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helmut thielicke leben kann noch einmal beginn

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wenn man zugleich auch eine Gefahr darin sieht: Wir sind von<br />

Jugend auf in fast gefahrlicher Selbstverständlichkeit dessen versichert<br />

und gewiß, daß Gott bereit ist, uns alles zu vergeben,<br />

und daß das Siegel unserer Taufe unter diesen Gnadenbrief<br />

gedrückt ist. Wir haben schwarz auf weiß ein Dokument in der<br />

Tasche. Es lag schon in unserer Wiege, und jetzt können wir es<br />

als privilegierte Taufscheinbesitzer und Kirchensteuerzahler<br />

jederzeit auf Anhieb aus der Schublade ziehen. Petrus muß uns<br />

schon durchlassen, wenn wir unseren »Himmelspaß« aus der<br />

Tasche ziehen. Und einen Stehplatz im Himmel wird er schon<br />

<strong>noch</strong> für uns haben.<br />

Das ist die Kehrseite jener Medaille, auf deren eine Seite wirklich<br />

das echte und große Siegel der Barmherzigkeit geprägt ist —,<br />

und ich denke, man versteht, was ich damit sagen will.<br />

Es besteht nämlich auch eine Gefahr darin, der Vergebung sicher<br />

zu sein, ehe man über die Sünde unsicher geworden ist. Man<br />

könnte dann schließlich wie Heine der Ansicht sein, daß es nun<br />

<strong>einmal</strong> die Branche Gottes sei, zu vergeben, und daß man dessen<br />

versichert sein dürfe, Gott werde sein Amt im entscheidenden<br />

Augenblick schon zu unserer Zufriedenheit ausüben: »Immer<br />

fröhlich, immer fröhlich, alle Tage Sonnenschein, denn der Vater<br />

in dem Himmel nennt uns seine Kinderlein«. Nicht wahr, das ist<br />

läppisch und infantil, auch wenn es zehnmal stimmt, daß Gott<br />

uns seine Kinder nennt. Aber dafür, daß wir seine Kinder sind,<br />

ist eben Blut geflossen, das ist das absolut Unselbstverständliche,<br />

dafür wurde das Kreuz von Golgatha errichtet und dafür hat das<br />

Herz Gottes eine Wunde empfangen. Wie sollten wir da unsere<br />

eigene Wunde vergessen!<br />

Vergessen wir das aber doch, dann wird uns die Gnade »selbstverständlich«.<br />

Und das ist das Schlimmste. Sie ist dann zu billigsten<br />

Schleuderpreisen zu haben — wie eine halbverdorbene<br />

Ware, die man jedem nachwirft, der nur Miene macht, sie »nebenbei«<br />

doch <strong>noch</strong> mitzunehmen. Dann wird diese Gnade ein anderer<br />

Ausdruck für die Harmlosigkeit und »Ungefährlichkeit« Gottes.<br />

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