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Die VAcTERl – Assoziation - Hauner Journal

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| Dr. von Hau nersche s K i nderspit a l<br />

<strong>Die</strong> VACTERL <strong>–</strong><br />

<strong>Assoziation</strong><br />

Os sacrum-Fehlbildung


Dr. von Hau nersche s K i nderspit a l |<br />

Organsystem Fehlbildung Vorkommen<br />

Vertebral (V)<br />

Bogenschlussanomalien,<br />

Schmetterlingswirbel, zusätzliche oder<br />

fehlende Wirbel, Skoliose, Fehlbildungen<br />

des Os sacrums<br />

60-80%<br />

Anorektal (A)<br />

Analatresie mit oder ohne urogenitale<br />

Fehlbildungen<br />

55-90%<br />

25% mit urogenitalen<br />

Fehlbildungen<br />

Cardial (C)<br />

Vorhof - oder Ventrikelseptumdefekte,<br />

Fallot‘sche Tetralogie<br />

40-80%<br />

Tracheoösophageal (T/E)<br />

Ösophagusatresie mit tracheoösophagealer<br />

Fistel (Typ Vogt IIIb)<br />

50-80%<br />

Renal (R)<br />

Einzelniere, Hufeisenniere, Zystennieren,<br />

Ureterozele, ektoper Ureter,<br />

Ureterduplikatur<br />

50-80%<br />

Skelettal (Limb)<br />

Rippenanomalien, hypoplastischer oder<br />

aplastischer Radius oder Daumen,<br />

Polydaktylie<br />

40-50%<br />

Tabelle 1:<br />

Nathalie Kremer<br />

DefinITIon<br />

und EpIDEmioloGIE<br />

Bei der VACTERL-<strong>Assoziation</strong> (kurz:<br />

VACTERL) handelt es sich um ein komplexes<br />

Krankheitsbild, charakterisiert<br />

durch Fehlbildungen verschiedener<br />

Organsysteme, die der Erkrankung<br />

ihren Namen geben, wobei mindestens<br />

drei Organsysteme betroffen sein müssen,<br />

damit man von einer VACTERL-<br />

<strong>Assoziation</strong> sprechen kann. <strong>Die</strong>se<br />

Organsysteme sind die Wirbelsäule<br />

(V=Vertebral), der Anus (A=Anal), das<br />

Herz (C=Cardial), die Trachea (T), der<br />

Ösophagus (E=Esophageal), die Nieren<br />

(R=Renal) und die Extremitäten<br />

(L=Limb). <strong>Die</strong>se Fehlbildungen können<br />

in Ausmaß und Art sehr variieren,<br />

was die Identifikation der Patienten mit<br />

dieser <strong>Assoziation</strong> schwierig gestalten<br />

kann. <strong>Die</strong> am häufigsten beschriebenen<br />

Fehlbildungen, die bei der VACTERL-<br />

<strong>Assoziation</strong> vorkommen, sind in<br />

Tabelle 1 zusammengefasst.<br />

Den Zusammenhang zwischen den<br />

verschiedenen Fehlbildungen hat man<br />

erstmals in den siebziger Jahren des<br />

letzten Jahrhunderts beschrieben und es<br />

sind 1-9 von 100.000 Kindern betroffen.<br />

Es handelt sich bisher nicht um ein Syndrom,<br />

weil diesen Fehlbildungen nach<br />

aktuellem Wissensstand keine gemeinsame<br />

Ursache zugrunde liegt, wie z.B.<br />

ein genetischer oder ein Stoffwechseldefekt.<br />

KliniscHE pRäsenTATIon<br />

und DIAGnosTIK<br />

<strong>Die</strong> VACTERL-<strong>Assoziation</strong> ist eine klinische<br />

Diagnose. Aufgrund der immer<br />

besser werdenden pränatalen Ultraschallbildgebung<br />

gelingt es heute häufiger<br />

bereits pränatal ein oder mehrere<br />

Fehlbildungen zu identifizieren. <strong>Die</strong>s<br />

ermöglicht eine frühe Anbindung an<br />

eine kinderchirurgische Klinik für die<br />

sichere initiale Versorgung des Neugeborenen.<br />

Hinweise auf das Vorliegen der<br />

VACTERL-<strong>Assoziation</strong> sind z.B. eine<br />

fehlende Magenblase im Ultraschall<br />

nach der 18.SSW wie es bei der Ösophagusatresie<br />

der Fall ist oder ein dilatiertes<br />

Colon bei anorektalen Malformationen,<br />

beides in Verbindung mit einem Polyhydramnion.<br />

Fehlbildungen des Herzens<br />

oder der Nieren sind häufig einfacher<br />

zu diagnostizieren, sind aber im Zusammenhang<br />

mit sehr vielen Syndromen zu<br />

sehen, so dass eine pränatale Diagnose<br />

einer VACTERL-<strong>Assoziation</strong> extrem<br />

selten sicher zu stellen ist. Ein relativ<br />

spezifisches Zeichen für das mögliche<br />

Vorliegen einer VACTERL <strong>Assoziation</strong><br />

ist das Fehlen einer zweiten Nabelarterie,<br />

was bei ca. 35% der Fälle vorkommt<br />

und mit einer renalen Fehlbildung assoziiert<br />

ist.<br />

Oft genug kommt es allerdings<br />

vor, dass die Verdachtsdiagnose einer<br />

VACTERL-<strong>Assoziation</strong> erst in der Neugeborenenperiode<br />

geäußert wird. Eine<br />

anorektale Malformation fällt z.B.<br />

durch das Fehlen des Anus während<br />

der U1 auf, manchmal auch erst bei<br />

Ausbleiben des Mekoniumabgangs bei<br />

genauerer Untersuchung. Kinder mit<br />

Ösophagusatresie fallen häufig sofort<br />

auf, aufgrund respiratorischer Probleme<br />

bereits in den ersten Lebensminuten.<br />

Manchmal kann aber auch ein zyanotischer<br />

Herzfehler führend sein.<br />

Besteht der Verdacht auf das Vorliegen<br />

eines Symptomenkomplexes mit<br />

mehreren angeborenen Fehlbildungen,<br />

ist die Differentialdiagnose anderer<br />

Krankheitsbilder wichtig.<br />

Hierunter fallen allen voran die<br />

Fanconi-Anämie, bei der das Hauptunterscheidungsmerkmal<br />

Pigment- und<br />

Blutbildveränderungen sind. Aber auch<br />

das CHARGE- oder das Feingold-Syndrom<br />

sind klinisch manchmal nicht<br />

vom VACTERL zu unterscheiden. In<br />

diesen Fällen kann dann die genetische<br />

Untersuchung weiterhelfen, die eine<br />

VACTERL-<strong>Assoziation</strong> ausschließen<br />

kann.


| Dr. von Hau nersche s K i nderspit a l<br />

1<br />

2 3<br />

1 u. 2 Analatresie und Analatresie mit penoskrotaler Fistel<br />

3 Röntgenaufnahme Thorax und Abdomen ap: typisch ist das Aufrollen der nasal eingebrachten<br />

Magensonde. In diesem Fall sieht man reichlich Luft im Abdomen und in der Magenblase, was für<br />

eine untere tracheoösophageale Fistel spricht. <strong>Die</strong>s ist ein Kind, das auch eine Analatresie hat<br />

Aber auch ohne genetische Tests<br />

gelingt mithilfe einfacher diagnostischer<br />

Maßnahmen die Differentialdiagnose.<br />

So sollten bei einem Neugeborenen<br />

mit einer oder mehreren angeborenen<br />

Fehlbildungen nach Stabilisierung<br />

mit unterschiedlicher Dringlichkeit<br />

Echokardiographie, Abdomen- und<br />

Schädelsonographie, sowie Hörtests<br />

und bildgebende Untersuchungen des<br />

Skeletts erfolgen.<br />

Eine klare Diagnosestellung ist<br />

essentiell, damit die langfristige medizinische<br />

Betreuung des Kindes speziell<br />

auf das Krankheitsbild zugeschnitten<br />

erfolgen kann und die Eltern aufgeklärt<br />

werden können, was sie im Lauf des<br />

Lebens ihres betroffenen Kindes erwartet<br />

und was bezüglich eines Wiederholungsrisikos<br />

für zukünftige Geschwisterkinder<br />

zu bedenken ist.<br />

Insbesondere ist zu erwähnen, dass<br />

ZNS-Anomalien und geistige Entwicklungsverzögerungen<br />

bei VACTERL<br />

nicht vorkommen.<br />

TypiscHER fAll <strong>–</strong><br />

Das nEuGEBoREne mIT ÖsopHAGus-<br />

und AnalATREsIE<br />

Ein ganz typischer Fall ist das Neugeborene<br />

mit schaumigem Speichel aus<br />

Mund und Nase kommend, bei dem<br />

während der U1 das Fehlen eines Anus<br />

auffällt. (s. Abb. 1 u. 2)<br />

Klinisch führend ist jedoch der Speichelfluss,<br />

der häufiges Absaugen erfordert<br />

und mit einer ausgeprägten respiratorischen<br />

Beeinträchtigung einhergehen<br />

kann. <strong>Die</strong> Ursache hierfür ist das<br />

Vorliegen einer Ösophagusatresie mit<br />

tracheoösophagealer Fistel, wodurch<br />

der Speichel oder Magensekret aspiriert<br />

werden, je nach Lage der Fistel.<br />

Wenn das der Fall ist, sollte vorsichtig<br />

eine Magensonde gelegt werden,<br />

welche sich nur wenige Zentimeter problemlos<br />

vorschieben lässt. Wird dann<br />

eine a.p. Röntgenaufnahme von Thorax<br />

und Abdomen durchgeführt (s. Abb. 3),<br />

sieht man häufig die klinisch typischen<br />

Zeichen für das Vorliegen einer Ösophagusatresie:<br />

den oberen Blindsack des<br />

Ösophagus, in dem die Magensonde<br />

sich häufig aufrollt und die fehlende<br />

Magenblase (Typ Vogt II). Ist der Magen<br />

allerdings mit Luft gefüllt, spricht dies<br />

für das Vorliegen einer Fistel zwischen<br />

unterem Blindsack und Trachea (Typ<br />

Vogt IIIb), der häufigsten Variation.<br />

Das Vorliegen einer Ösophagusatresie<br />

ist wie das Vorliegen von Herzfehlern<br />

der kritischste Punkt bei der Versorgung<br />

des Neugeborenen mit VACTERL.<br />

Handelt es sich um schwere Herzfehler<br />

wie z.B. die Fallotsche Tetralogie<br />

oder große Septumdefekte, sind diese<br />

bereits oft pränatal bekannt und werden<br />

entsprechend versorgt, handelt es sich<br />

allerdings um subtilere Herzfehler, wie<br />

kleine Ventrikelseptumdefekte, können<br />

diese initial zunächst unbemerkt bleiben.<br />

Wenn der erstversorgende Pädiater<br />

das Vorliegen einer Ösophagusatresie<br />

vermutet, muss umgehend eine Kontaktierung<br />

des erfahrenen Kinderchi-


Dr. von Hau nersche s K i nderspit a l |<br />

4<br />

5 6<br />

4 Aufnahme in Columbia-Technik zur Darstellung des blind endenden Colons<br />

5 intraoperatives Bild einer PSARP: das blind endende Rektum wird nach sorgfältiger Präparation mobilisiert und im<br />

Zentrum des vorher identifizierten Sphinkterapparates fixiert, so dass ein Neoanus entsteht<br />

6 MCU-Untersuchung bei einem Patienten mit VACTERL und rezidivierenden Harnwegsinfekten, sowie sonographischer<br />

Hydronephrose beidseits: es zeigt sich ein vesikouretraler Reflux beidseits bei Ureterabgangsstenose<br />

rurgen erfolgen. <strong>Die</strong> operative Korrektur<br />

der Ösophagusatresie besteht aus<br />

einer Thorakotomie mit End-zu-End-<br />

Anastomose des Ösophagus oder einem<br />

späteren Magenhochzug als Ersatzoperation,<br />

je nach Länge der Atresie,<br />

sowie dem sorgfältigen Aufsuchen von<br />

tracheoösophagealen Fisteln und Ligatur<br />

derselben. Oft sind die Neugeborenen<br />

mit tracheoösophagealen Fisteln<br />

respiratorisch so kompromittiert, dass<br />

sie intubiert und beatmet werden müssen.<br />

Sind sie allerdings stabil und liegt<br />

keine Fistel vor, was selten der Fall ist,<br />

dann hat der Kinderchirurg Zeit und es<br />

kann die Korrekturoperation erfolgen,<br />

nachdem die Diagnostik des Kindes<br />

abgeschlossen ist.<br />

Wichtig vor Planung der Operation<br />

in allen Fällen ist die Echokardiographie<br />

des Kindes, nicht nur um einen begleitenden<br />

Herzfehler zu identifizieren und<br />

damit das Narkoserisiko abzuschätzen,<br />

sondern auch für den Operateur, der die<br />

häufig vorkommende Lageanomalie des<br />

Aortenbogens für den Operationszugang<br />

kennen muss. Bei der Ösophagusatresie<br />

haben 2,5% der Kinder einen rechtsseitig<br />

verlaufenden Aortenbogen, so dass<br />

in diesen Fällen der Zugang über eine<br />

linksseitige Thorakotomie gewählt werden<br />

muss.<br />

Zyanotische Herzfehler müssen<br />

selbstverständlich vorher korrigiert worden<br />

sein. Liegt außerdem noch eine anorektale<br />

Malformation vor, so kann unter<br />

Umständen in gleicher Sitzung mit der<br />

Korrektur der Ösophagusatresie noch<br />

eine Kolostomie erfolgen. Vorher sollte<br />

eine Röntgenaufnahme in Columbia-<br />

Technik erfolgen, wofür das Kind an<br />

Thorax und Oberschenkeln höher gelagert<br />

wird, so dass der Bauch frei hängt<br />

(s. Abb. 4).<br />

Dadurch kann sich die Luft im Darm<br />

aboral zum blinden Ende des Colons<br />

bewegen, wofür das Kind allerdings die<br />

24. Lebensstunde abgeschlossen haben<br />

sollte, damit genug Luft im Darm ist.<br />

Klebt man eine röntgendichte Markierung<br />

(z.B. ein Bleikügelchen) auf das<br />

Analgrübchen, kann man im seitlichen<br />

Strahlengang mit dieser Aufnahme<br />

ein gutes Bild davon erstellen, wie weit<br />

der Colon-Blindsack vom Analsphinkter<br />

entfernt ist. Ab einem Alter von 6<br />

Monaten erfolgt die Korrektur der anorektalen<br />

Malformation nach der Technik<br />

der posterior-sagittalen anorektalen<br />

Plastik (PSARP) (s. Abb. 5).<br />

In der Zwischenzeit müssen Nierenfehlbildungen<br />

(s. Abb. 6) abgeklärt<br />

worden sein und es sollte die Darstellung<br />

der Wirbelsäule erfolgt sein. Wirbel-<br />

oder Rippenfehlbildungen sind<br />

hierbei zwar oft kosmetisch nicht von<br />

großer Bedeutung, können aber für das<br />

heranwachsende Kind mit muskulären<br />

Schmerzen des Stützapparats oder einer<br />

Skoliose einhergehen und sollten daher<br />

bekannt sein. Wichtig ist aber vor allem<br />

die Ausbildung des Os sacrums, welches<br />

eine Aussage darüber zulässt, ob das<br />

Kind später Kontinenz erreichen kann.<br />

(s. Abb. 7, S. 32 u. Abb. 8, S 36).


| Dr. von Hau nersche s K i nderspit a l<br />

8<br />

Weitere skelettale Fehlbildungen,<br />

vor allem im Bereich des radialen<br />

Strahls sind häufig: Hier liegt eine<br />

Daumendopplung vor<br />

Prognose<br />

Durch die Vielzahl der möglichen Fehlbildungen<br />

gibt es zu Beginn des Lebens<br />

eines Kinds mit VACTERL viele komplexe<br />

Informationen und Sorgen, mit<br />

denen junge Eltern konfrontiert werden.<br />

Allerdings sind fast alle Fehlbildungen,<br />

die bei VACTERL vorkommen,<br />

auch isoliert möglich, so dass die Fehlbildungen<br />

im Einzelnen keine Besonderheiten<br />

mehr für die behandelnden<br />

Ärzte darstellen.<br />

<strong>Die</strong> einzige Besonderheit liegt im<br />

gleichzeitigen Auftreten dieser Fehlbildungen<br />

bei einem Kind, was zu Beginn<br />

des Lebens eine Reihe diagnostischer<br />

und therapeutischer Überlegungen<br />

bedeutet.<br />

Führend sind aber doch meist die<br />

Ösophagus- und Analatresien, in wenigen<br />

Fällen nur sind die Herzfehler das<br />

größte Problem.<br />

Nach der Korrektur dieser Fehlbildungen<br />

werden die Neugeborenen<br />

bei problemlosem postoperativen Verlauf<br />

oft noch im ersten Lebensmonat<br />

nach Hause entlassen und brauchen in<br />

den meisten Fällen zunächst lediglich<br />

ambulante Kontrollen.<br />

Weitere in Frage kommende Maßnahmen<br />

werden häufig erst im zweiten<br />

Lebenshalbjahr notwendig.<br />

Was die Ösophagusatresie angeht,<br />

kommt es bei einem geringen Anteil der<br />

Kinder zu langfristigen postoperativen<br />

Problemen wie gastroösophagealem<br />

Reflux oder Dysphagien, häufiger auch<br />

respiratorischen Infekten in den ersten<br />

Lebensjahren. <strong>Die</strong>s lässt sich aber in<br />

den meisten Fällen gut behandeln und<br />

bessert sich im Verlauf der Entwicklung<br />

der Kinder.<br />

Was die Kinder oft bis ins Schulalter<br />

begleitet ist das Erreichen der Kontinenz<br />

im Falle einer korrigierten Analatresie.<br />

Vor allem die Stuhlkontinenz<br />

gelingt oft erst verspätet und macht eine<br />

langfristige interdisziplinäre Betreuung<br />

notwendig. Tiefe Analatresien mit<br />

kurzem Abstand zwischen Anus und<br />

Rektumblindsack haben hierbei eine<br />

weit günstigere Prognose als hohe Analatresien.<br />

Für Kinder mit VACTERL ist wichtig,<br />

dass eine rechtzeitige Diagnose<br />

gelingt, so dass die Neugeborenen von<br />

Anfang an intensiv und interdisziplinär<br />

betreut werden. Da es sich aber um<br />

mittlerweile gut beherrschbare Fehlbildungen<br />

ohne neurologische Beteiligung<br />

handelt, deren Korrekturen zu<br />

den Standardverfahren des kinderchirurgischen<br />

Spektrums gehören, führen<br />

diese Kinder in den meisten Fällen später<br />

ein unbeeinträchtigtes Leben.<br />

UrsacHEn<br />

<strong>Die</strong> Ursachen für VACTERL sind unbekannt.<br />

Vor allem das sporadische Auftreten<br />

und die Heterogenität des Krankheitsbildes<br />

scheinen gegen eine monokausale<br />

Genese zu sprechen.<br />

Es gibt nur wenige Familien, in<br />

denen VACTERL wiederholt auftritt. In<br />

diesen Fällen konnten allerdings genetische<br />

Mutationen nachgewiesen werden,<br />

die den Sonic-Hedgehog-Signalweg<br />

stören. <strong>Die</strong>ser Signalweg ist bereits früher<br />

im Tiermodell im Zusammenhang<br />

mit multiplen Fehlbildungen beschrieben<br />

worden, die der VACTERL-<strong>Assoziation</strong><br />

ähnlich waren. <strong>Die</strong> identifizierten<br />

Gene sind Gli und FOXF1, HOXD13<br />

und ZIC3. <strong>Die</strong> Erforschung der Signalwege,<br />

die hierdurch beeinflusst werden,<br />

steckt noch in den Kinderschuhen,<br />

zumal über die Organogenese in<br />

der Embryonalentwicklung selbst noch<br />

viele Fragen offen sind.<br />

Zusätzlich zu der molekulargenetischen<br />

Erforschung der Erkrankung<br />

wird auch nach eventuell auslösenden<br />

Umweltfaktoren gesucht. So scheint es<br />

einen Zusammenhang zu geben zwischen<br />

dem gehäuften Auftreten von<br />

VACTERL bei mütterlichem Diabetes<br />

und bei Kindern, die durch IVF gezeugt<br />

wurden. Toxische Einflüsse durch Blei,<br />

Statine, fieberhafte Infektionen während<br />

der Schwangerschaft, Nikotinkonsum<br />

des Vaters, Übergewicht, Hypervitaminosen<br />

und präkonzeptionelle<br />

Exposition gegenüber Abgasen wurden<br />

ebenfalls beschrieben.<br />

<strong>Die</strong>se fast schon willkürlich erscheinende<br />

Auflistung von möglichen schädlichen<br />

Umwelteinflüssen macht deutlich<br />

wie komplex die Genese der VACTERL-<br />

<strong>Assoziation</strong> auf molekularbiologischer<br />

Ebene zu sein scheint.<br />

Für das CHARGE-Syndrom wurde<br />

erst 2004 eine genetische Ursache identifiziert.<br />

Ähnlich wird es sich in den<br />

nächsten Jahrzehnten sicherlich bei der<br />

Erforschung der VACTERL-<strong>Assoziation</strong><br />

verhalten. Je mehr über das Zusammenwirken<br />

einzelner Faktoren der Organogenese<br />

in Erfahrung gebracht wird,<br />

desto besser wird man verstehen lernen,<br />

wie ein so heterogenes Krankheitsbild<br />

entstehen kann.<br />

Es bleibt zu hoffen, dass dies in<br />

einer noch besseren Begleitung betroffener<br />

Familien vor der Konzeption ihres<br />

Kindes sowie während und nach der<br />

Schwangerschaft resultiert.

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