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Hallo Herbst - AWO Journal

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14 meine awo<br />

bunte seite 15<br />

»Jeder muss sich<br />

Pflege leisten können.«<br />

Er gehörte zu den dienstältesten Einrichtungsleitern der<br />

<strong>AWO</strong>: Nach 31 Jahren als Chef im oberbayerischen Seniorenzentrum<br />

Peiting hat sich Frank Doubrawa nun in den<br />

Ruhestand verabschiedet. Ein Gespräch über den Wandel<br />

in der Pflege und schöne Erinnerungen.<br />

Ehepaar Doubrawa<br />

Illustration:<br />

Julia Hoffmann<br />

Herr Doubrawa, Sie können auf drei<br />

tiven entwickeln. Viele Aufstiegsmög-<br />

hier in Oberbayern gilt es festzuhalten.<br />

Jahrzehnte Berufserfahrung zurückblicken.<br />

Sie müssen es wissen: Welche<br />

Eigenschaften sollte man mitbringen,<br />

um Spaß an diesem Job zu haben? Geduld,<br />

Tatkraft, Mut, Humor, viel Freude<br />

am Leben und Gelassenheit braucht<br />

man, um mit einem Lächeln im Gesicht<br />

diesen Job tagtäglich anzugehen.<br />

lichkeiten sind doch ein wunderbarer<br />

Anreiz. Die Nachfrage an Fachkräften<br />

in der Pflege nimmt schon jetzt erheblich<br />

zu. Der Beruf hat Zukunft!<br />

Wie ist es um die Pflege heutzutage<br />

bestellt? Nach 31 Jahren als Einrichtungsleiter<br />

kann ich sagen, dass das<br />

Sie merken schon, Langeweile kommt<br />

bei uns sicherlich nicht auf.<br />

Können Sie sich vorstellen, selbst einmal<br />

in einem Seniorenheim zu wohnen?<br />

Selbstverständlich! Ob es nun unbedingt<br />

dieses Haus sein wird, sei dahingestellt<br />

(lacht). Aus diesem Grund haben wir<br />

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,<br />

Ein Birnbaum in seinem Garten stand,<br />

Und kam die goldene <strong>Herbst</strong>eszeit<br />

Und die Birnen leuchteten weit und breit,<br />

Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,<br />

Der von Ribbeck sich beide Taschen voll.<br />

Und kam in Pantinen ein Junge daher,<br />

So klagten die Kinder. Das war nicht recht -<br />

Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht;<br />

Der neue freilich, der knausert und spart,<br />

Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.<br />

Aber der alte, vorahnend schon<br />

Und voll Mißtrauen gegen den eigenen Sohn,<br />

Der wußte genau, was er damals tat,<br />

Thema Pflege von der Politik leider<br />

auch schon vor Jahren eine private Pfle-<br />

So rief er: »Junge, wiste 'ne Beer?«<br />

Als um eine Birn' ins Grab er bat,<br />

Das war früher sicherlich nicht anders<br />

als heute, oder? Der Beruf der Pflegefachkraft<br />

hat sich stark gewandelt.<br />

Früher waren unsere Bewohner um einiges<br />

jünger als heute. Wir haben teilweise<br />

richtige Wandertouren machen<br />

können – das ist inzwischen, zumindest<br />

bei uns in Peiting, unvorstellbar.<br />

Was ich damit sagen möchte: Es hat<br />

sich eine Situation entwickelt, die eine<br />

Rund-um-die-Uhr-Pflege unabdingbar<br />

macht. Das bringt für unser Personal<br />

ganz andere Belastungen und Herausforderungen<br />

mit sich als noch in den<br />

stark vernachlässigt wird. Wir haben zu<br />

wenig Fürsprecher und nahezu keine<br />

tatkräftige Lobby. Nachdenklich macht<br />

mich die Tatsache, dass für viele Angehörige<br />

die Pflege zu teuer ist. Folge:<br />

Sie versuchen zu Hause zu pflegen.<br />

Oftmals fehlt es dafür an den erforderlichen<br />

Kenntnissen, von der körperlichen<br />

und mentalen Belastung mal ganz<br />

zu schweigen. Jeder muss sich Pflege<br />

leisten können, Geld darf hier einfach<br />

keine Rolle spielen.<br />

Wie stellen Sie sich Ihr eigenes Leben<br />

geversicherung abgeschlossen, zu der<br />

ich übrigens nur jedem raten kann.<br />

Als Einrichtungsleiter haben Sie sicher<br />

vieles erlebt. Verraten Sie uns doch bitte<br />

Ihre Lieblingsanekdote. An eine Geschichte<br />

erinnere ich mich besonders<br />

gerne: Wir hatten einen Bewohner, der<br />

vom Beruf aus Grafiker war. Uns kam<br />

die Idee, in unserer Einrichtung eine<br />

Ausstellung seiner Werke zu veranstalten.<br />

Diese fand einen solchen Anklang,<br />

dass seine Bilder auf Wanderschaft<br />

gingen und auch in anderen Häusern<br />

Und kam ein Mädel, so rief er: »Lütt Dirn,<br />

Kumm man röwer, ick hebb 'ne Birn.«<br />

So ging es viel Jahre, bis lobesam<br />

Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.<br />

Er fühlte sein Ende. 's war <strong>Herbst</strong>eszeit,<br />

Wieder lachten die Birnen weit und breit;<br />

Da sagte von Ribbeck: »Ich scheide nun ab.<br />

Legt mir eine Birne mit ins Grab.«<br />

Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,<br />

Trugen von Ribbeck sie hinaus,<br />

Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht<br />

Sangen »Jesus meine Zuversicht«,<br />

Und die Kinder klagten, das Herze schwer:<br />

Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus<br />

Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.<br />

Und die Jahre gehen wohl auf und ab,<br />

Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,<br />

Und in der goldenen <strong>Herbst</strong>eszeit<br />

Leuchtet's wieder weit und breit.<br />

Und kommt ein Jung' übern Kirchhof her,<br />

So flüstert's im Baume: »Wiste 'ne Beer?«<br />

Und kommt ein Mädel, so flüstert's: »Lütt Dirn,<br />

Kumm man röwer, ick gew' di 'ne Birn.«<br />

So spendet Segen noch immer die Hand<br />

80er Jahren.<br />

im Alter vor? Ach, das sogenannte Alter<br />

präsentiert wurden. Zu diesem Zeit-<br />

»He is dod nu. Wer giwt uns nu 'ne Beer?«<br />

Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.<br />

steht ja nun direkt bei mir vor der Tür<br />

punkt war der gute Herr übrigens 93<br />

Junge Leute, die vor der Berufswahl<br />

und klopft jeden Tag etwas lauter an. Ein<br />

Jahre. Die Fröhlichkeit und Zufrieden-<br />

stehen<br />

was würden Sie ihnen raten?<br />

Problem ist das aber nicht für mich. Ich<br />

heit, die er während dieser Zeit aus-<br />

Tretet ihn an! Man übernimmt viel Verantwortung,<br />

aber man bekommt auch<br />

viel zurück. Was die gesellschaftliche<br />

freue mich zusammen mit meiner Frau<br />

auf unseren Garten und so viel Zeit wie<br />

nur möglich mit der Familie zu verbrin-<br />

strahlte und damit alle angesteckte,<br />

wird mir für immer in Erinnerung bleiben.<br />

Solche Geschichten sind es, die<br />

Theodor Fontane<br />

(1819 – 1898)<br />

Anerkennung und Bezahlung angeht,<br />

gen. Zudem bin ich leidenschaftlicher<br />

diesen Beruf für mich so erfüllend und<br />

wird sich in Zukunft einiges zum Posi-<br />

Hobbyfotograf. Die idyllische Kulisse<br />

einzigartig machen.<br />

ausgabe 04 | 2013 ausgabe 04 | 2013

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