aktuell Nr. 48 vom 09.12.2013 ( PDF , 1,4 MB) - Bundeswehr
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4 <strong>aktuell</strong> politik / Hintergrund 9. dezember 2013<br />
Alternative Route<br />
Washington. Die USA haben<br />
ihren Abzug aus Afghanistan<br />
über das Nachbarland Pakistan<br />
vorerst gestoppt – aus Angst vor<br />
Terroranschlägen. Auf der Route<br />
entlang der Grenze beider Staaten<br />
war es wegen der US-Drohnenangriffe<br />
immer wieder zu Protesten<br />
gekommen. Nun stellte das<br />
Pentagon den Transport seiner<br />
Ausrüstung <strong>vom</strong> Grenzübergang<br />
Torkham Gate bis in die Hafenstadt<br />
Karatschi ein, wie Pentagon-Sprecher<br />
Mark Wright der<br />
Nachrichtenagentur dpa am vergangenen<br />
Mittwoch sagte.<br />
Neben dieser wichtigen Versorgungsstrecke<br />
gibt es noch eine<br />
Alternativroute durch Pakistan.<br />
„Ein bisschen Bewegung durch<br />
Pakistan findet noch statt“, sagte<br />
Wright. Auch über den Luftweg<br />
wird viel Material abgezogen,<br />
so macht es zum Beispiel die<br />
<strong>Bundeswehr</strong>. Betroffen ist die<br />
Ausrüstung, die das US-Militär<br />
im Rahmen des bis Ende 2014<br />
geplanten Abzugs der Kampftruppen<br />
schrittweise nach Hause<br />
bringen will. Er sei aber zuversichtlich,<br />
dass die Route schon<br />
„in naher Zukunft“ wieder befahren<br />
werden könne, versicherte<br />
Sprecher Wright. (js)<br />
Serbe gewinnt Wahl<br />
pristina. Bei der zweiten Runde<br />
der Kommunalwahl im Kosovo ist<br />
ein serbischer Nationalist in der<br />
nördlichen Stadt Mitrovica zum<br />
Bürgermeister gewählt worden.<br />
Die Stichwahlen in der mehrheitlich<br />
von Albanern bewohnten<br />
früheren serbischen Provinz<br />
verliefen friedlich. In Mitrovica,<br />
einer serbischen Hochburg, war<br />
die Wahlbeteiligung gering. In<br />
25 von 39 Gemeinden fanden<br />
Stichwahlen statt, weil ein erster<br />
Durchgang keine Entscheidung<br />
gebracht hatte. Die Polizei hatte<br />
die Sicherheitsvorkehrungen nach<br />
einem Zwischenfall am 3. November<br />
verschärft. Damals war ein<br />
Wahllokal angegriffen und die<br />
Abstimmung gestört worden. Bei<br />
der Wahl durfte erstmals auch die<br />
serbische Minderheit über Bürgermeister<br />
mitbestimmen (enw)<br />
Franzosen ziehen ab<br />
paris. Frankreich zieht seine<br />
letzten Soldaten aus dem Kosovo<br />
ab: Der Abzug der derzeit noch<br />
etwa 300 Soldaten werde schrittweise<br />
bis Juni nächsten Jahres<br />
erfolgen, Grund sei die Priorität<br />
anderer Einsätze für Paris, insbesondere<br />
in Mali und in der Zentralafrikanischen<br />
Republik. Die<br />
NATO-Truppe im Kosovo verfügt<br />
derzeit noch über etwa 5000<br />
Soldaten, von denen der größte<br />
Truppensteller mit 700 Soldaten<br />
Deutschland ist. (cp/ju)<br />
Das Risiko ist enorm<br />
Generalleutnant Erich Pfeffer referiert zum Thema Cyber Defence in multinationalen Einsätzen.<br />
von Florian Manthey<br />
Bonn. Der Internetangriff auf<br />
Estland im Jahr 2007, der annähernd<br />
das ganze Land lahmlegte,<br />
verdeutlicht die strategische<br />
Bedeutung von Cyber Defence.<br />
Ein Thema – auch für die Streitkräfte,<br />
gerade in multinationalen<br />
Einsätzen. „Für uns sind sichere<br />
Übertragungsmöglichkeiten und<br />
zuverlässige Führungsinformationssysteme<br />
entscheidend für<br />
die Operationsführung – das<br />
war früher so und ist heute nicht<br />
anders“, sagte Generalleutnant<br />
Erich Pfeffer, der stellvertretende<br />
Inspekteur der Streitkräftebasis,<br />
in seiner Grundsatzrede auf der<br />
Cyber Defence Conference der<br />
Studiengesellschaft der Deutschen<br />
Gesellschaft für Wehrtechnik<br />
(DWT) in Bonn. Was sich aber<br />
verändert habe, sei der Charakter<br />
der Einsätze und deren ansteigende<br />
Komplexität durch einen<br />
Mix von Fähigkeiten oder die kontinuierlich<br />
zunehmende Komplexität<br />
der IT-Landschaft, die sich<br />
mittlerweile bis zum Einzelschützen<br />
auswirke. Außerdem steige<br />
aufgrund der Medien- und politischen<br />
Wirksamkeit von operativen<br />
Entscheidungen der Informationsbedarf.<br />
Pfeffer berichtete<br />
und der erforderlichen IT-Services<br />
gewesen. Der Gegner müsse<br />
nicht einmal in der Nähe sein, um<br />
die IT-Landschaft anzugreifen. Er<br />
brauche häufig nur den Zugang<br />
zum Internet, stellte Pfeffer klar.<br />
Und das macht die so genannten<br />
Computer Netzwerk Operationen<br />
(CNO) für Angreifer wie kriminelle<br />
Einzeltäter, terroristische<br />
Gruppierungen, aber auch staatliche<br />
Akteure so attraktiv.<br />
Das Stören, Abhören und Manipulieren<br />
von Daten „ist ein sehr<br />
wirksames und ressourcensparendes<br />
Mittel, um gegen hochtechnisierte<br />
Streitkräfte schnelle<br />
Erfolge zu erzielen“, erklärte Pfeffer.<br />
Auch sei das Risiko für den<br />
Einsatz enorm: „Die tatsächliche<br />
Letalität eines ‚Soft-Kills‘ durch<br />
CNO ist je nach Wirkungsgrad<br />
mit der eines konventionellen<br />
‚Hard-Kills‘ vergleichbar“, verdeutlichte<br />
der Generalleutnant.<br />
Beispielsweise könnte durch gegnerische<br />
CNO das Starten eines<br />
Unterstützungshubschraubers<br />
verhindert werden oder essentielle<br />
Aufklärungsinformationen<br />
stehen Führungselementen nicht<br />
NATO erhöht Druck auf Afghanistan<br />
Staatengemeinschaft will Unterschrift unter Partnerschaftsabkommen noch in diesem Jahr.<br />
Brüssel. Die NATO-Staaten<br />
erhöhen den Druck auf Afghanistans<br />
Präsidenten Hamid Karsai,<br />
einem Sicherheitspakt mit den<br />
USA zuzustimmen und damit den<br />
Verbleib internationaler Truppen<br />
am Hindukusch nach 2014<br />
zu regeln. Ohne das Abkommen<br />
könnten auch die weiteren<br />
Finanzmittel für die Regierung in<br />
Kabul auf dem Spiel stehen, so<br />
NATO-Generalsekretär Anders<br />
Fogh Rasmussen am vergangenen<br />
datenmanipulation: auch eine gefahr für die Streitkräfte.<br />
von seinen Erfahrungen als<br />
Kommandeur des ISAF-Regionalkommandos<br />
Nord, wo eine<br />
zuverlässige, robuste und sichere<br />
Führungsunterstützung für rund<br />
20 am Einsatz beteiligte Nationen<br />
aufgebaut werden musste.<br />
Die besondere Herausforderung<br />
dabei sei nicht nur die<br />
Bereitstellung, sondern auch der<br />
Schutz der Netzwerkinfrastruktur<br />
Besondere Herausforderung: der Schutz der netzwerkinfrastruktur.<br />
Foto: Berg/dpa<br />
Foto: Manthey/<strong>Bundeswehr</strong><br />
zur Verfügung. So werden Menschenleben<br />
mittelbar, aber auch<br />
konkret gefährdet. Pfeffer unterstrich<br />
damit die Schutzbedürftigkeit<br />
der Netzwerke.<br />
Aber müssen bei den hohen<br />
Anforderungen an die IT-Sicherheit<br />
nicht Abstriche in der Praktikabilität<br />
gemacht werden? Oder<br />
steht die Sicherheit der Informationstechnik<br />
sogar im Widerspruch<br />
zur Operationsplanung? Aus Sicht<br />
Pfeffers sind solche Fragen falsch<br />
gestellt, denn IT-Sicherheit setze<br />
ja gerade operationelle Forderungen<br />
um. Sie müsse als Moderator<br />
oder Vermittler verstanden<br />
sowie gelebt werden – und „nicht<br />
als Verhinderer von Funktionalität“.<br />
Nicht alles, was für den Einsatz<br />
funktional wünschenswert<br />
ist, könne auch sinnvoll abgesichert<br />
werden.<br />
Neben der Sensibilisierung der<br />
Nutzer – Stichwort Awareness –<br />
habe die Entwicklung robuster<br />
Schutzmaßnahmen höchste Priorität,<br />
um die Handlungsfähigkeit<br />
der Streitkräfte in einem sicheren<br />
IT-Umfeld zu garantieren.<br />
„Dabei müssen wir uns bewusst<br />
sein, dass diese Maßnahmen<br />
entlang der sich rasant weiterentwickelnden<br />
Technik stetig<br />
überprüft und angepasst werden<br />
müssen“, betonte Pfeffer. Auf<br />
nationaler Ebene ist das Bundesamt<br />
für Sicherheit in der<br />
Informationstechnik (BSI)<br />
dafür zuständig. Denn es ist<br />
als nachgeordnete Behörde des<br />
Bundesministeriums des Innern<br />
zentraler IT-Dienstleister der<br />
Bundesverwaltung.<br />
Unter der Federführung des BSI<br />
wird seit April 2011 das Nationale<br />
Cyber-Abwehrzentrum betrieben.<br />
Mit Blick auf die Einsätze<br />
der <strong>Bundeswehr</strong> wird deutlich,<br />
dass handlungsfähige Streitkräfte<br />
in hohem Maße selbst verantwortlich<br />
sind für ein sicheres<br />
IT-Umfeld – sowohl in Deutschland<br />
als auch in den Einsatzgebieten.<br />
Dienstag. „Wenn es keine Ausbildungsmission<br />
gibt, kann das<br />
negative Auswirkungen auf die<br />
Sicherheitslage und auch auf die<br />
finanzielle Unterstützung haben“,<br />
sagte Rasmussen beim Treffen<br />
der NATO-Außenminister.<br />
US-Außenamtschef John<br />
Kerry sagte in Brüssel, dass nicht<br />
zwangsläufig Karsai das Abkommen<br />
unterzeichnen müsse. „Auch<br />
der Verteidigungsminister kann<br />
es, die Regierung kann es.“ Verteidigungsminister<br />
Thomas de<br />
Maizière rechnet mit einem baldigen<br />
Einlenken der afghanischen<br />
Regierung. Er gehe davon aus,<br />
dass ein entsprechendes Abkommen<br />
unterschrieben werde, sagte<br />
de Maizière am vergangenen Mittwoch<br />
im ARD-Morgenmagazin.<br />
Seine eigentliche Sorge sei, ob<br />
die USA ausreichend Soldaten für<br />
die Fortsetzung des internationalen<br />
Engagements in Afghanistan<br />
nach 2014 zusagen. „Diese Entscheidung<br />
muss auch dringend<br />
kommen, nachdem die afghanische<br />
Seite unterzeichnet hat.“<br />
Dieses Abkommen könnte auf<br />
andere NATO-Staaten ausgeweitet<br />
werden. Allerdings weigert<br />
sich Karsai, das Dokument<br />
zu unterschreiben. Er will dies<br />
seinem Nachfolger überlassen,<br />
der im April gewählt werden soll.<br />
Die internationale Staatengemeinschaft<br />
dagegen will noch dieses<br />
Jahr Klarheit. (tk/ko).