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Inhaltsverzeichnis Solitarbestattung - Winkelmesse ... - Agentur-aim

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Dr. Dieter Becker, Untermainkai 20, 60329 Frankfurt, Mail: becker@agentur-<strong>aim</strong>.com Seite 17 von 37<br />

Barth fasst Seele in einen Dualismus als Vernehmen und Tun in Korrelation zum Evangelium.<br />

In der neueren Theologie wird Seele "entdualisiert" (Überwindung der Leib-Seele-Trennung) und auch häufig<br />

als unzeitgemäß fallen gelassen. Seele als "individuelle Schaltstelle" und als Gottesschöpfung scheinen sich als<br />

Konsens abzuzeichnen. Hasenfratz (1986, 105-111) unterscheidet Funktionsklassen: Ich-, Vital-, Exkursions-,<br />

Außen-, Reinkarnations- und Prestigeseele. Seele wird hier als ein "Klammerbegriff" verstanden. Nach innen<br />

verbindet (klammert) er den Zusammenhang zwischen Wollen und Tun, Hoffen und Erfahren, Wünschen und<br />

Erhalten, Fehler und Lösung zusammen. Als äußere Klammer ermöglicht "Seele" die Aufnahme von Intention,<br />

Intuition und unterschwelliger Kommunikation.<br />

Die arbiträre Begriffverwendung fördert einerseits eine vollständige Adaption durch die Psychologie und andererseits<br />

einen recht unbefangenen und teils peinlichen Umgang mit dem Begriff "Seele" durch die zurzeit modische<br />

Neurobiologie und deren Deutungsversuche von Gehirnbildern.<br />

Neurophysiologische Ansätze sehen Seele "bunt". Das bedeutet: Mit Bildgebungsverfahren (funktionales<br />

MRT) wird versucht, Seele im Gehirn zu lokalisieren. Dabei werden vor allem Komplexitätsaspekte (Vernetzung<br />

von Empfindungen, Kognitionen, Reizen, Sinneswahrnehmungen und neuronalen Prozessen) in den Blick genommen.<br />

Ausdifferenzierung des Begriffs:<br />

"Weil mit dem Wort Seele – jedenfalls in den alten und neueren europ. Sprachen – Vielfältiges bezeichnet wird<br />

und zugleich das Wort gegen andere (Leben, Herz, Atem, Person usw.) weitgehend austauschbar ist, bringt die<br />

Frage nach seiner etymologischen Herkunft nichts und erübrigt sich auch der Versuch einer Definition."<br />

(Ritschl/Hailer, 1996, S. 166f) Vielmehr muss von "vielen" Seelen (möglicherweise in einer Person) hinsichtlich<br />

der Theorie- und Vorstellungskonzeptionen geredet werden.<br />

Sofern man im Evangelischen den Begriff "Seele" beibehalten möchte ist, kann es sich dabei<br />

nicht um eine unveränderliche "Substanz" oder "Essenz" handeln, sondern und einen prozessualen<br />

Ausdruck. Denn je nach Alter, Lebensprägung, Raum-Zeit-Situation muss von "Seelen"<br />

gleichsam als personale "Aktionspotenziale" verschiedener (Lebens-)Ausprägungen, Erfahrungen<br />

oder situativen Erlebnissen, also als gleichsam unstatische, wandelbare Begriffsbestimmung<br />

menschlicher Prägung ausgegangen werden. 82 Wie das "Aktionspotenzial" einer Synapse<br />

stellt - bildhaft gesprochen - das, was wir mit dem Begriff "Seele" zu umschreiben versuchen,<br />

somit eine situative Verbindung von unterschiedlichsten "Befindlichkeiten" her.<br />

Bestattung als ein Akt für den, mit oder an dem Toten?<br />

Auch in der evangelischen Theologie wird neuerdings verstärkt der Bestattungsgottesdienst als<br />

ein Akt an, für oder mit dem Toten verstanden: "Die Bestattung ist eine Feier für die Trauernden,<br />

aber zugleich auch eine Handlung, die dem toten Menschen gilt." 83 Besondere Bedeutung<br />

bekommen zudem Abschiedsrituale: "Die Elemente des Trauergottesdienstes entsprechen dem<br />

des Predigtgottesdienstes. ... Emotionaler Höhepunkt der Bestattung ist im allgemeinen die<br />

Versenkung des Sarges bzw. bei Feuerbestattung der Abschied von diesem." 84<br />

Inwieweit es zu einer "Personalisierung" des Verstorbenen im evangelischen Bestattungsritus<br />

kommen darf, ist strittig. Es geht nicht um das Verlesen der Namen der Verstorbenen im sonntäglichen<br />

Gottesdienst, sondern die aktive Einbeziehung des Verstorbenen in Gebete, Segenshandlungen<br />

oder Predigten, obgleich ein Verstorbener nach dem evangelischen Menschenbild<br />

sein Menschsein verlustig gegangen sind. Sofern ein Toter im evangelischen Verständnis "ganz<br />

tot" ist, sind aktive Segenshandlungen oder eine Einflussnahme für den Toten im evangelischen<br />

Gottesdienst eigentlich obsolet. Gleichwohl stellen sich die Fragen nach den "letzten<br />

Dingen"; also jene nach dem Tod, im Jenseits, im Himmel, bei der Auferstehung der Toten.<br />

Diese Frage der jenseitigen Dinge sind zwar im evangelischen Verständnis recht unüblich, aber<br />

gerade im Blick auf die Frage einer <strong>Solitarbestattung</strong> einer Klärung zu unterziehen. Der johanneische<br />

Vers (Joh 5,25): "Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Es kommt die Stunde und ist<br />

schon jetzt, dass die Toten hören werden die Stimme des Sohnes Gottes, und die sie hören<br />

werden, die werden leben" suggeriert zumindest, dass eine Kommunikation mit den Toten;<br />

auch wenn diese sich im Bibelvers allein auf die Stimme Gottes bezieht. "Tote aufzuwecken"<br />

als Handlungsauftrag Jesu an seine Jünger (Mt 10, 7; Lk 22,7) lässt auch den Schluss zu, dass<br />

das "Aufwecken" ein Akt am Toten selbst ist und somit eine geforderte Tat der Botschaft des<br />

nahen Reiches Gottes.<br />

Nicht jedem evangelischen Theologen sind diese Jenseitsvermutungen leicht zugänglich. Letztlich<br />

bestimmt aber die eigene Jenseitsvorstellung - bewusst oder unbewusst - auch das eigenen<br />

pastorale Verhalten im Blick auf den Toten. Für die Pfarrpraxis stellt sich die Frage, ob der<br />

82 Der Begriff "Aktionspotenzial" ist der neurobiologischen Forschung entlehnt. Demnach wird mit "Aktionspotenzial" eine elektrische<br />

Erregung einer Membranspannung (also die Differenz zwischen Innen‐ und Außenspannung) bezeichnet, die sich im<br />

Verhältnis zum "Ruhepotenzial" ergibt. Das Aktionspotenzial überbrückt den synaptischen Spalt und ermöglicht so über die<br />

Ausschüttung von Neurotransmittern den neuronalen "Informationsaustausch" im Menschen. (Myers, 2005, S. 62ff)<br />

83 Daiber (1998), Sp. 1368.<br />

84 Daiber (1998), Sp. 1369.<br />

<strong>Solitarbestattung</strong> 2013.03.02 - final.doc

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