GLOBAL BRIEF - Deza - admin.ch
GLOBAL BRIEF - Deza - admin.ch
GLOBAL BRIEF - Deza - admin.ch
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Au<strong>ch</strong> die Beratung passt si<strong>ch</strong> den veränderten<br />
Gegebenheiten an. In den 1960erbis<br />
1980er-Jahren, als diese öffentli<strong>ch</strong>e<br />
Dienstleistung ausgebaut wurde, konzentrierte<br />
sie si<strong>ch</strong> fast auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />
auf fa<strong>ch</strong>te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>e Aspekte. Ziel war die<br />
Verbesserung einer Kartoffelsorte, eines<br />
Bewässerungssystems, einer Rinderrasse.<br />
Heute ist das ni<strong>ch</strong>t mehr der Fall: Das Umfeld<br />
in Bezug auf Ernährungssi<strong>ch</strong>erheit,<br />
Umwelt und Marktzugang ist komplexer<br />
geworden; es wird ni<strong>ch</strong>t mehr davon ausgegangen,<br />
dass das Wissen an einem Ort<br />
vorhanden ist, sondern dur<strong>ch</strong> Vernetzung<br />
entsteht und verbreitet wird. Der Zugang<br />
zu neuen Kenntnissen und Te<strong>ch</strong>nologien<br />
und die Anpassung an diese Neuerungen<br />
erfordern neue Fähigkeiten. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />
ist der Zugang der Frauen zu den Produktionsmitteln,<br />
zum Boden, zum Markt,<br />
zu einem S<strong>ch</strong>lüsselthema für viele Geber<br />
geworden, au<strong>ch</strong> für die Direktion für Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung (DEZA).<br />
In den 1990er-Jahren kürzten viele Regierungen<br />
des Südens und au<strong>ch</strong> Geber ihre<br />
Unterstützung zugunsten der Bauern. «In<br />
den 1970er- und 1980er-Jahren wurde viel<br />
in die Landwirts<strong>ch</strong>aft investiert, do<strong>ch</strong> dann<br />
war das ni<strong>ch</strong>t mehr angesagt», hält Garry<br />
Smith von der Ernährungs- und Landwirts<strong>ch</strong>aftsorganisation<br />
der UNO (FAO) fest.<br />
Laut Florence Lasbennes, Mitglied der<br />
Task Force der UNO zur Ernährungssi<strong>ch</strong>erung<br />
«sollte der Markt alles selber regeln,<br />
Regierungen und Geber interessierten si<strong>ch</strong><br />
eher für die Herausforderungen in Städten<br />
und für die Industrialisierung».<br />
Die S<strong>ch</strong>weiz hat die ländli<strong>ch</strong>e Entwicklung<br />
nie verna<strong>ch</strong>lässigt. Dies dürfte der Grund<br />
sein für die Rolle, die sie derzeit im Berei<strong>ch</strong><br />
der Unterstützung der Agrarfors<strong>ch</strong>ung<br />
und der landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Beratung auf<br />
internationaler Ebene einnimmt. Die DEZA<br />
hat diese zu eigenständigen Themen ihres<br />
Globalprogramms für Ernährungssi<strong>ch</strong>erheit<br />
erhoben. Auf Seiten der Anwender<br />
umfasst ihre Zielgruppe 450 Millionen<br />
Kleinbauern in den Entwicklungsländern,<br />
die weniger als eine Hektare Land besitzen.<br />
Akteure aus sehr vers<strong>ch</strong>iedenen Fa<strong>ch</strong>berei<strong>ch</strong>en<br />
Das Konzept der landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Beratung<br />
umfasst heute eine Vielzahl von<br />
Akteuren und Tätigkeiten, die zusammenwirken<br />
und neue Arbeitsweisen entwickeln<br />
müssen. Darin einbezogen sind Partner<br />
der Entwicklungszusammenarbeit und der<br />
Zivilgesells<strong>ch</strong>aft, selbständige Beraterinnen<br />
und Berater, Privatunternehmen usw.<br />
Das nationale Samenlabor von Badam Bagh in Kabul, Afghanistan.<br />
Auf regionaler Ebene finden si<strong>ch</strong> heute<br />
dynamis<strong>ch</strong>e Netzwerke wie das «Afrikanis<strong>ch</strong>e<br />
Forum für landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Beratungsdienste»,<br />
auf lokaler Ebene staatli<strong>ch</strong>e<br />
Agenturen (mit oft sehr bes<strong>ch</strong>ränkten<br />
finanziellen und fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Ressourcen),<br />
Bauer norganisationen, NGO, Händler, um<br />
nur einige zu nennen. «Die Herausforderung<br />
liegt in der Verknüpfung von Akteuren,<br />
die strukturell sehr unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>er<br />
Herkunft sind», bilanziert Pierre-André Cordey,<br />
Programmbeauftragter bei der DEZA.<br />
Das 2010 gegründete «Globale Forum für<br />
landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Beratung» (GFRAS),<br />
ist die treibende Kraft und die führende<br />
Plattform im Berei<strong>ch</strong> der Förderung und<br />
Bereitstellung von landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er Beratung<br />
weltweit. Seine Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te steht für<br />
die Wiederbelebung des Themas und die<br />
Rolle, wel<strong>ch</strong>e die S<strong>ch</strong>weiz dabei spielt: Das<br />
Forum geht auf eine unter der Bezei<strong>ch</strong>nung<br />
«Neu<strong>ch</strong>âtel Initiative» bekannte informelle<br />
Gruppierung zurück, die 1995 als Reaktion<br />
auf den alleingültigen, linearen Ansatz gegründet<br />
wurde, der in der landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Beratung in den Entwicklungsländern<br />
vorherrs<strong>ch</strong>te. Die Gruppe bestand zunä<strong>ch</strong>st<br />
aus international tätigen europäis<strong>ch</strong>en Fa<strong>ch</strong>leuten.<br />
Ab 2008 erfolgte eine Öffnung, und<br />
2010 entstand daraus mit Unterstützung der<br />
DEZA, der Bill & Melinda Gates Foundation<br />
und der Europäis<strong>ch</strong>en Union das GFRAS.<br />
Das Sekretariat der weltweiten Plattform<br />
ist in der S<strong>ch</strong>weiz bei AGRIDEA, einer langjährigen<br />
Partnerin der Neu<strong>ch</strong>âtel Initiative,<br />
angesiedelt. Die Ansätze und die Bots<strong>ch</strong>aft<br />
des GFRAS finden heute au<strong>ch</strong> bei multilateralen<br />
Organisationen wie der Weltbank,<br />
der FAO und der Globalen Partners<strong>ch</strong>aft für<br />
Agrarfors<strong>ch</strong>ung für eine Welt ohne Hunger<br />
(CGIAR) Gehör.<br />
Information in 22 Spra<strong>ch</strong>en<br />
Landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Beratung beinhaltet<br />
zwingend die viel zitierte «letzte Meile»,<br />
d.h. den direkten Kontakt mit den Kleinbauern.<br />
Ihre Akteure, darunter nationale<br />
Beratungsplattformen, NGO und Entwicklungsagenturen,<br />
müssen si<strong>ch</strong> ihrerseits<br />
an eine Welt anpassen, die dur<strong>ch</strong> Veränderungen<br />
und Vernetzungen im Wissensberei<strong>ch</strong><br />
(Saatgut, Anbaumethoden,<br />
Finanzdienstleistungen) und im Berei<strong>ch</strong><br />
abstrakterer Ressourcen wie Organisation,<br />
Management oder Marktzugang geprägt<br />
ist. So hat si<strong>ch</strong> das Mobiltelefon als<br />
wirksames Werkzeug dur<strong>ch</strong>gesetzt (tiermedizinis<strong>ch</strong>e<br />
Netzwerke, Marktinformationen,<br />
Mikrofinanz). Aber eine effiziente<br />
landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Beratung muss ni<strong>ch</strong>t<br />
zwingend te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong> anspru<strong>ch</strong>svoll sein:<br />
Die von der S<strong>ch</strong>weiz unterstützte Organisation<br />
Access Agriculture, wel<strong>ch</strong>e die<br />
Produktion von didaktis<strong>ch</strong>en Videos unterstützt<br />
und auf ihrer Website zur Verfügung<br />
stellt, kommt zum S<strong>ch</strong>luss, dass diese<br />
Videos die Veränderung der Si<strong>ch</strong>t- und<br />
Arbeitsweisen mehr bes<strong>ch</strong>leunigt haben<br />
als herkömmli<strong>ch</strong>e praktis<strong>ch</strong>e Kurzausbildungen.<br />
Wer die Videos ans<strong>ch</strong>aut, hört<br />
direkt von anderen Produzenten oder von<br />
landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Beratern, wie si<strong>ch</strong> die<br />
Reisproduktion von der Familienplantage<br />
bis hin zum Absatzmarkt gewinnbringend<br />
betreiben lässt oder weshalb es si<strong>ch</strong> empfiehlt,<br />
beim Anbau von Sorghum oder<br />
Hirse alternierend Reihen von Kuhbohnen<br />
anzupflanzen – und dies in zweiundzwanzig<br />
Spra<strong>ch</strong>en. Die Initiative dient zudem<br />
der Ausbildung neuer Videofilmteams.<br />
S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> zeigt die Erfahrung, dass ein<br />
in Banglades<strong>ch</strong> gedrehter Film au<strong>ch</strong> in Nigeria<br />
bestens ankommt, wenn das Thema<br />
aktuell ist.<br />
<strong>GLOBAL</strong> <strong>BRIEF</strong> November 2013 Landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Innovation, eine Triebfeder der Armutsbekämpfung<br />
2