Juni / Juli 2013 - St. Peter-Paul-Kirchengemeinde Hermannsburg
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Thema<br />
Interreligiös und interkulturell -<br />
<strong>St</strong>udieren in <strong>Hermannsburg</strong><br />
Harald Faber, Lehrbeauftragter an der Fachhochschule für<br />
Interkulturelle Theologie <strong>Hermannsburg</strong> (FIT) im Gespräch<br />
mit Yosef Fentaw Shibeshi, <strong>St</strong>udent aus Äthiopien<br />
Herr Faber im Gespräch mit Herrn Yosef Fentaw Shibeshi.<br />
Wie wird interkulturelles Leben an<br />
der FIT praktiziert? Wie sieht der<br />
Alltag aus?<br />
Der Alltag bringt viele kleine und große<br />
Herausforderungen mit sich – und<br />
dies nicht nur in den Lehrveranstaltungen,<br />
auch nicht allein bei theologischen<br />
Gesprächen und Diskussionen,<br />
bei denen ja unterschiedliche Prägungen<br />
hervortreten. Das trifft auch für<br />
das ganz „gewöhnliche Zusammenleben“<br />
im <strong>St</strong>udentenwohnheim zu; für<br />
Essgewohnheiten etwa. Beispiel: ein<br />
<strong>St</strong>udent aus einem anderen afrikanischen<br />
Land war erstaunt, dass Herr<br />
Shibeshi seine Nudeln, die von der<br />
letzten Mahlzeit übriggeblieben waren,<br />
mit heißem Wasser zubereitete,<br />
also nochmal kurz aufkochte. Das mache<br />
man doch anders. Und da kam<br />
es dann zu einer Diskussion über die<br />
Zubereitung von Nahrungsmitteln.<br />
Foto Fiebig<br />
Man ist tolerant, respektiert den<br />
anderen. Christliche <strong>St</strong>udenten laden<br />
muslimische <strong>St</strong>udenten ein und<br />
respektieren die islamischen Speisegesetze<br />
– Muslime sind beeindruckt<br />
von „christlicher“ Offenheit und Gastfreundschaft.<br />
Auch da kommt es zu<br />
theologischen und interreligiösen<br />
Gesprächen.<br />
Thema Sprache: Verkehrssprache ist<br />
das Englische, was aber auch nicht<br />
immer einfach ist – mit den unterschiedlichen<br />
Akzenten und Aussprachgewohnheiten<br />
usw.<br />
Schwierig wird es dann aber auch,<br />
wenn unterschiedliche konfessionelle,<br />
kirchliche oder religiöse Auffassungen<br />
aufeinandertreffen – ob das<br />
jetzt im Unterrichtsraum oder dann<br />
beim „privaten“ Zusammensein außerhalb<br />
der Lehrveranstaltungen ist.<br />
Die Konfrontation mit ungewohnten<br />
theologischen Auffassungen müsse<br />
bewältigt werden. In dieser Herausforderung<br />
liege auch eine Chance: andere<br />
Meinungen können ja auch als<br />
Angebot verstanden werden – theologisch<br />
müsse man dann aber auch<br />
Kompromisse eingehen können. Für<br />
<strong>St</strong>udenten aus anderen Kulturkreisen<br />
ist es nicht ganz einfach, sich der<br />
deutschen Theologie auszusetzen<br />
(kritische Grundhaltung). Das europäische<br />
Christentum sei eben merkbar<br />
durch die Aufklärung geprägt; das sei<br />
für manche nicht einfach zu verstehen.<br />
Demgegenüber stehe dann die<br />
Haltung, die man als „conservative<br />
approach“ bezeichnen könne – so<br />
ungefähr wiederzugeben mit „konservative<br />
Annäherung“ an theologische<br />
Fragen.<br />
Nicht einfach sei es für nicht-europäische<br />
Christen, diese Spannung zu<br />
bewältigen. Die Professoren werden<br />
als in theologischer Hinsicht „kritisch“<br />
erlebt – kritische Grundhaltung etwa<br />
gegenüber der Bibel. Das führe dann<br />
bei manchen <strong>St</strong>udierenden zur inneren<br />
Nötigung, die Bibel „verteidigen“<br />
zu müssen („defending the Bible“).<br />
Manche erleben es so, dass die<br />
deutsche (Universitäts-) Theologie<br />
die Bibel oder den Glauben angreife<br />
oder gar zerstöre („demolish“). Das ist<br />
also ein sehr spannungsreiches und<br />
bei vielen nicht bewältigtes Thema<br />
in der interkulturellen theologischen<br />
Arbeit, insbesondere beim <strong>St</strong>udium<br />
hierzulande…<br />
Erleben Sie uns Deutsche/<strong>Hermannsburg</strong>er<br />
als gastfreundlich und<br />
tolerant? Wo erleben Sie Intoleranz?<br />
Die <strong>Hermannsburg</strong>er Bevölkerung<br />
und die Deutschen in anderen <strong>St</strong>ädten/Orten<br />
werden überwiegend als<br />
tolerant, aufgeschlossen und freundlich<br />
erlebt. Auf dem Campus wurden<br />
die <strong>St</strong>udenten herzlich willkommen<br />
geheißen. Im Supermarkt helfen andere<br />
Kunden oft spontan, ohne dass<br />
man sie fragen oder bitten müsste.<br />
Wenn sie sehen, dass ausländische<br />
Kunden Probleme habe, gehen sie auf<br />
diese zu und fragen, wo das Problem<br />
liegt. Vermutung: vielleicht sind die<br />
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