Download - NABU Oberberg
Download - NABU Oberberg
Download - NABU Oberberg
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Renate Vanselow, Biologie der Pferde für <strong>NABU</strong>-<strong>Oberberg</strong><br />
armen, meistens trockenen Standorten aromatische Gräser. Rotschwingel kann dem Heu einen<br />
gewissen „Rotbuschtee“- Geruch verleihen, also etwas herb-säuerlich, ähnlich wie Sauergräser. Im<br />
<strong>Oberberg</strong>ischen entstanden Rotschwingelwiesen durch die Ansaat von nicht an den Standort<br />
angepassten Gräsermischungen. Von sämtlichen angesäten Grasarten blieben in der Regel nur die<br />
Rotschwingel in unterschiedlichen Unterarten übrig. Auffällig ist der bei Menschen beliebte<br />
Waldmeistergeruch den das wenig anspruchsvolle, im Heu goldgelbe Ruchgras ausströmt. Sein<br />
Ruchstoff, das Cumarin, findet sich auch in Steinklee und Waldmeister. Cumarin ist ein<br />
Blutverdünner und wird medizinisch nicht nur bei Schlaganfällen, sondern auch bei Hufrehe<br />
eingesetzt.<br />
Alle diese aromatischen Futterbestandteile können bei Pferden Ablehnung oder auch Begierde<br />
auslösen. Dabei hängt die Akzeptanz des Futters stark davon ab, ob das Tier diesen Geruch und<br />
Geschmack kennt und positiv abgespeichert hat oder ob der Geruch fremd ist und Misstrauen<br />
auslöst. Säugetiere bauen in ihrem Leben ein beeindruckendes Geruchs- und<br />
Geschmacksgedächtnis auf, wenn sie dazu die Möglichkeit haben. Jedes fremde Futtermittel, jeder<br />
fremde Geruch wird gegebenenfalls über Tage, Wochen, Monate getestet, bevor entschieden wird,<br />
ob man gefahrlos von diesem Futter größere Mengen konsumieren kann. Dieses Verhalten zeigen<br />
nicht nur Ratten. Wundern Sie sich also nicht, wenn Ihr Pferd nichts Neues ausprobieren möchte,<br />
denn „wat de Buur nich kennt, eet hey nich“. Futterneid kann die Akzeptanz in Herdenhaltung<br />
beeinflussen, insbesondere, wenn Futter aus Sicht der Pferde eine Mangelware ist. Das kann auch<br />
bei hohen Futtermengen der Fall sein, speziell bei Sportpferden, die aufgrund der hohen<br />
Arbeitsleistung hohe Kraftfuttermengen erhalten, aber nur wenig, dafür nahrhaftes Heu aus<br />
modernem Wirtschaftsgrünland und kein Stroh (Späne-Einstreu). Als von ihrem Verdauungstrakt als<br />
Dauerfresser ausgelegte Tiere reagieren Pferde dann mit verzweifeltem Holzfressen, Fressen von<br />
ungenießbaren Strunken wie Stängel von Stumpfblättrigem Ampfer nicht selten begleitet mit<br />
Lecken von lehmigen Böden und schließlich mit Schleimhautentzündungen und –geschwüren in<br />
Magen und Darm. Obwohl energiearmes Heu aus Naturschutzflächen die hohe sportliche Leistung<br />
dieser Pferde nicht ermöglichen würde, könnten die rohfaserreichen Aufwüchse aus traditionellen<br />
Dauergrünländern als zusätzliches Futterangebot zwischen den eigentlichen Fütterungen helfen, den<br />
Verdauungstrakt der vierbeinigen Hochleistungssportler in Stresssituationen zu schützen.<br />
Im Naturschutz geht es oftmals um den Schutz brütender Vögel oder seltener Pflanzen. Das führt zu<br />
Schnittzeitpunkten nach dem Ausfliegen der Jungvögel oder dem Absamen der Pflanzen, die nach<br />
dem Termin liegen, der für den Erhalt einer guten Futterqualität wünschenswert wäre. Früh<br />
absamende Allerweltsgräser wie Wolliges Honiggras (Holcus lanatus) gelangen dann zur Dominanz<br />
und verdrängen schmackhaftere Wildgräser wie die Straußgräser oder den Echten Ausläufer-<br />
Rotschwingel. Trotzdem sind die weniger schmackhaften und besonders zuckerarmen Aufwüchse<br />
solcher Flächen für einzelne Pferdegruppen interessant. Das Heu ist geeignet für Pferde, die<br />
besonders energiearmes Futter aufgrund von (Stoffwechsel-) Erkrankungen benötigen, für Pferde<br />
die abspecken müssen und für besonders leichtfuttrige Pferde (-rassen), wobei immer für eine<br />
optimale Mineral- und Vitaminversorgung zusätzlich zu sorgen ist. Aus Erfahrungen mit Ziegen, die<br />
überständige Aufwüchse in Naturschutzgebieten fressen sollen, ist bekannt, dass die Gabe einer<br />
kleinen Menge leicht verdaulicher Futtermittel wie Hafer pro Tag dazu führt, dass die Ziegen<br />
erheblich intensiver vergilbtes, abgesamtes Altgras fressen. Ein Shetty, das eine halbe Stunde am<br />
Tag auf einer landwirtschaftlichen Grünlandmischung steht, nimmt unter Umständen eine<br />
Energiemenge auf, die bei dieser Rasse bereits zu Problemen wie Verfettung führen kann. Was soll<br />
dieser kleine Dauerfresser die restlichen Stunden am Tag als Schutz vor Magen- und<br />
Darmgeschwüren fressen? Auch Stroh kann bei derart leichtfuttrigen Tieren bereits zur Verfettung<br />
führen. Naturschutzheu aus spät geschnittenen und dadurch besonders energiearmen Wildgräsern<br />
kann hier eine den Tag über frei verfügbare Futtergrundlage bieten, die durch gezielte<br />
4 Heu von artenreichen Kräuterwiesen des <strong>NABU</strong> – <strong>Oberberg</strong>