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Synästhesie

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<strong>Synästhesie</strong><br />

"Alle Sinne sind am Ende ein Sinn.<br />

Ein Sinn führt wie eine Welt allmählich<br />

zu allen Welten."<br />

(Novalis: Heinrich von Ofterdingen.)<br />

Referent: Philip Albus


Welche Farbe hat der<br />

Montag?


<strong>Synästhesie</strong> - was ist das?<br />

Griechisch: syn- (Einheit) & aísthesis (Sinne)<br />

-> “Einheit der Sinne”<br />

-> “Vermischung der Sinne”<br />

(häufig im literaturwissenschaftlichen Kontext)


Wissenschaftliche Definitionen<br />

Ein Stimulus (Inducer) löst zusätzlich zu der Empfindung in seiner<br />

Zielmodalität eine zweite für ihn atypische Empfindung in derselben<br />

oder einer anderen Modalität aus (Concurrent).<br />

“Synaesthesia is a curious condition in which an otherwise<br />

normal person experiences sensations in one modality when a<br />

second modality is stimulated” (V.S. Ramachandran and E.M.<br />

Hubbard)<br />

“[…]Benign variant of normal perception[…]” (Thomas Schmidt)<br />

“[...] experiences are elicited by particular stimuli that would not<br />

evoke such experiences in most members of the population.”<br />

(Jamie Ward)


Berühmte Synästheten...<br />

Vladimir Nabokov (1899 – 1977)<br />

Schriftsteller (z.B. „Lolita“)<br />

"The confessions of a synesthete must<br />

sound tedious and pretentious to those<br />

who are protected from such leakings and<br />

drafts by more solid walls than mine are.<br />

To my mother, though, this all seemed<br />

quite normal. The matter came up, one day<br />

in my seventh year, as I was using a heap<br />

of old alphabet blocks to build a tower. I<br />

casually remarked to her that their colours<br />

were all wrong."


Richard Feynman<br />

Physiker & Nobelpreisträger (1965)<br />

"When I see equations, I see the letters in<br />

colors -- I don't know why".<br />

Franz Liszt<br />

Komponist (1811-1886)


Jean Sibelius<br />

finnischer Komponist (1865-1957)<br />

Aphex Twin<br />

britischer Musiker, Klangkünstler


Charles Baudelaire (1821 – 1867)<br />

französischer Symbolist<br />

"Sounds are clothed in colours and colours in music".<br />

Autechre<br />

britische Klangkünstler


Wie ist es, ein Synästhet zu sein?<br />

Wie ist es, kein Synästhet zu sein?


Eine kurze Geschichte der <strong>Synästhesie</strong><br />

in Kunst & Wissenschaft<br />

• <strong>Synästhesie</strong> als Phänomen schon seit über 100 Jahren<br />

bekannt<br />

• Heute: “2. Boom“ des Interesses<br />

• <strong>Synästhesie</strong> zuerst literaturwissenschaftlicher Terminus 1864<br />

• Literaturkritik: "Entartung, [...] ans Pathologische angrenzende<br />

Sinnes-Verwirrung" (Nordau 1892/93)


Stilmittel zuerst in der Literatur der Romantik<br />

„Die Welt muss romantisiert werden, nur so kann der<br />

ursprüngliche Sinn wiedergefunden werden“ Novalis<br />

• Versuch die "Zersplitterung der Sinne" im<br />

romantischen Gesamtkunstwerk aufzuheben<br />

• Kritik am objektiven Weltbild der Aufklärung<br />

-> Entlarvung jeder durch Sinneserfahrung generierten Realität als<br />

subjektiv<br />

• Der Künstler schafft in der Rolle des romantischen Universalgenies<br />

eine gleichberechtigte Realität.<br />

• Wahrheitsfindung führt vom betrachteten Gegenstand weg hin zum<br />

Betrachter („der Weg führt nach Innen“ Novalis)


Erkenntnistheoretische Debatten:<br />

• Konstruktivimus,<br />

• Subjektivismus (Kant: „Kritik an der reinen Vernunft“),<br />

• Idealismus (romantische Vetreter wie Fichte)<br />

Russischer und Französischer Symbolismus (“Fin de siècle”)<br />

“Audition coloré” bei Charles Baudelaire<br />

Ausdruck des Vorrationalen, Wahnhaften & Rauschhaften


Anfang des 20. Jhd. großen Einfluss auch auf die bildende<br />

Kunst (z.B. Bei Kandinsky)<br />

<strong>Synästhesie</strong> gilt als Audruck "höhere Spiritualität" und<br />

ästhetischen Bewusstseins


In der Wissenschaft:<br />

• Erster wissenschaftlicher Bericht bei Sachs 1812<br />

• Einführung des wissenschaftlichen Terminus durch Galton 1880<br />

•„Boom“ philosophischer und naturwissenschaftlicher Arbeiten<br />

Ende des 19. und Anfang 20. Jahrhunders<br />

"A question of much interest in these days is that<br />

of color hearing [...] repeatedly discussed in the<br />

daily press, literary and scientific reviews,<br />

medical theses [...] poetry, in romance and even<br />

in the theatre." Alfred Binet, 1893


• Etwa 1930 Stillstand und Abnahme des Interesses an inneren,<br />

kognitiven Vorgängen u.a. durch Aufkommen des<br />

Behaviourismus<br />

• Kelly, 1934:<br />

<strong>Synästhesie</strong>n sind Folge klassischer Konditionierung!<br />

• Renaissance der <strong>Synästhesie</strong>-Forschung ab 1980 (u.a. durch<br />

Verfügbarkeit neuer Methoden, bildgebender Verfahren)


Forschung Heute: Warum befasst man sich mit<br />

<strong>Synästhesie</strong>?<br />

Kognitive Neuropsychologie:<br />

Atypische Kognition & Informationsverarbeitung kann helfen typische,<br />

normale Kognition & Informationsverarbeitungsprozesse zu verstehen.<br />

• Neuropathologische Phänomene wie z.B. Neglect oder Blindsight können<br />

Informationen über neuralen Signalfluss liefern<br />

• Illusionen helfen uns zu verstehen, wie Wahrnehmung unter<br />

Alltagsbedingungen funktioniert<br />

Mechanismen der <strong>Synästhesie</strong> sind wahrscheinlich auch an der "normalen"<br />

Informationsverarbeitung beteiligt<br />

(z.B. multisensorische Integration ist relevant für viele Wahrnehmungsleistungen)


Welche Arten <strong>Synästhesie</strong> gibt es?<br />

Wie lassen sie sich unterscheiden?<br />

• Lovelace & Grossenbacher, 1999:<br />

Inducer<br />

(Wahrnehmung in der für den jeweiligen Stimulus typischen Modalität)<br />

Concurrent<br />

(zusätzliche atypische Wahrnehmung in derselben oder einer anderen Modalität)<br />

• Intramodale vs. Intermodale <strong>Synästhesie</strong>n. (Marks & Oodgard, 2005)<br />

• Konzeptuelle<br />

(Inducer sind kulturelle Konzepte: Zahlen, Buchstaben, Wochentage etc.)<br />

vs.<br />

Perzeptuelle <strong>Synästhesie</strong>n<br />

(Inducer sind perzeptive Stimuli: Klänge, Gerüche, Farben, Tastempfindungen etc.)


Beispiel: konzeptgeleitete, intramodale <strong>Synästhesie</strong>n<br />

• Lexical-Colour-Synaesthesia<br />

Grapheme-Colour: A B C<br />

Number-Colour: 1 2 3 4 5<br />

Word-Colour: Haus, Auto, Kamel<br />

• Sequencial-Synaesthesia<br />

(Buchstaben oder Zahlen werden räumlich angeordnet Wahrgenommen)


Andere Varianten:<br />

• Music-Colour<br />

(Tonhöhe, Klangfarbe eines Klanges evoziert räumliche Farb- & Form-<br />

Wahrnehmung)<br />

• Taste-Colour<br />

(Geschmack evoziert Farb- & Form-Wahrnehmung, mitunter auch räumlich)<br />

• Seltene Variante: Person-Colour („Aura“)


Projectors versus Associaters<br />

Projectors:<br />

Synästhetische Concurrents werden external erlebt (z.B. Farben<br />

erscheinen als "Aura" oder Schein um den induzierenden Stimulus<br />

herum oder werden auf eine “Leinwand” vor den Auge abgebildet)<br />

Associaters:<br />

Synästhetische Concurrents werden vor einem geistigen Auge, ähnlich<br />

mentalen Vorstellugen erlebt. (aber ebenso automatisch & unwillkürlich,<br />

wie bei den Projectors)<br />

* Unterscheidung sehr wahrscheinlich nicht dichotom sondern kontinuierlich


Generelle Eigenschaften synästhetischen Erlebens<br />

Nichtpathologisches Positiv Symptom (additiv)<br />

• Abgrenzung zu psychotischen Erkrankugen:<br />

• syn. Concurrents interagieren nicht dysfunktional mit der Umwelt<br />

• Synästheten suchen selten nach "Heilung"<br />

• Smilek: 71% der Betroffenen erleben <strong>Synästhesie</strong> als Bereicherung<br />

& Hilfe bei der Organisation perzeptueller Information, Inspiration<br />

Jedoch:<br />

• Seltene Fälle von "synästhetischem Overload"<br />

• Situationen in denen Synästhetische Concurrents störend sind


• normal & in den Alltag integriert<br />

• automatisch & unwillkürlich: Die syn. Wahrnehmung lässt sich<br />

nicht durch Willenskraft unterdrücken oder beeinflussen<br />

• idiosyncratisch: Synästhetische Assoziationen sind in den meisten<br />

Fällen für jeden Synästheten einzigartig<br />

• hochspezifisch (250 Farbtöne reichen nicht aus, um die Farbenwelt<br />

eines Synästheten abzubilden)<br />

• Stabil: hohe Konsistenz der syn. Concurrents über die Zeit<br />

• affektive / emotionale Komponente (insbesondere, wenn das syn.<br />

Concurrent inkongruent zur äusseren Realität ist)<br />

• unidirektional


Ursachen von <strong>Synästhesie</strong><br />

• Angeborene (höchstwahrscheinlich genetische) <strong>Synästhesie</strong><br />

-> Betroffene erinnern sich seit frühester Kindheit an ihre<br />

<strong>Synästhesie</strong><br />

• Erworbene <strong>Synästhesie</strong> durch:<br />

1) Durch pharmakologische Einlüsse<br />

(z.B. Disinibition durch Halluzinogene)<br />

allerdings: Übereinstimmung mit angeborenen<br />

<strong>Synästhesie</strong>n noch ungeklärt.


2) Infolge neurologischer Erkrankugen<br />

(z.B. Demyelenisierung bei degenerativen Erkrankungen wie MS.<br />

Migräne, Epilepsie, Psychose -> Krankheiten, die mit<br />

unzureichender Inhibition von neuraler Aktivität assoziiert sind)<br />

3) Sensorische Deprivation


Häufigkeit & Demographie<br />

• Schätzungen der Häufigkeit schwanken stark zwischen einzelnen Autoren<br />

(bedingt auch durch die Heterogenität der <strong>Synästhesie</strong> und unterschiedliche<br />

Stichprobengröße)<br />

• Ca. 50% aller Synästheten besitzen mehr als eine Manifestierung der <strong>Synästhesie</strong><br />

• Baron-Cohen (1996) -> 0,05% der Population<br />

• Smilek et. al (2006) -> 4,4% der Population


Genetik<br />

• Konsens darüber, dass <strong>Synästhesie</strong> ein vererbarer Trait ist<br />

• Rich et. al (2005) : 36% aller Synästheten geben an, min. 1<br />

biologisch Verwandten mit <strong>Synästhesie</strong> zu haben.


X-Chromosomale Vererbung: Linkshändige Frauen?<br />

• Baron-Cohen (1993) : male/female ratio 1:10<br />

• Cytowic (1989) : male/female ratio 1:3<br />

letztere: höherer Anteil an Linkshändern und Homosexuellen bei<br />

Synästheten<br />

Aber: Geschlechterbias verschwindet mit der Größe der Stichprobe<br />

-> höhere Freiwilligkeit bei Frauen <strong>Synästhesie</strong>n zu berichten?


Unterscheiden sich Synästheten in anderen kognitiven Domänen<br />

von Nicht-Synästheten?<br />

Gedächtnis:<br />

• Signifikant bessere Performance in Memory-Tasks:<br />

Synästheten sind signifikant schneller darin, neue Assoziationen zu<br />

lernen als Nicht-Synästheten (Mills, 2006)<br />

-> mehr Cues für einen Gedächtnisinhalt?<br />

-> mehr Knotenpunkte für Retrieval-Operationen im sem. System?


Kreativität<br />

Hohe Prävalenz von Personen die künstlerischen Beschäftigungen<br />

nachgehen unter Synästheten<br />

Rich et. al (2005) : Unter 192 Synästheten, die freiwillig an einer<br />

Studie teilnahmen, 24% sind professioneller Kreative oder verfolgen<br />

Karrieren im küstlerischen Bereich<br />

-> höhere Freiwilligkeit von Künstlern <strong>Synästhesie</strong>n zu berichten?<br />

Mulvenna et. al (2006) : zufällige Stichprobe von 445 Collge-<br />

Studenten; hohe Korrelation von <strong>Synästhesie</strong> mit Fähigkeit zu<br />

divergenter Verarbeitung.


Wie misst man <strong>Synästhesie</strong>?<br />

Allgemeine Problematik:<br />

• Wie macht man einen subjektiven Erlebnisinhalt einer<br />

empirischen Wissenschaft zugänglich? Ist das möglich?<br />

• Muss es für jeden Bewusstseinsinhalt ein messbares Korrelat<br />

geben? (-> phil. Problem der Qualia)<br />

• Skeptiker: Oft Frage der Authentizität von <strong>Synästhesie</strong> -> schwierig<br />

• Nach welchen Kriterien lassen sich Synästheten (bis auf ihre<br />

Selbstberichte) von Nicht-Synästheten abgrenzen?


Methodische Probleme:<br />

• Oft nur sehr kleine Stichproben<br />

• Sehr heterogenes Phänomen (-> mangelnde Repräsentativität<br />

der Stichproben)<br />

• Unterschiede zwischen den Synästheten verdecken<br />

Unterschiede zu Nicht-Synästheten<br />

• Phänomenologie der <strong>Synästhesie</strong> kann nur über subjektives<br />

Erleben der Probanden erfasst werden<br />

• Unterschiedliche Verwendung Begrifflichkeiten & Sprache der<br />

Probanden , um ihr Erleben zu beschreiben<br />

• “<strong>Synästhesie</strong> ist nahezu unbeschreiblich” (Cytowic)


"Authentizität"<br />

Messung von generellen Eigenschaften der <strong>Synästhesie</strong>:<br />

Spezifität & Stabilität<br />

• Interne Konsistenz synästhetischer Urteile wird gemessen:<br />

• Synästheten werden Inducer präsentiert und nach den Farb-<br />

Empfindungen für die jeweiligen Concurrents befragt<br />

• Wiederholung des Tests nach Tagen, Wochen, Monaten<br />

→ Interne Konsistenz syn. Urteile liegt bei allen Studien bei nahzu 100% !<br />

Tests:<br />

•Test of Genuineness (Baron-Cohen et al, 1987)<br />

•‘Revised Test of Genuineness’’ (TOG-R), Asher et al. (2005) →<br />

(calibrated color samples; höhere Reliabität.)


Stroop Inference: Automatizität der syn. Wahrnehmung<br />

→ synästhetischer Stroop-Test<br />

Zur Erinnerung: Klassischer Stroop-Effekt<br />

BLAU<br />

GRÜN<br />

ROT<br />

GELB<br />

BLAU<br />

GRÜN<br />

ROT<br />

GELB<br />

• Versuchspersonen müssen physikalische Farben einer Wortliste so<br />

schnell wie möglich vorlesen<br />

• Messung der Reaktionsgeschwindigkeit<br />

• Latenz im inkogruenten Trial: Interferenz der Worterkennung mit der<br />

Fähigkeit physik. Farbe des Stimulus zu benennen


→ Synästheten zeigen in den inkongruenten Trials eine<br />

signifikant höhere Latenzzeit als in den kongruenten Trials<br />

→ Zeigt: Synästhetische Wahrnehmung ist automatisch


Perzeptualität<br />

Ist <strong>Synästhesie</strong> ein perzeptuelles Phänomen? Oder sind haben<br />

Synästheten einfach nur eine besonders gute Gedächtnisperformanz?<br />

• Stroop Interference kann antrainiert werden (Mc Leod & Dunbar, 1988)<br />

..nach etwa 3000 Lerndurchgängen<br />

→ Ansatz: Verhalten sich synästhetisch evozierte Farben, wie echte?<br />

→ Methoden: Psychophysikalische Verhaltensexperimente (Grouping,<br />

Crowding, Priming, Discrimintion-Task.. etc.)


Synästhetischer Detection-Task<br />

Smilek et. al, 2001<br />

• Eine schwarze Target-Ziffer wird auf einem farbigen Untergrund<br />

zusammen mit Distraktor-Ziffern für kurze Zeit präsentiert<br />

• Synästhet C. muss entscheiden, ob sich die Target-Ziffer im Display<br />

befunden hat oder nicht (→ Visuelle Suche)<br />

• Kongruenter Trial: Hintergrundfarbe des Diplays hat denselben Farbton,<br />

wie das syn. Concurrent der Ziffer<br />

• Inkongruenter Trial: Hintergrundfarbe des Displays hat einen anderen<br />

Farbton, als das syn. Concurrent der Ziffer<br />

→ C. gelingt die Detektion in den inkongruenten Trials signifikant besser<br />

(96% korrekt) als in den kongruenten Trials (88% korrekt)


Synästhetisches Grouping<br />

Ramachandran & Hubbard, 2001<br />

Gruppierung: Objekte werden perzeptuell nach ihrer Ähnlichkeit gruppiert<br />

(-> Gestaltpsycholgie)<br />

-> Synästheten: Gruppieren in Spalten (2. Display)<br />

-> Nicht-Synästheten: Gruppieren in Zeilen (1. Display)


-> Nicht-Synästheten: 59,4% korrekt<br />

-> Synästheten: 81, 25% korrekt<br />

Synästhetischer Pop-Out:<br />

Ein Paradoxon für die Theorien früher visueller<br />

Aufmerksamkeit?<br />

Ramachandran & Hubbard, 2001.<br />

Probanden betrachten Display für 1 sec. und müssen die versteckte Figur<br />

identifizieren


Paradoxon für Theorien der vis. Aufmerksamkeit?<br />

Bei Buchstaben handelt es sich um Merkmalsjunktionen (-> s.<br />

Treisman's FIT)<br />

Für ihre Erkennung (Binding ihrer Einzelfeatures) müsste visuelle<br />

Aufmerksamkeit erforderlich sein<br />

Bei einigen Synästheten scheint die Buchstabenerkennung allerdings präattetentiv<br />

zu funktionieren


Crowding unter <strong>Synästhesie</strong><br />

Crowding-Effekt (Bouma, 1970)<br />

-> Die Auflösung der visuellen Aufmerksamkeit reicht an den Rändern des<br />

Gesichtsfelds nicht mehr aus, Target-Buchstaben von Distraktor-Buchstaben zu<br />

unterscheiden.<br />

Ramachandran & Hubbard 2001: Einigen Synästheten gelingt die Target-<br />

Distraktor-Diskrimination jedoch, wenn das Target-Grapheme eine andere syn.<br />

Farbe evoziert, als die Distraktor-Graphemes


Klausurfragen:<br />

1) Was sind die häufigsten Formen der <strong>Synästhesie</strong>?<br />

2) Wie kann man zeigen, dass <strong>Synästhesie</strong> unwillkürlich<br />

(automatisch) ist?<br />

Beschreibe zwei psychologische Experimente.


Vielen Dank! :-)


Neurologische Untersuchungen: Das synästhetische<br />

Gehirn<br />

Methoden:<br />

fMRI (funktionelle Magnetresonanz-Tomographie)<br />

PET (Positronen-Emissions-Tomographie)<br />

DTI (Diffusion Tensor Imaging)<br />

ERP (Event Related Potentials)<br />

EEG<br />

rTMS (repetitive Transkranielle Magnetstimulation)<br />

-> sehr heterogene Ergebnisse!<br />

(hohe interindividuelle Unterscheide<br />

zwischen den Probanden)


Konsens der meisten Studien:<br />

Atypische Koaktivierung von sensorischen oder / und multisensorischen<br />

Hirn-Arealen bei Synästheten<br />

In der Mehrzahl der Studien mit bildgebenden Verfahren zur Word-Colour-<br />

<strong>Synästhesie</strong> wird zusätzlich zu Arealen der Wort-Erkennung eine<br />

Aktivierung des V4 gefunden (Sperling et. Al, 2006)<br />

Fast nie wird eine Aktivität in frühen visuellen Arealen V1 und V2 gefunden


Aktivierung im synästhetischen Gehirn<br />

Studie von Hubbard et. al, 2005<br />

• 6 Grapheme-Colour-Synästheten & 6 Nicht-Synästheten<br />

• Präsentation von farb-evozierenden Buchstaben (monochrom) unter<br />

Messung der neuralen Aktivität im fMRI<br />

• An denselben Versuchspersonen: Verhaltensdaten aus synästhetischen<br />

Detection- & Crowding-Tasks<br />

• Korrelation der Verhaltensdaten mit der neuralen Aktivierung


Nur Synästheten zeigen zusätzliche Aktivierung in V4<br />

Stärke der neuralen Aktivität korreliert signifikant mit den Daten aus<br />

den Verhaltensexperimenten<br />

Daten aus Crowding- & Detection-Task korrelieren untereinander


Neurokognitive Modelle der <strong>Synästhesie</strong><br />

• Vielzahl unterschiedlicher Modelle<br />

• Verschiedene Modelle für verschiedene <strong>Synästhesie</strong>n?<br />

• Aber: Prävalenz einer Form von <strong>Synästhesie</strong> erhöht<br />

Wahrscheinlichkeit für das Auftreten weiterer Arten<br />

• Großteil der einzelnen Theorien schließen einander nicht aus<br />

und könnten zu gewissen Anteilen parallel verwirklicht werden


• Alle Theorien nehmen eine atypische Kommunikation zwischen<br />

verschiedenen sensorischen Arealen an<br />

• Unterschiede in ihrer Verwirklichung:<br />

1) exklusive Anatomische Verbindungen zwischen Hirnarealen bei<br />

Synästheten? (Vertreter: Neonatale Pruninghypothese, Local Crosswiring)<br />

2) <strong>Synästhesie</strong> liegen dieselben multisensorischen Mechanismen<br />

zugrunde, wie bei normalen Menschen; allerdings: fehlende<br />

Inhibition (Vertreter: Long-Range-Feedback-Disinhibition)


Waren (oder sind) wir alle Synästheten?<br />

Die “Neonatale Prunning Hypothese“<br />

• Frühste der modernen Hypothesen zur neuralen Grundlage von<br />

<strong>Synästhesie</strong><br />

• Ursprung in der Entwicklungspsychologie<br />

• Vertreter: Maurer & Cytowic<br />

• Von Geburt an sind wir alle Synästheten, verlieren diese Fähigkeit aber in<br />

den ersten Lebensmonaten durch Rückbildung („Prunning“) der nicht<br />

benötigten neuralen Verbindugen<br />

• Ein unvollständiges Prunning führt bei Synästheten zu einer schwächeren<br />

Modularisierung des Gehirns im Erwachsenenalter


Die “Neonatale Prunning Hypothese“<br />

• Dafür spricht: Wenig Differenzierung zwischen den Sinnesmodalitäten bei<br />

Säuglingen<br />

• Bei Makaken im Föten-Stadium noch 70%-90% der Afferenzen im V4 von<br />

höheren Arealen, nach der Geburt nur noch 20%

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