MARC CHAGALL 27.9.–12.1.2014 - DIABOLO / Mox
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4 BÜHNE <strong>DIABOLO</strong> WOCHENZEITUNG | Ausgabe 39/13<br />
KURZ & KNACKIG<br />
Neue Betrugsmasche<br />
Radio Bremen warnt vor betrügerischen<br />
Anrufern, die sich als Mitarbeiter des<br />
Senders ausgeben. Die Anrufer versprechen<br />
Reisen oder Geldgewinne und<br />
behaupten zur Auszahlung die Bankverbindung<br />
des Angerufen zu benötigen.<br />
Radio Bremen bestätigt, dass diese<br />
angeblichen Mitarbeiter nicht zum<br />
Team gehören und Radio Bremen würde<br />
bei Gewinnspielen niemals nach den<br />
Bankdaten der Gewinner fragen. Die<br />
Anrufer seien Betrüger, die sich die<br />
Kontodaten der Angerufen erschleichen<br />
wollen. Wer angerufen wird sollte<br />
auflegen und sich an die Polizei wenden.<br />
Die Kunst des Lebens<br />
„The Art Of Making Money“ im Kleinen Haus des Bremer Theaters<br />
So funktioniert Integration<br />
Wenn Sie ein Projekt, eine Initiative<br />
oder eine Maßnahme kennen die sich<br />
erfolgreich für das friedliche und tolerante<br />
Zusammenleben aller Bürger in<br />
Oldenburg einsetzt, oder die Bildungsund<br />
Teilhabechancen von Bürgern mit<br />
Migrationshintergrund erhöht, ist dies<br />
ein Anwärter auf den „Integrationspreis<br />
2013“. Die Stadt nimmt noch bis zum<br />
24. Oktober Bewerbungen entgegen.<br />
Zu gewinnen gibt es drei Preise im<br />
Gesamtwert von 6000 Euro.<br />
Zum Internationalen Mädchentag<br />
Der Arbeitskreis „Mädchentag Oldenburg“<br />
veranstaltet in diesem Jahr für<br />
alle Mädchen zwischen 8 und 16 einen<br />
Filmnachmittag im PFL. Gezeigt wird<br />
„20°Süd, 162°West“, der aus dem abenteuerlichen<br />
Leben der elfjährigen Nim<br />
erzählt, die mit ihrem Vater – einem<br />
Meeresbiologen – allein auf einer geheimen<br />
Insel im Südpazifik mit den Koordinaten<br />
20°Süd, 162°West lebt. Nachdem<br />
der Vater durch ein Unwetter verschollen<br />
ist, nimmt Nim Kontakt zu<br />
ihrem Romanhelden Alex Rover auf.<br />
Nim weiß aber nicht, dass sich hinter<br />
Alex Rover die Schriftstellerin Alexandra<br />
Rover verbirgt. Neben des Films<br />
stellen sich zahlreiche Einrichtungen<br />
für Mädchen vor.<br />
Fr. 11.10., 16 Uhr, PFL, OL<br />
Oldenburger gibt literarisches Debut<br />
„Dessauer Knallerbsen - Begegnungen<br />
im Wandel“ ist die erste literarische Veröffentlichung<br />
des Wahl-Oldenburgers<br />
Jürgen Waschek. In dem Roman<br />
beschreibt er die Ankunft des Dozenten<br />
Martin Wolf 1990 in Dessau. Seine<br />
Aufgabe ist es den Werktätigen in<br />
den Volksbetrieben die soziale Marktwirtschaft<br />
in der Demokratie beizubringen.<br />
Er begegnet verschiedensten<br />
Menschen und erlebt deren verschiedene<br />
Einstellungen und Reaktionen auf<br />
ihr sich veränderndes Leben. Am Sonntag<br />
liest Waschik das Buch vor.<br />
So. 29.9., 16 Uhr, Gemeindezentrum der<br />
Christuskirche, Harlinger Str. 16, OL<br />
Von links: Matthieu Svetchine, Boiko Borisov Todorov und Bernhard Richter. Copyright: Jörg Landsberg<br />
TEXT | MARTINA BURANDT<br />
Unter der Regie der argentinischen Regisseurin,<br />
Lola Arias, erzählen Menschen vom<br />
Rande der Gesellschaft ihre Geschichten.<br />
Sie geben uns einen Einblick in ihre Überlebensstrategien,<br />
in ihre Kunst, aus<br />
Geschichten Geld zu machen.<br />
Jeder fünfte Bürger der Hansestadt Bremen<br />
gilt als arm oder armutsgefährdet.<br />
Bundesweit ist es jeder siebte, der über<br />
weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens<br />
verfügt. Viele liegen soweit<br />
unter dem Durchschnitt, dass sie nur am<br />
Rande unseres Wohlstandstaates ihr Überleben<br />
meistern können.<br />
Da sind der Obdachlose Rony (Ronald<br />
Meister) und seine Frau Anja (Anja Meister),<br />
dann Bugs (Bernhard Richter) und<br />
sein Hund Kumpel. Da ist Bea, die Ex-<br />
Prostituierte (Beate Augustin) und der Straßenmusiker<br />
Boiko (Boiko Borisov Todorov),<br />
begleitet von den Chakarov-Brüdern<br />
(Ibrahim und Mehmet) mit Gitarre und<br />
Schlagzeug. Unterstützt werden sie von<br />
den beiden Schauspielern Matthieu Svetchine<br />
und Claudius Franz, die den Theaterlaien<br />
assistieren und je nach Bedarf, soufflieren<br />
oder die russische Sprache übersetzen.<br />
An diesem Abend gehört die Bühne<br />
TEXT | ANNIKA SCHAFFARZYK<br />
75 Jahre ist es her, dass in der Nacht vom<br />
9. auf den 10. November, in der Reichsprogromnacht,<br />
zahlreiche jüdische Wohnungen,<br />
Friedhöfe und über 1.400 Synagogen<br />
den Akteuren der Straße; die Theaterakteure<br />
treten in ihrem „Heim“ an die Seite.<br />
„Weil einem niemand sein eigenes Elend<br />
glaubt“, heißt es in Bert Brechts „Dreigroschenoper“,<br />
aus der Bugs zitiert, wenn er<br />
mit seinem Hund die Bühne betritt. Sein<br />
Gang ist gebeugt, die Haare grau, seine<br />
Ausstrahlung gebeutelt, wenn er vor einer<br />
Videoprojektion eines Bremer Supermarktes<br />
von seiner Arbeit als Bettler erzählt.<br />
Dieses Mensch-Hund-Team agiert in der<br />
Theaterrolle offensichtlich genauso real,<br />
wie vor dem Supermarkt und wie auch der<br />
Rest des außergewöhnlichen Ensembles.<br />
Neben der Nähe am Alltag der Akteure<br />
wird hier über gut eineinhalb Stunden mit<br />
theatralen und künstlerischen Mitteln gearbeitet.<br />
Und das genau ist die Kunst und<br />
Faszination dieses Abends.<br />
So sehen wir Bugs und seine sechs<br />
Geschwister beim Headbanging in ihrer<br />
Jugendzeit, als alles noch im Lot war. Wir<br />
folgen Anjas und Ronys Ausführungen<br />
über die Kunst des Schnorrens im Einkaufszentrum<br />
und über die Suche nach<br />
einem guten Schlafplatz. Oder wir erfahren<br />
Anjas erschütternde Geschichte um<br />
ihre viel zu frühe Mutterschaft, verhängnisvolle<br />
Ehe und den Verlust ihrer Kinder.<br />
Eindrucksvoll und mit kleinen Mitteln<br />
vom nationalsozialistischen Regime zerstört<br />
wurden. Mit der Reichsprogromnacht<br />
wurde darüber hinaus die Inhaftierung von<br />
über 30.000 Juden in Konzentrationslagern<br />
eingeläutet, in welchen Tausende und<br />
Abertausende den Tod fanden. In ganz<br />
wird ihr Schicksal in Szene gesetzt. Während<br />
Anja ihre Geschichte mit brüchiger<br />
Stimme vorträgt, bringt jedes Ensemblemitglied<br />
ihr nacheinander ein eingerolltes<br />
Handtuch, um es vorsichtig, wie ein Baby<br />
der Mutter in die Arme zu legen. Solche<br />
Momente rauben dem Publikum den<br />
Atem. Eine „Lügendetektor-Show“ eröffnet<br />
zufällige Einblicke in die Probenarbeit<br />
und fordert die Akteure zur Ehrlichkeit<br />
heraus. Dazwischen gibt es aufheiternde<br />
und verbindende Musik von Boiko und<br />
den Chakarov-Brüdern, denn hier handelt<br />
es sich schließlich um eine Oper.<br />
Seit vielen Jahren arbeitet die Regisseurin<br />
Lola Arias als Spezialistin für Dokumentartheater<br />
und ermöglicht mit ihren Arbeiten<br />
einen anderen Blick auf die Wirklichkeit.<br />
Mit „The Art of Making Money“ ist<br />
ihr eine bemerkenswerte Inszenierung<br />
gelungen. Ohne jeden Vorführcharakter<br />
ist dieser Theaterabend einfach nur echt,<br />
berührend und aufrüttelnd. Den bemerkenswerten<br />
und mutigen Darstellern<br />
wünscht man am Ende der Vorstellung<br />
nur eins: Eine neue Chance!<br />
„The Art of Making Money“<br />
Di. 15.10. bis Sa. 26.10., Theater Bremen, Kleines<br />
Haus<br />
Spannende Reise in die Vergangenheit<br />
Broschüre „Reise ins jüdische Ostfriesland“<br />
Deutschland wird Jahr für Jahr der jüdischen<br />
Opfer gedacht und durch Denkmäler<br />
wie dem Holocaust-Mahnmal in Berlin<br />
die nationalsozialistische Schreckensherrschaft<br />
vergegenwärtigt. So auch endlich<br />
in Ostfriesland: Im Zuge des dritten kul-