</strong>s Tür gekratzt<br />
hatten. Bei den Österreichern war man ob des<br />
Wechsels etwas angesäuert und verpflichtete Motocross-Vizeweltmeister<br />
Willi Bauer, um <strong>Büse</strong> im Endurosport<br />
zu ärgern. Doch Bauer sah nicht wirklich<br />
einen Stich, gab das Unterfangen, <strong>Büse</strong> im Gelände<br />
zu schlagen, nach wenigen Rennen <strong>auf</strong>.<br />
In den folgenden Jahren wurde <strong>Büse</strong> in Serie Deutscher<br />
Meister, 1979 gab es dann von Maico das Angebot,<br />
in der großen Hubraumklasse über 500 ccm<br />
anzutreten. „Das war noch einmal etwas, was mich<br />
reizte. Die Siege in meiner Hubraumklasse waren<br />
dabei gar nicht einmal das Entscheidende, ich wollte<br />
die Overall-Wertung, weil das mit den Big-Bikes<br />
eigentlich als unmöglich galt.“ Und wieder einmal<br />
machte <strong>Büse</strong> scheinbar Unmögliches möglich, wurde<br />
<strong>auf</strong> Anhieb Deutscher Meister und Europameister.<br />
Und auch im Jahr dar<strong>auf</strong> war <strong>Büse</strong> wieder der<br />
überragende Fahrer der EM. Doch zwei Rennen vor<br />
Febr./März '10 MCE <strong>SPEZIAL</strong> 91
Saisonende kam dann ein unnötiger Sturz beim<br />
Rennen in Bergamo, das linke Handgelenk war gebrochen.<br />
Und während allerorts die Gazetten titelten<br />
„<strong>Büse</strong> schmeißt EM-Titel weg“, ging der 14 Tage<br />
später mit Spezialschiene und jeder Menge<br />
Schmerzen an den Start, wurde Tageszweiter und<br />
holte seinen zweiten EM-Titel. „Ich habe damals<br />
meine Gesundheit völlig außer Acht gelassen, ob<br />
ich das heute wieder so machen würde, weiß ich<br />
nicht. Natürlich ging es immer auch um den Sieg,<br />
meine eigentliche Motivation war aber oft, meine<br />
Kritiker verstummen zu lassen.“<br />
Die eigenen Kinder, drei sind es an der Zahl, sind<br />
übrigens nie Rennen gefahren. „Alle drei können<br />
Motorrad fahren, sie haben es von mir gelernt, aber<br />
ich hab’ es nie dr<strong>auf</strong> angelegt, dass sie irgendwann<br />
im Sport starten und ganz ehrlich, ich weiß, welche<br />
Entbehrungen ich <strong>auf</strong> mich genommen habe, deshalb<br />
war ich nie böse, dass sie nie in den Rennsport<br />
wollten.“ Schluss war 1983 auch für <strong>Büse</strong>. Mitten in<br />
der Saison hatte Maico seine Pleite verkündet. „Ich<br />
92 MCE <strong>SPEZIAL</strong> Febr./März '10<br />
Der Firmensitz der <strong>Büse</strong> MX Import GmbH in Roetgen Auch Eigenmarken wie Rocc-Helme gehören zum Angebot<br />
Die Töchter Christina und Zorika werden das Geschäft übernehmen Über 10.000 Produkte gehören zum <strong>Büse</strong>-Angebot<br />
weiß nicht, ob ich satt war, aber ich hatte auch keine<br />
Lust mehr, noch einmal woanders anzufangen, wieder<br />
zu verhandeln und mich noch einmal zu beweisen,<br />
obwohl ich sportlich gesehen damals ganz sicher<br />
nicht zum alten Eisen gehörte“, so <strong>Büse</strong>, der<br />
mit 38 Jahren, einem heutzutage fast schon salomonischen<br />
Offroadsport-Alter, den Helm endgültig an<br />
den Nagel hängte.<br />
So ganz nebenher war <strong>Büse</strong> auch noch 1976 und<br />
1977 als Berater beim damaligen Motorradbekleidungs-Hersteller<br />
Krawehl tätig. Als diese Zusammenarbeit<br />
endete, wollte sich <strong>Büse</strong> aus dieser Geschäftsbranche<br />
jedoch nicht einfach verabschieden.<br />
„Es musste doch möglich sein, etwas Ähnliches<br />
selbst <strong>auf</strong> die Beine zu stellen“, die Entscheidung<br />
stand fest, ein eigenes Geschäft, das etwas<br />
mit Motorrädern zu tun hat, musste <strong>auf</strong>gezogen<br />
werden. So begann er die heutige <strong>Büse</strong> MX Import<br />
GmbH <strong>auf</strong>zubauen. Anfangs wurde vor der Bundeswehr,<br />
in der Mittagspause und nach dem Dienst gearbeitet,<br />
1992 verabschiedete sich <strong>Büse</strong> dann von<br />
seiner L<strong>auf</strong>bahn als Berufssoldat, um sich ganz<br />
dem Aufbau der Firma zu widmen. Aus damals 500<br />
angebotenen Produkten sind heute über 16.000 geworden,<br />
das Unternehmen zählt zu den ganz großen<br />
in Europa.<br />
„Jetzt bin ich 65, ich habe hier immer noch unglaublich<br />
viel Spaß bei meiner Arbeit, aber in den kommenden<br />
Jahren möchte ich das Geschäft an meine<br />
Töchter Zorika und Christina übergeben.“ Dann soll<br />
endlich auch für Frau Christel, die über Jahre den<br />
Sport ihres Mannes und den Aufbau des Unternehmens<br />
unterstützt hat, mehr Zeit sein. „Im Moment<br />
habe ich kein eigenes Motorrad, aber sicher werde<br />
ich mir wieder eins k<strong>auf</strong>en.“ Der Rennsport ist allerdings<br />
abgehakt. Zwar könne sich <strong>Büse</strong> vorstellen,<br />
auch mal wieder Enduro zu fahren, „beweisen will<br />
und muss ich mir nichts mehr, wenn dann nur noch<br />
zum Vergnügen.“<br />
• Text: Lars Koch; Fotos: Lars Koch + privat