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ZUFRIEDEN IM NEUEN ZUHAUSE - AWO Journal

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Das Magazin für Senioren<br />

und ihre Familien<br />

<strong>ZUFRIEDEN</strong><br />

<strong>IM</strong> <strong>NEUEN</strong> <strong>ZUHAUSE</strong><br />

Haus der Generationen und<br />

andere <strong>AWO</strong> Wohnkonzepte<br />

der Zukunft<br />

SPÄTLESE<br />

Das schöne dritte Lebensalter<br />

WOHNEN <strong>IM</strong> ALTER<br />

Sie haben die Wahl<br />

GESUND BLEIBEN<br />

Aktiv durch den Herbst<br />

Ausgabe RUBRIK1/2009<br />

2<br />

neu<br />

Kostenlos zum<br />

Mitnehmen<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009


<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

Willkommen im<br />

Aktuell<br />

04 _ <strong>AWO</strong> aktuell – Neues von der Arbeiterwohlfahrt<br />

04 _ Junges Gemüse – Futter für die Augen<br />

04 _ Senioren-Sendung – 60+ im Internet<br />

04 _ Kluges fürs Kaffeekränzchen<br />

05 _ Kohl bei Kälte – gesund und lecker<br />

05 _ Mutters Bratapfel – Köstlichkeit zum Nachmachen<br />

Titelthema<br />

06 spätlese Das schöne dritte Lebensalter<br />

09 _ So genießen Sie den Ruhestand richtig<br />

10 Wohnen Rat und Hilfe<br />

18<br />

im Alter<br />

10 Wohnen im Alter<br />

11 _ Die »Ambulante Pflege«<br />

11 _ Das »Haus der Generationen«<br />

12 _ Das »Betreute Wohnen«<br />

12 _ Die »Tages- und Kurzzeitpflege«<br />

13 _ Das Seniorenzentrum<br />

14 Zufrieden im neuen ZuhAuse<br />

14 _ <strong>AWO</strong> »Haus der Generationen« in Neuwied<br />

15 _ <strong>AWO</strong> Seniorenwohnpark in Dießen<br />

15 _ <strong>AWO</strong> Marie-Juchacz-Altenzentrum in Chorweiler<br />

16 so erkennen sie ein gutes seniorenZentrum<br />

17 _ Worauf Sie bei Ihrer Wahl achten sollten<br />

Mittendrin<br />

18 gesund bleiben<br />

06 Der Herbst<br />

16<br />

des Lebens<br />

19 _ Sanftes Training<br />

19 _ Gesunde Ernährung<br />

19 _ Gehirnjogging<br />

20 Aus unserer mitte Alexander Engel<br />

22 ehrenAmt Das gute Gefühl, gebraucht zu werden<br />

23 90 JAhre AWo Happy Birthday<br />

24 selbstbestimmt vorsorgen<br />

25 _ Vorsorgemittel<br />

25 _ Betreuungsrecht<br />

26 die krAft der kräuter<br />

26 _ Kräuter konservieren<br />

26 _ Vollbad, Fußbad, Kräuterkissen<br />

26 _ Buchtipp<br />

Mitmachen<br />

27 bunter rätselmix<br />

Rubriken<br />

28 _ Vorschau auf die nächste Ausgabe<br />

28 _ Impressum<br />

<strong>AWO</strong> direkt<br />

29 ihr AWo seniorenZentrum stellt sich vor<br />

14 Zufrieden im<br />

24<br />

neuen Zuhause<br />

3<br />

Kriterien für gute<br />

Seniorenzentren<br />

Gesund<br />

im Alter<br />

Selbstbestimmt<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

vorsorgen


4<br />

Aktuell<br />

Junges gemüse<br />

50%<br />

seltener müssen sich Menschen<br />

wegen grauen stars an den<br />

augen operieren lassen, wenn<br />

sie viel natürliches lutein und Zeaxanthin essen, die<br />

zum Beispiel in Mais und spinat stecken.<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

Senioren-Sendung<br />

<strong>AWO</strong><br />

aktuell<br />

Am 1. September trat das neue Gesetz über patientenverfügungen<br />

in Kraft. Nun herrscht »endlich<br />

mehr Klarheit und Rechtssicherheit im Umgang<br />

mit Patientenverfügungen«, sagt Justizministerin<br />

Brigitte Zypries. Der <strong>AWO</strong> Bundesverband präsentiert<br />

nun das erste Formular für die neue Patientenverfügung,<br />

das die aktuelle Rechtslage aufgenommen<br />

hat. Es ist Teil des umfassenden Info-Ordners<br />

»Vorsorge – was wirklich wichtig ist«, Bezug über<br />

www.was-wirklich-wichtig-ist.org. Viele Weitere<br />

Informationen zum Thema Vorsorge auf S. 24.<br />

Jeden zweiten und vierten Mittwoch im Monat um 19 uhr sendet der Münsteraner<br />

Web-Kanal »seniorama« ein Programm von, für und mit älteren Menschen.<br />

www.owtv.de/seniorama.html<br />

KluGes fürs<br />

KaffeeKrÄNZcHeN<br />

Warum dreht sich im Herbst die erde schneller?<br />

Weil die Bäume auf der Nordhalbkugel ihre Blätter<br />

verlieren. So befindet sich viel mehr Biomasse näher<br />

am Erdmittelpunkt, und die Rotation beschleunigt<br />

sich um 0,00000001 Sekunden pro Umdrehung!<br />

Mutters<br />

Bratapfel!<br />

es gibt mindestens so viele rezepte für<br />

Bratäpfel, wie es apfelsorten gibt, und<br />

das der eigenen Mutter bleibt wahrscheinlich<br />

für immer das beste. Hier ein<br />

Klassiker, nach Belieben abwandelbar:<br />

Man nehme eine säuerliche apfelsorte, am<br />

besten gut zu lagernden Boskop. Die Äpfel<br />

werden gewaschen, halbiert und das Kerngehäuse<br />

wird entfernt. für die füllung<br />

Haselnüsse oder Mandeln klein hacken und<br />

leicht anrösten. eine Mischung aus Marzipanrohmasse,<br />

Honig nach Geschmack<br />

und den Nüssen in den apfel geben. Den<br />

Bratapfel in einer gefetteten auflaufform<br />

etwa eine halbe stunde bei 180 Grad im<br />

Ofen backen. Vanillesoße oder -eis und<br />

sahne dazu servieren. einfach lecker!<br />

Aktuell<br />

Kohl bei Kälte<br />

Beim Wechsel der Jahreszeiten geht die Erkältungswelle<br />

wieder los. Beste Abwehr: viel Vitamin C zu<br />

sich nehmen. Was viele nicht wissen: 100 Gramm<br />

Rot- oder Weißkohl enthalten genauso viel Vitamin<br />

C wie ein kleines Glas Orangensaft!<br />

tipp: Die Infobroschüre »Ernährung im hohen<br />

Alter. Ratgeber für Angehörige und Pflegende« der<br />

Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Zu bestellen bei:<br />

DGE-ProjektService, Bornheimer Str. 33 b, 53111 Bonn.<br />

Oder im Internet unter: www.dge-medienservice.de, Artikel-Nr.:<br />

40 04 40 (2,50 Euro).<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

5


6<br />

titelthemA<br />

SPäTLESE<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

DIE SüSSE ERNTE<br />

Das sogenannte<br />

Dritte lebensalter<br />

macht vielen angst.<br />

Dabei heißt es jetzt,<br />

die süßen Früchte seines<br />

jahrelangen tuns zu genießen.<br />

Wer frühzeitig plant,<br />

kann sich auf neue inhalte<br />

und Chancen freuen.<br />

Da standen sie nun auf dem Dach eines<br />

Märchenschlosses und wünschten sich<br />

plötzlich nichts sehnlicher, als ins heimatliche<br />

Lingen gezaubert zu werden. Für Hans<br />

und Roswita Werner sollte der Urlaub im »Burj<br />

al Arab«, dem Luxushotel am Golf mit Butlerservice,<br />

Marmorbad und Privatstrand, vorläufiger<br />

Höhepunkt ihres Rentnerlebens sein. Seit seiner<br />

Pensionierung 1998 lebten die beiden mehr aus<br />

Koffern als zuhause im Emsland. »Wir haben<br />

unterwegs eine Menge erlebt, sicherlich, aber<br />

heute weiß ich, dass diese Reiserei vor allem<br />

Flucht war«, gibt der inzwischen 76-Jährige zu.<br />

»Bewusst wurde mir das erst in Dubai, als ich die<br />

vielen leeren Gesichter sah, die mir zeigten: Wer<br />

keine Aufgabe im Leben hat, ist arm – egal, wie<br />

viele Millionen er auf dem Konto hat.« Statt nach<br />

der geplanten Woche packte das Ehepaar bereits<br />

am nächsten Morgen wieder die Koffer und flog<br />

zurück – dorthin, wo das größere Abenteuer auf<br />

sie wartete: der Alltag als Senioren.<br />

74% der senioren haben angst<br />

vor der eigenen Pflegebedürftigkeit<br />

Der AbschieD von Der berufstätigkeit<br />

ist eine Der grössten<br />

herAusforDerungen im Leben.<br />

Ohne eine vorgegebene Struktur fühlen sich viele<br />

Menschen überfordert, verloren, hilf- und nutzlos.<br />

Sie ziehen sich in ihr Schneckenhaus zurück<br />

oder gehen der Frage nach dem »Danach« wortwörtlich<br />

aus dem Weg, indem sie wie die Werners<br />

das Weite suchen – um irgendwann festzustellen,<br />

dass man das Alter nicht wie eine lästige<br />

Allergie woanders loswerden kann. Genau als<br />

solches wird das Thema nämlich oft behandelt:<br />

eine Krankheit, die nichts als Kosten und Ärger<br />

verursacht.<br />

Das Image dieser letzten Lebensphase habe schwer<br />

gelitten, findet Bremens Ex-Bürgermeister Henning<br />

Scherf. Aber das Alter sei keine Katastrophe,<br />

keine gerade Strecke ins Abseits und alles<br />

titelthemA<br />

>><br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

7


39% sagen, dass man dann zu den<br />

»alten Menschen« gehört, wenn man in rente geht<br />

>><br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

andere als betrüblich. Um Mut zu machen und<br />

Strategien gegen Einsamkeit, Antriebsarmut und<br />

Langeweile aufzuzeigen, schrieb der 70-Jährige<br />

ein Buch mit dem schönen Titel »Grau ist bunt«.<br />

Darin fordert er seine Generation auf, sich nicht<br />

ins Abseits schieben zu lassen, sondern aktiv an<br />

der Gesellschaft teilzuhaben.<br />

Der mit erfAhrungen unD Wissen voLLgepAckte<br />

rucksAck eines äLteren menschen ist goLD Wert!<br />

Warum also nicht die Initiative ergreifen und sich<br />

ehrenamtlich engagieren (s. auch S. 22)? Mehr als<br />

100 000 Menschen arbeiten zum Beispiel freiwillig<br />

bei den Bezirksverbänden der <strong>AWO</strong>, die übrigens<br />

die Kampagne der Bundesrepublik »Erfahrung<br />

ist Zukunft« unterstützt. Auch Hans Werner gibt<br />

inzwischen sein Wissen weiter und unterrichtet<br />

Kinder mit Migrationshintergrund. »Es tut gut,<br />

anzupacken und zu helfen«, sagt er und ist stolz,<br />

zuletzt einen jungen Mann türkischer Herkunft bis<br />

zum Abitur begleitet zu haben.<br />

Ohne das Korsett aus Pflichten und Verantwortung,<br />

den Druck und die Zwänge von früher,<br />

die Berufs- und Familienleben nun mal mit sich<br />

bringen, lässt es sich doch herrlich leben: Man<br />

pickt sich nur noch die Rosinen heraus, tut ausschließlich<br />

das, was einem Spaß macht, und erntet<br />

die Früchte seines Tuns.<br />

Wann war man je so frei und selbstbestimmt wie<br />

jetzt? Wer diesen Gedanken verinnerlicht, sieht<br />

auf einmal im »Herbst des Lebens« nicht die<br />

kahler werdenden Bäume, sondern lenkt seinen<br />

Blick auf die Schönheit dieser Jahreszeit mit ihrer<br />

unendlichen Vielfalt und Farbenpracht.<br />

Allerdings sollte man möglichst früh Pläne für<br />

später schmieden. Dazu gehören neben den Aktivitäten<br />

auch die Frage, wie man im Alter wohnen<br />

möchte. Jeder mag das nostalgische Bild von der<br />

Großmutter, die bis zum letzten Atemzug im<br />

Kreise ihrer Lieben bleibt. Doch zumindest hierzulande,<br />

wo es immer weniger Kinder gibt, die<br />

dann auch noch meist fern der Heimat leben, ist<br />

diese Variante längst passé. Stattdessen haben sich<br />

neue Formen gebildet wie »Betreutes Wohnen zu<br />

Hause«, Wohnstifte, Mehrgenerationenhäuser<br />

>><br />

>><br />

»Jeder, der sich<br />

die Fähigkeit erhält,<br />

sChönes zu erKennen,<br />

wird nie alt werden.«<br />

Franz KaFKa<br />

oder Hausgemeinschaften (s. auch S. 10). Letzteres<br />

wählte Henning Scherf, dessen Buch auch ein<br />

Erfahrungsbericht über seine Alten-WG ist. Der<br />

frühere Politiker fühlt sich in seiner »Wahlfamilie«<br />

wohl, meint aber auch: »Gemeinsam leben<br />

muss man lernen.«<br />

Um sich mit dem Gedanken anzufreunden und<br />

eine Vorstellung vom zukünftigen Zuhause zu<br />

bekommen, bieten inzwischen viele Seniorenzentren<br />

Kurzzeitaufenthalte an. »Das kann ich<br />

nur allen Betroffenen und ihren Angehörigen<br />

raten«, so Astrid Ballmann, Leiterin des <strong>AWO</strong><br />

Seniorenzentrums »Am Königsbornpark« in<br />

Waldbröl. »Wer die Räumlichkeiten sieht und<br />

erlebt, welches abwechslungsreiche Programm<br />

wir unseren Bewohnern bieten, der baut schnell<br />

Vorbehalte und Ängste ab.«<br />

Renate Brudermüller war skeptisch, ob ihr<br />

der Wechsel aus ihrer Dreizimmerwohnung<br />

in ein kleines <strong>AWO</strong>-Apartment gelingen wird.<br />

Ihre Befürchtung: »Dass ich von Stinkstiefeln<br />

umringt bin, die von morgens bis abends nörgeln«,<br />

sagt die 83-Jährige und lacht. »Aber die<br />

meisten sind nett und an meinem eigenständigen<br />

Leben von früher hat sich nichts geändert<br />

– außer, dass ich keine Kniebeugen mehr<br />

machen muss, um an einen Kochtopf zu kommen.<br />

Hier ist nämlich von der Kochnische bis<br />

zum Bad alles altengerecht eingerichtet.« Dann<br />

geht sie mit ihrem Rollator nach draußen zum<br />

Briefkasten – im Umschlag eine Kartenbestellung<br />

für eine Matinee, die sie unbedingt besuchen<br />

möchte.<br />

so genießen sie diese bunte Phase<br />

ihres lebens richtig:<br />

titelthemA<br />

PRAKTISCHE TIPPS<br />

1. engagieren sie sich<br />

alter bedeutet nicht, dass man nichts mehr für die Gesellschaft<br />

tun kann – ganz im Gegenteil. schauen sie sich im bereich<br />

ihrer Qualifikationen und hobbys um und suchen sie sich doch<br />

ein interessantes und forderndes ehrenamt. (siehe s. 22)<br />

2. Machen sie sich frühzeitig<br />

Gedanken um ihre Wohnsituation<br />

Die seniorenzentren von heute haben vieles zu bieten. auch neue Konzepte<br />

von »betreutem Wohnen« über alten-WGs und Mehrgenerationenhäuser<br />

sind auf dem Vormarsch. sich rechtzeitig entscheiden bedeutet,<br />

das eigene leben in der eigenen hand zu haben! (siehe s. 10)<br />

3. Kümmern sie sich<br />

um eine Patientenvollmacht<br />

ein sturz oder eine Krankheit kann einen schnell in die situation<br />

bringen, nicht mehr selbst entscheiden zu können, welche<br />

medizinischen Maßnahmen getroffen werden sollen. sorgen sie<br />

vor! Das bringt ihnen beruhigung. (siehe s. 24)<br />

4. entspannen sie sich<br />

Überforderung und stress können sie in dieser lebensphase<br />

getrost hinter sich lassen. achten sie auch weiterhin auf<br />

genug bewegung und eine gesunde ernährung. auch Gehirnjogging<br />

ist wichtig! (siehe rätsel s. 27)<br />

5.<br />

lachen ist gesund<br />

beherzigen sie diese alte regel! Mit spaß am leben<br />

und einer Prise humor bleiben sie fit bis ins hohe alter. (siehe<br />

»Gesund bleiben« s. 18)<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

9


10 RAt uND hilFe<br />

Wohnen im Alter<br />

sie HaBeN Die WaHl!<br />

Wie will ich im Alter wohnen?<br />

Darüber sollte sich<br />

jeder von uns möglichst<br />

früh Gedanken machen – und nicht erst<br />

im Ernstfall, wenn die Not einem die<br />

Entscheidung abnimmt. Obwohl wir<br />

immer älter werden und unsere Gesellschaft<br />

im Jahr 2030 bereits zu einem<br />

Drittel aus Senioren besteht, wird das<br />

Thema wie ein Tabu behandelt – dem<br />

Jugendwahn sei Dank. Dabei werden<br />

auch die Jungen alt aussehen, wenn sie<br />

Vater oder Mutter zum Beispiel nach<br />

einem häuslichen Unfall plötzlich und<br />

völlig unvorbereitet als Pflegefall erleben.<br />

Eine Situation, die alle überfordert.<br />

Dass sich viele der heute 50-Jährigen<br />

scheuen, für ihre Eltern ein Seniorenzentrum<br />

in Betracht zu ziehen, liegt an<br />

dem Bild solcher Einrichtungen, das<br />

sie noch aus den 60er und 70er Jahren<br />

in Erinnerung haben. Doch aus den<br />

krankenhausähnlichen »Verwahranstalten«<br />

mit langen Fluren und unpersönlichen<br />

Zimmern sind moderne<br />

Häuser geworden, die den bedürftigen<br />

Menschen in den Mittelpunkt stellen.<br />

Sie bieten Komfort, Sicherheit, Service<br />

und – ganz wichtig – sie unterstützen<br />

die Selbständigkeit der Bewohner.<br />

Aber auch für Menschen, die zu Hause<br />

wohnen wollen, gibt es altersgerechte<br />

Lösungen. Das <strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> stellt fünf<br />

Formen aus dem reichhaltigen Angebot<br />

an Wohn- und Pflegekonzepten vor:<br />

DIE AMBuLANTE<br />

PFLEGE<br />

Hier leben ältere Menschen weiterhin selbständig in ihrer<br />

Wohnung, die möglichst durch kleine baulich-technische<br />

Maßnahmen ans Alter angepasst werden sollte. Sie werden<br />

vom ambulanten Dienst einer Sozialstation unterstützt. Diese<br />

Dienstleistung erfolgt auf der Grundlage eines Betreuungsvertrags,<br />

dessen Basisleistung neben allgemeiner Beratung,<br />

Koordination von Hilfen und Notrufsystem auch regelmäßige<br />

Hausbesuche umfasst.<br />

DAS HAuS DER<br />

GENERATIONEN<br />

Prominentester Vertreter dieser von Privatpersonen selbst initiierten<br />

Variante ist Bremens Ex-Bürgermeister Henning Scherf.<br />

Konzept: Jeder Bewohner hat sein eigenes Zimmer und teilt sich<br />

Bad, Küche und Gemeinschaftsraum mit den anderen. Oder:<br />

Mehrere Parteien teilen sich ein Haus und unterstützen sich<br />

gegenseitig bei Alltagsaktivitäten wie Einkäufen, Fahrdiensten<br />

etc. Immer mehr Anhänger findet das so genannte Mehrgenerationenwohnen,<br />

bei dem ältere und jüngere Menschen in einer<br />

Wohnanlage zusammenleben und voneinander profitieren.<br />

RAt uND hilFe<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009 <strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

11


12 RAt uND hilFe RAt uND hilFe<br />

DAS BETREuTE WOHNEN<br />

Hierbei handelt es sich um eine Gruppe von bis zu acht Menschen, die gemeinsam in einer barrierefreien<br />

Wohnung oder einem entsprechend altersgerecht gebauten Haus leben. Ein Betreuerteam hilft<br />

im Haushalt, bei der Zubereitung von Mahlzeiten und in persönlichen Angelegenheiten und bietet<br />

Unterstützung bei Freizeitaktivitäten. Meist sind diese Wohnungen in ganz normalen Wohnvierteln<br />

angesiedelt und werden von ambulanten Pflegediensten oder Seniorenvereinen gegründet.<br />

DIE TAGES- uND KuRZZEITPFLEGE<br />

Immer mehr Seniorenzentren bieten eine so genannte teilstationäre Betreuung, die Tagespflege, an. Das<br />

bedeutet, dass die pflegebedürftige Person ihren Tag – meist von 8 bis 17 Uhr – in einer Einrichtung<br />

der Altenpflege verbringt und dort an Mahlzeiten, Ausflügen und krankengymnastischen Übungen teilnimmt.<br />

Die Kurzzeitpflege wiederum ist ein Tag-und-Nacht-Aufenthalt für wenige Tage oder mehrere<br />

Wochen. Diese Zeit ist für die Senioren wie ein Urlaub und für pflegende Angehörige eine wichtige<br />

Erholungsphase.<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

DAS SENIORENZENTRuM<br />

Viele moderne Seniorenzentren haben mit der früheren Vorstellung von einem »Heim« nichts mehr zu<br />

tun. Um die Qualität einer Einrichtung Ihrer Wahl zu überprüfen, empfiehlt sich ein prOBeWOH-<br />

NeN, das inzwischen ein Großteil der Häuser gerne anbietet. Trotz vieler Unterschiede gehört das klassische,<br />

meist in isolierter Lage gelegene »Heim« der Vergangenheit an. Aufgrund der sich verändernden<br />

Gesellschaftsstruktur haben viele Einrichtungen auf HausGeMeiNscHafteN umgestellt (s. auch<br />

S. 15: <strong>AWO</strong> Seniorenwohnpark Dießen). Wesentliche Merkmale: kleine Gruppen von maximal zwölf<br />

Personen, gemütliche Räume, die Sicherheit und Geborgenheit bieten, sowie professionell und gut<br />

ausgebildete Betreuer. Diese BetreuteN WOHNGruppeN wirken sich besonders bei an Demenz<br />

Erkrankten positiv aus – einem Leiden, von dem in 20 Jahren etwa doppelt so viele Menschen wie heute<br />

betroffen sein werden.<br />

13


14<br />

RAt uND hilFe<br />

ZufrieDeN<br />

<strong>IM</strong> NEuEN ZuHAuSE<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

JuNG uND alt<br />

aWo »haus der Generationen«<br />

in neuwied/rheinland-Pfalz<br />

Drei häuser, drei Wohnkonzepte:<br />

Diese beispiele zeigen, wie vielfältig,<br />

individuell und zeitgemäß das<br />

aWo-angebot für senioren ist.<br />

Die einzige Gemeinsamkeit besteht<br />

in ihrer besonderheit.<br />

Wenn sich die Erdbeermarmelade wie bei<br />

einem Clown um die kleinen Münder der Mädchen<br />

und Buben verteilt, ist das Gelächter am<br />

Esstisch groß. Einmal im Monat reihen sich<br />

hier Rollatoren neben Hochstühlchen – dann<br />

frühstücken die Senioren mit den Kleinen des<br />

<strong>AWO</strong>-Kindergartens, der sich seit März dieses<br />

Jahres im selben Gebäude befindet. »Bei uns<br />

sind solche Kontakte nicht sporadisch, sondern<br />

in den Alltag integriert, was nicht nur den<br />

älteren Menschen hilft«, erzählt die Einrichtungsleiterin<br />

Agnes Behringer. »Die Kinder lernen<br />

zum Beispiel, ohne Vorbehalte dem Alter zu<br />

begegnen und Rücksicht zu nehmen – das fördern<br />

auch die Eltern, die für einen freien Kitaplatz Wartezeiten<br />

in Kauf nehmen.« Auch, weil wohl keine Einrichtung<br />

so zeitgemäß wie das »Haus der Generationen«<br />

ist: Hier können sie unter einem Dach nicht nur an den<br />

Mahlzeiten partizipieren, sondern auch das Ärzteteam<br />

sowie Behandlungen von Ergotherapeuten und Logopäden<br />

in Anspruch nehmen. Die beste Medizin ist aber<br />

der Garten, in dem die einen toben und die anderen<br />

auf einer Sitzbank das heranwachsende Leben um sie<br />

herum genießen. Trübsal, Einsamkeit oder Langeweile<br />

kann hier gar nicht erst aufkommen.<br />

Infos: Tel. 02631 943488 oder unter<br />

www.awo-rheinland.de<br />

KleiN uND feiN<br />

aWo seniorenwohnpark<br />

in Dießen/oberbayern<br />

Er ist eine bekannte Größe in Chorweiler – der Weihnachtsmarkt vom<br />

<strong>AWO</strong> Marie-Juchacz-Altenzentrum mit seinen Glühweinständen, den<br />

zahlreichen Buden und Basteleien, die von Betreuern, Bewohnern und<br />

ehrenamtlichen Mitarbeitern liebevoll hergestellt werden. Kaum ist<br />

dieses Ereignis vorbei, geht es schon an die Vorbereitung des nächsten:<br />

das Karnevalfest, zu dem sich die Senioren kostümieren und auf ihre<br />

alten Jeckenzeiten anstoßen. Trotz der Größe des Hochhauses, das 1977<br />

gebaut und vor fünf Jahren sehr aufwendig renoviert wurde, geht<br />

es familiär zu. So vielfältig wie das Beschäftigungsprogramm ist<br />

das Angebot an Wohnmöglichkeiten. Es reicht vom Altenapartment<br />

für rüstige Rentner bis zum »geschützten Bereich«, in<br />

dem Personen mit schwerer Demenz untergebracht sind.<br />

Eine weitere Besonderheit ist die Möglichkeit der Tagespflege.<br />

Perfekt für Menschen, die zu Hause wohnen wollen,<br />

aber tagsüber Betreuung brauchen und in Gesellschaft sein<br />

möchten. In dem sechsstöckigen Gebäude, hinter dem sich<br />

ein weitläufiger Park mit Naturwiesen befindet, treffen sie<br />

garantiert jemanden zum Schachspielen, Musizieren – oder<br />

einfach nur zum Plaudern.<br />

Infos: Tel. 0221 7023-1 oder<br />

unter www.awo-marie-juchacz-az.de<br />

RAt uND hilFe<br />

Lichtdurchflutete Pavillons, Innenhof mit Kräutergarten und<br />

sonnengelbe Jalousien, die geöffnet den Blick auf Natur pur<br />

freigeben – willkommen im Seniorenwohnpark am Ammersee!<br />

Hier wurde im Jahr 2000 ein neues Wohn- und Lebenskonzept<br />

für ältere Menschen realisiert: eine komplett sanierte<br />

Altbauvilla inmitten eines weitläufigen Parkgrundstücks<br />

sowie drei zweigeschossige Einzelhäuser, die über ein gläsernes<br />

Atrium miteinander verbunden sind. Auf jeder Etage dieser stilvollen<br />

Neubauten befindet sich eine eigene, vollstationäre Hausgemeinschaft<br />

für jeweils sieben pflegebedürftige Personen. Die Zimmer,<br />

die nach persönlichem Geschmack eingerichtet werden können,<br />

gruppieren sich um einen gemeinsamen Wohnbereich mit offener<br />

Küche. »Wenn der Bewohner die Tür aufmacht und den Esstisch sieht<br />

oder einen Kochtopf, in dem gerade Kartoffeln zubereitet werden,<br />

bekommt er das Gefühl von Geborgenheit«, weiß Einrichtungsleiterin<br />

Cäcilie Nebel. »Es erinnert ihn an seinen früheren Alltag, was<br />

besonders für die Orientierung von Demenzkranken wichtig ist.«<br />

Ein gelungenes Beispiel, wie eine an den Bedürfnissen der Bewohner<br />

ausgerichtete Architektur das Wohlbefinden steigern und sogar therapeutische<br />

Wirkung haben kann.<br />

Infos: Tel. 08807 9216-0 oder unter<br />

www.awo-obb.de<br />

15<br />

etaBliert<br />

uND eNGaGiert<br />

aWo Marie-Juchacz-altenzentrum<br />

in Chorweiler/Köln


16 RAt uND hilFe<br />

RAt uND hilFe<br />

So erkennen Sie ein<br />

gutes Seniorenzentrum<br />

Wer für mutter oDer vAter einen pLAtz im seniorenzentrum sucht, Der<br />

WiLL nAtürLich nur DAs beste. Aber Wie finDet mAn Den richtigen ort?<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

Vom Altenheim bis zur Seniorenresidenz<br />

– allein in den Gelben Seiten des<br />

Telefonbuchs sind die Angebote so vielseitig<br />

wie zahlreich. Hier ein paar Tipps, um<br />

sich im Informationsdschungel zurechtzufinden:<br />

Rufen Sie den Pflegeberater Ihrer Krankenkasse<br />

an – er gibt Auskunft, wo es in Ihrer Nähe welche<br />

Heime gibt, oder nennt Ihnen den entsprechenden<br />

Link der Internetseite. Denn viele Krankenkassen<br />

bieten so genannte Pflege-Navigatoren<br />

an: einfach Ortsname und Postleitzahl eingeben<br />

und schon erscheint eine umfangreiche Liste<br />

mit Pflegeheimen inklusive Ansprechpartnern,<br />

Telefonnummern plus Querverweis auf deren<br />

Internetseiten – perfekt als erste Orientierung!<br />

Hat man dann eine oder mehrere Einrichtungen<br />

in die engere Wahl genommen, sollte man sich<br />

unbedingt vor Ort ein konkretes Bild machen.<br />

Tipp: unangemeldet vorbeischauen. Wie ist die<br />

Atmosphäre? Sind dort Tiere erlaubt? Ist der Tisch<br />

schön gedeckt? Wie verhält sich das Personal?<br />

Herrscht eine gestresste oder entspannte Atmosphäre?<br />

Scheinen sich die Bewohner geborgen<br />

zu fühlen? Auch wenn der Entschluss schließlich<br />

feststeht, ist es sinnvoll, Angehörige zusätzlich<br />

um Rat und Meinung zu bitten. Erst wenn Kopf<br />

und Bauchgefühl übereinstimmen, kann es losgehen<br />

– der Umzug ins neue Zuhause.<br />

Worauf sie bei ihrer Wahl achten sollten<br />

faktor Zeit<br />

Achten Sie darauf, dass es genug<br />

Pfleger für die Heimbewohner<br />

gibt. Nur so ist garantiert, dass<br />

dem Krankheitsbild entsprechend<br />

gepflegt werden kann.<br />

freundlicher umgang<br />

Der Umgang der Pfleger mit den<br />

Bewohnern sollte freundlich<br />

sein, siezen gehört dazu. Vor dem<br />

Betreten eines Zimmers sollte das<br />

Personal anklopfen.<br />

ärztliche versorgung<br />

Ein Heimarzt ist von Vorteil.<br />

Dennoch möchten einige ältere<br />

Menschen lieber von ihrem Hausarzt<br />

betreut werden. Fragen Sie,<br />

ob das möglich ist.<br />

ernährung<br />

Jeder hat seine Eigenarten. Es<br />

muss erlaubt sein, auch Gerichte<br />

und Speisen abzulehnen.<br />

Deshalb sollte das angebotene<br />

Tagesmenü wähl- oder ergänzbar<br />

sein. Klären Sie, ob das Pflegepersonal<br />

ausreichend Zeit hat,<br />

Hilfebedürftige beim Essen zu<br />

unterstützen.<br />

hygiene<br />

Schauen Sie genau hin: Sind<br />

Räume und Hilfsmittel wie Rollstühle<br />

oder Gehhilfen sauber?<br />

Die Einrichtung darf weder nach<br />

Reinigungsmitteln noch nach<br />

Ausscheidungen riechen.<br />

Atmosphäre<br />

Überlegen Sie: Würden Sie selbst<br />

sich in den Räumen wohlfühlen?<br />

Sind sie gemütlich eingerichtet,<br />

dekoriert? Gemeinschaftsräume<br />

und ein Garten bieten<br />

Kontaktmöglichkeiten.<br />

Ausstattung<br />

Überprüfen Sie, ob am Bett und<br />

im Bad Haltegriffe und Rufanlagen<br />

vorhanden sind. Mit Telefon- und<br />

Fernsehanschluss sollte das Zimmer<br />

ebenfalls ausgestattet sein.<br />

freizeitangebot<br />

Bewegung, Zerstreuung und<br />

Unterhaltung machen älteren<br />

Menschen den Aufenthalt im<br />

Heim leichter. Gibt es ausreichend<br />

Angebote?<br />

Qualitätssicherung<br />

Erkundigen Sie sich nach einem<br />

Qualitätssicherungssystem. Es gibt<br />

verschiedene Einrichtungen und<br />

Organisationen, die Zertifikate vergeben,<br />

so zum Beispiel die <strong>AWO</strong>.<br />

gespräche<br />

Aufschlussreicher als Gespräche<br />

mit Heimleitung und Pflegepersonal<br />

sind Gespräche mit Bewohnern.<br />

Fragen Sie sie, ob sie das<br />

Heim empfehlen können.<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

17


18<br />

info<br />

mitteNDRiN mitteNDRiN<br />

gesund<br />

bleiben<br />

SANFTES TRAINING<br />

Schonende Sportarten wie Wandern, Wassergymnastik<br />

und Radfahren sind optimal für Senioren. Ebenso Nordic<br />

Walking, das durch die Arm-Stock-Bewegungen<br />

den gesamten Muskelapparat beansprucht sowie die<br />

Herzfrequenz und den Stoffwechsel steigert. um am<br />

Ball zu bleiben, sollte das Training in Gesellschaft stattfinden<br />

– macht mehr Spaß und ist durch den Gedankenaustausch<br />

zusätzlicher Ansporn. unter dem Motto<br />

»3000 Schritte extra« haben sich in ganz Deutschland<br />

zum Beispiel so genannte Mittwochsgruppen gebildet,<br />

die zum gemeinsamen Spaziergang motivieren. Schöne<br />

Wege und Termine in Ihrer Nähe finden Sie unter:<br />

Wer rAstet, Der rostet. Doch gerADe äLtere menschen<br />

soLLten sich stets körperLich unD geistig beWegen<br />

www.die-praevention.de/spaziergaenge<br />

Der »GesundheitsService <strong>AWO</strong>«<br />

bietet zahlreiche gesundheitsfördernde<br />

Maßnahmen an:<br />

www.gesundheitsservice-awo.de<br />

<strong>AWO</strong>-Hotline für Menschen,<br />

die eine Kur machen möchten:<br />

Tel. 01803 344723,<br />

www.awokuren.de<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

vorschLäge, Wie mAn im ruhestAnD Aktiv sein kAnn<br />

Tue Deinem Körper Gutes, damit<br />

»<br />

Deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.«<br />

Wer die Botschaft der heiligen<br />

Teresa von Ávila beherzigt, ist auf dem<br />

besten Wege, gesund alt zu werden.<br />

Theoretisch wissen wir natürlich alle,<br />

was uns guttut – nämlich vollwertige<br />

Kost mit viel Gemüse und wenig Fleisch,<br />

regelmäßige Bewegung an frischer Luft<br />

sowie geistige Aktivität. Wenn nur die<br />

vielen Verlockungen nicht wären ...<br />

Dabei gehören auch kleine Sünden wie<br />

ein Gläschen Wein oder Faulenzen im<br />

Fernsehsessel zum Wohlfühlprogramm.<br />

Wie alles im Leben geht es auch hier<br />

um das richtige Maß – was der junge<br />

Körper noch wegsteckt, kann sich ab<br />

50 plus rächen. Denn Atmung, Verdauung,<br />

Immunsystem, Sinnesorgane und<br />

Schlafverhalten fangen langsam an sich<br />

zu verändern. Man wird anfälliger für<br />

Krankheiten, und zu allem Übel reduziert<br />

sich das Gehirnvolumen durch vermehrten<br />

Wasserverlust. Die gute Nachricht<br />

– das Alter ist bestechlich! Man<br />

hält sich an bestimmte Ernährungs- und<br />

Verhaltensregeln und bekommt je nach<br />

Einsatz entsprechend viele Jahre »gutgeschrieben«.<br />

Die Erfolgsformel: körperliche<br />

Aktivität, unterstützt von geistiger<br />

Betriebsamkeit. Oder, um es in den<br />

Worten der ehemaligen Bundesfamilienministerin<br />

und Entwicklungspsychologin<br />

Ursula Lehr zu sagen: »Man braucht<br />

eigentlich nur eine halbe Stunde am Tag<br />

schnellstmöglich zu laufen und die Zeitung<br />

regelmäßig zu lesen – am besten<br />

nicht nur Feuilleton und Lokales, sondern<br />

auch Wirtschaft und Außenpolitik.«<br />

Ein gesunder Lebensstil ist keine Modeerscheinung<br />

im »Anti-Age-Zeitalter«,<br />

sondern senkt das Risiko einer chronischen<br />

Krankheit um durchschnittlich<br />

78 % – so das jüngste Ergebnis einer<br />

wissenschaftlichen Studie vom Deutschen<br />

Institut für Ernährungsforschung<br />

in Potsdam. Also, raus aus dem »Ruhestand«<br />

und rein in die Laufschuhe!<br />

GESuNDE ERNäHRuNG<br />

Eine Vorzeigefrau zum Thema fit im Alter ist Barbara<br />

Rütting, 81-jährige Schauspielerin, Tier- und Friedensaktivistin:<br />

»Noch nie habe ich so gern gelebt wie<br />

heute – trotz aller Höhen und Tiefen, aller Strapazen<br />

waren ausgerechnet die letzten die glücklichsten Jahre<br />

meines Lebens.« Ihre Vitalität führt sie unter anderem<br />

auf vegetarische Kost zurück und hat darüber ein Buch<br />

geschrieben: »Gesunde Ernährung – kurz und bündig«.<br />

Nymphenburger Verlag 2008, 64 Seiten, 9,95 Euro<br />

GEHIRNJOGGING<br />

Egal ob rätseln, lesen oder musizieren – der Kopf<br />

braucht permanent Anregungen. Denn entgegen der<br />

jahrelang gültigen Auffassung, dass die bei der Geburt<br />

mitgegebenen Gehirnzellen das gesamte menschliche<br />

Leben bestreiten müssen, weiß man heute, dass sich<br />

neue Nervenzellen bilden können. Es genügt zum Beispiel,<br />

Klavier zu spielen, um ca. 40 % des Gehirns um<br />

20-30 % stärker zu durchbluten! Tipp: Im Internetportal<br />

für Leute ab 55 – www.ahano.de – gibt es ein Programm<br />

für Gehirnjogging zum Herunterladen.<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

19


20 mitteNDRiN<br />

mitteNDRiN<br />

Aus<br />

unserer<br />

Mitte<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

im mAinZer<br />

stAdtteil mombAch mit<br />

seinen Alten fAssAden,<br />

läden und hAndWerksbetrieben<br />

befindet sich Auf einer Anhöhe<br />

dAs AWo AltenZentrum<br />

»ursel-distelhut-hAus«.<br />

hier, im dritten stock der von<br />

viel grün umgebenen AnlAge,<br />

Wohnt der 81-Jährige<br />

AlexAnder engel.<br />

Gutes Miteinander: Alexander Engel mit der Einrichtungsleiterin Tamara Specht aus dem <strong>AWO</strong> Ursel-Distelhut-Haus in Mainz<br />

intervieW<br />

herr engel, An ihrer Zimmertür<br />

hängt ein fAhrrAd Aus pAppe – treten<br />

sie noch regelmässig in die pedAle?<br />

Jeden Morgen 20 Minuten auf meinem Hometrainer!<br />

Mehr ist leider wegen meiner Polyneuropathie<br />

– das ist eine schleichende Nervenkrankheit<br />

– nicht mehr drin. Früher habe ich mit<br />

meiner Frau ganz viele Radtouren gemacht. An<br />

diese schönen Ausflüge denke ich, wenn ich in<br />

meinem Zimmer vom Sattel auf die Baumkronen<br />

schaue, aus denen die Turmspitze der Friedenskirche<br />

von Mombach ragt.<br />

ist diese blonde, AttrAktive frAu,<br />

die dA lAchend Auf den beiden fotos<br />

An der WAnd Zu sehen ist, ihre frAu?<br />

Ja, meine Ursula. Wir heirateten schon drei<br />

Monate nach unserem Kennenlernen und führten<br />

eine sehr glückliche Ehe – obwohl wir beide<br />

viel unterwegs waren: ich als Verkaufsleiter der<br />

Strumpffirma Hudson, Ursula als Model. Wir<br />

genossen unser Leben in vollen Zügen, fuhren<br />

tolle Autos, machten Urlaub in ganz Europa und<br />

wohnten in einem Apartment hier in der Nähe mit<br />

allen Schikanen wie diesem Flachbildfernseher.<br />

WAnn hAben sie beschlossen, in dAs<br />

ursel-distelhut-hAus der AWo Zu Ziehen?<br />

Ich konnte mir schon früh einen Eindruck von<br />

dieser Einrichtung machen, da meine Frau, die<br />

an schwerer Demenz litt, hier ihre letzten Monate<br />

verbrachte – bis sie 2003 verstarb. Danach wollte<br />

ich nicht mehr allein zuhause sein. Außerdem<br />

wusste ich ja, wie gut die Betreuung ist – und<br />

das Essen, das besser schmeckt als im Restaurant!<br />

Die geben sich richtig Mühe, überhaupt komme<br />

ich mit dem Personal gut klar. Mit<br />

der Steffi – einer ganz jungen,<br />

hübschen Angestellten –<br />

bin ich sogar gemeinsam<br />

auf dem Sommerfest aufgetreten.<br />

Ich habe die<br />

Begrüßungsrede gehalten<br />

und ein paar Witze<br />

erzählt. Das macht Spaß.<br />

Wie gestAlten sie ihren AlltAg?<br />

Als Vorsitzender des Heimbeirates bin ich viel im<br />

Haus unterwegs, spreche mit den Bewohnern,<br />

höre mir ihre Anliegen an und trage sie dann bei<br />

unseren monatlichen Sitzungen mit der Heimleitung<br />

vor. Außerdem pflege ich einige Brief-<br />

freundschaften – zum Beispiel schreibe ich jede<br />

Woche Karin, einer Freundin meiner Frau vom<br />

Bodensee. Diese gemeinsame Verbindung zu<br />

Ursula tut gut. Schließlich musste ich gerade die<br />

letzte Erinnerung an sie hergeben: einen Polo,<br />

den ich ihr mal schenkte und den ich bis vor<br />

zwei Wochen selbst fuhr. Aber die Ärzte rieten<br />

mir, das Auto zu verkaufen.<br />

sicherlich kein leichter schritt,<br />

ZumAl sie ein leben lAng mobil WAren.<br />

Das werde ich auch bald wieder sein – wenn ich<br />

meinen Elektroroller bekomme, flitze ich los!<br />

Darauf freue ich mich schon sehr.<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

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22<br />

mitteNDRiN<br />

interessierte<br />

sind schon ab einer Stunde<br />

pro Woche willkommen!<br />

Zuständig<br />

für die Ehrenamtlichen sind die<br />

örtlichen <strong>AWO</strong> Seniorenzentren.<br />

www.awo.org<br />

die AWo unterstütZt<br />

die Kampagne der Bundesregierung<br />

»Erfahrung ist Zukunft«.<br />

www.initiative-zivilengagement.de<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

Margret Mertsch muss sich diesen Termin<br />

nicht mehr im Kalender eintragen:<br />

Seit 2005 kommt sie jeden Dienstag<br />

um 10.30 Uhr zum Spielevormittag ins<br />

rheinland-pfälzische <strong>AWO</strong> Seniorenzentrum<br />

Mayen – gemeinsam mit vier<br />

anderen Ehrenamtlichen.<br />

JeDer einzelne zählt<br />

eHreNaMt<br />

Das gute Gefühl, gebraucht zu werden<br />

Sich und anderen etwas Gutes tun – das wollen immer mehr<br />

Menschen, die sich freiwillig für etwas engagieren. Nicht nur<br />

am 5. Dezember, wenn jährlich der »Internationale Tag des<br />

Ehrenamtes« begangen wird.<br />

Sie treffen sich im Gemeinschaftsraum<br />

und bilden verschiedene Gruppen:<br />

Während die einen mit den Bewohnern<br />

»Mensch ärgere Dich nicht« spielen, ist<br />

die 67-Jährige für das Kartenspiel »Skip-<br />

Bo« zuständig. Außerdem bietet die<br />

ehemalige Lehrerin jeden zweiten Mittwochmorgen<br />

»Denk- und Ratespaß«<br />

an. »Der Pflegealltag lässt uns manchmal<br />

wenig Raum für die individuelle<br />

soziale Betreuung. Umso erfreulicher ist<br />

es, wenn sich Menschen finden, die ein<br />

Stückchen ihrer Freizeit gemeinsam mit<br />

den Bewohnern verbringen möchten«,<br />

sagt Michaela Wolff, die im Sozialdienst<br />

des <strong>AWO</strong> Seniorenzentrums Mayen<br />

unter anderem für die »Freiwilligen«<br />

zuständig ist. So nennt man heutzutage<br />

Menschen des »bürgerschaftlichen<br />

Engagements«, die mit den Pflegebedürftigen<br />

spazieren gehen, sie zu Arztbesuchen<br />

begleiten, mit ihnen spielen,<br />

singen, musizieren oder einfach zuhören.<br />

Aber es ist nicht nur ein Geben.<br />

Wer siCh einbrinGt,<br />

beKoMMt Viel zurÜCK<br />

Dankbarkeit, Anerkennung, Erfahrung,<br />

Kompetenz und die Erweiterung des eigenen<br />

Horizonts. Den Freiwilligen des <strong>AWO</strong><br />

Seniorenzentrums Mayen steht ein eigener<br />

Raum zur Verfügung mit gemütlicher<br />

Sitzecke und Fachliteratur, wo das Team<br />

bei Kaffee und Waffeln neue Ideen entwickelt.<br />

»Wir bieten auch Fortbildungen an,<br />

wie zum Thema Demenz oder Gedächtnistraining«,<br />

so Michaela Wolff. »Das ist<br />

ein zusätzlicher Anreiz, aber die meisten<br />

engagieren sich, weil sie etwas Sinnvolles<br />

tun wollen und es schön finden, in einer<br />

Gemeinschaft zu sein.«<br />

sinnVolles tun unD<br />

anDere GlÜCKliCh MaChen<br />

Rund 100 000 ehrenamtlich tätige Frauen<br />

und Männer sind deutschlandweit in den<br />

sozialen Projekten der <strong>AWO</strong> aktiv. Als<br />

am 15. März dieses Jahres zum sechsten<br />

Mal der Werner-Weinmann-Preis<br />

für bürgerliches Engagement verliehen<br />

wurde, bekannte <strong>AWO</strong>-Präsident Wilhelm<br />

Schmidt in seiner Festrede: »Ohne<br />

meinen schon in jungen Jahren begonnenen<br />

und bis heute intensiv anhaltenden<br />

ehrenamtlichen Einsatz wäre ich<br />

niemals persönlich und beruflich so weit<br />

gekommen.«<br />

90 JAhre <strong>AWO</strong><br />

Marie Juchacz (1879–1956),<br />

deutsche Sozialreformerin,<br />

Sozialdemokratin und<br />

Frauenrechtlerin, gründete<br />

am 13. Dezember 1919 die<br />

Arbeiterwohlfahrt (<strong>AWO</strong>)<br />

und war bis 1933 ihre<br />

erste Vorsitzende.<br />

Für die kleine Waltraud Priebe, die<br />

damals sechs Jahre alt war, beginnt<br />

eine aufregende Zeit: Sie zieht mit<br />

ihren Eltern von Stettin nach Stralsund<br />

und besucht dort die »Hausschule am<br />

Sunde«. 90 Jahre später ist aus der <strong>AWO</strong><br />

einer der größten deutschen Wohlfahrtsverbände<br />

geworden – und Waltraud, die<br />

seit ihrer Heirat 1954 Ohmann heißt,<br />

wohnt im <strong>AWO</strong> Marie-Juchacz-Altenzentrum<br />

in Köln-Chorweiler. Knapp hun-<br />

dert Kilometer davon entfernt wurde<br />

Ende August rund<br />

um die Dortmunder<br />

Reinoldikirche<br />

das Jubiläum der<br />

<strong>AWO</strong> gefeiert – mit<br />

Kleinkunst, Kinderprogramm,<br />

Kulinarik<br />

und zahlreichen Infoständen,<br />

die über die<br />

fast 15 000 (!) EinrichEinrichtungen und Dienste Auskunft<br />

gaben: von Mutter-/Vater-Kind-Kuren<br />

bis Seniorenreisen, von<br />

stationärer Pflege bis zum<br />

freiwilligen sozialen Jahr. Das markante<br />

Logo – rotes Herz plus schwarzer Schriftzug<br />

– ist im Alltag verankert: bei öffentlichen<br />

Veranstaltungen in Fußgängerzonen<br />

oder auf Fahrzeugen des mobilen<br />

Pflegedienstes. Bürgernähe gehört zu den<br />

Grundsätzen der Organisation, die ihre<br />

Aufgabe in der sozialen Arbeit sieht – in der<br />

mitteNDRiN<br />

Es ist ein besonderes Jahr:<br />

Frauen in Deutschland<br />

dürfen erstmals wählen,<br />

die legendäre Kunstschule<br />

»Bauhaus« wird gegründet,<br />

das Bügeleisen erfunden,<br />

Nelson Mandela geboren<br />

und die Arbeiterwohlfahrt<br />

ins Leben gerufen. 1919.<br />

Alten- und Behindertenhilfe genauso wie<br />

im Bereich Arbeitsmarkt oder Migration.<br />

»Was hält die Gesellschaft zusammen?«,<br />

heißt die aktuelle Solidarkampagne der<br />

<strong>AWO</strong> – ein Beitrag gegen das Auseinanderfallen<br />

einzelner Gruppen. Wie wichtig<br />

gegenseitige Unterstützung und das<br />

Gefühl von Zusammengehörigkeit ist, hat<br />

Waltraud Ohmann immer wieder auf<br />

ihrem Lebensweg erfahren. Zum Beispiel,<br />

als ihr Mann 1965 plötzlich starb,<br />

sie den gemeinsamen<br />

Betrieb erst allein weiter<br />

führen, dann aufgeben<br />

musste. Wie dankbar sie<br />

damals war, als ihr eine<br />

entfernte Cousine aus<br />

Düsseldorf per »Fami<br />

lienrückführung« die<br />

Ausreise aus der DDR<br />

ermöglichte. Und wie<br />

sie 1977 die letzte<br />

freie Wohnung im<br />

gerade neu errich<br />

teten Altenzentrum<br />

in Köln-Chorweiler<br />

bekam. »Ich habe hier so viele<br />

nette Leute kennen gelernt«, erzählt die<br />

96-Jährige. »Noch immer treffe ich mich<br />

mit meinem Kreis jeden Mittwoch und<br />

Sonntag in der <strong>AWO</strong>-Cafeteria.« Wenn<br />

es ihre Gesundheit zulässt, auch am 13.<br />

Dezember – dann wird nicht nur der<br />

dritte Advent, sondern auch die Namensgeberin<br />

des Hauses gefeiert.<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

23


24<br />

mitteNDRiN mitteNDRiN<br />

selbstbestimmt vorsorgen<br />

werden sollen, wenn der Patient einmal im Sterben<br />

betreuungsrecht<br />

liegt und selbst nicht mehr entscheiden kann. Die<br />

Wer sein schicksal nicht anderen überlassen möchte, sollte rechtzeitig die Weichen stellen<br />

Warum sich mit Dingen auseinandersetzen, die später oder vielleicht<br />

nie eintreten werden? Wenn man noch jung, gesund und aktiv ist,<br />

findet man Themen wie Alter oder Krankheit so überflüssig wie<br />

einen Regenmantel in der Wüste. Schwer vorstellbar, doch über jedes Leben<br />

kann ein Tornado fegen. So durchgeschüttelt fühlte sich der Computerexperte<br />

Martin Jost, als er eines Tages einen Anruf aus dem Krankenhaus bekommt und<br />

erfährt, dass sein Vater nach einem Sturz vom Fahrrad im Koma liegt.<br />

»DAS WAR FuRCHTBAR!<br />

Noch schlimmer empfand ich aber<br />

diese Hilflosigkeit«, sagt der 46-Jährige<br />

aus Kiel. »Mein Vater war der<br />

Inbegriff des rüstigen Rentners. Und<br />

so jemand muss dann trotz aussichtsloser<br />

Situation monatelang an der<br />

Beatmungsmaschine hängen und bis<br />

zum Tod künstlich ernährt werden –<br />

das hätte ich ihm gern erspart.« Was<br />

der Sohn damals nicht wusste: Weder<br />

Angehörige noch Ehegatten haben<br />

eine Entscheidungsbefugnis über den<br />

Patienten. Die meisten von uns glauben,<br />

dass sich ihre Lieben im Ernstfall<br />

schon um sie kümmern und in<br />

ihrem Sinne handeln werden. Würden<br />

sie natürlich auch, wenn ihnen<br />

rechtlich nicht die Hände gebunden<br />

wären. Wer also sein Schicksal nicht<br />

in fremde Hände legen möchte, sollte<br />

unbedingt vorsorgen und seinen<br />

Willen so früh wie möglich schriftlich<br />

festhalten (s. Kasten).<br />

Ganz aktuell ist das Gesetz über die<br />

Patientenverfügung, die seit 1. September<br />

nicht nur für den Sterbefall<br />

gilt, sondern auch »unabhängig von<br />

Art und Stadium der Erkrankung«<br />

rechtlich wirksam ist – d. h., ihr<br />

müssen die betreuenden Ärzte und<br />

Angehörigen folgen. Sie tritt dann<br />

in Kraft, wenn keine Einwilligungsfähigkeit<br />

mehr besteht, zum Beispiel<br />

bei Gehirnschädigungen nach einem<br />

Schlaganfall, schwerer Demenz<br />

oder – wie im Fall des 71-jährigen<br />

Herbert Jost – infolge eines plötzlichen<br />

Unfalls. Nach der leidvollen<br />

Erfahrung mit seinem Vater hat auch<br />

Martin Jost eine Patientenverfügung<br />

verfasst, die übrigens trotz neuem<br />

Gesetz gültig bleibt. Sein Tipp: das<br />

Formular vor der schriftlichen Fixierung<br />

mit dem Hausarzt und/oder<br />

einem Rechtsanwalt durchgehen und<br />

Wünsche wie »maximale Intensivtherapie«<br />

genau besprechen. Schließlich<br />

geht es hier um Leben und Tod.<br />

INFO<br />

Beratung, Besprechung und Fragebogen<br />

zum Thema Patientenverfügung<br />

gibt’s beim Humanistischen Verband<br />

Deutschland (HVD): Tel. 030 613904-11,<br />

www.patientenverfuegung.de<br />

Vorsorgemittel<br />

1.<br />

vorsorgevollmAcht<br />

Betrifft den Bereich der Gesundheitsfürsorge,<br />

etwa Mitbestimmungsrechte bei<br />

der Heilbehandlung oder Entscheidungen über<br />

die Einweisung in ein Pflegeheim. Die Vorsorgevollmacht<br />

kann auch die Vermögensverwaltung<br />

umfassen. Durch sie entscheidet der Bevollmächtigte<br />

im Notfall eigenständig, und sie erleichtert<br />

ihm den Umgang mit der zu pflegenden Person.<br />

Sie ist sinnvoll, wenn die Person nicht mit dem<br />

Bevollmächtigten verheiratet oder verwandt ist.<br />

2.<br />

pAtientenverfügung<br />

Hier wird frühzeitig festgelegt, ob lebensverlängernde<br />

Maßnahmen abgebrochen<br />

rechtlichen Bedingungen waren lange umstritten<br />

und wurden im Juni dieses Jahres per Gesetz konkretisiert.<br />

Arzt, Betreuer und Bevollmächtigte sind<br />

nun grundsätzlich an die Verfügung gebunden.<br />

Diese sollte sehr genau formuliert sein und eventuell<br />

mit einer Vorsorgevollmacht flankiert werden.<br />

3.<br />

betreuungsverfügung<br />

Kann jemand aufgrund einer Krankheit<br />

oder Behinderung seinen Willen nicht<br />

mehr frei bestimmen, wird von Amts wegen<br />

oder auf Antrag eines Angehörigen ein Betreuer<br />

durch das Vormundschaftsgericht bestellt. Es<br />

wird im Voraus festgelegt, wer im Ernstfall diese<br />

Funktion wahrnehmen soll. Die Betreuungsvollmacht<br />

kann mit der Vorsorge- oder der Patientenvollmacht<br />

kombiniert werden.<br />

4.<br />

testAment<br />

Grundsätzlich gilt per Gesetz die Erbfolge<br />

gemäß dem Merkspruch »Das Gut<br />

rinnt wie das Blut«. Wer dies ändern will, etwa<br />

weil der Ehepartner zunächst allein erben oder<br />

ein bestimmter Erbe ausgeschlossen werden soll<br />

(Pflichtanteil bleibt bestehen), muss ein Testament<br />

errichten. Dies geht entweder beim Notar<br />

oder durch handschriftliche Ausfertigung.<br />

Wer erledigt meine Bankgeschäfte? Wer organisiert nötige<br />

ambulante Hilfe? Wer sucht für mich einen Platz in einem<br />

Seniorenheim? Ist man aufgrund seiner psychischen, körperlichen<br />

und/oder geistigen Verfassung nicht mehr in der Lage,<br />

seine persönlichen Angelegenheiten z. B. in Vermögens-, Renten-,<br />

Wohnungsfragen oder der Gesundheitsfürsorge zu regeln,<br />

muss man sich gesetzlich vertreten lassen. Entmündigt und<br />

bevormundet – davor haben viele ältere Menschen Angst, wenn<br />

ihnen nahegelegt wird, sich einen Betreuer zu suchen. Dabei<br />

geht es beim Betreuungsrecht in erster Linie darum, die betroffene<br />

Person zu schützen, ihr Wohlergehen zu gewährleisten<br />

und ihr gleichzeitig ein größtmögliches Maß an Selbstbestimmung<br />

einzuräumen. Betreuer können nahestehende Personen<br />

sein, das Mitglied eines Betreuungsvereins oder ein selbständiger<br />

Berufsbetreuer. Wie und in welchem Umfang sie der<br />

hilfsbedürftigen Person zur Seite stehen, wird per Vormundschaftsgericht<br />

festgelegt, das mindestens einmal im Jahr über<br />

den Zustand der betreuten Person informiert werden muss.<br />

Übrigens: Betreuungen werden ehrenamtlich geführt. Um<br />

niemanden mit dieser verantwortungsvollen Aufgabe allein zu<br />

lassen, bietet die zuständige Behörde Beratungen und Fortbildungen<br />

zum Thema an.<br />

INFO Das Bundesjustizministerium hat eine Broschüre zum<br />

Betreuungsrecht herausgebracht, die man im Internet kostenlos<br />

herunterladen kann: www.bmj.de<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009 <strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

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mitteNDRiN<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

Die Kraft der Kräuter<br />

Manche blühen in prächtigen Farben, andere betören durch ihren Duft; sie haben<br />

klangvolle Namen wie Storchenschnabel, Schlangenknöterich oder Frauenmantel –<br />

und jedes von ihnen birgt ein Geheimnis: Heilkräuter. Rund 300 Arten gelten in<br />

Europa als Arzneipflanzen – von der entzündungshemmenden Arnika über Ginkgo<br />

bei Gedächtnisverlust bis zur Zitronenmelisse gegen Schlafstörungen. Nachdem<br />

Großmutters Hausrezepte lange nicht mehr gefragt waren, erleben sie inzwischen<br />

wieder ein Comeback: Rund 80 % der Deutschen – so eine Umfrage von 2007 – ziehen<br />

pflanzliche Mittel den chemischen Präparaten vor. Sanfte Medizin in Form von<br />

Tees und Tinkturen eignet sich vor allem zur schonenden Behandlung und Vorbeugung<br />

– gegen (fast) alles ist nämlich ein Kraut gewachsen.<br />

kräuter konservieren<br />

Trocknen und Einfrieren sind die gängigen Konservierungsmethoden<br />

für Kräuter. Dill, Petersilie und Basilikum verlieren allerdings beim Einfrieren<br />

weniger Farbe und Geschmack. methode: Zweige erst in kochend<br />

heißes, dann in eiskaltes Wasser tauchen. Mit Küchenkrepp trocken tupfen<br />

und in einem Gefrierbeutel ins Eisfach legen. tipp: zerkleinerte Kräuter in Eiswürfelschalen<br />

füllen und mit Wasser aufgießen – so kann man sie portionsweise auftauen.<br />

VOLLBAD<br />

mit den Früchten der Rosskastanie, die 2008<br />

zur »Arzneipflanze des Jahres« gewählt<br />

wurde. Sie wirkt bei Blutstauungen in den Venen<br />

sowie rheumatischen Beschwerden. Anwendung:<br />

einen halben Eimer Kastanien über Nacht kalt<br />

ansetzen, die Früchte halbieren, aufkochen und den<br />

Absud ins Badewasser geben.<br />

nach einem nasskalten November-Spazier-<br />

FUSSBAD gang: zwei Handvoll getrocknete Beifußblätter<br />

und -blüten mit kochendem Wasser übergießen.<br />

Abkühlen lassen und die müden, verspannten<br />

Füße darin baden. Seinen Namen bekam der Beifuß<br />

übrigens daher, dass er, »an den Fuß gebunden«, seinen<br />

Träger beim Wandern niemals ermüden lässt.<br />

KräUTErKiSSEN<br />

für erholsamen Schlaf:<br />

eine Mischung aus Salbeiblättern,<br />

Anis, Thymian und Lavendel mit Teebaumöl<br />

anreichern, in ein Säckchen füllen und<br />

unters Kopfkissen legen. Die sanften Düfte entspannen<br />

den Körper und stärken bei Grippe den<br />

Organismus.<br />

buchtipp<br />

Gu G pflanzenratgeber<br />

»kräuter«<br />

»<br />

Graefe und unzer 2008<br />

192 seiten, 19,90 euro<br />

Selbst wer keinen eigenen Kräuter<br />

garten besitzt, findet in dieser Lektüre<br />

nützliche Informationen für den<br />

nächsten Spaziergang. Ein ausführliches<br />

Kräuterlexikon gibt Auskunft<br />

über 200 verschiedene Pflanzen mit<br />

Details wie Wuchsgröße, Blütezeit<br />

und Standort. Außerdem zahlreiche<br />

Anregungen, wie Minze, Thymian<br />

& Co. die Küche verfeinern und den<br />

Körper heilen können.<br />

bunter rätselmix<br />

Die lösungen finden sie in der nächsten ausgabe!<br />

sudoku<br />

Vervollständigen sie die leeren Felder so, dass in jeder zeile, jeder<br />

spalte und jedem block die ziffern 1 bis 9 genau einmal auftauchen.<br />

silbenrätsel<br />

1<br />

4<br />

7<br />

10<br />

1<br />

6<br />

4<br />

9<br />

4<br />

9<br />

1<br />

8<br />

7<br />

8<br />

2<br />

4<br />

3<br />

2<br />

9<br />

2<br />

5<br />

11<br />

12<br />

3<br />

9<br />

1<br />

7<br />

3<br />

3<br />

9<br />

6<br />

8<br />

tragen sie die lösungen silbe für silbe in die Felder ein.<br />

WAAgerecht<br />

2. ammoniakverbindung<br />

4. Fortbewegung zu Fuß<br />

5. Klatsch, tratsch<br />

7. kapitulieren<br />

9. röm. Frühlingsgöttin<br />

10. geradlinig<br />

12. blätter der Kassie<br />

3<br />

8<br />

5<br />

7<br />

9<br />

6<br />

senkrecht<br />

1. Vorhölle<br />

3. notlage<br />

5. überreichen<br />

6. zierend<br />

8. leises Murmeln<br />

10. Vorname der Minnelli<br />

11. chem. element (giftig)<br />

6<br />

2<br />

5<br />

4<br />

ein<br />

Gewürz<br />

Feldertrag<br />

Teil des<br />

Beins<br />

so weit,<br />

so lange<br />

Stammmutter<br />

der jüd.<br />

Könige<br />

engl.<br />

Adelstitel<br />

Primzahl<br />

Gerät zur<br />

Warenentnahme<br />

Wärmespender<br />

Verfasser<br />

Saugwurm<br />

Rufname<br />

Guevaras<br />

Fluss<br />

durch<br />

Florenz<br />

Bedrängnis<br />

SterndeuterWallensteins<br />

behäbig<br />

altröm.<br />

Feldherr<br />

Übersetzboote<br />

Aschengefäß<br />

traurig,<br />

freudlos<br />

3./4. Fall<br />

von »wir«<br />

Sojaprodukt<br />

enthalts.<br />

Mensch<br />

Männername<br />

vorausgesetzt,<br />

sofern<br />

Raubtier<br />

Darmepidemie<br />

irisch:<br />

Irland<br />

Verwandte<br />

Luft der<br />

Lunge<br />

nicht<br />

selten<br />

US-Bundespolizei<br />

jap. Goldmünze<br />

englisch:<br />

sitzen<br />

Körpersprays<br />

biblischer<br />

König<br />

Jubelwelle<br />

(La ...)<br />

spanischer<br />

Ausruf<br />

byzantinischer<br />

Kaiser<br />

mitmAcheN<br />

Abgasentgifter<br />

Behälter<br />

Bienenzüchter<br />

hervorragend<br />

auf Umwegen<br />

türk.<br />

Anrede<br />

(Herr)<br />

Staat in<br />

Nahost<br />

Woge<br />

Abtei<br />

in Oberbayern<br />

Fremdwortteil:<br />

mittel<br />

<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1|2009<br />

27


28<br />

vorschau<br />

auf die nächste Ausgabe<br />

Mit Schwung<br />

ins neue Jahr<br />

Fit werden und<br />

vieles mehr<br />

Ratgeber<br />

für Angehörige<br />

Die Telefonische<br />

Pflegeberatung<br />

Handys und<br />

Spielekonsolen<br />

Technik für Senioren<br />

Demenz<br />

Therapieansätze<br />

und Wohnformen<br />

Nur das Beste!<br />

Pflege der reifen Haut<br />

... im Januar 2010!<br />

impressum<br />

Das »<strong>AWO</strong> <strong>Journal</strong>« ist ein Informations- und Ratgebermagazin<br />

für Senioren und ihre Familien. Ein halbseitiger<br />

Extra-Umschlag (die »Flappe«) stellt einzelne<br />

Seniorenzentren aus den <strong>AWO</strong> Bezirksverbänden vor.<br />

HerAusgeber<br />

Eric Langerbeins, COMMWORK Werbeagentur GmbH<br />

Geschäftsführung<br />

Deichstraße 36 b · 20459 Hamburg<br />

T: 040 325553-33 · F: 040 325553-34<br />

www.commwork.de · info@commwork.de<br />

Handelsregister Amtsgericht Hamburg<br />

Steuer-Nr. 74/875/01292<br />

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CHefredAktiOn<br />

Eric Langerbeins<br />

redAktiOn<br />

COMMWORK Werbeagentur GmbH, Andrea Bierle<br />

CHefin vOM dienst<br />

Jenny Pepper<br />

kreAtivdirektiOn<br />

Anja Laukemper<br />

ArtdirektiOn<br />

Susanne Priebe<br />

grAfik<br />

Alice Pausewang, Wolfram Drosihn, Annika Beckmann<br />

fOtOs<br />

Eric Langerbeins, Michaela Wolff vom <strong>AWO</strong> Seniorenzentrum<br />

Mayen und andere<br />

bildredAktiOn<br />

Christina Unterschemmann<br />

fACHliCHe berAtung <strong>AWO</strong><br />

Carmen Litzba<br />

inHAltliCHe berAtung <strong>AWO</strong><br />

Max Ruf, Leiter der Fachabteilung Altenhilfe des<br />

<strong>AWO</strong> Bezirksverband Oberbayern e. V.;<br />

Bernd Knoepffler, Koordinator Altenhilfe des <strong>AWO</strong><br />

Bezirksverband Mittelrhein e. V.<br />

PrOduktiOner<br />

Horst Rehn · Realisation von Druckobjekten<br />

Am Brennbusch 8 · 44141 Dortmund<br />

lektOrAt<br />

Lektorat für Werbetexte<br />

Timmermannstr. 7 · 22299 Hamburg<br />

rätsel<br />

Bernhard Franz Verlags-GmbH<br />

Weinlingergasse 29/18 · A-2301 Großzensersdorf<br />

ersCHeinungsWeise<br />

vierteljährlich

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