Nephrotisches Syndrom im Kindesalter - Hauner Journal
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| Dr. von Hau nersche s K i nderspit a l–L M U<br />
Dabei zählen negativ und 15-20 als keine, 30 und 100 als<br />
leichte und 300 und 2000 als große Albuminausscheidung. Wird<br />
an drei aufeinander folgenden Tagen eine Albuminausscheidung<br />
>100 mg/dl gemessen, liegt ein Rezidiv vor. In diesem Fall nehmen<br />
die Eltern Kontakt mit den betreuenden Ärzten aus der<br />
nephrologischen Ambulanz auf und besprechen die weitere Therapie<br />
je nach Klinik, ob direkt mit dem Standardrezidivschema<br />
begonnen wird oder zunächst ein abwartendes Verhalten gegebenenfalls<br />
mit diuretischer Therapie angezeigt ist.<br />
Außerdem wird bei Patienten mit nephrotischen <strong>Syndrom</strong><br />
täglich das Gewicht best<strong>im</strong>mt, um die Höhe der Wassereinlagerung<br />
beurteilen zu können.<br />
WIE WIRD DAS HÄUFIG REZIDIVIERENDE NEPHROTISCHE<br />
SYNDROM THERAPIERT?<br />
Ein Kind, bei dem das nephrotische <strong>Syndrom</strong> innerhalb von<br />
6 Monaten nach der Initialtherapie 2 und/oder mehr wieder<br />
auftritt oder aber es 4 oder mehr Rezidive innerhalb eines Jahres<br />
hat, wird als „frequent relapser“ bezeichnet. Bei Kindern, die die<br />
Kriterien eines „frequent relapser“ erfüllen und eine nicht tolerable<br />
Steroidtoxizität entwickeln, ist der Einsatz von Zytostatika<br />
gerechtfertigt. Mittel der Wahl ist Cyclophosphamid. Nach einer<br />
Therapie mit Cyclophosphamid haben ca. 30% eine dauerhafte<br />
Remission, bei ca. 30% wird die Zeitdauer bis zum Eintreten des<br />
nächsten Rezidivs deutlich verlängert und ca. 30% sprechen auf<br />
diese Therapie nicht an.<br />
Dann aber ist die Durchführung einer Nierenbiopsie indiziert<br />
und die Therapie mit anderen Immunsuppressiva wie Cyclosporin<br />
oder Mycophenalatmofetil (MMF) opt<strong>im</strong>al. Während<br />
der Therapie mit Cyclophosphamid muss der Patient wegen möglicher<br />
toxischer Nebenwirkungen regelmäßig überwacht werden.<br />
In Therapiestudien bei Patienten mit häufigen Rezidiven wurde<br />
als weitere Option der steroidsparende Effekt des <strong>im</strong>munst<strong>im</strong>ulatorisch<br />
wirkenden Levamisol nachgewiesen.<br />
WIE WIRD DAS STEROIDRESISTENTE NEPHROTISCHE SYNDROM<br />
THERAPIERT?<br />
Spricht das nephrotische <strong>Syndrom</strong> bei Erstmanifestation<br />
nicht auf eine Therapie mit Steroiden an (siehe oben), ist eine<br />
Nierenbiopsie indiziert. Diese zeigt meist, nicht wie bei der steroidsensiblen<br />
idiopathischen Form min<strong>im</strong>ale Glomerulusveränderungen<br />
(„min<strong>im</strong>al change Glomerulonephritis“), sondern Veränderungen<br />
<strong>im</strong> Sinne einer fokal-segmentalen Glomerulosklerose<br />
(FSGS). Jedoch ist auch ein kleiner Anteil der Patienten mit der<br />
histologischen Diagnose „min<strong>im</strong>al change Glomerulonephritis“<br />
steroidresistent. Häufig haben diese Patienten genetische Veränderungen,<br />
die zur Entwicklung eines nephrotischen <strong>Syndrom</strong>s<br />
führen. Eine molekulargenetische Untersuchung sollte erfolgen<br />
(s.u.). Leider sind diese Patienten meist gegen zytostatische<br />
Medikamente resistent. Die opt<strong>im</strong>ale Therapie dieser Kinder ist<br />
derzeit Thema der Diskussion. Ein potentieller Nutzen <strong>im</strong>munsuppressiver<br />
Therapie muss gegen toxische Nebenwirkungen<br />
abgewogen werden. Aktuell werden diese Kinder meist mit einer<br />
Kombination aus Cyclosporin und Prednison therapiert.<br />
WANN IST EINE NIERENBIOPSIE INDIZIERT?<br />
Die Erstmanifestation eines idiopathischen Nephrotischen<br />
<strong>Syndrom</strong>s ist keine Indikation zur Nierenbiopsie.<br />
Liegen jedoch klinische Hinweise vor, die untypisch sind für<br />
das idiopathische nephrotische <strong>Syndrom</strong>, ist über eine Nierenbiopsie<br />
zu diskutieren:<br />
• Alter bei Erstmanifestation < 12 Monate oder > 8-10<br />
Jahre<br />
• Makrohämaturie<br />
• Ausgeprägte arterielle Hypertonie<br />
• Erniedrigte Komplementfaktoren <strong>im</strong> Serum (C3)<br />
• Nicht prärenal bedingte akute Niereninsuffizienz<br />
• Schleichender Beginn über Monate<br />
• Verdacht auf eine sekundäre Form des nephrotischen<br />
<strong>Syndrom</strong>s (z.B. <strong>im</strong> Rahmen einer Systemerkrankung:<br />
systemischer Lupus erythematodes, Purpura<br />
Schoenlein-Henoch,...)<br />
Wie bereits oben erwähnt stellt das fehlende pr<strong>im</strong>äre Ansprechen<br />
des nephrotischen <strong>Syndrom</strong>s auf Steroide (pr<strong>im</strong>äre Steroidresistenz)<br />
eine Biopsieindikation dar. Patienten mit häufigen<br />
Rezidiven („frequent relapser“) werden nach individueller<br />
Entscheidung, und in Abhängigkeit vom Verlauf vor einer<br />
zytostatischen Therapie oder nach Misslingen einer solchen<br />
nierenbiopsiert.<br />
WELCHEN STELLENWERT HAT DIE MOLEKULARGENETIK IN DER<br />
DIAGNOSTIK DES NEPHROTISCHEN SYNDROMS?<br />
Be<strong>im</strong> angeborenen nephrotischen <strong>Syndrom</strong> vom finnischen<br />
Typ ist schon lange eine autosomal rezessive Vererbung bekannt.<br />
Durch Studien in den letzten Jahren sind mehrere Mutationen<br />
bekannt, die zu Veränderungen von Molekülen (Podocin,<br />
Nephrin,...) in der glomerulären Filtermembran führen und<br />
diese dann durchlässiger für Proteine machen.<br />
Insbesondere bei Patienten mit häufigen Rezidiven oder Steroidresistenz<br />
konnten diese Mutationen nachgewiesen werden.<br />
Somit ist es vor allem bei Patienten, die nicht oder unzureichend<br />
auf Steroide ansprechen, erforderlich eine molekulargenetische<br />
Analyse zu veranlassen. Dies ist um so wichtiger, da diese Patienten<br />
häufig auch nicht auf eine zytostatische oder verstärkte<br />
<strong>im</strong>munsuppressive Therapie ansprechen.<br />
WAS SIND DIE ZIELE DER THERAPIE:<br />
An der in den meisten Fällen sehr guten Langzeitprognose<br />
des idiopathischen nephrotischen <strong>Syndrom</strong>s (Verlust der<br />
Erkrankung in der Pubertät) orientieren sich die Ziele Therapie:<br />
• Remission der Proteinurie bei Erstdiagnose oder<br />
Rezidiv zur Verminderung der damit verbundenen<br />
möglichen Komplikationen<br />
• Verhinderung von Rezidiven<br />
• Verhinderung einer Niereninsuffizienz<br />
• Vermeiden toxischer Nebenwirkungen der eingesetzten<br />
Medikamente<br />
FAZIT:<br />
Das idiopathische nephrotische <strong>Syndrom</strong> <strong>im</strong> <strong>Kindesalter</strong><br />
erfordert eine differenzierte Therapie. Die Erstmanifestation<br />
eines nephrotischen <strong>Syndrom</strong>s sollte aufgrund der<br />
möglichen Komplikationen stationär in einem pädiatrischnephrologischen<br />
Zentrum betreut werden. Zur Früherkennung<br />
und adäquaten Therapie von Rezidiven des nephrotischen<br />
<strong>Syndrom</strong>s ist eine Kooperation zwischen Patient,<br />
Eltern, Kinderarzt und pädiatrisch-nephrologischen Zentrum<br />
unabdingbar.