9 Theorie „Solubilisierung biologischer Membranen und ...
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<strong>Theorie</strong> <strong>„Solubilisierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>Membranen</strong> <strong>und</strong> Aktivitätstests von Atmungskettenkomplexen“<br />
9 <strong>Theorie</strong> <strong>„Solubilisierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>Membranen</strong> <strong>und</strong><br />
Aktivitätstests von Atmungskettenkomplexen“<br />
9.1 Solubilisierung <strong>biologischer</strong> <strong>Membranen</strong><br />
In Lipiddoppelschichten verankerte Proteine<br />
<strong>und</strong> Proteinkomplexe lassen sich durch<br />
Detergenzien aus ihrer biologischen Membran<br />
extrahieren. Detergenzien sind amphipathische<br />
Moleküle, die sowohl polare als auch<br />
hydrophobe Gruppen enthalten. Sie<br />
aggregieren bei Überschreitung der kritischen<br />
mizellaren Konzentration (CMC) zu Mizellen.<br />
In solche Mizellen können hydrophobe<br />
Moleküle eingeschlossen werden. Mit ihrem<br />
hydrophoben Schwanz lagern sich<br />
Detergenzien in die Lipiddoppelschicht ein.<br />
Wenn eine ausreichende Menge an Detergens<br />
vorhanden ist, werden <strong>Membranen</strong> aufgelöst<br />
<strong>und</strong> es bilden sich Lipid-Detergens- sowie<br />
Lipid-Protein-Detergens- <strong>und</strong> Protein-<br />
Detergens-Mizellen (9.1). Ein wichtiger<br />
Abb. 9.1: Solubilisierung <strong>biologischer</strong> <strong>Membranen</strong> [1]<br />
Parameter bei der Solubilisierung ist das<br />
Detergens-zu-Protein-Verhältnis, angegeben in g/g.<br />
Weiterhin ist aber auch die Art des Detergens von entscheidender Bedeutung. Ionische Detergenzien<br />
solubilisieren zwar sehr effizient, verändern aber gleichzeitig die Struktur von<br />
Membranprotein(-komplex)en, so dass es zu einer Beeinträchtigung ihrer enzymatischen Aktivität bis<br />
hin zur vollständigen Denaturierung kommen kann. Um Protein-Protein-Wechselwirkungen zu<br />
erhalten, müssen milde Detergenzien verwendet werden. Besonders gut eignen sich hierfür solche mit<br />
einer nicht-ionischen Kopfgruppe (z.B. Zucker- oder Oxyethylengruppen). Für den jeweiligen<br />
Verwendungszweck muss das richtige Detergens sowie dessen Konzentration experimentell ermittelt<br />
werden. Es sollte möglichst quantitativ das Zielprotein aus der Membran extrahieren, aber gleichzeitig<br />
seine physiologische Funktion nicht beeinträchtigen.<br />
Zur Solubilisierung gibt man eine definierte Menge Detergens zu einer Probe mit isolierten<br />
biologischen <strong>Membranen</strong>. Durch Inkubation bei geeigneten Temperaturen werden die<br />
Membranproteine allmählich extrahiert. Nicht-solubilisierte Membranbestandteile sowie Aggregate<br />
entfernt man anschließend durch Zentrifugation. Extrahierte Protein(-komplex)e bleiben, eingebettet in<br />
Detergens-Mizellen, im Überstand. Es werden hauptsächlich die beiden milden nicht-ionischen<br />
Detergenzien Digitonin <strong>und</strong> n-Octyl-β-D-glucopyranosid verwendet (Abb. 9.2).<br />
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<strong>Theorie</strong> <strong>„Solubilisierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>Membranen</strong> <strong>und</strong> Aktivitätstests von Atmungskettenkomplexen“<br />
Abb. 9.2a: Digitonin<br />
Abb. 9.2b: n-Octyl-β-D-glucopyranosid<br />
Für die Untersuchung der Aktivität der Atmungskettenkomplexe in blau-nativen Gelen wird Digitonin<br />
als Solubilisierungsdetergens verwendet. Die Membranproteine werden aus Rinderherzmitochondrien<br />
(BHM) mit einem Detergens zu Protein Verhältnis von 3 g / g solubilisiert. Durch Zentrifugation<br />
werden Membranreste <strong>und</strong> unsolubilisierte Proteine abzentrifugiert. Die solubilisierten Proteine<br />
befinden sich im Überstand <strong>und</strong> werden zur Auftrennung <strong>und</strong> weiteren Untersuchung auf ein BN-Gel<br />
geladen. Die Solubilisierungseffizienz von Digitonin liegt bei etwa 50%. Dafür bleiben aber<br />
Überstrukturen, wie die Superkomplexe der Atmungskette, erhalten.<br />
n-Octyl-b-D-glucopyranosid wird durch die Betreuer zur Solubilisierung von Bacteriorhodopsin aus<br />
der Purpurmembran verwendet. Anschließend erfolgt im Praktikumsversuch die Rekonstitution von<br />
BR in Liposomen.<br />
9.2 In-Gel Aktivitätstests der Atmungskettenkomplexe<br />
(modifiziert nach: N. G. Heidrich, „Superkomplexe aus Algen <strong>und</strong> Cyanobakterien - Isolierung,<br />
Charakterisierung <strong>und</strong> strukturelle Untersuchung“, Dissertation TU Darmstadt, 2011.)<br />
Eine elegante Methode zum Nachweis von Proteinkomplexen ist die histochemische Färbung in<br />
nativen Gelen. Für Atmungskettenkomplexe z. B. existieren verschiedene Tests, bei denen<br />
Redoxreaktionen in Verbindung mit dem jeweiligen aktiven Enzym zu farbigen Niederschlägen<br />
führen. Aufgr<strong>und</strong> der Färbung der Proteinbande im Gel kann auf das entsprechende aktive Enzym<br />
zurückgeschlossen werden. Mit dieser Methode können ebenfalls Proteinsuperkomplexe, die aus<br />
unterschiedlichen Proteinkomplexen bestehen (z. B. I 1 III 2 IV 1 ), sowohl in der ersten nativen<br />
Dimension, als auch in mehrdimensionalen nativen Elektrophoresen nachgewiesen werden.<br />
Mittlerweile existieren für alle fünf Atmungskettenkomplexe (Komplexe I-V) aus Mitochondrien<br />
entsprechende Aktivitätstest-Protokolle [2].<br />
Für den Praktikumsversuch werden Rinderherzmitochondrien (BHM) solubilisiert, auf ein BN-Gel<br />
aufgetragen <strong>und</strong> nach dem Gellauf die Tests für die Komplexe I <strong>und</strong> IV der Atmungskette<br />
durchgeführt. Hierfür wird das fertige Gel erst in Wasser inkubiert <strong>und</strong> danach in der Reaktionslösung<br />
geschüttelt, bis der farbige Niederschlag deutlich zu sehen ist. Mit der Stopp/Fixierlösung wird die<br />
Präzipitatbildung abgestoppt <strong>und</strong> die Proteine im Gel fixiert. Zum Schluss wird mit dem Scanner ein<br />
Bild aufgenommen <strong>und</strong> die Banden zugeordnet. Über eine zeitliche Ermittlung der Ausbildung des<br />
Präzipitats kann die Aktivität quantifiziert werden.<br />
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<strong>Theorie</strong> <strong>„Solubilisierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>Membranen</strong> <strong>und</strong> Aktivitätstests von Atmungskettenkomplexen“<br />
9.2.1 Aktivitätstest für Komplex I<br />
Der Test beruht auf der Reduktion des gelben Tetrazoliumsalzes NBT zu violettem Formazan durch<br />
das aktive Enzym NADH-Dehydrogenase [3]. Ist eine Proteinbande mit diesem aktiven Enzym im Gel<br />
vorhanden, so färbt sich diese violett. Abbildung 9.3 fasst die ablaufenden Reaktionen während der<br />
Inkubation in der Testlösung bei Vorhandensein von aktivem Komplex I zusammen.<br />
Abbildung 9.3: Ablaufende Reaktionen während des Aktivitätstests für Komplex I. Die NADH-Dehydrogenase<br />
oxidiert das Substrat NADH + H + zu NAD + . Die reduzierte Form von Komplex I nimmt zwei Elektronen des<br />
Tetrazoliumsalzes auf, welches dadurch zu violettem Formazan reduziert wird. Die Struktur für Komplex I ist<br />
nach Efremov et al. (2010)[4] modifiziert.<br />
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<strong>Theorie</strong> <strong>„Solubilisierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>Membranen</strong> <strong>und</strong> Aktivitätstests von Atmungskettenkomplexen“<br />
9.2.2 Aktivitätstest für Komplex IV<br />
Durch Umsetzung von 3,3’-Diaminobenzidin (DAB) zum entsprechend oxidierten Polymer wird die<br />
Aktivität des Proteinkomplexes sichtbar (braunes Präzipitat). DAB überträgt Elektronen auf in der<br />
Aktivitätstestlösung vorhandenes Cytochrom c. Komplex IV oxidiert Cytochrom c <strong>und</strong> nutzt die<br />
Elektronen zur Reduktion von Sauerstoff zu Wasser. In Abbildung 9.4 sind die wichtigsten<br />
Reaktionen dargestellt.<br />
Abbildung 9.4: Nachweis von aktiver Cytochrom-c-Oxidase (Komplex IV) durch Oxidation von<br />
3,3’-Diaminobenzidin (DAB) zum entsprechenden Polymer in nativen Gelen. Struktur von Komplex IV<br />
modifiziert nach Tsukihara et al. (1996)[5].<br />
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<strong>Theorie</strong> <strong>„Solubilisierung</strong> <strong>biologischer</strong> <strong>Membranen</strong> <strong>und</strong> Aktivitätstests von Atmungskettenkomplexen“<br />
In Abbildung 9.5 ist ein Beispiel für BN-Gelstreifen beladen mit Rinderherzmitochondrien zu sehen.<br />
Diese Abbildung sollte zur Beschriftung des eigenen Aktivitätstests herangezogen werden.<br />
Abbildung 9.5: Mit 3g/g Digitonin solubilisierte Rinderherzmitochondrien (BHM), aufgetragen auf BN-<br />
Gelstreifen, Coomassie gefärbt, in-Gel Aktivitätstest I <strong>und</strong> IV (modifiziert nach: AG Dencher)<br />
[1] Bhairi, S.M. <strong>und</strong> C. Mohan, Detergents-A guide to the properties and uses of detergents in<br />
biological systems. CB0068-2007 INTL Detergents Booklet. 2007, EMD Biosciences, San<br />
Diego, CA.<br />
[2] Wittig, I., et al., Electrophoresis, 28, 3811–3820, (2007).<br />
[3] Grandier-Vazeille, X. <strong>und</strong> Guérin, M., Anal. Biochem. 242, 248–254 (1996).<br />
[4] Efremov, R.G., et al., Nature, 465, 441–445 (2010).<br />
[5] Tsukihara, et al., Science, 272, 1136–1144 (1996).<br />
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