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Inhaltsverzeichnis Solitarbestattung - Winkelmesse ... - Agentur-aim

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Dr. Dieter Becker, Untermainkai 20, 60329 Frankfurt, Mail: becker@agentur-<strong>aim</strong>.com Seite 29 von 37<br />

le der Seele richtig verstehen zu lernen." 146 Auch wenn hier scheinbar von den Seelen der<br />

(noch lebenden) Hinterbliebenen und Trauergemeinde gesprochen wird, wäre die Rede mit der<br />

Seele des Verstorbenen durchaus eine Lösungsoption.<br />

Inwieweit aber diese neue Kommunikation mit der Seele eines Verstorbenen evangelisch "legitim"<br />

sein kann, bleibt offen. Bei der Befragung hatte ich den Eindruck, dass Pfarrerinnen eher<br />

diese Rede zu den Toten oder der Seele zu befürworten schien als die männlichen Kollegen. Ob<br />

dies empirisch valide ist, vermag ich nicht zu sagen. Es macht aber die Veränderungsthematik<br />

pastoraler Kommunikation deutlich. 147 Durch die Fokussierung der Verkündigung als bzw. auf<br />

Kommunikation des Evangeliums und die damit einhergehende Funktionalisierung von pastoralen<br />

Handlungen im Blick auf kommunikationswissenschaftlichen oder pastoralpsychologische<br />

Aspekte werden aber unzweifelhaft neue theologische Problembereiche und nicht nur Lösungsoptionen<br />

aufgeworfen.<br />

3.3.2 Seelsorge im Rückzug?<br />

Ein weiteres Dilemma der <strong>Solitarbestattung</strong> (und nicht nur dort) offenbart sich im Blick auf die<br />

pastoraltheologischer Seelsorgeausbildung als "face-to-face-Kommunikation" 148 oder für die<br />

Trauerbegleitung. Bestattung und Trauerbegleitung wird häufig noch synonym verstanden 149<br />

oder gar als Bedingung für liturgische und pastorale Arbeit. So kritisiert Traugott Roser 150 die<br />

VELKD-Agende von 1996 und deren liturgischen Elemente: "Die einzelnen liturgischen Elemente<br />

lassen sich nicht den von Y. Spiegel und anderen beschriebenen Phasen der Trauer zuordnen,<br />

sondern vermischen sie in ein beständiges Nebeneinander von Trauer, Klage, Zorn, Hoffnung<br />

und Trostbedürfnis."<br />

Gleichwohl ist die Fokussierung auf das Thema "Seelsorge" als pastorales Kernfeld bei Betsattungen<br />

nicht unstrittig. 151 Frakturen an dieser "Seelsorge-Trauer-Theorie" lassen sich schon<br />

seit Langem beobachten. Höhere Lebensalter/-erwartungen, professionalisierte Pflege, die<br />

Trennung von Großfamilien mit mindestens drei Generation zu einer Ein- oder max. Zwei-<br />

Generationen-Wohnsituation, die räumliche Trennung, die berufliche Mobilität, die partnerschaftliche<br />

Heterogenität durch Trennungen als auch der häufige Tod erst im sehr hohen Greisenalter<br />

in entfernten Einrichtungen - all diese Veränderungen lassen Angehörigen-Seelsorge<br />

und Trauerbegleitung im Zusammenhang mit Todesfällen eher zur Ausnahme denn zum Regelfall<br />

werden. Auch wandeln sich Fragestellung der Angehörigen von "Warum lässt Gott das zu?"<br />

(Theodizeefrage bei "plötzlichem Tod") zu Fragen der sachgerechten und humanen Sterbepraxis<br />

bzw. -begleitung. Dies lässt sich anhand der modernen Hospizbewegung nachzeichnen 152 ,<br />

die sich im 21. Jahrhundert gerade hinsichtlich ihrer funktionalen, institutionalisierten Form<br />

deutlich beschleunigt. So drängt sich nicht mehr vordergründig das abrupte Lebensende in den<br />

Blick (obgleich dies - wenn auch prozentual deutlich geringer - vorkommt) als vielmehr das<br />

"geplante", würdige Sterben im hohen Alter; und zwar in einer strukturalisierten Form mit<br />

Hospizstationen, -häusern, -vereinen, speziell geschultem Pflegepersonal, einer Pflegeversicherung,<br />

dem "Niemandem-zur-Last-fallen-Wollen" und den Kosten. Sterben und dessen Begleitung<br />

wird immer stärker professionalisiert. D.h. der Akt des Sterbens kommt immer häufiger in<br />

professionellen "Räumen" wie Krankenhäusern, Hospizen, Pflegeheimen unter professioneller<br />

(d.h. ausgebildeter und bezahlter) Begleitung vor.<br />

Schon in meiner ersten pastoralen Berufstätigkeit vor über 20 Jahren wurde mir bei Bestattungen<br />

deutlich, dass sich die Trauer der Angehörigen einerseits mit dem Aufbrechen von Neid,<br />

Wut bis hin zu Hass aufgrund von Familien-, Erbschafts- oder Kostenstreitigkeiten andererseits<br />

schon die Waage hielten. Entsetzt über die teils heftigen Auseinandersetzung der Nachkommen<br />

über Aufteilungs-, Betreuungsleistungen oder andere irrationalen Aspekte musste ich schon zu<br />

Beginn der Berufstätigkeit die erlernten "Trauerphasen" und Seelsorgewerkzeuge einer gewissen<br />

Praxisrevision unterwerfen. Bis heute hat sich dies weiter deutlich in Richtung "seelsorgeloser"<br />

Bestattungstätigkeit für die Pfarrpersonen verschoben; vor allem im städtischen Kontext<br />

146 Schibilsky (2002), S. 626f.<br />

147 In dem Artikel "Die weibliche EKHN" hatte ich schon eine ähnliche Beobachtung für Themen wie Geomantik etc. konstatiert.<br />

DBecker (2007c).<br />

148 Klessmann (2004), S. 407<br />

149 Exemplarisch Bestattung (2004), S. 20: "Zum kirchlichen Handeln im Zusammenhang mit dem Sterben eines Gemeindegliedes<br />

gehört die Sterbe‐ und Trauerbegleitung."<br />

150 Roser (2003), S. 383f.<br />

151 DBecker (2009).<br />

152 Vgl. Student/Mühlum/Student (2007), Fink (2012), Heller/Pleschberger/Fink/Gronemeyer (2012).<br />

<strong>Solitarbestattung</strong> 2013.03.02 - final.doc

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