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Seite 34 Herbst 2013<br />
FERIENZEITUNG<br />
Im Mittelpunkt steht die Farbe Blau<br />
Malschule der Kunsthalle Emden ist 30 Jahre alt / Großes Fest am 3. Oktober von 15 bis 18 Uhr<br />
EMDEN / CWA - „Blau ist grüner<br />
als gelb” lautet der Titel<br />
des diesjährigen Malschulfestes<br />
der Kunsthalle Emden, das<br />
am Donnerstag, 3. Oktober,<br />
von 15 bis 18 Uhr in der Malschule,<br />
auf der Straße „Hinter<br />
dem Rahmen” und auf der<br />
Hahnschen Insel stattfindet. In<br />
diesem Jahr gibt es gleich<br />
mehrere Gründe zum Feiern:<br />
der 27. Geburtstag der Kunsthalle,<br />
der 30. Geburtstag der<br />
Malschule, der 100. Geburtstag<br />
von Kunsthallen-Gründer<br />
Henri Nannen und der 100.<br />
Geburtstag des Bildes von<br />
Franz Marc „Die blauen Fohlen“.<br />
Im Mittelpunkt dieses Festes<br />
steht die Farbe Blau. Die<br />
Farblehre, die Farb-Physik, die<br />
Farbmittel, die Verwendungen<br />
der Farbe, optische Täuschungen<br />
sowie die Wirkung und<br />
Symbolik der Farbe Blau werden<br />
spielerisch, künstlerisch,<br />
humorvoll, philosophisch und<br />
naturwissenschaftlich untersucht,<br />
entdeckt und verarbeitet.<br />
Dabei kann die Frage, warum<br />
Franz Marc seine Fohlen<br />
blau gemalt hat ebenso im<br />
Mittelpunkt stehen wie die<br />
Feststellung, dass der blaue<br />
Mond für einen zweiten Vollmond<br />
innerhalb eines Monats<br />
steht. Musik, Theater, Literatur,<br />
Führungen und zahlreiche<br />
Kunst-Aktionen zum Thema<br />
inspirieren zum Mitmachen<br />
und Ausprobieren. 1983 gründete<br />
Eske Nannen die Emder<br />
Malschule. Drei Jahre später<br />
eröffnete die von ihrem Ehemann<br />
Henri Nannen gestiftete<br />
Kunsthalle Emden, beide Institutionen<br />
gehörten fortan unter<br />
dem Dach der Stiftung Henri<br />
Nannen zusammen. Die Kombination<br />
von Museum und<br />
Malschule ist eine bis heute in<br />
Deutschland nahezu einmalige<br />
Konstellation.<br />
Wenn man Eske Nannen<br />
nach ihren Motiven für die<br />
Gründung der Malschule fragt,<br />
muss sie nicht lang überlegen.<br />
„Ich war einfach damals schon<br />
davon überzeugt, dass Menschen,<br />
die früh mit Kunst in<br />
Berührung kommen, gestärkt<br />
durchs Leben gehen“, sagt<br />
Eske Nannen. „Das heißt aber<br />
nicht, dass man nicht auch im<br />
Erwachsenenalter davon profitiert,<br />
im Gegenteil. ln den<br />
Werkstätten der Malschule findet<br />
jeder seinen Freiraum, um<br />
abseits des alltäglichen<br />
Drucks die ureigenen schöpferischen<br />
Kräfte zu entfalten.“<br />
Heute ist die Malschule –<br />
mittlerweile im eigenen Haus<br />
gegenüber der Kunsthalle –<br />
ein veritables Kunstzentrum<br />
für die Menschen der Region<br />
und bietet auf 350 Quadratmetern<br />
Atelierräume ideale Bedingungen.<br />
Die Ausstattung ist<br />
für nahezu jede Kunstrichtung<br />
geeignet. Derzeit beraten und<br />
Im Mittelpunkt des diesjährigen Malschulfestes steht<br />
die Farbe Blau.<br />
Zum Angebot der Malschule gehören auch Theateraufführungen.<br />
begleiten 28 Künstlerinnen<br />
und Künstler aller Richtungen.<br />
Was es nicht gibt, sind Lernziele,<br />
Noten und Prüfungen:<br />
hier kann jeder frei seine eigenen<br />
Projekte umsetzen.<br />
Das aktuelle Programm<br />
enthält 66 Angebote, vom Jahreskurs<br />
Goldschmieden bis<br />
zur Kunstreise für Kinder nach<br />
Borkum. Die Workshops richten<br />
sich an alle Kunstinteressierten:<br />
Kinder, Teenager, Senioren,<br />
Kleinkinder und ihre<br />
Väter, Menschen mit Behinderungen<br />
oder auch Teams von<br />
Arbeitskollegen. ln der Malschule<br />
lernen sie von Künstlern<br />
Malen, Zeichnen, Theaterspielen,<br />
Graffiti sprayen,<br />
Bildhauern, Töpfern, Kunstund<br />
Schmuckschmieden, Filmen<br />
und Schreiben. Für die<br />
hier unterrichtenden Künstlerinnen<br />
und Künstler ist die Begegnung<br />
mit den Menschen<br />
und das gemeinsame Lernen<br />
und Erleben oftmals inspirierend,<br />
insbesondere die Arbeit<br />
mit Kindern. Kinder sind neugierig,<br />
stellen Fragen, wollen<br />
forschen, sich ausprobieren<br />
und Neues erfinden. Sie wollen<br />
mit allen Sinnen die Welt<br />
entdecken.<br />
Diese natürliche Freude<br />
und Motivation am Lernen<br />
wird von der Malschule unterstützt.<br />
Kleine Gruppen (maximal<br />
zehn Personen) gewährleisten<br />
die ganz individuelle<br />
Förderung. Zurzeit besuchen<br />
zirka 250 Teilnehmer aller Altersgruppen<br />
die Malschule, etwa<br />
ein Drittel von ihnen sind<br />
Erwachsene. Inzwischen haben<br />
mehrere Generationen<br />
junger Emderinnen und Emder<br />
ihre Kindheit in und mit der<br />
Malschule erlebt, viele streben<br />
anschließend in einen kreativen<br />
Beruf.<br />
Aber das ist laut Engelbert<br />
Sommer, Leiter der Malschule,<br />
gar nicht das eigentliche Ziel:<br />
„Das schöpferische Tun ist gerade<br />
bei Kindern vor allem<br />
Persönlichkeitsbildung. Sie<br />
lernen hier Dinge, die jeder im<br />
Leben braucht: sich Ziele setzen,<br />
Ideen entwickeln, die eigenen<br />
Kräfte und Fähigkeiten<br />
einschätzen, auf sich selbst<br />
vertrauen, mit anderen zusammenarbeiten,<br />
Widerstände<br />
überwinden und natürlich auch<br />
mal scheitern.“<br />
Es ist kein Zufall, wenn das<br />
ein wenig nach Managerschulung<br />
klingt – auch so etwas<br />
wird angeboten. Außerdem<br />
BILDER: KUNSTHALLE EMDEN<br />
Die Malschule der Kunsthalle Emden bietet generationsübergreifende<br />
Projekte an.<br />
gibt es Feste, Kunstreisen,<br />
Ausstellungen, Veranstaltungen,<br />
Fortbildungen und Symposien,<br />
Kunsttherapie, Nachmittagsangebote<br />
in Schulen,<br />
Musical- und Theateraufführungen,<br />
generationsübergreifende<br />
Aktionen mit Schülern<br />
und Bewohnern eines Seniorenheims<br />
– die Reihe ließe<br />
sich fortsetzen. Viele der Aktivitäten<br />
finden in Kooperation<br />
mit Partnern aus den Bereichen<br />
Gesundheit, Soziales<br />
und vor allem Bildung statt.<br />
Offenbar wirkt die Malschule<br />
als Katalysator für kreative<br />
Menschen und Unternehmungen,<br />
die sich eine Weisheit<br />
von Bert Brecht auf die Fahnen<br />
geschrieben haben: „Alle<br />
Künste tragen bei zu größten<br />
aller Künste, der Lebenskunst.“