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Buchbesprechungen - Berner Zeitschrift für Geschichte

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Zwei kritische Anmerkungen betreffen begriffliche und konzeptionelle Überlegungen.<br />

Erstens stellt sich die Frage, ob das Konzept der Sozialdisziplinierung, das in der Einleitung<br />

als «zentraler Ausgangspunkt» und «unhintergehbare Referenz» bezeichnet<br />

wird, nicht einen zu engen Erklärungsrahmen bietet für das breite Spektrum von Fürsorgemassnahmen<br />

und Diskursen, wie es in den empirischen Fallstudien greifbar wird.<br />

Inwiefern waren auch alternative Konzepte des «Regierens», welche die rein disziplinierenden<br />

Ansätze konkurrenzierten, handlungs- und argumentationsrelevant? Inwiefern<br />

schufen fürsorgerische Massnahmen und Strukturen auch Möglichkeitsräume und<br />

Handlungsoptionen für die Betroffenen? Eine zweite Anmerkung betrifft den Begriff<br />

der Eugenik, der bisweilen unscharf bleibt und an einigen Stellen eine ziemlich extensive<br />

Bedeutung erhält. So urteilt Gisela Hauss beispielsweise, die «Einteilung der Bevormundeten»<br />

in Therapier- und Untherapierbare entspreche «einem eugenischen Denken»<br />

(S. 81). Eine solch ausgeweitete Verwendung des Eugenikbegriffs ist meines Erachtens<br />

problematisch, da so analytische Differenzierungen verloren zu gehen drohen.<br />

Die Stärke des Bandes liegt in den empirisch fundierten Fallstudien. Auf überzeugende<br />

Weise analysieren die Autorinnen und der Autor die komplexen Wechselwirkungen<br />

zwischen wissenschaftlich-medizinischen Diskursen, gesellschaftlichen Normalitätserwartungen,<br />

moralisch-pädagogischen Vorstellungen, institutionellen Logiken und<br />

finanziellen Sparanforderungen einerseits und den eingeengten Handlungsspielräumen<br />

derjenigen, die von den behördlichen Praktiken betroffen waren, andererseits. Damit<br />

leisten sie einen wesentlichen Forschungsbeitrag zur historischen Aufarbeitung fürsorgerischer<br />

Massnahmen in der Schweiz.<br />

Pascal Germann, Zürich<br />

Gut, Cecilie: Jegenstorf, Kirchgasse. Eine früh- und hochmittelalterliche<br />

Siedlung im <strong>Berner</strong> Mittelland.<br />

Bern: Erziehungsdirektion des Kantons Bern 2013. 143 S.<br />

ISBN 978-3-907663-39-4.<br />

Ein Team des Archäologischen Dienstes unter der Leitung von Urs Liechti und Kathrin<br />

Glauser hat 2006/07 in einer Rettungsgrabung in Jegenstorf die Strukturen mittelalterlicher<br />

Bauten dokumentiert, Artefakte geborgen, dokumentiert und konserviert. Cecilie<br />

Gut nahm die Aufgabe wahr, die Daten als Masterarbeit (Universität Basel) aufzuarbeiten,<br />

in einen räumlich und zeitlich grösseren Zusammenhang zu stellen und sie als Publikation<br />

der Leserschaft vorzulegen. Minutiös analysiert liegen nun Pläne der Siedlungen<br />

in zeitlicher Folge, solche der als Wohn- und Lagergebäude zu interpretierenden<br />

Pfostenhäuser sowie der handwerklich genutzten Gruben und Grubenhäuser in allen<br />

<strong>Buchbesprechungen</strong> 71

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