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Überleben in der Bilderflut - Mauritius Images

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Bil<strong>der</strong>, Fotos, Bil<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d allgegenwärtig. Wir leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Bil<strong>der</strong>flut. Bil<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d spannend, aufregend, anregend,<br />

schockierend, verblüffend – o<strong>der</strong>?<br />

An welche E<strong>in</strong>drücke er<strong>in</strong>nern Sie sich gerade <strong>in</strong> diesem Moment?<br />

Bil<strong>der</strong>macher, Fotografen, Pixelartisten, Illustratoren, Maler entwickeln Bil<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er sehr engagierten Form. Die Gefahr,<br />

dass diese Bil<strong>der</strong> nicht zur Kenntnis genommen werden, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Bil<strong>der</strong>flut untergehen ist hoch.<br />

<strong>Überleben</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong>flut<br />

Über die Zukunft von Bil<strong>der</strong>n<br />

Von Professor Franz Tomaschowski<br />

Es existieren so viel Bil<strong>der</strong> wie noch nie. Neben Postern, Gemälden, Plakaten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Zeitschriften, Zeitungen und<br />

Bücher unzählige Bil<strong>der</strong> zu f<strong>in</strong>den. Der weitaus größte Teil von Bil<strong>der</strong>n ist digital vorhanden öffentlich im Internet<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> unzähligen Datenbanken (Abbildung 1). Täglich kommen weitere Bil<strong>der</strong> h<strong>in</strong>zu. Durch die<br />

Digitalisierung gehen ke<strong>in</strong>e Bil<strong>der</strong> mehr verloren. (Außer es läuft etwas schief <strong>in</strong> <strong>der</strong> Datensicherung). E<strong>in</strong> Ende<br />

dieses stürmischen Zuwachses ist nicht absehbar. Für bekannte o<strong>der</strong> weniger bekannte Motive existieren unzählige<br />

Variationen. Wir sche<strong>in</strong>en <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gigantischen hilflos Bil<strong>der</strong>flut unterzugehen.<br />

Welche Abbildungen <strong>in</strong>teressieren uns?<br />

Welche Kriterien erlauben uns, das unbedeutende Bild von e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>drucksvollen Bild zu unterscheiden?<br />

Wie muss e<strong>in</strong> Bild aussehen, damit es <strong>in</strong> dieser stetig wachsenden Bil<strong>der</strong>flut wahrgenommen wird, berührt und sich<br />

sogar e<strong>in</strong>prägt?<br />

Das „gute Bild“!<br />

„E<strong>in</strong> gutes Foto ist e<strong>in</strong> Foto, auf das man länger als e<strong>in</strong>e Sekunde anschaut“, erkannte Henri Cartier-Bresson bereits<br />

1908. E<strong>in</strong>e solche Zeitspanne ersche<strong>in</strong>t manch e<strong>in</strong>em Bildliebhaber recht kurz. Gibt es doch Bil<strong>der</strong>, <strong>in</strong> denen nach<br />

ausgiebiger, langer und <strong>in</strong>tensiver Betrachtung immer noch neue Aspekte entdeckt werden können.<br />

Der Grund dafür s<strong>in</strong>d die beiden unterschiedliche Ebenen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bildwahrnehmung. Je nach Situation nehmen wir<br />

visuelle E<strong>in</strong>drücke von realen Gegebenheiten o<strong>der</strong> Bil<strong>der</strong>n unterschiedlich wahr: E<strong>in</strong> kurzer Blick genügt um schnell<br />

und umfassend e<strong>in</strong>e Situation zu erfassen; e<strong>in</strong>e lange <strong>in</strong>tensive Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung ist für e<strong>in</strong>e ausführliche<br />

Bildanalyse notwendig.<br />

Der schnelle Blick<br />

Die Fähigkeit, Bil<strong>der</strong> <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Augenblickes wahrzunehmen und entsprechend darauf zu reagieren, hat<br />

unseren Vorfahren vor Millionen von Jahren das <strong>Überleben</strong> ermöglicht. Aufgrund dieser Fähigkeiten, über die wir<br />

immer noch verfügen, s<strong>in</strong>d wir <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage e<strong>in</strong>e neue Situationen sehr schnell zu erfassen und Gefahrenpotentiale<br />

erkennen, so wie beispielsweise e<strong>in</strong>en Geisterfahrer o<strong>der</strong> die Anwesenheit gefährlicher Tiere welche auf<br />

Nahrungssuche s<strong>in</strong>d. Dazu haben wir folgenden Ablauf gelernt: mit unseren Augen tasten wir ständig die<br />

Seite 1


Umgebung ab. Durch diese sakkadischen Augenbewegungen entsteht e<strong>in</strong> steter Fluss von Bild<strong>in</strong>formationen.<br />

Alles Gesehene wird augenblicklich bewertet und gespeichert. Dieser Prozess erfolgt vollständig unbewusst. Unsere<br />

bewusste Wahrnehmung wird damit nicht belastet. Lediglich die wichtigsten Bild<strong>in</strong>formationen werden an unser<br />

Bewusstse<strong>in</strong> weitergegeben. So wird e<strong>in</strong> konzentriertes und präzises Handeln <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er sehr kurzen<br />

Zeitspanne möglich. Durch die Arbeitsteilung zwischen bewusster und unbewusster Wahrnehmung ist e<strong>in</strong>e sehr<br />

hohe Reaktionsgeschw<strong>in</strong>digkeit möglich. Dies ermöglichte es unseren Vorfahren, zu überleben i . - Und, ab und zu<br />

e<strong>in</strong>e Mahlzeit zu erlegen; vorausgesetzt sie waren ke<strong>in</strong>e Vegetarier.<br />

Weiterh<strong>in</strong> ist die Intensität, mit <strong>der</strong> wir die Umgebung analysieren, von <strong>der</strong> jeweiligen Situation abhängig. In<br />

spannungsgeladenen Situationen o<strong>der</strong> während schnell wechseln<strong>der</strong> E<strong>in</strong>drücke benötigt visuelle Wahrnehmung<br />

viele Ressourcen. Im Extremfall verharrt unser Körper <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er angespannten ruhigen Haltung. Lediglich unsere<br />

Pupillen spr<strong>in</strong>gen sehr schnell h<strong>in</strong> und her. Die jeweils wichtigen Bild<strong>in</strong>formation werden kurz bewusst betrachtet.<br />

E<strong>in</strong>e Vorauswahl und Vorbewertung fand ja schon unbewusst statt.So können wir sehr schnell viele E<strong>in</strong>drücke<br />

verarbeiten.<br />

Bef<strong>in</strong>den wir uns dagegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ruhigen und gefahrlosen Umgebung, haben wir Möglichkeit, Bild<strong>in</strong>formation<br />

ausführlich zu betrachten. Wir können uns auf e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Bild konzentrieren. Dies ist wohl auch <strong>der</strong> Grund, warum<br />

manch e<strong>in</strong> Wohnzimmer sowie Museen o<strong>der</strong> Galerien Orte <strong>der</strong> Ruhe s<strong>in</strong>d. Dort fühlen wir uns „sicher“. Die e<strong>in</strong>zige<br />

Voraussetzung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen Situationen ist, dass wir das betreffende Bild, welches wir betrachten wollen,<br />

<strong>in</strong>teressant f<strong>in</strong>den. An<strong>der</strong>nfalls schlägt uns das Unterbewusstse<strong>in</strong> an<strong>der</strong>e Aktionen vor, wie „Kaffee tr<strong>in</strong>ken gehen“<br />

o<strong>der</strong> „mit Bekannten plau<strong>der</strong>n“.<br />

Wie wir sehen<br />

Unsere Umgebung nehmen wir an<strong>der</strong>s wahr als e<strong>in</strong>e Digitalkamera. Während <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fotografie bei <strong>der</strong> Aufnahme<br />

jedem Pixel die gleiche Bedeutung zukommt, ist unsere Netzhaut unterschiedlich dicht mit Sehzellen ausgestattet.<br />

Wir verfügen über e<strong>in</strong> Gesichtsfeld mit e<strong>in</strong>em Blickw<strong>in</strong>kel von ca. 120° ii . Die Darstellungsqualität nimmt an den<br />

Rän<strong>der</strong>n deutlich ab. Aber sie ist ausreichend genug, um wichtige Elemente zu erkennen. In <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Sehachse<br />

bef<strong>in</strong>den sich die meisten Sehzellen. Nur an diesem kle<strong>in</strong>en Punkt sehen wir auch scharf. Diese Stelle wird Fovea<br />

genannt. Aufgrund <strong>der</strong> ungleichen Verteilung von Sehzellen, tasten unsere Augen die Umgebung unermüdlich ab.<br />

Alle 80-120 Millisekunden erfolgt e<strong>in</strong>e Augenbewegung. Durch diese akkadischen Augenbewegungen entstehen<br />

viele kle<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelbil<strong>der</strong>. Diese werden dann zu e<strong>in</strong>em Gesamtbild zusammengesetzt und ständig aktualisiert.<br />

Wird <strong>in</strong> den Randbereichen e<strong>in</strong> bedeutungsvolles Objekt erkannt, so tasten die Pupillen <strong>in</strong>nerhalb von wenigen<br />

Bruchteilen e<strong>in</strong>er Sekunde das Objekt ab. Parallel dazu jedes abgetastete Bildelement analysiert. Je nach Wichtigkeit<br />

und Bedeutung kann unsere Aufmerksamkeit e<strong>in</strong>e entsprechende Zeit dah<strong>in</strong> gelenkt werden.<br />

Gleichzeitig wird dieses Ergebnis als Gedächtnis<strong>in</strong>formation automatisch abgespeichert. Seitdem wir sehen iii , s<strong>in</strong>d<br />

wir dabei, unsere visuellen E<strong>in</strong>drücke zu sammeln und im Gehirn zu speichern. Jedes von uns gesehene Detail wird<br />

bewertet und katalogisiert: von Bil<strong>der</strong>n, die uns tief bewegen, bis zu völlig unbedeutenden Details. Die so<br />

gespeicherten Bil<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d mit dazu passenden Erfahrungen und Gefühlen verknüpft. So entsteht <strong>in</strong> unserem<br />

Unterbewußtse<strong>in</strong> e<strong>in</strong> überaus großes Archiv mit gesehenen und analysierten E<strong>in</strong>drücken, vergleichbar e<strong>in</strong>er<br />

gigantischen Datenbank.<br />

Seite 2


Die E<strong>in</strong>träge <strong>der</strong> so entstandene Bilddatenbank bilden die Grundlage für die Analyse von zukünftigen<br />

Sehe<strong>in</strong>drücken. Der Zugriff auf diese „Daten“ erfolgt nach <strong>der</strong> aktuellen Wichtigkeit <strong>der</strong> gespeicherten<br />

Informationen. Je nach Situation verän<strong>der</strong>t sich die Rangfolge, es werden unterschiedliche D<strong>in</strong>ge wichtig, an<strong>der</strong>e<br />

werden bedeutungslos. E<strong>in</strong> Beispiel: Gehen wir durch e<strong>in</strong>e Stadt und verspüren Hunger, kann es se<strong>in</strong>, dass uns viele<br />

Bäckereien, Dönerstände o<strong>der</strong> Imbissbuden <strong>in</strong>s Auge fallen, denen wir sonst kaum Beachtung schenken. Völlig<br />

an<strong>der</strong>s ist unsere Wahrnehmung dagegen, wenn wir kurz vor Geschäftsschluss noch e<strong>in</strong> Geschenk erwerben<br />

möchten (Abbildung 2).<br />

Welche Bedeutung hat e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnes Bild?<br />

Wenn wir e<strong>in</strong>en Gegenstand, e<strong>in</strong>e Situation o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Abbildung erblicken, wird <strong>der</strong>en Inhalt also immer durch<br />

unser Unterbewusstse<strong>in</strong> wahrgenommen und bewertet. Damit e<strong>in</strong>e Bild<strong>in</strong>formation bis zu unserer bewussten<br />

Wahrnehmung vordr<strong>in</strong>gt, müssen e<strong>in</strong>ige Kriterien erfüllt werden:<br />

Zunächst muss uns das Gesehene erst e<strong>in</strong>mal auffallen – buchstäblich <strong>in</strong>s Auge fallen. Dieses Kriterium lässt sich<br />

durch e<strong>in</strong>en starken Hell/Dunkel-Kontrast des Bildes erreichen. Es ist im ersten Augenblick <strong>der</strong> Wahrnehmung<br />

unerheblich, ob das Bild e<strong>in</strong>e konkrete Form zeigt o<strong>der</strong> ob es abstrakt ist. Unsere Aufmerksamkeit wird<br />

grundsätzlich auf Bil<strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>em kontrastreichen Bildaufbau gelenkt.<br />

Erst dann erfolgt die Bildanalyse. E<strong>in</strong>e schnelle Erkennbarkeit des Motives ist sehr hilfreich. Bil<strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>em klaren<br />

e<strong>in</strong>deutigen Hauptmotiv werden schneller und exakter analysiert, <strong>in</strong>dem das Gesehene mit ähnlichen Bil<strong>der</strong>n aus<br />

unserem Gedächtnis verglichen wird. Weiterh<strong>in</strong> entscheidend ist die Bedeutung des Objektes <strong>in</strong> unserer<br />

Er<strong>in</strong>nerung. Und – hat diese Er<strong>in</strong>nerung e<strong>in</strong>en Bezug zur gerade erlebten Situation? Je bedeuten<strong>der</strong> dieser Bezug<br />

ist, desto eher wird das analysierte Bild, die gesehene Szene an die bewusste Wahrnehmung weitergereicht<br />

(Abbildung 3).<br />

E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Möglichkeit <strong>der</strong> Weitergabe von unbewussten Seh<strong>in</strong>formationen an das Bewusstse<strong>in</strong> entsteht, wenn<br />

für das Gesehene gar ke<strong>in</strong>e Entsprechung <strong>in</strong> unserem Gedächtnis vorhanden ist. S<strong>in</strong>d es Strukturen, Formen,<br />

Muster, die für unser Gedächtnis unbekannt s<strong>in</strong>d, erregt dies unsere Aufmerksamkeit. Wir wollen wissen wem wir<br />

gegenüberstehen.<br />

Das schockierende Bild<br />

Die E<strong>in</strong>blendungen <strong>in</strong> die bewusste Wahrnehmung s<strong>in</strong>d meist kurz und flüchtig (Abbildung 4 und 5). Es s<strong>in</strong>d viele<br />

E<strong>in</strong>drücke, die verarbeitet werden wollen. E<strong>in</strong>ige wenige Bilde<strong>in</strong>drücke können uns tief berühren. E<strong>in</strong>e solch<br />

<strong>in</strong>tensive Wahrnehmung ist nur mit für uns außergewöhnlichen Bild<strong>in</strong>halten möglich. Bil<strong>der</strong>, die durch Gestaltung,<br />

Komposition und Inhalt verblüffen o<strong>der</strong> schockieren prägen sich nachhaltig e<strong>in</strong>.<br />

Ist die Bildsprache zu grausig, wird e<strong>in</strong>e Extremsituation erlebt, die unfassbar ist, so kann <strong>der</strong> gesehene bzw. erlebte<br />

Inhalt entwe<strong>der</strong> verdrängt werden o<strong>der</strong> sich als Endlosschleife ständig wie<strong>der</strong>holen. Erlebte Kriegserlebnisse, Tod,<br />

Ver<strong>der</strong>ben können solch heftige Reaktionen wie e<strong>in</strong> Trauma auslösen.<br />

Seite 3


Jedoch, – die übliche Wirkung solcher markanten Bil<strong>der</strong> ist oft von kurzer Dauer. Durch Gewöhnung aufgrund von<br />

Wie<strong>der</strong>holung durch ähnliche Bil<strong>der</strong> verliert sich die beson<strong>der</strong>e Wirkung. Das was vormals stark berührt hat wird<br />

nach und nach lediglich durch das Unterbewusste registriert. So erklärt es sich das Verlangen nach immer<br />

extremeren, emotionaleren, schockierenden Bil<strong>der</strong>n. Es entsteht e<strong>in</strong> Verlangen nach bislang unbekannten<br />

E<strong>in</strong>blicken, um <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Bann gezogen zu werden.<br />

Bil<strong>der</strong> mit Zukunft<br />

An dieser Stelle def<strong>in</strong>iert sich die Aufgabe des Kreativen. Es kommt nicht darauf an, Bildstandards zu entwickeln um<br />

diese immer wie<strong>der</strong> zu wie<strong>der</strong>holen und dadurch möglicherweise Kosten zu sparen. Vielmehr ist es die Aufgabe des<br />

Gestalters, des Bil<strong>der</strong>macher, des Künstlers völlig neue und e<strong>in</strong>malige Bildwelten zu entwickeln.<br />

Diese e<strong>in</strong>zigartigen Werke heben sich von den <strong>in</strong>zwischen bekannten Bildwelten deutlich ab (Abbildung 6). Der<br />

Betrachter kann für sich erspüren, ob diese neuen Gestaltungen ihn aufgrund se<strong>in</strong>er augenblicklichen Situation<br />

berühren o<strong>der</strong> fasz<strong>in</strong>ieren. So hat etwas Neues und Unbekanntes die Chance, möglicherweise aus <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong>flut<br />

heraus bis h<strong>in</strong> zur bewussten Wahrnehmung vorzudr<strong>in</strong>gen.<br />

Abbildung 1<br />

Wenn gut fotografierte Bil<strong>der</strong> nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgebildet werden lässt sich häufig folgen<strong>der</strong> Effekt beobachten: Die Bil<strong>der</strong> verschmelzen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Es<br />

entsteht e<strong>in</strong> übergeordnetes Gesamtbild.<br />

Quelle: mauritius image, Suchbegriff „Flut“<br />

Seite 4


Abbildung 2<br />

Abläufe <strong>der</strong> unterbewussten Wahrnehmung können im folgenden Beispiel nachvollzogen werden.<br />

Stellen Sie sich folgende Situation vor:<br />

Sie s<strong>in</strong>d am Bahnhof und möchten e<strong>in</strong>en Zug erreichen. Vorher möchten Sie noch e<strong>in</strong>e Zeitschrift kaufen.<br />

In <strong>der</strong> Auslage des Bahnhofskiosks herrscht e<strong>in</strong> unüberschaubares Angebot von Zeitschriftendtiteln. Sie<br />

und <strong>der</strong> Zug, den Sie erreichen möchten, treffen gleichzeitig am Bahnhof e<strong>in</strong>. Zielgerichtet und ohne viel<br />

Überlegung greifen Sie zu <strong>der</strong> Zeitschrift, die Ihnen am <strong>in</strong>teressantesten sche<strong>in</strong>t.<br />

Quelle. Bahnhofsbuchhandlung im Innsbrucker Hauptbahnhof<br />

Abbildung 3<br />

E<strong>in</strong> blitzartiges Losrennen <strong>in</strong> die rettende Richtung wird durch diese wi<strong>der</strong>sprüchlichen Infor-<br />

mationen, die die Schil<strong>der</strong> verkörpern, erschwert. E<strong>in</strong>deutige Bildaussagen s<strong>in</strong>d zum Verstehen<br />

<strong>der</strong> jeweiligen Aussage notwendig, an<strong>der</strong>nfalls heben sich die Bildwirkungen gegenseitig auf.<br />

Quelle: Camp<strong>in</strong>gplatz <strong>in</strong> Cagnes-sur-Mer<br />

Seite 5


Abbildung 4<br />

Diese Anzeige aus dem Jahr 1966 entwickelte sich zu e<strong>in</strong>em Selbstläufer. Den gefürchteten<br />

Staus im Automobilverkehr wurde e<strong>in</strong> simples Bild von e<strong>in</strong>em im Schnee fahrenden Zug entge-<br />

gengesetzt. Dieses Foto <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem Text berührte so stark, dass diese Anzeige bis <strong>in</strong><br />

unsere heutige Zeit immer noch e<strong>in</strong>en gewissen Bekanntheitsgrad aufweist.<br />

Quelle: Anzeigenseite im Spiegel, 1966<br />

Abbildung 5<br />

E<strong>in</strong>e Anzeige für die Zigarettenmarke Camel traf <strong>in</strong> den 60er und<br />

70er Jahren des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts exakt den Zeitgeist und<br />

hatte damals den Status e<strong>in</strong>er Kultmarke. In <strong>der</strong> heutigen Zeit<br />

hat sich das Lebensgefühl grundlegend gewandelt. Daher wirkt<br />

dieses Foto nicht mehr so attraktiv wie damals.<br />

Quelle: Anzeigenseite Spiegel, 1974<br />

Seite 6


Abbildung 6<br />

E<strong>in</strong>e unkonventionelle, neue Sichtweise auf e<strong>in</strong> Produkt erzeugt selbst <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit vorherr-<br />

schenden Bil<strong>der</strong>flut e<strong>in</strong>e hohe Aufmerksamkeit. Wie lange diese Wirkung anhält lässt sich jedoch<br />

nicht vorhersagen. Erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rückschau auf unsere Zeit wird sich diese völlig neuartige Bild-<br />

sprache e<strong>in</strong>ordnen lassen.<br />

Quelle: Tunnellabyr<strong>in</strong>th im Münchener Ostbahnhof<br />

Seite 7


i vgl. Gerhard Roth, Aus <strong>der</strong> Sicht des Gehirns<br />

ii Das e<strong>in</strong>zelne Auge hat e<strong>in</strong>en Blickw<strong>in</strong>kel von 150°. Da sich aber die Blickw<strong>in</strong>kel des rechten und l<strong>in</strong>ken Auge überschneiden, ist <strong>der</strong> gesamte Blickw<strong>in</strong>kel des<br />

Menschen ca. 120°.<br />

vgl. http://www.mediz<strong>in</strong>fo.de/augenheilkunde/untersuchung/gesichtsfeld.htm<br />

iii siehe z. B. http://www.samuelhahnemann.de/K<strong>in</strong><strong>der</strong>__/Die_normale_Entwicklung/Die_vorgeburtliche_Entwicklung/die_vorgeburtliche_entwicklung.html

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