Theorie der endlichen Gruppen, Stuttgart SS 2008 - Universität ...
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SKRIPT ZUR VORLESUNG<br />
THEORIE DER ENDLICHEN GRUPPEN“<br />
”<br />
STUTTGART <strong>SS</strong> <strong>2008</strong><br />
MARTIN HERTWECK ⋆<br />
1. ZIEL DER VORLESUNG, LITERATURHINWEISE<br />
Ein klassisches Ergebnis von William Burnside 1 von 1904 besagt, dass eine endliche Gruppe<br />
auflösbar ist, falls ihre Ordnung nur von zwei verschiedenen Primzahlen geteilt wird<br />
(p a q b -Satz; soll andeuten, dass die <strong>Gruppen</strong>ordnung nur von den Primzahlen p und q geteilt<br />
wird, und p a q b die <strong>Gruppen</strong>ordnung ist). 2 Burnsides Beweis benutzt (gewöhnliche) Charaktertheorie,<br />
siehe etwa [22, Theorem 4.3.3] für eine mo<strong>der</strong>nere Darstellung. Ein Beweis<br />
des p a q b -Satzes, welcher ohne Charaktertheorie auskommt, wurde lange gesucht, aber erst<br />
Anfang <strong>der</strong> 70er Jahre des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts gefunden. Wir wollen einen solchen Beweis<br />
geben, <strong>der</strong> in sich abgeschlossen ist, und uns dazu also die notwendigen Voraussetzungen<br />
erarbeiten. Dies wird eine Einarbeitung in die Grundlagen <strong>der</strong> <strong>Theorie</strong> <strong>der</strong> <strong>endlichen</strong> <strong>Gruppen</strong><br />
verlangen. Die folgenden Abschnitte sind (Stand <strong>der</strong> Bearbeitung: 26. Juni <strong>2008</strong>):<br />
§ 2. Zum p a q b -Satz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />
§ 3. Notationen und Fachausdrücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />
§ 4. Der <strong>Gruppen</strong>begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
§ 5. Endliche abelsche <strong>Gruppen</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />
§ 6. Permutationsdarstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17<br />
§ 7. Kompositionsreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />
§ 8. Charakteristische Untergruppen und Kommutatoren . . . . . . . . . . 30<br />
§ 9. Nilpotente <strong>Gruppen</strong> und auflösbare <strong>Gruppen</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />
§ 10. Teilerfremde Operation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
§ 11. Operation auf abelschen <strong>Gruppen</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49<br />
§ 12. Zum p a q b -Satz. Ein Lemma von Ben<strong>der</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />
§ 13. Der Satz von Baer–Suzuki . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />
§ 14. Matsuyamas Beweis des 2 a q b -Satzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />
§ 15. Zweidimensionale lineare <strong>Gruppen</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59<br />
§ 16. Quadratische Operation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />
§ 17. Die Thompson-Untergruppe und Replacement . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />
§ 18. Ein Analogon zu Glaubermans ZJ-Satz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74<br />
§ 19. Goldschmidts Beweis des p a q b -Satzes, p ≠ 2 ≠ q . . . . . . . . . . . 77<br />
Von H. Kurzweil und B. Stellmacher [34] ist 1998 ”<br />
Eine Einführung“ in die <strong>Theorie</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>endlichen</strong> <strong>Gruppen</strong> erschienen, in <strong>der</strong> (unter an<strong>der</strong>em) auch ein gruppentheoretischer Beweis<br />
des p a q b -Satzes gegeben wird. Wir werden uns in einigen Teilen an diesem Buch<br />
⋆ Universität <strong>Stuttgart</strong>, Fachbereich Mathematik, IGT, 70569 <strong>Stuttgart</strong>.<br />
E-mail: hertweck@mathematik.uni-stuttgart.de.<br />
1 Zur Person siehe etwa Wikipedia-Eintrag [86].<br />
2 Siehe [10]; von Burnside in die zweite Auflage seines Buches [ 11] aufgenommen (§§ 240, 241).<br />
1
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 2<br />
orientieren. Studenten seien jedoch darauf hingewiesen, dass Beweise in dem Buch [34]<br />
knapp gehalten sind, und dass sie sich durch kleinere Unstimmigkeiten in manchen Beweisen<br />
nicht abschrecken lassen sollten. Das Buch ist wohl eher wegen seiner letzten vier<br />
Kapitel interessant. Von diesen zur ‘Einführung’ abgesehen (sie führen an aktuelle Forschung<br />
heran), genügt zunächst auch das ältere Buch von Kurzweil [33] vollständig, mag<br />
in manchen Teilen vielleicht sogar ansprechen<strong>der</strong> sein.<br />
Ich will auch auf den Klassiker ”<br />
Finite groups“ von D. Gorenstein [22] hinweisen, welcher<br />
sehr gut zu lesen ist. Ebenfalls empfehlenswert finde ich das Lehrbuch ”<br />
Finite group<br />
theory“ von M. Aschbacher [3], auch wenn es sehr komprimiert geschrieben ist. (Die Einleitung<br />
dort erklärt meiner Meinung nach, wie ein Lehrbuch geschrieben werden sollte.)<br />
Die Lehrbücher von M. Suzuki [61,62] will ich ebenfalls empfehlen. Wir beschränken uns<br />
ausschließlich auf die Betrachtung von <strong>endlichen</strong> <strong>Gruppen</strong>. Für Lehrbücher über <strong>Gruppen</strong>theorie,<br />
welche auch unendliche <strong>Gruppen</strong> berücksichtigen, sei etwa auf das Buch von<br />
D. J. Robinson [52] o<strong>der</strong> auf das Buch von J. Rotman [54] hingewiesen. Schließlich gibt es<br />
noch das umfängliche Buch von B. Huppert [27], und die nachfolgenden Bände [28,29], in<br />
denen man oft fündig wird. Nun ja, es gibt sicher noch mehr Bücher, auch viele aktuellere,<br />
in die man zumindest mal einen Blick werfen sollte. Man bedenke jedoch immer, dass man<br />
nur gute (Lehr-)Bücher lesen sollte – was immer dies auch bedeuten mag.<br />
Naturgemäß wird es vieles geben, was in <strong>der</strong> Vorlesung nicht zum Zuge kommt. Beispielsweise<br />
werden keine Beispiele gegeben. <strong>Gruppen</strong> aber auch ‘anzufassen’ (und Übungsaufgaben<br />
zu bearbeiten) ist wichtig, um das eigene Verständnis für sie zu schärfen.<br />
Ich werde die Untersuchungen we<strong>der</strong> motivieren, noch versuchen, sie in einen größeren<br />
Kontext zu stellen. Zur Genesis des abstrakten <strong>Gruppen</strong>begriffes sei auf [89] verwiesen.<br />
Ich gebe öfters, zumindest für Sätze mit ‘Namen’, Hinweise auf Orginalarbeiten 3 und Einladungen,<br />
sich die Biographien <strong>der</strong> Verfasser mal etwas anzuschauen (etwa in <strong>der</strong> Wikipedia,<br />
o<strong>der</strong> in dem ”<br />
MacTutor History of Mathematics archive“, einer Webseite <strong>der</strong> Universität<br />
St. Andrews in Schottland, falls man keine Bücher wälzen will). Ich denke wohl,<br />
dass mag helfen, den abstrakten Stoff mit etwas ‘Leben zu füllen’. Schon die Titel <strong>der</strong><br />
Orginalarbeiten geben manchmal einen Hinweis darauf, in welchem Zusammenhang sie<br />
entstanden sind: Etwa bei dem Versuch, Auflösbarkeit algebraischer Gleichungen zu beschreiben,<br />
also im Umfeld <strong>der</strong> Galoistheorie (woher <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> auflösbaren Gruppe<br />
stammt). Die Arbeiten lassen auch erkennen, wie sehr sich die Sprache <strong>der</strong> Mathematik,<br />
und die Art, Mathematik zu machen, seither gewandelt hat. Vielleicht mag <strong>der</strong> eine o<strong>der</strong><br />
die an<strong>der</strong>e sie sich mal etwas näher anschauen; dazu sei bemerkt, dass sich vieles digitalisiert<br />
im WWW findet. Beispielsweise findet man viele Orginalarbeiten französischer<br />
Mathematiker wie etwa Cauchy, Galois, Jordan und Lagrange im WWW, über Gallica,<br />
dem Digitalisierungsprojekt <strong>der</strong> französischen Nationalbibliothek.<br />
2. ZUM p a q b -SATZ<br />
Blicken wir auf die Geschichte <strong>der</strong> Entdeckung eines gruppentheoretischen Beweises des<br />
p a q b -Satzes von Burnside. Weil <strong>der</strong> charaktertheoretische Beweis von Burnside (von 1904;<br />
beschrieben in [13] (Chapter III, § 5)) etwas künstlich erscheinen mag, und keinerlei Einsicht<br />
in die Struktur eines minimalen Gegenbeispiels vermittelt, wurde lange Zeit ein konstruktiver<br />
Beweis vermißt, <strong>der</strong> nur ‘elementare’ gruppentheoretische Begriffe benutzt.<br />
3 Hilfreich bei <strong>der</strong> Suche nach Herkunft von Begriffen und grundlegenden mathematischen Sätzen vor 1900<br />
war mir <strong>der</strong> Beitrag von H. Burkhardt in [41], Endliche discrete <strong>Gruppen</strong>, S. 208–226. Der Beitrag fällt dort<br />
übrigens unter den Teil A, Arithmetik, nicht unter Teil B, Algebra.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 3<br />
In 1970 schließlich publizierte D. M. Goldschmidt [20] einen kurzen und ansprechenden<br />
charakterfreien Beweis im Falle von ungeraden Primzahlen p und q (also im Falle ungera<strong>der</strong><br />
<strong>Gruppen</strong>ordnung). J. G. Thompson hatte bereits angedeutet, dass ein Beweis frei<br />
von Charaktertheorie aus den (fundamentalen) Arbeiten von W. Feit und Thompson [15]<br />
und Thompson [66] extrahiert werden könnte. Gleich zu Beginn von Goldschmidts Beweis<br />
wird ein Argument verwendet, welches Goldschmidt selbst H. Ben<strong>der</strong> zuschreibt; es kann<br />
tatsächlich aus [5] extrahiert werden. (Das Argument zeigt, dass für ein minimales Gegenbeispiel<br />
G zum p a q b -Satz die Fittinguntergruppe je<strong>der</strong> p-lokalen Untergruppe von G eine<br />
p-Gruppe ist.) Dann steht Goldschmidt in Gestalt des ZJ-Satzes von Glauberman [18] ein<br />
mächtiges Hilfsmittel zur Verfügung, womit sich <strong>der</strong> Beweis bequem zu Ende führen läßt.<br />
Im Fall p = 2 steht dieses Hilfsmittel aber nicht zur Verfügung. Jedoch wurde in 1973<br />
ein Beweis des 2 a q b -Satzes von H. Matsuyama [39] publiziert, welcher kurz und sehr<br />
elegant mit ausschließlich gruppentheoretischen Mitteln auskommt. (Zunächst hält Matsuyama<br />
fest, dass das Ben<strong>der</strong>-Argument auch für ein minimales Gegenbeispiel G gera<strong>der</strong><br />
Ordnung 2 a q b gilt. Dann benutzt er eine zentrale Involution, um die Existenz einer maximalen<br />
Untergruppe von G zu zeigen, die sowohl das Zentrum einer 2-Sylowuntergruppe<br />
als auch das Zentrum einer q-Sylowuntergruppe nichttrivial schneidet. Eine umsichtige Beobachtung<br />
beendet dann den Beweis.) Schießlich hat Ben<strong>der</strong> [6] selbst einen relativ kurzen<br />
und elementaren Beweis des p a q b -Satzes gegeben. Dieser kommt ohne Verwendung des<br />
ZJ-Satzes aus, und ist so organisiert, dass er beide Fälle – p und q ungerade sowie p = 2<br />
– gleichzeitig behandelt. Den einfachsten Beweis des p a q b -Satzes (ohne Verwendung von<br />
Charaktertheorie!) erhält man wohl, wenn man Matsuyamas Beobachtung mit Ben<strong>der</strong>s Beweis<br />
für ungerade Primzahlen kombiniert.<br />
Einen gruppentheoretischen Beweis des p a q b -Satzes hat T. M. Gagen für einen Kurs an <strong>der</strong><br />
Universität von Florida in 1971/72 aus (knapp gehaltenen) Orginalarbeiten (insbeson<strong>der</strong>e<br />
von H. Ben<strong>der</strong>) zusammengetragen und ausführlich in seinen Lecture Notes [17] wie<strong>der</strong>gegeben.<br />
Die Beweise von Goldschmidt und Matsuyama findet man auch in dem Buch<br />
von Suzuki, [62], Theorem 5.4.25. Den Beweis von Ben<strong>der</strong> findet man in Kapitel VIII<br />
des Buches von Kurzweil [33] und auch in Chapter X, § 2 des Buches von Blackburn und<br />
Huppert [29]. In dem Buch von Kurzweil und Stellmacher [34] wird ebenfalls ein gruppentheoretischer<br />
Beweis des p a q b -Satzes gegeben, <strong>der</strong> sich an Ben<strong>der</strong>s Ideen orientiert.<br />
Für den Fall, dass die <strong>Gruppen</strong>ordnung p a q b ungerade ist, mag man schließlich auch die<br />
Bemerkung auf Seite 73 in [7] beachten.<br />
Ich werde die Beweise von Goldschmidt und Matsuyama miteinan<strong>der</strong> kombinieren. Anstelle<br />
des ZJ-Satzes werden wir ein Analogon verwenden, welches von Stellmacher bewiesen<br />
wurde [59], [34, § 9.4].<br />
3. NOTATIONEN UND FACHAUSDRÜCKE<br />
Zu Beginn will ich einige Schreibweisen festlegen, die wir im folgenden benutzen werden.<br />
Der mit ihnen vertraute Leser kann den folgenden Abschnitt (§ 4 Der <strong>Gruppen</strong>begriff)<br />
getrost übergehen. Umgekehrt, wer mit den hier aufgeführten Begriffen nichts anfangen<br />
kann, mag direkt mit § 4 beginnen.<br />
Wir benutzen übliche mengentheoretische Schreibweisen. Insbeson<strong>der</strong>e steht Z für die<br />
ganzen Zahlen, und N für die natürlichen Zahlen, N = {1, 2, . . .}.<br />
Unsere <strong>Gruppen</strong> sind (außer in § 4) stets endlich, was insofern keiner beson<strong>der</strong>en Erwähnung<br />
mehr bedarf.<br />
Wir benutzen das Symbol 1 sowohl für das Einselement als auch für die triviale Untergruppe<br />
einer Gruppe.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 4<br />
Das Inverse eines Elementes x von G bezeichnen wir mit x −1 . Für eine Teilmenge X von<br />
G schreiben wir X −1 = {x −1 | x ∈ X}.<br />
Falls A und B Untergruppen <strong>der</strong> Gruppe G sind, schreiben wir A ≤ B, falls A eine<br />
Untergruppe von B ist, und weiter A < B, falls A eine echte Teilmenge von B ist.<br />
Für eine Teilmenge X von G schreiben wir 〈X〉 für die von X erzeugte Untergruppe<br />
von G, also für den Durchschnitt aller Untergruppen von G, welche X enthalten. Diese<br />
Schreibweise erweitern wir in offensichtlicher Weise, um eine von einer Kollektion von<br />
Teilmengen erzeugte Untergruppe zu beschreiben.<br />
Falls X und Y Teilmengen von G sind, schreiben wir XY für die Teilmenge von G bestehend<br />
aus den Produkten xy mit x ∈ X und y ∈ Y , und nennen sie das Komplexprodukt<br />
von X und Y . Ähnlich schreiben wir yHx = {yhx | h ∈ H} für eine Teilmenge H von<br />
G und x, y ∈ G; ist H ≤ G, heißt Hx Rechtsnebenklasse von H in G (und yH Linksnebenklasse).<br />
Die Anzahl <strong>der</strong> Rechtsnebenklassen von H in G heißt <strong>der</strong> Index von H in<br />
G und wird mit |G : H| bezeichnet.<br />
Wir schreiben H x = x −1 Hx für das Bild von H unter dem inneren Automorphismus<br />
von G, welcher gegeben ist durch Konjugation mit x. Allgemeiner schreiben wir Operatoren<br />
in <strong>der</strong> Regel von rechts, und benutzen dann auch Exponentialschreibweise. Wir<br />
schreiben H G = {H g | g ∈ G}, so dass 〈H G 〉 die kleinste normale Untergruppe von G<br />
ist, welche H enthält.<br />
Für eine Teilmenge H von G bezeichnet |H| die Anzahl ihrer Elemente; dies ist die Ordnung<br />
von H, falls H ≤ G. Die Ordnung eines Elementes x von G ist die Ordnung von<br />
〈x〉.<br />
Ist π eine Menge von Primzahlen, dann nennen wir ein Element x von G ein π-Element,<br />
falls seine Ordnung nur von Primzahlen aus π geteilt wird. Entsprechend heißt G eine<br />
π-Gruppe, falls |G| nur von Primzahlen aus π geteilt wird. Ist p ein Primteiler von |G|,<br />
heißt eine p-Untergruppe von G, welche in keiner größeren p-Untergruppe enthalten ist,<br />
p-Sylowuntergruppe von G. Wir schreiben Syl p (G) für die Menge <strong>der</strong> p-Sylowuntergruppen<br />
von G.<br />
Die zu π komplementäre Menge von Primzahlen soll mit π ′ bezeichnet werden. Uns stehen<br />
also genauso die Begriffe π ′ - und p ′ -Element, als auch die Begriffe π ′ - und p ′ -Gruppe zur<br />
Verfügung.<br />
Ist X eine Teilmenge von G, so schreiben wir C G (X) bzw. N G (X) für den Zentralisator<br />
bzw. den Normalisator von X in G.<br />
Wir schreiben H G, falls H ein Normalteiler von G ist. Wir schreiben H char G, falls<br />
H ein charakteristischer Normalteiler von G ist, also eine Untergruppe von G ist, welche<br />
unter Automorphismen von G als ganzes festbleibt. Die Gruppe <strong>der</strong> Automorphismen<br />
von G wird übrigens mit Aut(G) bezeichnet.<br />
Das Zentrum von G wird mit Z(G) bezeichnet; dies ist eine charakteristische Untergruppe<br />
von G.<br />
Für x, y ∈ G schreiben wir [x, y] für den Kommutator x −1 y −1 xy von x und y. Für<br />
Teilmengen X und Y von G sei [X, Y ] = 〈[x, y] | x ∈ X, y ∈ Y 〉. Es ist also [X, Y ] stets<br />
eine Untergruppe von G. Insbeson<strong>der</strong>e ist [G, G] die Kommutatoruntergruppe von G,<br />
welche auch mit G ′ bezeichnet wird. Auch [G, G] ist eine charakteristische Untergruppe<br />
von G.<br />
Es ist zweckdienlich, eine Gruppe K einen Subquotient von G zu nennen, falls K isomorph<br />
zu einem homomorphem Bild einer Untergruppe von G ist (K heißt dann auch<br />
Abschnitt o<strong>der</strong> Sektion von G). Mir gefällt auch zu sagen, dass dann K in G involviert ist<br />
(wie in dem Paragraphen § 1.1 in [22], von dem ich hier übrigens kopiert habe).
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 5<br />
4. DER GRUPPENBEGRIFF<br />
Erklärung <strong>der</strong> grundlegenden gruppentheoretischen Begriffe: Gruppe, Untergruppe, Nebenklasse,<br />
Homomorphie, Isomorphie (o<strong>der</strong> sollte man die letzten zwei Begriffe in umgekehrter<br />
Reihenfolge erklären?), Normalteiler, Faktorgruppe.<br />
4.1. Gruppe und Untergruppe. Eine binäre Verknüpfung auf einer (nichtleeren) Menge<br />
G ist eine Abbildung von dem mengentheoretischen Produkt G×G nach G. Wir werden<br />
normalerweise multiplikative Schreibweise benutzen, also das Bild eines Paares (x, y) unter<br />
<strong>der</strong> Verknüpfung als xy schreiben.<br />
Die Verknüpfung ist assoziativ, falls (xy)z = x(yz) für alle x, y, z ∈ G gilt. 4 Die Verknüpfung<br />
ist kommutativ, falls xy = yx für alle x, y ∈ G gilt. Ein Einselement für die<br />
Verknüpfung ist ein Element 1 in G mit x1 = 1x = x für alle x ∈ G. Es kann höchstens<br />
ein Einselement geben. Falls es ein Einselement 1 gibt, ist ein Inverses für ein Element x in<br />
G ein Element y in G mit xy = yx = 1. Falls die Verknüpfung assoziativ ist, und x ein Inverses<br />
besitzt, dann ist dieses eindeutig, und wird in unserer multiplikativen Schreibweise<br />
mit x −1 bezeichnet. 5<br />
Eine Gruppe ist eine (nichtleere) Menge G zusammen mit einer assoziativen binären Verknüpfung,<br />
welche ein Einselement besitzt, und so dass jedes Element in G ein Inverses<br />
besitzt. Die Gruppe G heißt abelsch, 6 falls die Verknüpfung kommutativ ist. Abelsche<br />
<strong>Gruppen</strong> G schreibt man oft additiv, dass heißt, das Bild eines Paares (x, y) unter <strong>der</strong> Verknüpfung<br />
wird als x + y geschrieben. Statt eines Einselementes redet man dann von einem<br />
Nullelement 0, und für x in A wird sein Inverses mit −x bezeichnet. 7<br />
Von nun an sei G eine Gruppe. Eine Untergruppe von G ist eine nichtleere Teilmenge U<br />
von G, so dass mit x, y ∈ U stets xy ∈ U und x −1 ∈ U gilt. Schreibweise: U ≤ G. Es ist<br />
also U ≤ G, falls U mit <strong>der</strong> auf U × U eingeschränkten Verknüpfung eine Gruppe ist. Es<br />
ist {1} ≤ G, die triviale Untergruppe von G. Wir schreiben stets {1} = 1, bezeichnen<br />
mit 1 also auch die triviale Untergruppe. Dies wird zu keinen Komplikationen führen.<br />
Beispiel 4.1. Ich gebe ein paar wenige Beispiele für <strong>Gruppen</strong> und Untergruppen.<br />
(1) Plus und Mal für Zahlen. Genauer, etwa (Z, +), also die additive Gruppe Z, o<strong>der</strong><br />
(R \ {0}, ·).<br />
(2) Die Menge Sym(M) aller Bijektionen einer Menge M auf sich, zusammen mit<br />
<strong>der</strong> Komposition von Abbildungen als Verknüpfung, ist eine Gruppe.<br />
(3) Für eine natürliche Zahl n ist Sym({1, 2, . . . , n}) die symmetrische Gruppe S n<br />
(vom Grad n). Zykelschreibweise: Wir schreiben etwa σ = (124) für das Element<br />
σ ∈ S 4 mit 1σ = 2, 2σ = 4, 3σ = 3 und 4σ = 1. Komposition στ wollen wir<br />
lesen als ‘zuerst σ, dann τ’. Also etwa (12)(123) = (13).<br />
(4) Für ein Polynom f = f(x 1 , . . . , x n ) aus dem Polynomring Z[x 1 , . . . , x n ] (die<br />
x 1 , . . . , x n sind unabhängige Variablen) und σ ∈ S n setze f σ = f(x 1σ , . . . , x nσ ).<br />
Es gilt (f σ ) τ = f στ für alle σ, τ ∈ S n . (In <strong>der</strong> Sprechweise von § 6.1 formuliert,<br />
operiert S n damit auf Z[x 1 , . . . , x n ] durch Permutation <strong>der</strong> Variablen.) Es sei ∆ =<br />
∏<br />
i
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 6<br />
Permutation σ heißt im ersten Fall gerade, im zweiten Fall ungerade. Es gilt<br />
(∆ σ ) τ = ∆ στ für alle σ, τ ∈ S n . Also bilden die geraden Permutationen <strong>der</strong> S n<br />
eine Untergruppe, die sogenannte alternierende Gruppe A n .<br />
(5) Die allgemeine lineare Gruppe 8 GL(n, K) vom Grad n über einem Körper K<br />
ist die Gruppe aller invertierbaren n × n-Matrizen mit Koeffizienten aus K. <strong>Gruppen</strong>verknüpfung<br />
ist die Matrixmultiplikation. Wenn <strong>der</strong> Körper K <strong>der</strong> endliche<br />
Körper F q mit q Elementen ist, q eine Primzahlpotenz, so schreibt man auch<br />
GL(n, q) statt GL(n, K). Die spezielle lineare Gruppe SL(n, K) ist die Untergruppe<br />
von GL(n, K), die aus allen Matrizen mit Determinante 1 besteht.<br />
Es sei x ∈ G und n eine natürliche Zahl. Wir definieren, wie gewohnt, die Potenz x n als<br />
das Produkt von n Faktoren, alle gleich x; die Assoziativität garantiert Wohldefiniertheit.<br />
Wir definieren noch x −n = (x −1 ) n und x 0 = 1. Dann können die üblichen Rechenregeln<br />
für Exponenten hergeleitet werden: Für x ∈ G und n, m ∈ Z gilt<br />
x n x m = x n+m = x m x n , (x n ) m = x nm .<br />
Der Durchschnitt einer beliebigen Menge von Untergruppen von G ist ebenfalls eine Untergruppe<br />
von G. Für X ⊆ G können wir daher definieren<br />
〈X〉 =<br />
⋂<br />
U.<br />
X⊆U≤G<br />
Es ist also 〈X〉 eine Untergruppe von G, und nach Konstruktion ist dies die kleinste Untergruppe<br />
von G, welche X enthält. Wir nennen 〈X〉 die von X erzeugte Untergruppe von<br />
G. Es gilt offenbar<br />
〈X〉 = {x ε1<br />
1 · · · xεn n | x i ∈ X, ε i = ±1}.<br />
Wir sehen nun sofort, dass für x ∈ G gilt 〈x〉 = {x n | n ∈ Z}. Die Gruppe G heißt<br />
zyklisch, falls sie von einem Element x erzeugt wird. In diesem Fall besteht G aus den<br />
Potenzen von x, und wir nennen x einen Erzeuger von G.<br />
Die Ordnung <strong>der</strong> Gruppe G ist die Kardinalität <strong>der</strong> Menge G, und wird mit |G| bezeichnet.<br />
Für x ∈ G nennen wir |〈x〉| die Ordnung von x. Falls |G| < ∞, heißt G endliche<br />
Gruppe.<br />
Beispielsweise ist n! die Ordnung <strong>der</strong> S n . Es gibt genausoviele gerade wie ungerade Permutationen<br />
in <strong>der</strong> S n , denn ist σ aus S n gerade, so ist σ(12) ungerade. Also hat A n die<br />
Ordnung n!/2.<br />
4.2. Nebenklasse. Es sei U Untergruppe <strong>der</strong> <strong>endlichen</strong> Gruppe G. Für x ∈ G schreiben<br />
wir Ux = {yx | y ∈ U} und xU = {xy | y ∈ U}. Beide Mengen sind Nebenklassen<br />
von U in G. Es heißt Ux Rechtsnebenklasse und xU Linksnebenklasse von U in G. Es<br />
enthält G genauso viele Linksnebenklassen wie Rechtsnebenklassen von U, denn es ist<br />
xU ↦→ (xU) −1 = Ux −1 eine Bijektion zwischen den jeweiligen Nebenklassenmengen.<br />
Hier sei bemerkt, dass wir X −1 = {x −1 | x ∈ X} für eine Teilmenge X von G schreiben,<br />
und dass für die Untergruppe U gilt U = U −1 . Die Anzahl <strong>der</strong> Rechtsnebenklassen (o<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Linksnebenklassen) von U in G heißt <strong>der</strong> Index von U in G und wird mit |G : U|<br />
bezeichnet.<br />
Wir werden meistens mit Rechtsnebenklassen arbeiten. Mit G/U wird die Menge <strong>der</strong><br />
Rechtsnebenklassen von U in G bezeichnet.<br />
Die Gruppe G ist offenbar Vereinigung <strong>der</strong> Rechtsnebenklassen von U. Ist x ∈ G und<br />
y ∈ Ux, ist yx −1 ∈ U, und folglich Ux = U(yx −1 )x = Uy. Die Gruppe G ist also<br />
8 Die Bezeichnung GL kommt von <strong>der</strong> Abkürzung <strong>der</strong> englischen Bezeichnung ”<br />
general linear group“.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 7<br />
disjunkte Vereinigung <strong>der</strong> Rechtsnebenklassen von U. 9 Da alle Nebenklassen die gleiche<br />
Anzahl von Elementen haben (Rechtsmultiplikation mit x ∈ G ist eine Bijektion auf G),<br />
erhalten wir folgenden Satz. Er wird Lagrange 10 zugeschrieben, siehe [35], Kap. VIII,<br />
Réflexions sur la résolution algébrique des équations.<br />
Satz 4.2 (Lagrange (1771)). Für U ≤ G gilt |G| = |U||G : U|.<br />
Dies hat zur Folge, dass die Ordnung einer Untergruppe einer <strong>endlichen</strong> Gruppe G Teiler<br />
von |G| ist. Speziell ist die Ordnung eines Elementes von G Teiler von |G|.<br />
Es sei p eine Primzahl. Eine p-Gruppe ist eine Gruppe, <strong>der</strong>en Ordnung eine Potenz von<br />
p ist. Allgemeiner, ist π eine Menge von Primzahlen, so ist die endliche Gruppe G eine<br />
π-Gruppe, falls |G| nur von Primzahlen aus π geteilt wird. Allgemeiner kann man über<br />
π-Untergruppen reden. Ein Element x einer Gruppe G ist ein π-Element, falls 〈x〉 eine π-<br />
Gruppe ist. Es sei schon hier gesagt, dass eine Involution ein <strong>Gruppen</strong>element <strong>der</strong> Ordnung<br />
2 ist.<br />
Untergruppen einer π-Gruppe sind also wie<strong>der</strong> π-<strong>Gruppen</strong>. Insbeson<strong>der</strong>e ist ein Element<br />
einer p-Gruppe stets ein p-Element. Die Umkehrung dieser Aussage ist auch richtig, wie<br />
<strong>der</strong> Satz von Cauchy (Satz 6.11) zeigt.<br />
4.3. Homomorphismus und Isomorphismus. Strukturerhaltende Abbildungen werden<br />
ganz allgemein als Homomorphismen bezeichnet, wie dem Leser sicher schon bekannt. Ein<br />
(<strong>Gruppen</strong>-)homomorphismus von einer Gruppe G in eine Gruppe H ist eine Abbildung<br />
ϕ: G → H (zwischen den Mengen G und H), so dass alle Relationen zwischen Elementen<br />
von G auch für die Bildelemente gelten, also (xy)ϕ = (xϕ)(yϕ) für alle x, y ∈ G gilt.<br />
Wie <strong>der</strong> Leser bereits festgestellt hat, schreibe ich gewöhnlich Abbildungen von rechts,<br />
insbeson<strong>der</strong>e jene, welche Homomorphismen sind.<br />
Beispiel 4.3. Ich gebe ein paar wenige Beispiele für <strong>Gruppen</strong>homomorphismen.<br />
(1) Für festes n ∈ N ist Z → Z, a ↦→ na ein Homomorphismus von abelschen<br />
<strong>Gruppen</strong>.<br />
(2) Ist G eine zyklische Gruppe mit Erzeuger x, so ist Z → G, a ↦→ x a ein Homomorphismus<br />
von abelschen <strong>Gruppen</strong>.<br />
(3) Die Exponentialfunktion (R, +) → ((0, ∞), ·), x ↦→ e x ist ein Homomorphismus.<br />
(4) Die Abbildung sign: S n → {1, −1}, welche eine Permutation auf 1 o<strong>der</strong> −1<br />
abbildet, je nachdem ob sie gerade o<strong>der</strong> ungerade ist, ist ein Homomorphismus.<br />
Genau die Elemente aus A n werden auf 1 abgebildet.<br />
(5) Determinantenbildung det: GL(n, K) → K × ist ein Homomorphismus in die<br />
multiplikative Gruppe K × des Körpers K.<br />
Der Homomorphismus ϕ heißt Isomorphismus, falls ϕ eine Bijektion ist. In diesem Fall<br />
besitzt ϕ eine Umkehrfunktion ϕ −1 : H → G, die sich als <strong>Gruppen</strong>homomorphismus<br />
herausstellt. Die Gruppe G heißt isomorph zu H, falls es einen Isomorphismus zwischen<br />
G und H gibt. Wir schreiben G ∼ = H um anzuzeigen, dass G und H isomorph sind.<br />
Isomorphismus ist eine Äquivalenzrelation. 11<br />
9 Und die Rechtsnebenklassen sind die Klassen <strong>der</strong> Äquivalenzrelation y ∼ x :⇔ yx −1 ∈ U.<br />
10 Zur Person siehe etwa Wikipedia-Eintrag [81].<br />
11 Isomorphe <strong>Gruppen</strong> sind als nicht wesentlich verschieden zu betrachten. Man kann alle Begriffe und Sätze,<br />
die auf Grund <strong>der</strong> gegebenen Verknüpfungsvorschrift einer Gruppe definiert und bewiesen werden können, unmittelbar<br />
auf jede isomorphe Gruppe übertragen. Beispielsweise gehen bei einem Isomorphismus Einselement,<br />
Inverses und Untergruppen wie<strong>der</strong> in Einselement, Inverses und Untergruppen über.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 8<br />
Ein Isomorphismus von G auf sich selbst heißt Automorphismus von G. Die Menge aller<br />
Automorphismen von G bildet eine Gruppe unter Komposition als Verknüpfung, die<br />
Automorphismengruppe 12 von G genannt wird und mit Aut(G) bezeichnet wird.<br />
Ist a ein festes Element aus G, so ist die Abbildung G → G mit x ↦→ a −1 xa ein Automorphismus.<br />
Zum Bsp. zeigt a −1 (xy)a = a −1 x(aa −1 )ya = (a −1 xa)(a −1 ya) die Homomorphieeigenschaft.<br />
Man nennt diesen Automorphismus Konjugation mit a. Konjugationen<br />
heißen innere Automorphismen. Alle übrigen Automorphismen (falls noch an<strong>der</strong>e existieren)<br />
heißen äußere Automorphismen.<br />
4.4. Normalteiler. Falls X und Y Teilmengen von G sind, schreiben wir XY für die<br />
Teilmenge von G bestehend aus den Produkten xy mit x ∈ X und y ∈ Y , und nennen sie<br />
das Komplexprodukt von X und Y . Ähnlich schreiben wir yHx = {yhx | h ∈ H} für<br />
eine Teilmenge H von G und x, y ∈ G. Bei Nebenklassen haben wir diese Schreibweise<br />
schon kennengelernt.<br />
Für x, y ∈ G setzen wir x y = y −1 xy, und für X ⊆ G setzen wir X y = y −1 Xy. Wir<br />
sagen, x y ist ein Konjugiertes von x, und dass x und x y zueinan<strong>der</strong> konjugiert sind.<br />
Ebenso reden wir von konjugierten Mengen. Unter einem inneren Automorphismus geht<br />
etwa eine Untergruppe in eine zu ihr konjugierte Untergruppe über.<br />
Es erscheint passend, in diesem Zusammenhang zwei Untergruppen von G einzuführen,<br />
die man je<strong>der</strong> Teilmenge X von G zuordnen kann, nämlich N G (X) = {y ∈ G | X y = X}<br />
und C G (X) = {y ∈ G | xy = yx für alle x ∈ X}. Beides sind Untergruppen von G. Es<br />
ist N G (X) <strong>der</strong> Normalisator von X in G, und C G (X) <strong>der</strong> Zentralisator von X in G.<br />
Eine Untergruppe U von G heißt normal in G, falls sie invariant unter allen inneren Automorphismen<br />
von G ist, falls also x y ∈ U für alle x ∈ U und y ∈ G gilt. Dann heißt U auch<br />
Normalteiler 13 von G, und wir schreiben dafür U G. Nicht nur zur Einübung <strong>der</strong> Begriffe<br />
allein halten wir fest, dass U G genau dann gilt, wenn N G (U) = G. Allgemeiner<br />
ist N G (U) die größte Untergruppe von G, in <strong>der</strong> U normal ist.<br />
Ist N ein Normalteiler von G, so stimmen offenbar die Rechtsnebenklassen von N in G<br />
mit den Linksnebenklassen von N in G überein. Denn für x ∈ G ist ja N x = N, also<br />
Nx = xN. Dies charakterisiert aber auch Normalteiler, denn ist U Untergruppe von G,<br />
und sind x, y ∈ G mit Ux = yU, folgt 1 ∈ U x = x −1 Ux = x −1 yU, also x −1 y ∈ U und<br />
U x = U.<br />
Es sei ϕ: G → H ein <strong>Gruppen</strong>homomorphismus. Der Kern von ϕ ist die Menge Kern ϕ =<br />
{x ∈ G | xϕ = 1}. Es zeigt sich, dass Kern ϕ ein Normalteiler von G ist.<br />
Beispielsweise ist A n Normalteiler <strong>der</strong> S n .<br />
4.5. Faktorgruppe. Es sei ϕ: G → H ein <strong>Gruppen</strong>homomorphismus. Das Bild Gϕ von<br />
G ist eine Untergruppe von H. Wir schreiben Bild ϕ = Gϕ. Nun sei ϕ surjektiv, also<br />
H = Bild ϕ. Die Gruppe H heißt dann homomorphes Bild von G. Wir zeigen, dass<br />
die vollen Urbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Elemente von H unter ϕ genau die Nebenklassen von Kern ϕ in<br />
G sind. Dazu sei N = Kern ϕ gesetzt und x ∈ G gewählt. Dann liegt die Nebenklasse<br />
Nx im Urbild von xϕ. Ist y ein beliebiges Element in diesem Urbild, gilt (yx −1 )ϕ =<br />
(yϕ)(x −1 ϕ) = (yϕ)(xϕ) −1 = 1, also yx −1 ∈ N und y ∈ Nx. Dies beweist die Aussage.<br />
Wir kehren die Frage um: Gegeben einen Normalteiler N von G, kann man ein homomorphes<br />
Bild Ḡ von G konstruieren, so dass die Nebenklassen von N genau denn Elementen<br />
12 Die Automorphismen einer Gruppe bringen gewissermaßen ihre Symmetrieeigenschaften zum Ausdruck.<br />
13 ‘Normal’ wie normale (galoissche) Körpererweiterung. ‘Theiler’ ist ein alter Begriff für Untergruppe.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 9<br />
von Ḡ entsprechen? Dazu stellen wir fest, dass das Komplexprodukt von zwei Nebenklassen<br />
von N wie<strong>der</strong> eine Nebenklasse ist: Für x, y ∈ G gilt (Nx)(Ny) = NN x−1 xy =<br />
Nxy. Es folgt, dass die Nebenklassenmenge G/N, mit dem Komplexprodukt als Verknüpfung,<br />
eine Gruppe bildet, die Faktorgruppe von G nach N genannt. 14 (Das Einselement<br />
ist N, das Inverse zu Nx ist Nx −1 .) Weiterhin ist ersichtlich, dass die surjektive Abbildung<br />
π : G → G/N mit x ↦→ Nx ein <strong>Gruppen</strong>homomorphismus ist. Also ist Ḡ = G/N<br />
das gewünschte homomorphe Bild. Damit ist gezeigt, dass die Normalteiler von G genau<br />
die Kerne von Homomorphismen von G sind. Der Homomorphismus π von G nach G/N<br />
wird <strong>der</strong> natürliche Homomorphismus genannt (auch: kanonischer Homomorphismus).<br />
Eine bequeme Notation für Bil<strong>der</strong> unter π gibt die Querstrichkonvention. Wenn wir Ḡ =<br />
G/N schreiben, meinen wir gleichzeitig, das wir ¯x = Nx für x ∈ G setzen, o<strong>der</strong> etwa<br />
Ū = UN/N für das Bild einer Untergruppe U von G unter π. Ebenso sind Notationen wie<br />
˜G, o<strong>der</strong> G ∗ , erlaubt, wenn man es mit mehreren natürlichen Homomorphismen zu tun hat.<br />
Es sei ϕ: G → H wie<strong>der</strong> ein <strong>Gruppen</strong>homomorphismus, und N = Kern ϕ gesetzt. Dann<br />
gibt es genau einen <strong>Gruppen</strong>homomorphismus ψ : G/N → H, welcher folgendes Diagramm<br />
kommutativ macht, dass heißt, für den ϕ = πψ gilt.<br />
(4.1)<br />
G<br />
ϕ<br />
π<br />
❄ ∃! ψ<br />
G/N<br />
✲ H<br />
Es ist klar, dass man dazu (Nx)ψ = xϕ für x ∈ G zu setzen hat. Wohldefiniertheit und<br />
Homomorphieeigenschaft folgen sofort, und man sieht weiter, dass ψ injektiv ist. Man sagt<br />
auch, ϕ faktorisiert über π. Damit erhalten wir den Homomorphiesatz.<br />
Satz 4.4 (Homomorphiesatz). Es sei ϕ: G → H ein <strong>Gruppen</strong>homomorphismus. Dann<br />
ist G/Kern ϕ ∼ = Bild ϕ. Ein solcher Isomorphismus wird vermittelt von dem eindeutig<br />
bestimmten <strong>Gruppen</strong>homomorphismus ψ : G/N → H, wobei N = Kern ϕ, welcher das<br />
Diagramm (4.1) kommutativ macht.<br />
Die Faktorgruppen <strong>der</strong> Gruppe G modulo ihren verschiedenen Normalteilern sind also, bis<br />
auf Isomorphie, genau die homomorphen Bil<strong>der</strong> von G.<br />
Zwei Folgerungen sind die beiden Isomorphiesätze. Zuvor halten wir noch eine einfache,<br />
aber wichtige Tatsache fest. Es sei N ein Normalteiler <strong>der</strong> Gruppe G. Dann stehen mittels<br />
<strong>der</strong> Abbildung H ↦→ H/N die Untergruppen H von G, welche N enthalten, in Bijektion<br />
mit den Untergruppen von G/N, und normale Untergruppen korrespondieren dabei zu normalen<br />
Untergruppen. Ist H irgendeine Untergruppe von G, dann ist das Komplexprodukt<br />
HN eine N enthaltende Untergruppe, da 〈H, N〉 = HN wegen N G.<br />
Satz 4.5 (Erster Isomorphiesatz). Es sei N ein Normalteiler <strong>der</strong> Gruppe G, und H eine<br />
Untergruppe von G. Dann gilt H/H ∩ N ∼ = HN/N.<br />
Beweis. Die natürliche Abbildung G → G/N bildet H surjektiv auf HN/N ab, und <strong>der</strong><br />
Kern dieser Abbildung ist H ∩ N.<br />
□<br />
Das mag man sich anhand eines ‘Hasse-Diagrammes’ veranschaulichen: dort sind zwei<br />
gegenüberliegende ‘Seiten’ isomorph.<br />
✲<br />
14 Man spricht auch: G modulo N o<strong>der</strong> kürzer G mod N.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 10<br />
Satz 4.6 (Zweiter Isomorphiesatz). Es seien N und H Normalteiler <strong>der</strong> Gruppe G mit<br />
N ≤ H. Dann gilt (G/N)/(H/N) ∼ = G/H.<br />
Beweis. Die natürliche Abbildung G → G/H faktorisiert über die natürliche Abbildung<br />
G → G/N, so dass wir einen Homomorphismus G/N → G/H haben mit Kern H/N.<br />
□<br />
Hier spielt sich also alles ‘über N’ ab.<br />
4.6. Zyklische <strong>Gruppen</strong>. Betrachten wir zyklische <strong>Gruppen</strong> noch etwas genauer. Wir<br />
wissen bereits, alle zyklische <strong>Gruppen</strong> sind homomorphe Bil<strong>der</strong> von Z, <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong><br />
ganzen Zahlen mit <strong>der</strong> additiven Verknüpfung. Wir leiten unsere Feststellungen daraus ab,<br />
da wir Z eben schon kennen. (Wir müßten das nicht so explizit tun, folgen damit aber dem<br />
Zeitgeist.)<br />
Satz 4.7. Es sei G eine zyklische Gruppe mit Erzeuger x, also G = 〈x〉.<br />
(1) Ist H eine nichttriviale Untergruppe von Z, gilt H = 〈n〉 = nZ, wobei n die<br />
kleinste positive Zahl in H ist.<br />
(2) Die Abbildung ϕ: Z → G mit mϕ = x m ist ein surjektiver Homomorphismus mit<br />
Kern 〈n〉, wobei n = 0 falls x unendliche Ordnung hat, und n = min{m > 0 |<br />
x m = 1} falls x endliche Ordnung hat.<br />
(3) Falls x endliche Ordnung n hat, gilt G = {x i | 0 ≤ i < n}, und es ist n die<br />
kleinste positive Zahl m mit x m = 1.<br />
(4) Bis auf Isomorphismus ist Z die einzige unendliche zyklische Gruppe, und für jede<br />
positive Zahl n ist Z/nZ die einzige zyklische Gruppe <strong>der</strong> Ordnung n.<br />
(5) Die Gruppe G habe endliche Ordnung n. Dann ist für jeden Teiler m von n die<br />
Gruppe 〈x n/m 〉 die einzige Untergruppe von G <strong>der</strong> Ordnung m. Insbeson<strong>der</strong>e sind<br />
Untergruppen von zyklischen <strong>Gruppen</strong> zyklisch.<br />
Beweis. Zu (1). Mit m ∈ H ist auch −m ∈ H, so dass H eine kleinste positive Zahl<br />
n enthält. Es sei m ∈ H. Division mit Rest erlaubt uns, m = qn + r mit q ∈ Z und<br />
0 ≤ r < n zu schreiben. Dann ist r = m − qn ∈ H, also r = 0 nach Wahl von n. Es folgt<br />
H = 〈n〉.<br />
Zu (2). Dass ϕ ein surjektiver Homomorphismus ist, ist klar. Nach (1) gilt Kern ϕ = 〈n〉<br />
mit n ≥ 0. Nach dem Homomorphiesatz ist G ∼ = Z/nZ. Hat x unendliche Ordnung, folgt<br />
n = 0. An<strong>der</strong>nfalls ist n = min{m > 0 | x m = 1} nach (1), angewandt mit H = Kern ϕ.<br />
Zu (3). Folgt aus (2), denn die Nebenklassen von nZ in Z sind i + nZ mit 0 ≤ i < n.<br />
Zu (4). Folgt aus (1) und (2).<br />
Zu (5). Es sei U eine Untergruppe von G. Es sei H das volle Urbild von U unter ϕ. Nach<br />
(1) ist H = kZ für eine positive Zahl k, und es ist nZ ⊆ H. Also ist n = km mit<br />
m ∈ N. Es folgt U = Hϕ = 〈x k 〉 = 〈x n/m 〉. Nach (3) ist m die kleinste positive Zahl mit<br />
(x n/m ) m = 1, und U hat Ordnung m. □<br />
Wir werden C n für ‘die’ zyklische Gruppe <strong>der</strong> Ordnung n schreiben.<br />
Wir halten noch eine Schlußfolgerung fest, die mitunter Fermat 15 zugeschrieben wird, vergleiche<br />
dazu mit dem sogenannten kleinen Fermatschen Satz. Ist G eine endliche Gruppe,<br />
x ∈ G und m ∈ Z, dann gilt x m = 1 genau dann, wenn die Ordnung von x Teiler von m<br />
ist. Insbeson<strong>der</strong>e gilt x |G| = 1 (mit dem Satz von Lagrange).<br />
15 Zur Person siehe etwa Wikipedia-Eintrag [85].
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 11<br />
4.7. Vermischtes. Wir schließen diesen Abschnitt ab mit ein paar kleinen Lemmas, welche<br />
einfach zu beweisen, aber nützlich sind.<br />
Für das erste überlege man sich zunächst, dass eine nichtleere Teilmenge U von G genau<br />
dann Untergruppe von G ist, wenn UU −1 ≤ U gilt. (Als Untergruppenkriterium bekannt.<br />
Wenn G endlich ist, kann dies durch die For<strong>der</strong>ung UU ≤ U ersetzt werden.)<br />
Lemma 4.8. Sind A und B zwei Untergruppen von G, dann ist AB genau dann eine<br />
Untergruppe von G, wenn AB = BA gilt.<br />
Beweis. Aus AB ≤ G folgt AB = (AB) −1 = B −1 A −1 = BA. Gilt umgekehrt AB =<br />
BA, ist (AB)(AB) −1 = (AB)(B −1 A −1 ) = (AB)(BA) = A(BA) = A(AB) = AB,<br />
also AB ≤ G.<br />
□<br />
Das folgende Zähl-Argument werden wir insbeson<strong>der</strong>e in § 17 oft verwenden, und zwar<br />
dann ohne ausdrückliche Erwähnung.<br />
Lemma 4.9. Für zwei Untergruppen A und B von G gilt<br />
|AB| = |A||B|<br />
|A ∩ B| .<br />
Beweis. Die Abbildung A × B → AB mit (a, b) ↦→ ab ist surjektiv. Es sei a ∈ A und<br />
b ∈ B. Es genügt zu zeigen, dass ab unter dieser Abbildung genau |A ∩ B| Urbil<strong>der</strong> hat.<br />
Gilt ab = a 1 b 1 mit a 1 ∈ A und b 1 ∈ B, ist bb −1<br />
1 = a −1 a 1 ∈ A ∩ B und a 1 = a(bb −1<br />
1 ) ∈<br />
a(A ∩ B). An<strong>der</strong>erseits bildet für x ∈ A ∩ B das Element (ax, x −1 b) auf ab ab. Damit ist<br />
das Lemma bewiesen.<br />
□<br />
Lemma 4.10 (Modulare Eigenschaft 16 von <strong>Gruppen</strong>). Sind A, B und C Untergruppen <strong>der</strong><br />
Gruppe G mit C ≤ A, gilt A ∩ BC = (A ∩ B)C.<br />
Beweis. Nur eine Inklusion bedarf kurzer Überprüfung. Es sei x ∈ A ∩ BC, also x ∈ A<br />
und x = bc mit b ∈ B und c ∈ C. Dann ist xc −1 ∈ A ∩ B, also x ∈ (A ∩ B)C. □<br />
5. ENDLICHE ABELSCHE GRUPPEN<br />
Ab jetzt verstehen wir unter einer Gruppe immer eine endliche Gruppe.<br />
Wir wollen die Struktur abelscher <strong>Gruppen</strong> bestimmen. Danach bestimmen wir noch die<br />
Automorphismengruppen <strong>der</strong> zyklischen <strong>Gruppen</strong>. Die Struktur abelscher <strong>Gruppen</strong> ist<br />
leicht zu klären. Dabei hilft natürlich, dass in einer abelschen Gruppe alle Untergruppen<br />
Normalteiler sind, und Komplexprodukte von Untergruppen wie<strong>der</strong> Untergruppen sind.<br />
Ich will gleich zu Beginn auf eine wesentliche Eigenschaft einer abelschen Gruppe G hinweisen,<br />
die wir später mehr o<strong>der</strong> weniger explizit verwenden werden. Man kann für zwei<br />
Endomorphismen ϕ und ψ von G, also für Homomorphismen ϕ, ψ : G → G, ihr Produkt<br />
ϕψ als Komposition von Abbildungen, und ihre Summe ϕ + ψ ‘punktweise’ definieren,<br />
also x(ϕ + ψ) = (xϕ)(xψ) für x ∈ G. (Wir schreiben auch abelsche <strong>Gruppen</strong> multiplikativ.)<br />
Mit diesen Verknüpfungen wird die Menge <strong>der</strong> Endomorphismen von G zu einem<br />
Ring.<br />
16 Ein Begriff aus <strong>der</strong> Verbandstheorie.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 12<br />
5.1. Das direkte Produkt. Wir beginnen mit einer allgemeinen Konstruktion, dem direkten<br />
Produkt. Einerseits kann man damit aus gegebenen <strong>Gruppen</strong> neue <strong>Gruppen</strong> bilden<br />
(externes Produkt), an<strong>der</strong>erseits dient es <strong>der</strong> Beschreibung <strong>der</strong> Struktur einer Gruppe (internes<br />
Produkt).<br />
Wir führen folgende Bezeichnungen ein. Für eine Gruppe G und x, y ∈ G ist das Element<br />
x −1 y −1 xy <strong>der</strong> Kommutator von x und y; wir schreiben dafür [x, y]. Für Teilmengen X<br />
und Y von G sei [X, Y ] = 〈[x, y] | x ∈ X, y ∈ Y 〉. Es ist also [X, Y ] stets eine Untergruppe<br />
von G. Es ist [G, G] die Kommutatoruntergruppe von G, welche auch mit G ′<br />
bezeichnet wird.<br />
Beispielsweise ist die Kommutatoruntergruppe einer abelschen Gruppe die triviale Untergruppe.<br />
Wir bemerken noch, dass für zwei Normalteiler N und M von G gilt [N, M] ≤<br />
N ∩ M, und das [U, V ] = 1 für zwei Untergruppen U und V von G bedeutet, dass jedes<br />
Element von U mit jedem Element von U kommutiert (vertauscht), dass heißt, es gilt<br />
xy = yx für alle x ∈ U und y ∈ V .<br />
Es seinen G 1 , . . . , G n eine endliche Anzahl von <strong>Gruppen</strong>. Das (externe) direkte Produkt<br />
G 1 ×· · ·×G n dieser <strong>Gruppen</strong> ist die Gruppe, die als Menge mit dem mengentheoretischen<br />
Produkt G 1 × · · · × G n übereinstimmt, und für die die Verknüpfung gegeben ist durch<br />
(x 1 , . . . , x n )(y 1 , . . . , y n ) = (x 1 y 1 , . . . , x n y n ) für alle x i , y i ∈ G i . (Es ist klar, dass wir<br />
mit dieser komponentenweisen Verknüpfung eine Gruppe erhalten.)<br />
Die erste Aussage des folgenden Satzes ist natürlich unser Verständnis von einem ‘internen’<br />
direktem Produkt; die beiden an<strong>der</strong>en Aussagen sind als Kriterien für <strong>der</strong>en Gültigkeit<br />
zu verstehen.<br />
Satz 5.1. Es sei G eine Gruppe und (G i : 1 ≤ i ≤ n) eine Familie von Untergruppen von<br />
G. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent.<br />
(1) Die Abbildung ϕ: G 1 × · · · × G n → G mit (x 1 , . . . , x n ) ↦→ x 1 · · · x n ist ein<br />
Isomorphismus.<br />
(2) Es ist G = 〈G i | 1 ≤ i ≤ n〉, und es gilt G i G und G i ∩ 〈G j | j ≠ i〉 = 1 für<br />
jeden Index i.<br />
(3) Es ist G i G für jeden Index i, und jedes x aus G kann in eindeutiger Weise als<br />
x = x 1 · · · x n mit x i ∈ G i geschrieben werden.<br />
Beweis. Setze G ∗ = G 1 × · · · × G n und G ∗ i = {(x 1, . . . , x n ) ∈ G ∗ | x j = 1 für j ≠ i}<br />
für jeden Index i.<br />
Falls (1) gilt, folgt (2) und (3) sofort, da für die Untergruppen G ∗ i von G∗ die entsprechenden<br />
Aussagen gelten, und G i = G ∗ i ϕ gilt.<br />
Für die weiteren Implikationen bemerken wir zunächst, dass, wenn alle G i normal in G<br />
sind, für verschiedene Indizes i und j gilt [G i , G j ] ≤ G i ∩G j . Gilt also (2) o<strong>der</strong> (3), haben<br />
wir dann [G i , G j ] = 1.<br />
Es gelte (2). Es sei x 1 · · · x n = y 1 · · · y n mit x i , y i ∈ G i . Nach <strong>der</strong> Vorbemerkung ist dann<br />
(x 1 y1 −1 ) · · · (x nyn<br />
−1 ) = 1, wobei die Reihenfolge in dem Produkt auf <strong>der</strong> rechten Seite<br />
unwesentlich ist. Nach Voraussetzung ist also x i y −1<br />
i = 1 für alle Indizes i, und (3) ist<br />
bewiesen.<br />
Nun gelte (3). Nach <strong>der</strong> Vorbemerkung ist dann (x 1 y 1 ) · · · (x n y n ) = x 1 · · · x n y 1 · · · y n<br />
für alle x i , y i ∈ G i . Also ist die Abbildung ϕ (aus (1)) ein Homomorphismus. Wegen <strong>der</strong><br />
eindeutigen Darstellungsweise <strong>der</strong> Elemente von G folgt, dass ϕ sowohl injektiv als auch<br />
surjektiv ist. Damit ist <strong>der</strong> Satz bewiesen.<br />
□
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 13<br />
Falls irgendeine <strong>der</strong> drei Bedingungen des Satzes erfüllt ist, sagen wir, dass G das (interne)<br />
direkte Produkt <strong>der</strong> Untergruppen (G i : 1 ≤ i ≤ n) ist, und schreiben (leicht mißbräuchlich<br />
hinsichtlich <strong>der</strong> Notation) ebenfalls G = G 1 × · · · × G n .<br />
Wir beschreiben sofort eine Situation, in <strong>der</strong> die Gruppe G offensichtlich ein direktes Produkt<br />
ist. Wir werden dies im folgenden jedoch noch nicht verwenden.<br />
Satz 5.2. Es sei G eine Gruppe, es seien G 1 , . . . , G n Normalteiler von G von paarweise<br />
teilerfrem<strong>der</strong> Ordnung, und es sei G = 〈G i | 1 ≤ i ≤ n〉. Dann ist G = G 1 × · · · × G n .<br />
Beweis. Wir bemerken zunächst, da die G i normal in G sind, dass das Komplexprodukt<br />
von einer gewissen Anzahl <strong>der</strong> G i eine Untergruppe von G ist; insbeson<strong>der</strong>e gilt G =<br />
G 1 · · · G n .<br />
Wir zeigen |G| = ∏ n<br />
i=1 |G i| durch Induktion nach n. Dann ist die in Satz 5.1(3) beschriebene<br />
eindeutige Darstellung von <strong>Gruppen</strong>elementen gegeben, und G ist direktes<br />
Produkt wie angegeben. Im Fall n = 1 ist nichts zu beweisen, es sei also n > 1. Mit<br />
H 1 = G 2 · · · G n ≤ G folgt |G| = |G 1 ||H 1 |/|G 1 ∩ H 1 | nach Lemma 4.9. Anwendung <strong>der</strong><br />
Induktionsvoraussetzung auf H 1 zeigt, dass G 1 und H 1 teilerfremde Ordnungen haben.<br />
Damit ist G 1 ∩ H 1 = 1 nach dem Satz von Lagrange. Die Aussage für n folgt nun aus<br />
|G| = |G 1 ||H 1 | und <strong>der</strong> Induktionsvoraussetzung.<br />
□<br />
5.2. Struktur abelscher <strong>Gruppen</strong>. Wir klären die Struktur abelscher <strong>Gruppen</strong> in mehreren<br />
Schritten. Wir beginnen mit einer einfachen Beobachtung. Für eine Gruppe G, und<br />
einen Primteiler p von |G|, sei G(p) die Menge <strong>der</strong> p-Elemente in G.<br />
Feststellung 5.3. Für eine abelsche Gruppe G und einen Primteiler p von |G| ist G(p)<br />
eine Untergruppe von G.<br />
Beweis. Sind x, y ∈ G(p), gibt es eine Potenz p a von p, so dass sowohl x pa = 1 als auch<br />
y pa = 1 gilt, und da xy = yx, folgt (xy) pa = 1, also xy ∈ G(p). Und natürlich ist auch<br />
x −1 ∈ G(p).<br />
□<br />
Als nächstes zeigen wir, dass für eine abelsche Gruppe G die G(p) tatsächlich p-<strong>Gruppen</strong><br />
sind. Dies folgt unmittelbar aus dem von Cauchy (Satz 6.11), aber wir leiten es hier aus<br />
folgendem Lemma ab, welches durchaus von eigenständigem Interesse ist.<br />
Zunächst sei noch daran erinnert, dass für eine zyklische Gruppe von Primzahlpotenzordnung<br />
<strong>der</strong> Untergruppenverband eine Kette ist. Explizit, ist A eine zyklische p-Gruppe<br />
mit |A| = p n (n ≥ 1) und a ein Erzeuger von A, dann ist A i = 〈a pn−i 〉 die Untergruppe<br />
von A <strong>der</strong> Ordnung p i , für 0 ≤ i ≤ n, und <strong>der</strong> Untergruppenverband von A ist 1 = A 0 ≤<br />
A 1 ≤ . . . ≤ A n = A.<br />
Lemma 5.4. Es sei G eine abelsche Gruppe mit G = G(p) für einen Primteiler p von<br />
|G|, und A eine zyklische Untergruppe von G von größtmöglicher Ordnung. Dann ist A<br />
ein direkter Faktor von G, dass heißt, es gibt B ≤ G mit G = A × B.<br />
Beweis. Falls G zyklisch ist, gilt das Lemma mit B = 1. Nehmen wir also an, G ist<br />
nicht zyklisch. Dann ist G/A ≠ 1, und G/A besteht nach Voraussetzung aus lauter p-<br />
Elementen. Wir können also x ∈ G \ A wählen mit x p ∈ A. Da 〈x〉 keine echt größere<br />
Ordnung als A hat, ist x p kein Erzeuger von A. Es gibt also a ∈ A mit a p = x p . Setze<br />
H = 〈xa −1 〉. Dann gilt |H| = p (zur Erinnerung, wir rechnen in einer abelschen Gruppe)<br />
und H A wegen xa −1 ∉ A. Es folgt A ∩ H = 1. Nun setze Ḡ = G/H. Es ist<br />
Ā = AH/H ∼ = A/A ∩ H = A. Damit ist Ā eine maximale zyklische Untergruppe<br />
von Ḡ. Mittels Induktion nach <strong>der</strong> Ordnung von G können wir daher annehmen, dass es
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 14<br />
H ≤ B ≤ G gibt mit Ḡ = Ā × ¯B. Dann ist G = AB und A ∩ B ⊆ A ∩ H = 1, also<br />
G = A × B.<br />
□<br />
Folgerung 5.5. Es sei G eine abelsche Gruppe mit G = G(p) für einen Primteiler p von<br />
|G|. Dann ist G eine p-Gruppe, und direktes Produkt von zyklischen Untergruppen.<br />
Beweis. Dies folgt mit Induktion nach <strong>der</strong> Ordnung von G unmittelbar aus Lemma 5.4.<br />
Schreibe wie dort G = A × B. Ist B ≠ 1, besteht B aus lauter p-Elementen, so dass<br />
B = B(p) und p Primteiler von |B| ist (Satz von Lagrange, aber so einen Hinweis werden<br />
wir im folgenden weglassen). Induktiv können wir also annehmen, dass B eine p-Gruppe<br />
ist, und direktes Produkt von zyklischen Untergruppen, so dass die Behauptung folgt. □<br />
Es ist an <strong>der</strong> Zeit, folgende einfache, aber wichtige Tatsache zu beweisen. Wir schreiben<br />
o(x) für die Ordnung eines Elementes x einer Gruppe.<br />
Satz 5.6. Es sei G eine Gruppe, x ∈ G und p 1 , . . . , p n die verschiedenen Primteiler von<br />
o(x), <strong>der</strong> Ordnung von x. Dann läßt sich x eindeutig in <strong>der</strong> Form x = x 1 · · · x n schreiben<br />
mit p i -Elementen x i , von denen je zwei miteinan<strong>der</strong> kommutieren. Dabei ist x i ∈ 〈x〉, und<br />
o(x) = o(x 1 ) · · · o(x n ).<br />
Beweis. Für jeden Index i, 1 ≤ i ≤ n, sei q i die größte Potenz von p i die o(x) teilt. Es ist<br />
also o(x) = q 1 · · · q n . Für jeden Index i setze q i ′ = ∏ j≠i q j. Dann ist (q i , q i ′ ) = 1, und es<br />
gibt s i , t i ∈ Z mit s i q i + t i q i ′ = 1.<br />
Wir zeigen zunächst die Existenz <strong>der</strong> angegebenen Schreibweise. Nach Satz 4.7(5) gibt<br />
es y i ∈ 〈x〉 mit o(y i ) = q i . Setze y = y 1 · · · y n . Nach Satz 4.7(3) ist dann y t i q′ i =<br />
∏<br />
j≠i yt i q′ i<br />
j<br />
y 1−siqi<br />
i<br />
= y i . Damit ist o(y i ) Teiler von o(y) für jeden Index i, also o(x) Teiler<br />
von o(y). Es folgt 〈y〉 = 〈x〉. Schreibe x = y r mit r ∈ Z und setze x i = yi r für jeden Index<br />
i. Dann ist x = x 1 · · · x n wie in dem Satz beschrieben. Nach dem gleichen Argument wie<br />
eben gilt x i = x t i q′ i .<br />
Zur Eindeutigkeit gehen wir nun aus von x = z 1 · · · z n mit p i -Elementen z i von denen je<br />
zwei miteinan<strong>der</strong> kommutieren. Dann ist, wie gewünscht, z i = x t i q′ i = xi für alle Indizes<br />
i. □<br />
Ich möchte darauf hinweisen, dass in <strong>der</strong> gegebenen Darstellung von x das Element x i <strong>der</strong><br />
p i -Anteil von x heißt, und etwa x 2 · · · x n <strong>der</strong> p ′ 1-Anteil von x. (Der Begriff des p-Anteils<br />
und des p ′ -Anteils eines <strong>Gruppen</strong>elementes spielt auch in <strong>der</strong> modularen Darstellungstheorie<br />
eine wichtige Rolle.)<br />
Satz 5.7. Es sei G eine abelsche Gruppe, und p 1 , . . . , p n die verschiedenen Primteiler von<br />
|G|. Dann ist G(p i ) eine p i -Gruppe, und es gilt G = G(p 1 ) × · · · × G(p n ).<br />
Beweis. Es sei i ein Index, 1 ≤ i ≤ n. Nach Feststellung 5.3 ist G(p i ) eine Gruppe, nach<br />
Folgerung 5.5 sogar eine p i -Gruppe. Nun ist, mit G i = G(p i ), nach Satz 5.6 das Kriterium<br />
in Satz 5.1(3) erfüllt, und <strong>der</strong> Satz ist bewiesen.<br />
□<br />
Die in dem Satz gegebene Produktdarstellung ist die Zerlegung einer abelschen Gruppe in<br />
ihre sogenannten primären Komponenten. Später nennen wir die G(p i ) auch die Sylowuntergruppen<br />
von G. Es verbleibt noch zu klären, inwiefern die Darstellung <strong>der</strong> G(p i ) als<br />
Produkt zyklischer <strong>Gruppen</strong> (Folgerung 5.5) eindeutig ist. (Falls G(p i ) zyklisch ist, ist das<br />
klar.)<br />
Wir schreiben C n für ‘die’ zyklische Gruppe <strong>der</strong> Ordnung n. Für eine p-Gruppe G definieren<br />
wir Ω(G) = 〈x ∈ G | x p = 1〉.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 15<br />
Satz 5.8. Es sei G eine abelsche p-Gruppe. Dann ist G ∼ = C p e 1 ×C p e 2 ×· · ·×C p en (n ≥ 2<br />
falls G nicht zyklisch) mit e 1 ≥ e 2 ≥ · · · ≥ e n ≥ 1. Die Anzahl n <strong>der</strong> Faktoren und die<br />
Sequenz (e 1 , e 2 , . . . , e n ) ist dabei von G eindeutig bestimmt.<br />
Beweis. Nach Folgerung 5.5 ist nur noch die Eindeutigkeitsaussage zu zeigen. Wie<strong>der</strong> einmal<br />
zeigen wir dies durch Induktion nach <strong>der</strong> Ordnung von G. Wir dürfen G ∼ = C p e 1 ×<br />
C p e 2 × · · · × C p en mit e i ∈ N annehmen. Daraus folgt |Ω(G)| = p n , so dass die Anzahl<br />
n <strong>der</strong> Faktoren in einer solchen Darstellung durch G eindeutig bestimmt ist. Es ist<br />
G/Ω(G) ∼ = C p e 1 −1 × C p e 2 −1 × · · · × C p en−1, und nach Induktionsvoraussetzung ist in dieser<br />
Darstellung sowohl die Anzahl <strong>der</strong> nichttrivialen Faktoren als auch <strong>der</strong>en Ordnungen<br />
(mehrfach auftretende Ordnungen mitgezählt) bestimmt. Daraus ergibt sich die Behauptung<br />
des Satzes.<br />
□<br />
Es sei angemerkt, dass die Zahlen p ei die Elementarteiler <strong>der</strong> Gruppe G heißen.<br />
Die Struktur abelscher <strong>Gruppen</strong> ist mit den Sätzen 5.7 und 5.8 vollständig geklärt.<br />
Der Exponent einer (<strong>endlichen</strong>) Gruppe ist das kleinste gemeinsame Vielfache <strong>der</strong> Ordnungen<br />
<strong>der</strong> Elemente von G. Eine elementarabelsche p-Gruppe ist eine abelsche p-<br />
Gruppe mit Exponent p, also G = Ω(G). Nach Satz 5.8 ist eine abelsche p-Gruppe genau<br />
dann elementarabelsch, wenn G direktes Produkt einer Anzahl n von Kopien von C p ist.<br />
Dabei wird n <strong>der</strong> Rang von G genannt.<br />
Feststellung 5.9. Eine Gruppe mit Exponent 2 ist abelsch.<br />
Beweis. Für eine Gruppe G vom Exponent 2 gilt xy = x((xy)(xy))y = xx(yx)yy = yx<br />
für alle x, y ∈ G.<br />
□<br />
Die folgende Beobachtung zeigt, wie man sich Endomorphismen einer elementarabelschen<br />
p-Gruppe vorzustellen hat.<br />
Satz 5.10. Eine elementarabelsche p-Gruppe G vom Rang n ist isomorph zu einem Vektorraum<br />
<strong>der</strong> Dimension n über dem Primkörper F p mit p Elementen.<br />
Beweis. Wir fassen F p als Faktorgruppe Z/pZ auf, und wählen zu λ ∈ F p ein Element<br />
r(λ) aus <strong>der</strong> Nebenklasse von λ. Für x ∈ G definieren wir λ · x = x r(λ) , und bemerken,<br />
dass diese Definition unabhängig von <strong>der</strong> Wahl des Repräsentanten r(λ) <strong>der</strong> Nebenklasse<br />
ist, da x p = 1. Damit ist eine Skalarmultiplikation F p × G → G erklärt, welche<br />
die abelsche Gruppe G zu einem Vektorraum über F p macht. Wegen |G| = p n hat G<br />
Dimension n. Wir bemerken noch, sind x 1 , . . . , x n Elemente <strong>der</strong> Ordnung p in G mit<br />
G = 〈x 1 〉 × · · · × 〈x n 〉, dann ist {x 1 , . . . , x n } eine Basis des Vektorraums G. □<br />
Insbeson<strong>der</strong>e folgt, dass die Automorphismengruppe einer elementarabelschen p-Gruppe<br />
vom Rang n isomorph zu GL(n, p) ist.<br />
Wir geben noch ein Kriterium für eine abelsche Gruppe, zyklisch zu sein.<br />
Satz 5.11. Es sei G eine abelsche Gruppe, und p 1 , . . . , p n die verschiedenen Primteiler<br />
von |G|. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent.<br />
(1) G ist zyklisch.<br />
(2) G besitzt genau eine Untergruppe <strong>der</strong> Ordnung p i , für alle 1 ≤ i ≤ n.<br />
(3) G(p i ) ist zyklisch, für alle 1 ≤ i ≤ n.<br />
Beweis. (1)⇒(2) folgt aus Satz 4.7(5). (2)⇒(3) folgt aus Satz 5.8. Es sei G(p i ) = 〈x i 〉 zyklisch<br />
für jeden Index i. Nach Satz 5.7 ist |G| = o(x 1 ) · · · o(x n ), und je zwei <strong>der</strong> Elemente<br />
x i kommutieren. Setze x = x 1 · · · x n . Nach Satz 5.6 folgt o(x) = o(x 1 ) · · · o(x n ) = |G|.<br />
Also ist G = 〈x〉, und (3)⇒(1) ist gezeigt.<br />
□
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 16<br />
5.3. Automorphismen zyklischer <strong>Gruppen</strong>. Wir bestimmen die Automorphismengruppe<br />
einer zyklischen Gruppe. Es genügt dazu, zyklische <strong>Gruppen</strong> von Primzahlpotenzordnung<br />
zu betrachten, denn es gilt offensichtlich folgendes Lemma.<br />
Lemma 5.12. Es sei G = G 1 ×· · ·×G n ein direktes Produkt von <strong>Gruppen</strong>. Angenommen,<br />
je<strong>der</strong> Automorphismus von G bildet jeden Faktor G i auf sich selbst ab. Dann gilt Aut(G) ∼ =<br />
Aut(G 1 ) × · · · × Aut(G n ).<br />
Der folgende Satz ist nur deshalb so lang geraten, weil ich die Kernaussage gleich noch etwas<br />
ausgeschmückt habe. Kurz gesagt, die Automorphismengruppe einer zyklischen Gruppe<br />
<strong>der</strong> Ordnung p n hat Ordnung p n−1 (p − 1). Sie ist zyklisch, falls p ungerade, und für<br />
p = 2 ist sie isomorph zu C 2 n−2 × C 2 .<br />
Satz 5.13. Es sei G = 〈x〉 eine zyklische Gruppe <strong>der</strong> Ordnung p n , wobei p eine Primzahl<br />
ist und n ∈ N. Setze A = Aut(G). Für α ∈ A ist xα = x m(α) mit einem ganzzahligen<br />
Exponenten m(α), prim zu p. Folgendes gilt.<br />
(1) Die Gruppe A ist isomorph zu <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Einheiten des Ringes Z/p n Z vermöge<br />
<strong>der</strong> Abbildung α ↦→ m(α) + p n Z. Insbeson<strong>der</strong>e ist A abelsch und hat Ordnung<br />
p n−1 (p − 1).<br />
(2) A hat genau eine Untergruppe P <strong>der</strong> Ordnung p n−1 und genau eine Untergruppe<br />
Q <strong>der</strong> Ordnung p − 1. Es gilt A = P × Q.<br />
(3) Q ist zyklisch. P ist <strong>der</strong> Kern des durch Einschränkung gegebenen Homomorphismus<br />
A → Aut(Ω(G)), α ↦→ α| Ω(G) .<br />
(4) Ist p ungerade, ist P zyklisch und hat einen Erzeuger β mit m(β) = 1 + p. Für<br />
n > 1 hat β pn−2 , mit m(β pn−2 ) = 1 + p n−1 , Ordnung p.<br />
(5) Ist p n = 2, dann ist A = 1. Ist p n = 4, dann ist A = 〈α〉 ∼ = C 2 mit m(α) = −1.<br />
(6) Ist p = 2 und p n > 4, dann ist A = 〈α〉 × 〈β〉, wobei α mit m(α) = 5 Ordnung<br />
2 n−2 hat, und β mit m(β) = −1 Ordnung 2 hat. Für die Involution σ in 〈α〉 gilt<br />
m(σ) = 1 + 2 n−1 .<br />
Beweis. Ich überlasse (1) als Übung. Damit folgt (2) nach Satz 5.7. Setze H = Ω(G). Es<br />
ist also H die Untergruppe <strong>der</strong> Ordnung p in G. Nach (1) ist Aut(H) die multiplikative<br />
Gruppe des Körpers Z/pZ, also zyklisch. 17 Je<strong>der</strong> Automorphismus von G muss H auf<br />
sich selbst abbilden, da H die einzige Untergruppe <strong>der</strong> Ordnung p ist. Damit erhalten wir<br />
den Homomorphismus ρ: A → Aut(H), α ↦→ α| H . Sicher ist ρ surjektiv, so dass Kern ρ<br />
Ordnung |A|/(p − 1) hat, also gleich P ist. Nach dem Homomorphiesatz folgt Bild ρ ∼ =<br />
A/P ∼ = Q. Also ist Q zyklisch, und (3) bewiesen. Wir können also n > 1 annehmen. Es<br />
sei zunächst p ungerade, und β ∈ A mit m(β) = 1 + p. Es ist β ∈ Kern ρ = P . Wegen<br />
(1+p) pn−2 = 1+p n−1 + ( )<br />
p n−2<br />
2 p 2 +. . . folgt (p ungerade!), dass (1+p) pn−2 ≡ 1+p n−1 ≢<br />
1 mod p n . Also ist β pn−2 ≠ 1, und da |P | = p n−1 , folgt P = 〈β〉, und (4) ist bewiesen.<br />
Für den Rest sei also p = 2, und 2 n > 4, da (5) klar ist. Es sei α ∈ A mit m(α) = 5.<br />
Es ist 5 2n−3 = (1 + 2 2 ) 2n−3 = 1 + 2 n−1 + ( )<br />
2 n−3<br />
2 2 4 + . . ., also 5 2n−3 ≢ 1 mod 2 n ,<br />
und ebenso folgt 5 2n−2 ≡ 1 mod 2 n . Also hat α Ordnung 2 n−2 . Sicher hat β ∈ A mit<br />
m(α) = −1 Ordnung 2. Wegen 5 ≡ 1 mod 4 ist natürlich 5 i ≢ −1 mod 2 n für i ∈ N,<br />
so dass 〈α〉 ∩ 〈β〉 = 1 und A = 〈α〉 × 〈β〉 folgt. Der Satz ist bewiesen.<br />
□<br />
17 Wer hier diese Tatsache nicht benutzen will, kann ähnlich wie im Beweis von Lemma 11.4 argumentieren,<br />
siehe [34, 2.2.4].
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 17<br />
6. PERMUTATIONSDARSTELLUNGEN<br />
<strong>Gruppen</strong> sind hauptsächlich deshalb von Interesse, weil sie auf verschiedensten Konstrukten<br />
operieren, und damit <strong>der</strong>en Untersuchung erleichtern. Hier wollen wir Operationen von<br />
<strong>Gruppen</strong> auf Mengen, also Permutationsdarstellungen von <strong>Gruppen</strong> betrachten, mit dem<br />
Ziel, Informationen über die <strong>Gruppen</strong> selbst zu gewinnen. Mehr erfahren kann man dazu<br />
etwa aus den Büchlein von Wielandt [70] und Passman [48] über Permutationsgruppen,<br />
die ich zu den ‘Klassikern’ zähle.<br />
Der Begriff <strong>der</strong> transitiven Permutationsdarstellung ist hier wesentlich. Die transitiven<br />
Darstellungen sind gewissermaßen die unzerlegbaren Objekte. Es wird sich herausstellen,<br />
dass jede transitive Darstellung einer Gruppe G äquivalent ist zu einer Darstellung durch<br />
Rechtsmultiplikation auf den (Rechts-)nebenklassen einer Untergruppe von G. Untersuchungen<br />
<strong>der</strong> Permutationsdarstellungen von G beleuchten also die Untergruppenstruktur<br />
von G.<br />
Wir beginnen mit grundlegenden Begriffen und einigen einfachen Feststellungen. Dann<br />
beweisen wir den Satz von Sylow. Dieser Satz ist eines <strong>der</strong> wichtigsten Ergebnisse in <strong>der</strong><br />
<strong>Theorie</strong> <strong>der</strong> <strong>endlichen</strong> <strong>Gruppen</strong>. Er ist auch <strong>der</strong> erste Satz über die lokale <strong>Theorie</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>endlichen</strong> <strong>Gruppen</strong>. Die lokale <strong>Theorie</strong> untersucht eine endliche Gruppe durch Blick auf<br />
<strong>der</strong>en p-Untergruppen und den Normalisatoren dieser p-Untergruppen.<br />
Nachdem wir dann im wesentlichen Konjugationsoperationen betrachtet haben, kehren wir<br />
zum Konzept <strong>der</strong> transitiven Permutationsdarstellung zurück und geben allgemeine Sätze<br />
über (im-)primitive Operationen. Beispielsweise zeigen wir in § 15 mit Hilfe solcher Sätze,<br />
dass die projektiven linearen <strong>Gruppen</strong> PSL(2, q) für q > 3 einfache <strong>Gruppen</strong> sind. Hier<br />
zeigen wir die Einfachheit <strong>der</strong> alternierenden <strong>Gruppen</strong> A n , n ≥ 5.<br />
6.1. <strong>Gruppen</strong>operationen. Es sei G eine Gruppe, und Ω eine nichtleere endliche Menge.<br />
(Die Endlichkeit von Ω, und auch die von G, wird nicht an je<strong>der</strong> Stelle benötigt.)<br />
Definition 6.1. Eine Operation von G auf Ω ist eine Abbildung Ω × G → Ω, welche<br />
folgenden zwei Bedingungen genügt. Wir schreiben dabei stets s x für das Bild eines Paars<br />
(s, x) unter <strong>der</strong> Abbildung.<br />
(O 1 ) (s x ) y = s xy für alle s ∈ Ω und x, y ∈ G.<br />
(O 2 ) s 1 = s für alle s ∈ Ω.<br />
Wir geben sofort eine konzeptionellere Beschreibung von <strong>Gruppen</strong>operation. Dazu sei mit<br />
Sym(Ω) die Menge <strong>der</strong> Bijektionen auf Ω bezeichnet, aufgefasst als Gruppe mit Komposition<br />
als Verknüpfung (also ist Sym(Ω) die symmetrische Gruppe auf Ω).<br />
Es operiere G auf Ω. Dann ist für x ∈ G die Abbildung ϕ x : Ω → Ω mit s ↦→ s x eine<br />
Permutation auf Ω, mit inverser Abbildung ϕ x −1. Weiterhin ist die Abbildung ϕ: G →<br />
Sym(Ω) mit x ↦→ ϕ x ein <strong>Gruppen</strong>homomorphismus (Komposition ϕ x ϕ y ist dabei zu lesen<br />
als “erst ϕ x , dann ϕ y ”). (Ich habe nicht hervorgehoben, an welchen Stellen hierfür (O 1 )<br />
o<strong>der</strong> (O 2 ) zu verwenden ist.) Umgekehrt liefert ein <strong>Gruppen</strong>homomorphismus ϕ: G →<br />
Sym(Ω), x ↦→ ϕ x , eine Operation von G auf Ω vermöge <strong>der</strong> Festsetzung s x = sϕ x .<br />
Definiert haben wir genauer eine Rechtsoperation. Es ist klar, wie Linksoperation zu definieren<br />
ist.<br />
Die exponentielle Schreibweise für eine <strong>Gruppen</strong>operation suggeriert gleich eine spezielle<br />
Operation, die wir schon kennengelernt haben, nämlich die Operation <strong>der</strong> Gruppe G<br />
auf sich selbst durch Konjugation, also G × G → G, (y, x) ↦→ y x . Allgemeiner kann<br />
man die Gruppe G durch Konjugation auf <strong>der</strong> Menge ihrer Teilmengen durch Konjugation<br />
operieren lassen.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 18<br />
‘Das’ Beispiel einer Operation <strong>der</strong> Gruppe G auf einer Menge ist jedoch die Operation<br />
auf den Rechtsnebenklassen einer Untergruppe U von G durch Rechtsmultiplikation, also<br />
G/U × G → G/U, (Uy, x) ↦→ Uyx (siehe § 6.3).<br />
Wählt man in diesem Beispiel speziell U = 1, liefert dies einen <strong>Gruppen</strong>homomorphismus<br />
ϕ: G → Sym(G), welcher offensichtlich injektiv ist. Das ist <strong>der</strong> Satz von Cayley: 18 Jede<br />
Gruppe ist isomorph zu einer Untergruppe einer symmetrischen Gruppe.<br />
Ist eine Operation von G auf Ω gegeben, können wir daraus eine Operation von G auf <strong>der</strong><br />
Menge P <strong>der</strong> Teilmengen von Ω ableiten, nämlich α: G → Sym(P) mit xα: T ↦→ T x für<br />
alle x ∈ G und T ∈ P.<br />
Bezüglich <strong>Gruppen</strong>operationen definieren wir einige grundlegende Begriffe.<br />
Definition 6.2. Die Bezeichnungen seien wie oben.<br />
(1) Die Operation von G auf Ω heißt treu, falls ϕ trivialen Kern hat. Man sagt dann<br />
auch, G operiert treu auf Ω, und nennt G eine Permutationsgruppe. An<strong>der</strong>erseits<br />
sagt man, dass G trivial auf Ω operiert, falls <strong>der</strong> Kern von ϕ ganz G ist (also<br />
s x = s für alle s ∈ Ω und x ∈ G gilt).<br />
(2) Auf Ω ist eine Äquivalenzrelation ∼ erklärt durch s ∼ t, falls es x ∈ G gibt<br />
mit s x = t. Die Äquivalenzklassen heißen Bahnen. Die Bahn von s ∈ Ω ist<br />
s G = {s x | x ∈ G}. Ihre Länge ist die Anzahl |s G | ihrer Elemente.<br />
(3) G operiert transitiv auf Ω, falls Ω eine Bahn bildet.<br />
(4) Ein Element s von Ω heißt Fixpunkt unter <strong>der</strong> Operation von G, falls s x = s für<br />
alle x ∈ G gilt. Seien T ⊆ Ω und U ≤ G. Der Stabilisator von T in U ist die<br />
Untergruppe U T = {x ∈ U | T x = T }. Für t ∈ T schreibt man U t = U {t} .<br />
Es ist G t <strong>der</strong> Punktstabilisator von t. Gebräuchlich ist auch, vom Normalisator<br />
zu reden, N U (T ) = U T . Die Fixpunktmenge von U auf T ist C T (U) = {t ∈<br />
T | U ⊆ G t } = {t ∈ T | t x = t für alle x ∈ U}. Es ist C U (T ) = {x ∈ U |<br />
t x = t für alle t ∈ T } <strong>der</strong> Zentralisator von T in U. Für t ∈ T schreibt man<br />
C U (t) = C U ({t}).<br />
Wir bemerken, dass für T ⊆ Ω <strong>der</strong> Normalisator N G (T ) durch Einschränkung auf T<br />
operiert, dass heißt, man hat einen Homomorphimus N G (T ) → Sym(T ), dessen Kern<br />
C G (T ) ist.<br />
Stets sei eine Operation Ω × G → Ω gegeben. Zur Übung und zur weiteren Verwendung<br />
beginnen wir mit zwei einfachen Beobachtungen.<br />
Feststellung 6.3. Für T ⊆ Ω, U ≤ G und x ∈ G gilt N U (T ) x = N U x(T x ) und<br />
C U (T ) x = C U x(T x ).<br />
Beweis. Es gilt u ∈ N U (T ) genau dann, wenn t u ∈ T für alle t ∈ T gilt, also (t x ) ux =<br />
t xx−1ux = t ux ∈ T x für alle t ∈ T gilt, was u x ∈ N U x(T x ) bedeutet. Also ist N U (T ) x =<br />
N U x(T x ). Wegen C U (T ) = ⋂ t∈T N U({t}) folgt damit die zweite Aussage. □<br />
Insbeson<strong>der</strong>e sind die Punktstabilisatoren zweier Elemente einer Bahn zueinan<strong>der</strong> konjugiert.<br />
Falls G transitiv auf Ω operiert, und H = G s für ein s ∈ Ω gesetzt ist, gilt also für<br />
den Kern <strong>der</strong> Operation<br />
Kern ϕ = ⋂ G t = ⋂<br />
H x .<br />
t∈Ω<br />
x∈G<br />
Ich weiße für Fixpunktmengen auf die entsprechende Aussage hin.<br />
18 Zur Person siehe etwa Wikipedia-Eintrag [74]. Cayley wird zugeschrieben, 1854 als erster den abstrakten<br />
<strong>Gruppen</strong>begriff eingeführt zu haben.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 19<br />
Feststellung 6.4. Für T ⊆ Ω, U ≤ G und x ∈ G gilt C T (U) x = C T x(U x ).<br />
Beweis. Es gilt t ∈ C T (U) genau dann, wenn t u = t für alle u ∈ U gilt, also t x = t ux =<br />
t xx−1ux = (t x ) ux für alle u ∈ U gilt, was t x ∈ C T x(U x ) bedeutet.<br />
□<br />
Insbeson<strong>der</strong>e gilt für N G, dass G auf den Fixpunkten C Ω (N) unter <strong>der</strong> Operation von<br />
N operiert (ebenfalls durch Einschränkung). Allgemeiner gilt für U ≤ G, dass N G (U) auf<br />
C Ω (U) operiert.<br />
Die folgende wichtige Tatsache werden wir zum Beispiel in § 10 beim Beweis des Satzes<br />
von Schur–Zassenhaus verwenden.<br />
Feststellung 6.5. Sei s ∈ Ω. Operiert eine Untergruppe H von G transitiv auf Ω, so gilt<br />
G = G s H. Falls weiter H s = 1, ist G s ∩ H = 1.<br />
Beweis. Sei x ∈ G. Wegen <strong>der</strong> transitiven Operation von H gibt es dann y ∈ H mit<br />
s x = s y , also s xy−1 = s, und es folgt x = (xy −1 )y ∈ G s H. Der Zusatz ist klar. □<br />
Feststellung 6.6. Für die Länge <strong>der</strong> Bahn von s ∈ Ω gilt |s G | = |G : C G (s)|.<br />
Beweis. Setze U = C G (s). Die Abbildung β : Ω ′ = {Ux | x ∈ G} → s G mit Ux ↦→ s x<br />
ist wohldefiniert und surjektiv. Gilt s x = s y für x, y ∈ G, dann ist s xy−1 = s, dass heißt,<br />
xy −1 ∈ U und Ux = Uy. Dies zeigt, dass die Abbildung auch injektiv ist.<br />
□<br />
Wir bemerken, dass Ω \ C Ω (G) die Vereinigung aller Bahnen <strong>der</strong> Länge > 1 von G auf Ω<br />
ist, und erhalten damit für die Operation von p-<strong>Gruppen</strong> eine oft zu gebrauchende Kongruenz.<br />
Feststellung 6.7. Sei G eine p-Gruppe. Dann ist |Ω| ≡ |C Ω (G)| mod p.<br />
Beweis. Für s ∈ Ω ist |s G | = |G : C G (s)| nach Feststellung 6.6. Falls s /∈ C Ω (G), ist<br />
C G (s) eine echte Untergruppe von G, also p ein Teiler von |G : C G (s)| nach dem Satz<br />
von Lagrange (Satz 4.2), so dass die Behauptung aus <strong>der</strong> vorausgegangenen Bemerkung<br />
folgt.<br />
□<br />
Die wohl häufigste Situation, in <strong>der</strong> diese Beobachtung zur Anwendung kommt, ist wenn<br />
|Ω| ≡ 0 mod p ist, und es einen offensichtlichen Fixpunkt unter <strong>der</strong> Operation von G<br />
gibt; die Schlußfolgerung ist dann, dass es noch einen weiteren Fixpunkt gibt.<br />
Für x ∈ G heißt die Menge <strong>der</strong> in G zu x konjugierten Elemente die Konjugiertenklasse<br />
von x. Wir schreiben x G für die Konjugiertenklasse von x in G. Die Gruppe G operiert auf<br />
sich selbst durch Konjugation; dabei sind die Konjugiertenklassen von G die Bahnen unter<br />
<strong>der</strong> Operation. Es ist x G = {x} genau dann, wenn x mit jedem Element aus G vertauscht,<br />
und dann heißt x zentral in G. Die zentralen Elemente in G bilden eine Untergruppe von<br />
G, das Zentrum von G, welches mit Z(G) bezeichnet wird. Wir erhalten also, in Analogie<br />
zur letzten Feststellung, die sogenannte Klassengleichung.<br />
Folgerung 6.8 (Klassengleichung). Seien K 1 , . . . , K l die Konjugiertenklassen von G, die<br />
nicht einelementig sind, und sei x i ∈ K i (1 ≤ i ≤ l). Dann gilt<br />
l∑<br />
|G| = |Z(G)| + |G : C G (x i )|.<br />
Wir halten zwei zentrale Aussagen über p-<strong>Gruppen</strong> fest, welche aus Feststellung 6.7 folgen<br />
(vgl. mit Definition 9.2 und Satz 9.8).<br />
i=1
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 20<br />
Folgerung 6.9. Ist U eine p-Untergruppe <strong>der</strong> Gruppe G und p ein Teiler von |G : U|,<br />
dann gilt U < N G (U).<br />
Beweis. Es operiert U auf <strong>der</strong> Menge Ω <strong>der</strong> Rechtsnebenklassen von U in G durch Rechtsmultiplikation.<br />
Nach Voraussetzung ist |Ω| ≡ 0 mod p. Weiterhin ist U ∈ C Ω (U). Damit<br />
gibt es nach Feststellung 6.7 ein x ∈ G mit Ux ≠ U und Ux ∈ C Ω (U). Dies bedeutet<br />
x /∈ U und UxU = Ux, also x ∈ N G (U).<br />
□<br />
Folgerung 6.10. Ist G eine p-Gruppe und N ein Normalteiler von G, dann ist mit N ≠ 1<br />
auch N ∩ Z(G) ≠ 1. Insbeson<strong>der</strong>e gilt Z(G) ≠ 1, falls G ≠ 1.<br />
Beweis. Setze Ω = N ≠ 1. Es operiert G auf Ω durch Konjugation. Dabei ist C Ω (G) =<br />
N ∩ Z(G). Es ist |Ω| eine Potenz von p und es ist 1 ∈ C Ω (G). Nach Feststellung 6.7 ist<br />
also |C Ω (G)| > 1. Der Zusatz folgt, indem man N = G setzt.<br />
□<br />
6.2. Der Satz von Sylow. Der folgende Satz, ein Vorläufer des Satzes von Sylow, wurde<br />
von Cauchy 19 bewiesen, siehe [12, Nr. 304, S. 358].<br />
Satz 6.11 (Cauchy (1845)). Teilt die Primzahl p die Ordnung <strong>der</strong> Gruppe G, so besitzt G<br />
ein Element <strong>der</strong> Ordnung p.<br />
Beweis. (Nach J. H. McKay.) Sei Ω = {(x 1 , . . . , x p ) | x i ∈ G mit x 1 x 2 · · · x p = 1}.<br />
Die Elemente (x 1 , . . . , x p ) von Ω erhält man, indem man die ersten p − 1 Einträge des<br />
geordneten Tupels frei aus G wählt, wonach <strong>der</strong> letzte Eintrag eindeutig bestimmt ist.<br />
Es ist also |Ω| = |G| p−1 ≡ 0 mod p. Es sei A eine zyklische Gruppe <strong>der</strong> Ordnung p,<br />
mit erzeugendem Element a. Wir lassen A auf Ω durch zyklisches Vertauschen operieren,<br />
(x 1 , x 2 , . . . , x p ) a = (x 2 , . . . , x p , x 1 ). Dies ist möglich, den aus x 1 x 2 · · · x p = 1 folgt<br />
durch Konjugation mit x 1 , dass auch x 2 · · · x p x 1 = 1 ist.<br />
Nun gilt |Ω| ≡ |C Ω (A)| mod p nach Feststellung 6.6. Also wird |C Ω (A)| von p geteilt. Es<br />
ist (1, 1, . . . , 1) ∈ C Ω (A) ≠ ∅. Für (x 1 , x 2 , . . . , x p ) ∈ C Ω (A) gilt x 1 = x 2 = . . . = x p ,<br />
also x p 1 = 1, und nach den vorangegangenen Überlegungen kann hierbei x 1 ≠ 1 gewählt<br />
werden, so dass x 1 Ordnung p hat.<br />
□<br />
Es sei p eine Primzahl. Eine p-Untergruppe <strong>der</strong> Gruppe G, welche in keiner größeren<br />
p-Untergruppe von G enthalten ist, heißt p-Sylowuntergruppe von G. Wir definieren<br />
p-Sylowuntergruppen also als maximale Elemente <strong>der</strong> durch teilweise Inklusion geordneten<br />
Menge aller p-Untergruppen von G. Wir schreiben Syl p (G) für die Menge <strong>der</strong><br />
p-Sylowuntergruppen von G. Es ist stets Syl p (G) ≠ ∅. Diese Untergruppen sind nach<br />
Sylow 20 benannt, <strong>der</strong> den folgenden Satz in [63] bewies.<br />
Satz 6.12 (Satz von Sylow (1872)). Sei p a die grösste p-Potenz, die die Ordnung <strong>der</strong><br />
Gruppe G teilt. Dann gilt folgendes.<br />
(1) Die p-Sylowuntergruppen von G sind genau die Untergruppen <strong>der</strong> Ordnung p a<br />
von G.<br />
(2) Die p-Sylowuntergruppen von G sind in G zueinan<strong>der</strong> konjugiert. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
gilt |Syl p (G)| = |G : N G (P )| für P ∈ Syl p (G).<br />
(3) |Syl p (G)| ≡ 1 mod p.<br />
Beweis. Sei P ∈ Syl p (G), und U = N G (P ) gesetzt. Dann gilt folgendes.<br />
(a) Ist x ein p-Element in U, gilt x ∈ P .<br />
19 Zur Person siehe etwa Wikipedia-Eintrag [75].<br />
20 Biographie bei MacTutor [47].
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 21<br />
(b) p ∤ |U/P |.<br />
(c) Unter <strong>der</strong> Operation von P durch Rechtsmultiplikation auf den Rechtsnebenklassen<br />
von U in G ist U <strong>der</strong> einzige Fixpunkt.<br />
Zu (a) bemerken wir, dass 〈x〉P eine Gruppe ist, nach Lemma 4.9 (dem Zähl-Argument)<br />
sogar eine p-Gruppe, so dass x ∈ P wegen <strong>der</strong> Maximalität von P folgt. Für (b) sei x ∈ U<br />
mit P x ein p-Element in U/P . Dann ist x ein p-Element in U, also x ∈ P nach (a). Also<br />
gilt (b) nach dem Satz von Cauchy. Für (c) sei x ∈ G mit Ux ein Fixpunkt unter <strong>der</strong><br />
angegebenen Operation von P . Dann ist UxP = Ux, dass heißt, xP x −1 ⊆ U. Da xP x −1<br />
aus p-Elementen besteht, folgt xP x −1 ⊆ P nach (a), also x ∈ N G (P ) = U. Nach dieser<br />
Vorarbeit schreiten wir zum eigentlichen Beweis. Es gilt<br />
(6.1)<br />
(6.2)<br />
|U : P | ≢ 0 mod p,<br />
|G : U| ≡ 1 mod p,<br />
wobei ersteres (b) ist, und die zweite Aussage aus (c) und Feststellung 6.7 folgt. Es sei<br />
S ∈ Syl p (G). Die Gruppe S operiert durch Rechtsmultiplikation auf den Rechtsnebenklassen<br />
von U in G, und nach (6.2) und Feststellung 6.7 gibt es einen Fixpunkt unter<br />
dieser Operation, also x ∈ G mit UxS = Ux. Es folgt xSx −1 ⊆ U und xSx −1 ⊆ P<br />
nach (a). Also ist S ⊆ P x , und S = P x wegen <strong>der</strong> Maximalität von S. Damit folgt (2) mit<br />
Feststellung 6.6, und mit (6.2) folgt (3).<br />
Nach dem Satz von Lagrange gilt |G| = |G : U||U| = |G : U||U : P ||P |, und |G : U| ist<br />
nach (6.2), und |U : P | nach (6.1) nicht durch p teilbar. Dies beweist (1).<br />
□<br />
Halten wir ein paar Folgerungen fest.<br />
Satz 6.13. Sei p i , i ∈ N, eine Potenz von p die |G| teilt. Dann hat G eine Untergruppe <strong>der</strong><br />
Ordnung p i .<br />
Beweis. Nach dem Satz von Sylow können wir annehmen, dass G eine nichttriviale p-<br />
Gruppe ist. Dann ist Z(G) ≠ 1 nach Folgerung 6.10. Es sei x ein Element <strong>der</strong> Ordnung<br />
p in Z(G). Dann ist 〈x〉 G, und per Induktion nach |G| können wir annehmen, dass<br />
G/〈x〉 eine Untergruppe <strong>der</strong> Ordnung p i−1 hat. Deren volles Urbild unter dem natürlichen<br />
Homomorphismus G → G/〈x〉 ist dann eine Untergruppe von G <strong>der</strong> Ordnung p i . □<br />
Satz 6.14. Ist N G und P ∈ Syl p (G), gilt P ∩ N ∈ Syl p (N).<br />
Beweis. Sei S ∈ Syl p (N). Nach dem Satz von Sylow gibt es x ∈ G mit S x ≤ P . Auch gilt<br />
S x ≤ N x = N, also liegt S x in <strong>der</strong> p-Untergruppe P ∩N von N. Damit gilt |S| ≤ |P ∩N|<br />
und P ∩ N ∈ Syl p (N) nach dem Satz von Sylow.<br />
□<br />
Satz 6.15. Ist N G und P ∈ Syl p (G), ist P N/N ∈ Syl p (G/N).<br />
Beweis. Es ist |G/N : P N/N| = |G : P N|, und p ∤ |G : P N| nach dem Satz von<br />
Sylow.<br />
□<br />
Wir halten auch noch folgende Tatsache fest.<br />
Satz 6.16. Ist U eine p-Untergruppe von G, aber keine p-Sylowuntergruppe von G, dann<br />
ist U in je<strong>der</strong> p-Sylowuntergruppe von N G (U) echt enthalten.<br />
Beweis. Wir stellen zunächst fest, dass U in je<strong>der</strong> p-Sylowuntergruppe von N G (U) enthalten<br />
ist. Denn ist Q ∈ Syl p (N G (U)), ist die Gruppe QU nach Lemma 4.9 eine p-Gruppe,<br />
also Q = QU und U ≤ Q.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 22<br />
Nach Voraussetzung gibt es P ∈ Syl p (G) mit U < P . Mit Folgerung 6.9 (angewandt mit<br />
G = P ) folgt U < N P (U) ≤ N G (U), so dass U keine p-Sylowuntergruppe von N G (U)<br />
ist.<br />
□<br />
Frattini 21 bewies in seiner Arbeit [16] die Nilpotenz einer Untergruppe, die heute Frattiniuntergruppe<br />
genannt wird (siehe § 9). Dabei entwickelte er eine Methode, die heute als<br />
Frattini-Argument bekannt und unverzichtbar ist.<br />
Lemma 6.17 (Frattini-Argument). Ist N G und P ∈ Syl p (N), dann gilt G = N G (P )N.<br />
Beweis. Für x ∈ G gilt P x ⊆ N x = N da N G. Also ist P x ∈ Syl p (N), und nach<br />
dem Satz von Sylow gibt es y ∈ N mit P x = P y . Es folgt xy −1 ∈ N G (P ), und wegen<br />
x = (xy −1 )y die Aussage.<br />
□<br />
Dies ist tatsächlich ein Spezialfall des folgenden Lemmas, dessen Beweis sinngemäß <strong>der</strong><br />
gleiche ist.<br />
Lemma 6.18 (Frattini-Argument). Ist N G und X eine Teilmenge von N, dann gilt<br />
G = N G (X)N genau dann, wenn X G = X N gilt.<br />
6.3. Operation auf Nebenklassen. Wir überzeugen uns zunächst, dass eine transitive<br />
Permutationsdarstellung <strong>der</strong> Gruppe G die Permutationsdarstellung von G auf den Nebenklassen<br />
eines Punktstabilisators ist, jedenfalls bis auf Äquivalenz.<br />
Dabei sollte klar sein, was unter Äquivalenz zu verstehen ist: wir wollen den Begriff <strong>der</strong><br />
Permutationsdarstellung nicht länger an <strong>der</strong> gegebenen Menge Ω festmachen. Genauer, ist<br />
β : Ω ′ → Ω eine Bijektion zweier Mengen, induziert diese einen <strong>Gruppen</strong>isomorphismus<br />
ˆβ : Sym(Ω ′ ) → Sym(Ω) mit π ↦→ β −1 πβ. Wir nennen zwei Permutationsdarstellungen<br />
ϕ: G → Sym(Ω) und ϕ ′ : G → Sym(Ω ′ ) äquivalent, falls es eine Bijektion β : Ω ′ → Ω<br />
gibt mit ϕ = ϕ ′ ˆβ. An<strong>der</strong>s formuliert, es soll β(s ′ ) x = β(s ′ x ) für alle s ′ ∈ Ω ′ und alle<br />
x ∈ G gelten. Halten wir fest, dass sich daraus insbeson<strong>der</strong>e die Gleichheit G β(s′ ) = G s ′<br />
von Punktstabilisatoren ergibt. Die Bijektion β aus dem Beweis von Feststellung 6.6 ist<br />
offenbar mit <strong>der</strong> <strong>Gruppen</strong>operation verträglich, was wir nun festhalten.<br />
Feststellung 6.19. Es sei ϕ: G → Sym(Ω), x ↦→ ϕ x , eine transitive Permutationsdarstellung,<br />
und s ∈ Ω sowie U = G s = C G (s). Es sei ϕ ′ : G → Sym(G/U), y ↦→<br />
(ϕ ′ y : Ux ↦→ Uxy), die Permutationsdarstellung von G auf den Nebenklassen von U. Dann<br />
ist β : G/U → Ω mit Ux ↦→ sϕ x eine wohldefinierte Bijektion mit ϕ = ϕ ′ ˆβ. Also sind ϕ<br />
und ϕ ′ äquivalent.<br />
Äquivalenz transitiver Permutationsdarstellungen ist wiefolgt charakterisiert.<br />
Feststellung 6.20. Es sind zwei transitive Permutationsdarstellungen ϕ: G → Sym(Ω)<br />
und ϕ ′ : G → Sym(Ω ′ ) genau dann äquivalent, wenn mit s ∈ Ω und s ′ ∈ Ω ′ gilt, dass die<br />
Punktstabilisatoren G s und G s ′ in G zueinan<strong>der</strong> konjugiert sind.<br />
Beweis. Wir können annehmen, dass ϕ bzw. ϕ ′ die Operation auf den Nebenklassen von<br />
G s bzw. G s ′ ist. Ist G s = G x s ′ für ein x ∈ G, vermittelt Linksmultiplikation mit x eine Bijektion<br />
β zwischen den Nebenklassen von G s und denen von G s ′, mit <strong>der</strong>en Hilfe ϕ und ϕ ′<br />
als äquivalent erkannt werden. Umgekehrt, vermittelt eine Bijektion β : G/G s ′ → G/G s<br />
eine Äquivalenz <strong>der</strong> Darstellungen, gilt, wie bereits festgestellt, G β(s′ ) = G s ′, und wegen<br />
<strong>der</strong> transitiven Operation von G auf G/G s sind nach Feststellung 6.3 je zwei Punktstabilisatoren<br />
bezüglich dieser Operation konjugiert.<br />
□<br />
21 Zur Person siehe etwa Wikipedia-Eintrag [72].
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 23<br />
Die nächste Feststellung zeigt, dass man sich bei Untersuchungen über Permutationsdarstellungen<br />
auf Untersuchungen transitiver Darstellungen beschränken kann. Ich lasse den<br />
einfachen Beweis weg.<br />
Feststellung 6.21. Ist ϕ: G → Sym(Ω) eine Permutationsdarstellung, kann man die Operation<br />
auf jede <strong>der</strong> Bahnen Ω i , i ∈ I, einschränken und erhält so Permutationsdarstellungen<br />
G → Sym(Ω i ). Diese sind, bis auf Reihenfolge und Äquivalenz, durch die Klasse<br />
<strong>der</strong> zu ϕ äquivalenten Darstellungen bestimmt.<br />
Nach Feststellung 6.19 sind die transitiven Permutationsdarstellungen einer Gruppe durch<br />
<strong>der</strong>en Untergruppenstruktur bestimmt. Die transitiven Darstellungen spielen die Rolle <strong>der</strong><br />
‘unzerlegbaren’ Permutationsdarstellungen.<br />
6.4. Primitive Operation. Weiterhin operiere G auf <strong>der</strong> Menge Ω. Es sei Q eine Partition<br />
von Ω. Wir sagen, Q ist G-invariant, falls G die Mitglie<strong>der</strong> von Q permutiert. Man mag<br />
Q als Teilmenge <strong>der</strong> Potenzmenge P von Ω betrachten, und G auf P operieren lassen (wie<br />
wir in § 6.1 bemerkt haben). Dann ist Q G-invariant, falls bezüglich dieser Operation G<br />
die Teilmenge Q von P normalisiert. Insbeson<strong>der</strong>e können wir vermerken, dass wir eine<br />
natürliche Permutationsdarstellung von G auf Q haben, falls Q G-invariant ist. Die Partition<br />
Q heißt nichttrivial, falls Q ≠ {{s} | s ∈ Ω} und Q ≠ {Ω}. Operiert G transitiv auf Ω,<br />
dann heißt die Operation von G auf Ω imprimitiv, 22 falls es eine G-invariante nichttriviale<br />
Partition Q von Ω gibt. In diesem Fall heißt ein Mitglied von Q ein Imprimitivitätsgebiet<br />
für G auf Ω (auch: Block), und ich nenne Q selbst ein Imprimitivitätssystem. An<strong>der</strong>nfalls<br />
heißt die Operation primitiv.<br />
Folgende Feststellung klärt den Zusammenhang zwischen (im-)primitiver Operation und<br />
Untergruppen.<br />
Feststellung 6.22. Es sei G transitiv auf Ω und s ∈ Ω. Dann gilt das folgende.<br />
(1) Ist Q ein Imprimitivitätssystem für G auf Ω und s ∈ T ∈ Q, dann ist G transitiv<br />
auf Q, es ist G T transitiv auf T , und es ist G s < G T < G. Weiterhin ist |Ω| =<br />
|T ||Q|, |Q| = |G : G T | und |T | = |G T ||G s |.<br />
(2) Ist G s < H < G, dann ist Q = {sHx | x ∈ G} ein Imprimitivitätssystem für G<br />
auf Ω mit H = G sH .<br />
Ich bemerke nur, dass in (1) <strong>der</strong> Stabilisator G T echt zwischen G s und G liegt, da Q eine<br />
nichttriviale Partition ist.<br />
Also ist primitive Operation wiefolgt charakterisiert.<br />
Feststellung 6.23. Es sei G transitiv auf Ω und s ∈ Ω. Dann ist G genau dann primitiv<br />
auf Ω, wenn G s eine maximale Untergruppe von G ist.<br />
Es sei G imprimitiv auf Ω und s ∈ Ω. Dann gibt es eine Kette G s = H 0 < H 1 < . . . <<br />
H n = G mit H i maximal in H i+1 . Die Operation von H i+1 auf den Nebenklassen von H i<br />
in H i+1 ist primitiv. Es steht also eine Familie von primitiven Darstellungen zur Verfügung,<br />
welche zur Untersuchung <strong>der</strong> Darstellung von G auf Ω genutzt werden kann. Unter diesem<br />
Gesichtspunkt spielen die primitiven Darstellungen die Rolle <strong>der</strong> ‘irreduziblen’ Permutationsdarstellungen.<br />
Satz 6.24. Es operiere G primitiv auf Ω, und es sei N ein Normalteiler von G, welcher<br />
nicht im Kern <strong>der</strong> Operation liegt. Dann ist N transitiv auf Ω, also G = G s N für s ∈ Ω.<br />
22 Wie in [41, I A 6, § 6] ausgeführt, scheint dieser Begriff erstmals in [42, § 70] vorzukommen.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 24<br />
Beweis. Sei s ∈ Ω. Nach Feststellung 6.23 ist G s eine maximale Untergruppe von G. Also<br />
gilt G s N = G s o<strong>der</strong> G s N = G. Im ersten Fall ist N ≤ G s , womit N in ⋂ x∈G Gx s liegt,<br />
dem Kern <strong>der</strong> Operation, im Wi<strong>der</strong>spruch zur Voraussetzung. Also ist G s N = G und N<br />
ist transitiv auf Ω.<br />
□<br />
Das kann man aber auch an<strong>der</strong>s beweisen, und dabei sogar mehr zeigen.<br />
Satz 6.25. Es operiere G transitiv auf Ω, und es sei N ein Normalteiler von G, welcher<br />
nicht im Kern <strong>der</strong> Operation liegt. Operiert N nicht transitiv auf Ω, dann bilden die Bahnen<br />
von N auf Ω unter G permutierte Imprimitivitätsgebiete.<br />
Beweis. Sei s ∈ Ω und x ∈ G. Dann ist (s N ) x = s Nx = s xx−1Nx = (s x ) N , dass heißt,<br />
G permutiert die Bahnen von N auf Ω transitiv. Es ist |s N | > 1 da N nicht im Kern <strong>der</strong><br />
Operation liegt, und s N ⊂ Ω. Also ist s N ein Imprimitivitätsgebiet.<br />
□<br />
Wir sagen, dass G n-transitiv auf Ω operiert, wobei n eine natürliche Zahl ist, falls G<br />
transitiv auf <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> n-Tupel mit paarweise verschiedenen Einträgen aus Ω operiert<br />
(beachte, G operiert auf dieser Menge). Natürlich operiert G dann auch m-transitiv auf Ω<br />
für m ≤ n. Transitivität ist 1-Transitivität. Operiert G n-transitiv auf Ω mit n > 1, so<br />
sagen wir, dass G mehrfach transitiv auf Ω operiert.<br />
Beispiel 6.26. Es sei n ≥ 3, und Ω = {1, 2, . . . , n}. Die symmetrische Gruppe S n operiert<br />
n-transitiv auf Ω, und die alternierende Gruppe A n operiert (n − 2)-transitiv auf Ω.<br />
Beweis. Sicher operiert S n n-transitiv. Das Tupel (1, 2, . . . , n − 2) kann mit einem Element<br />
σ ∈ S n auf irgendein an<strong>der</strong>es Tupel mit paarweise verschiedenen Einträgen aus Ω<br />
abgebildet werden. Ist σ ungerade, erfüllt die gerade Permutation (n − 1, n)σ den gleichen<br />
Zweck.<br />
□<br />
Feststellung 6.27. Operiert G 2-transitiv auf Ω, dann operiert G primitiv auf Ω.<br />
Beweis. Die Gruppe G operiere imprimitiv auf Ω, und es sei Q ein Imprimitivitätssystem<br />
für G auf Ω. Es sei T ∈ Q. Dann ist |T | > 1 und es gibt x ∈ G mit T ∩ T x = ∅, denn<br />
Q ist nichttriviale Partition von Ω. Wähle s, t ∈ T mit s ≠ t. Dann ist s ≠ t x , und es gibt<br />
es kein y ∈ G mit s y = s und t y = t x , denn an<strong>der</strong>nfalls wäre wegen s ∈ T ∩ T y und<br />
t y ∈ T y ∩ T x ja T = T y = T x . Also operiert G nicht 2-transitiv auf Ω.<br />
□<br />
6.5. Reguläre Operation. Die Gruppe G operiert regulär auf Ω, falls G transitiv auf Ω<br />
operiert und G s = 1 für ein (und damit für alle) s ∈ Ω gilt. Operiert G regulär, dann<br />
ist die Operation äquivalent zu <strong>der</strong> Permutationsdarstellung von G auf sich selbst durch<br />
Rechtsmultiplikation (reguläre Darstellung). Ein regulärer Normalteiler von G ist ein<br />
Normalteiler von G, welcher regulär auf Ω operiert.<br />
Feststellung 6.28. Es sei G transitiv auf Ω, s ∈ Ω und H ≤ G. Dann operiert H regulär<br />
auf Ω genau dann, wenn G = G s H und G s ∩ H = 1 gilt.<br />
Beweis. Operiert H regulär, operiert H transitiv auf Ω und es gilt G s ∩ H = 1, so dass für<br />
eine Richtung Feststellung 6.5 zutrifft. Umgekehrt, ist G = G s H, operiert mit G auch H<br />
transitiv, und aus G s ∩ H = 1 folgt H s = 1.<br />
□<br />
Also erhält man die regulären Normalteiler folgen<strong>der</strong>maßen. Für einen Normalteiler N von<br />
G ist ein Komplement zu N in G eine Untergruppe K von G mit G = KN und N ∩ K =<br />
1. Ist N ein Normalteiler von G mit einem Komplement K in G, dann ist N bezüglich <strong>der</strong><br />
Operation von G auf den Nebenklassen von K ein regulärer Normalteiler. (Daran sollte<br />
man sich zu Beginn des Beweises des Satzes von Schur–Zassenhaus (Satz 10.3) erinnern.)
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 25<br />
Die nichttriviale Gruppe G heißt einfach, falls 1 und G die einzigen Normalteiler von G<br />
sind. Wir haben folgendes Einfachheitskriterium, welches reguläre Normalteiler involviert.<br />
Satz 6.29. Es operiere G treu und primitiv auf Ω, und es gebe s ∈ Ω, so dass G s einfach<br />
ist. Dann ist G entwe<strong>der</strong> einfach o<strong>der</strong> G besitzt einen regulären Normalteiler.<br />
Beweis. Es sei 1 ≠ N G. Nach Satz 6.24 operiert N transitiv auf Ω, es ist also G =<br />
G s N. Wegen N ∩ G s G s ist entwe<strong>der</strong> N ∩ G s = 1 o<strong>der</strong> G s ≤ N. Im ersten Fall ist N<br />
regulärer Normalteiler von G (und von G verschieden, da G s ≠ 1). Im zweiten Fall folgt<br />
N = G.<br />
□<br />
Folgende Feststellung erlaubt, die Struktur regulärer Normalteiler bezüglich einer mehrfach<br />
transitiven <strong>Gruppen</strong>operation zu bestimmen.<br />
Feststellung 6.30. Es sei N ein regulärer Normalteiler von G bezüglich <strong>der</strong> Operation<br />
von G auf Ω, und s ∈ Ω. Dann ist die Operation von G s auf Ω \ {s} äquivalent zu <strong>der</strong><br />
Konjugationsoperation von G s auf N \ {1}.<br />
Beweis. Wir haben eine Bijektion β : N \ {1} → Ω \ {s}, y ↦→ s y , und für x ∈ G s gilt<br />
β(y x ) = s x−1yx = s yx = β(y) x .<br />
□<br />
Ein nichttrivialer Normalteiler <strong>der</strong> Gruppe G heißt minimal, falls er außer sich selbst und<br />
<strong>der</strong> trivialen Untergruppe keinen an<strong>der</strong>en Normalteiler von G enthält.<br />
Feststellung 6.31. Die Gruppe G operiere treu und primitiv auf Ω. Dann ist ein regulärer<br />
Normalteiler von G ein minimaler Normalteiler von G.<br />
Beweis. Es sei N ein regulärer Normalteiler von G. Nach Satz 6.24 operiert je<strong>der</strong> nichttriviale<br />
Normalteiler M von G transitiv auf Ω. Liegt <strong>der</strong> nichttriviale Normalteiler M von G<br />
in N, gilt weiter M ∩ G s = 1 für s ∈ Ω, woraus |Ω| = |M| folgt. Also ist N minimaler<br />
Normalteiler von G.<br />
□<br />
Folgende Feststellung ist klar.<br />
Feststellung 6.32. Es sei n ≥ 2 und s ∈ Ω. Operiert G n-transitiv auf Ω, dann operiert<br />
G s (n − 1)-transitiv auf Ω \ {s}.<br />
Feststellung 6.33. Die Gruppe G operiere treu und 2-transitiv auf Ω. Dann ist ein regulärer<br />
Normalteiler von G eine elementarabelsche p-Gruppe.<br />
Beweis. Es sei N ein regulärer Normalteiler von G, und s ∈ Ω. Nach Feststellung 6.32<br />
operiert G s transitiv auf Ω \ {s}, so dass nach Feststellung 6.30 G s durch Konjugation<br />
transitiv auf N \ {1} operiert. Also haben alle Elemente aus N \ {1} diesselbe Ordnung,<br />
und diese muß eine Primzahl p sein. Nach dem Satz von Cauchy (Satz 6.11) ist N also<br />
eine p-Gruppe, und deshalb ist Z(N) ≠ 1 nach Folgerung 6.10. Nun ist Z(N) = N nach<br />
Feststellung 6.31, also N abelsch, was noch zu zeigen war.<br />
□<br />
Satz 6.34. Die Gruppe G operiere treu und n-transitiv auf Ω, |Ω| ≥ 3. Besitzt G einen<br />
regulären Normalteiler N, dann ist n ≤ 4, und es gelten die folgenden Aussagen.<br />
(1) Ist n = 2, ist N elementarabelsche p-Gruppe.<br />
(2) Ist n = 3, ist N elementarabelsche 2-Gruppe, o<strong>der</strong> N ∼ = C 3 und G ∼ = S 3 .<br />
(3) Ist n = 4, ist N ∼ = C 2 × C 2 und G ∼ = S 4 .
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 26<br />
Beweis. (1) ist Feststellung 6.33. Wir können also n ≥ 3 annehmen. Es sei H <strong>der</strong> Stabilisator<br />
eines Punktes aus Ω. Nach den Feststellungen 6.32 und 6.30 operiert H durch<br />
Konjugation (n − 1)-transitiv auf N \ {1}.<br />
Es ist |N| = |Ω| ≥ 3. Ist |N| = 3, folgt G ∼ = S 3 . Ist |N| > 3, können wir drei verschiedene<br />
Elemente x, y, z aus N \ {1} wählen. Da H 2-transitiv auf N \ {1} operiert, gibt es h ∈ H<br />
mit x h = x und y h = z. Angenommen, es gilt p > 2. Dann ist x ≠ x −1 , und wir können<br />
y = x −1 wählen. Dann ist aber x −1 = x −h = y h = z ≠ x −1 , ein Wi<strong>der</strong>spruch. Also ist<br />
p = 2, und (2) ist bewiesen.<br />
Nun sei n ≥ 4. Dann ist |Ω| ≥ 4, so dass N eine elementarabelsche Untergruppe U =<br />
〈x〉×〈y〉 <strong>der</strong> Ordnung 4 enthält. Angenommen, es gilt U ≠ N. Dann können wir z ∈ N \U<br />
wählen. Da H 3-transitiv auf N \ {1} operiert, gibt es h ∈ H mit x h = x, y h = y<br />
und (xy) h = z. Aber dann ist (xy) h = x h y h = xy ≠ z, ein Wi<strong>der</strong>spruch. Also ist<br />
|Ω| = |N| = 4 und G ∼ = S 4 .<br />
□<br />
Wir demonstrieren nun die Wirkung <strong>der</strong> gemachten Beobachtungen.<br />
Satz 6.35. Die alternierende Gruppe A n , n ≥ 5, ist einfach.<br />
Beweis. Es sei G = A n mit n ≥ 5, und 1 ≠ N G. Wir müssen N = G zeigen.<br />
Setze Ω = {1, 2, . . . , n}. Nach Beispiel 6.26 operiert G (n − 2)-transitiv auf Ω. Nach<br />
Feststellung 6.27 und Satz 6.24 operiert N transitiv auf Ω und es gilt G = KN, wobei<br />
K = G n , <strong>der</strong> Stabilisator <strong>der</strong> Ziffer n ist. Falls K ∩ N = 1, operiert N regulär auf Ω nach<br />
Feststellung 6.28. Mit Satz 6.34 und <strong>der</strong> Tatsache, dass G (n − 2)-transitiv ist, folgt n = 5<br />
und dass N eine elementarabelsche 2-Gruppe ist, im Wi<strong>der</strong>spruch zu n = |Ω| = |N|.<br />
Also ist K ∩ N ≠ 1. Nun ist K = A n−1 , die alternierende Gruppe auf <strong>der</strong> Menge Ω ′ =<br />
{1, 2, . . . , n − 1}. Durch Induktion nach n können wir also annehmen, dass entwe<strong>der</strong> K<br />
einfach o<strong>der</strong> n = 5 ist. Im ersten Fall folgt, da 1 ≠ K ∩ N K, dass K = K ∩ N ≤ N,<br />
und damit G = KN = N. Wir können also n = 5 annehmen.<br />
Dann operiert K = A 4 2-transitiv auf Ω ′ . Es ist 1 ≠ K ∩ N K. Nach Feststellung<br />
6.27 und Satz 6.24 operiert K ∩ N somit immerhin noch transitiv auf Ω ′ . Also ist<br />
4 = |Ω ′ | = |K ∩ N : (K ∩ N) s | mit s ∈ Ω ′ (nach Feststellung 6.6, zur Erinnerung).<br />
Ebenso ergibt sich 5 = |Ω| = |N : K ∩ N|, so dass 20 die Ordnung von N teilt (nach<br />
dem Satz von Lagrange, zur Erinnerung). Nun ist |S 5 | = 5! = 120 und |S 5 : A 5 | = 2,<br />
also |G| = 60. Da |N| Teiler von |G| ist, folgt |N| = 20 o<strong>der</strong> |N| = 60. In letzerem Fall<br />
ist N = G, also wollen wir ersteren annehmen, und zu einem Wi<strong>der</strong>spruch gelangen. Falls<br />
die Anzahl <strong>der</strong> 5-Sylowuntergruppen von N wenigstens 6 beträgt, enthält N wenigstens<br />
6(5 − 1) = 24 Elemente <strong>der</strong> Ordnung 5, ein paar zu viel für die <strong>Gruppen</strong>ordnung. Nach<br />
dem Satz von Sylow hat N also genau eine 5-Sylowuntergruppe S. Da N unter <strong>der</strong> Konjugationsoperation<br />
von G invariant ist, folgt S G. Wir haben aber gezeigt, dass 4 die<br />
Ordnung eines jeden nichttrivialen Normalteilers von G teilt, so dass dies nicht möglich<br />
ist.<br />
□<br />
6.6. Nachschlag zu primitiver Operation. Ich will noch aus dem großen Gebiet über<br />
primitive Permutationsgruppen drei mehr o<strong>der</strong> weniger willkürlich herausgegriffene Beobachtungen<br />
zum besten geben.<br />
Ich zeige zunächst einen Weg auf, wie man Imprimitivitätsgebiete erhalten kann. Es sei<br />
∅ ≠ ∆ ⊂ Ω. Für s ∈ Ω setze ∆(s) = {∆ x | x ∈ G und s ∈ ∆ x }. Eine Äquivalenzrelation<br />
∼ auf Ω wird erklärt durch s ∼ t, falls ∆(s) = ∆(t). Offenbar operiert G auf den
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 27<br />
Äquivalenzklassen dieser Relation, und wegen ∅ ≠ ∆ ⊂ Ω gibt es mehr als eine Äquivalenzklasse.<br />
Operiert G also transitiv auf Ω und enthält eine Äquivalenzklasse mehr als ein<br />
Element, so ist diese ein Imprimitivitätsgebiet und G operiert imprimitiv auf Ω.<br />
Erstens gebe ich ein Lemma, welches man sicherlich kennen sollte, wenn man sich mit<br />
Permutationsgruppen beschäftigt. Es stammt von Rudio 23 [55], vergleiche dazu [70, § 8].<br />
Unser Beweis ist [21, § 2] entnommen.<br />
Lemma 6.36 (Rudio (1888)). Die Gruppe G operiere primitiv auf Ω, und es sei ∅ ≠ ∆ ⊂<br />
Ω. Sind s und t zwei verschiedene Elemente aus Ω, dann gibt es x ∈ G mit s ∈ ∆ x und<br />
t ∉ ∆ x .<br />
Beweis. Die Äquivalenzrelation ∼ auf Ω sei wie oben erklärt. Nach Voraussetzung sind die<br />
Äquivalenzklassen einelementig, es gibt also x ∈ G, so dass ∆ x genau eines <strong>der</strong> Elemente<br />
s und t enthält. Angenommen, es gilt t ∈ ∆ x und s ∉ ∆ x . Es gibt y ∈ G mit t = s y .<br />
Sei n die Ordnung von y. Dann ist s y = t ∈ ∆ x , aber s yn = s ∉ ∆ x . Also gibt es<br />
m ∈ N mit s ym ∈ ∆ x , aber s ym+1 ∉ ∆ x . Mit t ym = s ym+1 ∉ ∆ x folgt s ∈ ∆ xy−m und<br />
t ∉ ∆ xy−m .<br />
□<br />
Der folgende Satz ist beispielhaft für den Einfluß, den Primitivität auf eine transitive Gruppe<br />
ausüben kann. Eine Transposition ist eine Permutation, welche zwei Ziffern vertauscht<br />
und die restlichen fest läßt. Die S n wird von ihren Transpositionen erzeugt. Es gilt etwa<br />
S n = 〈(12), (13), . . . , (1n)〉.<br />
Satz 6.37. Die Gruppe G operiere treu und primitiv auf Ω, und es gebe zwei verschiedene<br />
Elemente s und t aus Ω sowie z ∈ G mit s z = t, t z = s und u z = u für u ∈ Ω \ {s, t}.<br />
(Es ist also z eine Transposition.) Dann ist G ∼ = Sym(Ω).<br />
Beweis. Es sei T ⊆ Ω maximal gewählt mit <strong>der</strong> Eigenschaft, dass es für je zwei verschiedene<br />
Elemente s und t aus Ω ein x ∈ G gibt mit<br />
(6.3) s x = t, t x = s und x ∈ C G (Ω \ {s, t}).<br />
Nach Voraussetzung gilt |T | ≥ 2. Angenommen, es gibt y ∈ G mit ∅ ≠ T ∩ T y ≠ T .<br />
Dann gibt es s ∈ T mit s y ∈ T und t ∈ T mit t y ∉ T . Es ist s ≠ t. Wähle x ∈ G<br />
so, dass (6.3) gilt. Dann folgt (s y ) y−1xy = s xy = t y , ebenso (t y ) y−1xy = t xy = s y , und<br />
x y ∈ C G (Ω\{s y , t y }). Aber dies zeigt, dass mit T auch T ∪{t y } die gefor<strong>der</strong>te Eigenschaft<br />
hat, im Wi<strong>der</strong>spruch zur Maximalität von T . Also haben je zwei verschiedene Konjugierte<br />
von T (so vorhanden) leeren Schnitt. Da G transitiv operiert, bilden die Konjugierten von<br />
T also eine (G-invariante) Partition von Ω. Da G primitiv operiert, folgt T = Ω, und <strong>der</strong><br />
Satz ist bewiesen.<br />
□<br />
Damit habe ich tatsächlich nur einen Spezialfall aus einer Reihe berühmter Sätze herausgegriffen.<br />
Wer darüber mehr wissen möchte, sei auf den wun<strong>der</strong>schönen Überblick in [43, § 2]<br />
verwiesen, <strong>der</strong> auch historische Anmerkungen enthält.<br />
Schließlich möchte ich noch ein nützliches Lemma geben, welches wir in <strong>der</strong> Folge aber<br />
auch nicht benutzen werden. Es stellt einen Zusammenhang her zwischen transitiver Operation<br />
und sogenannter Fusion von Untergruppen. Es stammt von Witt, 24 welcher es in [87]<br />
zur Konstruktion von Steiner-Systemen und zu ‘<strong>der</strong>’ Beschreibung <strong>der</strong> mehrfach transitiven<br />
Mathieugruppen benutzte.<br />
23 Zur Person siehe etwa Wikipedia-Eintrag [77].<br />
24 Zur Person siehe etwa Wikipedia-Eintrag [76], auch [32], und [31] für sein wissenschaftliches Werk.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 28<br />
Lemma 6.38 (Witt). Es operiere G n-transitiv auf Ω, mit n ∈ N, es sei T = {t 1 , . . . , t n }<br />
eine n-elementige Teilmenge von Ω, und es sei H = C G (T ) gesetzt. Für eine Untergruppe<br />
U von H operiert dann N G (U) n-transitiv auf C Ω (U) genau dann, wenn aus U x ≤ H<br />
für ein x ∈ G folgt U x = U y für ein y ∈ H (soll heißen, U in H fusioniert in G mit<br />
keiner Untergruppe in H). Ist P eine p-Sylowuntergruppe von H, operiert N G (P ) also<br />
n-transitiv auf C Ω (P ).<br />
Beweis. Angenommen, N G (U) operiert n-transitiv auf C Ω (U), und es sei x ∈ G mit<br />
U x ≤ H. Dann gilt T x−1 ⊆ C Ω (U), so dass es y ∈ N G (U) gibt mit t y i = t x−1<br />
i für<br />
jeden Index i, womit yx ∈ H und U x = U yx gilt. Zur umgekehrten Richtung seinen<br />
s 1 , . . . , s n n verschiedene Elemente aus C Ω (U), und x ∈ G gewählt mit s x i = t i für jeden<br />
Index i. Dann gilt U x ≤ H. Falls es y ∈ H gibt mit U x = U y , ist yx −1 ∈ N G (U) und<br />
t yx−1<br />
i = t x−1<br />
i = s i . Damit ist das Lemma bewiesen, denn <strong>der</strong> Zusatz folgt mit dem Satz<br />
von Sylow, indem man U = P setzt.<br />
□<br />
7. KOMPOSITIONSREIHEN<br />
Ich sollte nun eigentlich konsequenterweise Darstellungen von <strong>Gruppen</strong> auf <strong>Gruppen</strong> behandeln,<br />
begnüge mich aber mit etwas weniger.<br />
Ich zeige zunächst die Eindeutigkeit von Kompositionsfaktoren, inklusive Multiplizitäten,<br />
von <strong>endlichen</strong> <strong>Gruppen</strong> (Satz von Jordan–Höl<strong>der</strong>). Wir beginnen mit einer länglichen Definition.<br />
Definition 7.1. Sei G eine Gruppe,<br />
R: 1 = H 0 ≤ . . . ≤ H n = G<br />
eine Reihe von Untergruppen von G (die bei 1 anfängt und bei G aufhört). Die Reihe<br />
R heißt Normalreihe, falls H i G gilt, und Subnormalreihe, falls H i−1 H i gilt<br />
(beidemale für 1 ≤ i ≤ n). Die Untergruppen H i heißen dann Subnormalteiler von G<br />
(auch: subnormal in G).<br />
Ist R Normalreihe, so heißt R Hauptreihe, falls H i−1 < H i , und H i−1 unter den in<br />
H i liegenden Normalteilern von G maximal ist. Die Quotienten H i /H i−1 von G heißen<br />
Hauptfaktoren von G.<br />
Ein maximaler Normalteiler von G ist maximales Element <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> von G verschiedenen<br />
Normalteiler von G, partiell geordnet durch Inklusion.<br />
Ist R Subnormalreihe, so heißt R Kompositionsreihe, falls H i−1 maximaler Normalteiler<br />
von H i ist. Es sind dann die Kompositionsfaktoren H i /H i−1 von G einfache <strong>Gruppen</strong>.<br />
Eine Verfeinerung <strong>der</strong> Subnormalreihe R erhält man durch Einfügen weiterer Subnormalteiler.<br />
Es sei<br />
R ′ : 1 = H 0 ′ ≤ . . . ≤ H n ′ = G ′<br />
eine weitere Subnormalreihe. Dann heißen R und R ′ isomorph, falls n = n ′ , und es eine<br />
Permutation σ auf den Indizes {1, . . . , n} gibt mit H iσ /H iσ−1<br />
∼ = H<br />
′<br />
i /H i−1 ′ für 1 ≤ i ≤ n.<br />
Außerhalb <strong>der</strong> <strong>Gruppen</strong>theorie im engeren Sinn haben diese Reihen Anwendung in <strong>der</strong><br />
Galoisschen <strong>Theorie</strong> <strong>der</strong> Körpererweiterungen, wo bei einer endlichdimensionalen Galois-<br />
Erweiterung (auch normale Erweiterung) jede solche Reihe im Untergruppenverband <strong>der</strong><br />
Galoisgruppe G einem Turm von (Zwischen-)Erweiterungskörpern entspricht.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 29<br />
Wir geben eine Verfeinerung des grundlegenden Satzes von Jordan–Höl<strong>der</strong>, welche 39<br />
Jahre nach dessen Beweis von O. Schreier 25 [56] gefunden wurde. Unser Beweis folgt <strong>der</strong><br />
Darstellung in [69, § 51].<br />
Satz 7.2 (Schreier). Je zwei Subnormalreihen <strong>der</strong> Gruppe G besitzen isomorphe Verfeinerungen.<br />
Beweis. Gegeben seien zwei Normalreihen<br />
1 = G 0 ≤ . . . ≤ G r ≤ G,<br />
1 = H 0 ≤ . . . ≤ H s ≤ G.<br />
Ist r = 0 o<strong>der</strong> s = 0, dann ist eine <strong>der</strong> Reihen gleich 1 ≤ G, und die an<strong>der</strong>e Verfeinerung<br />
davon.<br />
Dass die beiden Normalreihen isomorphe Verfeinerungen besitzen, zeigen wir zunächst für<br />
s = 1 durch Induktion nach r. Die zweite Reihe sei also 1 ≤ H 1 G. Nach Induktionsvoraussetzung<br />
besitzen dann<br />
1 = G 0 ≤ . . . ≤ G r und 1 ≤ G r ∩ H 1 ≤ G r<br />
isomorphe Verfeinerungen. Damit besitzen auch die zwei Normalreihen<br />
1 = G 0 ≤ . . . ≤ G r ≤ G r H 1 ≤ G und 1 ≤ G r ∩ H 1 ≤ G r ≤ G r H 1 ≤ G<br />
isomorphe Verfeinerungen. Eine entsprechende Verfeinerung <strong>der</strong> zweiten Reihe sei mit<br />
N bezeichnet. Man beachte, dass die erste Reihe eine Verfeinerung <strong>der</strong> ersten gegebenen<br />
Normalreihe 1 = G 0 ≤ . . . ≤ G r ≤ G ist. Nach dem ersten Isomorphiesatz gilt<br />
G r H 1 /G r<br />
∼ = H1 /G r ∩ H 1 und G r /G r ∩ H 1<br />
∼ = Gr H 1 /H 1 ,<br />
also hat die Reihe<br />
1 ≤ G r ∩ H 1 ≤ H 1 ≤ G r H 1 ≤ G<br />
eine zu N isomorphe Verfeinerung. Da die Reihe gleichzeitig 1 ≤ H 1 G verfeinert, ist<br />
<strong>der</strong> Induktionsschritt vollzogen.<br />
Nun zeigen wir die allgemeine Aussage durch Induktion nach s. Nach dem gezeigten haben<br />
die erste Reihe 1 = G 0 ≤ . . . ≤ G r ≤ G und die Reihe 1 ≤ H s ≤ G isomorphe<br />
Verfeinerungen. Eine entsprechende Verfeinerung <strong>der</strong> zweiten Reihe sei gegeben durch<br />
N ′ : 1 ≤ K 1 ≤ . . . ≤ K t ≤ H s ≤ . . . ≤ G. Nach Induktionsvoraussetzung haben<br />
1 ≤ K 1 ≤ . . . ≤ K t ≤ H s und 1 = H 0 ≤ . . . ≤ H s isomorphe Verfeinerungen. Also<br />
haben N ′ und die zweite Reihe 1 = H 0 ≤ . . . ≤ H s ≤ G isomorphe Verfeinerungen,<br />
womit <strong>der</strong> Satz bewiesen ist.<br />
□<br />
Einen neuen, ‘konstruktiven’ Beweis gab H. Zassenhaus 26 [90], mittels eines Lemmas, welches<br />
heute als ‘Schmetterlings-Lemma’ bekannt ist. Für einen Beweis, und insbeson<strong>der</strong>e<br />
eine Abbildung des Schmetterlings, siehe [36, Chapter I, Lemma 3.3].<br />
Es folgt unmittelbar, wie angekündigt, <strong>der</strong> Satz von Jordan–Höl<strong>der</strong>. E. Jordan 27 hat gezeigt,<br />
dass die Indizes, dass heißt, die Ordnungen <strong>der</strong> Kompositionsfaktoren, bis auf ihre Reihenfolge<br />
eindeutig bestimmt sind, siehe [30, S. 663]. O. Höl<strong>der</strong> 28 hat in [26] den grundlegenden<br />
Begriff <strong>der</strong> Faktorgruppe eingeführt und die Eindeutigkeit <strong>der</strong> Kompositionsfaktoren<br />
bis auf Isomorphie gezeigt.<br />
25 Nachruf in [40]. Biographie bei MacTutor [46].<br />
26 Zur Person siehe etwa Wikipedia-Eintrag [78], auch [50], [51].<br />
27 Zur Person siehe etwa Wikipedia-Eintrag [83].<br />
28 Geboren in <strong>Stuttgart</strong>. Biographie bei MacTutor [45], Nachruf in [68].
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 30<br />
Satz 7.3 (Jordan–Höl<strong>der</strong>). Je zwei Kompositionsreihen <strong>der</strong> Gruppe G sind isomorph.<br />
Es sei bemerkt, dass dieser Satz für abelsche <strong>Gruppen</strong> eine triviale Aussage liefert, denn<br />
die einfachen abelschen <strong>Gruppen</strong> sind zyklisch von Primzahlordnung, und die Kompositionsfaktoren<br />
einer Kompositionsreihe einer abelschen Gruppe sind offenbar schon durch<br />
die <strong>Gruppen</strong>ordnung bestimmt.<br />
Man kann jedoch allgemeiner Operatorgruppen zusammen mit Operatorhomomorphismen<br />
betrachten. Dann bleiben Aussagen und Beweise sinngemäß bestehen, siehe etwa [3, § 7]<br />
o<strong>der</strong> [27, Kapitel I, § 11]. Der Satz von Jordan–Höl<strong>der</strong> ist dann auch für abelsches G bedeutungsvoll.<br />
8. CHARAKTERISTISCHE UNTERGRUPPEN UND KOMMUTATOREN<br />
Definition 8.1. Eine Untergruppe H <strong>der</strong> Gruppe G heißt charakteristisch in G, falls H<br />
invariant unter Aut(G) ist, Schreibweise H char G. Die Gruppe G selbst heißt charakteristisch<br />
einfach, falls G und 1 die einzigen charakteristischen Untergruppen von G sind.<br />
Ein minimaler Normalteiler von G ist minimales Element <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> von 1 verschiedenen<br />
Normalteiler von G, partiell geordnet durch Inklusion.<br />
Feststellung 8.2. (1) Falls H char K und K char G, gilt H char G.<br />
(2) Falls H char K und K G, gilt H G.<br />
(3) Falls H char G und K char G, gilt HK char G und H ∩ K char G.<br />
Halten wir die folgende Konsequenz aus Feststellung 8.2(2) fest.<br />
Feststellung 8.3. Minimale Normalteiler sind charakteristisch einfach. Die Hauptfaktoren<br />
einer Gruppe (siehe § 7) sind charakteristisch einfache <strong>Gruppen</strong>.<br />
Lemma 8.4. Ist G eine charakteristisch einfache Gruppe, G ≠ 1, dann ist G das direkte<br />
Produkt isomorpher einfacher <strong>Gruppen</strong>.<br />
Beweis. Es sei H ein minimaler Normalteiler von G, und <strong>der</strong> Normalteiler M von G so<br />
gewählt, dass er das direkte Produkt möglichst vieler Bil<strong>der</strong> von H unter Aut(G) ist. Nach<br />
Voraussetzung an G ist G = 〈Hα | α ∈ Aut(G)〉. Angenommen, es gilt M ≠ G. Dann<br />
gibt es α ∈ Aut(G) mit Hα M. Da Hα minimaler Normalteiler von G ist und H ∩<br />
Hα G, folgt H ∩ Hα = 1, und [H, Hα] ≤ H ∩ Hα = 1. Aber damit ist M <<br />
M × Hα G, entgegen <strong>der</strong> Wahl von M.<br />
Also ist G = M. Wir haben also G = H ×K für eine Untergruppe K von G, und somit ist<br />
jede normale Untergruppe von H auch normal in G. Damit ist H einfach nach Minimalität<br />
von H, und das Lemma ist bewiesen.<br />
□<br />
Dies gibt die zweite Aussage in folgen<strong>der</strong> Feststellung.<br />
Feststellung 8.5. (1) Die einfachen abelschen <strong>Gruppen</strong> sind die <strong>Gruppen</strong> von Primzahlordnung.<br />
(2) Ist G charakteristisch einfach und abelsch, dann ist G eine elementarabelsche<br />
p-Gruppe.<br />
Wir halten ein paar elementare Regeln für Kommutatoren fest.<br />
Feststellung 8.6. Es sei G eine Gruppe, a, b, c ∈ G und X, Y ≤ G. Dann gilt<br />
(1) [a, b] = 1 genau dann wenn ab = ba.<br />
(2) [X, Y ] = 1 genau dann wenn xy = yx für alle x ∈ X, y ∈ Y .<br />
(3) Ist σ : G → H ein <strong>Gruppen</strong>homomorphismus, dann gilt [a, b]σ = [aσ, bσ] und<br />
[X, Y ]σ = [Xσ, Y σ].
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 31<br />
(4) [ab, c] = [a, c] b [b, c] und [a, bc] = [a, c][a, b] c .<br />
(5) X ≤ N G (Y ) genau dann wenn [X, Y ] ≤ Y .<br />
(6) [X, Y ] = [Y, X] 〈X, Y 〉.<br />
Regel (4) wird beson<strong>der</strong>s häufig benötigt. Ich zeige nur (6). Beachte [a, b] −1 = [b, a], also<br />
[X, Y ] = [Y, X]. Weiterhin, um [X, Y ] 〈X, Y 〉 zu zeigen, genügt es, [x, y] z ∈ [X, Y ] zu<br />
zeigen für alle x ∈ X, y ∈ Y und z ∈ X ∪ Y . Wegen [x, y] −1 = [y, x] können wir z ∈ Y<br />
annehmen. Nach (4) gilt dann [x, y] z = [x, z] −1 [x, yz] ∈ [X, Y ], und (6) ist bewiesen.<br />
Die Kommutatoruntergruppe von G ist die Gruppe G ′ = G (1) = [G, G]. Man definiert<br />
rekursiv G (n) = [G (n−1) , G (n−1) ] für n > 1. Die Untergruppen G (n) heißen auch höhere<br />
Kommutatoruntergruppen.<br />
Satz 8.7. Es ist G ′ <strong>der</strong> kleinste Normalteiler mit abelscher Faktorgruppe.<br />
Beweis. Zu zeigen ist, dass G ′ im Kern eines <strong>Gruppen</strong>homomorphismus σ : G → H liegt,<br />
sofern σ surjektiv und H abelsch ist. Dies folgt aus obiger Regel (3).<br />
□<br />
Feststellung 8.8. Es sei H ≤ G. Dann gilt<br />
(1) H (n) ≤ G (n) .<br />
(2) Ist σ : G → X ein surjektiver <strong>Gruppen</strong>homomorphismus, gilt G (n) σ = X (n) .<br />
(3) G (n) char G.<br />
(4) G ′ ≤ H genau dann wenn H G mit G/H abelsch.<br />
Der Beweis bleibt zur Übung hinterlassen. (4) ist eine etwas stärkere Formulierung des<br />
obigen Satzes.<br />
Für x, y, z ∈ G schreiben wir [x, y, z] für [[x, y], z], und für X, Y, Z ≤ G schreiben wir<br />
[X, Y, Z] für [[X, Y ], Z] (‘linksnormierte Kommutatoren’).<br />
Für die Aussage des folgenden Lemmas mag die Analogie mit <strong>der</strong> Jacobi-Identität auffallen,<br />
welche per Definition für die Verknüpfung (Lie-Klammer) in einer Lie-Algebra gilt.<br />
Zugeschrieben wird es P. Hall 29 [25] und Witt 30 [88].<br />
Lemma 8.9 (Hall–Witt Identität). Seien x, y, z Elemente von G. Dann gilt<br />
[x, y −1 , z] y [y, z −1 , x] z [z, x −1 , y] x = 1.<br />
Beweis. Es ist [x, y −1 , z] = yx −1 y −1 xz −1 x −1 yxy −1 z, also<br />
[x, y −1 , z] y = (xzx −1 yx) −1 (yxy −1 zy).<br />
Daraus erhält man durch zyklisches Vertauschen <strong>der</strong> Elemente x, y und z weiter<br />
[y, z −1 , x] z = (yxy −1 zy) −1 (zyz −1 xz),<br />
[z, x −1 , y] x = (zyz −1 xz) −1 (xzx −1 yx).<br />
Das Produkt aller drei Faktoren ist also gleich 1.<br />
Daraus ergibt sich unmittelbar das wichtige Drei-Untergruppen-Lemma.<br />
Lemma 8.10 (Drei-Untergruppen-Lemma). Es seien X, Y und Z Untergruppen von G<br />
mit [X, Y, Z] = 1 und [Y, Z, X] = 1. Dann gilt [Z, X, Y ] = 1.<br />
Eine Gruppe G heißt perfekt, falls G = G ′ gilt. Wir zeigen exemplarisch noch folgende<br />
Konsequenz.<br />
29 Nachruf in [53]. Biographie bei MacTutor [44].<br />
30 Siehe die Verweise in Fußnote 24 auf Seite 27.<br />
□
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 32<br />
Satz 8.11. Es seien X und L Untergruppen <strong>der</strong> Gruppe G mit L perfekt und [X, L, L] = 1.<br />
Dann gilt [X, L] = 1.<br />
Beweis. Es ist [X, L, L] = [X, L, L], so dass nach Voraussetzung mit dem Drei-Untergruppen-Lemma<br />
[L, L, X] = 1 folgt. Weiter ist nach Voraussetzung [L, L] = L. Also gilt<br />
[L, X] = 1.<br />
□<br />
9. NILPOTENTE GRUPPEN UND AUFLÖSBARE GRUPPEN<br />
Ich leite nur die elementarsten Eigenschaften nilpotenter und auflösbarer <strong>Gruppen</strong> her.<br />
Einen Eindruck von <strong>der</strong>en <strong>Theorie</strong> mag man gewinnen durch Lektüre <strong>der</strong> Kapitel III und<br />
VI in dem Buch von Huppert [27]. Eine nilpotente Gruppe ist ein direktes Produkt von p-<br />
<strong>Gruppen</strong> (ihrer p-Sylowuntergruppen). Über p-<strong>Gruppen</strong> haben wir in § 5 (abelsche <strong>Gruppen</strong>)<br />
und in §§ 6.1, 6.2 schon ein paar Dinge gelernt. Eine Gruppe ist auflösbar, falls ihre<br />
Hauptfaktoren abelsch sind. Nilpotente <strong>Gruppen</strong> sind auflösbar. Nicht auflösbare <strong>Gruppen</strong><br />
haben wir auch schon kennengelernt, nämlich die symmetrischen <strong>Gruppen</strong> S n für n ≥ 5.<br />
Ich werde allerdings von abweichenden Definitionen für Nilpotenz und Auflösbarkeit ausgehen,<br />
die jeweils eine wichtige Eigenschaft <strong>der</strong> Untergruppen in den Mittelpunkt stellen<br />
(wie in [34]).<br />
Ich will erwähnen, dass ein berühmter, tiefliegen<strong>der</strong> Satz <strong>der</strong> <strong>Gruppen</strong>theorie, <strong>der</strong> Satz<br />
von Feit–Thompson [15], 1963 publiziert, besagt, dass jede Gruppe ungera<strong>der</strong> Ordnung<br />
auflösbar ist. 31<br />
Der Begriff <strong>der</strong> auflösbaren Gruppe entstand als Bezeichnung für die Galoisgruppen von<br />
solchen (rationalen) Polynomen, <strong>der</strong>en Nullstellen durch Iteration mit Radikalen (Wurzeln)<br />
und <strong>der</strong>en Summen und Produkte dargestellt werden können, die also aufgelöst werden<br />
können. Dies ist äquivalent dazu, dass die Galoisgruppe eine Subnormalreihe besitzt, <strong>der</strong>en<br />
sämtliche Faktoren zyklische <strong>Gruppen</strong> von Primzahlordnung sind. Ein zyklischer Faktor<br />
(als <strong>Gruppen</strong>erweiterung interpretiert) entspricht dabei <strong>der</strong> Adjunktion eines Radikals (also<br />
einer Körpererweiterung).<br />
Der Begriff <strong>der</strong> nilpotenten Gruppe ist im Zusammenhang zwischen Liegruppen und Liealgebren<br />
zu verstehen. Eine nilpotente Gruppe G heißt so, weil die sogenannte adjungierte<br />
Darstellung von G nilpotent ist, was besagt, dass es eine natürliche Zahl n gibt, so dass<br />
für jedes y aus G die Abbildung ad y : G → G mit ad y (x) = [x, y] nilpotent vom Grad<br />
n ist, also die n-fache Iteration <strong>der</strong> Abbildung trivial ist im Sinne von (ad y ) n (x) = 1 für<br />
alle x ∈ G. Ich will noch bemerken, dass jede p-Gruppe isomorph zu einer Gruppe von<br />
oberen Dreiecksmatrizen mit Einträgen aus dem Körper mit p Elementen und Einsen in<br />
<strong>der</strong> Hauptdiagonale ist; ist G eine solche Matrizengruppe, ist x − 1 eine nilpotente Matrix<br />
für jedes x ∈ G.<br />
31 Zuvor als Vermutung von Burnside bekannt, <strong>der</strong> in Note M <strong>der</strong> zweiten Auflage seines Buches [ 11] schrieb:<br />
... The contrast that these results shew between groups of odd and even or<strong>der</strong> suggests inevitably that simple<br />
”<br />
groups of odd or<strong>der</strong> do not exist.“ (Auch wenn dies schon zuvor vermutet sein mag.) Mehr als 50 Jahre sp äter<br />
nahm <strong>der</strong> Beweis einen ganzen Band im Pacifics Journal of Mathematics in Beschlag, mit 255 Seiten (sehr komprimiert<br />
geschrieben). Eine Beschreibung des Beweises findet sich in Thompson [64], und zwei Beschreibungen<br />
verdanken wir Gorenstein [22, S. 450–461], [23, S. 13–39]. In <strong>der</strong> vergangenen Zeit ist <strong>der</strong> gesamte Beweis einer<br />
Revision unterzogen worden, und teilweise von mehreren Autoren vereinfacht worden, in veröffentlichten und<br />
unveröffentlichten Arbeiten. Dieser Prozess mag weitergehen. Mittlerweile ist ein vollständiger Beweis in Buchform<br />
publiziert, durch Ben<strong>der</strong> und Glauberman [7] und Peterfalvi [49]. Schließlich will ich noch auf Glaubermans<br />
elementare Diskussion des Satzes in [19] hinweisen.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 33<br />
9.1. Nilpotente <strong>Gruppen</strong>. Ist die Untergruppe A <strong>der</strong> Gruppe G subnormal in G (siehe<br />
Definition 7.1), schreiben wir dafür A G. Subnormalität ist offenbar eine transitive<br />
Relation, dass heißt aus A B G folgt A G. Deshalb spielt <strong>der</strong> Begriff des<br />
Subnormalteilers eine wichtige Rolle bei <strong>der</strong> Untersuchung endlicher <strong>Gruppen</strong>. Ich notiere<br />
gleich ein paar elementare Feststellungen, welche unmittelbar aus <strong>der</strong> Definition folgen.<br />
Feststellung 9.1. Sei A G. Dann gilt:<br />
(1) U ∩ A U für U ≤ G.<br />
(2) A ∩ B G für B G.<br />
(3) Homomorphe Bil<strong>der</strong> von Subnormalteilern sind Subnormalteiler. Volle Urbil<strong>der</strong><br />
von Subnormalteilern unter Homomorphismen sind Subnormalteiler.<br />
Beweis. Zu (1). Folgt durch ‘Herunterschneiden’ einer vorhandenen Subnormalreihe<br />
A = A 0 ≤ A 1 ≤ . . . ≤ A n = G,<br />
was eine Subnormalreihe U ∩ A = U ∩ A 0 U ∩ A 1 . . . U ∩ A n = U liefert.<br />
Zu (2). Nach (1) gilt A ∩ B B, und die Aussage folgt aufgrund von Transitivität.<br />
Zu (3). Bil<strong>der</strong> und volle Urbil<strong>der</strong> von Subnormalreihen sind Subnormalreihen.<br />
Definition 9.2. Eine Gruppe G heißt nilpotent, falls jede Untergruppe von G Subnormalteiler<br />
von G ist. 32<br />
Die Gruppe G ist offenbar genau dann nilpotent, wenn für jede echte Untergruppe U von<br />
G gilt U < N G (U).<br />
Feststellung 9.3. Untergruppen und homomorphe Bil<strong>der</strong> von nilpotenten <strong>Gruppen</strong> sind<br />
nilpotent.<br />
□<br />
Beweis. Siehe (1) und (3) in Feststellung 9.1.<br />
□<br />
Feststellung 9.4. Eine maximale Untergruppe U einer nilpotenten Gruppe G ist normal<br />
in G, und ihr Index |G : U| ist eine Primzahl.<br />
Beweis. Wegen U < N G (U) ≤ G folgt U G. Die Faktorgruppe G/U hat neben <strong>der</strong><br />
trivialen Untergruppe und sich selbst keine weiteren Untergruppen, enthält aber Elemente<br />
von Primzahlordnung. Also ist |G : U| ist eine Primzahl.<br />
□<br />
Feststellung 9.5. Eine p-Gruppe ist nilpotent.<br />
Beweis. Siehe Folgerung 6.9.<br />
□<br />
Feststellung 9.6. Ein direktes Produkt von p-<strong>Gruppen</strong> ist nilpotent.<br />
Beweis. Für n verschiedene Primzahlen p 1 , . . . , p n sei jeweils eine p i -Gruppe G i gewählt,<br />
und G = G 1 × · · · × G n gesetzt. Es ist G i die Menge <strong>der</strong> p i -Elemente in G. Es sei<br />
U < G. Dann gilt U = (U ∩ G 1 ) × · · · × (U ∩ G n ) nach Satz 5.6, und wir dürfen<br />
U ∩ G 1 < G 1 annehmen. Nach Feststellung 9.5 ist dann U ∩ G 1 < N G1 (U ∩ G 1 ), und<br />
somit U < N G (U).<br />
□<br />
Mehr nilpotente <strong>Gruppen</strong> gibt es nicht, denn aus dem Frattini-Argument folgt folgen<strong>der</strong><br />
Satz.<br />
32 Für unendliche <strong>Gruppen</strong> muss <strong>der</strong> Begriff nilpotent an<strong>der</strong>s definiert werden, etwa mittels Zentralreihen,<br />
vergleiche Satz 9.12.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 34<br />
Satz 9.7. Eine Gruppe G ist genau dann nilpotent, wenn sie für jeden Primteiler p von<br />
|G| genau eine p-Sylowuntergruppe besitzt. Eine nilpotente Gruppe ist das direkte Produkt<br />
ihrer Sylowuntergruppen.<br />
Beweis. Eine Richtung ist Feststellung 9.6. Es sei G nilpotent, p Primteiler von |G|, und<br />
P ∈ Syl p (G). Setze U = N G (P ). Dann ist P ∈ Syl p (U), und das Frattini-Argument<br />
(Lemma 6.17) liefert N G (U) = N NG(U)(P )U ≤ N G (P )U = U. Da G nilpotent ist,<br />
folgt U = G, so dass P normal in G ist. Nach dem Satz von Sylow ist also P die einzige<br />
p-Sylowuntergruppe von G. Nach Satz 5.2 folgt, dass G das direkte Produkt seiner<br />
Sylowuntergruppen ist.<br />
□<br />
Ich will als nächstes die Existenz gewisser Normalreihen für nilpotente <strong>Gruppen</strong> zeigen.<br />
Dazu gebe ich eine an<strong>der</strong>e Charakterisierung nilpotenter <strong>Gruppen</strong>. Zunächst stellen wir<br />
fest, dass das Zentrum eines direkten Produkts das direkte Produkt <strong>der</strong> Zentren seiner Faktoren<br />
ist. Mit Folgerung 6.10 erhalten wir daher den folgenden Satz.<br />
Satz 9.8. Ist G eine nilpotente Gruppe und N ein nichttrivialer Normalteiler von G, gilt<br />
N ∩ Z(G) ≠ 1.<br />
Wir halten noch ein Lemma samt Folgerung fest.<br />
Lemma 9.9. Es sei G eine Gruppe und M ≤ Z(G). Dann ist mit G/M auch G nilpotent.<br />
Beweis. Es sei G/M nilpotent, Ḡ = G/M gesetzt, und U ≤ G. Dann ist Ū Ḡ, also<br />
auch UM G nach Feststellung 9.1(3). Wegen M ≤ Z(G) gilt U UM. Also ist<br />
U G, und G als nilpotent erkannt.<br />
□<br />
Folgerung 9.10. Die Gruppe G habe einen nilpotenten Normalteiler N mit nilpotenter<br />
Faktorgruppe G/N. Dann ist G nilpotent.<br />
Beweis. Wir können N ≠ 1 annehmen. Dann ist M = N ∩ Z(G) ≠ 1 nach Satz 9.8.<br />
Nach Feststellung 9.3 und <strong>der</strong> Voraussetzung ist NM/M ein nilpotenter Normalteiler von<br />
G/M mit nilpotenter Faktorgruppe (G/M)/(NM/M) ( ∼ = G/N). Per Induktion nach |G|<br />
können wir also annehmen, dass G/M nilpotent ist, und damit ist auch G nilpotent nach<br />
Lemma 9.9.<br />
□<br />
Nun können wir Nilpotenz durch Eigenschaften <strong>der</strong> Normalteiler <strong>der</strong> Gruppe charakterisieren.<br />
Satz 9.11. Für eine Gruppe G sind die folgenden Aussagen äquivalent.<br />
(1) G ist nilpotent.<br />
(2) Für jeden echten Normalteiler N von G gilt Z(G/N) ≠ 1.<br />
(3) Für jeden nichttrivialen Normalteiler N von G gilt [N, G] < N.<br />
Beweis. (1)⇒(2) folgt mit Satz 9.8, da für einen echten Normalteiler N von G das nichttriviale<br />
homomorphe Bild G/N von G nilpotent ist. Nun gelte (2). Es sei N ein nichttrivialer<br />
Normalteiler von G. Nach Voraussetzung ist Z = Z(G) ≠ 1. Setze Ḡ = G/Z. Beachte,<br />
die Aussage (2) gilt auch mit G ersetzt durch Ḡ. Per Induktion nach |G| können wir, um<br />
(3) zu zeigen, also annehmen, dass ¯N = 1 o<strong>der</strong> [N, G] = [ ¯N, Ḡ] < ¯N gilt. Im ersten Fall<br />
ist N ≤ Z(G), also [N, G] = 1 < N. Im zweiten Fall ist [N, G]Z < NZ, also ebenfalls<br />
[N, G] < N. Dies zeigt (2)⇒(3). Es gelte (3). Es sei M ein minimaler Normalteiler von<br />
G. Dann ist [M, G] < M, wegen [M, G] G also [M, G] = 1 und M ≤ Z(G). Setze<br />
Ḡ = G/M. Wir zeigen zunächst, dass die Aussage (3) auch gilt mit G ersetzt durch Ḡ.<br />
Dazu sei M < N G, also 1 ≠ ¯N Ḡ. Angenommen, es gilt [N, G] = [ ¯N, Ḡ] = ¯N,
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 35<br />
also [N, G]M = N. Dann ist [N, G] = [[N, G], G], nach (3) also [N, G] = 1, und damit<br />
M = [N, G]M = N, ein Wi<strong>der</strong>spruch zur Wahl von N. Also können wir, um (1) zu zeigen,<br />
mittels Induktion nach |G| annehmen, dass Ḡ nilpotent ist. Damit ist G nilpotent nach<br />
Lemma 9.9, und (3)⇒(1) gezeigt.<br />
□<br />
Für eine Gruppe G setzen wir Z 0 (G) = 1 und definieren für i ≥ 1 induktiv die Untergruppe<br />
Z i (G) von G als das volle Urbild von Z(G/Z i−1 (G)) unter dem natürlichen<br />
Homomorphismus G → G/Z i−1 (G). Es ist also Z 1 (G) = Z(G). Offenbar sind die Z i (G)<br />
charakteristische Untergruppen von G. Die Kette 1 ≤ Z 1 (G) ≤ Z 2 (G) ≤ . . . heißt die<br />
aufsteigende Zentralreihe von G. Wir setzen K 1 (G) = G und definieren für i > 1<br />
induktiv K i (G) = [K i−1 (G), G]. Es ist also K 2 (G) = [G, G] = G ′ . Die K i (G) sind<br />
charakteristische Untergruppen von G (dies folgt mit Feststellung 8.6(3) durch Induktion).<br />
Die Kette G = K 1 (G) ≥ K 2 (G) . . . heißt die absteigende Zentralreihe von G.<br />
Die Bezeichnung Zentralreihe anstelle von Normalreihe bezieht sich dabei darauf, dass<br />
[Z i (G), G] ≤ Z i−1 (G) bzw. [K i−1 (G), G] ≤ K i (G) für i > 1 gilt.<br />
Es sei G eine nilpotente Gruppe. Nach Satz 9.11(1-3) endet dann die absteigende Zentralreihe<br />
von G bei 1, dass heißt, es existiert m = min{n ≥ 1 | K n (G) = 1}. Es ist m − 1<br />
die (Nilpotenz-)klasse von G. Ist etwa G ≠ 1 und G abelsch, hat G Klasse 1; ist G/Z(G)<br />
nichttrivial und abelsch, hat G Klasse 2. Nach Satz 9.11(1-2) endet die aufsteigende Zentralreihe<br />
bei G, dass heißt, es existiert min{n ≥ 0 | Z n (G) = G}.<br />
Satz 9.12. Für eine Gruppe G sind die folgenden Aussagen äquivalent.<br />
(1) G ist nilpotent.<br />
(2) Es gibt n ≥ 1 mit K n (G) = 1.<br />
(3) Es gibt n ≥ 0 mit Z n (G) = G.<br />
Beweis. Die Implikationen (1)⇒(2) und (1)⇒(3) haben wir eben bemerkt. Es gelte (2),<br />
und es sei m = min{n ≥ 1 | K n (G) = 1} gesetzt. Dann ist M = K m−1 (G) ≠ 1<br />
und [M, G] = K m−1 (G) = 1, also M ≤ Z(G). Um (1) zu zeigen, können wir mittels<br />
Induktion nach |G| annehmen, dass G/M nilpotent ist. Dann folgt (1) aus Lemma 9.9.<br />
Nun gelte (3). Es sei G ≠ 1. Die Faktorgruppe G/Z(G) hat echt kleinere Ordnung als G,<br />
so dass zum Beweis von (1) mittels Induktion nach |G| angenommen werden kann, dass<br />
G/Z(G) nilpotent ist, und (1) folgt wie<strong>der</strong> mit Lemma 9.9.<br />
□<br />
Ich zeige noch, dass die auf- und die absteigende Zentralreihe einer nilpotenten Gruppe<br />
gleiche Länge haben.<br />
Satz 9.13. Die Klasse einer nilpotenten Gruppe G ist min{n ≥ 0 | Z n (G) = G}.<br />
Beweis. Es sei c die Klasse <strong>der</strong> nilpotenten Gruppe G. Wir zeigen K c+1−i (G) ≤ Z i (G)<br />
für 0 ≤ i ≤ c. Für i = 0 folgt dies aus den Definitionen. Ist i > 0, können wir induktiv<br />
K c+2−i (G) ≤ Z i−1 (G) annehmen. Dann gilt [K c+1−i (G), G] = K c+2−i (G) ≤ Z i−1 (G),<br />
so dass K c+1−i (G)Z i−1 (G)/Z i−1 (G) in Z(G/Z i−1 (G)) = Z i (G)/Z i−1 (G) liegt, also<br />
K c+1−i (G) ≤ Z i (G) wie gewünscht gilt. Insbeson<strong>der</strong>e gilt Z c (G) = K 1 (G) = G.<br />
Nun sei l = min{n ≥ 0 | Z n (G) = G}. Es ist also l ≤ c. Wir zeigen weiter K i+1 (G) ≤<br />
Z l−i (G) für 0 ≤ i ≤ l. Für i = 0 ist das klar, und für i > 0 können wir induktiv<br />
K i (G) ≤ Z l−i+1 (G) annehmen. Dann gilt wie gewünscht K i+1 (G) = [K i (G), G] ≤<br />
[Z l−i+1 (G), G] ≤ Z l−i (G). Insbeson<strong>der</strong>e gilt K l+1 (G) ≤ Z 0 (G) = 1, also l ≤ c, und<br />
damit c = l. Der Satz ist bewiesen.<br />
□<br />
Wir notieren eine unmittelbare Folgerung.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 36<br />
Folgerung 9.14. Für c ≥ 1 ist die nichttriviale Gruppe G nilpotent von <strong>der</strong> Klasse c genau<br />
dann, wenn G/Z(G) nilpotent von <strong>der</strong> Klasse c − 1 ist.<br />
Wir schließen die kurze Diskussion über die Klasse einer nilpotenten Gruppe mit einer<br />
einfachen Feststellung.<br />
Feststellung 9.15. Die Gruppe G sei nilpotent von <strong>der</strong> Klasse c. Dann sind Untergruppen<br />
und homomorphe Bil<strong>der</strong> von G nilpotent von Klasse ≤ c.<br />
Beweis. Nach Feststellung 9.3 ist nur die Aussage über die Klasse zu zeigen. Diese folgt<br />
für eine Untergruppe U von G aus K i (U) ≤ K i (G) für i ≥ 1 und für ein homomorphes<br />
Bild Ḡ = G/N von G aus Ki(Ḡ) = K i(G) für i ≥ 1.<br />
□<br />
Wir wenden uns einer charakteristischen Untergruppe einer Gruppe zu, die ihren Namen<br />
nach Frattini 33 [16] trägt.<br />
Definition 9.16. Der Durchschnitt aller maximalen Untergruppen <strong>der</strong> Gruppe G heißt<br />
Frattiniuntergruppe von G. Sie wird mit Φ(G) bezeichnet.<br />
Die Frattiniuntergruppe einer Gruppe ist charakteristisch. Wir notieren ihre wesentliche<br />
Eigenschaft.<br />
Satz 9.17. Ist H ≤ G und G = 〈H, Φ(G)〉, gilt H = G.<br />
Beweis. Ist H < G, liegt H in einer maximalen Untergruppe M von G, und es folgt<br />
〈H, Φ(G)〉 ≤ 〈M, Φ(G)〉 = M < G.<br />
□<br />
Also sind Elemente <strong>der</strong> Frattiniuntergruppe in jedem Erzeugendensystem ‘überflüssig’.<br />
Satz 9.18 (Frattini (1885)). Für eine Gruppe G ist Φ(G) nilpotent.<br />
Beweis. Sei p Primteiler <strong>der</strong> Ordnung von Φ(G) und P ∈ Syl p (Φ(G)). Das Frattini-<br />
Argument (Lemma 6.17) liefert G = N G (P )Φ(G). Mit Satz 9.17 folgt G = N G (P ).<br />
Aus Satz 9.7 folgt nun die Nilpotenz von G.<br />
□<br />
Folgerung 9.19. Ist für eine Gruppe G die Faktorgruppe G/Φ(G) nilpotent, ist auch G<br />
nilpotent.<br />
Beweis. Gilt nach Satz 9.18 und Folgerung 9.10.<br />
□<br />
Der folgende Satz ist als Basissatz von Burnside bekannt.<br />
Satz 9.20. Für eine p-Gruppe G ist G/Φ(G) eine elementarabelsche p-Gruppe. Ist weiter<br />
|G/Φ(G)| = p d und G/Φ(G) = 〈x 1 〉×· · ·×〈x d 〉 mit x i ∈ G, dann gilt G = 〈x 1 , . . . , x d 〉.<br />
Beweis. Es seien U 1 , . . . , U n die maximalen Untergruppen von G. Nach Feststellung 9.4<br />
gilt U i G und G/U i<br />
∼ = Cp . Die natürlichen Homomorphismen π i : G → G/U i geben<br />
einen Homomorphismus G → G/U 1 × · · · × G/U n , x ↦→ (xπ 1 , . . . , xπ n ), dessen Kern<br />
U 1 ∩ . . . ∩ U n ist, also gerade Φ(G). Nach dem Homomorphiesatz ist somit G/Φ(G) eine<br />
Untergruppe von dem direkten Produkt von n Kopien von C p , also eine elementarabelsche<br />
p-Gruppe. Es ist G = 〈x 1 , . . . , x d 〉Φ(G), so dass die zusätzliche Behauptung aus Satz 9.17<br />
folgt.<br />
□<br />
33 Siehe die Verweise in Fußnote 21 auf Seite 22.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 37<br />
Ich will noch eine weitere charakteristische nilpotente Untergruppe einer Gruppe einführen,<br />
die Fittinguntergruppe. Für eine Gruppe G und eine Primzahl p setzen wir<br />
⋂<br />
O p (G) = P.<br />
P ∈Syl p (G)<br />
Offenbar ist O p (G) eine charakteristische Untergruppe von G, denn ein Automorphismus<br />
von G bildet p-Sylowuntergruppen auf p-Sylowuntergruppen ab. Es ist O p (G) eine<br />
p-Gruppe. Genauer ist O p (G) die größte normale p-Untergruppe von G. Denn ist N eine<br />
normale p-Untergruppe von G, und P ∈ Syl p (G), ist die Gruppe P N nach Lemma 4.9<br />
eine p-Gruppe, so dass P N = P nach Maximalität von P und N ≤ P gilt. Dies zeigt<br />
N ≤ O p (G).<br />
Es ist klar, dass G genau dann eine p-Sylowuntergruppe besitzt, die normal in G ist, wenn<br />
O p (G) die einzige p-Sylowuntergruppe von G ist (Satz von Sylow).<br />
Die Fittinguntergruppe F(G) von G ist die von allen O p (G) erzeugte Untergruppe von<br />
G, wobei p die Primteiler <strong>der</strong> Ordnung von G durchläuft. Wie festgestellt, ist F(G) eine<br />
charakteristische Untergruppe von G. Nach Satz 5.2 ist F(G) das direkte Produkt <strong>der</strong><br />
<strong>Gruppen</strong> O p (G). Insbeson<strong>der</strong>e ist F(G) nilpotent. Es ist F(G) sogar <strong>der</strong> größte nilpotente<br />
Normalteiler von G. Denn ist N eine normale nilpotente Untergruppe von G, und p ein<br />
Primteiler <strong>der</strong> Ordnung von N, ist O p (N) die p-Sylowuntergruppe von N, damit normal<br />
in G, und, wie festgestellt, in O p (G) enthalten.<br />
Zur späteren Verwendung halten wir noch ein einfaches Lemma fest.<br />
Lemma 9.21. Es sei G eine nilpotente Gruppe und N ein abelscher Normalteiler von<br />
G, <strong>der</strong> in keinem an<strong>der</strong>en abelschen Normalteiler von G echt enthalten ist (maximaler<br />
abelscher Normalteiler). Dann gilt C G (N) = N.<br />
Beweis. Es gilt N ≤ C G (N) G. Setze Ḡ = G/N. Angenommen, es gilt N < C G(N).<br />
Dann ist C G (N) nichttrivialer Normalteiler von Ḡ, so dass es nach Satz 9.8 ein x ∈ G<br />
gibt mit 1 ≠ ¯x ∈ C G (N) ∩ Z(Ḡ), also mit x ∈ C G(N) \ N und [x, G] ≤ N. Es folgt,<br />
dass 〈N, x〉 eine abelsche Gruppe ist, die N echt enthält, und die normal in G ist, ein<br />
Wi<strong>der</strong>spruch.<br />
□<br />
9.2. Auflösbare <strong>Gruppen</strong>. Ich erinnere daran, dass G ′ die Kommutatoruntergruppe einer<br />
Gruppe G bezeichnet.<br />
Definition 9.22. Eine Gruppe G heißt auflösbar, wenn für jede nichttriviale Untergruppe<br />
U von G gilt U ′ < U. 34<br />
Nilpotente <strong>Gruppen</strong> sind auflösbar, denn <strong>der</strong>en Untergruppen sind ebenfalls nilpotent (Feststellung<br />
9.3), so dass <strong>der</strong>en absteigende Zentralreihen bei <strong>der</strong> trivialen Untergruppe enden<br />
(Satz 9.12).<br />
Nicht abelsche einfache <strong>Gruppen</strong> sind perfekt (gleich ihrer Kommutatoruntergruppe), also<br />
nicht auflösbar.<br />
Feststellung 9.23. Untergruppen und homomorphe Bil<strong>der</strong> auflösbarer <strong>Gruppen</strong> sind auflösbar.<br />
Beweis. Für Untergruppen ist die Aussage klar. Es sei H ein nichttriviales homomorphes<br />
Bild <strong>der</strong> auflösbaren Gruppe G, und 1 ≠ V ≤ H. Es sei U ≤ G minimal nach Ordnung<br />
34 Für unendliche <strong>Gruppen</strong> muss <strong>der</strong> Begriff aufl ösbar an<strong>der</strong>s definiert werden, etwa mag verlangt werden,<br />
dass eine höhere Kommutatoruntergruppe trivial ist, vergleiche Satz 9.26.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 38<br />
gewählt, so dass V homomorphes Bild von U ist. Nach Feststellung 8.6(3) ist dann V ′<br />
homomorphes Bild von U ′ , und da U ′ < U, ist V ′ < V nach Minimalität von U. □<br />
Feststellung 9.24. Die Gruppe G habe einen auflösbaren Normalteiler N mit auflösbarer<br />
Faktorgruppe G/N. Dann ist G auflösbar.<br />
Beweis. Es sei U eine nichttriviale Untergruppe von G. Falls U ≤ N, folgt U ′ < U da<br />
N auflösbar ist. An<strong>der</strong>nfalls ist, wenn wir noch Ḡ = G/N setzen, Ū eine nichttriviale<br />
Untergruppe von Ḡ, und U ′ N/N = Ū ′ < Ū = UN/N wegen <strong>der</strong> Auflösbarkeit von Ḡ,<br />
also ebenfalls U ′ < U.<br />
□<br />
Feststellung 9.25. Ein minimaler Normalteiler M einer Gruppe G, <strong>der</strong> in einer auflösbaren<br />
Untergruppe von G liegt, ist eine elementarabelsche p-Gruppe.<br />
Beweis. Nach Feststellung 8.3 ist M charakteristisch einfach, und nach Feststellung 9.23<br />
ist M auflösbar, also 1 ≤ M ′ < M. Es folgt M ′ = 1, so dass G elementarabelsche<br />
p-Gruppe ist nach Feststellung 8.5.<br />
□<br />
Man erinnere sich an die Definition <strong>der</strong> höheren Kommutatoruntergruppen G (n) auf Seite<br />
31. Es ist G ≥ G ′ = G (1) ≥ G (2) ≥ . . . eine Kette von charakteristischen Untergruppen<br />
von G mit abelschen Faktoren.<br />
Satz 9.26. Für eine Gruppe G sind folgende Aussagen äquivalent.<br />
(1) G ist auflösbar.<br />
(2) G (n) = 1 für eine natürliche Zahl n.<br />
(3) G besitzt eine Normalreihe mit abelschen Faktoren.<br />
(4) G besitzt eine Kompositionsreihe, <strong>der</strong>en Faktoren Primzahlordnung haben.<br />
Beweis. (1)⇒(2) folgt aus <strong>der</strong> Definition von Auflösbarkeit. (2)⇒(3) ist trivial. Besitzt<br />
G eine Normalreihe mit abelschen Faktoren, kann diese nach Feststellung 8.5(1) zu einer<br />
Kompositionsreihe mit Faktoren von Primzahlordnung verfeinert werden. 35 Dies zeigt<br />
(3)⇒(4). Gilt (4), und ist G ≠ 1, gibt es einen echten Normalteiler N von G mit zyklischer<br />
Faktorgruppe, so dass N eine Kompositionsreihe besitzt, <strong>der</strong>en Faktoren Primzahlordnung<br />
haben. Wollen wir (1) zeigen, können wir per Induktion nach |G| annehmen, dass<br />
N auflösbar ist. Da G/N auflösbar ist, folgt dann (1) nach Feststellung 9.24. □<br />
Wir kommen noch zu einer wichtigen Eigenschaft, die sich auf die Fittinguntergruppe einer<br />
auflösbaren Gruppe bezieht. Ich gebe zunächst das vorbereitende Lemma. Ich will auf<br />
eine einfache, aber wichtige Tatsache hinweisen, die wir dabei verwenden (vgl. Feststellung<br />
6.4). Auf einer Gruppe G operiert die Gruppe ihrer inneren Automorphismen, und<br />
auch Aut(G). Falls eine Untergruppe H von G normal (charakteristisch) in G ist, ist auch<br />
C G (H) und N G (H) normal (charakteristisch) in G.<br />
Lemma 9.27. Für eine Gruppe G sei H = C G (F(G)) gesetzt. Dann gilt für jede Primzahl<br />
p, dass O p (H/H ∩ F(G)) = 1.<br />
Beweis. Für eine Primzahl p sei O p (H/H ∩ F(G)) = Q/H ∩ F(G) mit H ∩ F(G) ≤ Q ≤<br />
H. Wir haben Q ≤ F(G) zu zeigen. Mit Feststellung 8.2 folgt, dass Q normal in G ist.<br />
Beachte, es ist H ∩ F(G) = Z(F(G)), und Q/Z(F(G)) ist eine p-Gruppe, also nilpotent.<br />
Nach Lemma 9.9 ist Q nilpotent. Da F(G) <strong>der</strong> größte nilpotente Normalteiler von G ist, ist<br />
das Lemma bewiesen.<br />
□<br />
Satz 9.28. Ist G eine auflösbare Gruppe, gilt C G (F(G)) ≤ F(G).<br />
35 Nach Feststellung 8.5(2) auch zu einer Normalreihe mit elementarabelschen Faktoren.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 39<br />
Beweis. Für H = C G (F(G)) ist H/H ∩ F(G) = 1 zu zeigen. Nach Lemma 9.27 hat<br />
H/H ∩ F(G) keinen nichttrivialen p-Normalteiler. Da die Gruppe H/H ∩ F(G) nach<br />
Feststellung 9.23 auflösbar ist, ist sie also nach Feststellung 9.25 trivial.<br />
□<br />
Der Satz zeigt, dass man für auflösbare <strong>Gruppen</strong>, über die Konjugationsoperation von G<br />
auf F(G), einen Homomorphismus von G nach Aut(F(G)) mit Kern Z(F(G)) erhält, mit<br />
dessen Hilfe man die Gruppe G untersuchen kann. Die Vorstellung, die ich in diesem Zusammenhang<br />
von <strong>der</strong> Fittinguntergruppe habe ist, dass sie von ‘kleinen’ normalen Untergruppen<br />
erzeugt wird und ‘recht weit unten’ in <strong>der</strong> Gruppe liegt, und darüberhinaus ‘recht<br />
unkompliziert’ ist, so dass die Darstellung zur Untersuchung von G äußerst brauchbar ist.<br />
Ich will noch erwähnen, dass für eine beliebige endliche Gruppe <strong>der</strong>en verallgemeinerte<br />
Fittinguntergruppe 36 die entsprechende Eigenschaft hat.<br />
Es sei G eine Gruppe und p eine Primzahl. Eine p ′ -Untergruppe von G ist eine Untergruppe<br />
von G, <strong>der</strong>en Ordnung nicht von p geteilt wird (es steht p ′ für die zu {p} komplementäre<br />
Menge von Primzahlen). Nach Lemma 4.9 ist das Erzeugnis zweier normaler<br />
p ′ -Untergruppen von G ebenfalls eine normale p ′ -Untergruppe. Es gibt daher eine größte<br />
normale p ′ -Untergruppe in G, charakteristisch in G, die mit O p ′(G) bezeichnet wird. Man<br />
beachte, dass O p ′(G/O p ′(G)) = 1 gilt.<br />
Der folgende Satz ist eine Konsequenz aus Satz 9.28, denn die Voraussetzung besagt ja<br />
F(G) = O p (G).<br />
Satz 9.29. Ist G eine auflösbare Gruppe und p ein Primteiler <strong>der</strong> Ordnung von G mit<br />
O p ′(G) = 1, so gilt C G (O p (G)) ≤ O p (G).<br />
Ich will noch folgenden Satz festhalten. Er ist ein Spezialfall des p-Komplementsatzes von<br />
Burnside, welcher seinerseits eine Anwendung von Verlagerung ist. Darüber werde ich<br />
nichts erzählen. Siehe etwa [3, (39.1)] o<strong>der</strong> [27, Hauptsatz IV.2.6].<br />
Satz 9.30. Wenn die Gruppe G eine zyklische 2-Sylowuntergruppe S hat, dann gilt G =<br />
SO 2 ′(G).<br />
Beweis. Es sei ϕ: G → Sym(G) <strong>der</strong> Homomorphismus, den man durch die Operation von<br />
G durch Rechtsmultiplikation auf sich selbst erhält (Seite 18). Weiter sei sign: Sym(G) →<br />
{1, −1} <strong>der</strong> in Beispiel 4.3(4) definierte (Signum-)Homomorphismus. Wir betrachten die<br />
Komposition π = sign ◦ ϕ: G → {1, −1}. Wir können annehmen, dass 2 die Ordnung<br />
von G teilt. Es sei x ein Erzeuger <strong>der</strong> zyklischen 2-Sylowuntergruppe S und |S| = m<br />
gesetzt. Die Permutation xϕ das Produkt von |G|/m disjunkten (ziffernfremden) Zykeln<br />
<strong>der</strong> Länge m. Nun ist (1, 2, 3, . . . , m) = (1, 2)(1, 3) · · · (1, m). Also ist ein Zykel <strong>der</strong><br />
Länge m Produkt von m − 1 Transpositionen, und damit eine ungerade Permutation. Da<br />
|G|/m eine ungerade Zahl ist (Satz von Sylow), folgt xπ = sign(xϕ) = −1. Damit ist π<br />
ein surjektiver Homomorphismus. Setze H = Kern π. Wir haben |G : H| = 2 gezeigt. Es<br />
sei T eine 2-Sylowuntergruppe von H. Als Untergruppe einer 2-Sylowuntergruppe von G<br />
ist T zyklisch. Wir können annehmen, das T in S liegt (vgl. Satz 6.14). Per Induktion nach<br />
|G| dürfen wir annehmen, dass H = T O 2 ′(H) gilt. Wegen S H folgt G = SO 2 ′(H).<br />
Es ist O 2 ′(H) charakteristisch in H, und damit normal in G. Weiterhin ist G/O 2 ′(H) ∼ =<br />
S/S ∩ O 2 ′(H), also G/O 2 ′(H) eine 2-Gruppe. Es folgt O 2 ′(H) = O 2 ′(G), und <strong>der</strong> Satz<br />
ist bewiesen.<br />
□<br />
36 Eingeführt von H. Ben<strong>der</strong>. Zur Definition siehe etwa [34, § 6.5].
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 40<br />
Hat also eine nicht abelsche Gruppe gera<strong>der</strong> Ordnung eine zyklische 2-Sylowuntergruppe,<br />
ist sie insbeson<strong>der</strong>e nicht einfach. (Nach dem Satz von Feit–Thompson gilt sogar, dass sie<br />
auflösbar ist.)<br />
9.3. Nachschlag. Satz 9.29 gilt allgemeiner für p-separable <strong>Gruppen</strong>, und läßt sich auch<br />
für π-separable <strong>Gruppen</strong> formulieren. Ich gebe zunächst die notwendigen Definitionen.<br />
Zunächst erweitern wir in offensichtlicher Weise eine zuvor gegebene Definition. Es sei G<br />
eine Gruppe und π eine Menge von Primzahlen. Nach Lemma 4.9 ist das Erzeugnis zweier<br />
normaler π-Untergruppen von G ebenfalls eine normale π-Untergruppe. Es gibt daher eine<br />
größte normale π-Untergruppe in G, charakteristisch in G, die mit O π (G) bezeichnet wird.<br />
Man beachte, dass O π (G/O π (G)) = 1 gilt.<br />
Es bezeichne π ′ die zu π komplementäre Menge von Primzahlen. Die Gruppe G heißt<br />
π-separabel, falls es eine Reihe<br />
(9.1) 1 = A 0 ≤ . . . ≤ A i−1 ≤ A i ≤ . . . ≤ A n = G<br />
gibt mit normalen Untergruppen A 1 , . . . , A n von G, so dass je<strong>der</strong> <strong>der</strong> Faktoren A i /A i−1<br />
eine π-Gruppe o<strong>der</strong> eine π ′ -Gruppe ist (i = 1, . . . , n). Eine auflösbare Gruppe G ist π-<br />
separabel nach Satz 9.26. 37<br />
Feststellung 9.31. Untergruppen und homomorphe Bil<strong>der</strong> π-separabler <strong>Gruppen</strong> sind π-<br />
separabel.<br />
Beweis. Für homomorphe Bil<strong>der</strong> ist die Aussage klar. Es sei U eine Untergruppe einer π-<br />
separablen Gruppe G. Dann gibt es eine Reihe (9.1) mit den für π-Separabilität gefor<strong>der</strong>ten<br />
Eigenschaften, und durch ‘Herunterschneiden’ erhält man eine Reihe 1 ≤ U ∩ A 1 ≤<br />
. . . ≤ U ∩ A n = U, in <strong>der</strong> jedes Glied normal in U ist. Wegen U ∩ A i /U ∩ A i−1<br />
∼ =<br />
(U ∩ A i )A i−1 /A i−1 ≤ A i /A i−1 ist je<strong>der</strong> Faktor eine π-Gruppe o<strong>der</strong> eine π ′ -Gruppe.<br />
Damit ist U ebenfalls π-separabel.<br />
□<br />
Um fortfahren zu können, gebe ich noch einen Satz von Schur 38 [57], genauer gesagt<br />
sein berühmtes Summationsargument, welches eines <strong>der</strong> wichtigen Schlüsse in <strong>der</strong> Kohomologietheorie<br />
<strong>der</strong> <strong>endlichen</strong> <strong>Gruppen</strong> werden sollte. Der Satz von Schur–Zassenhaus<br />
(Satz 10.4) stellt davon eine Verallgemeinerung dar. Dabei läßt sich für einen abelschen<br />
Normalteiler ebenfalls Schurs Argument verwenden, siehe etwa [22, Theorem 6.2.1].<br />
Ist H eine Untergruppe <strong>der</strong> Gruppe G, dann heißt eine Teilmenge R von G ein Rechtsvertretersystem<br />
39 von H in G, falls jede Rechtsnebenklasse von H in G genau ein Element<br />
aus R enthält, also jede Rechtsnebenklasse von H durch genau einen ‘Vertreter’ in R ‘repräsentiert’<br />
wird. Entsprechend wird definiert, was ein Linksvertretersystem ist. Ist H<br />
Normalteiler von G, stimmen also Rechtsnebenklassen von H mit Linksnebenklassen von<br />
H überein (siehe § 4.4), sind Rechtsvertretersysteme von H in G Linksvertretersysteme<br />
und umgekehrt. Man spricht dann einfach von Vertretersystemen.<br />
Satz 9.32 (Schur (1902)). Die Gruppe G habe eine Untergruppe H mit H ≤ Z(G) und<br />
(|H|, |G : H|) = 1. Dann gibt es K ≤ G mit G = K × H.<br />
37 Wer ahnt, wie eine äquivalente Definition von π-Separabilität aussehen könnte, die für aufl ösbare <strong>Gruppen</strong><br />
offenbar mit Definition9.22 übereinstimmen würde? (siehe [34, S. 119]).<br />
38 Zu Person und Schaffen siehe etwa [37], Chapter IV in [13], und auch Wikipedia-Eintrag [79].<br />
39 Auch: System von Repräsentanten <strong>der</strong> Rechtsnebenklassen o<strong>der</strong> kurz Transversale.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 41<br />
Beweis. Es sei R ein Vertretersystem von H in G. Setze Ḡ = G/H. Für a ∈ Ḡ sei r a <strong>der</strong><br />
Repräsentant von a in R, also a = Hr a . Für a, b ∈ G ist r a r b = γ(a, b)r ab mit einem<br />
γ(a, b) ∈ H. Für a, b, c ∈ Ḡ ist einerseits<br />
an<strong>der</strong>erseits<br />
Es ist also<br />
(r a r b )r c = γ(a, b)r ab r c = γ(a, b)γ(ab, c)r abc ,<br />
r a (r b r c ) = r a γ(b, c)r bc = γ(b, c)r a r bc = γ(b, c)γ(a, bc)r abc .<br />
γ(a, b)γ(ab, c) = γ(b, c)γ(a, bc). 40<br />
Bildet man auf beiden Seiten dieser Gleichung das Produkt über alle Elemente c aus Ḡ,<br />
erhält man, wenn noch n = |Ḡ| gesetzt wird,<br />
( ) ( )( )<br />
∏ ∏ ∏<br />
γ(a, b) n γ(ab, c) = γ(b, c) γ(a, bc) .<br />
c∈Ḡ c∈Ḡ<br />
c∈Ḡ<br />
Setze β(a) = ∏ c∈Ḡ γ(a, c). Es gilt ∏ c∈Ḡ γ(a, bc) = ∏ c∈Ḡ γ(a, c) = β(a), denn mit c<br />
durchläuft auch bc alle Elemente von Ḡ genau einmal. Also ist<br />
γ(a, b) n β(ab) = β(a)β(b). 41<br />
Wegen (|H|, n) = 1 gibt es m, l ∈ Z mit mn + l|H| = −1. Potenzieren bei<strong>der</strong> Seiten <strong>der</strong><br />
letzten Gleichung mit m ergibt<br />
γ(a, b) −1 β(ab) m = β(a) m β(b) m .<br />
Multipliziert man nun linke und rechte Seite dieser Gleichung mit jenen <strong>der</strong> Gleichung<br />
γ(a, b)r ab = r a r b , erhält man<br />
r ab β(ab) m = r a β(a) m r b β(b) m .<br />
Dies zeigt, dass K = {r a β(a) m<br />
G = K × H.<br />
| a ∈<br />
Ḡ} eine Untergruppe von G ist, und es folgt<br />
□<br />
Nun können wir den angekündigten Satz beweisen.<br />
Satz 9.33. Ist G eine π-separable Gruppe und O π ′(G) = 1, so gilt C G (O π (G)) ≤ O π (G).<br />
Beweis. Setze H = C G (O π (G)) und L = H∩O π (G). 42 Es ist H/L = 1 zu zeigen. Es sind<br />
H und L charakteristische Untergruppen von G, so dass das volle Urbild von O π (H/L) in<br />
H eine normale π-Untergruppe von G ist, also in O π (G) liegt. Es folgt O π (H/L) = 1. Es<br />
sei L ≤ M ≤ H mit O π ′(H/L) = M/L. Es gilt L ≤ Z(M) und (|L|, |M : L|) = 1. Nach<br />
Satz 9.32 gibt es also eine π ′ -Untergruppe K von M mit M = K ×L. Nun ist mit M auch<br />
K charakteristisch in G, so dass nach Voraussetzung K = 1 folgt, und O π ′(H/L) = 1.<br />
Nach Definition von π-Separabilität folgt H/L = 1.<br />
□<br />
40 Dies besagt, dass γ ein 2-Kozykel von Ḡ mit Werten in dem (trivialen) Modul H ist.<br />
41 Dies besagt, dass γ(·, ·) n ein 2-Korand ist.<br />
42 Es ist L = Z(Oπ(G)), aber dies spielt hier keine Rolle.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 42<br />
10. TEILERFREMDE OPERATION<br />
Im Mittelpunkt dieses Abschnitts steht <strong>der</strong> Satz von Schur–Zassenhaus. Dieser besagt, dass<br />
ein Normalteiler N einer Gruppe G, dessen Ordnung teilerfremd zu <strong>der</strong> Ordnung <strong>der</strong> Faktorgruppe<br />
G/N ist, ein sogenanntes Komplement in G besitzt, und dass noch eine (wichtige)<br />
Konjugiertheitsaussage bezüglich solcher Komplemente gilt. Ein solches Komplement,<br />
welches eine Untergruppe von G ist, operiert dann per definitonem via Konjugation teilerfremd<br />
auf N. Weiterhin ist G dann das semidirekte Produkt von N mit einem Komplement.<br />
Daher führe ich in § 10.1 zuerst das semidirekte Produkt ein. In § 10.2 wird dann <strong>der</strong> Satz<br />
von Schur–Zassenhaus gegeben. Ist N abelsch, ist dies eigentlich ein Fall für (niedrigdimensionale)<br />
Kohomologietheorie von <strong>Gruppen</strong>, also salopp gesagt, eine Frage über H 2<br />
(Existenz von Komplementen) und H 1 (Konjugiertheit von Komplementen). Siehe dazu<br />
etwa [61, Chapter 2, §§ 7, 8] o<strong>der</strong> [54, Chapter 7], und auch [3, § 17] für eine gruppentheoretische<br />
Diskussion von 1-Kohomologie. Ich klemme und folge <strong>der</strong> ‘coolen’ Darstellung<br />
in [34, § 3.3], die Operation in den Vor<strong>der</strong>grund rückt. Für nicht abelsches N läßt sich <strong>der</strong><br />
Satz von Schur–Zassenhaus mittels uns bereits bekannter Methoden auf den Fall N abelsch<br />
zurückspielen; lediglich die Konjugiertheitsaussage ist dabei zu relativieren. Diese bleibt<br />
jedoch bestehen, wenn man den Satz von Feit–Thompson zitiert.<br />
In § 10.3 geben wir Konsequenzen aus dem Satz von Schur–Zassenhaus, zunächst bei vorliegen<strong>der</strong><br />
teilerfrem<strong>der</strong> Operation die Operation auf p-Untergruppen betreffend, dann elementarere<br />
Lemmas und schließlich das P × Q Lemma von Thompson.<br />
10.1. Das semidirekte Produkt. Wir beginnen damit, die Bedeutung einiger Sprechweisen<br />
in Bezug auf <strong>Gruppen</strong>operationen festzuhalten.<br />
Operiert eine Gruppe A auf einer Menge, die weitere Struktur trägt, will man dem meist<br />
Rechnung tragen indem man verlangt, dass die Operation mit <strong>der</strong> Struktur verträglich ist.<br />
Etwa versteht man unter einer Operation von A auf einer Gruppe G nicht etwa einen<br />
Homomorphismus A → Sym(G), son<strong>der</strong>n einen Homomorphismus A → Aut(G). Die<br />
Operation von A auf einem k-Vektorraum V ist ein weiteres Beispiel. 43 Dabei handelt<br />
es sich nicht nur um die Operation auf einer Gruppe, also um einem Homomorphismus<br />
A → Aut(V ), unter diesem soll das Bild von A aus Automorphismen des Vektorraums V<br />
bestehen, also A → GL(V ).<br />
Falls A auf einer Gruppe G operiert, wollen wir sagen dass teilerfremde Operation vorliegt,<br />
falls die Ordnungen von A und G teilerfremd sind.<br />
Die Operation von <strong>Gruppen</strong> auf <strong>Gruppen</strong> führt zum Begriff des semidirekten Produkts,<br />
einer <strong>Gruppen</strong>konstruktion, von <strong>der</strong> ich aber zunächst die interne Charakterisierung für<br />
eine Gruppe G gebe. Ist H ein Normalteiler von G und K eine Untergruppe von G mit<br />
G = KH und H ∩ K = 1, heißt G das (interne) semidirekte Produkt von H mit K. Die<br />
Untergruppe K heißt dann Komplement zu H in G. Man sagt auch, G ist eine zerfallende<br />
Erweiterung von H durch K (neudeutscher: die Erweiterung von H durch K ist split (aus<br />
dem Englischen)).<br />
Es sei G semidirektes Produkt von H mit K. Dann operiert K auf H durch Konjugation,<br />
dass heißt, wir haben einen Homomorphismus ϕ: K → Aut(H) mit h(xϕ) = h x für<br />
43 Unsere Vektorräume werden übrigens endlichdimensional, und über <strong>endlichen</strong> Körpern k sein. Zu je<strong>der</strong><br />
Primzahl p und einer natürlichen Zahl n gibt es genau einen Körper mit p n Elementen, den wir mit F q bezeichnen,<br />
wobei q = p n gesetzt ist. Damit sind auch schon alle <strong>endlichen</strong> Körper gegeben. Ohne Beweis werden<br />
wir benutzen, dass die multiplikative Gruppe von F q zyklisch ist. Für diese Tatsachen siehe etwa [69, § 43]<br />
o<strong>der</strong> [36, Chapter V, § 5].
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 43<br />
x ∈ K und h ∈ H. Wir zeigen, dass dieser zur Beschreibung <strong>der</strong> Gruppe G genügt.<br />
Zunächst folgt aus G = KH und H ∩ K = 1, dass sich jedes Element aus G eindeutig in<br />
<strong>der</strong> Form xh mit x ∈ K und h ∈ H schreiben läßt. Sind zwei <strong>Gruppen</strong>elemente in dieser<br />
Form gegeben, läßt sich ihr Produkt sehr einfach in eine solche Form bringen; für x i ∈ K<br />
und h i ∈ H (i = 1, 2) ist (x 1 h 1 )(x 2 h 2 ) = (x 1 x 2 )(h x2<br />
1 h 2). Beachte, es ist h x2<br />
1 = h 1(x 2 ϕ).<br />
Damit ist G offenbar zu <strong>der</strong> Gruppe isomorph, die als Menge das direkte Produkt von K<br />
und H ist (nicht als Gruppe!), und in <strong>der</strong> die Verknüpfung definiert ist durch<br />
(10.1) (x 1 , h 1 )(x 2 , h 2 ) = (x 1 x 2 , (h 1 (x 2 ϕ))h 2 ) für x i ∈ K und h i ∈ H.<br />
Nun gehen wir umgekehrt davon aus, dass für <strong>Gruppen</strong> K und H ein Homomorphismus<br />
ϕ: K → Aut(H) gegeben ist. Wir haben also eine Operation von K auf H, die wir wie<br />
gewohnt exponentiell schreiben, h x = h(xϕ) für x ∈ K und h ∈ H. Wir schreiben G<br />
für das mengentheoretische direkte Produkt von K und H, führen auf G die durch (10.1)<br />
erklärte Verknüpfung ein, und zeigen, dass G damit zu einer Gruppe wird. Zunächst haben<br />
wir zu zeigen, dass die Verknüpfung assoziativ ist, dass also für x i ∈ K und h i ∈ H<br />
(i = 1, 2, 3) gilt<br />
((x 1 , h 1 )(x 2 , h 2 ))(x 3 , h 3 ) = (x 1 , h 1 )((x 2 , h 2 )(x 3 , h 3 )).<br />
Auf beiden Seiten ist <strong>der</strong> erste Eintrag x 1 x 2 x 3 (wegen <strong>der</strong> Assoziativität <strong>der</strong> Verknüpfung<br />
in K). Der zweite Eintrag ist auf <strong>der</strong> linken Seite (h x2<br />
1 h 2) x3 h 3 und auf <strong>der</strong> rechten Seite<br />
h x2x3<br />
1 (h x3<br />
2 h 3). Auch diese Ausdrücke stimmen überein (ϕ ist ein Homomorphismus und<br />
die Verknüpfung in H ist assoziativ). Weiterhin ist (1, 1) ein Einselement, und für x ∈ K<br />
und h ∈ H hat (x, h) das Inverse (x −1 , (h −1 ) x−1 ). Also ist G eine Gruppe, das (externe)<br />
semidirekte Produkt von H mit K (bezüglich ϕ) genannt. 44 Man schreibt dafür G =<br />
K ⋉ H o<strong>der</strong> auch kurz G = KH. Nur falls hervorgehoben werden muß, um welche<br />
Operation es sich handelt, schreibt man etwa G = K ⋉ ϕ H.<br />
Setze H ∗ = {(1, h) | h ∈ H} und K ∗ = {(x, 1) | x ∈ K}. Dann ist H ∗ bzw.<br />
K ∗ eine zu H bzw. K isomorphe Untergruppe von G, und für x ∈ K und h ∈ H<br />
gilt (x, 1) −1 (1, h)(x, 1) = (1, h x ). Es ist also H ∗ Normalteiler von G. Weiterhin gilt<br />
G = K ∗ H ∗ und K ∗ ∩ H ∗ = 1, so dass G das interne semidirekte Produkt von H ∗ und<br />
K ∗ ist. Es ist üblich, H ∗ mit H und K ∗ mit K zu identifizieren. Dann wird die Operation<br />
von K auf H zur Konjugationsoperation von K auf H innerhalb G.<br />
Wir bemerken noch, dass G genau dann das direkte Produkt von K und H ist, wenn K<br />
trivial auf H operiert.<br />
Kehren wir kurz zu einer Operation einer Gruppe A auf einer Gruppe G zurück. Dann<br />
kann man das semidirekte Produkt X = AG erklären, und hat damit die gruppentheoretischen<br />
Begriffe, die man für die Gruppe X zur Verfügung hat, auch für die Operation zur<br />
Verfügung. Beispielsweise ist [G, A] = 〈x −1 x a | x ∈ G, a ∈ A〉. Als kleine Übung geben<br />
wir noch N X (A) an. Es ist A ≤ N X (A), also nach Lemma 4.10 (modulare Eigenschaft von<br />
<strong>Gruppen</strong>) N X (A) = N X (A) ∩ AG = AN G (A). Weiterhin ist [A, N G (A)] ≤ A ∩ G = 1,<br />
also N G (A) = C G (A), und somit N X (A) = A × C G (A).<br />
Die Konstruktion des semidirekten Produkts kann häufig benutzt werden, um die Existenz<br />
von <strong>Gruppen</strong> einer bestimmten Form zu zeigen. Ich gebe nur zwei einfache, aber wichtige<br />
Beispiele.<br />
Beispiel 10.1 (Die<strong>der</strong>gruppen). Eine Involution in einer Gruppe ist ein Element <strong>der</strong> Ordnung<br />
2. Eine Die<strong>der</strong>gruppe ist eine Gruppe, die von zwei verschiedenen Involutionen<br />
44 Seltener auch ... von K mit H, wie zum Beispiel in [34, S. 31].
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 44<br />
erzeugt wird. 45 Die kleinste Die<strong>der</strong>gruppe ist offenbar die elementarabelsche Gruppe <strong>der</strong><br />
Ordnung 4, die auch Kleinsche Vierergruppe genannt wird.<br />
Ist H eine zyklische Gruppe, mit Ordnung > 2 und Erzeuger h, dann hat H einen Automorphismus<br />
<strong>der</strong> Ordnung 2, welcher h auf sein Inverses h −1 abbildet. Durch diesen<br />
Automorphismus operiert eine Gruppe K <strong>der</strong> Ordnung 2 auf H, und wir können das semidirekte<br />
Produkt G = K ⋉ H bilden. Ist x die Involution in K, ist also h x = h −1 . Damit ist<br />
(xh) 2 = x 2 h x h = 1, so dass auch xh eine Involution ist. Wegen G = 〈x, xh〉 ist G eine<br />
Die<strong>der</strong>gruppe.<br />
Alle Die<strong>der</strong>gruppen haben diese Form. Denn ist G eine Die<strong>der</strong>gruppe, erzeugt von zwei<br />
Involutionen s und t, dann gilt (st) s = ssts = ts = (st) −1 , also H = 〈st〉 G wegen<br />
G = 〈s, st〉. Mit K = 〈s〉 ist G = K ⋉ H.<br />
Eine Gruppe G ist also genau dann eine Die<strong>der</strong>gruppe, wenn sie einen zyklischen Normalteiler<br />
<strong>der</strong> Ordnung 2 besitzt, und eine Involution, die auf diesem durch Invertieren operiert.<br />
Zu je<strong>der</strong> natürlichen Zahl n ≥ 2 gibt es genau eine Die<strong>der</strong>gruppe <strong>der</strong> Ordnung 2n (oft als<br />
D 2n bezeichnet).<br />
Untergruppen und Faktorgruppen von Die<strong>der</strong>gruppen sind entwe<strong>der</strong> zyklisch o<strong>der</strong> Die<strong>der</strong>gruppen.<br />
Ich zeige dies nur für Faktorgruppen. (Untergruppen betreffend argumentiert man<br />
etwa wie in <strong>der</strong> Bemerkung am Ende des nächsten Beispiels.) Sei G = K⋉H = 〈x, y〉 wie<br />
oben eine Die<strong>der</strong>gruppe, N G und Ḡ = G/N gesetzt. Ist N ≤ H, ist Ḡ = K⋉ ¯H offenbar<br />
wie<strong>der</strong> eine Die<strong>der</strong>gruppe. An<strong>der</strong>nfalls enthält N ein Element <strong>der</strong> Form xh i mit i ∈ N.<br />
Es ist dann (xh i ) h = x h h i = xh 2 h i ∈ N und weiter (xh i ) −1 xh 2 h i = h 2 ∈ N. Nun<br />
ist 〈h 2 〉 ein Normalteiler von G, und G/〈h 2 〉 ist entwe<strong>der</strong> isomorph zu C 2 o<strong>der</strong> C 2 × C 2<br />
(<strong>der</strong> Vierergruppe), je nachdem ob die Ordnung von H ungerade o<strong>der</strong> gerade ist. Da Ḡ<br />
Faktorgruppe einer dieser <strong>Gruppen</strong> ist, ist alles gezeigt.<br />
Beispiel 10.2 (Quaternionengruppen). Es sei H eine zyklische Gruppe <strong>der</strong> Ordnung 2 n ,<br />
mit n ≥ 2. Es sei y ein Erzeuger von H und z = y 2n−1 gesetzt. Es ist also H = 〈y〉 und<br />
z das Element <strong>der</strong> Ordnung 2 in H. Es sei K eine zyklische Gruppe <strong>der</strong> Ordnung 4, mit<br />
Erzeuger x. Eine Operation von K auf H ist bestimmt durch die Vorschrift y x = y −1 .<br />
Es sei G = K ⋉ H. Es ist x 2 eine zentrale Involution in G und G/〈x 2 〉 eine Die<strong>der</strong>gruppe.<br />
Auch x 2 z ist eine zentrale Involution in G. Die Faktorgruppe G/〈x 2 z〉 heißt die<br />
(verallgemeinerte) Quaternionengruppe <strong>der</strong> Ordnung 2 n+1 (oft als Q 2 n+1 bezeichnet).<br />
Setzen wir Ḡ = G/〈x2 z〉. Dann wird Ḡ von den Elementen ¯x und ȳ erzeugt, und es gilt<br />
ȳ 2n = 1, ȳ ¯x = ȳ −1 und ¯x 2 = ȳ 2n−1 . Dies sind definierende Relationen 46 <strong>der</strong> Gruppe. Jedes<br />
Element von Ḡ läßt sich eindeutig in <strong>der</strong> Form ¯xi ȳ j mit i ∈ {0, 1} und j ∈ {0, 1, . . . , 2 n −<br />
1} schreiben. Es ist ¯z die einzige Involution in Ḡ, denn für 0 ≤ j ≤ 2n − 1 gilt (¯xȳ j ) 2 =<br />
¯x 2 = ¯z.<br />
Offenbar ist Ḡ/〈¯z〉 eine Die<strong>der</strong>gruppe <strong>der</strong> Ordnung 2n .<br />
Ich zeige noch, dass Untergruppen von Quaternionengruppen zyklisch o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> Quaternionengruppen<br />
sind. Es sei U eine Untergruppe von Ḡ, die nicht zyklisch ist. Dann ist leicht<br />
zu sehen, dass U = 〈x ′ , y ′ 〉, wobei x ′ = ¯xȳ i und y ′ = ȳ j mit geeigneten 0 ≤ i, j ≤ 2 n −1.<br />
Es ist 〈¯z〉 < 〈ȳ j 〉 da U nicht zyklisch. Also erfüllen x ′ und y ′ die definierenden Relationen<br />
für eine Quaternionengruppe.<br />
45 Dies ist eine praktische Definition, denn sie sagt gleich, wie man Untergruppen in <strong>Gruppen</strong> finden mag, die<br />
Die<strong>der</strong>gruppen sind.<br />
46 Ich erkläre diesen Begriff nicht näher, es sollte aber klar sein was gemeint ist: Diese Gleichungen bestimmen<br />
vollständig, wie in <strong>der</strong> Gruppe zu rechnen ist.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 45<br />
10.2. Der Satz von Schur–Zassenhaus. Wir leiten zunächst die ‘Vorstufe’ des Satzes<br />
von Schur–Zassenhaus her, die sich mit <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Existenz von Komplementen zu<br />
abelschen Normalteilern beschäftigt. Wir folgen dabei [34, § 3.3].<br />
Es sei N ein abelscher Normalteiler <strong>der</strong> Gruppe G. Wir schreiben R für die Menge aller<br />
Rechtsvertretersysteme 47 von N in G.<br />
Wir wollen zwei Vertretersysteme R und S aus R miteinan<strong>der</strong> ‘vergleichen’. Beachte, zu<br />
r ∈ R gibt es genau ein s ∈ S mit Nr = Ns, und dann ist rs −1 ∈ N. Da N abelsch ist,<br />
können wir also ein Element R|S aus N definieren durch<br />
R|S =<br />
∏<br />
rs −1 .<br />
r∈R,s∈S<br />
Nr=Ns<br />
Offenbar gilt R|R = 1, (R|S) −1 = S|R und (R|S)(S|T ) = (R|T ) für R, S, T ∈ R. Also<br />
wird auf R eine Äquivalenzrelation ∼ definiert durch die Festsetzung R ∼ S ⇔ R|S = 1.<br />
(Bislang wurde noch kein Gebrauch davon gemacht, dass N Normalteiler von G ist.)<br />
Wegen N G sind Rechtsvertretersysteme von N in G auch Linksvertretersysteme. Es<br />
folgt, dass G auf R (von rechts) durch Linksmultiplikation operiert, dass heißt, es ist R ×<br />
G → R mit (R, x) ↦→ x −1 R eine Operation. Für x ∈ G ist dabei<br />
(xR)|(xS) =<br />
∏<br />
(xr)(xs) −1 =<br />
∏<br />
x(rs −1 )x −1 = (R|S) x−1 .<br />
r∈R,s∈S<br />
Nxr=Nxs<br />
r∈R,s∈S<br />
Nr=Ns<br />
Es gilt also insbeson<strong>der</strong>e, dass aus R|S = 1 folgt (xR)|(xS) = 1. Damit operiert G auch<br />
auf den Äquivalenzklassen R/ ∼.<br />
Wir halten fest, dass für a ∈ N gilt<br />
(aR)|S =<br />
∏<br />
ars −1 = a |G:N| (R|S).<br />
r∈R,s∈S<br />
Nar=Ns<br />
Nun wollen wir annehmen, dass |N| und |G : N| teilerfremd sind. Dann ist auf N Potenzieren<br />
mit |G : N| ein Automorphismus (N ist abelsch), so dass es a ∈ A gibt mit<br />
a |G:N| = (R|S) −1 , also mit (aR)|S = 1. Damit operiert N transitiv auf R/ ∼. Weiterhin,<br />
ist 1 ≠ a ∈ N, besagt (aR)|R = a |G:N| (R|R) = a |G:N| ≠ 1, dass aR ≁ R. Damit sind<br />
Punktstabilisatoren bezüglich <strong>der</strong> Operation von N auf R/ ∼ trivial. Es operiert N also<br />
regulär.<br />
Nun folgt unmittelbar <strong>der</strong> folgende Satz. Die Existenz eines Komplementes in <strong>der</strong> in dem<br />
Satz beschriebenen Situation wird von Zassenhaus 48 selbst in seinem Lehrbuch [91] 49 (auf<br />
S. 126, bzw. in <strong>der</strong> Auflage [92] auf S. 162) Schur 50 zugeschrieben, gerechtfertigterweise,<br />
wie wir in § 9.3 (Satz 9.32) gesehen haben.<br />
Satz 10.3 (Schur–Zassenhaus). Es sei N ein abelscher Normalteiler <strong>der</strong> Gruppe G mit<br />
(|N|, |G : N|) = 1. Dann besitzt N ein Komplement in G, und alle Komplemente von N<br />
in G sind zueinan<strong>der</strong> konjugiert.<br />
47 Begriff definiert auf Seite40.<br />
48 Siehe die Verweise in Fußnote 26 auf Seite 29.<br />
49 Von Zassenhaus im Alter von 25 Jahren geschrieben, blieb es annähernd drei Jahrzehnte das Standardlehrbuch<br />
für kommende Generationen.<br />
50 Siehe die Verweise in Fußnote 38 auf Seite 40.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 46<br />
Beweis. Es sei S ein Vertretersystem von N in G, und [S] = {R ∈ R | R ∼ S} die<br />
Äquivalenzklasse von S. Wir setzen K = G [S] = C G ([S]) = {x ∈ G | (xS)|S = 1}, <strong>der</strong><br />
Punktstabilisator von [S] in G. Da N transitiv auf R/ ∼ operiert und N [S] = 1 gilt, ist K<br />
nach Feststellung 6.5 ein Komplement zu N in G.<br />
Wegen <strong>der</strong> transitiven Operation von N sind je zwei Punktstabilisatoren in G zueinan<strong>der</strong><br />
konjugiert, siehe Feststellung 6.3. Es sei X ein weiteres Komplement zu N in G. Dann ist<br />
X ∈ R mit (xX)|X = X|X = 1 für alle x ∈ X, also X ≤ G [X] . Es ist |X| = |G [X] |, da<br />
auch G [X] ein Komplement zu N in G ist. Also gilt X = G [X] , und die Konjugiertheitsaussage<br />
des Satzes ist bewiesen.<br />
□<br />
Dieser Satz läßt eine Verallgemeinerung zu, welche von Zassenhaus als wichtigstes neues<br />
Resultat in sein Lehrbuch [91] (auf S. 126) aufgenommen wurde. Huppert [27, Kapitel I,<br />
§ 18] bezeichnet ihn nur als Satz von Zassenhaus.<br />
Satz 10.4 (Schur–Zassenhaus). Es sei N G mit (|N|, |G : N|) = 1. Dann besitzt N ein<br />
Komplement in G. Ist zusätzlich N o<strong>der</strong> G/N auflösbar, so sind alle Komplemente von N<br />
in G zueinan<strong>der</strong> konjugiert.<br />
Ich möchte den Leser ermutigen, sich zu dem Beweis passende Hasse-Diagramme zu<br />
zeichnen.<br />
Beweis. Wir überlegen uns zunächst, wie sich die Voraussetzungen des Satzes auf Untergruppen<br />
und Faktorgruppen vererben.<br />
Sei H ≤ G. Dann ist L = H ∩ N H, und wegen H/L = H/H ∩ N ∼ = HN/N gilt<br />
(|L|, |H : L|) = 1.<br />
Es sei M G. Dann ist NM/M G/M, und wegen NM/M ∼ = N/N ∩ M sowie<br />
(G/M)/(NM/M) ∼ = G/NM gilt (|NM/M|, |G/M : NM/M|) = 1.<br />
Wir werden den Beweis bei<strong>der</strong> Aussagen durch Induktion nach |G| führen. Natürlich<br />
können wir beidesmal 1 ≠ N < G annehmen.<br />
Beweisen wir zunächst die Existenz von Komplementen. Es sei P eine Sylowuntergruppe<br />
von N mit P ≠ 1, und H = N G (P ) gesetzt. Falls H < G, hat H ∩ N nach Induktionsannahme<br />
ein Komplement K in H. Das Frattini-Argument (Lemma 6.17) gibt<br />
G = NH = N(H ∩N)K = NK, und es ist N ∩K = N ∩(H ∩K) = (N ∩H)∩K = 1.<br />
Also ist K ein Komplement zu N in G. Wir können also H = G annehmen. Dann ist<br />
P G, also auch M = Z(P ) G. Nach Folgerung 6.10 ist M ≠ 1. Setze Ḡ = G/M.<br />
Nach Induktionsannahme gibt es M ≤ K ≤ G so dass ¯K ein Komplement zu ¯N in Ḡ<br />
ist. Dann ist K ∩ N = M und G = KN. Beachte, es gilt (|K/M|, |N|) = 1. Angenommen,<br />
es gilt K < G. Dann besitzt nach Induktionsannahme M ein Komplement X in K.<br />
Es ist G = KN = XMN = XN. Wegen |X| = |K/M| ist (|X|, |N|) = 1, so dass<br />
X ∩ N = 1. Damit ist X ein Komplement zu N in G. Wir können also K = G annehmen.<br />
Dann ist N = M, und da M abelsch ist, folgt die Existenz eines Komplements zu N in G<br />
aus Satz 10.3.<br />
Nun sei zusätzlich N o<strong>der</strong> G/N auflösbar. Wir wollen die Konjugiertheit <strong>der</strong> Komplemente<br />
von N in G zeigen. Im folgenden beachte man bei <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Induktionsannahme,<br />
dass Untergruppen und homomorphe Bil<strong>der</strong> auflösbarer <strong>Gruppen</strong> ebenfalls auflösbar sind<br />
(Feststellung 9.23). Es seien K 1 und K 2 Komplemente zu N in G. Weiter sei M ein<br />
minimaler, in N liegen<strong>der</strong> Normalteiler von G. Setze Ḡ = G/M. Dann sind ¯K 1 und ¯K 2<br />
Komplemente zu ¯N in Ḡ. Nach Induktionsannahme gibt es also x ∈ G mit K 1M =<br />
(K 2 M) x = K2 x M. Damit sind K 1 und K2 x Komplemente zu M in K 1 M. Falls M <<br />
N ist K 1 M < G, also nach Induktionsannahme K 1 konjugiert zu K2<br />
x in K 1 M. Wir<br />
können also M = N annehmen. Ist nun N auflösbar, ist N abelsch nach Feststellung 9.25,
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 47<br />
und die Konjugiertheit von K 1 und K 2 folgt aus Satz 10.3. Wir können also annehmen,<br />
dass Ḡ = G/N auflösbar ist. Nach Satz 9.26 gibt es N ≤ L ≤ G mit 1 ≠ ¯L Ḡ<br />
und ¯L eine p-Gruppe. Ist L = G, sind K 1 und K 2 p-Sylowuntergruppen von G, und<br />
die Konjugiertheitsaussage folgt aus dem Satz von Sylow. Sei also L < G. Nun sind die<br />
<strong>Gruppen</strong> K i ∩ L Komplemente zu N in L, denn es ist (K i ∩ L)N = K i N ∩ L = L nach<br />
<strong>der</strong> modularen Eigenschaft, und natürlich (K i ∩ L) ∩ N = 1. Nach Induktionsannahme<br />
sind die <strong>Gruppen</strong> K i ∩ L konjugiert in L, so dass wir, in dem wir K 1 nötigenfalls durch<br />
eine konjugierte Untergruppe ersetzen, K 1 ∩L = K 2 ∩L = D annehmen können. Beachte<br />
dazu, dass L G, woraus auch D K i folgt. Wir zeigen, dass die K i /D Komplemente<br />
zu (N G (D) ∩ N)D/D in N G (D)/D sind. Nach Induktionsannahme sind dann die K i /D<br />
in N G (D)/D konjugiert, und indem wir nötigenfalls K 1 durch eine geeignete konjugierte<br />
Untergruppe ersetzen, kann K 1 /D = K 2 /D angenommen werden. Dann ist aber K 1 =<br />
K 2 . Es verbleibt zu zeigen, dass die Untergruppe K i /D und <strong>der</strong> Normalteiler (N G (D) ∩<br />
N)D/D die Gruppe N G (D)/D erzeugen, und dass ihr Schnitt trivial ist. Beides folgt aus<br />
<strong>der</strong> modularen Eigenschaft. Zunächst ist (N G (D) ∩ N)K i = N G (D) ∩ NK i = N G (D),<br />
und weiter (N G (D) ∩ N)D ∩ K i = (N G (D) ∩ N ∩ K i )D = D.<br />
□<br />
Zu dem Zusatz ist eine Bemerkung angebracht. In <strong>der</strong> Situation des Satzes ist die Ordnung<br />
von N o<strong>der</strong> die Ordnung von G/N ungerade, so dass eine <strong>der</strong> beiden <strong>Gruppen</strong> auflösbar<br />
ist nach dem Satz von Feit–Thompson. Es sind also stets alle Komplemente zueinan<strong>der</strong><br />
konjugiert. Aber angesichts <strong>der</strong> Tiefe des sogenannten ‘Odd Or<strong>der</strong> Theorems’ ist es richtig,<br />
dies getrennt zu vermerken.<br />
10.3. Erste Konsequenzen. Ich erinnere daran, dass eine teilerfremde Operation einer<br />
Gruppe A auf einer Gruppe G vorliegt, falls (|A|, |G|) = 1.<br />
Wir beginnen mit einer Verschärfung des Satzes von Sylow.<br />
Satz 10.5. Die Gruppe A operiere teilerfremd auf <strong>der</strong> Gruppe G, und entwe<strong>der</strong> A o<strong>der</strong> G<br />
sei auflösbar. Sei p ein Primteiler von |G|. Dann gelten die folgenden Aussagen.<br />
(1) G besitzt A-invariante p-Sylowuntergruppen.<br />
(2) C G (A) operiert transitiv auf den A-invarianten p-Sylowuntergruppen von G.<br />
(3) Jede A-invariante p-Untergruppe von G liegt in einer A-invarianten p-Sylowuntergruppe<br />
von G.<br />
Beweis. Wir rechnen in dem semidirekten Produkt X = AG. Es sei P ∈ Syl p (G). Dann<br />
ist X = GN X (P ) nach dem Frattini-Argument (Satz 6.17). Beachte, es gilt A ∼ = X/G =<br />
GN X (P )/G ∼ = N X (P )/G ∩ N X (P ). Nach dem Satz von Schur–Zassenhaus (Satz 10.4)<br />
hat also G ∩ N X (P ) in N X (P ) ein Komplement B, und da dann A und B Komplemente<br />
zu G in X sind, gibt es x ∈ X mit A = B x . Damit ist Q = P x eine A-invariante p-<br />
Sylowuntergruppe von G, und (1) ist bewiesen.<br />
Es gilt N X (Q) = A(G ∩ N X (Q)). Die Menge M aller X-Konjugierten von A, welche<br />
in N X (Q) liegen, besteht also aus Komplementen zu dem Normalteiler G ∩ N X (Q) von<br />
N X (Q), welche alle in N X (Q) konjugiert sind nach dem Satz von Schur–Zassenhaus.<br />
Es sei R eine weitere A-invariante p-Sylowuntergruppe von G. Dann gibt es nach dem Satz<br />
von Sylow g ∈ G mit Q = R g . Es folgt A g ≤ N X (Q), also A g ∈ M. Nach eben gezeigtem<br />
gibt es x ∈ N X (Q) mit A x = A g . Dann ist gx −1 ∈ N X (A) und R gx−1 = Q x−1 = Q.<br />
Dies zeigt, dass N X (A) transitiv auf <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> A-invarianten p-Sylowuntergruppen<br />
von G operiert. Nun ist N X (A) = AC G (A) 51 und A ≤ N X (Q), also operiert auch C G (A)<br />
51 Siehe den Paragraphen im Anschluß an die Einführung des semidirekten Produkts.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 48<br />
transitiv auf <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> A-invarianten p-Sylowuntergruppen von G, und (2) ist bewiesen.<br />
Es sei T eine maximale A-invariante p-Untergruppe von G. Angenommen, es gilt T /∈<br />
Syl p (G). Dann ist T /∈ Syl p (N G (T )), da T in einer p-Sylowuntergruppe von G liegt<br />
(siehe Definition 9.2). Aber N G (T ) ist A-invariant, so dass es nach (1) eine A-invariante<br />
p-Sylowuntergruppe von N G (T ) gibt, im Wi<strong>der</strong>spruch zur Maximalität von T . Dies zeigt<br />
(3). □<br />
Ich halte noch an<strong>der</strong>e nützliche Konsequenzen fest. In (oft gebrauchten) Spezialfällen kann<br />
dabei in <strong>der</strong>en Beweise auf die Konjugiertheitsaussage des Satzes von Schur–Zassenhaus<br />
verzichtet werden.<br />
Lemma 10.6. Die Gruppe A operiere auf <strong>der</strong> Gruppe G, und es sei U eine A-invariante<br />
Untergruppe von G, auf <strong>der</strong> A teilerfremd operiert. Es sei U o<strong>der</strong> A auflösbar. Gilt dann<br />
(Ux) A = Ux für ein x ∈ G, gibt es y ∈ Ux mit y ∈ C G (A).<br />
Beweis. Wir rechnen im semidirekten Produkt AG. Für a ∈ A gilt nach Voraussetzung<br />
a −1 xa ∈ Ux, dass heißt, a x−1 ∈ aU. Somit ist A x−1 ≤ AU. Nun sind A und A x−1<br />
zwei Komplemente von U in AU. Nach <strong>der</strong> Konjugiertheitsaussage des Satzes von Schur–<br />
Zassenhaus (Satz 10.4) gibt es also u ∈ U mit A x−1 = A u . Setze y = ux ∈ Ux. Es ist<br />
y ∈ N AG (A) ∩ G. Es folgt [y, A] ≤ A ∩ G = 1, also y ∈ C G (A).<br />
□<br />
Ist in diesem Lemma A eine p-Gruppe, folgt die Aussage wegen |Ux| ≢ 0 mod p aus<br />
Feststellung 6.7, da A auf Ux operiert.<br />
Lemma 10.7. Die Gruppe A operiere auf <strong>der</strong> Gruppe G. Ist N ein A-invarianter Normalteiler<br />
von G, auf dem A teilerfremd operiert, und ist N o<strong>der</strong> A auflösbar, gilt C G/N (A) =<br />
C G (A)N/N.<br />
Beweis. Dies folgt mit Lemma 10.6.<br />
□<br />
Daraus ergibt sich folgendes Lemma, welches aber auch einen direkten Beweis zuläßt.<br />
Lemma 10.8. Die Gruppe A operiere auf <strong>der</strong> Gruppe G, und es sei N ein A-invarianter<br />
Normalteiler von G, auf dem A teilerfremd operiert. Operiert A trivial auf N und G/N,<br />
dann auch auf ganz G.<br />
Beweis. Es sei x ∈ G und a ∈ A. Dann ist x a = xy mit y ∈ N. Wegen y a = y folgt<br />
x am = xy m für m ∈ N. Ist m die Ordnung von a, so ist x = x am = xy m , also y m = 1,<br />
und y = 1 wegen (m, |N|) = 1.<br />
□<br />
Lemma 10.9. Die Gruppe A operiere teilerfremd auf <strong>der</strong> Gruppe G, und es sei [G, A]<br />
o<strong>der</strong> A auflösbar. Dann gilt:<br />
(1) G = [G, A]C G (A).<br />
(2) [G, A] = [G, A, A].<br />
Beweis. (1) folgt aus Lemma 10.7 mit N = [G, A], denn es gilt ja C G/[G,A] (A) =<br />
G/[G, A]. Mit Feststellung 8.6(4) folgt (2) aus (1).<br />
□<br />
Ist in diesem Lemma G eine p-Gruppe, läßt sich dieses auch an<strong>der</strong>s beweisen, siehe [3,<br />
§ 24].<br />
Ich gebe noch eine Anwendung des Drei-Untergruppen-Lemmas.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 49<br />
Lemma 10.10 (P × Q Lemma von Thompson). Ein direktes Produkt P × Q operiere auf<br />
einer p-Gruppe G, und es sei P eine p-Gruppe und Q eine p ′ -Gruppe. Operiert dann Q<br />
trivial auf C G (P ), so operiert Q trivial auf G.<br />
Beweis. Es sei also C G (P ) ≤ C G (Q) vorausgesetzt. Ist H eine unter <strong>der</strong> Operation von<br />
P × Q invariante Untergruppe von G, gilt natürlich C H (P ) ≤ C H (Q). Ist weiter H < G,<br />
wollen wir daher per Induktion nach |G| annehmen, dass [H, Q] = 1 gilt. Nun sind [G, P ]<br />
und [G, Q] unter P × Q invariante Untergruppen von G. Es ist G GP , also [G, P ] < G<br />
nach Satz 9.11(3). Damit ist [G, P, Q] = 1. Falls auch [G, Q] < G, ist [G, Q, Q] = 1,<br />
und [G, Q] = 1 nach Lemma 10.9(2). Wir können also G = [G, Q] = [Q, G] annehmen.<br />
Wegen [P, Q] = 1 ist trivialerweise [P, Q, G] = 1. Mit dem Drei-Untergruppen-Lemma<br />
(Lemma 8.10) folgt [G, P ] = [Q, G, P ] = 1. Nach Voraussetzung ist also [G, Q] = 1, und<br />
das Lemma ist bewiesen.<br />
□<br />
11. OPERATION AUF ABELSCHEN GRUPPEN<br />
Wir betrachten <strong>Gruppen</strong>operationen auf abelschen <strong>Gruppen</strong>, und dabei im wesentlichen<br />
teilerfremde. Wir zeigen den Satz von Maschke und ein Lemma von Schur, und beweisen<br />
einen Erzeugungssatz.<br />
Der Leser mag sich daran erinnern (siehe Hinweis zu Beginn von § 5), dass die Homomorphismen<br />
von einer abelschen Gruppe V in sich selbst einen Ring bilden. Dies werden wir<br />
implizit verwenden. Zuerst beweisen wir mit Hilfe eines Mittelungsprozesses folgenden<br />
Satz.<br />
Satz 11.1. Die Gruppe G operiere teilerfremd auf <strong>der</strong> abelschen Gruppe V , und es sei U<br />
eine G-invariante Untergruppe von V . Gibt es dann ein Komplement zu U in V , so läßt<br />
sich dieses G-invariant wählen.<br />
Beweis. Sei W ein Komplement zu V in U, dass heißt es gelte U = V × W . Dann ist die<br />
Projektion π von U auf V bezüglich dieser Zerlegung ein Homomorphismus von V auf U.<br />
(Explizit ist (uw)π = u für u ∈ U und w ∈ W .) Wir setzen<br />
vϕ = ∏ x∈G((v x )π) x−1 für v ∈ V.<br />
Beachte dabei, dass die Reihenfolge <strong>der</strong> Faktoren in dem Produkt unerheblich ist, da V<br />
abelsch ist. Dies definiert einen Homomorphismus ϕ: V → V , genauer, wegen <strong>der</strong> G-<br />
Invarianz von U, einen Homomorphismus ϕ: V → U. Ebenfalls wegen <strong>der</strong> G-Invarianz<br />
von U, und da π| U die Identität ist, ist ϕ| U offenbar Potenzieren mit |G|, also ein Isomorphismus<br />
wegen <strong>der</strong> teilerfremden Operation. Bezeichnet ˜W den Kern von ϕ, ist daher<br />
U ∩ ˜W = 1. Es folgt V = U × ˜W , denn es ist |V | = |U|| ˜W | da ja |U| = |V/ ˜W |.<br />
Für v ∈ V und y ∈ G gilt<br />
(v y )ϕ =<br />
x∈G(v ∏ ( ) y ∏ yx )π x−1 = ((v yx )π) x−1 y −1 = (vϕ) y .<br />
x∈G<br />
Also ist ˜W sogar eine G-invariante Untergruppe von V .<br />
Die Gruppe G operiere auf einer abelschen Gruppe V . Die Operation (und auch V ) heißt<br />
irreduzibel, falls V ≠ 1 und 1 und V die einzigen G-invarianten Untergruppen von V sind.<br />
Dies bedeutet, dass V im semidirekten Produkt GV ein minimaler Normalteiler ist. Die<br />
Operation heißt halbeinfach, falls jede G-invariante Untergruppe von V ein G-invariantes<br />
Komplement besitzt. Es ist dann V direktes Produkt irreduzibler Untergruppen.<br />
□
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 50<br />
Ist V eine elementarabelsche p-Gruppe, so besitzt jede Untergruppe von V ein Komplement<br />
in V . (Man fasse V etwa als Vektorraum über dem Primkörper mit p Elementen<br />
auf; dann folgt dies aus dem Basisergänzungssatz.) Es ergibt sich also folgen<strong>der</strong> Satz von<br />
Maschke 52 [38].<br />
Satz 11.2 (Maschke (1899)). Operiert die Gruppe G teilerfremd auf <strong>der</strong> elementarabelschen<br />
p-Gruppe V , ist diese Operation halbeinfach.<br />
Den folgenden Satz werden wir nicht verwenden, aber er gehört hierher.<br />
Satz 11.3. Die Gruppe G operiere teilerfremd auf <strong>der</strong> abelschen Gruppe V . Dann gilt<br />
V = C V (G) × [V, G].<br />
Beweis. Nach Lemma 10.9(1) gilt V = [V, G]C V (G). Es bleibt, [V, G] ∩ C V (G) = 1 zu<br />
zeigen. Wir betrachten den Homomorphismus<br />
ϕ: V → C V (G), vϕ = ∏ x∈G<br />
(wohldefiniert, da V abelsch). Es gilt [V, G] ≤ Kern ϕ, denn für v ∈ V und x ∈ G<br />
gilt [v, x]ϕ = (v −1 ϕ)(v x ϕ) = (v −1 ϕ)(vϕ) = 1. Weiterhin ist vϕ = v |G| ≠ 1 für<br />
1 ≠ v ∈ C V (G) wegen teilerfrem<strong>der</strong> Operation, also C V (G) ∩ Kern ϕ = 1. Damit ist <strong>der</strong><br />
Satz bewiesen. (Es folgt noch Kern ϕ = [V, G], und dass ϕ surjektiv ist.)<br />
□<br />
Man überlege sich genau, was dieser Satz besagt. Die Gruppe G operiert auf [V, G], und<br />
für v ∈ [V, G] und x ∈ G mit v ≠ 1 und x ≠ 1 gilt v x ≠ v. Die Gruppe G operiert also<br />
fixpunktfrei auf [V, G]. Auf fixpunktfreie Operation gehe ich aber nicht weiter ein.<br />
Lemma 11.4. Es seien p und q Primzahlen und V eine abelsche p-Gruppe, V ≠ 1. Operiert<br />
eine Gruppe A, isomorph zu C q × C q , auf V , dann gibt es 1 ≠ a ∈ A mit C V (a) ≠ 1.<br />
Beweis. Falls p = q, ist dies wegen 1 ∈ C V (A) nach Feststellung 6.7 unmittelbar einsichtig.<br />
Es sei also p ≠ q. Zwei verschiedene zyklische Untergruppen <strong>der</strong> Ordnung q von A schneiden<br />
sich trivial. Abzählen <strong>der</strong> von 1 verschiedenen Elemente von A nach Zugehörigkeit zu<br />
zyklischen Untergruppen zeigt wegen q 2 −1 = (q+1)(q−1), dass es genau q+1 paarweise<br />
verschiedene Untergruppen <strong>der</strong> Ordnung q in A gibt (sie bilden eine sogenannte Partition<br />
von A). Für v ∈ V folgt daher<br />
∏ ∏<br />
v −q v c = v<br />
∏<br />
v a ∈ C V (A).<br />
1≠C
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 51<br />
Beweis. Für a ∈ Z(G) ist C V (a) eine G-invariante Untergruppe von V , also entwe<strong>der</strong> trivial<br />
o<strong>der</strong> ganz V . Angenommen, Z(G) ist nicht zyklisch. Dann hat Z(G) eine Untergruppe<br />
A isomorph zu C q × C q , für eine Primzahl q. Nach Lemma 11.4 gibt es daher 1 ≠ a ∈ A<br />
mit C V (a) ≠ 1. Damit ist C V (a) = V , im Wi<strong>der</strong>spruch zur treuen Operation von G. □<br />
Wir geben als einfache, aber wichtige Folgerung einen Erzeugungssatz.<br />
Satz 11.6. Die abelsche Gruppe A operiere teilerfremd auf <strong>der</strong> Gruppe G. Dann gilt G =<br />
〈C G (B) | B ≤ A und A/B ist zyklisch〉.<br />
Beweis. Zunächst sei G eine elementarabelsche p-Gruppe. Dann ist G nach dem Satz von<br />
Maschke (Satz 11.2) direktes Produkt von Untergruppen, auf denen A irreduzibel operiert.<br />
Damit folgt die Aussage des Satzes aus Satz 11.5 (hier ist A = Z(A)).<br />
Ist G eine p-Gruppe, ist G/Φ(G) eine elementarabelsche p-Gruppe (siehe Satz 9.20),<br />
auf <strong>der</strong> A teilerfremd operiert. Nach dem gerade bewiesenen Fall ist dann G/Φ(G) =<br />
〈C G/Φ(G) (B) | B ≤ A und A/B ist zyklisch〉, und für B ≤ A gilt nach Lemma 10.7<br />
C G/Φ(G) (B) = C G (B)Φ(G)/Φ(G). Mit H = 〈C G (B) | B ≤ A und A/B ist zyklisch〉<br />
gesetzt ist also G = 〈H, Φ(G)〉. Es folgt G = H nach Satz 9.17.<br />
Nun sei G beliebig. Nach Satz 10.5(1) gibt es zu jedem Primteiler p von |G| eine A-<br />
invariante p-Sylowuntergruppe G p von G. Da G das Erzeugnis aller G p ist, folgt nun die<br />
Behauptung aus dem vorigen Fall (G nilpotent).<br />
□<br />
Als weitere Folgerung geben wir noch ein fundamentales Lemma, welches in seinen verschiedenen<br />
Abwandlungen als Lemma von Schur 53 [58] bekannt ist.<br />
Lemma 11.7 (Schur (1906)). Es sei q eine natürliche Potenz einer Primzahl p. Operiert<br />
die Gruppe G treu und irreduzibel auf einem F q -Vektorraum V , dann ist Z(G) zyklisch. Ist<br />
weiter |Z(G)| = p e m mit nichtnegativen ganzen Zahlen e und m so dass (m, p) = 1, und<br />
ist m Teiler von q − 1, dann operiert ein Erzeuger von Z(G) auf V durch Multiplikation<br />
mit einem Skalar aus F q .<br />
Beweis. Wir stellen zunächst fest, dass e = 0, also |Z(G)| = m | q − 1. Denn für ein<br />
p-Element aus Z(G) ist C V (x) ein G-invarianter Unterraum von V , <strong>der</strong> wegen <strong>der</strong> irreduziblen<br />
Operation entwe<strong>der</strong> 0 o<strong>der</strong> V ist. Der erste Fall kommt nicht in Frage, denn im<br />
semidirekten Produkt 〈x〉V ist C V (x) ≠ 0 nach Folgerung 6.10. Also ist C V (x) = V , und<br />
x = 1 wegen <strong>der</strong> treuen Operation.<br />
Mit einer zyklischen Gruppe C <strong>der</strong> Ordnung q−1 bilden wir das direkte Produkt G×C. Die<br />
Operation von G auf V läßt sich zu einer Operation von G × C fortsetzen, indem man verlangt,<br />
dass ein Erzeuger von C durch Multiplikation mit einem Erzeuger <strong>der</strong> (zyklischen)<br />
multiplikativen Gruppe von F q operiert. Es sei H <strong>der</strong> Kern dieser ebenfalls irreduziblen<br />
Operation. Nach Satz 11.5 ist Z(G × C/H) zyklisch. Die Ordnung eines jeden Elementes<br />
in Z(G × C) ist Teiler von q − 1. Also ist das Bild von Z(G × C) in G × C/H zyklisch,<br />
und seine Ordnung teilt q − 1. Da C treu auf V operiert, folgt Z(G × C) = CH. Damit<br />
folgt das Lemma.<br />
□<br />
12. ZUM p a q b -SATZ. EIN LEMMA VON BENDER<br />
In diesem Abschnitt geben wir in § 12.3 ein Lemma von Ben<strong>der</strong> über die Fittinguntergruppen<br />
<strong>der</strong> maximalen Untergruppen eines (hypothetischen) nach Ordnung minimalen Gegenbeispiels<br />
zum p a q b -Satz, wie von Goldschmidt [20] und Matsuyama [39] dargestellt.<br />
53 Zur Person siehe etwa Wikipedia-Eintrag [79].
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 52<br />
Zunächst ist es jedoch wirklich an <strong>der</strong> Zeit, p-<strong>Gruppen</strong> vom kleinsten Rang anzuschauen<br />
(§ 12.1). Dann benötigen wir noch eine interessante Folgerung aus dem P × Q Lemma<br />
(§ 12.2).<br />
12.1. Die p-<strong>Gruppen</strong> vom p-Rang 1. Für eine Primzahl p ist <strong>der</strong> p-Rang einer Gruppe G<br />
<strong>der</strong> größtmögliche Rang, 54 den eine ihrer elementarabelschen p-Untergruppen haben kann.<br />
Wir klassifizieren die p-<strong>Gruppen</strong> vom p-Rang 1, indem wir folgenden Satz beweisen.<br />
Satz 12.1. Es sei G eine p-Gruppe mit genau einer Untergruppe <strong>der</strong> Ordnung p. Dann ist<br />
entwe<strong>der</strong> G zyklisch, o<strong>der</strong> es ist p = 2 und G eine Quaternionengruppe.<br />
Dabei erklärt sich die Voraussetzung des Satzes durch folgende Feststellung.<br />
Feststellung 12.2. Es sei G eine p-Gruppe, die keine zu C p × C p isomorphe Untergruppe<br />
besitzt. Dann hat G genau eine Untergruppe <strong>der</strong> Ordnung p.<br />
Beweis. Angenommen, G enthält zwei Untergruppen A und B <strong>der</strong> Ordnung p. Dann<br />
können nicht beide in Z(G) liegen, da wegen A∩B = 1 sonst 〈A, B〉 = A×B ∼ = C p ×C p<br />
gilt. An<strong>der</strong>erseits ist Z(G) ≠ 1 (Folgerung 6.10), so dass es eine Untergruppe C <strong>der</strong> Ordnung<br />
p von G gibt, die in Z(G) liegt. Liegt etwa A nicht in Z(G), ist 〈A, C〉 ∼ = C p × C p ,<br />
im Wi<strong>der</strong>spruch zur Voraussetzung.<br />
□<br />
Der Übersichtlichkeit halber kündige ich den Beweis von Satz 12.1 durch zwei Lemmas<br />
an.<br />
Lemma 12.3. Es sei G eine nicht abelsche 2-Gruppe, die genau ein Element <strong>der</strong> Ordnung<br />
2 enthält und einen zyklischen Normalteiler vom Index 2 besitzt. Dann ist G eine<br />
Quaternionengruppe.<br />
Beweis. Es sei y ein Element aus G, welches einen zyklischen Normalteiler vom Index 2<br />
erzeugt, und x ein Element aus G, welches nicht in 〈y〉 liegt. Weiter sei z das Element <strong>der</strong><br />
Ordnung 2 in G. Es ist 〈z〉 die Untergruppe <strong>der</strong> Ordnung 2 in 〈y〉. Es ist G = 〈x, y〉 und<br />
x 2 ∈ 〈y〉. Da G ≠ 〈x〉, ist x 2 kein Erzeuger von 〈y〉, also x 2 ≤ 〈y 2 〉.<br />
Falls y x = y −1 gilt, also Konjugation mit x jedes Element aus 〈y〉 invertiert, invertiert x<br />
sein Quadrat, woraus x 4 = 1 folgt. Da z einziges Element <strong>der</strong> Ordnung 2 in G ist, ist damit<br />
x 2 = z und G eine Quaternionengruppe.<br />
Damit können wir annehmen, dass y Ordnung ≥ 8 hat. Nach Satz 5.13(6) gibt es für<br />
die Operation von x auf 〈y〉 außer y x = y −1 noch zwei weitere Möglichkeiten, nämlich<br />
y x = y −1 z o<strong>der</strong> y x = yz. Damit gilt (y 2 ) x = y −2 o<strong>der</strong> (y 2 ) x = y 2 . Betrachten wir den<br />
ersten Fall. Wegen x 2 ∈ 〈y 2 〉 invertiert dann x sein Quadrat, so dass x 2 = z gilt. Aus<br />
y x = y −1 z würde daher (x −1 y) 2 = x −1 yx −1 y = y x x −2 y = (y −1 z)zy = 1 folgen, im<br />
Wi<strong>der</strong>spruch dazu, dass z einziges Element <strong>der</strong> Ordnung 2 ist. Aus y x = yz würde durch<br />
quadrieren y −2 = (y 2 ) x = y 2 , also y 4 = 1 folgen, was wir bereits ausgeschlossen haben.<br />
Also gilt im ersten Fall wie gewünscht y x = y −1 . Angenommen, <strong>der</strong> zweite Fall tritt ein,<br />
(y 2 ) x = y 2 . Dann ist y x ≠ y −1 . Aus y x = y −1 z würde durch quadrieren y 2 = (y 2 ) x =<br />
y −2 , also <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>spruch y 4 = 1 folgen. Bleibt nur die Möglichkeit y x = yz. Setze<br />
P = 〈x, y 2 〉. Dann ist P eine abelsche Gruppe. Da z einziges Element <strong>der</strong> Ordnung 2 ist,<br />
ist P zyklisch nach Satz 5.8. Ein Erzeuger von P läßt sich in <strong>der</strong> Form xy 2n mit n ≥ 0<br />
schreiben; es ist dann y 2 ∈ 〈x 2 y 4n 〉, woraus 〈x 2 〉 = 〈y 2 〉 folgt. Es haben also x und y<br />
dieselbe Ordnung, sagen wir, 2 m . Beachte, nach Voraussetzung ist m ≥ 3. Mit Lemma 4.9<br />
folgt weiter |G| = |〈x〉〈y〉| = 2 m+1 . Setze Ḡ = G/〈z〉. Dann ist |Ḡ| = 2m , und Ḡ wird<br />
54 Definiert auf Seite15.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 53<br />
von den zwei Elementen ¯x und ȳ erzeugt, die beide Ordnung 2 m−1 haben. Das Bild einer<br />
zyklischen Untergruppe von G in Ḡ kann nicht ganz Ḡ sein, da die zyklische Untergruppe<br />
ja 〈z〉 enthalten muß und G nicht zyklisch ist. Da Ḡ abelsch ist, folgt Ḡ ∼ = C 2 m−1 × C 2<br />
mit Satz 5.8. Es seien a, b ∈ G mit Ḡ = 〈ā〉 × 〈¯b〉, wobei ā Ordnung 2 m−1 und ¯b Ordnung<br />
2 habe. Da 〈z〉 in 〈a〉 und 〈b〉 liegt, hat a Ordnung 2 m und b Ordnung 4. Es ist a b ∈ a〈z〉,<br />
also (a 2 ) b = a 2 . Wegen m ≥ 3 vertauschen also die Elemente a 2m−2 und b, und beide<br />
ergeben quadriert z. Da das Bild von a 2m−2 b in Ḡ ungleich 1 ist, hat b also Ordnung<br />
a2m−2<br />
2 und ist von z verschieden, ein Wi<strong>der</strong>spruch. Der zweite Fall tritt also nicht ein, und das<br />
Lemma ist bewiesen.<br />
□<br />
Lemma 12.4. Es sei G eine nicht abelsche p-Gruppe, mit p > 2, die einen zyklischen<br />
Normalteiler N vom Index p besitzt. Dann gibt es ein a in G <strong>der</strong> Ordnung p mit G = 〈a〉N.<br />
Beweis. Es sei x ∈ G \ N. Dann ist G = 〈x〉N und x p ∈ N. Es sei y ein Erzeuger von<br />
N. Da G nicht abelsch ist, ist nach Satz 5.13(4) |N| ≥ p 2 und y x = yz mit einem Element<br />
z in N <strong>der</strong> Ordnung p. Insbeson<strong>der</strong>e gilt [y p , x] = 1. Da G nicht zyklisch ist, ist x p kein<br />
Erzeuger von N, und es gibt n ∈ N mit x p = y np . Ist p Teiler von n, vertauscht x mit y n ,<br />
und a = xy −n ist ein Element <strong>der</strong> Ordnung p mit G = 〈a〉N. An<strong>der</strong>nfalls können wir y<br />
durch y −n , ebenfalls Erzeuger von N, ersetzen, und z durch z −n , so dass gilt y x = yz und<br />
x p = y −p (das ist Kosmetik, damit folgende Rechnung schöner aussieht). Dann ist<br />
(xy) p = (xy) · · · (xy)(xy) = x p y xp−1 · · · y x y = x p y p z (p−1)+...+2+1<br />
= x p y p z (p 2) = x p y p = 1,<br />
wobei die vorletzte Gleichheit gilt, da p ungerade. Mit a = xy hat a also Ordnung p und<br />
es ist G = 〈a〉N.<br />
□<br />
Beweis von Satz 12.1. Ist G abelsch, ist G zyklisch nach Satz 5.8. Nehmen wir also an,<br />
dass G nicht abelsch ist. Eine nichttriviale, echte Untergruppe von G hat ebenfalls genau<br />
eine Untergruppe <strong>der</strong> Ordnung p, so dass wir per Induktion nach |G| annehmen dürfen,<br />
dass echte Untergruppen von G zyklisch o<strong>der</strong> Quaternionengruppen (im Fall p = 2) sind.<br />
Es sei N ein maximaler abelscher Normalteiler von G. Dann ist N zyklisch, und es gilt<br />
C G (N) = N nach Lemma 9.21. Damit ist G/N via Konjugationsoperation isomorph<br />
zu einer Untergruppe von Aut(N) (siehe die Bemerkungen zu Beginn von § 10.1). Es sei<br />
x ∈ G \ N mit x p ∈ N. Dann ist 〈x, N〉 eine nicht abelsche p-Gruppe, in <strong>der</strong> N Index p<br />
hat. Nach Lemma 12.4 ist also p = 2. Weiterhin ist 〈x, N〉 eine Quaternionengruppe nach<br />
Lemma 12.3. Es operiert x also durch invertieren auf N. Wegen C G (N) = N gibt es also<br />
nur ein Element <strong>der</strong> Ordnung 2 in G/N, und dies ist xN. Weiterhin gilt nach Satz 5.13(6),<br />
dass γ 2 , für γ ∈ Aut(N), nicht durch invertieren auf N operiert. Also enthält G/N kein<br />
Element <strong>der</strong> Ordnung 4. Es folgt |G/N| = 2 und G = 〈x, N〉. Der Satz ist bewiesen. □<br />
12.2. Eine Anwendung des P × Q Lemmas von Thompson. Wir brauchen für den<br />
nächsten Satz ein kleines Hilfslemma, welches von allgemeiner Natur und damit auch<br />
sonst zu gebrauchen ist.<br />
Lemma 12.5. Die Gruppe G habe eine p-Untergruppe P und einen p ′ -Normalteiler N.<br />
Mit Ḡ = G/N ist dann NḠ ( ¯P ) = N G (P ) und C Ḡ ( ¯P ) = C G (P ).<br />
Beweis. Es ist jeweils nur eine Inklusion zu zeigen. Sei x ∈ G mit ¯x ∈ N Ḡ ( ¯P ). Dann<br />
ist P x ∈ P N. Wegen |P N| = |P ||N| (Lemma 4.9) ist P, P x ∈ Syl p (P N), und nach<br />
dem Satz von Sylow gibt es y ∈ N mit P = P xy , dass heißt xy ∈ N G (P ) und ¯x =<br />
xy ∈ N G (P ). Damit ist eine <strong>der</strong> Inklusionen gezeigt. Es sei weiter ¯x ∈ C Ḡ ( ¯P ) ≤ N Ḡ ( ¯P ).
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 54<br />
Für z ∈ P gilt dann also z x ∈ zN und z xy ∈ y −1 zyN = z[z, y]N = zN. Es folgt<br />
z xy ∈ P ∩ zN = {z}. Also ist xy ∈ C G (P ) und ¯x = xy ∈ C G (P ). Damit ist die zweite<br />
<strong>der</strong> Inklusionen gezeigt.<br />
□<br />
Als wichtige Anwendung des P × Q Lemmas beweisen wir nun den folgenden Satz.<br />
Satz 12.6. Es sei G eine Gruppe, und für eine Primzahl p sei Ḡ = G/O p ′(G) gesetzt. Es<br />
gelte C Ḡ (O p (Ḡ)) ≤ Op(Ḡ). Für eine p-Untergruppe P von G gilt dann O p ′(N G(P )) ≤<br />
O p ′(G).<br />
Beweis. Setze L = O p ′(N G (P )). Es sind L und P Normalteiler von N G (P ) von teilerfrem<strong>der</strong><br />
Ordnung, so dass [L, P ] ≤ L ∩ P = 1, also L ≤ C G (P ) ≤ N G (P ) gilt. Dies<br />
zeigt L = O p ′(C G (P )). Mit Lemma 12.5 folgt ¯L = O p ′(C G (P )) = O p ′(C Ḡ ( ¯P )), und es<br />
gilt O p ′(Ḡ) = 1. Wir nehmen daher O p ′(G) = 1 an und haben dann O p ′(C G(P )) = 1<br />
zu zeigen. Setze Q = O p ′(C G (P )) und H = O p (G). Es ist A = 〈P, Q〉 = P × Q und<br />
A operiert auf H. Weiter ist C H (P ) C G (P ), also C H (P ) ≤ O p (C G (P )), da H eine<br />
p-Gruppe ist. Damit ist [C H (P ), Q] = 1. Mit dem P × Q Lemma (Lemma 10.10) folgt<br />
Q ≤ C G (H). Nach Voraussetzung gilt C G (H) ≤ H. Es folgt Q = 1, wie gewünscht. □<br />
Satz 12.7. Für eine p-Untergruppe P einer auflösbaren Gruppe G gilt O p ′(N G (P )) ≤<br />
O p ′(G).<br />
Beweis. Die Voraussetzung von Satz 12.6 ist nach Satz 9.29 erfüllt.<br />
□<br />
Man kann sagen, dass die in N G (P ) charakteristische Untergruppe O p ′(N G (P )) gewissermaßen<br />
von O p ′(G) ‘kontrolliert’ wird. Es hätte genügt, G als p-separabel vorauszusetzen,<br />
siehe Satz 9.33.<br />
12.3. Ein Lemma von Ben<strong>der</strong>. Für ein (nach Ordnung) minimales Gegenbeispiel G zum<br />
p a q b -Satz seien zunächst ein paar seiner offenbaren Eigenschaften notiert, die im folgenden<br />
wie<strong>der</strong>holt verwendet werden. Es ist jede echte Untergruppe von G auflösbar. Es ist<br />
auch klar, dass G eine einfache, nicht abelsche Gruppe ist (nach Feststellung 9.24). Ist<br />
M eine maximale Untergruppe von G und H ein nichttrivialer Normalteiler von M, gilt<br />
M = N G (H). Weiterhin, ist P ∈ Syl p (G) und Q ∈ Syl q (G), dann ist G = P Q (nach<br />
Lemma 4.9 gilt |P Q| = |P ||Q| = |G|).<br />
Bezeichnet r eine <strong>der</strong> Primzahlen p und q, so soll r ′ die an<strong>der</strong>e bezeichnen.<br />
Bevor ich endlich das Lemma von Ben<strong>der</strong> gebe, halte ich noch eine einfache Beobachtung<br />
fest.<br />
Lemma 12.8. Es sei G ein minimales Gegenbeispiel zum p a q b -Satz, und r ∈ {p, q}. Dann<br />
normalisiert eine r-Sylowuntergruppe von G keine nichttriviale r ′ -Untergruppe von G.<br />
Beweis. Es sei R ∈ Syl r (G) mit R ≤ N G (T ) für eine r ′ -Untergruppe T von G. Da<br />
G = SR für eine r ′ -Sylowuntergruppe S von G, folgt aus dem Satz von Sylow, dass R<br />
durch Konjugation transitiv auf den r ′ -Sylowuntergruppen von G operiert, so dass in <strong>der</strong>en<br />
Durchschnitt T liegt. Wegen O r ′(G) = 1 folgt T = 1.<br />
□<br />
Lemma 12.9 (Ben<strong>der</strong>). Es sei G ein minimales Gegenbeispiel zum p a q b -Satz, und M<br />
eine maximale Untergruppe von G. Dann ist die Fittinguntergruppe F(M) von M eine<br />
r-Gruppe, mit r ∈ {p, q}.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 55<br />
Beweis. Setze F = F(M). Wir führen einen Wi<strong>der</strong>spruchsbeweis, nehmen also an, dass<br />
|F | von p und von q geteilt wird. Setze Z = Z(F ). Es sei F p bzw. F q die p- bzw. q-<br />
Sylowuntergruppe von F , und ähnlich Z p bzw. Z q die p- bzw. q-Sylowuntergruppe von Z.<br />
Es ist also F = F p × F q und Z = Z p × Z q . Man beachte im folgenden, dass Z p ≠ 1 und<br />
Z q ≠ 1 ist, nach Folgerung 6.10.<br />
Wir zeigen zuerst, dass M die einzige maximale Untergruppe von G ist, die Z enthält. Es<br />
sei also L eine maximale Untergruppe von G, die Z enthält. Wir wollen L = M zeigen. Es<br />
gilt Z p M, und da M maximale Untergruppe von G ist, gilt also M = N G (Z p ). Ebenso<br />
M = N G (Z q ). Folglich gilt N L (Z q ) ≤ M und Z p ≤ O p (N L (Z q )) = O q ′(N L (Z q )). Nach<br />
Satz 12.7 ist O q ′(N L (Z q )) ≤ O q ′(L), womit Z p ≤ O p (L). Es folgt O q (L) ≤ N G (Z p ) =<br />
M, und wegen N M (O q (L)) ≤ L gilt O p (L) ≤ O q ′(N M (O q (L))). Nach Satz 12.7 ist<br />
O q ′(N M (O q (L))) ≤ O q ′(M) = O p (M). Also gilt O p (L) ≤ O p (M). Ebenso O q (L) ≤<br />
O q (M), womit F(L) ⊆ F(M). Da auch die Ordnung von F(L) von pq geteilt wird, folgt<br />
aus Symmetriegründen F(L) = F(M). Damit ist L = N G (F(L)) = N G (F(M)) = M, wie<br />
gewünscht.<br />
Wir zeigen als nächstes, dass F r , für ein r ∈ {p, q}, zwei verschiedene Untergruppen<br />
<strong>der</strong> Ordnung r hat. Dabei werden wir folgende Vorbemerkung mehrfach benutzen. Falls<br />
R eine r-Sylowuntergruppe von M ist, mit r ∈ {p, q}, dann enthält R keine nichttriviale<br />
charakteristische Untergruppe, die normal in M ist. Denn wäre H eine solche, wäre<br />
N G (R) ≤ N G (H) = M, also R ∈ Syl r (G) nach Satz 6.16. Wegen R ≤ N G (O q (F ))<br />
wi<strong>der</strong>spräche dies aber Lemma 12.8.<br />
Wir nehmen zunächst an, dass p = 2 und F q zyklisch ist. Wir zeigen, dass F 2 we<strong>der</strong><br />
zyklisch noch eine Quaternionengruppe ist. Angenommen, F 2 ist zyklisch. Es sei<br />
Q ∈ Syl q (M). Da Q/C Q (F 2 ) als Untergruppe von Aut(F 2 ) aufgefasst werden kann, also<br />
nach Satz 5.13(1) eine 2-Gruppe ist, gilt Q = C Q (F 2 ). Damit ist Z(Q) ≤ C M (F ). Da<br />
C M (F ) ≤ M nach Satz 9.28, also Z(Q) ≤ F q . Damit ist, da F q zyklisch ist, Z(Q) M,<br />
im Wi<strong>der</strong>spruch zur Vorbemerkung. Nun sei angenommen, dass F 2 eine Quaternionengruppe<br />
ist. Es sei P ∈ Syl 2 (M). Da P/C P (F q ) nach Satz 5.13(1) abelsch ist, gilt P ′ ≤<br />
C P (F q ), und wie eben folgt 1 ≠ P ′ ∩ Z(P ) ≤ F 2 . Damit enthält P ′ ∩ Z(P ), genauso<br />
wie F 2 , genau eine Untergruppe H <strong>der</strong> Ordnung 2, und diese ist charakteristisch in P und<br />
normal in M, im Wi<strong>der</strong>spruch zur Vorbemerkung.<br />
Nach Satz 12.1 gilt daher im Fall p = 2: Ist F q zyklisch, enthält F 2 zwei verschiedene<br />
Untergruppen <strong>der</strong> Ordnung 2. Ist F q nicht zyklisch, enthält (da q ungerade) F q zwei<br />
verschiedene Untergruppen <strong>der</strong> Ordnung q.<br />
Wir können also annehmen, dass p und q ungerade sind um zu zeigen, dass F r , für ein<br />
r ∈ {p, q}, zwei verschiedene Untergruppen <strong>der</strong> Ordnung r hat. Angenommen, dies gilt<br />
nicht. Dann ist F zyklisch nach Satz 12.1. Wir nehmen p < q an. Es sei Q ∈ Syl q (M).<br />
Dann ist [Q, F p ] = 1 nach Satz 5.13(1). Wegen C M (F ) ≤ M ist also C Q (F q ) = F q .<br />
Weiterhin ist Q/C Q (F q ) isomorph zu einer Untergruppe von Aut(F q ), also abelsch. Es sei<br />
H = Q falls Q = F q , und H = Q ′ ≤ F q falls Q < F q . Dann ist H eine nichttriviale<br />
charakteristische Untergruppe von Q, die normal in M ist. Dies wi<strong>der</strong>spricht ein letztes<br />
Mal <strong>der</strong> Vorbemerkung.<br />
Nun gibt es also, siehe Feststellung 12.2, ein r ∈ {p, q}, so dass F r eine zu C r × C r<br />
isomorphe Untergruppe V besitzt. Für ein x in V \ {1} gilt Z ≤ C G (x), also C G (x) ≤<br />
M, da M die einzige maximale Untergruppe von G ist, die Z enthält. Es sei R eine V<br />
enthaltende r-Sylowuntergruppe von M. Es sei H irgendeine r ′ -Untergruppe von G, die<br />
von R normalisiert wird. Dann gilt H = 〈C H (x) | x ∈ V \ {1}〉 nach Satz 11.6. Also ist<br />
H ≤ M. Wähle S ∈ Syl r ′(G) mit H ≤ S. Für x ∈ R gilt H = H x ≤ S x . Wegen
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 56<br />
M = SR folgt H ≤ ⋂ x∈R Sx = ⋂ y∈M Sy = O r ′(M) = F r ′. Also ist F r ′ die einzige<br />
maximale r ′ -Untergruppe von G, die von R normalisiert wird. Ist nun x ∈ N G (R), wird<br />
(F r ′) x von R normalisiert, so dass (F r ′) x = F r ′ und x ∈ N G (F r ′) = M folgt. Es ist<br />
also N G (R) ≤ M. Es folgt R ∈ Syl r (G) nach Satz 6.16, was wegen R ≤ N G (F q ) aber<br />
Lemma 12.8 wi<strong>der</strong>spricht. Das Lemma ist bewiesen.<br />
□<br />
13. DER SATZ VON BAER–SUZUKI<br />
Ein Resultat von Baer [4] (wie<strong>der</strong>gegeben in [27, III.6.15]) hat die wichtige Folge, für<br />
ein p-Element einer Gruppe G notwendige und hinreichende Bedingungen zu geben um<br />
in O p (G) zu liegen. Dieses Kriterium wurde auch von Suzuki [60, S. 196] mit einem<br />
vollständig an<strong>der</strong>en Argument bewiesen. Sein Beweis ist in [22, Theorem 3.8.2] wie<strong>der</strong>gegeben.<br />
Die wichtigste Anwendung ist vielleicht die Folgerung, dass in einer einfachen<br />
Gruppe jede Involution ein nichtriviales Element ungera<strong>der</strong> Ordnung invertiert. Ich gebe<br />
zunächst den kurzen, von Alperin und Lyons [1] gegebenen Beweis wie<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Elemente<br />
<strong>der</strong> Beweise von Baer und Suzuki miteinan<strong>der</strong> verbindet.<br />
Satz 13.1 (Baer–Suzuki). Ein p-Element x einer Gruppe G liegt in O p (G) genau dann,<br />
wenn je zwei Konjugierte von x eine p-Untergruppe von G erzeugen.<br />
Beweis. In eine Richtung ist <strong>der</strong> Schluß offensichtlich. Wir können also annehmen, dass<br />
K eine Konjugiertenklasse von p-Elementen in G ist, dass je zwei Elemente von K eine<br />
p-Gruppe erzeugen, und K O p (G), und haben dann einen Wi<strong>der</strong>spruch herzuleiten.<br />
Wir zeigen zunächst, dass es p-Sylowuntergruppen P und Q von G gibt mit K ∩ P ≠ K ∩<br />
Q. Dazu sei P irgendeine p-Sylowuntergruppe von G. Da 〈K〉 normal in G und folglich<br />
keine p-Gruppe ist, gilt K O p (G). Nun wähle y ∈ K \ P und ein p-Sylowuntergruppe<br />
Q mit y ∈ Q. Dann ist sicher K ∩ P ≠ K ∩ Q.<br />
Unter allen Paaren P und Q von p-Sylowuntergruppen mit K ∩ P ≠ K ∩ Q wähle ein<br />
Paar mit |K ∩ P ∩ Q| maximal. Da P und Q konjugiert sind, gilt |K ∩ P | = |K ∩ Q|,<br />
womit K ∩ P Q und K ∩ Q P folgt. Setze D = 〈K ∩ P ∩ Q〉, und wähle eine<br />
Untergruppenreihe D = P 0 < P 1 < . . . < P n = P so, dass je<strong>der</strong> Index |P j : P j−1 | gleich<br />
p ist. Da K ∩ P Q und D ≤ Q, gilt K ∩ P D. Es gibt also einen positiven Index<br />
i mit K ∩ P i D. Wir wählen den kleinsten, und x ∈ K ∩ P i mit x /∈ D. Wir zeigen<br />
x ∈ N G (D). Zunächst normalisiert x die Gruppe P i−1 , denn es ist P i−1 P i wegen<br />
|P i : P i−1 | = p. Damit normalisiert x die Menge K ∩ P i−1 , welche nach Wahl von i mit<br />
K ∩D übereinstimmt. Damit normalisiert x das Erzeugnis 〈K ∩ D〉 = D, wie gewünscht.<br />
Analog folgt, dass es y ∈ K ∩ Q mit y /∈ D und x ∈ N G (D) gibt. Nun ist, da x, y ∈ K,<br />
nach Voraussetzung 〈x, y〉 eine p-Gruppe. Da 〈x, y〉 ≤ N G (D), ist auch 〈x, y, D〉 eine<br />
p-Gruppe. Es sei R eine p-Sylowuntergruppe von G, welche 〈x, y, D〉 enthält. Dann gilt<br />
K ∩ P ∩ R ⊇ (K ∩ D) ∪ {x} und damit |K ∩ P ∩ R| > |K ∩ D| ≥ |K ∩ P ∩ Q|. Ebenso<br />
ergibt sich |K ∩ Q ∩ R| > |K ∩ P ∩ Q|. Nach <strong>der</strong> maximalen Wahl von |K ∩ P ∩ Q| folgt<br />
K ∩ P = K ∩ R = K ∩ Q, ein Wi<strong>der</strong>spruch.<br />
□<br />
Der Satz von Baer–Suzuki gilt tatsächlich in allgemeinerer Form. Wielandt hat in [71]<br />
Subnormalität in <strong>endlichen</strong> <strong>Gruppen</strong> untersucht und dabei den Satz als Korollar erhalten.<br />
Siehe dazu auch die Darstellung in [34, § 6.7].<br />
Wir benutzen zum Beweis einer Verallgemeinerung das folgende Lemma, welches leicht<br />
abgewandelt Übung 4 aus Kapitel 11 in [3] ist. Als Vorläufer will ich [39, Lemma 2]<br />
bezeichnen. Wir werden wie<strong>der</strong> einmal Feststellung 6.7 auf die Operation einer p-Gruppe<br />
anwenden.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 57<br />
Lemma 13.2. Es sei P eine p-Gruppe und ∆ eine (unter Konjugation) P -invariante Kollektion<br />
von Untergruppen von P . Ist Γ ⊂ ∆ mit 〈Γ〉 ≤ N P (Γ), dann gibt es D ∈ ∆ \ Γ<br />
mit D ≤ N P (Γ).<br />
Beweis. Setze G = 〈Γ〉. Die p-Gruppe G operiert auf Ω = {Γ x | x ∈ P } durch Konjugation.<br />
Ist Ω einelementig, gilt P = N P (Γ), und die Aussage des Lemmas ist trivial. Sei<br />
also |Ω| > 1. Nach Voraussetzung ist Γ ∈ Ω ein Fixpunkt unter <strong>der</strong> Operation von G. Also<br />
gibt es zumindest noch einen weiteren, etwa Γ x , dass heißt, es ist G ≤ N P (Γ x ) und es gibt<br />
C ∈ Γ mit C /∈ Γ x . Es folgt D = C x−1 /∈ Γ und D = C x−1 ≤ G x−1 ≤ N P (Γ). □<br />
Nun folgen wir im wesentlichen [3, (39.6)].<br />
Satz 13.3 (Baer–Suzuki). Es sei X eine p-Untergruppe von G, so dass für jedes g ∈ G<br />
auch 〈X, X g 〉 eine p-Gruppe ist. Dann gilt X ≤ O p (G).<br />
Beweis. Wir nehmen an, dass G ein Gegenbeispiel ist, dass also X O p (G) gilt. Es<br />
sei S ∈ Syl p (G) und Ω = {X g ∩ S h | g, h ∈ G} gesetzt. Es operiert G auf Ω durch<br />
Konjugation. Da G Gegenbeispiel ist, ist <strong>der</strong> Normalteiler 〈Ω〉 von G keine p-Gruppe.<br />
Wähle nun P ∈ Syl p (G) so, dass für ∆ = {D ∈ Ω | D ≤ P } die in P enthaltene<br />
p-Gruppe 〈∆〉 möglichst große Ordnung hat. Es ist ∆ ⊂ Ω. Für jedes F ∈ Ω \ ∆ ist<br />
〈∆, F 〉 P , also |〈∆, F 〉| > |〈∆〉|, und somit ist nach Wahl von P die Gruppe 〈∆, F 〉<br />
keine p-Gruppe (an<strong>der</strong>nfalls läge sie ja in einer p-Sylowuntergruppe). Es sei nun Γ ⊆<br />
∆ maximal gewählt mit <strong>der</strong> Eigenschaft, dass 〈Γ, F 〉 eine p-Gruppe für ein F ∈ Ω \<br />
∆ ist. Beachte, nach Voraussetzung ist Γ nicht leer, und es gilt Γ ⊂ ∆. Wir bemerken,<br />
dass 〈Γ〉 ≤ N G (Γ) gilt. Denn an<strong>der</strong>nfalls gäbe es g ∈ 〈Γ〉 und D ∈ Γ mit D g /∈ Γ,<br />
was wegen 〈Γ, F 〉 = 〈Γ ∪ {D g }, F 〉 <strong>der</strong> Maximalität von Γ wi<strong>der</strong>sprechen würde. Nach<br />
Lemma 13.2, angewandt auf die Situation in P , gibt es also D 0 ∈ ∆ \ Γ mit D 0 ≤ N P (Γ).<br />
Nun betrachten wir die p-Gruppe Q = 〈Γ, F 〉. Setze ˜∆ = {D ∈ Ω | D ≤ Q}. Es ist<br />
Γ ⊂ ˜∆ wegen F ∈ ˜∆ \ Γ. Nach Lemma 13.2 gibt es also F 0 ∈ ˜∆ \ Γ mit F 0 ≤ N Q (Γ).<br />
Angenommen, es gilt F 0 ∈ ∆. Dann ist Γ ∪ {F 0 } ⊆ ∆ und Q = 〈Γ ∪ {F 0 }, F 〉, eine<br />
p-Gruppe, also Γ ∪ {F 0 } = Γ nach Maximalität von Γ, im Wi<strong>der</strong>spruch zu F 0 /∈ Γ.<br />
Also gilt F 0 /∈ ∆. Nun sei Γ 0 = Γ ∪ {D 0 } gesetzt. Dann ist Γ ⊂ Γ 0 ⊆ ∆, und wegen <strong>der</strong><br />
Maximalität von Γ ist R = 〈Γ 0 , F 〉 keine p-Gruppe. Es ist aber R ≤ N G (Γ), und 〈Γ〉 ist ein<br />
in P enthaltener nichttrivialer Normalteiler von N G (Γ). Wir können annehmen, dass G ein<br />
Gegenbeispiel minimaler Ordnung ist. Dann gilt N G (Γ) = G, denn R ist das Erzeugnis <strong>der</strong><br />
Elemente aus Ω, die in R liegen, und je zwei Konjugierte davon erzeugen eine p-Gruppe,<br />
aber R ist keine p-Gruppe. Also ist O p (G) ≠ 1, und G/O p (G) kein Gegenbeispiel. Damit<br />
ist aber auch G kein Gegenbeispiel, ein Wi<strong>der</strong>spruch.<br />
□<br />
14. MATSUYAMAS BEWEIS DES 2 a q b -SATZES<br />
Ich gebe den Beweis von Matsuyama [39] für folgenden Satz.<br />
Satz 14.1. <strong>Gruppen</strong> <strong>der</strong> Ordnung 2 a q b sind auflösbar.<br />
Um eine etwas kürzere Sprechweise zur Verfügung zu haben, treffen wir die folgende Definition<br />
(wie in [6, S. 330]). Für eine Primzahl r heiße ein von 1 verschiedenes r-Element<br />
x einer Gruppe G zentral, falls x im Zentrum einer (geeigneten) r-Sylowuntergruppe von<br />
G liegt.<br />
Ist r ein Teiler <strong>der</strong> Ordnung von G, so besitzt G zentrale r-Elemente. Achtung: Wir verlangen<br />
nicht, dass x zentral in G ist, auch wenn dies <strong>der</strong> Sprechweise nach irrtümlicherweise
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 58<br />
angenommen werden könnte. Ob ein r-Element zentral ist o<strong>der</strong> nicht, hängt von <strong>der</strong> Gruppe<br />
ab, in <strong>der</strong> es liegt; wir sagen x ist zentrales Element von G. 55<br />
Zum Beweis von Satz 14.1 halten wir zunächst eine unmittelbare Folgerung aus dem Satz<br />
von Baer–Suzuki fest.<br />
Lemma 14.2. Angenommen, es ist G eine Gruppe <strong>der</strong> Ordnung 2 a q b mit a, b ≥ 1 und<br />
mit sowohl O 2 (G) = 1 als auch O q (G) = 1. Dann hat G eine maximale Untergruppe M,<br />
welche sowohl zentrale 2-Elemente als auch zentrale q-Elemente von G enthält.<br />
Beweis. Sei x ein zentrales 2-Element von G. Wegen O 2 (G) = 1 gibt es nach Satz 13.1<br />
ein y in G, in G konjugiert zu x, so dass 〈x, y〉 keine 2-Gruppe ist. Da 〈x, y〉 eine Die<strong>der</strong>gruppe<br />
ist (siehe Beispiel 10.1), enthält 〈xy〉 eine eindeutig bestimmte Untergruppe<br />
A <strong>der</strong> Ordnung q. Es sei H = N G (A). Nach Voraussetzung ist H < G. Da A in einer<br />
q-Sylowuntergruppe von G liegt, enthält H zentrale q-Elemente von G, und da x durch<br />
invertieren auf A operiert, liegt auch das zentrale 2-Element x von G in H. Nun wähle<br />
man eine beliebige maximale Untergruppe M von G, welche H enthält, und sie hat die<br />
gewünschte Eigenschaft.<br />
□<br />
Satz 14.1 folgt nun aus dem folgenden Lemma, denn ein minimales Gegenbeispiel zum<br />
p a q b -Satz ist einfach (hat also triviale Fittinguntergruppe).<br />
Lemma 14.3. Es sei G ein minimales Gegenbeispiel zum p a q b -Satz. Dann besitzt G keine<br />
maximale Untergruppe M, welche sowohl zentrale p-Elemente als auch zentrale q-<br />
Elemente von G enthält.<br />
Beweis. Wir nehmen das Gegenteil an. Es sei also M eine maximale Untergruppe von<br />
G, welche sowohl zentrale p-Elemente als auch zentrale q-Elemente von G enthält. Nach<br />
Lemma 12.9 ist F(M) eine r-Gruppe, mit r ∈ {p, q}. Es sei {r, r ′ } = {p, q}. Es sei<br />
R ∈ Syl r (G) mit F(M) ≤ R. Es ist also Z(R) ≤ C G (F(M)). Da M = N G (F(M)), folgt<br />
Z(R) ≤ M, und wegen Satz 9.28 sogar Z(R) ≤ F(M). Es sei x ein zentrales r ′ -Element<br />
von G mit x ∈ M, und S ∈ Syl r ′(G) mit x ∈ Z(S).<br />
Es sei A = 〈Z(R) 〈x〉 〉, eine r-Gruppe, da in F(M) liegend, mit A x = A. Setze ∆ =<br />
{A y | y ∈ S}. Wegen x ∈ Z(S) gilt B x = B für B ∈ ∆. Beachte, für g ∈ G gibt es<br />
B ∈ ∆ mit Z(R) g ≤ B, denn wegen G = RS gibt es y ∈ S mit Z(R) g = Z(R) y , so dass<br />
Z(R) g ≤ 〈Z(R) y〈x〉 〉 = 〈Z(R) 〈x〉 〉 y = A y ∈ ∆.<br />
Es sei nun Γ ⊆ ∆ maximal gewählt mit <strong>der</strong> Eigenschaft, dass 〈Γ〉 eine r-Gruppe ist. Setze<br />
H = 〈Γ〉, und beachte H ≠ 1. Wähle T ∈ Syl r (G) mit H ≤ T . Es gilt H x = H.<br />
Angenommen, es gilt H T . Dann ist x G = x ST = x T ⊆ N G (H). Es ist aber G =<br />
〈x G 〉, da G einfach ist, und damit G = N G (H), im Wi<strong>der</strong>spruch zur Einfachheit von G.<br />
Also ist H nicht normal in T , und die r-Gruppe H operiert auf <strong>der</strong> nichtleeren Menge<br />
Ω = {H z | z ∈ T } \ {H}. Es ist |Ω| ≡ 1 mod r, so dass es nach Feststellung 6.7 ein<br />
z ∈ T gibt mit H z ≠ H und H ≤ N G (H z ), also mit H z−1 ≠ H und H z−1 ≤ N G (H). Da<br />
H z−1 von Konjugierten von Z(R) erzeugt wird, gibt es daher g ∈ G mit Z(R) g H und<br />
Z(R) g ≤ N G (H). Wie bereits festgestellt, gibt es y ∈ S mit Z(R) g = Z(R) y , und wegen<br />
x ∈ N G (H) folgt A y = 〈Z(R) y〈x〉 〉 ≤ N G (H). Wegen A y H ist A y ∈ ∆ \ Γ, aber<br />
〈Γ ∪ {A y }〉 ist gleich 〈H, A y 〉, also wegen A y ≤ N G (H) eine r-Gruppe, im Wi<strong>der</strong>spruch<br />
zur Maximalität von Γ. Damit ist das Lemma bewiesen.<br />
□<br />
55 Es sei bemerkt, dass diese Definition natürlich auch Sinn macht für nichttriviale r-Untergruppen von G<br />
anstelle von r-Elementen.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 59<br />
15. ZWEIDIMENSIONALE LINEARE GRUPPEN<br />
Ich gebe in § 15.1 elementare Eigenschaften <strong>der</strong> zweidimensionalen allgemeinen linearen<br />
<strong>Gruppen</strong> über <strong>endlichen</strong> Körpern, und beweise die Einfachheit <strong>der</strong> speziellen projektiven<br />
linearen <strong>Gruppen</strong> PSL(2, q), q > 3. Diese <strong>Gruppen</strong> spielen eine wichtige Rolle bei verschiedenen<br />
gruppentheoretischen Betrachtungen.<br />
In § 15.2 gebe ich einen Satz von Dickson über das Erzeugnis von zwei nicht vertauschenden<br />
Elementen <strong>der</strong> Ordnung p in <strong>der</strong> speziellen linearen Gruppe SL(2, q). Der Leser<br />
mag den längeren Beweis (zunächst) übergehen. Ich merke an, dass Dickson in seinem<br />
Buch [14] für die <strong>Gruppen</strong> SL(2, q) eine vollständige Liste ihrer Untergruppen gegeben<br />
hat, siehe dafür etwa Kapitel 3, § 6 in [61] o<strong>der</strong> Kapitel II, § 8 in [27]. Daraus läßt sich <strong>der</strong><br />
genannte Satz von Dickson kurz ableiten, siehe [61, Theorem 6.21]. Ein weiterer Beweis<br />
ist in [28, Theorem IX.7.6] gegeben. Ich folge <strong>der</strong> Darstellung in [22].<br />
15.1. Die speziellen linearen <strong>Gruppen</strong> SL 2 (q). Es sei p eine Primzahl, r eine natürliche<br />
Zahl, und q = p r gesetzt. Es sei GL(2, q) die Gruppe <strong>der</strong> invertierbaren 2 × 2 Matrizen<br />
mit Einträgen aus dem Körper F q mit q Elementen, also die Gruppe <strong>der</strong> Einheiten des<br />
Ringes <strong>der</strong> 2 × 2 Matrizen über F q . Diese wird als zweidimensionale allgemeine lineare<br />
Gruppe über F q bezeichnet. Dies ist eine statische Beschreibung <strong>der</strong> Gruppe, da wir<br />
hier gewissermaßen bereits eine Basiswahl vorgenommen haben. Für eine dynamische Beschreibung<br />
lasse man GL(2, q) auf dem zugrundeliegenden Vektorraum V = F q ⊕F q durch<br />
Rechtsmultiplikation operieren. Dann kann man nach einer Basiswahl die Matrizengruppe<br />
GL(2, q) mit <strong>der</strong> Gruppe GL(V ) <strong>der</strong> Automorphismen des Vektorraums V identifizieren.<br />
Die Operation von GL(2, q) auf V gibt in natürlicher Weise eine Operation von GL(2, q)<br />
auf <strong>der</strong> Menge Ω <strong>der</strong> eindimensionalen Unterräume von V . Explizit haben wir für 0 ≠ v ∈<br />
V und x ∈ GL(2, q), dass (F q v) x = F q v x , wobei F q v den von v aufgespannten Unterraum<br />
bezeichnet. Sind v = (α, β) und w = (γ, δ) zwei linear unabhängige Vektoren aus V , so<br />
ist x =<br />
(<br />
α β<br />
γ δ<br />
)<br />
∈ GL(2, q), und es gilt (1, 0) x = v, (0, 1) x = w. Also operiert GL(2, q)<br />
zweifach transitiv auf V , und damit auch zweifach transitiv auf Ω.<br />
Wir sehen auch, dass die Ordnung von GL(2, q) die Anzahl <strong>der</strong> Paare (v, w) ist mit linear<br />
unabhängigen Vektoren v und w aus V . Um <strong>der</strong>en Anzahl zu bestimmen, mag man sich<br />
zunächst v beliebig gewählt denken; dazu hat man q 2 − 1 Möglichkeiten. Dann darf w<br />
nicht mehr aus F q v gewählt werden, man hat also nur noch q 2 − q Möglichkeiten, w zu<br />
wählen. Halten wir fest,<br />
|GL(2, q)| = (q 2 − 1)(q 2 − q).<br />
Wir setzen F × q = F q \ {0}, die multiplikative Gruppe des Körpers F q . Determinantenbildung<br />
gibt einen surjektiven Homomorphismus det: GL(2, q) → F × q . Sein Kern ist die<br />
spezielle lineare Gruppe SL(2, q). Wir bemerken, dass auch SL(2, q) zweifach transitiv<br />
auf Ω operiert, denn bei obiger Überlegung kann man ja w durch ein geignetes Vielfaches<br />
ersetzen. Es ist |F × q | = q − 1, also<br />
(15.1) |SL(2, q)| = (q + 1)q(q − 1).<br />
Da F × q eine p ′ -Gruppe ist, enthält SL(2, q) alle p-Elemente aus GL(2, q).<br />
Der Leser mag für q = 2, 3 den Isomorphietyp <strong>der</strong> <strong>Gruppen</strong> bestimmen. Es ist SL(2, 2) die<br />
symmetrische Gruppe S 3 <strong>der</strong> Ordnung 6. Es ist SL(2, 3) semidirektes Produkt <strong>der</strong> Quaternionengruppe<br />
Q 8 mit einer zyklischen Gruppe <strong>der</strong> Ordnung drei, welches nicht direkt<br />
ist (dies legt den Isomorphietyp fest). Schließlich ist GL(2, 3) semidirektes Produkt <strong>der</strong><br />
Q 8 mit <strong>der</strong> S 3 (wobei S 3 als ‘volle äußere’ Automorphismengruppe <strong>der</strong> Q 8 operiert). Alle<br />
<strong>Gruppen</strong> sind auflösbar.
Von jetzt an sei G = SL(2, q) und<br />
λ, µ ∈ F q . Also ist<br />
(15.2) P =<br />
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 60<br />
Ĝ = GL(2, q). Es ist (<br />
1 λ<br />
0 1 ) ( 1 µ<br />
0 1<br />
{ ( ) ∣∣∣ }<br />
1 λ λ ∈ Fq<br />
0 1<br />
) (<br />
=<br />
1 λ+µ<br />
)<br />
0 1 für<br />
eine Untergruppe von G, die isomorph zur additiven Gruppe von F q ist, also elementarabelsch<br />
vom Rang r ist (wir haben q = p r gesetzt). Aus Ordnungsgründen folgt P ∈<br />
Syl p (G). Es ist<br />
{ ( ) ∣∣∣ }<br />
δ 0<br />
 =<br />
δ, γ ∈ F<br />
×<br />
0 γ<br />
q<br />
eine Untergruppe von Ĝ. Wir setzen<br />
{ ( ) ∣∣∣ }<br />
δ 0<br />
(15.3) A = Â ∩ G = δ ∈ F<br />
0 δ −1 ×<br />
q<br />
∼= F × q .<br />
Offenbar ist K = A ⋉ P die Gruppe <strong>der</strong> oberen Dreiecksmatrizen in G. Bezüglich <strong>der</strong><br />
Operation von G auf Ω gilt K = C G (F q (0, 1)).<br />
Wir bemerken, dass<br />
〈 ( ) 〉<br />
−1 0<br />
Z = Z(G) =<br />
0 −1<br />
eine zyklische Gruppe <strong>der</strong> Ordnung 2 ist. Falls p ≠ 2, ist ( −1 0<br />
0 −1<br />
)<br />
die einzige Involution<br />
in G, denn dann kann ein Element aus G nicht Eigenwerte 1 und −1 haben, da es<br />
Determinante 1 hat. Vielleicht eine gute Gelegenheit für folgende Feststellung.<br />
Feststellung 15.1. Für p ≠ 2 sind die 2-Sylowuntergruppen von SL(2, q) (verallgemeinerte)<br />
Quaternionengruppen.<br />
Beweis. Wir betrachten zuerst den Fall q ≡ 1 mod 4. Es sei 2 a die größte Potenz von<br />
2, die q − 1 teilt. Da in diesem Fall q + 1 durch 2, nicht aber durch 4 teilbar ist, hat<br />
eine 2-Sylowuntergruppe von SL(2, q) Ordnung 2 a+1 nach (15.1). Es sei δ ein Element<br />
)<br />
und y =<br />
( δ 0<br />
0 δ −1 )<br />
. Diese zwei Elemente<br />
von F × q <strong>der</strong> Ordnung 2 a . Setze x = ( 0 −1<br />
1 0<br />
aus SL(2, q) erfüllen die in Beispiel 10.2 angegebenen definierenden Relationen für die<br />
Quaternionengruppe <strong>der</strong> Ordnung 2 a+1 . Es ist also 〈x, y〉 eine Quaternionengruppe, und<br />
eine 2-Sylowuntergruppe von SL(2, q). Nun sei q ≡ −1 mod 4. Wegen F q ⊆ F q 2 ist<br />
SL(2, q) ≤ SL(2, q 2 ), und wir haben eben festgestellt, dass die 2-Sylowuntergruppen von<br />
SL(2, q 2 ) Quaternionengruppen sind. In Beispiel 10.2 haben wir festgestellt, dass Untergruppen<br />
von Quaternionengruppen zyklisch o<strong>der</strong> Quaternionengruppen sind. Also müssen<br />
wir noch ausschließen, dass die 2-Sylowuntergruppen von SL(2, q) zyklisch sind. Angenommen,<br />
SL(2, q) hat eine zyklische 2-Sylowuntergruppe S. Nach Satz 9.30 bilden dann<br />
die Elemente ungera<strong>der</strong> Ordnung in SL(2, q) einen Normalteiler von SL(2, q). Nun ist<br />
) (<br />
ein Element <strong>der</strong> Ordnung 3 in SL(2, q), welches mit dem Element<br />
1 1<br />
)<br />
) 0 1 <strong>der</strong><br />
1 0 <strong>der</strong> Ordnung 4 ergibt, ein Wi<strong>der</strong>spruch. □<br />
aber ( 0 −1<br />
1 −1<br />
Ordnung p multipliziert das Element ( 0 −1<br />
Zur späteren Verwendung bemerken wir, dass für µ ∈ F q und β ∈ F × q gilt<br />
( ) ( ) ( ) ( )<br />
β 0 1 µ β<br />
−1<br />
0 1 µβ<br />
2<br />
(15.4)<br />
0 β −1 =<br />
.<br />
0 1 0 β 0 1<br />
(Es ist also K/Z eine sogenannte Frobeniusgruppe mit Frobeniuskern P/Z ∼ = P und<br />
Komplement A/Z.) Dies zeigt, dass jede p ′ -Untergruppe von K nach Konjugation mit<br />
einem geeigneten Element aus P in A zu liegen kommt.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 61<br />
Wir wollen den Normalisator von P bestimmen, und das Schnittverhalten von p-Untergruppen.<br />
Für λ, µ ∈ F q mit λ ≠ 0, und α, β, γ, δ ∈ F q gelte<br />
( ) ( ) ( ) ( )<br />
1 λ α β α β 1 µ<br />
(15.5)<br />
=<br />
.<br />
0 1 γ δ γ δ 0 1<br />
Dann gibt beim Ausmultiplizieren <strong>der</strong> Vergleich <strong>der</strong> Einträge in erster Zeile, erste Spalte<br />
α + λγ = α, also γ = 0. Dies zeigt NĜ(P ) = ÂP und N G(P ) = K = AP . Mit<br />
dem Satz von Sylow folgt |Syl p (G)| = |G : N G (P )| = q + 1. Es zeigt auch, dass für<br />
1 ≠ U ≤ P und x ∈ N G (U) gilt x ∈ K = AP . Für eine p-Untergruppe V von G<br />
mit U = V ∩ P ≠ 1 ist V ≤ N G (U) da V abelsch ist, so dass V ≤ K = AP , also<br />
V ≤ P folgt. Insbeson<strong>der</strong>e schneiden sich je zwei verschiedene p-Sylowuntergruppen von<br />
G trivial. Es sei Q ∈ Syl p (G) mit Q ≠ P . Für x ∈ P mit Q x = Q ist x ∈ 〈Q, x〉 = Q,<br />
also x = 1 wegen P ∩ Q = 1. Wir schreiben Q P = {Q x | x ∈ P }. Wir haben |Q P | = |P |<br />
gezeigt. Wegen |Syl p (G)| = q + 1 ist also Syl p (G) = {P } ∪ Q P . Wir zeigen nun<br />
(15.6) G = 〈P, Q〉.<br />
Dazu sei H = 〈P, Q〉 gesetzt. Es ist dann H = 〈P, Q P 〉 = 〈Syl p (G)〉 = 〈Syl (Ĝ)〉. p<br />
Also gilt H Ĝ. Das Frattini-Argument (Lemma 6.17) gibt Ĝ = N Ĝ<br />
(P )H = ÂP H =<br />
ÂH. Da  abelsch ist, ist auch Ĝ/H abelsch, also Ĝ′ ≤ H. Für δ ∈ F × q berechnet man<br />
( δ 0<br />
) [<br />
0 δ = (<br />
δ 0<br />
−1 0 1 ) , ( 0 1 1<br />
0 ) ] ∈ Ĝ′ . Damit ist A ≤ H. Das Frattini-Argument gibt nun<br />
G = N G (P )H = AP H = H, und (15.6) ist gezeigt.<br />
Satz 15.2. Für q > 3 ist SL(2, q) perfekt.<br />
Beweis. Für δ ∈ F × q und λ ∈ F q berechnet man [ ( )<br />
δ 0<br />
0 δ , (<br />
1 λ<br />
−1 0 1 ) ] = ( )<br />
1 λ(1−δ −2 )<br />
0 1 . Ist<br />
q > 3, läßt sich δ mit 1 − δ −2 ≠ 0 wählen, und es folgt P ≤ G ′ . Ebenso Q ≤ G ′ , da Q zu<br />
P konjugiert ist. Also ist G = G ′ nach (15.6).<br />
□<br />
Die Faktorgruppe PSL(2, q) = G/Z wird spezielle projektive lineare Gruppe genannt.<br />
Satz 15.3. Für q > 3 ist PSL(2, q) einfach.<br />
Beweis. Es sei Z < N G. Beachte, es ist Z <strong>der</strong> Kern <strong>der</strong> Operation von G auf Ω. Da<br />
G 2-transitiv auf Ω operiert, operiert N transitiv auf Ω (Feststellung 6.27 und Satz 6.24).<br />
Es ist K = C G (F q (0, 1)), und G = KN nach Feststellung 6.5. Folglich ist G/N =<br />
KN/N ∼ = K/K ∩ N. Da K auflösbar ist, ist also G/N auflösbar. Wegen Satz 15.2 hat G<br />
keine nichttrivialen abelschen Bil<strong>der</strong>. Also ist G/N = 1, dass heißt, N = G. □<br />
15.2. Ein Satz von Dickson. Ich will hier den folgenden Satz von Dickson 56 beweisen.<br />
Dazu gebe ich Gorensteins Darstellung in [22], Theorem 2.8.4, wie<strong>der</strong>. Gorenstein<br />
schreibt, er folge im wesentlichen <strong>der</strong> Darstellung in Dicksons Buch über lineare <strong>Gruppen</strong><br />
[14] (habe es nicht nachprüfen wollen). Vorsicht, <strong>der</strong> Beweis ist ziemlich lang und<br />
auch nicht gerade einfach.<br />
Satz 15.4 (Dickson). Es sei p eine ungerade Primzahl, r eine natürliche Zahl, und q = p r<br />
gesetzt. Es sei λ ∈ F q mit F q = F p (λ). Es sei L die von (<br />
λ 1 1 0 ) und ( 1 0 1<br />
1 ) erzeugte Untergruppe<br />
von SL(2, q). Dann ist L = SL(2, q), ausgenommen den Fall q = 9, wenn<br />
|Z(L)| = 2 gilt, L/Z(L) isomorph zur alternierenden Gruppe A 5 ist, und L eine Untergruppe<br />
isomorph zu SL(2, 3) besitzt.<br />
56 Zur Person siehe etwa Wikipedia-Eintrag [82].
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 62<br />
Bemerkung. In <strong>der</strong> gegebenen Form ist <strong>der</strong> Satz sicher nicht richtig für p = 2, den je zwei<br />
Involutionen erzeugen eine Die<strong>der</strong>gruppe.<br />
In dem Ausnahmefall (q = 9) gilt genauer L ∼ = SL(2, 5). Da SL(2, p) ⊆ SL(2, p r ), enthält<br />
L in jedem Fall eine zu SL(2, p) isomorphe Untergruppe.<br />
Es ist PSL(2, 9) ∼ = A 6 (für Isomorphismen zwischen <strong>Gruppen</strong> PSL(n, q) und alternierenden<br />
o<strong>der</strong> symmetrischen <strong>Gruppen</strong> siehe [2] o<strong>der</strong> [27, II.6.14]).<br />
Wir stellen dem Beweis ein einfaches Lemma voran, welches wir öfters benötigen werden.<br />
Lemma 15.5. Für x = ( α β<br />
)<br />
γ δ ∈ G gilt folgendes.<br />
(1) Falls x Ordnung p hat, gilt α + δ = 2.<br />
(2) Falls x 2 = ( )<br />
−1 0<br />
0 −1 , gilt entwe<strong>der</strong> α + δ = 0 o<strong>der</strong> β = γ = 0.<br />
Beweis. Zu (1). Das ist klar, etwa weil ein Element <strong>der</strong> Ordnung p zu einem Element aus<br />
P konjugiert ist.<br />
( )<br />
Zu (2). Folgt direkt aus x 2 = α 2 +βγ β(α+δ)<br />
. □<br />
γ(α+δ) δ 2 +βγ<br />
Wir beginnen mit dem Beweis des Satzes von Dickson. Wir behalten obige Bezeichnungen<br />
bei. Insbeson<strong>der</strong>e ist G = SL(2, q), und P ∈ Syl p (G) und A wie in (15.2) und (15.3), so<br />
dass K = N G (P ) = AP die Gruppe <strong>der</strong> oberen Dreiecksmatrizen in G ist.<br />
Setze Q = L ∩ P . Es gilt ( 1 0 1<br />
1 ) ∈ Q. Wir haben bereits gezeigt, dass sich je zwei verschiedene<br />
p-Sylowuntergruppen von G trivial schneiden. Folglich ist Q ∈ Syl p (L).<br />
Wie wir durch Betrachtung von (15.5) gesehen haben, gilt N L (Q) ⊆ K. Es sei B ein<br />
Komplement zu Q in N L (Q). Im Anschluß an (15.4) haben wir festgestellt, dass es x ∈ P<br />
gibt mit B x ⊆ A. Es ist dann N L (Q) = (L ∩ A x−1 )Q. Setzen wir M = L x , folgt unter<br />
Beachtung von [Q, x] = 1, dass Q ∈ Syl p (M), und<br />
(15.7) N M (Q) = (M ∩ A)Q.<br />
Diese Normalisierungsbedingung wird sich als geeignet herausstellen.<br />
Wir zeigen daher zunächst, dass es genügt, für ein solches Konjugiertes L x die Aussagen<br />
des Satzes zu beweisen. Genauer stellen wir fest, dass es genügt, für ein L x , mit x ∈ P ,<br />
eine <strong>der</strong> folgenden Aussagen zu beweisen.<br />
(A) L x = SL(2, p m ) für ein m ≤ r.<br />
(B) p = 3, |Z(L x )| = 2, L x /Z(L x ) ist isomorph zu A 5 , und L x besitzt eine Untergruppe<br />
isomorph zu SL(2, 3).<br />
Es gelte (A). Mit x = ( ) (<br />
1 γ<br />
0 1 ist dann 1−γλ −γ<br />
) ( 2 λ<br />
λ 1+γλ = 1 −γ<br />
)( 1 0<br />
)( 1 γ<br />
)<br />
0 1 λ 1 0 1 ∈ L x , und<br />
daher λ ∈ F p m. Wegen F q = F p (λ) folgt q ≤ p m . Also ist p m = q und L = L x = G.<br />
Es gelte (B). Dann ist nur noch q = 9 zu zeigen. Die Bil<strong>der</strong> von y = (<br />
λ 1 1 0 ) und z = ( 1 0 1<br />
1 )<br />
in A 5 sind Elemente <strong>der</strong> Ordnung 3, welche A 5 erzeugen. Wir können annehmen, dass y<br />
auf (123) abgebildet wird, und das Bild von z die Form (3st) hat; da A 5 = 〈(123), (3st)〉<br />
ist {s, t} = {4, 5}, und in dem wir nötigenfalls mit (45) konjugieren, können annehmen,<br />
dass y auf (345) abgebildet wird. Es ist (123)(345)(123) −1 (345) = (25)(34) und u =<br />
yzy −1 z = ( 1−λ 2−λ<br />
) (<br />
−λ 2 1+λ−λ . Das Bild von u hat also Ordnung 2. Da −1 0<br />
) 2 0 −1 das einzige<br />
Element <strong>der</strong> Ordnung 2 in G ist, folgt u 2 = ( )<br />
−1 0<br />
0 −1 . Damit hat u nach Lemma 15.5(2)<br />
Spur 0, also ist λ 2 = 2, und λ 2 = −1 wegen p = 3. Damit ist λ ∈ F 9 , also q = 9.<br />
Wir beginnen nun, entwe<strong>der</strong> (A) o<strong>der</strong> (B) zu zeigen. Dazu werden wir eine lange Reihe<br />
von Behauptungen aufstellen und beweisen. Die folgenden Bezeichnungen werden<br />
durchgängig gelten. Mit M = L x wie zu Beginn des Beweises setzen wir<br />
H = M ∩ A, Q = M ∩ P, N = N M (P ), d = |H| und p m = |Q|.
Es hat also F × q<br />
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 63<br />
eine (eindeutig bestimmte) Untergruppe D <strong>der</strong> Ordnung d, und es ist<br />
{ ( ) ∣∣∣ }<br />
β 0<br />
H =<br />
β ∈ D<br />
0 β −1 .<br />
Es gibt auch eine Untergruppe E <strong>der</strong> Ordnung p m <strong>der</strong> additiven Gruppe von F q mit<br />
{ ( ) ∣∣∣ }<br />
1 α<br />
Q =<br />
α ∈ E .<br />
0 1<br />
Behauptung 1. Für eine ganze Zahl f ≥ 1 gilt |M| = dp m (1 + fp m ).<br />
Beweis. Es seien Q 1 , Q 2 , . . . , Q s die von Q verschiedenen p-Sylowuntergruppen von M.<br />
Angenommen, für einen Index i und ein 1 ≠ x ∈ Q gilt Q x i = Q i . Dann ist x ∈ Q i .<br />
Da verschiedene p-Sylowuntergruppen von G trivialen Schnitt haben, folgt Q i ⊆ P , und<br />
Q i ⊆ M ∩ P = Q, ein Wi<strong>der</strong>spruch. Also fixiert kein nichttriviales Element von Q<br />
irgendein Q i . Somit permutiert Q die Q i in Zykeln, die aus p m (=|Q|) Elementen bestehen.<br />
Folglich ist die Anzahl <strong>der</strong> p-Sylowuntergruppen von M von <strong>der</strong> Form 1 + fp m . Dabei ist<br />
f ≥ 1, da Q nicht die einzige p-Sylowuntergruppe von M ist. Mit dem Satz von Sylow<br />
folgt |M : N| = 1 + fp m . Da |N| = dp m , folgt die Behauptung.<br />
□<br />
Behauptung 2. Es gilt d = ε(p m − 1) mit ε ∈ {1, 2}.<br />
Beweis. Wir stellen zwei Überlegungen über die Anzahl h <strong>der</strong> Elemente <strong>der</strong> Ordnung p in<br />
M an. Da es genau 1+fp m verschiedene p-Sylowuntergruppen in M gibt, die sich zudem<br />
paarweise trivial schneiden, gilt<br />
h = (p m − 1)(1 + fp m ).<br />
An<strong>der</strong>erseits können wir die Anzahl <strong>der</strong> Elemente <strong>der</strong> Ordnung p in je<strong>der</strong> Nebenklasse Ny<br />
von N in M mit y ∈ M \ N abschätzen. Schreiben wir nämlich y = ( )<br />
t u<br />
v w , ist<br />
( ) ( ) ( ) ( )<br />
β 0 1 α t u βt + βαv βu + βαw<br />
(15.8)<br />
0 β −1 =<br />
0 1 v w β −1 v β −1 w<br />
für β ∈ D und α ∈ E, so dass<br />
{ ( ) ∣∣∣ }<br />
βt + βαv βu + βαw<br />
(15.9) Ny =<br />
β ∈ D, α ∈ E<br />
β −1 v β −1 .<br />
w<br />
Hat eine dieser Matrizen, die die Elemente aus Ny darstellen, Ordnung p, dann gilt nach<br />
Lemma 15.5(1) für die Einträge <strong>der</strong> Matrix<br />
(15.10) βt + βαv + β −1 w = 2.<br />
Weiterhin gilt v ≠ 0 wegen y /∈ N. Daher läßt sich dann Gleichung (15.10) nach α<br />
auflösen, so dass Ny höchstens d (= |D|) Elemente <strong>der</strong> Ordnung p enthält. Da die Anzahl<br />
<strong>der</strong> in Betracht stehenden Nebenklassen fp m ist, und N selbst genau p m − 1 Elemente <strong>der</strong><br />
Ordnung p enthält, folgt<br />
(15.11) h ≤ p m − 1 + dfp m .<br />
Vergleichen wir nun diese Ungleichung mit obigem Ausdruck für h, ergibt sich<br />
(15.12) d ≥ p m − 1.<br />
Aber jedes Element aus H, welches nicht in Z = Z(G) liegt, induziert nach (15.4) einen<br />
regulären Automorphismus von Q, soll heißen, Q \ {1} zerfällt unter <strong>der</strong> Operation von<br />
H/H ∩ Z in Bahnen <strong>der</strong> Länge |H : H ∩ Z|. Also wird p m − 1 von d o<strong>der</strong> von d/2 geteilt,<br />
je nachdem ob |H ∩Z| = 1 o<strong>der</strong> = 2 ist. Zusammen mit (15.12) folgt die Behauptung. □
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 64<br />
Also enthält D, da zyklisch, eine zyklische Untergruppe B <strong>der</strong> Ordnung p m − 1; es sei γ<br />
ein Erzeuger von B, also B = 〈γ〉. Es ist |D : B| ≤ 2.<br />
Behauptung 3. Es ist m Teiler von r, und B die multiplikative Gruppe, E die additive<br />
Gruppe von F p m.<br />
Beweis. Der Körper F p (γ) enthält p m verschiedene Wurzeln des Polynoms X pm − X,<br />
nämlich 0 und die Potenzen von γ. Damit ist F p (γ) Zerfällungskörper des Polynoms, also<br />
F p (γ) = F p m. Insbeson<strong>der</strong>e ist B die multiplikative Gruppe von F p m. Wegen F p m ⊆ F p r<br />
gilt auch m | r.<br />
Die Gleichung (15.4) gilt mit µ = 1 für alle β ∈ D, und es ist β 2 ∈ B wegen |D : B| ≤ 2.<br />
Also liegen die d/2 Elemente ( )<br />
1 β 2<br />
0 1 , β ∈ D, von M alle in SL(2, p m ). Gleichung (15.4)<br />
zeigt auch, dass die von diesen Elementen erzeugte Untergruppe Q 0 von Q invariant unter<br />
H ist, und dass Q 0 \ {1} unter <strong>der</strong> Operation von H in Bahnen <strong>der</strong> Länge d/2 zerfällt.<br />
Also ist |Q 0 | ≥ d/2 ≥ (p m + 1)/2. Da |Q 0 | die Ordnung von Q, also p m , teilt, erzwingt<br />
dies Q 0 = Q. Damit ist E ⊆ F p m. Wegen |E| = p m folgt, dass E die additive Gruppe von<br />
F p m ist.<br />
□<br />
Wir beginnen mit <strong>der</strong> Untersuchung des Falles ε = 1.<br />
Behauptung 4. Falls ε = 1 und p m > 3, gilt M = SL(2, p m ).<br />
Beweis. Wir setzen B = D voraus, so dass H, Q und N = HQ in SL(2, p m ) liegen.<br />
Zudem gilt in Abschätzung (15.11) Gleichheit, und ihre Herleitung zeigt, dass jede Nebenklasse<br />
Ny von N in M mit y ∈ M \N genau d = p m −1 Elemente <strong>der</strong> Ordnung p enthält.<br />
Ist Ny eine solche Nebenklasse, können wir annehmen, dass das Element y = ( )<br />
t u<br />
v w Ordnung<br />
p hat, und dann gilt t + w = 2 nach Lemma 15.5(1). Damit reduziert sich Gleichung<br />
(15.10), die für jedes <strong>der</strong> die Elemente aus Ny darstellenden Matrizen mit Ordnung p gilt,<br />
zu<br />
(15.13) (β − β −1 )t + βαv = 2 − 2β −1 .<br />
Im vorliegenden Fall zeigt die Diskussion im Anschluß an (15.10), dass es zu jedem β aus<br />
D genau ein α aus E gibt, welches (15.13) erfüllt. Für β = −1 erhalten wir −αv = 4.<br />
Es ist 4 ≠ 0 da p ungerade, also α ≠ 0 und folglich v ∈ F p m. Halten wir fest, dass <strong>der</strong><br />
bisherige Teil <strong>der</strong> Argumentation für alle möglichen Werte von p m gilt, eingeschlossen<br />
p m = 3.<br />
Nun, da p m > 3 nach Voraussetzung gilt, ist d > 2, und wir können β aus D wählen mit<br />
β − β −1 ≠ 0, und dann zeigt (15.13), dass weiterhin auch t ∈ F p m gilt. Wegen w = 2 − t<br />
folgt w ∈ F p m. Es ist det y = tw − uv = 1, und v ≠ 0 wegen y /∈ N (wie bereits<br />
festgestellt). Also ist auch u ∈ F p m. Damit ist y ∈ SL(2, p m ) gezeigt. Da N ⊆ SL(2, p m ),<br />
und Ny als beliebige, von N verschiedene Nebenklasse gewählt wurde, haben wir M ⊆<br />
SL(2, p m ). Ein Vergleich <strong>der</strong> Ordnungen (unter Verwendung von Behauptung 1) gibt nun<br />
M = SL(2, p m ), wie gewünscht.<br />
□<br />
Behauptung 5. Falls ε = 1 und p m = 3, ist M durch ein Element aus Q zu SL(2, 3)<br />
konjugiert.<br />
Beweis. Wir nehmen die Argumentation aus dem vorigen Beweis wie<strong>der</strong> auf. Nun ist<br />
|E| = 3 und |D| = 2, also α, β ∈ F 3 , und auch v ∈ F 3 . Damit hat nach (15.9) jedes<br />
Element aus Ny in <strong>der</strong> ersten Spalte, zweiten Zeile einen Eintrag aus F 3 . Der entsrechende<br />
Eintrag für Elemente aus N ist 0, so dass also für jedes Element aus M diese Bedingung<br />
gilt.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 65<br />
Es ist det y = tw − uv = 1 und w = 2 − t = −1 − t, also −uv = 1 + t + t 2 . Wegen<br />
v ≠ 0 ist v = ±1, also weiter u = −v(1 + t + t 2 ). Somit ist y = ( )<br />
t −v(1+t+t 2 )<br />
v −1−t .<br />
Setzen wir z = ( )<br />
v 1<br />
0 v y, so ist z ebenfalls ein Nebenklassenvertreter von Ny, und es ist<br />
z = ( )<br />
vt+v 1+t−t 2<br />
1 −vt−v . Mit s = vt + v ∈ Fq läßt sich dies schreiben als z = ( )<br />
s −1−s 2<br />
1 −s .<br />
Somit enthält jede von N verschiedene Nebenklasse von N ein solches, von einem s aus<br />
F q abhängiges, Element. Mit y = ( )<br />
1 s<br />
0 1 ∈ P zeigt eine direkte Rechnung z y = ( )<br />
0 −1<br />
1 0 .<br />
Wegen H = Z = Z(G) gilt N y = N, und (15.7) gilt mit M ersetzt durch M y . Alle<br />
bisherigen Überlegungen gelten also auch für M y anstelle von M. Fassen wir diese nochmals<br />
zusammen. Es ist N ⊆ SL(2, 3). Jedes Element aus M y hat in <strong>der</strong> ersten Spalte,<br />
zweiten Zeile einen Eintrag aus F 3 . Jede von N verschiedene Nebenklasse von N in M y<br />
enthält ein Element z <strong>der</strong> Form z = ( )<br />
s −1−s 2<br />
1 −s mit s ∈ Fq . Schliesslich gilt noch nach<br />
Wahl von y, dass ( )<br />
0 −1<br />
1 0 ∈ M x . Nun ist ( )(<br />
0 −1 s −1−s<br />
2 ) (<br />
1 0 1 −s = −1 s<br />
)<br />
s −1−s für jedes s,<br />
2<br />
und aus dem gesagten folgt M y ⊆ SL(2, 3). Wie am Ende des vorigen Beweises folgt aus<br />
Ordnungsgründen M y ⊆ SL(2, 3), und die Behauptung ist bewiesen.<br />
□<br />
Die beiden letzten Behauptungen zeigen, dass im Fall ε = 1 die Aussage (A) gilt. Daher<br />
werden wir uns ab jetzt dem Fall ε = 2 zuwenden.<br />
Es sei also d = 2(p m − 1). Da p ungerade ist, ist d durch 4 teilbar, so dass D ein Element<br />
δ <strong>der</strong> Ordnung 4 enthält. Es ist also a = ( )<br />
δ 0<br />
0 δ ein Element <strong>der</strong> Ordnung 4 in H. Wir<br />
−1<br />
werden Elemente <strong>der</strong> Ordnung 4 in M zählen, in etwa <strong>der</strong>art, wie wir Elemente <strong>der</strong> Ordnung<br />
p im Fall ε = 1 gezählt haben. Man beachte, dass ( )<br />
−1 0<br />
0 −1 das einzige Element <strong>der</strong><br />
( Ordnung 2 in G ist, also ein Element von G genau dann Ordnung 4 hat, wenn sein Quadrat<br />
−1 0<br />
)<br />
0 −1 ist.<br />
Behauptung 6. Es gelten folgende Aussagen.<br />
(1) Die Konjugiertenklasse von a in M besteht aus p m (1 + fp m ) Elementen.<br />
(2) a ist in M zu seinem Inversen konjugiert.<br />
(3) f ist ungerade.<br />
Beweis. Es ist klar, dass C G (a) = A, die Menge <strong>der</strong> Diagonalmatrizen mit Determinante<br />
1. Es ist also C M (a) = H, womit (1) folgt.<br />
Es sei y = ( )<br />
t u<br />
( v w ) ∈ M mit N ≠ Ny, und x ∈ Ny gewählt. Nach (15.9) ist x =<br />
βt+βαv βu+βαw<br />
mit β ∈ D und α ∈ E. Es ist β −1 v ≠ 0 wegen x /∈ N. Nach<br />
β −1 v β −1 w<br />
Lemma 15.5(2) kann x also nur dann Ordnung 4 haben, wenn gilt<br />
(15.14) βt + βαv + β −1 w = 0.<br />
Weiterhin gibt es zu jedem β ∈ D höchstens ein α ∈ E so dass (15.14) gilt, denn es ist<br />
ja v ≠ 0. Damit enthält die Nebenklasse Ny höchstens d Elemente <strong>der</strong> Ordnung 4. Unter<br />
Beachtung von (15.4) ist sofort nachzurechen, dass aQ∪a −1 Q die Menge <strong>der</strong> Elemente <strong>der</strong><br />
Ordnung 4 in N ist. Also enthält N genau 2p m Elemente <strong>der</strong> Ordnung 4. Wir bezeichnen<br />
mit k die Anzahl <strong>der</strong> Elemente <strong>der</strong> Ordnung 4 in M. Wir erhalten die Abschätzung<br />
k ≤ 2p m + d(|M : N| − 1)<br />
= 2p m + 2(p m − 1)fp m<br />
< 2p m (1 + fp m ).<br />
Die Konjugiertenklasse von a −1 enthält wie die von a genau p m (1 + fp m ) Elemente.<br />
Deshalb zeigt die Abschätzung, dass diese Klassen nicht verschieden sein können, und (2)<br />
ist bewiesen.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 66<br />
Schliesslich bemerken wir, dass nun folgt, dass sich die Elemente <strong>der</strong> Konjugiertenklasse<br />
von a zu Paaren zusammenfassen lassen, wobei jedes Paar aus zueinan<strong>der</strong> inversen Elementen<br />
besteht. Also ist p m (1 + fp m ) gerade. Da p ungerade ist, folgt daraus (3). □<br />
Behauptung 7. Entwe<strong>der</strong> ist f = 1, o<strong>der</strong> es gilt f = 3, p m = 3 und |G| = 120.<br />
Beweis. Wie<strong>der</strong> sei y ∈ M mit N ≠ Ny, und wir wollen annehmen, dass Ny ein Element<br />
<strong>der</strong> Ordnung 4 enthält. Dann können wir annehmen, dass y Ordnung 4 hat. Wir bemerken,<br />
dass dann auch y −1 Ordnung 4 hat, und y −1 ∈ Ny gilt. Also enthält eine von N verschiedene<br />
Nebenklasse von N entwe<strong>der</strong> keine, 2, o<strong>der</strong> mehr als 2 Elemente <strong>der</strong> Ordnung 4. Es<br />
sei I die Menge <strong>der</strong> Nebenklassen, welche genau 2 Elemente <strong>der</strong> Ordnung 4 enthalten, und<br />
J die Menge <strong>der</strong> Nebenklassen, die mehr als 2 Elemente <strong>der</strong> Ordnung 4 enthalten. Wegen<br />
|M : N| = 1 + fp m gilt<br />
(15.15) |I| + |J| ≤ fp m .<br />
Wir schreiben y = ( )<br />
t u<br />
v w . Es sei daran erinnert, dass v ≠ 0 da y /∈ N. Also gilt t + w = 0<br />
nach Lemma 15.5(2).<br />
Wir halten zur weiteren Verwendung folgende Tatsache fest: Ist Ny ′ eine zweite, von N<br />
verschiedene Nebenklasse von N, so dass y ′ = ( )<br />
t ′ u ′<br />
v ′ w Ordnung 4 hat, dann gilt t ′ /v ′ ≠<br />
′<br />
t/v. Es ist nämlich yy ′ = ( t u<br />
v −t<br />
)( t<br />
′<br />
) (<br />
u ′<br />
v ′ −t = tt<br />
) ′ +uv ′ tu ′ −ut ′<br />
′ vt ′ −tv ′ vu ′ −tt und es gilt yy<br />
′<br />
′<br />
/∈ N<br />
wegen y /∈ Ny ′ = Ny ′ −1 , so dass <strong>der</strong> Eintrag vt ′ − tv ′ in yy ′ von 0 verschieden ist, was<br />
t ′ /v ′ ≠ t/v zeigt, wie behauptet.<br />
Wie im Beweis <strong>der</strong> vorangegangenen Behauptung können wir ein Element x ∈ Ny in<br />
<strong>der</strong> Form (15.8) schreiben. Nehmen wir ebenfalls wie dort an, x habe Ordnung 4. Wegen<br />
t + w = −1 vereinfacht sich dann (15.14) zu<br />
(15.16) (β − β −1 )t + βαv = 0.<br />
Die Elemente y und y −1 entsprechen den Lösungen β = ±1, α = 0 dieser Gleichung.<br />
Falls Ny ∈ J, muss es daher eine Lösung von (15.16) geben mit β ≠ ±1. Für eine solche<br />
Lösung können wir schreiben t/v = −βα/(β −β −1 ) = −β 2 α/(β 2 −1). Nun ist β 2 ∈ B.<br />
Also liegen β 2 und α in F p m (Behauptung 3), und damit ist <strong>der</strong> Quotient t/v aus F p m.<br />
Nach dem vorangegangenen Paragraphen sind diese Quotienten aber für je zwei Elemente<br />
in verschiedenen Nebenklassen <strong>der</strong> Menge J unterschiedlich. Es folgt<br />
(15.17) |J| ≤ p m .<br />
Wir wissen bereits von dem Beweis <strong>der</strong> vorigen Behauptung, dass jede von N verschiedene<br />
Nebenklasse von N höchstens d Elemente <strong>der</strong> Ordnung 4 enthält, und dass N selbst 2p m<br />
Elemente <strong>der</strong> Ordnung 4 enthält. Unter Verwendung von allem gezeigten erhalten wir<br />
k ≤ 2p m + 2|I| + |J|d ≤ 2p m + 2fp m + |J|(d − 2)<br />
≤ 2p m + 2fp m + p m (2p m − 4).<br />
Nach Behauptung 6(1) gilt k ≥ p m (1 + fp m ). Beide Abschätzungen miteinan<strong>der</strong> verbunden<br />
gibt<br />
(15.18) 2p m − 3 ≥ f(p m − 2),<br />
dass heißt, f ≤ 2 + 1/(p m − 2). Also kann f nur die Werte 1, 2 o<strong>der</strong> 3 annehmen, und in<br />
letzem Fall muss p m = 3 sein, womit d = 4 ist und |G| = 120 nach Behauptung 1. Da<br />
nach Behauptung 6(3) f ungerade ist, ist auch diese Behauptung bewiesen.<br />
□<br />
Behauptung 8. Der Fall f = 1 tritt nicht auf.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 67<br />
Beweis. Angenommen, es ist f = 1. Wir werden zeigen, dass M eine normale Untergruppe<br />
M 0 vom Index 2 besitzt. Damit liegen dann alle p-Elemente von M in M 0 , im<br />
Wi<strong>der</strong>spruch dazu, dass M von seinen p-Elementen erzeugt wird.<br />
Die Elemente aus G, die a = ( ) (<br />
δ 0<br />
0 δ invertieren, bilden die Menge 0 −1<br />
) −1 1 0 CG (a). Nach<br />
Behauptung 6(2) gibt es also τ ∈ F × q mit b = ( )<br />
0 −τ −1<br />
τ 0 ∈ M. Man beachte, dass b die<br />
Ordnung 4 hat. Für ein beliebiges Element x = ( )<br />
1 α<br />
0 1 aus Q ist b x = ( )<br />
−ατ −α 2 τ−τ −1<br />
τ ατ .<br />
Es ist b x /∈ N wegen τ ≠ 0. Wir zeigen, dass die b x in verschiedenen Nebenklassen von<br />
N liegen. Die Nebenklasse von Nb x besteht aus den Elementen<br />
( ) ( )<br />
β βη −ατ −α<br />
(15.19)<br />
2 τ − τ −1<br />
0 β −1 τ ατ<br />
mit β ∈ D und η ∈ E. Angenommen, ein solches Element, sagen wir c, ist gleich b x′ für<br />
ein weiteres x ′ ∈ Q. Vergleich <strong>der</strong> Einträge in zweiter Zeile, erster Spalte gibt β −1 τ = τ,<br />
also β = 1. Das Element c = b x′ hat Ordnung 4 und Spur ητ. Nach Lemma 15.5(2) ist<br />
also η = 0. Damit ist b x′ = c = b x , wie gewünscht.<br />
Die p m Elemente b x , x ∈ Q, liegen, wie gezeigt, sämtlich in verschiedenen Nebenklassen.<br />
An<strong>der</strong>erseits ist die Anzahl <strong>der</strong> von N verschiedenen Nebenklassen gleich fp m , also p m<br />
nach unserer Annahme. Also können wir die b x als Vertreter <strong>der</strong> von N verschiedenen<br />
Nebenklassen nehmen.<br />
Es seien x 1 , x 2 ∈ Q mit x 1 ≠ x 2 . Dann ist b x1 /∈ Nb x2 = N(b x2 ) −1 , also b x1 b x2 /∈ N.<br />
Somit gibt es x 3 ∈ Q mit b x1 b x2 ∈ Nb x3 . Es sei x i = ( )<br />
1 α i<br />
0 1 , i<br />
( = 1, 2, so dass insbeson<strong>der</strong>e<br />
α 1 ≠ α 2 . Es gibt β ∈ D und η ∈ E mit b x1 b x2 = β βη<br />
)b<br />
0 β −1 x3 . Berechnet<br />
man auf beiden Seiten den Eintrag in <strong>der</strong> zweiten Zeile, erste Spalte, so erhält man<br />
−α 2 τ 2 + α 1 τ 2 = β −1 τ. Dies gibt τ = β −1 /(α 1 − α 2 ). Folglich gilt τ 2 ∈ F p m, so dass<br />
die Ordnung von τ Teiler von d ist, also τ ∈ D gilt.<br />
Betrachten wir nun ein durch (15.19) gegebenes Element aus <strong>der</strong> Nebenklasse Nb x , so<br />
sehen wir, dass es genau dann in SL(2, p m ) liegt, wenn βτ ∈ B gilt. Wegen τ ∈ D und<br />
|D : B| = 2 liegen also genau die Hälfte <strong>der</strong> Elemente aus Nb x in SL(2, p m ). Ebenso<br />
liegt genau die Hälfte <strong>der</strong> Elemente aus N in SL(2, p m ). Also hat die Untergruppe M 0 =<br />
M ∩ SL(2, p m ) von M Index 2. Damit stellt M \ M 0 sowohl eine Linksnebenklasse wie<br />
auch eine Rechtsnebenklasse dar, womit diese identisch sind, und M 0 M folgt. □<br />
Behauptung 9. Es ist p m = 3 und |Z(M)| = 2. Die Faktorgruppe M/Z(M) ist isomorph<br />
zu A 5 , und M besitzt eine Untergruppe isomorph zu SL(2, 3).<br />
Beweis. Nach den letzten beiden Behauptungen ist f = p m = 3 und |M| = 120, und wir<br />
halten noch d = 2(p m − 1) = 4 fest. In diesem Fall gilt in (15.18) tatsächlich Gleichheit,<br />
und das trifft dann auch auf (15.17) und (15.15) zu. Also ist |J| = 3 und |I| = 6. Weiterhin<br />
muß aus dem gleichen Grund jedes Element aus J die größtmögliche Anzahl an Elementen<br />
<strong>der</strong> Ordnung 4 enthalten, also 4 (= d). Da N selbst 2p m = 6 Elemente <strong>der</strong> Ordnung 4<br />
enthält, enthält M genau 6 + 2 · 6 + 4 · 3 = 30 Elemente <strong>der</strong> Ordnung 4. Wegen |C M (a)| =<br />
d = 4 und |M| = 120 liegen diese alle in <strong>der</strong> Konjugiertenklasse von a.<br />
Wir setzen ¯M = M/Z(G). Da ein Element <strong>der</strong> Ordnung 4 aus M und sein Inverses das<br />
gleiche Bild in ¯M haben, folgt, dass ¯M genau 15 Elemente <strong>der</strong> Ordnung 2 enthält, die<br />
alle konjugiert sind. Es sei S eine 2-Sylowuntergruppe von M mit a ∈ S. Es ist |S| = 8<br />
wegen |M| = 120. Es sei b ∈ S mit S = 〈a, b〉. Es ist 〈a〉 S, und a b = a −1 wegen<br />
|C M (a)| = 4. Also ist S eine Quaternionengruppe, und ¯S ∼ = C 2 × C 2 . Weiterhin ist<br />
S wegen |C M (a)| = 4 die einzige 2-Sylowuntergruppe von M, welche a enthält. Also<br />
schneiden sich zwei verschiedene 2-Sylowuntergruppen von ¯M trivial. Da ¯M genau 15
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 68<br />
Elemente <strong>der</strong> Ordnung 2 enthält, und jede 2-Sylowuntergruppe von ¯M genau 3 solche<br />
Elemente enthält, folgt | ¯M : N ¯M ( ¯S)| = |Syl 2 ( ¯M)| = 5. Wegen | ¯M| = 60 folgt, dass<br />
¯R = N ¯M ( ¯S) Ordnung 12 hat.<br />
Wir betrachten nun die Permutationsdarstellung π von ¯M auf den Nebenklassen von ¯R,<br />
welche ¯M homomorph in die S 5 abbildet. Es sei Ū <strong>der</strong> Kern von π. Wenn wir zeigen,<br />
dass Ū = 1 gilt, ist ¯M zu einer Untergruppe von S5 <strong>der</strong> Ordnung 60 isomorph; A 5 ist<br />
aber die einzige Untergruppe dieser Ordnung. Also ist dann ¯M ∼ = A 5 , was unmittelbar<br />
Z(M) = Z(G) nach sich zieht. Nun ist Ū ≤ ¯R. Da ¯S normale 2-Sylowuntergruppe von ¯R<br />
ist, ist ¯S ∩ Ū normale 2-Sylowuntergruppe von Ū, also insbeson<strong>der</strong>e eine charakteristische<br />
Untergruppe. Da Ū ¯M, folgt ¯S ∩ Ū ¯M. Falls also ¯S ∩ Ū ein Element <strong>der</strong> Ordnung 2<br />
enthalten sollte, dann auch alle 15 Konjugierte, was aus Ordnungsgründen nicht möglich<br />
ist. Es ist also ¯S ∩ Ū = 1. Wegen Ū ≤ ¯R folgt |Ū| = 1 o<strong>der</strong> = 3. Für die Betrachtung<br />
letzteren Falls beachte man, dass a das Element ( )<br />
1 1<br />
0 1 invertiert, siehe (15.4). Es gibt also<br />
nur eine Konjugiertenklasse von Elementen <strong>der</strong> Ordnung 3 in M, und diese erzeugen M.<br />
Also ist |Ū| = 3 nicht möglich.<br />
Es verbleibt zu bemerken, dass das Urbild von ¯R in M ein semidirektes Produkt einer<br />
zyklischen Gruppe <strong>der</strong> Ordnung drei mit <strong>der</strong> Quaternionengruppe Q 8 ist, welches nicht<br />
direkt ist, also zu SL(2, 3) isomorph ist.<br />
□<br />
Damit ist Satz von Dickson bewiesen.<br />
16. QUADRATISCHE OPERATION<br />
Ich führe die Begriffe <strong>der</strong> quadratischen und <strong>der</strong> p-stabilen Operation ein. Diese Begriffe<br />
sind nur für ungerade Primzahlen p bedeutungsvoll. Wir zeigen mit Hilfe des Satzes<br />
von Dickson, dass für ungerades p eine Gruppe, die treu und nicht p-stabil operiert, einen<br />
Subquotienten isomorph zu SL(2, p) hat.<br />
Ich gebe Literaturhinweise. Das Konzept <strong>der</strong> p-Stabilität wird behandelt in dem Buch von<br />
Gorenstein [22] (Chapter 3, § 8 und Chapter 8, §§ 1, 2), dem Buch von Suzuki [62] (Chapter<br />
5, § 4), den Büchern von Huppert und Blackburn [28] (Chapter IX, § 7); [29] (Chapter<br />
X, § 3), dem zweiten Band in einer Reihe von Monographien von Gorenstein, Lyons<br />
und Solomon [24] (§ 25), und schließlich in dem Buch von Kurzweil und Stellmacher [34]<br />
(Kapitel 9), dem ich in einigen Teilen folge.<br />
Für <strong>Gruppen</strong> ungera<strong>der</strong> Ordnung wird p-Stabilität wohl in [7, Appendix A] kürzestmöglich<br />
dargestellt.<br />
Beginnen wir mit den Definitionen. Es sei p eine Primzahl und G eine Gruppe, die auf<br />
einer elementarabelschen p-Gruppe V operiert. Ein Element x aus G operiert quadratisch<br />
auf V , falls [V, x, x] = 1 gilt. Die Gruppe G selbst operiert quadratisch auf V ,<br />
falls [V, G, G] = 1 gilt. Die Operation von G auf V heißt p-stabil, falls xC G (V ) ∈<br />
O p (G/C G (V )) für jedes auf V quadratisch operierendes x aus G gilt.<br />
Ich erinnere daran, dass V mit einem Vektorraum über dem Primkörper F p identifiziert<br />
werden kann. Die Operation von G ist also durch einen Homomorphismus ϕ: G → GL(V )<br />
gegeben. Ist d die Dimension von V , also |V | = p d , dann kann GL(V ) nach einer Basiswahl<br />
von V mit GL(d, p) identifiziert werden.<br />
Ein Element x aus G operiert quadratisch auf V , falls (xϕ − 1) 2 = 0 in dem Endomorphismenring<br />
57 von V gilt. (Für x ∈ G und v ∈ V ist [v, x] = v −1 v x = v(xϕ − 1).)<br />
57 Erklärt auf Seite 11.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 69<br />
Operiert x also nichttrivial auf V , dann hat xϕ ein quadratisches Minimalpolynom. Daher<br />
<strong>der</strong> Name <strong>der</strong> Operation.<br />
Ist p = 2 und x ein Element <strong>der</strong> Ordnung 2 in G, ist (xϕ − 1) 2 = (xϕ) 2 − 1 = 0. Dies<br />
zeigt, dass quadratische Operation nur für ungerades p bedeutungsvoll ist.<br />
Natürlich ist [V, G] ein G-invarianter Teilraum von V , und G operiert trivial auf dem Quotienten<br />
V/[V, G]. Operiert G quadratisch auf V , dann operiert G auch auf [V, G] trivial,<br />
so dass G/C G (V ) eine p-Gruppe ist nach Lemma 10.8. Operiert x aus G quadratisch<br />
auf V , gilt ähnlich, dass x trivial auf [V, x] und auf V/[V, x] operiert. Dies zeigt, dass<br />
x genau dann quadratisch operiert, wenn 〈x〉 quadratisch operiert. Insbeson<strong>der</strong>e ist dann<br />
〈x〉/〈x〉 ∩ C G (V ) eine p-Gruppe.<br />
Es gilt sogar noch mehr, was wir uns folgen<strong>der</strong>maßen klar machen (es geht auch an<strong>der</strong>s).<br />
Es operiere G treu und quadratisch auf V . Wir können eine Basis von V durch [V, G] legen.<br />
Bezüglich einer solchen Basis können wir die Operation als Homomorphismus ϕ: G →<br />
GL(d, p) auffassen, wobei das Bild von ϕ aus Matrizen <strong>der</strong> Gestalt<br />
( )<br />
1m×m A m×n<br />
0 1 n×n<br />
steht, wobei n die Dimension von [V, G] ist und d = n + m, ferner A m×n aus Fp<br />
m×n , <strong>der</strong><br />
additiven Gruppe <strong>der</strong> m × n Matrizen mit Einträgen aus F p ist, 1 m×m und 1 n×n Einheitsmatrizen<br />
vom Rang n und m sind und 0 eine Nullmatrix ist. Sind nun A, B ∈ Fp<br />
m×n , so<br />
( )( ) ( )<br />
gilt<br />
1m×m A 1m×m B<br />
0 1 n×n 0 1 n×n<br />
=<br />
1m×m A+B<br />
0 1 n×n<br />
. Mit F m×n<br />
p ist also auch G eine elementarabelsche<br />
p-Gruppe. (Umgekehrt zeigt die Überlegung, wie quadratisch operierende<br />
<strong>Gruppen</strong> zu konstruieren wären.) Halten wir dies fest.<br />
Feststellung 16.1. Operiert die Gruppe G quadratisch auf V , dann ist G/C G (V ) eine<br />
elementarabelsche p-Gruppe.<br />
Ist q eine natürliche Potenz von p, und V <strong>der</strong> zweidimensionale F q -Vektorraum auf dem<br />
SL(2, q) natürlich operiert, dann operiert eine p-Sylowuntergruppe von SL(2, q) quadratisch<br />
auf V (als elementarabelsche p-Gruppe betrachtet). Dies deutet an, dass man hier<br />
allgemeiner Operationen auf F q -Vektorräumen (und nicht nur auf elementarabelschen p-<br />
<strong>Gruppen</strong>) berücksichtigen sollte. Eine Schlüsselrolle spielt folgen<strong>der</strong> Satz.<br />
Satz 16.2. Es sei q eine natürliche Potenz einer Primzahl p. Die Gruppe G operiere treu<br />
auf einem F q -Vektorraum V , und es sei G = 〈x, y〉 mit auf V quadratisch operierenden<br />
Elementen x und y von G. Ferner sei die Ordnung des p ′ -Anteils 58 von xy −1 Teiler von<br />
q − 1. Ist dann G keine p-Gruppe, gibt es einen G-invarianten zweidimensionalen Unterraum<br />
W von V , so dass mit einem λ ∈ F × q die Operation von G auf W bezüglich einer<br />
geeigneten Basis von W beschrieben wird durch den Homomorphismus ϕ: G → SL(2, q)<br />
mit<br />
(16.1) xϕ =<br />
( ) 1 0<br />
, yϕ =<br />
λ 1<br />
( ) 1 1<br />
.<br />
0 1<br />
Beweis. Dies soll durch Induktion nach <strong>der</strong> Dimension von V bewiesen werden. Es sei G<br />
keine p-Gruppe. Dann ist V ≠ 0. Es sei U ein unter <strong>der</strong> auf 〈xy −1 〉 eingeschränkten Operation<br />
irreduzibler Teilraum von V . Nach dem Lemma von Schur (Lemma 11.7) operiert<br />
dann xy −1 auf U durch Multiplikation mit einem Skalar, dass heißt U ist eindimensional,<br />
und ist u ∈ U mit u ≠ 0 gewählt, gibt ein µ ∈ F × q mit u y = µu x . Setze v = u x − u<br />
und w = u y − u. Dann gilt v = v x und w = w y , da x und y quadratisch operieren. Es<br />
sei A <strong>der</strong> von v und w erzeugte Teilraum von V . Es gilt u x − u = v = v x = u x2 − u x ,<br />
58 Begriff erklärt auf Seite 14.<br />
be-
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 70<br />
also u x2 = 2u x − u. Damit folgt w x = u yx − u x = µu x2 − u x = (2µ − 1)u x − µu =<br />
(µu x −u)+(µ−1)(u x −u) = w +(µ−1)v. Aus Symmetriegründen (es ist u x = µ −1 u y )<br />
gilt also<br />
w x = w + (µ − 1)v und v y = v + (µ −1 − 1)w.<br />
Dies zeigt, dass A ein G-invarianter Teilraum ist.<br />
Angenommen, A ist zweidimensional und µ ≠ 1. Setzen wir dann W = A und λ =<br />
(µ − 1)(µ −1 − 1), ist die Matrixdarstellung ϕ von G auf W bezüglich <strong>der</strong> Basiselemente<br />
b 1 = v und b 2 = (µ −1 − 1)w gerade durch (16.1) gegeben.<br />
Nehmen wir also an, dass A nicht zweidimensional ist o<strong>der</strong> µ = 1 gilt. Wir zeigen, dass<br />
V einen eindimensionalen Teilraum B besitzt, auf dem G trivial operiert. Falls A = 0,<br />
können wir für B den von u erzeugten Teilraum nehmen. Ist A eindimensional, operiert<br />
G trivial auf A, denn x und y sind p-Elemente nach Feststellung 16.1, und F × q enthält nur<br />
p ′ -Elemente. Dann wählen wir B = A. Ist µ = 1 und A ≠ 0, operiert G trivial auf A, und<br />
B sei ein eindimensionaler Teilraum von A.<br />
Betrachten wir die Operation von G auf V/B. Setze K = C G (V/B), <strong>der</strong> Kern <strong>der</strong> Operation,<br />
und Ḡ = G/K. Es ist Ḡ = 〈¯x, ȳ〉. Natürlich operieren ¯x und ȳ quadratisch auf V/B.<br />
Weiterhin ist Ḡ keine p-Gruppe, denn K ist eine p-Gruppe nach Lemma 10.8. Per Induktion<br />
nach <strong>der</strong> Dimension von V können wir also annehmen, dass es linear unabhängige<br />
Vektoren b 1 und b 2 in V gibt, so dass mit einem b 3 ∈ B, b 3 ≠ 0, <strong>der</strong> Span dieser drei Vektoren<br />
ein dreidimensionaler G-invarianter Teilraum von V ist, auf dem x bzw. y bezüglich<br />
<strong>der</strong> Basis {b 1 , b 2 , b 3 } durch die Matrix<br />
⎛ ⎞<br />
⎛ ⎞<br />
1 0 α<br />
1 1 γ<br />
M x = ⎝λ 1 β⎠ bzw. M y = ⎝0 1 δ⎠<br />
0 0 1<br />
0 0 1<br />
operiert, wobei λ ∈ F × q und α, β, γ, δ ∈ F q . Es gilt (M x − 1) 2 = 0 und (M y − 1) 2 = 0,<br />
also α = 0 und δ = 0. Ein Basiswechsel ist gegeben durch b ′ 1 = b 1 + βλ −1 b 3 , b ′ 2 =<br />
b 2 + γb 3 und b ′ 3 = b 3 . Eine kurze Rechnung zeigt, dass bezüglich <strong>der</strong> Basis {b ′ 1, b ′ 2, b ′ 3}<br />
des dreidimensionalen Raums nun x bzw. y durch die Matrix<br />
⎛<br />
1 0<br />
⎞<br />
0<br />
⎛<br />
1 1<br />
⎞<br />
0<br />
M x = ⎝λ 1 0⎠ bzw. M y = ⎝0 1 0⎠<br />
0 0 1<br />
0 0 1<br />
operiert. Wir können für W also den Span von b ′ 1 und b ′ 2 wählen, und <strong>der</strong> Satz ist bewiesen.<br />
□<br />
Ist in diesem Satz p ≠ 2, enthält das Bild von ϕ nach dem Satz von Dickson (Satz 15.4)<br />
eine Untergruppe isomorph zu SL(2, p).<br />
Durch Koeffizientenerweiterung erhält man unmittelbar den folgenden Satz.<br />
Satz 16.3. Es sei p eine Primzahl. Die Gruppe G operiere treu auf einer elementarabelschen<br />
Gruppe V , und es sei G = 〈x, y〉 mit auf V quadratisch operierenden Elementen<br />
x und y von G. Ist dann G keine p-Gruppe, gibt es eine natürliche Potenz q von p, und<br />
einen Homomorphismus ϕ: G → SL(2, q), unter dem die Bil<strong>der</strong> von x und y durch (16.1)<br />
gegeben sind.<br />
Beweis. Es sei m die Ordnung des p ′ -Anteils von xy −1 . Dann ist p + mZ eine Einheit<br />
in dem <strong>endlichen</strong> Restklassenring Z/mZ. Es gibt also n ∈ N mit p n + mZ = 1 + mZ.<br />
Es sei q = p n . Dann ist m Teiler von q − 1. Wir fassen V als Vektorraum über F p auf.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 71<br />
Es sei v 1 , . . . , v d eine Basis von V . Wegen F p ⊆ F q können wir uns V in einen F q -<br />
Vektorraum ˆV eingebettet denken, <strong>der</strong> v 1 , . . . , v d als F q -Basis hat. Die Operation von G<br />
auf V läßt sich in eindeutiger Weise zu einer Operation auf dem Vektorraum ˆV erweitern,<br />
und dabei operieren x und y quadratisch auf ˆV . Denn die Operation auf V ist ja durch einen<br />
Homomorphismus G → GL(V ) gegeben, und es ist GL(V ) ∼ = GL(d, p) ⊆ GL(d, q) ∼ =<br />
GL( ˆV ). Nun folgt die Existenz des Homomorphismus ϕ: G → SL(2, q) aus Satz 16.2.<br />
□<br />
Mit dem Satz von Dickson erhalten wir nun unter Anwendung des Satzes von Baer–Suzuki<br />
den Satz, auf den es uns ankommt. Eine Gruppe K heißt Subquotient <strong>der</strong> Gruppe G, falls<br />
K isomorph zu einem homomorphem Bild einer Untergruppe von G ist (K heißt dann<br />
auch Abschnitt o<strong>der</strong> Sektion von G).<br />
Satz 16.4. Es sei p eine Primzahl, p ≠ 2. Die Gruppe G operiere treu und nicht p-stabil<br />
auf einer elementarabelschen Gruppe V . Dann hat G einen Subquotienten isomorph zu<br />
SL(2, p).<br />
Beweis. Da G nicht p-stabil operiert, gibt es ein x aus G mit x ∉ O p (G), welches quadratisch<br />
auf V operiert. Jedes Konjugierte von x in G operiert ebenfalls quadratisch auf<br />
V . Nach dem Satz von Baer–Suzuki (Satz 13.1) gibt es ein Konjugiertes y von x, so dass<br />
〈x, y〉 keine p-Untergruppe ist. Nach Satz 16.3 und dem Satz von Dickson (Satz 15.4) hat<br />
also 〈x, y〉 eine Untergruppe, die SL(2, p) als homomorphes Bild besitzt.<br />
□<br />
Als Korollar erhalten wir folgendes grundlegende Resultat.<br />
Satz 16.5. Es sei p eine ungerade Primzahl, und die Gruppe G erfülle eine <strong>der</strong> folgenden<br />
Bedingungen.<br />
(1) G hat ungerade Ordnung.<br />
(2) Eine 2-Sylowuntergruppe von G ist abelsch.<br />
(3) Eine 2-Sylowuntergruppe von G ist eine Die<strong>der</strong>gruppe.<br />
(4) G ist auflösbar, und es ist entwe<strong>der</strong> p ≥ 5 o<strong>der</strong> SL(2, 3) ist kein Subquotient von<br />
G.<br />
Operiert G dann auf einer elementarabelschen p-Gruppe, ist die Operation p-stabil.<br />
Beweis. Angenommen, G operiert nicht p-stabil auf einer elementarabelschen p-Gruppe.<br />
Es sei S eine 2-Sylowuntergruppe von G. Dann folgt aus Satz 16.4 und Feststellung 15.1,<br />
dass S einen Subquotienten hat, <strong>der</strong> eine (verallgemeinerte) Quaternionengruppe ist. Damit<br />
ist S nicht abelsch, und we<strong>der</strong> (1) noch (2) gilt. Nach <strong>der</strong> Schlußbemerkung in Beispiel 10.1<br />
gilt auch (3) nicht. Nach Feststellung 9.23 sind Subquotienten auflösbarer <strong>Gruppen</strong> ebenfalls<br />
auflösbar. Da G nach Satz 16.4 einen Subquotienten isomorph zu SL(2, p) hat, gilt<br />
also nach Satz 15.2 auch (4) nicht.<br />
□<br />
17. DIE THOMPSON-UNTERGRUPPE UND REPLACEMENT<br />
Im nächsten Abschnitt werden wir ein Beispiel für einen sogenannten Faktorisierungssatz<br />
sehen (Satz 18.4). Bei solchen Faktorisierungssätzen (siehe etwa Chapter 8 in [22]<br />
und §§ 25, 26 in [24]) spielt quadratische Operation eine wichtige Rolle. Die Verbindung<br />
ist dabei durch sogenannte ‘Replacement-Sätze’ gegeben (das primäre Beispiel davon ist<br />
Thompson Replacement [65] (Theorem 8.2.5 in [22])). In diesem Abschnitt gebe ich einen<br />
solchen Replacement-Satz.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 72<br />
Zunächst stelle ich eine in diesem Zusammenhang wichtige Untergruppe vor, die von John<br />
Thompson 59 [65] eingeführt wurde und seinen Namen trägt.<br />
Definition 17.1 (Die Thompson-Untergruppe J(G)). Es sei p eine Primzahl und E(G)<br />
die Menge aller elementarabelschen p-Untergruppen <strong>der</strong> Gruppe G. Mit <strong>der</strong> Abkürzung<br />
m = max{|A| | A ∈ E(G)} sei A(G) = {A ∈ E(G) | |A| = m} gesetzt und<br />
J(G) = 〈A | A ∈ A(G)〉.<br />
Aus dem Zusammenhang wird stets hervorgehen, welches p bei <strong>der</strong> Definition von J(G)<br />
gemeint ist. Wir halten ein paar unmittelbar einsichtige Eigenschaften <strong>der</strong> Thompson-<br />
Untergruppe fest. Es sei daran erinnert, dass wir für eine p-Gruppe Ω(G) = {x ∈ G |<br />
x p = 1} gesetzt hatten. Ist G abelsch, ist Ω(G) die größte elementarabelsche Untergruppe<br />
von G.<br />
Feststellung 17.2. Falls p ∈ π(G), ist J(G) eine nichttriviale charakteristische Untergruppe<br />
von G.<br />
Offenbar ist J(G) = 〈J(S) | S ∈ Syl p (G)〉.<br />
Sei S ∈ Syl p (G). Für A ∈ A(S) gilt dann Ω(Z(S)) ≤ A. Also ist Ω(Z(S)) ≤ J(G).<br />
Aus J(G) ≤ U ≤ G folgt J(G) = J(U). Denn besteht A(G) aus Untergruppen von U,<br />
gibt es elementarabelsche p-Untergruppen von U von <strong>der</strong> gleichen Ordnung wie die <strong>der</strong><br />
Elemente von A(G) (aber keine größeren), so dass A(G) = A(U) gilt.<br />
Es sei V ein elementarabelscher p-Normalteiler <strong>der</strong> Gruppe G. Die Gruppe G operiert<br />
auf V durch Konjugation. Ist V Z(J(G)), so gibt es A ∈ A(G) mit [V, A] ≠ 1,<br />
wie Definition von J(G) zeigt. Es sei A ≤ G, und A ∗ = C A ([V, A]) gesetzt. Dann gilt<br />
[V, A ∗ , A ∗ ] ≤ [[V, A], A ∗ ] = 1, dass heißt A ∗ operiert quadratisch auf V . Diese Operation<br />
kann jedoch trivial sein (und wird es in den meisten Fällen auch sein). Wir beschäftigen<br />
uns im folgenden mit <strong>der</strong> Frage, wie man Untergruppen von G finden kann, die quadratisch<br />
und nichttrivial auf V operieren. Dazu stellen wir an den Anfang unserer Untersuchungen<br />
eine einfache Beobachtung.<br />
Lemma 17.3. Es sei V ein elementarabelscher p-Normalteiler von G. Dann hat eine Untergruppe<br />
A von G aus A(G) die folgende Eigenschaft.<br />
(Q 1 ) |A||C V (A)| ≥ |B||C V (B)| für alle B ≤ A.<br />
Beweis. Sei B ≤ A. Da A abelsch ist, gilt B ∩ C V (B) = B ∩ V ≤ C V (A). Weiterhin ist<br />
BC V (B) ∈ E(G), wegen A ∈ A(G) also<br />
Damit gilt (Q 1 ) für A.<br />
|A| ≥ |BC V (B)| = |B||C V (B)|<br />
|B ∩ V |<br />
≥ |B||C V (B)|<br />
.<br />
|C V (A)|<br />
Im Hinblick auf den folgenden Satz ist (Q 1 ) eine gute Voraussetzung für quadratische<br />
Operation einer Untergruppe A auf V . Er beruht auf einer Beobachtung von Thompson<br />
[65].<br />
Satz 17.4. Eine Gruppe A operiere auf einer elementarabelschen p-Gruppe V mit abelschem<br />
A/C A (V ). Für A gelte (Q 1 ), also |A||C V (A)| ≥ |B||C V (B)| für alle B ≤ A. Es<br />
sei U ≤ V , und A ∗ = C A ([U, A]) gesetzt. Dann gilt<br />
C V (A ∗ ) = [U, A]C V (A) und |A||C V (A)| = |A ∗ ||C V (A ∗ )|.<br />
□<br />
59 Zur Person siehe etwa Wikipedia-Eintrag [80].
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 73<br />
Bevor wir zum Beweis schreiten, halten wir ausdrücklich den wichtigen Spezialfall U = V<br />
in <strong>der</strong> vor dem Lemma beschriebenen Situation fest.<br />
Satz 17.5. Es sei V ein elementarabelscher p-Normalteiler von G. Es sei A ≤ G mit<br />
A/C A (V ) abelsch, und A erfülle (Q 1 ). Mit A ∗ = C A ([V, A]) gilt dann<br />
|A/A ∗ | = |C V (A ∗ )/C V (A)| und C V (A ∗ ) = [V, A]C V (A).<br />
Beweis von Satz 17.4. Wir überzeugen uns zunächst davon, dass es genügt<br />
(17.1) |A||C V (A)| ≤ |C A ([U, A])||[U, A]C V (A)|<br />
zu zeigen. Denn dann folgt nach Voraussetzung<br />
|A ∗ ||C V (A ∗ )| ≤ |A||C V (A)| ≤ |A ∗ ||[U, A]C V (A)| ≤ |A ∗ ||C V (A ∗ )|,<br />
wobei die letzte Abschätzung wegen [U, A]C V (A) ≤ C V (A ∗ ) gilt. Also gilt in <strong>der</strong> Ungleichungskette<br />
überall Gleichheit, womit die Aussage des Satzes folgt. Wir werden (17.1)<br />
zeigen.<br />
Nach Wahl von A ∗ gilt [U, A, A ∗ ] = 1, und es ist [A, A ∗ , U] = 1, da A auf V als abelsche<br />
Gruppe operiert. Damit ist [U, A ∗ , A] = 1 nach dem Drei-Untergruppen-Lemma<br />
(Satz 8.10), dass heißt, es ist [U, A ∗ ] ≤ C V (A). Es sei u ∈ U. Für a ∈ A und c ∈ A ∗ folgt<br />
dann [u, ca] = [u, a][u, c] a ∈ [u, a]C V (A). Dies zeigt, dass die Abbildung<br />
φ u : A/A ∗ → [U, A]C V (A)/C V (A),<br />
aA ∗ ↦→ [u, a]C V (A)<br />
wohldefiniert ist. Falls sich also u ∈ U finden läßt mit φ u injektiv, ist (17.1) bewiesen.<br />
Wir zeigen zunächst, dass φ u injektiv ist, falls U = 〈u〉 gilt. Seien a, b ∈ A. Es ist<br />
[u, ab −1 ] = u −1 u ab−1 = (u −b u a ) b−1 = ([u, b] −1 [u, a]) b−1 ,<br />
so dass [u, ab −1 ] ∈ C V (A) genau dann gilt, wenn [u, a]C V (A) = [u, b]C V (A) gilt.<br />
Die Hall–Witt Identität (Lemma 8.9) gibt<br />
[u, a, b] a−1 [a −1 , b −1 , u] b [b, u −1 , a −1 ] u = 1.<br />
Dabei ist auf <strong>der</strong> linken Seite <strong>der</strong> Kommutator in <strong>der</strong> Mitte gleich 1, da A als abelsche<br />
Gruppe auf V operiert, und es ist [b, u −1 ] = (b −1 ub)u −1 = u −1 (b −1 ub) = [u, b]. Aus <strong>der</strong><br />
Annahme [u, a] ∈ C V (A) folgt also a ∈ C A ([u, b]), und da b ∈ A beliebig gewählt wurde,<br />
sogar a ∈ C A ([〈u〉, A]).<br />
Nun gelte [u, a]C V (A) = [u, b]C V (A). Dann ist, wie gesehen, [u, ab −1 ] ∈ C V (A) und<br />
ab −1 ∈ C V ([〈u〉, A]). Im Falle U = 〈u〉 ist φ u also injektiv und (17.1) bewiesen.<br />
Nun beweisen wir (17.1) durch Induktion nach |U|. Nach dem, was wir bereits wissen,<br />
können wir U = U 1 U 2 mit echten Untergruppen U 1 und U 2 von U annehmen. Wir setzen<br />
W i = [U i , A] und A i = C A (W i ) für i = 1, 2. Nach Induktionsvoraussetzung gilt dann<br />
|A||C V (A)| ≤ |A i ||W i C V (A)| für i = 1, 2. Es ist A 1 A 2 eine Untergruppe von A, da nach<br />
Voraussetzung [A, A] ≤ A i gilt. Wegen W 1 W 2 = [U, A] ist A 1 ∩ A 2 = C A (W 1 W 2 ) =<br />
A ∗ . Weiterhin ist offenbar W i C V (A) ≤ C V (A i ), so dass W 1 C V (A) ∩ W 2 C V (A) ≤<br />
C V (A 1 A 2 ) gilt. Damit folgt (die erste Ungleichung gilt nach Voraussetzung (Q 1 ) an A):<br />
|A||C V (A)| ≥ |A 1 A 2 ||C V (A 1 A 2 )|<br />
≥ |A 1 A 2 ||W 1 C V (A) ∩ W 2 C V (A)|<br />
= |A 1||A 2 | |W 1 C V (A)||W 2 C V (A)|<br />
|A 1 ∩ A 2 | |W 1 C V (A)W 2 C V (A)|<br />
≥ |A|2 |C V (A)| 2<br />
|A ∗ ||[U, A]C V (A)| ,
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 74<br />
nach kurzer Umformung also (17.1). Der Satz ist bewiesen.<br />
Ab jetzt sei V ein elementarabelscher p-Normalteiler <strong>der</strong> Gruppe G. Wir führen folgende<br />
Bezeichnung ein.<br />
Definition 17.6. Es sei A V (G) die Menge <strong>der</strong> Untergruppen A von G, für die gilt<br />
(Q 1 ) |A||C V (A)| ≥ |B||C V (B)| für alle B ≤ A.<br />
(Q 2 ) A/C A (V ) ist eine abelsche p-Gruppe.<br />
Man beachte, nach Feststellung 16.1 ist Bedingung (Q 2 ) keine Einschränkung bei <strong>der</strong> Suche<br />
nach quadratischer Operation. Nach Lemma 17.3 gilt A(G) ⊆ A V (G).<br />
Satz 17.7 (Timmesfeld Replacement [67]). Sei A ∈ A V (G) und U ≤ V . Dann gilt<br />
C A ([U, A]) ∈ A V (G) und C V (C A ([U, A])) = [U, A]C V (A).<br />
Überdies ist [V, C A ([U, A])] ≠ 1, falls [V, A] ≠ 1.<br />
Beweis. Setze A ∗ = C A ([U, A]). Nach Satz 17.4 gilt |A||C V (A)| = |A ∗ ||C V (A ∗ )|, und<br />
da (Q 1 ) für A gilt, folgt dass (Q 1 ) auch für A ∗ gilt. Wegen A ∗ ≤ A gilt (Q 2 ) für A ∗ . Also<br />
ist A ∗ ∈ A V (G). Ebenfalls nach Satz 17.4 gilt C V (A ∗ ) = [U, A]C V (A).<br />
Angenommen, es gilt [V, A ∗ ] = 1, also C V (A ∗ ) = V . Bedingung (Q 1 ) für A mit B =<br />
A ∗ gibt dann |A/A ∗ | ≥ |V/C V (A)|. Weiter ist |A/A ∗ | = |[V, A]C V (A)/C V (A)| nach<br />
Satz 17.5. Es folgt V = [V, A]C V (A), und damit [V, A] = [V, A, A]. Da A nach Voraussetzung<br />
als p-Gruppe auf <strong>der</strong> p-Gruppe [V, A] operiert, folgt [V, A] = 1.<br />
□<br />
Die vorigen Ergebnisse auf Elemente von A(G) angewandt ergibt den folgenden Satz.<br />
Satz 17.8. Sei A ∈ A(G) und A 0 = [V, A]C A ([V, A]) gesetzt. Dann gilt<br />
(1) A 0 liegt in A(G) und operiert quadratisch auf V .<br />
(2) Es ist [V, A 0 ] ≠ 1, falls [V, A] ≠ 1.<br />
Beweis. Zu (1). Setze A ∗ = C A ([V, A]). Dann ist A 0 = [V, A]A ∗ , und mit A ∗ ist auch A 0<br />
eine elementarabelsche p-Gruppe. Wir hatten bereits vor Lemma 17.3 die offensichtliche<br />
Feststellung gemacht, dass A 0 quadratisch auf V operiert. Es verbleibt, |A 0 | = |A| zu<br />
zeigen. Nach Satz 17.5 gilt<br />
|A|<br />
|A ∗ | = |[V, A]C V (A)| |[V, A]|<br />
=<br />
|C V (A)| |[V, A] ∩ C V (A)| .<br />
Es ist A maximal unter den Elementen von E(G), und C V (A)A ist elementarabelsch. Also<br />
gilt C V (A) ≤ A, und es folgt [V, A] ∩ C V (A) = [V, A] ∩ A = [V, A] ∩ A ∗ . Damit ist wie<br />
gewünscht<br />
|A| = |[V, A]||A∗ |<br />
|[V, A] ∩ A ∗ | = |[V, A]A∗ | = |A 0 |.<br />
Zu (2). Nun, da A 0 ∈ A(G) gezeigt ist, folgt A 0 ∈ A V (G) nach Lemma 17.3, und<br />
Satz 17.7 kann angewendet werden, mit U = V .<br />
□<br />
18. EIN ANALOGON ZU GLAUBERMANS ZJ-SATZ<br />
Glaubermans ZJ-Satz [18] ist von grundlegen<strong>der</strong> Bedeutung für die Untersuchung endlicher<br />
<strong>Gruppen</strong>, insbeson<strong>der</strong>e was Klassifikationsprobleme einfacher <strong>Gruppen</strong> betrifft. Der<br />
ZJ-Satz beschreibt eine hinreichende Bedingung für eine Gruppe G mit einer p-Sylowuntergruppe<br />
S, welche gewissse p-stabile Operationen voraussetzt, damit eine gewisse charakteristische<br />
Untergruppe von S, nämlich Z(J(S)), charakteristisch in G ist.<br />
□
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 75<br />
Wir geben ein von Stellmacher [59] bewiesenes Analogon zu dem ZJ-Satz, in dem die<br />
Gruppe Z(J(S)) durch eine ebenfalls in S charakteristische Gruppe W(S) ersetzt wird.<br />
Dabei folgen wir im wesentlichen [34, § 9.4].<br />
In den Anwendungen des ZJ-Satzes kann Z(J(S)) durch fast jede an<strong>der</strong>e charakteristische<br />
Untergruppe von S ersetzt werden, solange die Schlußfolgerung des Satzes gültig ist.<br />
Im folgenden sei S eine nichttriviale p-Gruppe. Es sei H(S) die Klasse <strong>der</strong> <strong>Gruppen</strong> H,<br />
für die folgende vier Aussagen gelten:<br />
(H1) C H (O p (H)) ≤ O p (H).<br />
(H2) S ∈ Syl p (H).<br />
(H3) J(S) H.<br />
(S 1 ) H operiert p-stabil auf jedem in Ω(Z(J(S))) liegenden Normalteiler von H.<br />
Natürlich ist die Klasse H(S) nicht leer, denn S ist Mitglied.<br />
Definition 18.1 (Die Gruppe W(S)). Die Gruppe W(S) ist die kleinste Untergruppe U<br />
von S, welche charakteristisch in S ist, für die Ω(Z(S)) ≤ U ≤ Ω(Z(J(S))) gilt, und die<br />
die Eigenschaft hat, normal in je<strong>der</strong> Gruppe H zu sein welche zu <strong>der</strong> Klasse H(S) gehört.<br />
Wir stellen fest, dass die Definition Sinn ergibt. Dazu sei U die Menge aller Untergruppen<br />
U von S wie in <strong>der</strong> Definition beschrieben. Es gilt Ω(Z(S)) ≤ Ω(Z(J(S))), und wegen<br />
(H3) ist Ω(Z(J(S))) H für alle H aus H(S). Also liegt Ω(Z(J(S))) in U, so dass<br />
U nicht leer ist. Natürlich genügt auch die Untergruppe ⋂ U∈U<br />
U den in <strong>der</strong> Definition<br />
beschriebenen Bedingungen. Diese ist also die verlangte Untergruppe W(S). Mit S ist<br />
Ω(Z(S)), also auch W(S) nichttrivial.<br />
Ich will festhalten, obgleich für das weitere ohne Belang, dass es sich hierbei um eine ‘endliche’<br />
Konstruktion handelt, soll heißen, es müssen nur endliche viele <strong>Gruppen</strong> aus H(S),<br />
genauer nur Vertreter <strong>der</strong> Isomorphieklassen, bei <strong>der</strong> Definition von W(S) berücksichtigt<br />
werden.<br />
Bemerkung 18.2. Aufgrund von (H1) und (H2) fallen die <strong>Gruppen</strong> <strong>der</strong> Klasse H(S)<br />
nur in endlich viele Isomorphieklassen. Denn gehört H zu H(S), ist O p (H) eine Untergruppe<br />
von S, und H/Z(O p (H)) kann auf natürliche Weise mit einer Untergruppe von<br />
Aut(O p (H)) identifiziert werden. Also ist die Ordnung von H durch eine von S bestimmte<br />
Schranke beschränkt. Die Feststellung folgt mit <strong>der</strong> einfachen Beobachtung, dass auf<br />
endlich vielen Mengen nur endlich viele Verknüpfungen eingeführt werden können.<br />
Die Einteilung in Isomorphieklassen erscheint für unsere Zwecke zunächst zu grob, denn<br />
wir wollen ja die Einbettung von S in die <strong>Gruppen</strong> aus H(S) berücksichtigen. Dass heißt,<br />
für isomorphe <strong>Gruppen</strong> H und K aus H(S) wollen wir Isomorphismen ϕ: H → K ‘über<br />
S’ berücksichtigen, also solche Isomorphismen, die S in sich selbst überführen:<br />
H<br />
✻<br />
ϕ<br />
✲ K<br />
ϕ| S<br />
✲ S<br />
✻<br />
S<br />
Dazu beachte man, dass ein Isomorphismus ϕ: H → K stets so gewählt werden kann,<br />
dass S als ganzes festbleibt, da S eine Sylowuntergruppe <strong>der</strong> beiden <strong>Gruppen</strong> ist (man kann<br />
notfalls mit einem inneren Automorphismus von K ‘korrigieren’). Dann gilt aber für eine<br />
charakteristische Untergruppe U von S, dass aus U H folgt U = Uϕ| S Hϕ = K.<br />
Nun seien H 1 , . . . , H n Vertreter <strong>der</strong> Isomorphieklassen <strong>der</strong> <strong>Gruppen</strong> aus H(S). Bezeichnet<br />
Ũ die Menge <strong>der</strong> Untergruppen U von S, welche charakteristisch in S sind, für die
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 76<br />
Ω(Z(S)) ≤ U ≤ Ω(Z(J(S))) gilt, und die normal in den <strong>Gruppen</strong> H 1 , . . . , H n sind, dann<br />
gilt also W(S) = ⋂ U∈Ũ U.<br />
Wir zeigen zunächst, dass Elemente aus S, die quadratisch auf W(S) operieren, trivial auf<br />
W(S) operieren, wofür (S 1 ) entscheidend ist.<br />
Lemma 18.3. Für x ∈ S sei [W(S), x, x] = 1. Dann ist [W(S), x] = 1.<br />
Beweis. Sei U eine Untergruppe von S mit Ω(Z(S)) ≤ U ≤ W(S) und <strong>der</strong> Eigenschaft<br />
(18.1) x ∈ S und [U, x, x] = 1 impliziert [U, x] = 1.<br />
Beachte zunächst, U = Ω(Z(S)) erfüllt diese Voraussetzung. Weiterhin erfüllt für σ ∈<br />
Aut(S) mit U auch die Untergruppe U σ diese Eigenschaften, so dass wir U durch die<br />
eventuell größere Untergruppe 〈U σ | σ ∈ Aut(S)〉 ersetzen dürfen. Wir wollen daher annehmen,<br />
dass U charakteristisch in S ist.<br />
Angenommen, es gilt U < W(S). Dann gibt es, aufgrund <strong>der</strong> Minimalität von W(S),<br />
eine Gruppe H aus H(S) in <strong>der</strong> U nicht normal ist. Setzen wir V = 〈U H 〉, dann gilt<br />
U < V ≤ W(S). Sei C = C H (V ) und C ≤ L H mit L/C = O p (H/C). Dann ist<br />
P = S ∩ L ∈ Syl p (L) und L = P C. Das Frattini-Argument gibt also H = N H (P )L =<br />
N H (P )C. Damit ist V = 〈U NH(P ) 〉. Nun sei x ∈ S mit [V, x, x] = 1. Nach (S 1 ) ist dann<br />
x ∈ S ∩ L = P . Sei h ∈ N H (P ). Dann ist x h−1 ∈ S und [U, x h−1 , x h−1 ] h = [U h , x, x] ≤<br />
[V, x, x] = 1, also [U, x h−1 , x h−1 ] = 1 und [U, x h−1 ] = 1 nach Voraussetzung an U. Also<br />
gilt [U h , x] = 1. Dies zeigt [V, x] = 1.<br />
Somit kann man, ausgehend von Ω(Z(S)), eine aufsteigende Kette von Untergruppen U<br />
von W(S), welche sämtlich <strong>der</strong> Bedingung (18.1) genügen, finden die erst bei W(S) endet.<br />
□<br />
Nun können wir den folgenden Satz beweisen. Im Beweis geht an entscheiden<strong>der</strong> Stelle<br />
Satz 17.8 ein.<br />
Satz 18.4. Es sei G eine Gruppe mit C G (O p (G)) ≤ O p (G) und S ∈ Syl p (G), die folgen<strong>der</strong><br />
Bedingung genügt.<br />
(S 2 ) G operiert p-stabil auf jedem elementarabelschen p-Normalteiler von G und auf<br />
O p (G)/Φ(O p (G)).<br />
Weiter gelte für H = N G (J(S)) die Bedingung (S 1 ). Dann gilt W(S) G.<br />
Beweis. Setze V = O p (G)/Φ(O p (G)). Nach Voraussetzung operieren p ′ -Untergruppen<br />
von G treu auf O p (G), und damit auch treu auf V (teilerfremde Operation). Also ist C G (V )<br />
eine p-Gruppe, und da sie normal in G ist, folgt C G (V ) = O p (G).<br />
Setze W = W(S). Aus O p (G) ≤ S und W(S) S folgt [O p (G), W ] ≤ W ∩ O p (G),<br />
und da W abelsch ist, also [O p (G), W, W ] = 1. Mit (S 2 ) folgt W C G (V )/C G (V ) ≤<br />
O p (G/C G (V )) = O p (G/O p (G)) = 1, dass heißt, W ≤ C G (V ) = O p (G). Wegen<br />
W S bedeutet dies sogar W O p (G), und damit W x O p (G) für alle x ∈ G. Sei<br />
x ∈ G. Da W x abelsch ist, folgt [W, W x , W x ] = 1, und [W, W x ] = 1 mit Lemma 18.3.<br />
Damit ist ˜W = 〈W G 〉 elementarabelscher Normalteiler von G.<br />
Angenommen, es gilt [ ˜W , J(S)] = 1. Dann gilt auch [ ˜W , J(S) x ] = 1 für alle x ∈ G. Also<br />
[ ˜W , J(G)] = 1, dass heißt, J(G) ≤ C G ( ˜W ). Es ist J(S) ≤ T = S ∩ J(G) ∈ Syl p (J(G)),<br />
also J(S) = J(T ) (siehe Feststellung 17.2). Damit gilt, da J(T ) charakteristisch in T ist,<br />
N G (T ) ≤ N G (J(T )) = N G (J(S)). Das Frattini-Argument liefert G = J(G)N G (T ). Es<br />
folgt G = J(G)N G (J(S)). Wir haben bereits J(G) ≤ C G ( ˜W ) gezeigt. Also ist G =<br />
C G ( ˜W )N G (J(S)). Nun folgt ˜W = 〈W G 〉 = 〈W NG(J(S)) 〉. Für die Gruppe H = N G (J(S))
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 77<br />
gilt nach Voraussetzung (S 1 ). Offenbar gelten (H 2 ) und (H 3 ) für H. Da O p (G) ≤ S, ist<br />
O p (G) ≤ H, also O p (G) ≤ O p (H). Somit gilt auch (H 1 ) für H, da C G (O p (G)) ≤ O p (G)<br />
vorausgesetzt ist. Also gehört H zu <strong>der</strong> Klasse H(S). Nach Definition von W(S) gilt also<br />
W H, und es folgt W = 〈W H 〉 = ˜W G.<br />
Die Annahme [ ˜W , J(S)] ≠ 1 werden wir nun zu einem Wi<strong>der</strong>spruch führen, wonach <strong>der</strong><br />
Satz bewiesen ist. Es gebe also A ∈ A(S) mit [ ˜W , A] ≠ 1. Nach Satz 17.8 gibt es A 0 ∈<br />
A(S) mit [ ˜W , A 0 ] ≠ 1 und A 0 operiert quadratisch auf ˜W . Sei C G ( ˜W ) ≤ L G mit<br />
L/C G ( ˜W ) = O p (G/C G ( ˜W )). Setze P = S ∩ L ∈ Syl p (L). Dann ist L = C G ( ˜W )P .<br />
Bedingung (S 2 ) gibt A 0 ≤ L, also A 0 ≤ P ≤ S. Es folgt A 0 ∈ A(P ) und damit J(P ) ≤<br />
J(S). Da W ≤ Z(J(S)), gilt also [W, J(P )] = 1, und damit [W x , J(P )] = 1 für alle<br />
x ∈ N G (P ). Das Frattini-Argument liefert G = LN G (P ), also G = C G ( ˜W )N G (P ).<br />
Damit ist ˜W = 〈W G 〉 = 〈W NG(P ) 〉. Es folgt [ ˜W , J(P )] = 1. Wegen A 0 ≤ J(P ) und<br />
[ ˜W , A 0 ] ≠ 1 ist dies <strong>der</strong> gewünschte Wi<strong>der</strong>spruch. □<br />
Dies nehmen wir zum Anlaß, die folgende Definition zu treffen (es gibt abweichende Definitionen<br />
von p-Stabilität in <strong>der</strong> Literatur).<br />
Definition 18.5. Eine Gruppe G mit S ∈ Syl p (G) heiße p-stabil, falls mit H = N G (J(S))<br />
die zwei folgenden Bedingungen gelten.<br />
(S 1 ) H operiert p-stabil auf jedem in Ω(Z(J(S))) liegenden Normalteiler von H.<br />
(S 2 ) G operiert p-stabil auf jedem elementarabelschen p-Normalteiler von G und auf<br />
O p (G)/Φ(O p (G)).<br />
Damit liest sich <strong>der</strong> vorangegangene Satz wiefolgt.<br />
Satz 18.4 (Stellmacher). Es sei G eine p-stabile Gruppe mit C G (O p (G)) ≤ O p (G). Ist S<br />
eine p-Sylowuntergruppe von G, dann gilt W(S) G.<br />
Das wesentliche an diesem Satz ist, dass die (charakteristische) Untergruppe W(S) nur<br />
von S abhängt, und nicht von <strong>der</strong> Gruppe G. Beispielsweise liegen in einer Gruppe G mit<br />
S ∈ Syl p (G) alle p-stabilen Untergruppen M mit S ≤ M und C M (O p (M)) ≤ O p (M) in<br />
<strong>der</strong> Untergruppe N G (W(S)).<br />
Gilt für eine Gruppe G eine <strong>der</strong> vier Bedingungen aus Satz 16.5, trifft dies auch für jede<br />
Untergruppe von G zu. Aus <strong>der</strong> Definition ergibt sich aus Satz 16.5 also unmittelbar<br />
folgen<strong>der</strong> Satz.<br />
Satz 18.6. Es sei p eine ungerade Primzahl. Erfüllt die Gruppe G eine <strong>der</strong> folgenden<br />
Bedingungen, ist sie p-stabil.<br />
(1) G hat ungerade Ordnung.<br />
(2) Eine 2-Sylowuntergruppe von G ist abelsch.<br />
(3) Eine 2-Sylowuntergruppe von G ist eine Die<strong>der</strong>gruppe.<br />
(4) G ist auflösbar, und es ist entwe<strong>der</strong> p ≥ 5 o<strong>der</strong> SL(2, 3) ist kein Subquotient von<br />
G.<br />
19. GOLDSCHMIDTS BEWEIS DES p a q b -SATZES, p ≠ 2 ≠ q<br />
Wir geben den Beweis von Goldschmidt [20] für folgenden Satz (mit dem unwesentlichen<br />
Unterschied, dass wir an entscheiden<strong>der</strong> Stelle Satz 18.4 zitieren anstelle des ZJ-Satzes<br />
von Glauberman).<br />
Satz 19.1. <strong>Gruppen</strong> <strong>der</strong> Ordnung p a q b sind auflösbar, für p ≠ 2 ≠ q.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 78<br />
Für den Beweis sei G ein minimales Gegenbeispiel zum p a q b -Satz, mit ungeraden Primzahlen<br />
p und q.<br />
Lemma 19.2. Jede Sylowuntergruppe von G liegt in genau einer maximalen Untergruppe<br />
von G. Jede maximale Untergruppe von G enthält eine Sylowuntergruppe von G.<br />
Beweis. Es sei r ∈ {p, q}. Es sei R ∈ Syl r (G) und M eine R enthaltende maximale<br />
Untergruppe von G. Dann gilt O r ′(M) = 1 nach Lemma 12.8. Damit ist C M (O p (M)) ≤<br />
O p (M) nach Satz 9.29. Es folgt M = N M (W(R)) nach Satz 18.4 und Satz 18.6. Damit<br />
ist M = N G (W(R)), was die Eindeutigkeit von M zeigt.<br />
Nun sei M irgendeine maximale Untergruppe von G. Nach <strong>der</strong> Beobachtung von Ben<strong>der</strong><br />
(Lemma 12.9) gibt es r ∈ {p, q} mit O r ′(M) = 1. Es sei R ∈ Syl r (M). Wie<strong>der</strong> gilt<br />
M = N G (W(R)) nach Satz 18.4. Da W(R) eine charakteristische Untergruppe von R ist,<br />
folgt N G (R) ≤ N G (W(R)) = M, und dies zeigt R ∈ Syl r (G) nach Satz 6.16. □<br />
Lemma 19.3. Es sei r ∈ {p, q} und R ∈ Syl r (G). Dann liegt Z(R) in genau einer<br />
maximalen Untergruppe von G.<br />
Beweis. Es sei M die eindeutig bestimmte maximale Untergruppe von G, die R enthält<br />
(Lemma 19.2). Angenommen, es gilt Z(R) ⊆ L für eine von M verschiedene maximale<br />
Untergruppe L von G. Dann wählen wir L so, dass <strong>der</strong> Schnitt L ∩ M von einer<br />
möglichst großen Potenz von r geteilt wird. Es gibt S ∈ Syl r (L ∩ M) mit Z(R) ≤ S.<br />
Es ist S ∉ Syl r (G), denn an<strong>der</strong>nfalls wäre ja L = M nach Lemma 19.2. Damit ist auch<br />
S ∉ Syl r (M), und es gibt eine r-Untergruppe T von M mit S < T ≤ N M (S). Es ist<br />
T ≤ M und T ≤ N G (S). Nach Wahl von L folgt N G (S) ≤ M. Es folgt S ∈ Syl r (L),<br />
denn an<strong>der</strong>nfalls gäbe es ja eine r-Untergruppe U von L mit S < U ≤ N G (S), also<br />
S < U ≤ L∩M, entgegen <strong>der</strong> Wahl von S. Somit enthält L keine r-Sylowuntergruppe von<br />
G, aber dafür eine r ′ -Sylowuntergruppe von G, nach Lemma 19.2. Folglich ist G = LR.<br />
Dies gibt aber den Wi<strong>der</strong>spruch Z(R) ≤ ⋂ y∈R Ly = ⋂ x∈G Lx G.<br />
□<br />
Lemma 19.4. Für r ∈ {p, q} gibt es R, S ∈ Syl r (G) mit R ∩ S = 1.<br />
Beweis. Es sei R ∈ Syl r (G) und M die eindeutig bestimmte maximale Untergruppe von<br />
G, die Z(R) enthält (Lemma 19.3). Da G einfach ist, können wir S ∈ Syl r (G) mit S M<br />
wählen. Wir zeigen M ∩ S = 1 durch einen Wi<strong>der</strong>spruchsbeweis. Dann gilt erst recht<br />
R ∩ S = 1, und das Lemma ist bewiesen. Nehmen wir also an, das M ∩ S ≠ 1 gilt. Dann<br />
denken wir uns S so gewählt, dass |M ∩S| möglichst groß ist. Setze T = M ∩S. Indem wir<br />
R innerhalb M durch ein geeignetes Konjugiertes ersetzen, können wir T ≤ R annehmen.<br />
Dann ist Z(R) ≤ N G (T ), also N G (T ) ≤ M (Lemma 19.3). Aber T < S wegen S M,<br />
also weiter T < N S (T ) ≤ M ∩ S, ein Wi<strong>der</strong>spruch.<br />
□<br />
Nun bringen wir den Beweis des Satzes dieses Abschnitts zu einem Ende. Wir können<br />
p a < q b annehmen. Nehmen wir dann R, S ∈ Syl q (G) mit R∩S = 1 (Lemma 19.4), folgt<br />
<strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>spruch |G| ≥ |RS| = |R||S| = q 2b > p a q b = |G|. Satz 19.1 ist bewiesen.
SKRIPT ZUR VORLESUNG GRUPPENTHEORIE IM <strong>SS</strong> <strong>2008</strong> 79<br />
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