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Fachvorträge und Workshops – Abstracts - Heilberufe

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<strong>Heilberufe</strong>SCIENCE<br />

K O N G R E S S E<br />

8. Ges<strong>und</strong>heitspflege-Kongress, 19./20.11.2010 in Hamburg<br />

Fachvorträge <strong>und</strong> <strong>Workshops</strong> – <strong>Abstracts</strong><br />

Inhalt<br />

5 Professionalisierung der Pflegeberufe – quo vadis?<br />

Uta Gaidys<br />

5 Personalentwicklung angesichts des demografischen<br />

Wandels<br />

Jutta Geringhoff<br />

6 Hygienische Anforderungen bei unterschiedlichen<br />

Harnableitungsverfahren<br />

Dietmar Hegeholz<br />

6 Hygiene – Herausforderung im Pflegealltag<br />

Nils-Olaf Hübner<br />

6 Deeskalations- <strong>und</strong> Anti-Aggressionstraining<br />

RADAR-Methode Regeer® mit integrierten<br />

CFB®-Techniken<br />

Stephan Leuschner<br />

7 Hygiene <strong>und</strong> Arbeitsschutz<br />

Dieter Morawitz<br />

7 Was wird getan, um die Berufsordnung<br />

in Hamburg umzusetzen?<br />

Das Beispiel der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH<br />

Sabine Rex<br />

8 Stolperstein Expertenstandards<br />

Simone Schmidt<br />

9 Besonderheiten der Kommunikation mit Angehörigen<br />

Zur Unterstützung im Umgang mit schwerer Krankheit,<br />

Sterben, Tod <strong>und</strong> Trauer<br />

Heidi Selmons<br />

9 Was wird getan, um die Berufsordnung<br />

in Hamburg umzusetzen?<br />

Das Beispiel des Universitätsklinikums<br />

Hamburg-Eppendorf<br />

Sonja Spahl<br />

10 Blick über den Tellerrand –<br />

Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung in der Physiotherapie<br />

Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung als Teil des beruflichen<br />

Selbstverständnisses<br />

Ulrike Steinecke<br />

10 Kinaesthetics<br />

Claudia Volkmann<br />

10 Recruiting im internationalen Vergleich<br />

Franz Wagner<br />

8 Lebenslanges Lernen – Pflicht oder Motor?<br />

Sinn als Krisis <strong>und</strong> Kriterium beruflichen Handelns<br />

Georg Rückriem<br />

<strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010; 1 (5): 4–11<br />

DOI 10.1007/s16024-010-0502-5<br />

4<br />

<strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010 · No. 5 · Supplement 1 · Kongress-<strong>Abstracts</strong>


8. Ges<strong>und</strong>heitspflege-Kongress Hamburg – <strong>Abstracts</strong> der Fachvorträge <strong>und</strong> <strong>Workshops</strong><br />

Professionalisierung der Pflegeberufe – quo vadis?<br />

Uta Gaidys<br />

Department Pflege <strong>und</strong> Management, Prodekanin Studium <strong>und</strong><br />

Lehre, Fakultät Wirtschaft <strong>und</strong> Soziales, Hochschule für Angewandte<br />

Wissenschaften Hamburg<br />

Begründungszusammenhang von Akademisierung <strong>und</strong><br />

Professionalisierung<br />

Im Fokus der Pflege steht der pflegebedürftige Mensch. Um seinen<br />

Bedürfnissen gerecht zu werden, gebrauchen Pflegende ihr Wissen,<br />

ihre Erfahrung <strong>und</strong> ihre Intuition. Pflegende sind dazu aufgefordert,<br />

dieses Wissen, diese Erfahrung <strong>und</strong> auch diese Intuition<br />

systematisch zu reflektieren <strong>und</strong> zu untersuchen. Pflegerische Situationen<br />

sind immer wieder neu <strong>und</strong> individuell. Diese Situationen<br />

müssen immer wieder neu gedeutet <strong>und</strong> interpretiert werden.<br />

Dazu bedarf es gr<strong>und</strong>legender handwerklicher Fertigkeiten<br />

<strong>und</strong> wissenschaftsbasierter Reflexionsfähigkeit. Letztere beinhaltet<br />

die Fähigkeit, pflegerische Tätigkeiten einerseits auf ihren Nutzen<br />

zu überprüfen <strong>und</strong> andererseits ihre Bedeutung für unsere<br />

Klienten <strong>und</strong> Klientinnen wahrzunehmen. Gelingt die Integration<br />

dieser Fähigkeiten wird Pflege professionell durchgeführt.<br />

Für die situationsgerechte Überprüfung des Nutzens pflegerischer<br />

Interventionen ist es notwendig, sowohl die Erkenntnisse<br />

von Forschung bewerten zu können als auch den Prozess der Erkenntnisgewinnung<br />

hinterfragen zu können. Die Entwicklung<br />

dieser Fähigkeiten ist ein Teil der Aufgabe von wissenschaftlicher<br />

Bildung. Dies realisieren in Deutschland akademische Bildungsinstitutionen.<br />

Die spezifische Deutung pflegerischer Situationen<br />

erfordert gleichwohl die Fähigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse<br />

hinsichtlich der individuellen Klientenbedürfnisse zu interpretieren.<br />

Auch dies ist eine Aufgabe von akademischer Bildung. Allerdings<br />

ist festzustellen, dass die Integration dieser Perspektive in<br />

akademische Bildungsprozesse eine große Herausforderung ist.<br />

Akademische Bildungsinstitutionen in Deutschland gehen hier<br />

verschiedene, auch unübersichtliche Wege. Der Prozess der nachholenden<br />

Akademisierung in Deutschland benötigt eine kritische<br />

Evaluation hinsichtlich der Frage, ob unsere Klienten <strong>und</strong> Klientinnen<br />

von diesem Prozess profitieren. Professionalität bedeutet<br />

in kurzen Worten genau das: den pflegebedürftigen Mensch in<br />

den Fokus zu stellen.<br />

Personalentwicklung angesichts des<br />

demografischen Wandels<br />

Jutta Geringhoff<br />

Geschäftsbereichsleiterin Personal, CURA Seniorenwohn- <strong>und</strong><br />

Pflegeheime Dienstleistungs GmbH, Berlin<br />

Dies führt einerseits zu einem steigenden Versorgungsbedarf Pflegebedürftiger<br />

<strong>und</strong> andererseits zu einer sinkenden Zahl von Auszubildenden<br />

in Pflegeberufen. Weiterhin stellt die Zunahme von<br />

berufsbedingten Erkrankungen <strong>und</strong> Fehlzeiten bei alternden Belegschaften<br />

die Personalentwicklung von Unternehmen im Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

vor Herausforderungen. Daher sind Unternehmen<br />

gezwungen, die Beschäftigungsfähigkeit der älteren Mitarbeiter<br />

zu erhalten. Angesichts dieser Problematik sind Themen<br />

wie Ges<strong>und</strong>heitsmanagement <strong>und</strong> Nachwuchsförderung für Unternehmen<br />

zu einem Erfolgsfaktor geworden. In diesem Beitrag<br />

wird die Personalentwicklungsstrategie der CURA/MATERNUS-<br />

Unternehmensgruppe vorgestellt <strong>und</strong> aufgezeigt, mit welchen<br />

Maßnahmen den Auswirkungen des demografischen Wandels<br />

entgegenwirkt werden kann.<br />

Methoden/Vorgehen: Durch die Beteiligung am durch das BMfAS<br />

geförderten Projekt DemogAP (Demografiefeste Arbeitsplätze<br />

in der Pflege) wird das Unternehmen wissenschaftlich bei der<br />

Implementierung von Instrumenten zur Messung der Demografiefestigkeit<br />

(Democheck) <strong>und</strong> von altersgerechten Personalentwicklungsmaßnahmen<br />

begleitet. Für die Identifikation des Handlungsbedarfs<br />

in Bezug auf die Akzeptanz <strong>und</strong> Nutzung von altersspezifischen<br />

Maßnahmen zur Ges<strong>und</strong>heitsförderung sowie einer<br />

ressourcenorientierten Führung wird mittels eines validierten<br />

Fragebogens des wissenschaftlichen Instituts der AOK eine Mitarbeiterbefragung<br />

durchgeführt.<br />

Ergebnisse: Im Rahmen der flächendeckenden Implementierung<br />

des betrieblichen Ges<strong>und</strong>heitsmanagements werden Demografie<strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitscoaches ausgebildet. Des Weiteren sieht das Konzept<br />

„Ges<strong>und</strong>heitlich führen“ für die Führungskräfte der mittleren<br />

Ebene ein neues Führungsverständnis vor. Hierzu werden die Mitarbeiter<br />

zum Thema Ressourcenorientierte Führung von Entwicklungsgesprächen<br />

geschult. Darüber hinaus wird ein betriebsübergreifendes<br />

Curriculum zur demografieorientierten Prävention<br />

aufgestellt, in dem unter anderem die Durchführung von Ges<strong>und</strong>heitschecks<br />

für ältere Mitarbeiter etabliert wird.<br />

Schlussfolgerung/Diskussion: Demografischer Wandel ist die<br />

entscheidende Rahmenbedingung in der heutigen Personalpolitik<br />

<strong>und</strong> wirkt sich auf alle Teilbereiche eines modernen Personalmanagements<br />

aus: Personalmarketing – Ansprache besonderer Zielgruppen;<br />

Personalbeschaffung – Messung <strong>und</strong> Bewertung von der<br />

Erfahrung <strong>und</strong> Leistung älterer Mitarbeiter; Personalentwicklung<br />

– Konzepte <strong>und</strong> Inhalte müssen den Adressaten angepasst werden;<br />

Förderung von Familienfre<strong>und</strong>lichkeit <strong>und</strong> Work-Life-Balance<br />

für Mitarbeiter 55+; Betriebliches Ges<strong>und</strong>heitsmanagement –<br />

konsequente Analyse <strong>und</strong> Ergreifung von Maßnahmen, insbesondere<br />

für ältere Arbeitnehmer; Organisationsentwicklung – Anpassung<br />

der Prozesse unter Berücksichtigung des demografischen<br />

Wandels.<br />

Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Fragestellung: Die demografische Entwicklung<br />

führt zu einer steigenden Anzahl älterer <strong>und</strong> pflegebedürftiger<br />

Menschen, während die Anzahl junger Menschen abnimmt.<br />

<strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010 · No. 5 · Supplement 1 · Kongress-<strong>Abstracts</strong><br />

5


8. Ges<strong>und</strong>heitspflege-Kongress Hamburg – <strong>Abstracts</strong> der Fachvorträge <strong>und</strong> <strong>Workshops</strong><br />

Hygienische Anforderungen bei unterschiedlichen<br />

Harnableitungsverfahren<br />

Dietmar Hegeholz<br />

Medical Advisor Continence Care, Coloplast GmbH, Hamburg<br />

Der Katheterismus der Harnblase ist ein weit verbreitetes Verfahren,<br />

welches in der heutigen Zeit bei einer Vielzahl von Erkrankungen<br />

als therapeutische Option, aber auch im Rahmen verschiedener<br />

Monitoringprozesse zum Einsatz kommt. Trotz der<br />

ständigen Verbesserung der Kathetermaterialien inklusive der<br />

Festschreibung der Anlagetechnik <strong>und</strong> Versorgung von Harndauerableitungssystem,<br />

besteht die größte Herausforderung in der<br />

Vermeidung von Harnwegsinfektionen.<br />

Erlitten früher 50% der Dauerkatheterisierten nach 24 St<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> 100% nach 36 St<strong>und</strong>en eine Infektion, hat sich die Infektionsrate<br />

heute deutlich verbessert. Dieser positive Trend darf jedoch<br />

kein Ruhekissen sein, bedenkt man, dass circa 3,5% aller<br />

stationär behandelten Patienten in Deutschland eine nosokomiale<br />

Infektion erleiden. Harnwegsinfektionen nehmen hierbei eine<br />

Spitzenposition ein.<br />

Keime können bereits während des Katheterisierungsvorgangs<br />

eingeschleppt werden. Die häufigste Ursache ist ein unsteriles<br />

Vorgehen, bei dem das Arbeitsmaterial mit Umgebungskeimen<br />

kontaminiert wird. Eine weitere mögliche Ursache ist die<br />

Vernachlässigung der Desinfektion des Meatus in Vorbereitung<br />

der Katheterisierung. Nach Anlage einer transurethralen Dauerableitung<br />

ist die extraluminale Keimaszension entlang der sich<br />

bildenden mukopurolenten Schicht unausweichlich.<br />

Als Kasuistik zu katheterassoziierten Harnwegsinfektionen<br />

muss das Augenmerk auf Inkrustationen <strong>und</strong> Obstruktionen des<br />

Katheters gelegt werden. Langzeitkatheterisierte Patienten weisen<br />

ein Obstruktionsrisiko von bis zu 40% auf [Kunin 1987]. Unerkannte<br />

Obstruktionen führen zur Bakteriämie, Pyelonephritis bis<br />

hin zur Sepsis. In der Kombination Obstruktion – Infektion ist nur<br />

eine geringe Keimzahl erforderlich, um einen schweren Infekt<br />

auszulösen. Obstruktionen werden mehrheitlich durch Inkrustationen<br />

hervorgerufen. Bei Inkrustationen handelt es sich um mineralisierte<br />

Biofilme.<br />

Weitere Ursachen für katheterassoziierte Harnwegsinfektionen<br />

sind Läsionen als Folge von Traumatisierungen mit Infektfolge<br />

des unteren Harntraktes.<br />

Große Bedeutung muss letztlich der Pflege des gesamten Ableitungssystems<br />

beigemessen werden, da mit zunehmender Dauer<br />

der Ableitung das Infektionsrisiko steigt. Traditionelle Arbeitstechniken<br />

wie prophylaktische Blasenspülungen oder intermittierendes<br />

Abklemmen des Dauerableitungssystems zum Zweck des<br />

Blasentrainings haben im modernen Umgang mit Harnableitungssystemen<br />

keinen Platz mehr.<br />

Hygiene – Herausforderung im Pflegealltag<br />

Nils-Olaf Hübner<br />

Institut für Hygiene <strong>und</strong> Umweltmedizin,<br />

Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald<br />

In den letzten Jahren hat die Frage nach einer stärkeren Patientenorientierung<br />

im Ges<strong>und</strong>heitswesen an Bedeutung gewonnen. Dies<br />

ist nur natürlich, ist doch der Existenzgr<strong>und</strong> von Ges<strong>und</strong>heitsdienstleistern,<br />

dass Menschen Ges<strong>und</strong>heitsleistungen (präventiv,<br />

kurativ oder palliativ) nachfragen. Der Infektionsprävention wurde<br />

dabei in der Vergangenheit als reinem „Hygienefaktor“, das<br />

heißt einen Bestandteil über den man nicht besonders nachdenkt,<br />

solange er in Ordnung ist, oftmals nicht die nötige Aufmerksamkeit<br />

zuteil. Tatsächlich nimmt die Hygiene <strong>und</strong> Infektionsprävention<br />

jedoch eine zentrale Rolle in den Abläufen jedes Ges<strong>und</strong>heitsdienstleisters<br />

<strong>und</strong> damit der dort Beschäftigten <strong>und</strong> Behandelten<br />

ein. Das Pflegepersonal als zahlenmäßig stärkste Gruppe ist davon<br />

besonders betroffen.<br />

Der Vortrag verdeutlicht die mannigfaltigen Beziehungen<br />

zwischen Behandlungsqualität <strong>und</strong> Hygiene <strong>und</strong> zeigt, wie hygienische<br />

Standards in Behandlungspfade integriert werden können.<br />

Neuere Daten zur Wahrnehmung von Infektionsrisiken <strong>und</strong><br />

hygienischen Zuständen in Ges<strong>und</strong>heitseinrichtungen zeigen zudem,<br />

dass Fragen der Infektionsvermeidung von den Patienten<br />

aktiv wahrgenommen werden <strong>und</strong> zur Entscheidung für oder gegen<br />

einen individuellen Dienstleister beitragen. Hieraus ergibt<br />

sich die Chance, die Patienten aktiv in die Hygiene einzubeziehen,<br />

aber auch die Herausforderung für Ges<strong>und</strong>heitsdienstleister, den<br />

Faktor Infektionsprävention als wesentlichen Teil der Unternehmensstrategie<br />

auszubauen <strong>und</strong> zu kommunizieren.<br />

Deeskalations- <strong>und</strong> Anti-Aggressionstraining<br />

RADAR-Methode Regeer® mit integrierten<br />

CFB®-Techniken<br />

Stephan Leuschner<br />

Zentrum für psychosoziale Medizin,<br />

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf<br />

Die RADAR-Methode Regeer® wurde im Jahre 1996 entwickelt<br />

vor dem Hintergr<strong>und</strong>, dass Pflegende <strong>und</strong> andere soziale Berufsgruppen<br />

zunehmend mit Aggression <strong>und</strong> Gewalt konfrontiert<br />

werden. Sie gibt die einzigartige Möglichkeit, Aggression <strong>und</strong> drohende<br />

Gewalt rechtzeitig zu erkennen, einzuschätzen <strong>und</strong> adäquate<br />

Interventionen zu wählen, so dass möglichst weder im Pflegeprozess<br />

Beteiligte noch Klienten beziehungsweise Patienten zu<br />

Schaden kommen.<br />

Die CFB®-Techniken sind aus dem Kampfsport heraus entwickelte<br />

Techniken, die das Ziel haben, entweder sich persönlich<br />

aus einer Situation zu befreien oder bei Kontrollverlust die Kon-<br />

6 <strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010 · No. 5 · Supplement 1 · Kongress-<strong>Abstracts</strong>


8. Ges<strong>und</strong>heitspflege-Kongress Hamburg – <strong>Abstracts</strong> der Fachvorträge <strong>und</strong> <strong>Workshops</strong><br />

trolle über einen Patienten/Klienten solange zu übernehmen, wie<br />

es notwendig ist, wobei die Schädigung so minimal wie möglich<br />

gehalten wird. Es wird somit verhindert, dass es zu Sanktionen<br />

kommt.<br />

Die RADAR-Methode Regeer® führt dazu, dass geschulte<br />

Mitarbeiter sich selbst sowie Klienten/Patienten besser einschätzen<br />

<strong>und</strong> deeskalierend arbeiten können. Dies bedeutet, dass Mitarbeiter<br />

deutlich sicherer sind <strong>und</strong> dass viele Situationen entschärft<br />

werden, bevor es zu einer Eskalation kommt. Dies führt letztlich<br />

zu einer klaren Abnahme von Zwangsmaßnahmen wie Isolation<br />

oder Fixierung.<br />

Hygiene <strong>und</strong> Arbeitsschutz<br />

Dieter Morawitz<br />

Geseke<br />

Ein Unternehmen zu führen heißt, Verantwortung für Betrieb<br />

<strong>und</strong> Mitarbeiter sowie für Bewohner <strong>und</strong> Betreute zu tragen. Infektionen<br />

zählen zu den häufigsten Erkrankungsursachen. Patienten<br />

im Krankenhaus sowie Bewohner in Pflegeheimen haben<br />

ein Recht auf wirksamen Schutz vor Infektionserkrankungen.<br />

Dasselbe gilt für das Pflegepersonal.<br />

Maßnahmen zur Vermeidung von Infektionen sollen die<br />

Übertragung ansteckender Krankheiten beziehungsweise Mikroorganismen<br />

von Patienten auf Mitarbeiter <strong>und</strong> umgekehrt verhindern.<br />

Dieses Ziel verfolgen die Hygienerichtlinien des Robert<br />

Koch-Institutes <strong>und</strong> der nationalen Referenzzentren, die Hygieneverordnung<br />

der Länder <strong>und</strong> der BGW (Berufsgenossenschaft für<br />

Ges<strong>und</strong>heitsdienst <strong>und</strong> Wohlfahrtspflege).<br />

Während das Infektionsschutzgesetz den Schutz der Allgemeinheit<br />

vor Infektionserkrankungen sicherstellen <strong>und</strong> das Robert<br />

Koch-Institut mit seinen Richtlinien die praktische Umsetzung<br />

erleichtern soll, ist im Bereich des Mitarbeiterschutzes die<br />

Biostoffverordnung <strong>und</strong>, als Umsetzungshilfe, die TRBA 250<br />

maßgebend.<br />

In § 36 des Infektionsschutzgesetzes wird gefordert, dass alle<br />

Betriebe zum Schutz der Beschäftigten <strong>und</strong> der Patienten alle erforderlichen<br />

innerbetrieblichen Maßnahmen schriftlich festzuhalten<br />

<strong>und</strong> als verbindliche Handlungsanleitung im Hygieneplan<br />

zu beschreiben haben. Als Gr<strong>und</strong>lage für die Maßnahme sieht das<br />

Robert Koch-Institut in seiner Richtlinie „Infektionsprävention<br />

für Heime“ die Gefährdungsanalyse als ein geeignetes Medium,<br />

die unterschiedlichen betrieblichen Anforderungen im Hygieneplan<br />

zu berücksichtigen.<br />

Die Gefährdungsbeurteilung ist im Bereich des Arbeitsschutzes<br />

seit langem etabliert <strong>und</strong> hat sich bewährt. Der Arbeitgeber<br />

hat sich nach § 5 der Biostoffverordnung ausreichende Informationen<br />

über mögliche ges<strong>und</strong>heitliche Gefährdungen seiner<br />

Beschäftigten zu beschaffen <strong>und</strong> dieses schriftlich in einer Gefährdungsbeurteilung<br />

festzulegen. Durch diese Vorgehensweise ist es<br />

möglich, den individuellen Bedürfnissen der Betriebe Rechnung<br />

zu tragen, ohne den Schutz der Mitarbeiter zu vernachlässigen. Im<br />

Gegenteil: häufig wird durch die Gefährdungsbeurteilung erst<br />

deutlich, an welcher Stelle der Tätigkeit eine Gefährdung existiert.<br />

Es können so gezielt Maßnahmen getroffen werden, diese Gefährdung<br />

zu minimieren.<br />

Was wird getan, um die Berufsordnung<br />

in Hamburg umzusetzen?<br />

Das Beispiel der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH<br />

Sabine Rex<br />

Pflegedirektorin, Asklepios Klinik Altona, Hamburg<br />

Die Hamburger Pflegefachkräfte-Berufsordnung regelt neben<br />

dem Berufsbild, den Berufsaufgaben <strong>und</strong> -pflichten erstmalig verbindlich<br />

auch die Verpflichtung zu Maßnahmen der Kompetenzerhaltung<br />

<strong>und</strong> Qualitätssicherung. Hier ist ein wichtiger Beitrag<br />

zur Professionalisierung der Pflegeberufe von der zuständigen<br />

Fachaufsichtsbehörde angestoßen worden. Nun ist es an den Beschäftigten<br />

<strong>und</strong> Betrieben, daraus ein konsistentes Konzept zur<br />

Qualifikationsentwicklung <strong>und</strong> -erhaltung zu generieren.<br />

Die Asklepios Kliniken Hamburg GmbH sehen sich als Arbeitgeber<br />

in der Verantwortung, Mitarbeiter/innen bei Qualifizierungen<br />

<strong>und</strong> der Nachweisführung zu unterstützen. Darüber hinaus<br />

unterstützen wir aktiv die Registrierung beruflich Pflegender<br />

<strong>und</strong> den Erwerb von Fortbildungspunkten in diesem Rahmen, um<br />

eine überregionale Reichweite zu realisieren. Dies erfolgt unter<br />

anderem durch: systematische Qualifikationsbedarfserhebung;<br />

interne, fachbereichsbezogene Fortbildungen; Nutzung des Fort<strong>und</strong><br />

Weiterbildungsangebotes des eigenen Bildungszentrums<br />

(BZG); Nutzung der ASKLEPIOS Online-Bibliothek sowohl an<br />

jedem Arbeitsplatz als auch vom Privat-PC; kostenlose Basislizenz<br />

zur Erreichung von Fortbildungspunkten im Rahmen der Certified<br />

Nursing Education (CNE) für alle Pflegekräfte, kostenlose<br />

Nutzung der E-Learning Plattform des Thieme Verlages; kostenlose<br />

Premiumlizenzen, Zugriff auf die Medienbibliothek/CNE<br />

über das Intranet; Freistellung <strong>und</strong> Kostenübernahme/-beteiligung<br />

bei Fortbildungen, Beteiligung an Projekten, Ges<strong>und</strong>heits<strong>und</strong><br />

Qualitätszirkeln, etc.; hohe Beteiligungsquoten an Fachweiterbildungen;<br />

systematischer Aufbau <strong>und</strong> Verbreitung von<br />

Fachexpertise in betrieblichen, pflegerischen Konsildiensten.<br />

Es ist ausdrücklich positiv zu bewerten, dass die Umsetzungsverantwortung<br />

in den Händen der Pflegenden selbst liegt. Dies ist<br />

in anderen Ländern <strong>und</strong> Berufen, die über stärker ausgeprägte<br />

Selbstverwaltungen (z.B. Kammern) verfügen, seit langem selbstverständlich.<br />

Die Entwicklung in Richtung Europäischer Standards, die<br />

über die Selbstverpflichtung <strong>und</strong> Selbstverantwortung der Pflegenden<br />

hinaus zu einer zunehmenden Vergleichbarkeit <strong>und</strong> Qualitätssicherung<br />

von Fortbildungsniveaus führt, ist unbedingt zu<br />

befürworten.<br />

<strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010 · No. 5 · Supplement 1 · Kongress-<strong>Abstracts</strong><br />

7


8. Ges<strong>und</strong>heitspflege-Kongress Hamburg – <strong>Abstracts</strong> der Fachvorträge <strong>und</strong> <strong>Workshops</strong><br />

Lebenslanges Lernen – Pflicht oder Motor?<br />

Sinn als Krisis <strong>und</strong> Kriterium beruflichen Handelns<br />

Georg Rückriem<br />

Berlin<br />

„Pflicht oder Motor“ ist heute eine falsche Fragestellung, lebenslanges<br />

Lernen ist in unserer Gesellschaft längst eine Realität, mehr<br />

noch: eine strukturelle, das heißt allgemeine Notwendigkeit, keine<br />

beliebige Option. Lebenslanges Lernen ist eine gesellschaftliche<br />

Notwendigkeit nicht nur im Bereich des beruflichen Handelns,<br />

sondern des Alltagshandelns überhaupt. Und es ist nicht nur eine<br />

gesellschaftliche Erwartung an den Einzelnen, sondern gleichermaßen<br />

ein inneres Bedürfnis des Einzelnen gegenüber sich selbst.<br />

Motor <strong>und</strong> Antrieb dieses Bedürfnisses ist der Sinn. Menschen<br />

sind sinnorientierte <strong>und</strong> Sinn produzierende Wesen. Das<br />

gilt für jede Tätigkeit, also auch für das Lernen. Ohne Sinn kein<br />

Lernen. Umgekehrt ist Lernen die fortwährende Produktion <strong>und</strong><br />

Bewährungskontrolle von gef<strong>und</strong>enen Sinnformen gegenüber<br />

einer sich permanent verändernden Welt. Dies hat Konsequenzen<br />

auf drei Ebenen: Zum einen auf der Ebene des alltäglichen Handelns,<br />

zum Beispiel in der Form von Ges<strong>und</strong>heit als Sinn. Beides,<br />

die Fähigkeit zur Identifizierung konkreter Bedingungen von ges<strong>und</strong>er<br />

Lebensführung (vor allem in Ernährung, Körpertraining,<br />

Stressvermeidung <strong>und</strong> Beruf etc.) <strong>und</strong> die Kompetenz zur praktischen<br />

Realisierung eines ges<strong>und</strong>en Lebens werden immer wichtiger<br />

<strong>und</strong> zugleich immer schwieriger. Die sowohl individuellen<br />

wie gesellschaftlichen Konsequenzen fehlender Fähigkeiten wie<br />

Kompetenzen werden immer gravierender. Zum zweiten auf der<br />

Ebene des beruflichen Handelns insbesondere von <strong>Heilberufe</strong>n.<br />

Angesichts der allgemein wachsenden Widersprüche zum Beispiel<br />

von erwartetem beruflichem Engagement <strong>und</strong> realen Bedingungen<br />

einerseits <strong>und</strong> von hohem individuellem Engagement <strong>und</strong><br />

faktischer Überforderung andererseits sind heute vor allem die<br />

sozialen Berufe zwingend auf den reflexiven Umgang mit Sinnfindungsprozessen<br />

angewiesen, sowohl was die Professionals selbst<br />

– ihr berufliches Selbstverständnis – als auch was ihre Klienten<br />

betrifft. Zum dritten auf der Ebene der beruflichen Ausbildung.<br />

Diese Notwendigkeit aber kann heute nicht mehr mit den Mitteln<br />

einer zufälligen individuellen Begabung bewältigt werden, sie verlangt<br />

eine Ausbildung, die sich professionell mit der empirischen<br />

Beschreibung <strong>und</strong> Analyse der aktuellen Sinnprobleme in unserer<br />

Gesellschaft <strong>und</strong> mit der Analyse der Sinnfindungsprozesse in den<br />

Praxisbereichen der <strong>Heilberufe</strong> beschäftigt <strong>und</strong> dies zum Inhalt<br />

der Ausbildung macht.<br />

Stolperstein Expertenstandards<br />

Simone Schmidt<br />

Ladenburg<br />

Seit der Veröffentlichung der einzelnen Nationalen Expertenstandards<br />

zeigen sich in fast allen Pflegeeinrichtungen typische Probleme<br />

bei der Implementierung in den einrichtungsinternen Pflegestandard.<br />

Da die Nationalen Expertenstandards des DNQP für alle Bereiche<br />

der Pflege entwickelt wurden <strong>und</strong> deshalb bezüglich der<br />

Formulierung auch relativ allgemein gehalten sind, beobachtet<br />

man an der Basis zum einen Schwierigkeiten beim Verständnis<br />

des Inhalts <strong>und</strong> zum anderen Unklarheiten bei der praktischen<br />

Berücksichtigung. Dabei spielen nicht nur der Wissenstransfer<br />

<strong>und</strong> der Zeitfaktor sowie die Erarbeitung einer einrichtungsinternen<br />

Verfahrensregelung eine Rolle.<br />

Die Implementierung der Expertenstandards stellt alle Einrichtungen<br />

des Pflegesektors vor typische Probleme, etwa bei der<br />

Auswahl von Screening- <strong>und</strong> Assessmentinstrumenten, bei der<br />

Erstellung von Verfahrensregelungen, bei der Planung von geeigneten<br />

Maßnahmen, bei der Evaluation sowie bei der Dokumentation.<br />

Der bürokratische Aufwand <strong>und</strong> die Benutzerfre<strong>und</strong>lichkeit<br />

von Formularen dürfen dabei nicht vernachlässigt werden. Eine<br />

korrekte Dokumentation ist auch aus haftungsrechtlicher Sicht erforderlich<br />

<strong>und</strong> wird durch geeignete Formulare erleichtert, wobei<br />

insbesondere das Risikoassessment beachtet werden muss.<br />

Gerade im ambulanten Bereich ist die Umsetzung durch die<br />

begrenzte Anwesenheit der Mitarbeiter vor Ort erschwert, aber<br />

auch in stationären Einrichtungen zeigen sich immer wieder Defizite.<br />

Durch das Pflegeweiterentwicklungsgesetz haben die Expertenstandards<br />

in doppelter Hinsicht an Bedeutung gewonnen: Zum<br />

einen wurde die Implementierung ausdrücklich gefordert, zum<br />

anderen beeinflusst die Umsetzung der Expertenstandards deutlich<br />

das Prüfergebnis bei externen Überprüfungen der Pflegequalität.<br />

Durch die Veröffentlichung der Prüfergebnisse kann dadurch<br />

ein Wettbewerbsnachteil entstehen, auch wenn der Verbraucher<br />

das veröffentlichte Ergebnis gar nicht unbedingt realistisch einschätzen<br />

kann. Die häufigsten Stolpersteine <strong>und</strong> Fehler im praktischen<br />

Pflegealltag <strong>und</strong> deren Vermeidung werden deshalb in<br />

diesem Workshop näher beleuchtet. Dabei werden alle Phasen des<br />

Pflegeprozesses separat betrachtet <strong>und</strong> anhand von praktischen<br />

Beispielen erläutert.<br />

8 <strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010 · No. 5 · Supplement 1 · Kongress-<strong>Abstracts</strong>


8. Ges<strong>und</strong>heitspflege-Kongress Hamburg – <strong>Abstracts</strong> der Fachvorträge <strong>und</strong> <strong>Workshops</strong><br />

Besonderheiten der Kommunikation mit Angehörigen<br />

Zur Unterstützung im Umgang mit schwerer<br />

Krankheit, Sterben, Tod <strong>und</strong> Trauer<br />

Heidi Selmons<br />

Beratungsstelle CHARON, Hamburg<br />

Unter der gefühlten <strong>und</strong> übernommenen Verantwortung, jetzt<br />

stark sein zu müssen, stellen Angehörige ihre Probleme im Interesse<br />

des Kranken zurück. Nach <strong>und</strong> nach aber wird immer deutlicher,<br />

dass es nicht nur um den Anderen <strong>und</strong> seine bestmögliche<br />

Versorgung geht, sondern auch um das eigene Erleben.<br />

Neben zeitlichen, organisatorischen <strong>und</strong> finanziellen Herausforderungen<br />

sind die Nöte Angehöriger hauptsächlich emotionaler<br />

Natur: Angst vor Ungewissheit. Angst vor Leiden. Angst vor<br />

Verlust. Angst vor Versagen. Angesichts der nur noch begrenzten<br />

gemeinsamen Zeit wächst der gefühlte Druck, keine Fehler zu machen.<br />

Dabei können sich gerade durch die neue Rollenverteilung<br />

ungeklärte Themen in der Beziehung zu Konflikten verdichten.<br />

Schuld- <strong>und</strong> Versagensgefühle sind oft die ständigen Begleiter<br />

der Angehörigen. Überforderung macht sich breit, weil immer<br />

neue Anpassungsleistungen an vielfach wenig vorhersehbare Situationen<br />

im Krankheits- <strong>und</strong> Therapieverlauf nötig sind, das eigene<br />

Familien-, Berufs- <strong>und</strong> Sozialleben weiterhin seine Anforderungen<br />

stellt <strong>und</strong> das Erleben des körperlichen beziehungsweise geistigen<br />

Verfalls des nahe stehenden Menschen eine starke Belastung<br />

darstellt. In dieser Situation ist es wichtig, dass Angehörige gehört<br />

werden, Raum für das eigene Erleben finden, selbst auch im Zentrum<br />

der Aufmerksamkeit stehen.<br />

Entscheidend für die Kommunikation mit Angehörigen ist<br />

die eigene Haltung: Es geht um Akzeptanz, Anteilnahme <strong>und</strong> das<br />

Aushalten-Können aller Gefühle, insbesondere auch Wut, Trauer<br />

<strong>und</strong> Ohnmacht. Auf solche Weise verstanden <strong>und</strong> angenommen<br />

finden Angehörige am besten Zugang zu ihren individuellen Möglichkeiten<br />

für einen nächsten Schritt. Dieser kann in einer sich<br />

wandelnden Haltung liegen, im Aufscheinen einer neuen Perspektive,<br />

im Zugewinn an Wissen <strong>und</strong> Handlungsmöglichkeiten, im<br />

Hin- oder Annehmen des Unvermeidbaren. Die schmerzliche<br />

Anerkennung von Grenzen, auch der persönlichen, in dieser Situation<br />

ermög-licht es Angehörigen, Verantwortung abzugeben <strong>und</strong><br />

zu teilen, Unterstützung anzunehmen <strong>und</strong> den Blick auf das zu<br />

richten, was geht. So kann Stück für Stück eine neue Orientierung<br />

für einen Alltag jenseits des Selbstverständlichen entstehen.<br />

Was wird getan, um die Berufsordnung<br />

in Hamburg umzusetzen?<br />

Das Beispiel des Universitätsklinikums<br />

Hamburg-Eppendorf<br />

Sonja Spahl<br />

Pflegerische Zentrumsleitung, Zentrum für Innere Medizin,<br />

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf<br />

Nach Bremen <strong>und</strong> dem Saarland wurde 2009 in Hamburg eine Berufsordnung<br />

für Pflegefachkräfte erlassen. Im Universitätsklinikum<br />

Hamburg-Eppendorf (UKE) wurde die Herausforderung zur<br />

Umsetzung der Berufsordnung angenommen. Es wurde eine bereichsübergreifende<br />

Arbeitsgruppe gebildet <strong>und</strong> Informationsveranstaltungen<br />

gehalten. Schnell kristallisierte sich heraus, dass insbesondere<br />

zu § 6 „Kompetenzerhaltung <strong>und</strong> Qualitätssicherung“<br />

Steuerungsbedarf bestand.<br />

In der Vergangenheit kümmerten sich in erster Linie die Vorgesetzten<br />

darum, dass Fortbildungen von ihren Mitarbeitern<br />

wahrgenommen wurden. Die Berufsordnung stellt jedoch eindeutig<br />

fest, dass Pflegefachkräfte eigenverantwortlich Maßnahmen<br />

zur beruflichen Kompetenzerhaltung ergreifen müssen. Erstmalig<br />

in Hamburg wurde darüber hinaus gesetzlich festgeschrieben,<br />

welche Maßnahmen in welchem Umfang zur Kompetenzerhaltung<br />

jährlich notwendig sind. Dies ist ein wichtiger Bestandteil der<br />

Professionalisierung der Pflege.<br />

Zur Unterstützung unserer Pflegefachkräfte wurde ein<br />

„Nachweisheft“ entwickelt <strong>und</strong> implementiert. Das „UKE-Nachweisheft“<br />

enthält neben der Möglichkeit zur Dokumentation von<br />

kompetenzerhaltenden Maßnahmen kompakte <strong>und</strong> übersichtliche<br />

Angaben zu folgenden Themen: Gr<strong>und</strong>qualifikation; abgeschlossene<br />

Weiterbildungen (z.B. Onkologische Weiterbildung),<br />

abgeschlossenes Studium, abgeschlossene mehrtägige Fortbildungen<br />

(z.B. Kinästhetik), Angaben zu Pflichtunterweisungen<br />

(z.B. Reanimation), § 6 der Berufsordnung. Alle Pflegefachkräfte<br />

im UKE besitzen seit 2010 das UKE-Nachweisheft, haben es stets<br />

griffbereit <strong>und</strong> sammeln (mittlerweile) selbstständig ihre Fortbildungspunkte.<br />

Es hat ein Umdenken stattgef<strong>und</strong>en. Nicht der Arbeitgeber<br />

allein ist für die Kompetenzerhaltung der Pflegefachkräfte<br />

verantwortlich. Vielmehr haben die Pflegefachkräfte erkannt,<br />

dass die Professionalisierung der Pflege bei jedem einzelnen<br />

beginnt <strong>und</strong> jeder persönlich seinen Beitrag dazu leisten muss.<br />

Die gesetzliche Verankerung der Berufsordnung in Hamburg hat<br />

hierzu einen wichtigen Beitrag geleistet.<br />

Für 2011 sind die Fortführung des UKE-Nachweisheftes sowie<br />

eine anonymisierte statistische Auswertung der Nachweishefte<br />

2010 geplant.<br />

<strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010 · No. 5 · Supplement 1 · Kongress-<strong>Abstracts</strong><br />

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8. Ges<strong>und</strong>heitspflege-Kongress Hamburg – <strong>Abstracts</strong> der Fachvorträge <strong>und</strong> <strong>Workshops</strong><br />

Blick über den Tellerrand – Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

in der Physiotherapie<br />

Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung als Teil des beruflichen<br />

Selbstverständnisses<br />

Ulrike Steinecke<br />

Vorsitzende, Zentralverband der Physiotherapeuten/Krankengymnasten<br />

(ZVK) e.V., Deutscher Verband für Physiotherapie,<br />

Köln<br />

Die derzeitige dreijährige Fachschulausbildung zum Physiotherapeuten<br />

ist im Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur<br />

<strong>und</strong> Physiotherapeutengesetz – MPhG) geregelt. Das Lernpensum<br />

ist sehr umfangreich. Es umfasst 2.900 St<strong>und</strong>en theoretischen<br />

<strong>und</strong> praktischen Unterrichts in Gr<strong>und</strong>lagenfächern (wie<br />

Anatomie, Physiologie oder allgemeine Krankheitslehre) sowie in<br />

nahezu allen medizinischen Fachbereichen. 1.600 St<strong>und</strong>en praktische<br />

Ausbildung am Patienten in Krankenhäusern oder anderen<br />

geeigneten medizinischen Einrichtungen ergänzen den Fachunterricht.<br />

Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung von Physiotherapeuten wird gesetzlich<br />

im SGB V in § 124 <strong>und</strong> § 125 geregelt. Die Vorraussetzungen<br />

der so genannten Zertifikatspositionen wie Manuelle Therapie,<br />

Bobath, Vojta, PNF (Propriozeptive Neuromuskuläre Faszilitation)<br />

<strong>und</strong> Manuelle Lymphdrainage erfordern eine Weiterbildung<br />

nach der Ausbildung <strong>und</strong> einer entsprechenden berufspraktischen<br />

Erfahrungszeit. Auch die vielen verschiedenen physiotherapeutischen<br />

Methoden <strong>und</strong> Konzepte zur Behandlung von Patienten<br />

können nicht alle während der Ausbildung vermittelt werden. Angehenden<br />

Physiotherapeuten wird daher schon in der Ausbildung<br />

ein entsprechendes Selbstverständnis vermittelt, sich regelmäßig<br />

fortzubilden. Die Verdoppelung des gesamten medizinischen<br />

Wissens alle fünf Jahre, neue OP-Methoden oder neue Therapieverfahren<br />

sind weitere Gründe, sich im Sinne des lebenslangen<br />

Lernens regelmäßig fortzubilden. Die Entwicklung hin zu evidenzbasierter<br />

Medizin <strong>und</strong> Therapie in den letzten Jahren fördert<br />

außerdem die Notwendigkeit regelmäßiger Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung,<br />

wenn Physiotherapeuten ihre Patienten nach dem „State of<br />

the Art“ behandeln wollen.<br />

Physiotherapeuten waren, auch ohne die gesetzliche Fortbildungsverpflichtung,<br />

schon immer eine Berufsgruppe, die sich<br />

umfangreich fort- <strong>und</strong> weitergebildet hat. Den Beweis dafür liefern<br />

die umfangreichen Angebote des physiotherapeutischen<br />

Fortbildungsmarktes.<br />

Kinaesthetics<br />

Claudia Volkmann<br />

Torstedt<br />

Kinaesthetics bedeutet „Kunst/Wissenschaft der Bewegungswahrnehmung“.<br />

Bewegung ist eine Gr<strong>und</strong>lage des Lebens. Kinaesthetics<br />

stellt Instrumente <strong>und</strong> Methoden zur Verfügung, um individuelle<br />

Erfahrungen einzuordnen <strong>und</strong> zu verstehen. Sensibilisierung<br />

der Bewegungswahrnehmung <strong>und</strong> Entwicklung der Bewegungskompetenz<br />

können in jedem Alter einen nachhaltigen Beitrag<br />

zur Ges<strong>und</strong>heits-, Entwicklungs- <strong>und</strong> Lernförderung leisten.<br />

Kinaesthetics kann helfen, neue Bewegungsmöglichkeiten zu entdecken<br />

<strong>und</strong> arbeitsbedingte Rückenschmerzen, Verspannungen<br />

oder andere körperliche Beschwerden anzugehen, im Alter beweglich<br />

<strong>und</strong> selbstständig zu bleiben sowie sich mit der eigenen<br />

Kreativität <strong>und</strong> Flexibilität (z.B. im Umgang mit Stress) auseinanderzusetzen.<br />

Bei der Begleitung <strong>und</strong> Pflege von Neugeborenen, alten Menschen,<br />

Behinderten <strong>und</strong> Patienten zeigt sich die Wirkung von Kinaesthetics<br />

stets in doppeltem Sinn: Sowohl Pflegende als auch gepflegte<br />

Menschen profitieren. Gestaltet man Pflegeinterventionen<br />

als Interaktionen auf der Gr<strong>und</strong>lage von Kinaesthetics, führt dies<br />

oft zu erstaunlichen Fortschritten bei Pflegebedürftigen <strong>und</strong> fördert<br />

auch die Ges<strong>und</strong>heit der pflegenden Personen. Kinaesthetics<br />

will mit Respekt vor der Selbstständigkeit des Gegenübers Lern<strong>und</strong><br />

Entwicklungsprozesse fördern <strong>und</strong> so einen Beitrag zur Lebensqualität<br />

aller Beteiligten leisten.<br />

Gr<strong>und</strong>lagen von Kinaesthetics sind: Forschungen des Verhaltenskybernetikers<br />

K. U. Smith <strong>und</strong> der daran anknüpfende Kinaesthetics-Feldforschungsprozess,<br />

Kybernetik (G. Bateson oder H.<br />

v. Foerster), Beschreibungen lebender Systeme durch Neurobiologen<br />

(H. Maturana <strong>und</strong> F. J. Varela).<br />

F. Hatch <strong>und</strong> L. Maietta entwickelten Kinaesthetics in den<br />

80er-Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts auf der Gr<strong>und</strong>lage ihres wissenschaftlichen<br />

Kontaktes zu K. U. Smith <strong>und</strong> ihres Interesses für Bewegung,<br />

Tanz <strong>und</strong> Lernen. Bei der Weiterentwicklung der theoretischen<br />

Gr<strong>und</strong>lagen stützt sich Kinaesthetics auf eigene Forschungsprojekte<br />

<strong>und</strong> auf aktuelle Forschungen in verwandten Bereichen.<br />

Recruiting im internationalen Vergleich<br />

Franz Wagner<br />

B<strong>und</strong>esgeschäftsführer, DBfK e.V., Berlin<br />

Ges<strong>und</strong>heitspersonalmangel ist ein weltweites Problem. Quasi alle<br />

Länder suchen mehr oder weniger verzweifelt nach einer Lösung.<br />

Die häufigste Lösung ist die Anwerbung von Pflegefachkräften aus<br />

dem Ausland. Hier gibt es erhebliche ethische Probleme, da die<br />

Abwerbung zu Versorgungsproblemen im Ursprungsland führen<br />

kann. Die WHO hat deshalb vor Kurzem einen Standard mit<br />

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<strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010 · No. 5 · Supplement 1 · Kongress-<strong>Abstracts</strong>


8. Ges<strong>und</strong>heitspflege-Kongress Hamburg – <strong>Abstracts</strong> der Fachvorträge <strong>und</strong> <strong>Workshops</strong><br />

ethischen Gr<strong>und</strong>regeln für die Anwerbung von Personal aus dem<br />

Ausland verabschiedet.<br />

Eine weitere Strategie ist die Beschäftigung von Personal, das<br />

Leiharbeitsfirmen zur Verfügung stellen.<br />

In Deutschland spielt derzeit die Anwerbung ausländischer<br />

Fachkräfte eine untergeordnete Rolle. Es wird aber immer häufiger<br />

eine Greencard gefordert. Dies erscheint eine wenig geeignete<br />

Lösung, da Deutschland aus mehreren Gründen ein unattraktives<br />

Zielland ist. Die beiden wichtigsten Faktoren sind<br />

Arbeitsbedingungen <strong>und</strong> Bezahlung. An den östlichen Landesgrenzen<br />

mag ja eine Berufstätigkeit in Deutschland für Pflegefachkräfte<br />

aus Polen oder Tschechien wegen der Heimatnähe noch<br />

interessant sein. Wer aber weiter weg will, geht gleich nach Skandinavien,<br />

Großbritannien oder in die Niederlande. Die Anwerbung<br />

<strong>und</strong> der Einsatz ausländischer Fachkräfte stellen zudem an<br />

die Arbeitgeber <strong>und</strong> die KollegInnen große Anforderungen. Es<br />

muss sichergestellt werden, dass eine gute Einarbeitung stattfindet,<br />

damit die betreuten Menschen nicht gefährdet werden.<br />

Bisher sind deutsche Arbeitgeber in der Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong><br />

Pflegebranche nur wenig kreativ, wenn es darum geht, Personal zu<br />

gewinnen. Das fängt bei der Stellenausschreibung an <strong>und</strong> setzt<br />

sich bei Leistungsanreizen fort. Die beste Methode wäre, einmal<br />

gewonnenes Personal zu behalten, indem man attraktive Arbeitsplätze<br />

schafft. Das scheint aber manchem Arbeitgeber bisher zu<br />

teuer zu sein – eine ziemlich kurzsichtige Strategie.<br />

<strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010 · No. 5 · Supplement 1 · Kongress-<strong>Abstracts</strong><br />

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