10.01.2014 Aufrufe

Armutsbewegungen im Mittelalter - Buchhandel.de

Armutsbewegungen im Mittelalter - Buchhandel.de

Armutsbewegungen im Mittelalter - Buchhandel.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die Wal<strong>de</strong>nser<br />

<strong>de</strong>n wirtschaftlichen Wan<strong>de</strong>l, teilweise auch eine Kirche, die, reich gewor<strong>de</strong>n,<br />

sich in Selbstdarstellung und Machtentfaltung verlor. Die mittelalterliche Kirche<br />

reagierte unterschiedlich auf die religiöse Armutsbewegung. Teile dieser<br />

Bewegung erschienen ihr so gefährlich, dass sie in aller Härte gegen sie<br />

vorging. An<strong>de</strong>re Teile integrierte sie.<br />

Die Wal<strong>de</strong>nser<br />

1177/78 beschloss Petrus Wal<strong>de</strong>s (auch Val<strong>de</strong>s), ein reicher Textilkaufmann<br />

aus Lyon, sein Leben radikal zu än<strong>de</strong>rn. Veranlasst durch die Lektüre <strong>de</strong>r<br />

Heiligen Schrift, gab er seinen Reichtum auf und begann als Wan<strong>de</strong>rprediger<br />

in seiner He<strong>im</strong>atstadt und ihrer Umgebung zu wirken. Er hatte beträchtliche<br />

Resonanz. Viele schlossen sich ihm an, Menschen aus <strong>de</strong>r eigenen Gesellschaftsschicht,<br />

aber auch solche aus <strong>de</strong>r Unterschicht und <strong>de</strong>m verarmten<br />

A<strong>de</strong>l. Die Wal<strong>de</strong>nser wollten wie die Apostel predigen, nicht ansässig wer<strong>de</strong>n,<br />

nichts mitnehmen als einen Stab, kein Brot, keine Tasche und kein Geld (vgl.<br />

Mk 6,7–9). Ihr Armutsi<strong>de</strong>al stand ganz <strong>im</strong> Dienst <strong>de</strong>r Predigtaufgabe. Der<br />

Erzbischof von Lyon ließ die neue Bewegung zu, verbot ihr aber die Predigt.<br />

1179 erschien Wal<strong>de</strong>s mit zwei Begleitern vor <strong>de</strong>m dritten Laterankonzil. Dort<br />

wur<strong>de</strong>n sie einem Glaubensverhör unterzogen: Man machte sich auch lustig<br />

über ihre theologische Unbildung. Nach Anweisung <strong>de</strong>s Konzils durften sie<br />

in Armut leben; auch predigen konnten sie weiter, freilich nur zu best<strong>im</strong>mten<br />

Anlässen und mit Genehmigung <strong>de</strong>s örtlichen Klerus. Nach ihrer Rückkehr<br />

vom Konzil überprüfte man erneut ihre Rechtgläubigkeit, befürchtete man<br />

doch verkappte Ketzerei. Doch Wal<strong>de</strong>s bejahte die Glaubenslehre <strong>de</strong>r Kirche.<br />

Aus <strong>de</strong>m Glaubenbekenntnis <strong>de</strong>s Petrus Wal<strong>de</strong>s<br />

„Wir glauben die eine katholische, heilige, apostolische und unbefleckte Kirche, außerhalb<br />

<strong>de</strong>rer niemand gerettet zu wer<strong>de</strong>n vermag; auch verwerfen wir keinesfalls die Sakramente,<br />

die in ihr gefeiert wer<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>m Beistand <strong>de</strong>r nicht wahrnehmbaren, unsichtbaren<br />

Kraft <strong>de</strong>s Heiligen Geistes, selbst wenn es ein sündiger Priester ist, <strong>de</strong>r sie austeilt, sofern<br />

die Kirche diesen nur ann<strong>im</strong>mt, noch tun wir <strong>de</strong>n von ihm vorgenommenen kirchlichen<br />

Handlungen o<strong>de</strong>r Segnungen Abbruch, son<strong>de</strong>rn nehmen sie in wohlwollen<strong>de</strong>r Gesinnung<br />

an, als wäre er vollkommen rechtschaffen. Wir billigen also die Kin<strong>de</strong>rtaufe , wie wir auch<br />

bekennen und glauben, daß sie [die Kin<strong>de</strong>r] gerettet wer<strong>de</strong>n, wenn sie nach <strong>de</strong>r Taufe sterben,<br />

noch bevor sie Sün<strong>de</strong>n begehen. In <strong>de</strong>r Taufe aber wer<strong>de</strong>n, glauben wir, alle Sün<strong>de</strong>n<br />

vergeben, sowohl jene Ursün<strong>de</strong> als auch die willentlich begangenen [Tatsün<strong>de</strong>n] … Auch<br />

glauben und beteuern wir fest das künftige Gericht, in <strong>de</strong>m je<strong>de</strong>r einzelne Lohn <strong>de</strong>r Strafe<br />

empfangen wird für das , was er hier <strong>im</strong> Fleische getan hat. Wir bezweifeln endlich nicht,<br />

dass Almosen und Meßopfer sowie die übrigen Wohltaten <strong>de</strong>n <strong>im</strong> Glauben Verstorbenen<br />

[<strong>im</strong> Fegfeuer] nützen können.<br />

127

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!