Neuregelung der Gesundheitsversorgung ab 2014 - Ärztekammer ...
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ELGA<br />
02/13<br />
SPRECHSTUNDE<br />
Die elektronische Gesundheitsakte<br />
ELGA wird kommen<br />
Doch die Probleme sind noch lange nicht gelöst<br />
06<br />
m ELGA ist es ruhig geworden, dennoch steht sie unbarmherzig<br />
vor <strong>der</strong> Tür. Ab Jänner <strong>2014</strong> können Pa-<br />
U<br />
tientinnen und Patienten zwar theoretisch bekanntgeben,<br />
dass ihre Daten nicht sichtbar sein sollen, sie werden <strong>ab</strong>er<br />
dennoch gespeichert. Ab 2015 müssen dann die Krankenhäuser<br />
begonnen h<strong>ab</strong>en, die Befunde zu speichern. Ab<br />
Mitte 2016 wird ELGA in den Ordinationen verpflichtend.<br />
Ärztinnen und Ärzte wissen, was das bedeutet: Eine zunehmende<br />
Ansammlung an medizinischen Daten, von denen<br />
<strong>der</strong> Großteil jedoch lei<strong>der</strong> wertlos, ja sogar behin<strong>der</strong>nd<br />
sein wird, weil veraltet, zu viel und unsortiert.<br />
Ärztinnen und Ärzte sind <strong>der</strong> Meinung, dass sich Patientenanwälte<br />
und Patientenombudsmänner schützend vor<br />
die Patientinnen und Patienten stellen müssten und <strong>der</strong>en<br />
Rechte verteidigen müssten, denn die Patientenrechte<br />
sind massiv gefährdet. Es gibt sogar verfassungsrechtliche<br />
Bedenken. Aber warum lehnen sich Ärztinnen und Ärzte<br />
so massiv gegen ELGA auf? Für sie geht es darum sicherzustellen,<br />
dass die Bedienung von ELGA nicht mit ihrem<br />
Berufsrecht kollidiert.<br />
ELGA bringt Verunsicherung in die Ordinationen<br />
Stellen Sie sich einen Rechtsanwalt o<strong>der</strong> einen Steuerberater<br />
vor: Wenn ein Steuerberater mit einem neuen Steuerakt<br />
o<strong>der</strong> ein Rechtsanwalt mit einem neuen Gerichtsakt<br />
konfrontiert wird, muss dieser zunächst den neuen Akt genau<br />
studieren. Ein seriöses und mit <strong>der</strong>en Berufsrecht vereinbarendes<br />
Studium dieser Akten, egal ob auf Papier o<strong>der</strong><br />
elektronisch, kann Stunden dauern. Ungefähr vergleichbar<br />
ist <strong>der</strong> Aufwand bei einem Patientenakt. Ein erstmaliges<br />
Studium des Aktes beispielsweise eines älteren Patienten<br />
mit mehreren Krankheiten wird Stunden in Anspruch nehmen.<br />
Doch woher soll diese Zeit kommen?<br />
ELGA ist wie Internetrecherche ohne Google o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er<br />
Suchmaschine<br />
Erschwerend kommt hinzu, dass ELGA im Vergleich zu den<br />
elektronischen Hilfsmitteln von Rechtsanwälten und Steuerberatern<br />
sehr banal gehalten sein wird. Zunächst einmal<br />
ohne Suchfunktionen, welche die Arbeit massiv erleichtern<br />
würden. H<strong>ab</strong>en Sie schon einmal etwas im Internet<br />
gesucht, ohne Google o<strong>der</strong> irgendeine an<strong>der</strong>e Suchmaschine<br />
einzusetzen? Erst für 2018 ist eine entsprechende Datenstruktur<br />
vorgesehen, die aus heutiger Sicht zeitgemäß ist.<br />
Also zu einem Zeitpunkt, zu dem ELGA bereits enorm mit<br />
Daten befüllt sein wird. Die Erfahrung mit EDV-Systemen<br />
im öffentlichen Dienst hat uns auch gelehrt, dass die verwendeten<br />
Systeme meist nicht so schnell arbeiten, wie das<br />
ein privater EDV-Anwen<strong>der</strong> gewohnt ist. Die Folge wird<br />
eine unendliche Verschwendung von Ressourcen, nämlich<br />
ärztliche Arbeitszeit sein, die beim unnötigen, langsamen<br />
Suchen in Dokumenten verloren gehen wird, weil natürlich<br />
das ganze Datenmaterial durchsucht werden muss, um<br />
im Nachhinein festzustellen, dass 95 Prozent davon unnötig<br />
waren.<br />
ELGA kostet zweieinhalb Milliarden Euro pro Jahr an<br />
zusätzlicher Arbeitszeit<br />
Bei rund 120 Millionen Patientenkontakten pro Jahr<br />
in Österreich ergibt sich rund eine halbe Milliarde Euro<br />
Zusatzaufwand, wenn nur eine Minute Behandlungszeit<br />
durch ELGA zusätzlich gebraucht wird. Schätzt man durchschnittlich<br />
fünf Minuten <strong>ab</strong>, um sich als Arzt wenigstens<br />
halbwegs im rechtlich gedeckten Raum zu bewegen, dann<br />
erhält man rein rechnerisch 2,5 Milliarden Euro pro Jahr,<br />
die entwe<strong>der</strong> an Zusatzkosten anfallen o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Behandlung<br />
<strong>ab</strong>gehen.<br />
ELGA reduziert die Behandlungen um ein Viertel<br />
Wenn eine Behandlung in <strong>der</strong> Spitalsambulanz heute<br />
durchschnittlich beispielsweise 15 Minuten dauert, wird<br />
sich diese Dauer durch ELGA auf 20 Minuten erhöhen.<br />
Daher können pro Ärztin/Arzt nur noch drei statt bisher<br />
vier Patientinnen/Patienten pro Stunde behandelt werden.<br />
Spitäler und auch die angestellten Ärztinnen/Ärzte werden<br />
es sich aus berufsrechtlichen Gründen nicht erlauben können,<br />
auf die Benutzung von ELGA zu verzichten. Fazit: Es<br />
wird entwe<strong>der</strong> zu einem Viertel weniger Behandlungen bei<br />
gleicher Kapazität kommen. O<strong>der</strong> die ärztliche Belegschaft<br />
muss um ein Drittel aufgestockt werden. Letzteres ist wohl<br />
nicht zu erwarten, daher werden möglicherweise die Wartezeiten<br />
explodieren.<br />
Ein zweites Beispiel: Wenn eine Behandlung in <strong>der</strong> Ordination<br />
heute im Durchschnitt fünf Minuten dauert, wird<br />
sich diese Dauer durch ELGA auf zehn Minuten durchschnittlich<br />
verdoppeln. Wer soll dann die vielen Patienten<br />
behandeln? Der Tag von Ärztinnen und Ärzte hat auch nur<br />
24 Stunden.