Fachvorträge und Workshops â Abstracts - Heilberufe
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<strong>Heilberufe</strong>SCIENCE<br />
K O N G R E S S E<br />
8. Ges<strong>und</strong>heitspflege-Kongress, 19./20.11.2010 in Hamburg<br />
Fachvorträge <strong>und</strong> <strong>Workshops</strong> – <strong>Abstracts</strong><br />
Inhalt<br />
5 Professionalisierung der Pflegeberufe – quo vadis?<br />
Uta Gaidys<br />
5 Personalentwicklung angesichts des demografischen<br />
Wandels<br />
Jutta Geringhoff<br />
6 Hygienische Anforderungen bei unterschiedlichen<br />
Harnableitungsverfahren<br />
Dietmar Hegeholz<br />
6 Hygiene – Herausforderung im Pflegealltag<br />
Nils-Olaf Hübner<br />
6 Deeskalations- <strong>und</strong> Anti-Aggressionstraining<br />
RADAR-Methode Regeer® mit integrierten<br />
CFB®-Techniken<br />
Stephan Leuschner<br />
7 Hygiene <strong>und</strong> Arbeitsschutz<br />
Dieter Morawitz<br />
7 Was wird getan, um die Berufsordnung<br />
in Hamburg umzusetzen?<br />
Das Beispiel der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH<br />
Sabine Rex<br />
8 Stolperstein Expertenstandards<br />
Simone Schmidt<br />
9 Besonderheiten der Kommunikation mit Angehörigen<br />
Zur Unterstützung im Umgang mit schwerer Krankheit,<br />
Sterben, Tod <strong>und</strong> Trauer<br />
Heidi Selmons<br />
9 Was wird getan, um die Berufsordnung<br />
in Hamburg umzusetzen?<br />
Das Beispiel des Universitätsklinikums<br />
Hamburg-Eppendorf<br />
Sonja Spahl<br />
10 Blick über den Tellerrand –<br />
Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung in der Physiotherapie<br />
Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung als Teil des beruflichen<br />
Selbstverständnisses<br />
Ulrike Steinecke<br />
10 Kinaesthetics<br />
Claudia Volkmann<br />
10 Recruiting im internationalen Vergleich<br />
Franz Wagner<br />
8 Lebenslanges Lernen – Pflicht oder Motor?<br />
Sinn als Krisis <strong>und</strong> Kriterium beruflichen Handelns<br />
Georg Rückriem<br />
<strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010; 1 (5): 4–11<br />
DOI 10.1007/s16024-010-0502-5<br />
4<br />
<strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010 · No. 5 · Supplement 1 · Kongress-<strong>Abstracts</strong>
8. Ges<strong>und</strong>heitspflege-Kongress Hamburg – <strong>Abstracts</strong> der Fachvorträge <strong>und</strong> <strong>Workshops</strong><br />
Professionalisierung der Pflegeberufe – quo vadis?<br />
Uta Gaidys<br />
Department Pflege <strong>und</strong> Management, Prodekanin Studium <strong>und</strong><br />
Lehre, Fakultät Wirtschaft <strong>und</strong> Soziales, Hochschule für Angewandte<br />
Wissenschaften Hamburg<br />
Begründungszusammenhang von Akademisierung <strong>und</strong><br />
Professionalisierung<br />
Im Fokus der Pflege steht der pflegebedürftige Mensch. Um seinen<br />
Bedürfnissen gerecht zu werden, gebrauchen Pflegende ihr Wissen,<br />
ihre Erfahrung <strong>und</strong> ihre Intuition. Pflegende sind dazu aufgefordert,<br />
dieses Wissen, diese Erfahrung <strong>und</strong> auch diese Intuition<br />
systematisch zu reflektieren <strong>und</strong> zu untersuchen. Pflegerische Situationen<br />
sind immer wieder neu <strong>und</strong> individuell. Diese Situationen<br />
müssen immer wieder neu gedeutet <strong>und</strong> interpretiert werden.<br />
Dazu bedarf es gr<strong>und</strong>legender handwerklicher Fertigkeiten<br />
<strong>und</strong> wissenschaftsbasierter Reflexionsfähigkeit. Letztere beinhaltet<br />
die Fähigkeit, pflegerische Tätigkeiten einerseits auf ihren Nutzen<br />
zu überprüfen <strong>und</strong> andererseits ihre Bedeutung für unsere<br />
Klienten <strong>und</strong> Klientinnen wahrzunehmen. Gelingt die Integration<br />
dieser Fähigkeiten wird Pflege professionell durchgeführt.<br />
Für die situationsgerechte Überprüfung des Nutzens pflegerischer<br />
Interventionen ist es notwendig, sowohl die Erkenntnisse<br />
von Forschung bewerten zu können als auch den Prozess der Erkenntnisgewinnung<br />
hinterfragen zu können. Die Entwicklung<br />
dieser Fähigkeiten ist ein Teil der Aufgabe von wissenschaftlicher<br />
Bildung. Dies realisieren in Deutschland akademische Bildungsinstitutionen.<br />
Die spezifische Deutung pflegerischer Situationen<br />
erfordert gleichwohl die Fähigkeit, wissenschaftliche Erkenntnisse<br />
hinsichtlich der individuellen Klientenbedürfnisse zu interpretieren.<br />
Auch dies ist eine Aufgabe von akademischer Bildung. Allerdings<br />
ist festzustellen, dass die Integration dieser Perspektive in<br />
akademische Bildungsprozesse eine große Herausforderung ist.<br />
Akademische Bildungsinstitutionen in Deutschland gehen hier<br />
verschiedene, auch unübersichtliche Wege. Der Prozess der nachholenden<br />
Akademisierung in Deutschland benötigt eine kritische<br />
Evaluation hinsichtlich der Frage, ob unsere Klienten <strong>und</strong> Klientinnen<br />
von diesem Prozess profitieren. Professionalität bedeutet<br />
in kurzen Worten genau das: den pflegebedürftigen Mensch in<br />
den Fokus zu stellen.<br />
Personalentwicklung angesichts des<br />
demografischen Wandels<br />
Jutta Geringhoff<br />
Geschäftsbereichsleiterin Personal, CURA Seniorenwohn- <strong>und</strong><br />
Pflegeheime Dienstleistungs GmbH, Berlin<br />
Dies führt einerseits zu einem steigenden Versorgungsbedarf Pflegebedürftiger<br />
<strong>und</strong> andererseits zu einer sinkenden Zahl von Auszubildenden<br />
in Pflegeberufen. Weiterhin stellt die Zunahme von<br />
berufsbedingten Erkrankungen <strong>und</strong> Fehlzeiten bei alternden Belegschaften<br />
die Personalentwicklung von Unternehmen im Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />
vor Herausforderungen. Daher sind Unternehmen<br />
gezwungen, die Beschäftigungsfähigkeit der älteren Mitarbeiter<br />
zu erhalten. Angesichts dieser Problematik sind Themen<br />
wie Ges<strong>und</strong>heitsmanagement <strong>und</strong> Nachwuchsförderung für Unternehmen<br />
zu einem Erfolgsfaktor geworden. In diesem Beitrag<br />
wird die Personalentwicklungsstrategie der CURA/MATERNUS-<br />
Unternehmensgruppe vorgestellt <strong>und</strong> aufgezeigt, mit welchen<br />
Maßnahmen den Auswirkungen des demografischen Wandels<br />
entgegenwirkt werden kann.<br />
Methoden/Vorgehen: Durch die Beteiligung am durch das BMfAS<br />
geförderten Projekt DemogAP (Demografiefeste Arbeitsplätze<br />
in der Pflege) wird das Unternehmen wissenschaftlich bei der<br />
Implementierung von Instrumenten zur Messung der Demografiefestigkeit<br />
(Democheck) <strong>und</strong> von altersgerechten Personalentwicklungsmaßnahmen<br />
begleitet. Für die Identifikation des Handlungsbedarfs<br />
in Bezug auf die Akzeptanz <strong>und</strong> Nutzung von altersspezifischen<br />
Maßnahmen zur Ges<strong>und</strong>heitsförderung sowie einer<br />
ressourcenorientierten Führung wird mittels eines validierten<br />
Fragebogens des wissenschaftlichen Instituts der AOK eine Mitarbeiterbefragung<br />
durchgeführt.<br />
Ergebnisse: Im Rahmen der flächendeckenden Implementierung<br />
des betrieblichen Ges<strong>und</strong>heitsmanagements werden Demografie<strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitscoaches ausgebildet. Des Weiteren sieht das Konzept<br />
„Ges<strong>und</strong>heitlich führen“ für die Führungskräfte der mittleren<br />
Ebene ein neues Führungsverständnis vor. Hierzu werden die Mitarbeiter<br />
zum Thema Ressourcenorientierte Führung von Entwicklungsgesprächen<br />
geschult. Darüber hinaus wird ein betriebsübergreifendes<br />
Curriculum zur demografieorientierten Prävention<br />
aufgestellt, in dem unter anderem die Durchführung von Ges<strong>und</strong>heitschecks<br />
für ältere Mitarbeiter etabliert wird.<br />
Schlussfolgerung/Diskussion: Demografischer Wandel ist die<br />
entscheidende Rahmenbedingung in der heutigen Personalpolitik<br />
<strong>und</strong> wirkt sich auf alle Teilbereiche eines modernen Personalmanagements<br />
aus: Personalmarketing – Ansprache besonderer Zielgruppen;<br />
Personalbeschaffung – Messung <strong>und</strong> Bewertung von der<br />
Erfahrung <strong>und</strong> Leistung älterer Mitarbeiter; Personalentwicklung<br />
– Konzepte <strong>und</strong> Inhalte müssen den Adressaten angepasst werden;<br />
Förderung von Familienfre<strong>und</strong>lichkeit <strong>und</strong> Work-Life-Balance<br />
für Mitarbeiter 55+; Betriebliches Ges<strong>und</strong>heitsmanagement –<br />
konsequente Analyse <strong>und</strong> Ergreifung von Maßnahmen, insbesondere<br />
für ältere Arbeitnehmer; Organisationsentwicklung – Anpassung<br />
der Prozesse unter Berücksichtigung des demografischen<br />
Wandels.<br />
Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Fragestellung: Die demografische Entwicklung<br />
führt zu einer steigenden Anzahl älterer <strong>und</strong> pflegebedürftiger<br />
Menschen, während die Anzahl junger Menschen abnimmt.<br />
<strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010 · No. 5 · Supplement 1 · Kongress-<strong>Abstracts</strong><br />
5
8. Ges<strong>und</strong>heitspflege-Kongress Hamburg – <strong>Abstracts</strong> der Fachvorträge <strong>und</strong> <strong>Workshops</strong><br />
Hygienische Anforderungen bei unterschiedlichen<br />
Harnableitungsverfahren<br />
Dietmar Hegeholz<br />
Medical Advisor Continence Care, Coloplast GmbH, Hamburg<br />
Der Katheterismus der Harnblase ist ein weit verbreitetes Verfahren,<br />
welches in der heutigen Zeit bei einer Vielzahl von Erkrankungen<br />
als therapeutische Option, aber auch im Rahmen verschiedener<br />
Monitoringprozesse zum Einsatz kommt. Trotz der<br />
ständigen Verbesserung der Kathetermaterialien inklusive der<br />
Festschreibung der Anlagetechnik <strong>und</strong> Versorgung von Harndauerableitungssystem,<br />
besteht die größte Herausforderung in der<br />
Vermeidung von Harnwegsinfektionen.<br />
Erlitten früher 50% der Dauerkatheterisierten nach 24 St<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> 100% nach 36 St<strong>und</strong>en eine Infektion, hat sich die Infektionsrate<br />
heute deutlich verbessert. Dieser positive Trend darf jedoch<br />
kein Ruhekissen sein, bedenkt man, dass circa 3,5% aller<br />
stationär behandelten Patienten in Deutschland eine nosokomiale<br />
Infektion erleiden. Harnwegsinfektionen nehmen hierbei eine<br />
Spitzenposition ein.<br />
Keime können bereits während des Katheterisierungsvorgangs<br />
eingeschleppt werden. Die häufigste Ursache ist ein unsteriles<br />
Vorgehen, bei dem das Arbeitsmaterial mit Umgebungskeimen<br />
kontaminiert wird. Eine weitere mögliche Ursache ist die<br />
Vernachlässigung der Desinfektion des Meatus in Vorbereitung<br />
der Katheterisierung. Nach Anlage einer transurethralen Dauerableitung<br />
ist die extraluminale Keimaszension entlang der sich<br />
bildenden mukopurolenten Schicht unausweichlich.<br />
Als Kasuistik zu katheterassoziierten Harnwegsinfektionen<br />
muss das Augenmerk auf Inkrustationen <strong>und</strong> Obstruktionen des<br />
Katheters gelegt werden. Langzeitkatheterisierte Patienten weisen<br />
ein Obstruktionsrisiko von bis zu 40% auf [Kunin 1987]. Unerkannte<br />
Obstruktionen führen zur Bakteriämie, Pyelonephritis bis<br />
hin zur Sepsis. In der Kombination Obstruktion – Infektion ist nur<br />
eine geringe Keimzahl erforderlich, um einen schweren Infekt<br />
auszulösen. Obstruktionen werden mehrheitlich durch Inkrustationen<br />
hervorgerufen. Bei Inkrustationen handelt es sich um mineralisierte<br />
Biofilme.<br />
Weitere Ursachen für katheterassoziierte Harnwegsinfektionen<br />
sind Läsionen als Folge von Traumatisierungen mit Infektfolge<br />
des unteren Harntraktes.<br />
Große Bedeutung muss letztlich der Pflege des gesamten Ableitungssystems<br />
beigemessen werden, da mit zunehmender Dauer<br />
der Ableitung das Infektionsrisiko steigt. Traditionelle Arbeitstechniken<br />
wie prophylaktische Blasenspülungen oder intermittierendes<br />
Abklemmen des Dauerableitungssystems zum Zweck des<br />
Blasentrainings haben im modernen Umgang mit Harnableitungssystemen<br />
keinen Platz mehr.<br />
Hygiene – Herausforderung im Pflegealltag<br />
Nils-Olaf Hübner<br />
Institut für Hygiene <strong>und</strong> Umweltmedizin,<br />
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald<br />
In den letzten Jahren hat die Frage nach einer stärkeren Patientenorientierung<br />
im Ges<strong>und</strong>heitswesen an Bedeutung gewonnen. Dies<br />
ist nur natürlich, ist doch der Existenzgr<strong>und</strong> von Ges<strong>und</strong>heitsdienstleistern,<br />
dass Menschen Ges<strong>und</strong>heitsleistungen (präventiv,<br />
kurativ oder palliativ) nachfragen. Der Infektionsprävention wurde<br />
dabei in der Vergangenheit als reinem „Hygienefaktor“, das<br />
heißt einen Bestandteil über den man nicht besonders nachdenkt,<br />
solange er in Ordnung ist, oftmals nicht die nötige Aufmerksamkeit<br />
zuteil. Tatsächlich nimmt die Hygiene <strong>und</strong> Infektionsprävention<br />
jedoch eine zentrale Rolle in den Abläufen jedes Ges<strong>und</strong>heitsdienstleisters<br />
<strong>und</strong> damit der dort Beschäftigten <strong>und</strong> Behandelten<br />
ein. Das Pflegepersonal als zahlenmäßig stärkste Gruppe ist davon<br />
besonders betroffen.<br />
Der Vortrag verdeutlicht die mannigfaltigen Beziehungen<br />
zwischen Behandlungsqualität <strong>und</strong> Hygiene <strong>und</strong> zeigt, wie hygienische<br />
Standards in Behandlungspfade integriert werden können.<br />
Neuere Daten zur Wahrnehmung von Infektionsrisiken <strong>und</strong><br />
hygienischen Zuständen in Ges<strong>und</strong>heitseinrichtungen zeigen zudem,<br />
dass Fragen der Infektionsvermeidung von den Patienten<br />
aktiv wahrgenommen werden <strong>und</strong> zur Entscheidung für oder gegen<br />
einen individuellen Dienstleister beitragen. Hieraus ergibt<br />
sich die Chance, die Patienten aktiv in die Hygiene einzubeziehen,<br />
aber auch die Herausforderung für Ges<strong>und</strong>heitsdienstleister, den<br />
Faktor Infektionsprävention als wesentlichen Teil der Unternehmensstrategie<br />
auszubauen <strong>und</strong> zu kommunizieren.<br />
Deeskalations- <strong>und</strong> Anti-Aggressionstraining<br />
RADAR-Methode Regeer® mit integrierten<br />
CFB®-Techniken<br />
Stephan Leuschner<br />
Zentrum für psychosoziale Medizin,<br />
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf<br />
Die RADAR-Methode Regeer® wurde im Jahre 1996 entwickelt<br />
vor dem Hintergr<strong>und</strong>, dass Pflegende <strong>und</strong> andere soziale Berufsgruppen<br />
zunehmend mit Aggression <strong>und</strong> Gewalt konfrontiert<br />
werden. Sie gibt die einzigartige Möglichkeit, Aggression <strong>und</strong> drohende<br />
Gewalt rechtzeitig zu erkennen, einzuschätzen <strong>und</strong> adäquate<br />
Interventionen zu wählen, so dass möglichst weder im Pflegeprozess<br />
Beteiligte noch Klienten beziehungsweise Patienten zu<br />
Schaden kommen.<br />
Die CFB®-Techniken sind aus dem Kampfsport heraus entwickelte<br />
Techniken, die das Ziel haben, entweder sich persönlich<br />
aus einer Situation zu befreien oder bei Kontrollverlust die Kon-<br />
6 <strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010 · No. 5 · Supplement 1 · Kongress-<strong>Abstracts</strong>
8. Ges<strong>und</strong>heitspflege-Kongress Hamburg – <strong>Abstracts</strong> der Fachvorträge <strong>und</strong> <strong>Workshops</strong><br />
trolle über einen Patienten/Klienten solange zu übernehmen, wie<br />
es notwendig ist, wobei die Schädigung so minimal wie möglich<br />
gehalten wird. Es wird somit verhindert, dass es zu Sanktionen<br />
kommt.<br />
Die RADAR-Methode Regeer® führt dazu, dass geschulte<br />
Mitarbeiter sich selbst sowie Klienten/Patienten besser einschätzen<br />
<strong>und</strong> deeskalierend arbeiten können. Dies bedeutet, dass Mitarbeiter<br />
deutlich sicherer sind <strong>und</strong> dass viele Situationen entschärft<br />
werden, bevor es zu einer Eskalation kommt. Dies führt letztlich<br />
zu einer klaren Abnahme von Zwangsmaßnahmen wie Isolation<br />
oder Fixierung.<br />
Hygiene <strong>und</strong> Arbeitsschutz<br />
Dieter Morawitz<br />
Geseke<br />
Ein Unternehmen zu führen heißt, Verantwortung für Betrieb<br />
<strong>und</strong> Mitarbeiter sowie für Bewohner <strong>und</strong> Betreute zu tragen. Infektionen<br />
zählen zu den häufigsten Erkrankungsursachen. Patienten<br />
im Krankenhaus sowie Bewohner in Pflegeheimen haben<br />
ein Recht auf wirksamen Schutz vor Infektionserkrankungen.<br />
Dasselbe gilt für das Pflegepersonal.<br />
Maßnahmen zur Vermeidung von Infektionen sollen die<br />
Übertragung ansteckender Krankheiten beziehungsweise Mikroorganismen<br />
von Patienten auf Mitarbeiter <strong>und</strong> umgekehrt verhindern.<br />
Dieses Ziel verfolgen die Hygienerichtlinien des Robert<br />
Koch-Institutes <strong>und</strong> der nationalen Referenzzentren, die Hygieneverordnung<br />
der Länder <strong>und</strong> der BGW (Berufsgenossenschaft für<br />
Ges<strong>und</strong>heitsdienst <strong>und</strong> Wohlfahrtspflege).<br />
Während das Infektionsschutzgesetz den Schutz der Allgemeinheit<br />
vor Infektionserkrankungen sicherstellen <strong>und</strong> das Robert<br />
Koch-Institut mit seinen Richtlinien die praktische Umsetzung<br />
erleichtern soll, ist im Bereich des Mitarbeiterschutzes die<br />
Biostoffverordnung <strong>und</strong>, als Umsetzungshilfe, die TRBA 250<br />
maßgebend.<br />
In § 36 des Infektionsschutzgesetzes wird gefordert, dass alle<br />
Betriebe zum Schutz der Beschäftigten <strong>und</strong> der Patienten alle erforderlichen<br />
innerbetrieblichen Maßnahmen schriftlich festzuhalten<br />
<strong>und</strong> als verbindliche Handlungsanleitung im Hygieneplan<br />
zu beschreiben haben. Als Gr<strong>und</strong>lage für die Maßnahme sieht das<br />
Robert Koch-Institut in seiner Richtlinie „Infektionsprävention<br />
für Heime“ die Gefährdungsanalyse als ein geeignetes Medium,<br />
die unterschiedlichen betrieblichen Anforderungen im Hygieneplan<br />
zu berücksichtigen.<br />
Die Gefährdungsbeurteilung ist im Bereich des Arbeitsschutzes<br />
seit langem etabliert <strong>und</strong> hat sich bewährt. Der Arbeitgeber<br />
hat sich nach § 5 der Biostoffverordnung ausreichende Informationen<br />
über mögliche ges<strong>und</strong>heitliche Gefährdungen seiner<br />
Beschäftigten zu beschaffen <strong>und</strong> dieses schriftlich in einer Gefährdungsbeurteilung<br />
festzulegen. Durch diese Vorgehensweise ist es<br />
möglich, den individuellen Bedürfnissen der Betriebe Rechnung<br />
zu tragen, ohne den Schutz der Mitarbeiter zu vernachlässigen. Im<br />
Gegenteil: häufig wird durch die Gefährdungsbeurteilung erst<br />
deutlich, an welcher Stelle der Tätigkeit eine Gefährdung existiert.<br />
Es können so gezielt Maßnahmen getroffen werden, diese Gefährdung<br />
zu minimieren.<br />
Was wird getan, um die Berufsordnung<br />
in Hamburg umzusetzen?<br />
Das Beispiel der Asklepios Kliniken Hamburg GmbH<br />
Sabine Rex<br />
Pflegedirektorin, Asklepios Klinik Altona, Hamburg<br />
Die Hamburger Pflegefachkräfte-Berufsordnung regelt neben<br />
dem Berufsbild, den Berufsaufgaben <strong>und</strong> -pflichten erstmalig verbindlich<br />
auch die Verpflichtung zu Maßnahmen der Kompetenzerhaltung<br />
<strong>und</strong> Qualitätssicherung. Hier ist ein wichtiger Beitrag<br />
zur Professionalisierung der Pflegeberufe von der zuständigen<br />
Fachaufsichtsbehörde angestoßen worden. Nun ist es an den Beschäftigten<br />
<strong>und</strong> Betrieben, daraus ein konsistentes Konzept zur<br />
Qualifikationsentwicklung <strong>und</strong> -erhaltung zu generieren.<br />
Die Asklepios Kliniken Hamburg GmbH sehen sich als Arbeitgeber<br />
in der Verantwortung, Mitarbeiter/innen bei Qualifizierungen<br />
<strong>und</strong> der Nachweisführung zu unterstützen. Darüber hinaus<br />
unterstützen wir aktiv die Registrierung beruflich Pflegender<br />
<strong>und</strong> den Erwerb von Fortbildungspunkten in diesem Rahmen, um<br />
eine überregionale Reichweite zu realisieren. Dies erfolgt unter<br />
anderem durch: systematische Qualifikationsbedarfserhebung;<br />
interne, fachbereichsbezogene Fortbildungen; Nutzung des Fort<strong>und</strong><br />
Weiterbildungsangebotes des eigenen Bildungszentrums<br />
(BZG); Nutzung der ASKLEPIOS Online-Bibliothek sowohl an<br />
jedem Arbeitsplatz als auch vom Privat-PC; kostenlose Basislizenz<br />
zur Erreichung von Fortbildungspunkten im Rahmen der Certified<br />
Nursing Education (CNE) für alle Pflegekräfte, kostenlose<br />
Nutzung der E-Learning Plattform des Thieme Verlages; kostenlose<br />
Premiumlizenzen, Zugriff auf die Medienbibliothek/CNE<br />
über das Intranet; Freistellung <strong>und</strong> Kostenübernahme/-beteiligung<br />
bei Fortbildungen, Beteiligung an Projekten, Ges<strong>und</strong>heits<strong>und</strong><br />
Qualitätszirkeln, etc.; hohe Beteiligungsquoten an Fachweiterbildungen;<br />
systematischer Aufbau <strong>und</strong> Verbreitung von<br />
Fachexpertise in betrieblichen, pflegerischen Konsildiensten.<br />
Es ist ausdrücklich positiv zu bewerten, dass die Umsetzungsverantwortung<br />
in den Händen der Pflegenden selbst liegt. Dies ist<br />
in anderen Ländern <strong>und</strong> Berufen, die über stärker ausgeprägte<br />
Selbstverwaltungen (z.B. Kammern) verfügen, seit langem selbstverständlich.<br />
Die Entwicklung in Richtung Europäischer Standards, die<br />
über die Selbstverpflichtung <strong>und</strong> Selbstverantwortung der Pflegenden<br />
hinaus zu einer zunehmenden Vergleichbarkeit <strong>und</strong> Qualitätssicherung<br />
von Fortbildungsniveaus führt, ist unbedingt zu<br />
befürworten.<br />
<strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010 · No. 5 · Supplement 1 · Kongress-<strong>Abstracts</strong><br />
7
8. Ges<strong>und</strong>heitspflege-Kongress Hamburg – <strong>Abstracts</strong> der Fachvorträge <strong>und</strong> <strong>Workshops</strong><br />
Lebenslanges Lernen – Pflicht oder Motor?<br />
Sinn als Krisis <strong>und</strong> Kriterium beruflichen Handelns<br />
Georg Rückriem<br />
Berlin<br />
„Pflicht oder Motor“ ist heute eine falsche Fragestellung, lebenslanges<br />
Lernen ist in unserer Gesellschaft längst eine Realität, mehr<br />
noch: eine strukturelle, das heißt allgemeine Notwendigkeit, keine<br />
beliebige Option. Lebenslanges Lernen ist eine gesellschaftliche<br />
Notwendigkeit nicht nur im Bereich des beruflichen Handelns,<br />
sondern des Alltagshandelns überhaupt. Und es ist nicht nur eine<br />
gesellschaftliche Erwartung an den Einzelnen, sondern gleichermaßen<br />
ein inneres Bedürfnis des Einzelnen gegenüber sich selbst.<br />
Motor <strong>und</strong> Antrieb dieses Bedürfnisses ist der Sinn. Menschen<br />
sind sinnorientierte <strong>und</strong> Sinn produzierende Wesen. Das<br />
gilt für jede Tätigkeit, also auch für das Lernen. Ohne Sinn kein<br />
Lernen. Umgekehrt ist Lernen die fortwährende Produktion <strong>und</strong><br />
Bewährungskontrolle von gef<strong>und</strong>enen Sinnformen gegenüber<br />
einer sich permanent verändernden Welt. Dies hat Konsequenzen<br />
auf drei Ebenen: Zum einen auf der Ebene des alltäglichen Handelns,<br />
zum Beispiel in der Form von Ges<strong>und</strong>heit als Sinn. Beides,<br />
die Fähigkeit zur Identifizierung konkreter Bedingungen von ges<strong>und</strong>er<br />
Lebensführung (vor allem in Ernährung, Körpertraining,<br />
Stressvermeidung <strong>und</strong> Beruf etc.) <strong>und</strong> die Kompetenz zur praktischen<br />
Realisierung eines ges<strong>und</strong>en Lebens werden immer wichtiger<br />
<strong>und</strong> zugleich immer schwieriger. Die sowohl individuellen<br />
wie gesellschaftlichen Konsequenzen fehlender Fähigkeiten wie<br />
Kompetenzen werden immer gravierender. Zum zweiten auf der<br />
Ebene des beruflichen Handelns insbesondere von <strong>Heilberufe</strong>n.<br />
Angesichts der allgemein wachsenden Widersprüche zum Beispiel<br />
von erwartetem beruflichem Engagement <strong>und</strong> realen Bedingungen<br />
einerseits <strong>und</strong> von hohem individuellem Engagement <strong>und</strong><br />
faktischer Überforderung andererseits sind heute vor allem die<br />
sozialen Berufe zwingend auf den reflexiven Umgang mit Sinnfindungsprozessen<br />
angewiesen, sowohl was die Professionals selbst<br />
– ihr berufliches Selbstverständnis – als auch was ihre Klienten<br />
betrifft. Zum dritten auf der Ebene der beruflichen Ausbildung.<br />
Diese Notwendigkeit aber kann heute nicht mehr mit den Mitteln<br />
einer zufälligen individuellen Begabung bewältigt werden, sie verlangt<br />
eine Ausbildung, die sich professionell mit der empirischen<br />
Beschreibung <strong>und</strong> Analyse der aktuellen Sinnprobleme in unserer<br />
Gesellschaft <strong>und</strong> mit der Analyse der Sinnfindungsprozesse in den<br />
Praxisbereichen der <strong>Heilberufe</strong> beschäftigt <strong>und</strong> dies zum Inhalt<br />
der Ausbildung macht.<br />
Stolperstein Expertenstandards<br />
Simone Schmidt<br />
Ladenburg<br />
Seit der Veröffentlichung der einzelnen Nationalen Expertenstandards<br />
zeigen sich in fast allen Pflegeeinrichtungen typische Probleme<br />
bei der Implementierung in den einrichtungsinternen Pflegestandard.<br />
Da die Nationalen Expertenstandards des DNQP für alle Bereiche<br />
der Pflege entwickelt wurden <strong>und</strong> deshalb bezüglich der<br />
Formulierung auch relativ allgemein gehalten sind, beobachtet<br />
man an der Basis zum einen Schwierigkeiten beim Verständnis<br />
des Inhalts <strong>und</strong> zum anderen Unklarheiten bei der praktischen<br />
Berücksichtigung. Dabei spielen nicht nur der Wissenstransfer<br />
<strong>und</strong> der Zeitfaktor sowie die Erarbeitung einer einrichtungsinternen<br />
Verfahrensregelung eine Rolle.<br />
Die Implementierung der Expertenstandards stellt alle Einrichtungen<br />
des Pflegesektors vor typische Probleme, etwa bei der<br />
Auswahl von Screening- <strong>und</strong> Assessmentinstrumenten, bei der<br />
Erstellung von Verfahrensregelungen, bei der Planung von geeigneten<br />
Maßnahmen, bei der Evaluation sowie bei der Dokumentation.<br />
Der bürokratische Aufwand <strong>und</strong> die Benutzerfre<strong>und</strong>lichkeit<br />
von Formularen dürfen dabei nicht vernachlässigt werden. Eine<br />
korrekte Dokumentation ist auch aus haftungsrechtlicher Sicht erforderlich<br />
<strong>und</strong> wird durch geeignete Formulare erleichtert, wobei<br />
insbesondere das Risikoassessment beachtet werden muss.<br />
Gerade im ambulanten Bereich ist die Umsetzung durch die<br />
begrenzte Anwesenheit der Mitarbeiter vor Ort erschwert, aber<br />
auch in stationären Einrichtungen zeigen sich immer wieder Defizite.<br />
Durch das Pflegeweiterentwicklungsgesetz haben die Expertenstandards<br />
in doppelter Hinsicht an Bedeutung gewonnen: Zum<br />
einen wurde die Implementierung ausdrücklich gefordert, zum<br />
anderen beeinflusst die Umsetzung der Expertenstandards deutlich<br />
das Prüfergebnis bei externen Überprüfungen der Pflegequalität.<br />
Durch die Veröffentlichung der Prüfergebnisse kann dadurch<br />
ein Wettbewerbsnachteil entstehen, auch wenn der Verbraucher<br />
das veröffentlichte Ergebnis gar nicht unbedingt realistisch einschätzen<br />
kann. Die häufigsten Stolpersteine <strong>und</strong> Fehler im praktischen<br />
Pflegealltag <strong>und</strong> deren Vermeidung werden deshalb in<br />
diesem Workshop näher beleuchtet. Dabei werden alle Phasen des<br />
Pflegeprozesses separat betrachtet <strong>und</strong> anhand von praktischen<br />
Beispielen erläutert.<br />
8 <strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010 · No. 5 · Supplement 1 · Kongress-<strong>Abstracts</strong>
8. Ges<strong>und</strong>heitspflege-Kongress Hamburg – <strong>Abstracts</strong> der Fachvorträge <strong>und</strong> <strong>Workshops</strong><br />
Besonderheiten der Kommunikation mit Angehörigen<br />
Zur Unterstützung im Umgang mit schwerer<br />
Krankheit, Sterben, Tod <strong>und</strong> Trauer<br />
Heidi Selmons<br />
Beratungsstelle CHARON, Hamburg<br />
Unter der gefühlten <strong>und</strong> übernommenen Verantwortung, jetzt<br />
stark sein zu müssen, stellen Angehörige ihre Probleme im Interesse<br />
des Kranken zurück. Nach <strong>und</strong> nach aber wird immer deutlicher,<br />
dass es nicht nur um den Anderen <strong>und</strong> seine bestmögliche<br />
Versorgung geht, sondern auch um das eigene Erleben.<br />
Neben zeitlichen, organisatorischen <strong>und</strong> finanziellen Herausforderungen<br />
sind die Nöte Angehöriger hauptsächlich emotionaler<br />
Natur: Angst vor Ungewissheit. Angst vor Leiden. Angst vor<br />
Verlust. Angst vor Versagen. Angesichts der nur noch begrenzten<br />
gemeinsamen Zeit wächst der gefühlte Druck, keine Fehler zu machen.<br />
Dabei können sich gerade durch die neue Rollenverteilung<br />
ungeklärte Themen in der Beziehung zu Konflikten verdichten.<br />
Schuld- <strong>und</strong> Versagensgefühle sind oft die ständigen Begleiter<br />
der Angehörigen. Überforderung macht sich breit, weil immer<br />
neue Anpassungsleistungen an vielfach wenig vorhersehbare Situationen<br />
im Krankheits- <strong>und</strong> Therapieverlauf nötig sind, das eigene<br />
Familien-, Berufs- <strong>und</strong> Sozialleben weiterhin seine Anforderungen<br />
stellt <strong>und</strong> das Erleben des körperlichen beziehungsweise geistigen<br />
Verfalls des nahe stehenden Menschen eine starke Belastung<br />
darstellt. In dieser Situation ist es wichtig, dass Angehörige gehört<br />
werden, Raum für das eigene Erleben finden, selbst auch im Zentrum<br />
der Aufmerksamkeit stehen.<br />
Entscheidend für die Kommunikation mit Angehörigen ist<br />
die eigene Haltung: Es geht um Akzeptanz, Anteilnahme <strong>und</strong> das<br />
Aushalten-Können aller Gefühle, insbesondere auch Wut, Trauer<br />
<strong>und</strong> Ohnmacht. Auf solche Weise verstanden <strong>und</strong> angenommen<br />
finden Angehörige am besten Zugang zu ihren individuellen Möglichkeiten<br />
für einen nächsten Schritt. Dieser kann in einer sich<br />
wandelnden Haltung liegen, im Aufscheinen einer neuen Perspektive,<br />
im Zugewinn an Wissen <strong>und</strong> Handlungsmöglichkeiten, im<br />
Hin- oder Annehmen des Unvermeidbaren. Die schmerzliche<br />
Anerkennung von Grenzen, auch der persönlichen, in dieser Situation<br />
ermög-licht es Angehörigen, Verantwortung abzugeben <strong>und</strong><br />
zu teilen, Unterstützung anzunehmen <strong>und</strong> den Blick auf das zu<br />
richten, was geht. So kann Stück für Stück eine neue Orientierung<br />
für einen Alltag jenseits des Selbstverständlichen entstehen.<br />
Was wird getan, um die Berufsordnung<br />
in Hamburg umzusetzen?<br />
Das Beispiel des Universitätsklinikums<br />
Hamburg-Eppendorf<br />
Sonja Spahl<br />
Pflegerische Zentrumsleitung, Zentrum für Innere Medizin,<br />
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf<br />
Nach Bremen <strong>und</strong> dem Saarland wurde 2009 in Hamburg eine Berufsordnung<br />
für Pflegefachkräfte erlassen. Im Universitätsklinikum<br />
Hamburg-Eppendorf (UKE) wurde die Herausforderung zur<br />
Umsetzung der Berufsordnung angenommen. Es wurde eine bereichsübergreifende<br />
Arbeitsgruppe gebildet <strong>und</strong> Informationsveranstaltungen<br />
gehalten. Schnell kristallisierte sich heraus, dass insbesondere<br />
zu § 6 „Kompetenzerhaltung <strong>und</strong> Qualitätssicherung“<br />
Steuerungsbedarf bestand.<br />
In der Vergangenheit kümmerten sich in erster Linie die Vorgesetzten<br />
darum, dass Fortbildungen von ihren Mitarbeitern<br />
wahrgenommen wurden. Die Berufsordnung stellt jedoch eindeutig<br />
fest, dass Pflegefachkräfte eigenverantwortlich Maßnahmen<br />
zur beruflichen Kompetenzerhaltung ergreifen müssen. Erstmalig<br />
in Hamburg wurde darüber hinaus gesetzlich festgeschrieben,<br />
welche Maßnahmen in welchem Umfang zur Kompetenzerhaltung<br />
jährlich notwendig sind. Dies ist ein wichtiger Bestandteil der<br />
Professionalisierung der Pflege.<br />
Zur Unterstützung unserer Pflegefachkräfte wurde ein<br />
„Nachweisheft“ entwickelt <strong>und</strong> implementiert. Das „UKE-Nachweisheft“<br />
enthält neben der Möglichkeit zur Dokumentation von<br />
kompetenzerhaltenden Maßnahmen kompakte <strong>und</strong> übersichtliche<br />
Angaben zu folgenden Themen: Gr<strong>und</strong>qualifikation; abgeschlossene<br />
Weiterbildungen (z.B. Onkologische Weiterbildung),<br />
abgeschlossenes Studium, abgeschlossene mehrtägige Fortbildungen<br />
(z.B. Kinästhetik), Angaben zu Pflichtunterweisungen<br />
(z.B. Reanimation), § 6 der Berufsordnung. Alle Pflegefachkräfte<br />
im UKE besitzen seit 2010 das UKE-Nachweisheft, haben es stets<br />
griffbereit <strong>und</strong> sammeln (mittlerweile) selbstständig ihre Fortbildungspunkte.<br />
Es hat ein Umdenken stattgef<strong>und</strong>en. Nicht der Arbeitgeber<br />
allein ist für die Kompetenzerhaltung der Pflegefachkräfte<br />
verantwortlich. Vielmehr haben die Pflegefachkräfte erkannt,<br />
dass die Professionalisierung der Pflege bei jedem einzelnen<br />
beginnt <strong>und</strong> jeder persönlich seinen Beitrag dazu leisten muss.<br />
Die gesetzliche Verankerung der Berufsordnung in Hamburg hat<br />
hierzu einen wichtigen Beitrag geleistet.<br />
Für 2011 sind die Fortführung des UKE-Nachweisheftes sowie<br />
eine anonymisierte statistische Auswertung der Nachweishefte<br />
2010 geplant.<br />
<strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010 · No. 5 · Supplement 1 · Kongress-<strong>Abstracts</strong><br />
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8. Ges<strong>und</strong>heitspflege-Kongress Hamburg – <strong>Abstracts</strong> der Fachvorträge <strong>und</strong> <strong>Workshops</strong><br />
Blick über den Tellerrand – Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />
in der Physiotherapie<br />
Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung als Teil des beruflichen<br />
Selbstverständnisses<br />
Ulrike Steinecke<br />
Vorsitzende, Zentralverband der Physiotherapeuten/Krankengymnasten<br />
(ZVK) e.V., Deutscher Verband für Physiotherapie,<br />
Köln<br />
Die derzeitige dreijährige Fachschulausbildung zum Physiotherapeuten<br />
ist im Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur<br />
<strong>und</strong> Physiotherapeutengesetz – MPhG) geregelt. Das Lernpensum<br />
ist sehr umfangreich. Es umfasst 2.900 St<strong>und</strong>en theoretischen<br />
<strong>und</strong> praktischen Unterrichts in Gr<strong>und</strong>lagenfächern (wie<br />
Anatomie, Physiologie oder allgemeine Krankheitslehre) sowie in<br />
nahezu allen medizinischen Fachbereichen. 1.600 St<strong>und</strong>en praktische<br />
Ausbildung am Patienten in Krankenhäusern oder anderen<br />
geeigneten medizinischen Einrichtungen ergänzen den Fachunterricht.<br />
Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung von Physiotherapeuten wird gesetzlich<br />
im SGB V in § 124 <strong>und</strong> § 125 geregelt. Die Vorraussetzungen<br />
der so genannten Zertifikatspositionen wie Manuelle Therapie,<br />
Bobath, Vojta, PNF (Propriozeptive Neuromuskuläre Faszilitation)<br />
<strong>und</strong> Manuelle Lymphdrainage erfordern eine Weiterbildung<br />
nach der Ausbildung <strong>und</strong> einer entsprechenden berufspraktischen<br />
Erfahrungszeit. Auch die vielen verschiedenen physiotherapeutischen<br />
Methoden <strong>und</strong> Konzepte zur Behandlung von Patienten<br />
können nicht alle während der Ausbildung vermittelt werden. Angehenden<br />
Physiotherapeuten wird daher schon in der Ausbildung<br />
ein entsprechendes Selbstverständnis vermittelt, sich regelmäßig<br />
fortzubilden. Die Verdoppelung des gesamten medizinischen<br />
Wissens alle fünf Jahre, neue OP-Methoden oder neue Therapieverfahren<br />
sind weitere Gründe, sich im Sinne des lebenslangen<br />
Lernens regelmäßig fortzubilden. Die Entwicklung hin zu evidenzbasierter<br />
Medizin <strong>und</strong> Therapie in den letzten Jahren fördert<br />
außerdem die Notwendigkeit regelmäßiger Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung,<br />
wenn Physiotherapeuten ihre Patienten nach dem „State of<br />
the Art“ behandeln wollen.<br />
Physiotherapeuten waren, auch ohne die gesetzliche Fortbildungsverpflichtung,<br />
schon immer eine Berufsgruppe, die sich<br />
umfangreich fort- <strong>und</strong> weitergebildet hat. Den Beweis dafür liefern<br />
die umfangreichen Angebote des physiotherapeutischen<br />
Fortbildungsmarktes.<br />
Kinaesthetics<br />
Claudia Volkmann<br />
Torstedt<br />
Kinaesthetics bedeutet „Kunst/Wissenschaft der Bewegungswahrnehmung“.<br />
Bewegung ist eine Gr<strong>und</strong>lage des Lebens. Kinaesthetics<br />
stellt Instrumente <strong>und</strong> Methoden zur Verfügung, um individuelle<br />
Erfahrungen einzuordnen <strong>und</strong> zu verstehen. Sensibilisierung<br />
der Bewegungswahrnehmung <strong>und</strong> Entwicklung der Bewegungskompetenz<br />
können in jedem Alter einen nachhaltigen Beitrag<br />
zur Ges<strong>und</strong>heits-, Entwicklungs- <strong>und</strong> Lernförderung leisten.<br />
Kinaesthetics kann helfen, neue Bewegungsmöglichkeiten zu entdecken<br />
<strong>und</strong> arbeitsbedingte Rückenschmerzen, Verspannungen<br />
oder andere körperliche Beschwerden anzugehen, im Alter beweglich<br />
<strong>und</strong> selbstständig zu bleiben sowie sich mit der eigenen<br />
Kreativität <strong>und</strong> Flexibilität (z.B. im Umgang mit Stress) auseinanderzusetzen.<br />
Bei der Begleitung <strong>und</strong> Pflege von Neugeborenen, alten Menschen,<br />
Behinderten <strong>und</strong> Patienten zeigt sich die Wirkung von Kinaesthetics<br />
stets in doppeltem Sinn: Sowohl Pflegende als auch gepflegte<br />
Menschen profitieren. Gestaltet man Pflegeinterventionen<br />
als Interaktionen auf der Gr<strong>und</strong>lage von Kinaesthetics, führt dies<br />
oft zu erstaunlichen Fortschritten bei Pflegebedürftigen <strong>und</strong> fördert<br />
auch die Ges<strong>und</strong>heit der pflegenden Personen. Kinaesthetics<br />
will mit Respekt vor der Selbstständigkeit des Gegenübers Lern<strong>und</strong><br />
Entwicklungsprozesse fördern <strong>und</strong> so einen Beitrag zur Lebensqualität<br />
aller Beteiligten leisten.<br />
Gr<strong>und</strong>lagen von Kinaesthetics sind: Forschungen des Verhaltenskybernetikers<br />
K. U. Smith <strong>und</strong> der daran anknüpfende Kinaesthetics-Feldforschungsprozess,<br />
Kybernetik (G. Bateson oder H.<br />
v. Foerster), Beschreibungen lebender Systeme durch Neurobiologen<br />
(H. Maturana <strong>und</strong> F. J. Varela).<br />
F. Hatch <strong>und</strong> L. Maietta entwickelten Kinaesthetics in den<br />
80er-Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts auf der Gr<strong>und</strong>lage ihres wissenschaftlichen<br />
Kontaktes zu K. U. Smith <strong>und</strong> ihres Interesses für Bewegung,<br />
Tanz <strong>und</strong> Lernen. Bei der Weiterentwicklung der theoretischen<br />
Gr<strong>und</strong>lagen stützt sich Kinaesthetics auf eigene Forschungsprojekte<br />
<strong>und</strong> auf aktuelle Forschungen in verwandten Bereichen.<br />
Recruiting im internationalen Vergleich<br />
Franz Wagner<br />
B<strong>und</strong>esgeschäftsführer, DBfK e.V., Berlin<br />
Ges<strong>und</strong>heitspersonalmangel ist ein weltweites Problem. Quasi alle<br />
Länder suchen mehr oder weniger verzweifelt nach einer Lösung.<br />
Die häufigste Lösung ist die Anwerbung von Pflegefachkräften aus<br />
dem Ausland. Hier gibt es erhebliche ethische Probleme, da die<br />
Abwerbung zu Versorgungsproblemen im Ursprungsland führen<br />
kann. Die WHO hat deshalb vor Kurzem einen Standard mit<br />
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<strong>Heilberufe</strong>SCIENCE 2010 · No. 5 · Supplement 1 · Kongress-<strong>Abstracts</strong>
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ethischen Gr<strong>und</strong>regeln für die Anwerbung von Personal aus dem<br />
Ausland verabschiedet.<br />
Eine weitere Strategie ist die Beschäftigung von Personal, das<br />
Leiharbeitsfirmen zur Verfügung stellen.<br />
In Deutschland spielt derzeit die Anwerbung ausländischer<br />
Fachkräfte eine untergeordnete Rolle. Es wird aber immer häufiger<br />
eine Greencard gefordert. Dies erscheint eine wenig geeignete<br />
Lösung, da Deutschland aus mehreren Gründen ein unattraktives<br />
Zielland ist. Die beiden wichtigsten Faktoren sind<br />
Arbeitsbedingungen <strong>und</strong> Bezahlung. An den östlichen Landesgrenzen<br />
mag ja eine Berufstätigkeit in Deutschland für Pflegefachkräfte<br />
aus Polen oder Tschechien wegen der Heimatnähe noch<br />
interessant sein. Wer aber weiter weg will, geht gleich nach Skandinavien,<br />
Großbritannien oder in die Niederlande. Die Anwerbung<br />
<strong>und</strong> der Einsatz ausländischer Fachkräfte stellen zudem an<br />
die Arbeitgeber <strong>und</strong> die KollegInnen große Anforderungen. Es<br />
muss sichergestellt werden, dass eine gute Einarbeitung stattfindet,<br />
damit die betreuten Menschen nicht gefährdet werden.<br />
Bisher sind deutsche Arbeitgeber in der Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong><br />
Pflegebranche nur wenig kreativ, wenn es darum geht, Personal zu<br />
gewinnen. Das fängt bei der Stellenausschreibung an <strong>und</strong> setzt<br />
sich bei Leistungsanreizen fort. Die beste Methode wäre, einmal<br />
gewonnenes Personal zu behalten, indem man attraktive Arbeitsplätze<br />
schafft. Das scheint aber manchem Arbeitgeber bisher zu<br />
teuer zu sein – eine ziemlich kurzsichtige Strategie.<br />
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