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Die Europapolitik in der politikwissenschaftlichen Debatte

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DIE BILANZ<br />

Konvent nur „e<strong>in</strong>e Fortentwicklung <strong>der</strong> konstanten Bemühungen um den A u f b a u<br />

(<strong>der</strong> EU) dar“ (Loth 2002a: 16).<br />

Entsprechend werden auch „Entwürfe e<strong>in</strong>er europäischen Verfassung“ zur<br />

Anregung und als Quelle e<strong>in</strong>er „historischen Bilanz“ vorgelegt (Loth 2002b). Loth<br />

identifiziert dabei e<strong>in</strong>e größere „Bereitschaft zu supranationalen Regelungen (...) als<br />

es bei e<strong>in</strong>em Blick auf die Polarisierungen <strong>der</strong> politischen <strong>Debatte</strong> zunächst<br />

ersche<strong>in</strong>t“ (Ebenda: 41).<br />

Anregend s<strong>in</strong>d ebenfalls französische Ausführungen zum „fédéralisme <strong>in</strong>terg o u-<br />

vernemental“ und zum „fédéralisme sociétal“ (Quermonne 2001: 9). Als Leitbild<br />

plädiert Quermonne für den doch recht vieldeutigen Begriff <strong>der</strong> „fédérations d’ é t a t s<br />

nations“ (Ebenda: 147; vgl. Marhold 2001), den Schnei<strong>der</strong> als Ausprägung e<strong>in</strong>er<br />

„starken Konfö<strong>der</strong>ation“ kennzeichnet (Schnei<strong>der</strong> 2002b: 633). <strong>Die</strong> Hoffnung Quermonnes<br />

ist letztlich „une fédération d’Etats et de Peuples“ (Quermonne 2001: 136).<br />

<strong>Die</strong>se Arbeiten öffnen den Blick auf e<strong>in</strong>e lebhafte französische Diskussion, bei <strong>der</strong><br />

es sich nicht mehr um die Frage Fö<strong>der</strong>alismus – ja o<strong>der</strong> ne<strong>in</strong> –, son<strong>der</strong>n nur um „quel<br />

fédéralisme“ (Fitoussi/le Cacheux 2002: 78) zu drehen sche<strong>in</strong>t. Jedoch werden bei<br />

<strong>der</strong> Verwendung des Begriffs „fö<strong>der</strong>al“ durchaus nachhaltige Anleihen an konventionelles<br />

französisches Denken deutlich. E<strong>in</strong> <strong>der</strong>artiges Verlängern und Projizieren<br />

nationaler Erfahrungen und Denktraditionen ist typisch und wahrsche<strong>in</strong>lich unumgänglich<br />

für die programmatische <strong>Debatte</strong> (Sturm/Pehle 2001: 166; Jachtenfuchs<br />

2002a: 286).<br />

Jedoch diskutieren die meisten Beiträge nicht nur e<strong>in</strong>e abstrakte Def<strong>in</strong>ition e<strong>in</strong>es<br />

möglichen Endzustands, son<strong>der</strong>n auch zentrale Elemente für weitere politische<br />

Strategien. Als Optionen werden „e<strong>in</strong>e evolutionäre Vertragsentwicklung“, „e<strong>in</strong>e<br />

Konstitutionalisierung“ ausgehend vom bestehenden Vertragswerk und e<strong>in</strong>e „f<strong>in</strong>ale<br />

Verfassungsgebung“ erörtert (Jopp 2002: 858). Müller- G r a ff plädiert für e<strong>in</strong>e<br />

„Konstitutionalisierung im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er stabilisierenden Primärrechtspolitik, (die) zur<br />

Sicherung <strong>der</strong> Gewissheit beizutragen (vermag), dass auch die Hoheitsgewalt <strong>der</strong><br />

europäischen Ebene nach klaren und vertrauten Regeln legitimiert und kontrolliert<br />

wird.“ (Müller- G r a ff 2002: 748). Vo rgeschlagen wird dazu – <strong>in</strong> Anlehnung an die<br />

Methode Monnet – e<strong>in</strong> schrittweiser Ausbau, ohne e<strong>in</strong>en konstitutionellen Endzustand<br />

endgültig festzuschreiben (Wessels 2001b: 716-723); dagegen wird <strong>der</strong> E<strong>in</strong>wand<br />

erhoben, dass für e<strong>in</strong>en notwendigen „Verfassungspatriotismus“ „e<strong>in</strong>e Ve r f a s-<br />

sung notwendig ist, die (...) bejaht werden kann, weil sie begriffen werden kann (...)<br />

E<strong>in</strong>e Verfassung, die sich (...) im ständigen Wandel bef<strong>in</strong>det, kann kaum <strong>der</strong><br />

Gegenstand vernünftiger Bejahung se<strong>in</strong>“ (Schnei<strong>der</strong> 2002c: 806).<br />

<strong>Die</strong>se <strong>Debatte</strong> um grundlegende Reformoptionen im und um den Konvent hat die<br />

Diskussion über das Weißbuch <strong>der</strong> Kommission zum guten „Regieren <strong>in</strong> <strong>der</strong> EU“<br />

(good governance) (Kommission 2001) überlagert.<br />

Institutionen und <strong>der</strong> Neo-Institutionalismus<br />

<strong>Die</strong> Analyse von Institutionen und Verfahren <strong>der</strong> EU gehört zu den traditionellen<br />

Forschungsschwerpunkten <strong>der</strong> Integrationswissenschaften (Rosamond 2000; Loth/<br />

28 Jahrbuch <strong>der</strong> Europäischen Integration 2001/2002

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