Verflechtung von Fischwirtschaft und Tourismus - Europa
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Farnet Magazin Nr 9 I Herbst-Winter 2013 I Seite 27<br />
▲ Dieser in Ostende (Belgien) beheimatete Krabbenkutter ist für den Pescatourismus zugelassen.<br />
Er fährt mit einer Sondergenehmigung als „Kulturerbe“.<br />
Demgegenüber sind in acht Achse-4-Ländern<br />
(Belgien, Deutschland, Dänemark,<br />
Irland, Niederlande 11 , Polen, Portugal <strong>und</strong><br />
Slowenien) Touristen an Bord gewerblich<br />
genutzter Fischfangschiffe nicht zugelassen.<br />
Dort können sich die FLAG entweder<br />
für Gesetzesänderungen stark machen wie<br />
beispielsweise in Deutschland <strong>und</strong> Portugal,<br />
oder sie können ihr Augenmerk auf die Förderung<br />
vergleichbarer, gesetzlich zulässiger<br />
Erwerbsmöglichkeiten richten. Das können<br />
Touristikfahrten auf ausgemusterten oder<br />
umgebauten Fischerbooten sein, die <strong>von</strong><br />
aktiven oder ehemaligen Berufsfischern<br />
geführt werden, oder auf Spezialbooten zur<br />
Beobachtung der gewerblich betriebenen<br />
Fischerei oder Aquakultur aus der Ferne.<br />
Im letzteren Fall fließt der wirtschaftliche<br />
Nutzen jedoch zumeist nicht den Fischern<br />
zu, sondern den Reiseveranstaltern. In Ländern,<br />
in denen gesetzliche Änderungen<br />
angestrebt werden, stellt sich häufig das<br />
Problem, dass nur selten das für Fischerei<br />
zuständige Ministerium bestimmt, unter<br />
welchen Voraussetzungen Passagiere auf<br />
Fischerbooten mitfahren dürfen. Die Entscheidungsgewalt<br />
liegt in diesem Fall häufig<br />
beim Verkehrs- oder Entwicklungsministerium,<br />
bisweilen sogar bei mehreren Ministerien<br />
gleichzeitig. Deshalb muss nicht nur<br />
im Fischereiministerium, sondern auch bei<br />
den übrigen maßgeblichen Stellen Überzeugungsarbeit<br />
geleistet werden.<br />
11<br />
In den Niederlanden dürfen Fischerboote unter<br />
bestimmten Voraussetzungen jedoch für den <strong>Tourismus</strong><br />
auf Binnengewässern eingesetzt werden.<br />
In acht Ländern (Bulgarien, Estland, Finnland,<br />
Lettland, Litauen, Rumänien, Schweden <strong>und</strong><br />
Großbritannien) ist der Pescatourismus zwar<br />
nicht ausdrücklich ausgeschlossen, aber<br />
andererseits ist er auch nicht konkret geregelt.<br />
Daher müssen die Fischerboote den<br />
gleichen Maßstäben an Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />
Sicherheit genügen wie andere Passagierschiffe<br />
auch. Die entsprechenden Vorschriften<br />
können äußerst streng sein oder horrende<br />
Umbaukosten nach sich ziehen. Damit<br />
ist es in manchen Ländern <strong>von</strong> vornherein<br />
ausgeschlossen, dass Fischerboote Touristen<br />
an Bord nehmen. In anderen Ländern jedoch<br />
<strong>und</strong> je nach Art des Fischfangs können die<br />
erforderlichen Umbauten minimal ausfallen.<br />
Zudem bestehen dort Verfahren zur Vergabe<br />
<strong>von</strong> Konzessionen an jene Fischer, die auf<br />
ihren Booten Touristen mitnehmen wollen<br />
<strong>und</strong> die entsprechenden Anforderungen<br />
erfüllen. In Finnland beispielsweise müssen<br />
nicht nur die Boote bestimmte Voraussetzungen<br />
erfüllen, sondern auch die Fischer; diese<br />
haben an Schulungen teilzunehmen <strong>und</strong><br />
Prüfungen abzulegen, bevor sie eine Konzession<br />
erhalten können. Auch der Abschluss<br />
einer geeigneten Versicherung ist Pflicht.<br />
Für jede staatliche Stelle mit Zuständigkeit<br />
für den Pescatourismus stellt die Sicherheit<br />
an Bord natürlich ein wichtiges Anliegen dar.<br />
Das Spektrum entsprechender Vorschriften<br />
erstreckt sich unter anderem auf die Größe<br />
<strong>und</strong> Stabilität des Bootes, auf die für Touristen<br />
verfügbare Fläche <strong>und</strong> auf die Entfernung<br />
der Touristen <strong>von</strong> maschinellen Anlagen <strong>und</strong><br />
Fischfanggerät. In den meisten Ländern ist der<br />
▲ Touristin auf einer Fischfangfahrt<br />
in der Nähe <strong>von</strong> Peniche (Portugal).<br />
Pescatourismus auf in Dienst stehenden Fangschiffen<br />
ausdrücklich untersagt. Ansonsten<br />
bestehen Vorschriften für die zulässige Anzahl<br />
<strong>von</strong> Touristen auf Booten einer bestimmten<br />
Größe <strong>und</strong> die Anzahl der sie betreuenden<br />
Crewmitglieder sowie für Erste-Hilfe-Ausstattung<br />
<strong>und</strong> Rettungsausrüstung.<br />
Dort, wo Fischer Touristen an Bord nehmen<br />
dürfen, stellen sich steuerrechtliche Probleme.<br />
In vielen Ländern ist der Berufsfischfang<br />
steuerlich begünstigt, aber diese Vergünstigungen<br />
gelten nicht für Nebentätigkeiten,<br />
so dass eine zweite Buchhaltung notwendig<br />
würde. Das stellt für jene Fischer, die sich<br />
mit dem Gedanken eines Einstiegs in den<br />
Pescatourismus tragen, natürlich eine weitere<br />
Hürde dar. In Frankreich hat man dieses Problem<br />
mit den 2012 in Kraft getretenen gesetzlichen<br />
Rahmenbedingungen zur Förderung<br />
des Pescatourismus gelöst. Dort wird für eine<br />
Tätigkeit in diesem Erwerbszweig der gleiche<br />
Steuersatz fällig wie für die Fischerei, sofern<br />
die Einkünfte aus Pescatourismus nicht höher<br />
sind als 32 100 Euro <strong>und</strong>/oder nicht mehr als<br />
50 % der Gesamteinkünfte ausmachen.<br />
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