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Lesen - Hermann Krist

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21. Juni 2012<br />

FACTS BY MAIL - NEWS AUS DEM<br />

UNTERSUCHUNGSAUSSCHUSS<br />

Am dritten Tag in Folge hat sich der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Klärung<br />

von Korruptionsvorwürfen mit der Causa Behördenfunk beschäftigt. Heute standen die<br />

Zahlungsströme vom siegreichen Konsortium an den ÖVP-nahen Lobbyisten Alfons<br />

Mensdorff-Pouilly und das Umfeld des Kabinetts von Ex-Minister Ernst-Strasser im Mittelpunkt.<br />

Im Zuge der Neuvergabe des Behördenfunksystems sollen mehrere Millionen Euro an<br />

Provisionszahlungen geflossen sein. Dazu geladen waren Hans-Joachim Wirth und Josef<br />

Neureiter von Motorola, Matthias Maierhofer von der Telekom, Verena Karimi, die Ex-Frau von<br />

Christoph Ulmer und der Motorola-Berater Herbert Martin. Die Befragungen zeigten, dass<br />

Mensdorff-Pouilly - entgegen eigenen Behauptungen - im Auftrag des Tetron-Konsortiums<br />

aktiv war und über Scheinrechnungen Provisionen kassierte. Außerdem übte heute der<br />

Rechnungshof-Prüfer Anton Lerchner erneut heftige Kritik am Innenministerium. Im Zuge der<br />

Errichtung des Behördenfunks sei es zu massiven Verzögerungen, Kostensteigerungen und<br />

fragwürdigen Beraterhonoraren gekommen, bemängelte er.<br />

Hinter Briefkastenfirma Valurex steckt Mensdorff-Pouilly<br />

Die heutigen Befragungen des früheren Motorola Österreich-Managers Josef Neureiter, des<br />

Motorola-Beraters Herbert Martin sowie des Telekom-Mitarbeiters Matthias Maierhofer ließen<br />

eines deutlich werden: Der ÖVP-nahe Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly hatte weit mehr mit der<br />

Vergabe des Behördenfunks zu tun, als er zugab. Bisher bestritt der Lobbyist jemals mit der<br />

österreichischen Behördenfunkvergabe befasst gewesen zu sein oder gar Gelder für die<br />

Beeinflussung der Zuschlagsentscheidung erhalten zu haben. Heute wurde jedoch klar: Mensdorff<br />

war im Auftrag des Tetron-Konsortiums von Motorola, Alcatel und Telekom aktiv. Über<br />

undurchsichtige Vertragsbeziehungen und Scheinrechnungen erhielt er dafür<br />

Millionenbeträge.<br />

Zu einem dieser Verträge wurde heute der Motorola Österreich-Manager Neureiter von der SPÖ-<br />

Abgeordneten Angela Lueger befragt. Lueger wollte von Neureiter mehr über den sonderbaren<br />

Vertrag zwischen der deutschen Tochtergesellschaft des Motorola-Konzerns und der<br />

panamaischen Briefkastengesellschaft Valurex wissen. Valurex wurde beauftragt, Motorola beim<br />

Aufbau des österreichischen Behördenfunknetzes zu begleiten, die Technologie zu vermarkten und<br />

dem Innenministerium in Wien zur Verfügung zu stehen – für ein Honorar von bis zu 2,6 Millionen<br />

Euro. Mensdorff taucht in diesem Vertrag nicht auf, doch Neureiter gab heute zu: „In der Abwicklung<br />

der Valurex-Verträge gab es direkte Kontakte mit Mensdorff-Pouilly.“ Da Motorola in Österreich<br />

nicht gut verankert war, wurde Valurex als „Türoffner zu Entscheidungsträgern“ engagiert. „Wir<br />

hatten keinen Zugang, Valurex hatte den Zugang", erklärte Neureiter den Auftrag. Und musste auch<br />

eingestehen, dass die Aktivität von Lobbyist Mensdorff-Pouilly bei Motorola hinter den Codenamen<br />

„Manfred“ und „der Jäger“ versteckt wurde.


Neureiter gab auch zu, dass es beträchtliche Geldflüsse von Motorola an die Ex-Frau von<br />

Christoph Ulmer, Verena Karimi, gab – und zwar ohne ersichtliche Gegenleistung. Karimi war heute<br />

Abend selbst vor den Ausschuss geladen und musste den Abgeordneten Auskunft über ihren PR-<br />

Vertrag mit Motorola Auskunft geben. Sie berichtete, von Motorola aufgefordert worden zu sein, sich<br />

zu bewerben. Nach einer vom Konzern bezahlten Einschulung in Berlin, habe sie den Auftrag<br />

schließlich erhalten. Warum der Weltkonzern Motorola eine unerfahrene Einzelperson auswählte, um<br />

seine PR-Arbeit in Sachen Tetron zu erledigen und weshalb Karimi Ulmers Flüge auf ihre<br />

Spesenabrechnung setzt, konnte sie der SPÖ-Abgeordneten Christine Lapp aber nicht erklären.<br />

Mensdorff-Pouilly legte Telekom Scheinrechnungen über 1,1 Mio. Euro<br />

Zahlungen von der Telekom an Mensdorff-Pouilly beschäftigten die Abgeordneten am Nachmittag des<br />

heutigen Ausschusstages. 1,1 Mio. Euro erhielt Mensdorff von der Telekom für das Projekt<br />

„Alpha“, bei dem es um den Erwerb des slowenischen Anbieters Smart Com durch die Telekom-<br />

Konzernbeteiligung Infotech ging. Nur hatte Mensdorff nie einen Beitrag zu diesem Projekt<br />

geleistet, wie der Telekom-Mitarbeiter Maierhofer in seiner heutigen Befragung klarstellte.<br />

Maierhofer war in der Telekom für das Projekt zuständig und bestätigte auf Nachfrage der SPÖ-<br />

Abgeordneten Sonja Steßl-Mühlbacher: „Mensdorff-Pouilly war nie in dieses Projekt<br />

involviert.“ Das Gutachten, das Mensdorff der Telekom in Rechnung stellte,<br />

hat Maierhofer selbst verfasst. Bei Mensdorffs Vertrag zum Projekt „Alpha“ handelt es sich offenbar<br />

um ein Scheingeschäft. Über eben dieses Scheingeschäft soll laut dem früheren Telekom-Vorstand<br />

Schieszler die Zahlungen zum Behördenfunk verrechnet worden sein.<br />

Erneut heftige Kritik am Innenministerium<br />

Scharfe Kritik erntete das Innenministerium heute erneut von dem Rechnungshof-Prüfer Anton<br />

Lerchner. Er berichtete den Abgeordneten das Ergebnis der RH-Prüfung und beanstandete einmal<br />

mehr Mängel bei der Ausschreibung und Umsetzung des Behördenfunks, die zu erheblichen<br />

Mehrkosten und Verzögerungen geführt haben.<br />

Neben Josef Neureiter hätte heute auch Hans-Joachim Wirth Auskunft über die Zahlungen von<br />

Motorola an Mensdorff und Karimi geben soll. Doch er blieb dem Ausschuss unentschuldigt fern. Da<br />

Wirth in Deutschland lebt, ist es den Abgeordneten – anders als in Österreich - nicht möglich, weitere<br />

rechtliche Schritte gegen Wirth einzuleiten.

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