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Kapi - IIP

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5 Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

In <strong>Kapi</strong>tel 5 erfolgt die exemplarische Anwendung der vorgeschlagenen medienübergreifenden<br />

Bewertungsmethode auf ausgewählte Fallbeispiele. Ein wesentliches Ziel ist hierbei die Verdeutlichung<br />

der in <strong>Kapi</strong>tel 4 aufgezeigten Vorgehensweise. Weiterhin wird anhand der Fallbeispiele<br />

untersucht, an welchen Stellen Schwierigkeiten bei der konkreten Anwendung auftreten<br />

können, um so die Praktikabilität der Vorgeschlagenen Bewertungsmethode zu überprüfen. In<br />

diesem Zusammenhang werden auch die Probleme diskutiert, die bei der Anwendung der medienübergreifenden<br />

Bewertungsmethode auftreten können, falls benötigte Daten nicht verfügbar<br />

sind oder nicht in der gewünschten Qualität vorliegen.<br />

Für die Anwendung der medienübergreifenden Bewertungsmethode werden drei Fallbeispiele<br />

aus dem Bereich der Metallerzeugung ausgewählt. Dabei wird als erstes ein Beispiel ausgesucht,<br />

anhand dessen vor allem die Anwendbarkeit der Bewertungsmethode unter Berücksichtigung<br />

der konkret vorliegenden Datensituation überprüft werden kann. Weiter werden zwei<br />

Beispiele untersucht, die ausschließlich den Ablauf der Bewertungsmethode sowie die Vorteile<br />

der modularen Aufbauweise demonstrieren sollen. Zu diesem Zweck werden lediglich ausgewählte<br />

Teilschritte der vorgestellten Bewertungsmethode bearbeitet, so daß hierdurch die<br />

Möglichkeit einer vorzeitigen BVT-Bestimmung verdeutlicht wird. Die Daten sind in diesen<br />

beiden Fällen fiktiv, wenn auch durch die Auswahl des Stoffspektrums und der Emissions- und<br />

Verbrauchswerte, u.a. aus aktuellen Studien, eng an die Realität angelehnt.<br />

In Abschnitt 5.1 werden vier verschiedene Techniken zur Sinterherstellung, die sich im wesentlichen<br />

in ihrer Staubabscheidetechnik unterscheiden, mit der medienübergreifenden Bewertungsmethode<br />

bewertet. Zur Abbildung dieser Techniken stehen verschiedene Datensätze<br />

aus Meßprogrammen sowie Unternehmensinformationen zur Verfügung. Die untersuchten<br />

Techniken werden im Detail diskutiert. Dabei werden auch die Anforderungen an die Daten,<br />

die zur Abbildung einer Technik verwendet werden, angesprochen. Weiter wird gezeigt, daß<br />

der Energieeinsatz, je nach gewünschtem Detaillierungsgrad der Untersuchung, auf verschiedene<br />

Arten in der Vorgeschlagenen Bewertungsmethode berücksichtigt werden kann. Die sich<br />

daraus ergebenden Konsequenzen werden herausgearbeitet.<br />

In Abschnitt 5.2 werden im Fallbeispiel zwei unterschiedliche Techniken zur Elektrostahlerzeugung<br />

bewertet. Es stehen dafür zwei realitätsnahe Datensätze aus Unternehmensinformationen<br />

zur Verfügung, die sowohl das für die Elektrostahlerzeugung charakteristische<br />

Stoffspektrum als auch die Emissionswerte in einer realen Größenordnung widerspiegeln. Anhand<br />

dieses zweiten Fallbeispiels kann der Ablauf der Vorgeschlagenen Bewertungsmethode<br />

verdeutlicht und gleichzeitig die Anwendbarkeit der Vorgeschlagenen Bewertungsmethode auf<br />

das Stoffspektrum der Elektrostahlerzeugung im Lichtbogenofen gezeigt werden.


62 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

In Abschnitt 5.3 wird anhand von drei ausgewählten Datensätzen zum charakteristischen<br />

Stoffspektrum der Aluminiumerzeugung gezeigt, daß die Bewertung nach der medienübergreifenden<br />

Bewertungsmethode schon in einem früheren Stadium beendet werden kann, falls<br />

eine konsensfähige BVT-Bestimmung erreicht wird. In Abschnitt 5.4 erfolgt eine Zusammenfassung<br />

der durch die Anwendung der medienübergreifenden Bewertungsmethode auf die Fallbeispiele<br />

gewonnenen Erkenntnisse.<br />

5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung<br />

Im vorliegenden Abschnitt wird die medienübergreifende Bewertungsmethode auf vier Techniken<br />

zur Sinterherstellung (inklusive Staubabscheidung) angewendet. Es handelt sich bei den<br />

betrachteten Techniken im Gegensatz zum zweiten und dritten Fallbeispiel um Techniken, die<br />

in verschiedenen Anlagen bereits realisiert worden sind. In Abschnitt 5.1.1 werden die Technik<br />

zur Sinterherstellung und die eingesetzten Techniken zur Staubabscheidung beschrieben, sowie<br />

das für die Sinterherstellung charakteristische Stoffspektrum und die daraus resultierenden<br />

Umweltproblematiken vorgestellt. In Abschnitt 5.1.2 wird die Bewertungsmethode auf die<br />

diskutierten Techniken angewendet, dabei wird der Einsatz von Strom lediglich unter Berücksichtigung<br />

des Primärenergiegehalts betrachtet. Zusätzlich werden in Abschnitt 5.1.2.4 die<br />

Techniken unter Berücksichtigung der bei der Stromerzeugung auftretenden Rohstoffverbräuche<br />

und Schadstoffemissionen untersucht. Aus dieser Betrachtung läßt sich abschätzen, wie<br />

hoch der Anteil der durch den Stromeinsatz bedingten Umweltwirkungen an den Gesamtumweltwirkungen<br />

der Sinterherstellung ist.<br />

5.1.1 Technische Beschreibung der Sinterherstellung und der Staubabscheidung<br />

5.1.1.1 Verfahrensbeschreibung<br />

Der Sinterprozeß dient dem Stückigmachen von feinkörnigen Einsatzmaterialien, insbesondere<br />

von Eisenerzen, für den Einsatz im Hochofen. Die Sintermischung, die aus dem aufbereiteten<br />

Feinerz, dem Rückgut, Zuschlagsstoffen (z.B. Kalkstein, Branntkalk, Olivin) und Brennstoff<br />

(Koksgruß) besteht, wird über verschiedene Bunker und Fördereinrichtungen auf einen Wanderrost<br />

(Sinterband) aufgegeben. Der in der Sintermischung enthaltene Koks wird mit Hilfe<br />

von Gasbrennern entzündet. Die Brennzone wandert dabei von oben nach unten durch die Mischung,<br />

wobei das Einsatzstoffgemisch zu einem stückigen Gut zusammensintert. Die Verbrennungsluft<br />

wird durch die Sintermischung gesaugt und reißt dabei Partikel aus der Sinterschicht<br />

mit. Das Prozeßgas wird anschließend gereinigt und über den Kamin abgeleitet. Der<br />

fertige Sinter wird nach dem Abkühlen gebrochen, gesiebt und die gewünschten Kornfraktionen<br />

werden dem Hochofen zugeführt. Der beim Aufbereiten anfallende Feinkornanteil wird<br />

wieder auf das Sinterband zurückgeführt. Für weitere Angaben zur Sintererzeugung sei auf die<br />

einschlägige Literatur hingewiesen z.B. [Cappel73, Bothe93].


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 63<br />

5.1.1.2 Inputs und Outputs bei der Sinterherstellung<br />

In der Sinteranlage werden Feinerz, Koksgrus, Zuschläge und Kreislaufstoffe eingesetzt. Auf<br />

eine Tonne Erzmischung kommen i.d.R. 40 - 60 kg Brennstoff, 180 - 300 kg Zuschläge und<br />

250 - 450 kg zurückgeführtes Rückgut [Rentz95]. Weiter wird eine kleinere Menge an<br />

Zündgas (i.d.R. Erdgas, Koksgas oder ein Mischung von beiden) zum Zünden der Sintermischung<br />

eingesetzt, sowie elektrische Energie, deren genaue Ermittlung aufgrund der Vielzahl<br />

der Aggregate schwierig ist. Wesentlicher Output ist neben dem Fertigsinter staubbeladenes<br />

Abgas und Rückgut. Je nach Abgasreinigung fallen auch Abwässer an. Feste Abfälle fallen<br />

i.d.R. nicht an, da alle entstehenden Reststoffe direkt wieder in der Sinteranlage eingesetzt<br />

werden. In Bild 5-1 ist schematisch eine Anlage zur Sinterherstellung mit den wesentlichen<br />

eingehenden und austretenden Energie- und Stoffströmen dargestellt.<br />

Zündgas<br />

Input<br />

Abgasreinigung<br />

Feinerz<br />

Abgasreinigung<br />

Abgas, rein<br />

Zuschläge<br />

Sinterband<br />

Koksgrus<br />

Sinter<br />

Rückgut<br />

Staub<br />

Bild 5-1: Schema der Sinterherstellung mit ein- und austretenden Energie- und Stoffströmen<br />

5.1.1.3 Umweltproblematik bei der Sinterherstellung<br />

Im Bereich der Sinteranlagen lassen sich mit den partikelförmigen Emissionen, der Emission<br />

von Schwermetallen und den gasförmigen Emissionen drei umweltrelevante Gruppen von<br />

Emissionen identifizieren, die im Fallbeispiel betrachtet werden.<br />

Die partikelförmigen Emissionen im Sinteranlagenabgas lassen sich aufgrund ihrer Entstehung<br />

in zwei Klassen einteilen. Die Grobstäube (Partikeldurchmesser etwa 100 µm) entstehen als<br />

mechanischer Austrag durch Mitreißen von Partikeln der Sintermischung vom Sinterbett. Die<br />

Feinstäube (Partikeldurchmesser etwa 1 µm) bilden sich durch physikalisch-chemische Verdampfungs-<br />

und Kondensationsvorgänge und bestehen überwiegend aus Chloriden (NaCl,<br />

KCl). Schwermetallverbindungen, die vorwiegend oxidisch oder chloridisch vorliegen, können<br />

sowohl in den mitgerissenen Grobstaubpartikeln als auch in den gebildeten Feinstäuben (z.B.<br />

Verdampfung und Kondensation von Schwermetallchloriden) enthalten sein. Die in der Gasreinigung<br />

anfallenden Stäube bzw. Schlämme weisen demzufolge einen hohen Chloridgehalt auf.


64 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Im Bereich der gasförmigen Emissionen sind versauernde Stoffe ein Hauptproblemfeld. Große<br />

Bedeutung fällt insbesondere dem Schwefeldioxid 25 zu, das für Sinteranlagen einen Beitrag von<br />

ca. 15 % an den EU-weiten SO 2 -Emissionen durch die Industrie ausmacht [Dutch97]. Es müssen<br />

in diesem Zusammenhang auch die Emissionen von Stickoxiden (ca. 2 % der EU-weiten<br />

Emissionen durch die Industrie) [Dutch97] sowie die Emissionen von HCl und HF betrachtet<br />

werden. Die Sinterherstellung geht mit hohen CO-Emissionen (ca. 29 % der EU-weiten Emissionen<br />

durch die Industrie) einher. Der Anteil des emittierten CO 2 beträgt im Verhältnis zur<br />

EU-weiten Gesamtemissionen durch die Industrie ca. 2 %.<br />

Die Emission von PCDD/PCDF als weiteres Problemfeld im Bereich Sinteranlagenabgas ist in<br />

letzter Zeit verstärkt untersucht worden. Die Ergebnisse weisen die Sinteranlagen als relativ<br />

große PCDD/PCDF-Emittenten aus. Die Höhe der Emissionen ist dabei stark von der Zusammensetzung<br />

der verwendeten Einsatzmaterialien (u.a. Gehalt an organischen Verbindungen wie<br />

Öle, Fette) und von der jeweiligen Technik zur Abgasreinigung abhängig.<br />

5.1.1.4 Techniken zur Staubabscheidung in Sinteranlagen<br />

Im Fallbeispiel werden mit der medienübergreifenden Bewertungsmethode vier unterschiedliche<br />

Abscheidetechniken, die in Sinteranlagen bereits realisiert sind, bewertet 26 . Im Einzelnen<br />

handelt es sich um einen Massenkraftabscheider (Zyklon), einen elektrischen Abscheider, eine<br />

Kombination aus elektrischem Abscheider und filterndem Abscheider (Gewebefilter) sowie<br />

eine speziell für die Feinstaubproblematik bei Sinteranlagen entwickelte Technik der Naßabscheidung.<br />

Im folgenden werden die untersuchten Techniken kurz vorgestellt, um ihre Eignung<br />

für die spezielle Problematik der Reinigung von Sinteranlagenabgas zu diskutieren.<br />

Elektroabscheider<br />

Bei der Anwendung von Elektroabscheidern wird die elektrische Kraft auf geladene Partikel<br />

für die Abtrennung von Stäuben aus dem Abgas genutzt. Die Teilchen werden elektrisch aufgeladen<br />

und durch ein elektrisches Feld zu einer Niederschlagselektrode transportiert, an der<br />

sie durch Haftkräfte festgehalten werden. Der sich an den Elektroden niedergeschlagene Staub<br />

wird entweder mechanisch durch periodische Erschütterung der Niederschlagselektrode (trokken)<br />

oder durch einen Rieselfilm (naß) entfernt. Der Einsatz von Elektroabscheidern zur Reinigung<br />

des Sinteranlagenabgases ist aufgrund der unterschiedlichen Staubfraktionen problematisch.<br />

Für die enthaltenen Grobstäube kann im Elektroabscheider ein Abscheidegrad von 95 bis<br />

99,99 % [Reimann90] erreicht werden, während die chloridhaltigen Feinstäube aufgrund des<br />

geringen Partikeldurchmessers und des hohen spezifischen Widerstands der Alkalichloride<br />

deutlich schlechter abgeschieden werden. Der Gesamtabscheidegrad ist also geringer, er liegt<br />

beispielsweise für Chloride im Mittel nur bei etwa 60 % [Rentz97c]. Der Energiebedarf für<br />

einen Elektroabscheider liegt bei etwa 0,1 - 0,6 kWh/1000 Nm³ Abgas [Reimann90].<br />

25 Schwefel wird sowohl durch Brennstoff (Koksgrus) als auch durch Eisenerz in das System eingetragen.<br />

26 Für weitere Angaben zu Staubabscheidetechniken sei auf die einschlägige Literatur hingewiesen, z.B. [Dialer86,<br />

Baumbach90].


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 65<br />

Elektroabscheider und Gewebefilter in Reihenschaltung<br />

Eine technische Verbesserung im Bereich der herkömmlichen Abgasreinigung von Sinteranlagen<br />

ist die Nachschaltung eines Gewebefilters hinter den Elektroabscheider zum besseren Abscheiden<br />

von Feinstäuben. Gewebefilter (filternde Abscheider) gehören zu den wirkungsvollsten<br />

Entstaubungstechniken und eignen sich besonders gut für die Abscheidung von Feinstäuben.<br />

Die Staubabscheidewirkung kommt durch die Strömung des partikelbeladenen Gases<br />

durch ein poröses Filtermedium zustande. Die Partikel werden zur Filteroberfläche transportiert<br />

und dort durch Haftkräfte festgehalten. Dabei stellt die mit der Zeit gebildete Staubschicht<br />

den eigentlichen Filter dar. Als Filtermedium dienen Faserschichten, wobei je nach Einsatzbereich<br />

(je nach gewünschter Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit) verschiedene Filtermedien<br />

eingesetzt werden. Zum Einsatz kommen vor allem auf Trägergewebe aufgebrachte Nadelfilze<br />

aus Kunststoff [Dialer86]. Da die anwachsende Staubschicht zu einem Anstieg des<br />

Druckverlustes führt, wird der Filter regelmäßig durch Spülen mit Gas oder durch Rütteln gereinigt.<br />

Filternde Abscheider weisen einen sehr hohen Abscheidegrad auf (99,0 bis 99,99 % für<br />

Staub) [Reimann90], erhöhen jedoch gleichzeitig den Druckverlust. Es fallen für die Abreinigung<br />

der Filterelemente als zusätzliche Verbrauchsstoffe 3 - 7 Nm³/h Druckluft bei einer<br />

Druckstufe von 3 - 6 bar an. Der Energiebedarf eines Gewebefilters liegt bei 0,4 - 0,7<br />

kWh/1000 Nm³ Abgas [Reimann90]. Ferner erhöhen sich die Wartungskosten, da die Filtermedien<br />

regelmäßig ausgewechselt werden müssen. Mit der speziell für Sinteranlagen entwickelten<br />

Kombination eines Elektrofilters und eines Gewebefilters können im ersten Schritt die<br />

Grobstäube und anschließend die Feinstäube abgeschieden und sehr geringe Staubgehalte im<br />

Reingas erreicht werden. Zur Reduzierung von PCDD/PCDF-Emissionen werden zusätzlich<br />

Additive (z.B. Kalkhydrat, Aktivkohle) eingeblasen [Weiss96]. Inwieweit die im Fallbeispiel<br />

angenommene Rückführung der abgeschiedenen Stäube aus Elektroabscheider und Gewebefilter<br />

langfristig möglich ist, bleibt zu prüfen.<br />

Zyklon<br />

Die Staubabscheidewirkung kommt bei einem Zyklon (Massenkraftabscheider) durch Zentrifugalkräfte<br />

zustande, wobei die Partikel durch Transport in einen Strömungstotraum aus dem<br />

Abgasstrom abgeschieden werden. Zyklone weisen ein nur mäßiges Abscheideverhalten auf<br />

(Abscheidegrad von 85 - 98 %) und eignen sich daher in vielen Anwendungen (jedoch aufgrund<br />

des hohen Feinstaubanteils nicht bei Sinteranlagen) hauptsächlich als Vorabscheider für<br />

nachfolgende Reinigungsstufen. Der Energieverbrauch eines Zyklonabscheiders beträgt 0,3 -<br />

0,5 kWh/1000 Nm³ Abgas [Reimann90]. Ein Vorteil des Zyklons liegt in seinem einfachen<br />

Aufbau. Er ist betriebssicher, wartungsarm und kostengünstig sowohl in der Herstellung als<br />

auch im Betrieb. Da die gesetzlichen Anforderungen an die Staubminderung mit einem Zyklon<br />

nicht mehr erfüllt werden konnten, wurde die für das Fallbeispiel berücksichtigte Anlage mittlerweile<br />

mit einer neueren Technik (modifizierter Elektroabscheider) nachgerüstet.


66 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

AIRFINE ®<br />

Die AIRFINE ® -Technik ist eine Naßabscheidetechnik, die speziell für die Abscheidung von<br />

Stäuben mit hohen Feinstaubanteilen aus Agglomerationsanlagen (Sinter- und Pelletieranlagen)<br />

entwickelt wurde. Bei der Naßabscheidung erfolgt die Abscheidung durch den Kontakt der<br />

Partikel mit einer Waschflüssigkeit. Beim AIRFINE ® -Verfahren werden durch den über spezielle<br />

Zweistoffdüsen mittels Druckluft erzeugten sehr feinen Wassernebel sowohl der Staub als<br />

auch die gasförmigen Schadstoffe entfernt. In einem ersten Schritt wird dabei das Abgas durch<br />

eine Quenchzone geleitet, in der Grobstäube sowie im Abgas vorhandene saure Komponenten<br />

(SO 2 , HCl, HF) entfernt werden. Das Abgas wird dabei gleichzeitig abgekühlt und mit Wasser<br />

gesättigt. Im zweiten Schritt erreicht das vorgereinigte Gas den AIRFINE ® -Wäscher, in dem<br />

der Feinstaub unter Einsatz des patentierten Zweistoffdüsensystems ausgewaschen wird. Über<br />

90 % des Staubgehaltes (Grob- und Feinstäube) und zusätzlich 98 % der organischen Bestandteile<br />

werden aus dem Gasstrom entfernt [VAI97]. Der Einsatz der AIRFINE ® -Technik<br />

geht mit einem hohen Energieverbrauch einher. Es werden ca. 2 MW für die Erzeugung von<br />

Druckluft und für die Pumpen des Wäschers aufgewendet [Dutch97], so daß bei einem Abgasvolumenstrom<br />

von 600.000 Nm³ von einem Energiebedarf von 3,3 kWh/1000 Nm³ Abgas ausgegangen<br />

wird. Der Energieverbrauch liegt somit deutlich über dem der anderen Entstaubungstechniken.<br />

Zudem ist sie die einzige der untersuchten Techniken, bei der Abwasser anfällt,<br />

das anschließend gereinigt werden muß.<br />

5.1.2 Anwendung der medienübergreifenden Bewertungsmethode auf das<br />

Beispiel Sinterherstellung<br />

Die Bewertung von Techniken nach der vorgeschlagenen medienübergreifenden Bewertungsmethode<br />

geschieht, ähnlich wie bei einer Ökobilanz zur Bewertung von Betrieben, auf der Basis<br />

von Einzeldaten aus konkreten Anlagen, in denen die zu bewertende Technik realisiert ist.<br />

Hierbei muß beachtet werden, daß zwischen lokalen Einflüssen, d.h. technikunabhängigen Einflüssen,<br />

und Einflüssen, die von der Anwendung einer bestimmten Technik herrühren, unterschieden<br />

wird. So kann beispielsweise ein beim Vergleich von zwei Anlagen auftretender Unterschied<br />

in der SO 2 -Emission verschiedene Gründe haben. Möglich wäre, daß eine Anlage<br />

eine leistungsfähigere Technik zur Schwefeldioxidminderung einsetzt als die andere. Eine andere<br />

Möglichkeit ist, daß in einer Anlage schwefelärmere Roh- oder Brennstoffe eingesetzt werden,<br />

d.h. daß Schwefeldioxid schon in einem wesentlich geringerem Umfang entsteht. Es muß<br />

daher bei einer Bewertung mit der medienübergreifenden Bewertungsmethode versucht werden,<br />

die lokalen Einflüsse einer Anlage soweit wie möglich auszuschließen. Das wird in vielen<br />

Fällen nicht möglich sein. Daher sollte zumindest versucht werden, eine Technik durch einen<br />

gemittelten Datensatz zu beschreiben, der aus möglichst vielen realisierten Anlagen, die die<br />

gleiche zu untersuchende Technik einsetzen, gebildet wird. Je mehr Einzeldaten zur Verfügung


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 67<br />

stehen, um so besser können lokale Aspekte herausgemittelt und die Genauigkeiten in der Abbildung<br />

der Technik somit erhöht werden. 27<br />

Für die Anwendung der medienübergreifenden Bewertungsmethode auf das Fallbeispiel Sinterherstellung<br />

mit Staubabscheidung stehen Daten von sechs in konkreten Anlagen realisierten<br />

Techniken zur Verfügung. Die Anlagen unterscheiden sich dabei im wesentlichen durch die<br />

eingesetzte Technik zur Staubabscheidung (vgl. Abschnitt 5.1.1.4), während die Aggregate zur<br />

Sinterherstellung trotz unterschiedlichem Energiebedarf, unterschiedlichen Einsatzstoffmengen<br />

etc. bei allen betrachteten Anlagen als vergleichbar angenommen werden. Drei Anlagen verwenden<br />

zur Staubabscheidung einen Elektroabscheider (Technik 1, 2 und 3). Eine Anlage setzt<br />

zusätzlich zum Elektroabscheider einen Gewebefilter ein (Technik B). Weiter wird eine Anlage<br />

mit Staubabscheidung durch einen Zyklon (Technik C) sowie eine Sinteranlage, die das AIR-<br />

FINE ® -Verfahren (Technik D) einsetzt, untersucht.<br />

Im betrachteten Fallbeispiel liegt in drei Fällen (Technik B, C und D) nur jeweils ein einziger<br />

Datensatz vor, um eine Technik zu beschreiben. Es muß daher bei der Interpretation der Ergebnisse<br />

aus der medienübergreifenden Bewertung berücksichtigt werden, daß der Einfluß von<br />

lokalen Parametern sehr groß sein kann. Für Technik A (Sinteranlage mit Elektroabscheider)<br />

liegen Daten für drei verschiedene Anlagen (Technik 1, 2 und 3) vor, die für das Fallbeispiel<br />

gemittelt werden. Um einen Eindruck zu vermitteln, in welchem Bereich und in welchen<br />

Spannweiten sich die Daten für eine Technik bewegen und wie stark sie voneinander, bzw.<br />

vom Mittelwert abweichen können, werden in Tabelle 5-1 die Einzeldaten für die drei Techniken<br />

aufgeführt. Die Kenntnis der Einzeldaten ermöglicht eine bessere Abschätzung der Plausibilität<br />

der Resultate der medienübergreifenden Bewertungsmethode.<br />

27 Grundsätzlich sollte überlegt werden, ob es günstigere Möglichkeiten gibt, lokale Besonderheiten der untersuchten<br />

Techniken vor Anwendung der Bewertungsmethode herauszufiltern. Da im betrachteten Fallbeispiel<br />

die Unterschiede der Techniken im wesentlichen auf die Staubminderungstechnik zurückzuführen sind, wäre<br />

ein Vergleich der erreichten Einzelwirkungsgrade der Staubabscheidetechniken für die betrachteten Stoffe<br />

grundsätzlich möglich. Alternativ könnte die stoffliche Zusammensetzung sämtlicher Input- und Outputströme<br />

explizit berücksichtigt werden.


68 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Tabelle 5-1: Vorliegende Daten für drei Sinteranlagen mit Elektroabscheider<br />

Technik 1 Technik 2 Technik 3 Einheit pro<br />

m³ Abgas<br />

Gesamtstaub 38,05 47,00 48,00 mg/m³<br />

CO 8.381 9.000 mg/m³<br />

SO 2 396 mg/m³<br />

NO x 265 214 mg/m³<br />

NMVOC 18,3 77 mg/m³<br />

Chloridionen als HCl<br />

mg/m³<br />

Fluoridionen als HF<br />

mg/m³<br />

PCDD/PCDF 1,13 2,311 2,56 ng/m³<br />

As 4,7 µg/m³<br />

Cd 12,90 105,00 126,00 µg/m³<br />

Cr 2,7 28,0 179,5 µg/m³<br />

Cu 105,3 182,0 328,0 µg/m³<br />

Hg 6,0 19,5 53,0 µg/m³<br />

Mn 65,6 877,0 306,0 µg/m³<br />

Ni 1,3 23,0 145,5 µg/m³<br />

Pb 518,9 620,0 384,0 µg/m³<br />

Sn 1,50 114,50 µg/m³<br />

Tl 19,50 µg/m³<br />

Zn 2723 µg/m³<br />

Zudem sind bekannt: Sinterjahresproduktion [t Sinter/a], Produktionsstunden [h/a], Abgasvolumenstrom<br />

[Nm³/h] (vgl. Anhang D)<br />

Die vorliegenden Daten, die zur Beschreibung der Techniken zur Verfügung stehen, stammen<br />

aus einem Meßprogramm zur Messung von Dioxinen und Schwermetallen. Daher liegen Daten<br />

zum Bereich PCDD/PCDF und Schwermetalle in detaillierter Form vor, während andere<br />

Schadstoffe nicht berücksichtigt werden. Die weiteren Daten, die nicht Bestandteil der Untersuchung<br />

waren, liegen in den vorliegenden Meßberichten i.d.R. nur unvollständig vor und sind<br />

mit Literaturwerten oder eigenen Abschätzungen ergänzt worden. In der graphischen Darstellung<br />

in Bild 5-2 sind die einzelnen Daten auf den jeweiligen Mittelwert aller drei Anlagen bezogen,<br />

um so die Streuung der Daten aufzuzeigen.


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 69<br />

3,00<br />

2,50<br />

2,00<br />

1,50<br />

Technik 1<br />

Technik 2<br />

Technik 3<br />

1,00<br />

0,50<br />

0,00<br />

Gesamtstaub<br />

CO<br />

SO2<br />

NOx<br />

NMVOC<br />

Chloridionen als HCl<br />

Fluoridionen als HF<br />

PCDD/PCDF<br />

As<br />

Cd<br />

Cr<br />

Cu<br />

Hg<br />

Mn<br />

Ni<br />

Pb<br />

Sn<br />

Tl<br />

Zn<br />

Bild 5-2: Graphische Darstellung der Daten zur Sinterherstellung bezogen auf den Mittelwert<br />

Es ist ersichtlich, daß die Werte für Gesamtstaub, CO, NO x sowie PCDD/PCDF in der gleichen<br />

Größenordnung vorliegen und sich nicht stark unterscheiden. Sehr unterschiedlich in ihren<br />

Werten sind hingegen die Daten für die einzelnen Schwermetalle; wie aus Tabelle 5-1 erkennbar<br />

ist, unterscheiden sie sich teilweise um bis zu zwei Zehnerpotenzen. Da alle untersuchten<br />

Anlagen die gleiche Technik (Elektroabscheider) einsetzen, zeigt sich hierbei der Einfluß einer<br />

unterschiedlichen Betriebspraxis, beispielsweise Unterschiede in Art und Zusammensetzung der<br />

Einsatzstoffe durch verstärktes Recycling von problemstoffhaltigen Hüttenwerkskreislaufstoffen,<br />

besonders deutlich. Bei der Interpretation der Ergebnisse aus der Anwendung der medienübergreifenden<br />

Bewertungsmethode muß dieser Sachverhalt angemessen berücksichtigt werden.<br />

Weiter ist aus den Darstellungen erkennbar, daß mehrere Lücken im Datensatz vorhanden sind.<br />

Im Fallbeispiel wird für die Demonstration der medienübergreifenden Bewertungsmethode<br />

trotz fehlender Einzeldaten eine vereinfachende Vorgehensweise zur Ergänzung des Datensatzes<br />

gewählt. Dabei werden die Datenlücken mit Mittelwerten aus sämtlichen betrachteten Anlagen<br />

geschlossen. Es wird dabei darauf geachtet, daß die Werte für die deutschen Anlagen<br />

mindestens die Grenzwerte der TA Luft einhalten. Die vervollständigten Datensätze und der<br />

daraus gemittelte Datensatz, der zur Beschreibung der Technik A verwendet wird, ist in<br />

Tabelle 5-2 aufgeführt (vgl. Anhang D für Technik B, C und D).


70 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Tabelle 5-2: Aufbereitete Daten für drei Techniken zur Sinterherstellung mit Elektroabscheider<br />

als Staubabscheidetechnik und deren Zusammenfassung als „Technik A“<br />

Technik 1 Technik 2 Technik 3 Technik A Einheit pro m³ Abgas<br />

Gesamtstaub 38,05 47,00 48,00 44,35 mg/m³<br />

CO 8381,00 9000,00 12630,96 10.003,99 mg/m³<br />

SO 2 396,00 525,26 525,26 482,17 mg/m³<br />

NO x 264,67 214,00 233,84 237,50 mg/m³<br />

NMVOC 18,30 77,00 54,50 49,93 mg/m³<br />

Chloridionen als HCl 21,00 21,00 21,00 21,00 mg/m³<br />

Fluoridionen als HF 2,04 2,04 2,04 2,04 mg/m³<br />

PCDD/PCDF 1,13 2,31 2,56 2,00 ng/m³<br />

As 4,70 6,35 6,35 5,80 µg/m³<br />

Cd 12,90 105,00 126,00 81,30 µg/m³<br />

Cr 2,70 28,00 179,50 70,07 µg/m³<br />

Cu 105,30 182,00 328,00 205,10 µg/m³<br />

Hg 6,00 19,50 53,00 26,17 µg/m³<br />

Mn 65,60 877,00 306,00 416,20 µg/m³<br />

Ni 1,30 23,00 145,50 56,60 µg/m³<br />

Pb 518,90 620,00 384,00 507,63 µg/m³<br />

Sn 43,71 1,50 114,50 53,24 µg/m³<br />

Tl 19,50 7,21 7,21 11,30 µg/m³<br />

Zn 729,75 2723,00 729,75 1.394,17 µg/m³<br />

Es ist zu erwarten, daß in der Bewertung Technik D (AIRFINE ® -Technik) bei den luftseitigen<br />

Emissionen sehr gut abschneiden wird, da die Technik für die spezielle Problematik von Agglomerationsanlagen,<br />

also auch Sinteranlagen, entwickelt wurde. Sie erreicht eine sehr gute<br />

Staubabscheidung, insbesondere auch des Feinstaubes. Auf der anderen Seite geht die hohe<br />

Abscheideleistung mit Emissionen ins Wasser sowie einem im Vergleich zu den anderen untersuchten<br />

Techniken hohen Energieverbrauch für Pumpen und Zerstäuber einher. Für die BVT-<br />

Bestimmung wird ausschlaggebend sein, wie hoch die Emissionen in das Wasser und der höhere<br />

Energieverbrauch gegenüber der guten Abscheideleistung gewichtet werden. Technik B<br />

(Elektroabscheider mit nachgeschaltetem Gewebefilter sowie Zusatz verschiedener Additive)<br />

müßte ebenfalls gut abschneiden, da die Kombination eines Elektroabscheiders mit einem Gewebefilter<br />

insbesondere unter Zugabe von Kalkhydrat und Aktivkohle als Additiv zur<br />

PCDD/PCDF-Minderung zu einem sehr hohen Abscheidegrad, insbesondere für Staub und<br />

PCDD/PCDF, führt. Es ist allerdings zu beachten, daß der für die Bewertung verwendete Datensatz<br />

aus Messungen ohne Additivzugabe stammt und damit nicht die volle Emissionsminderungsleistung<br />

dieser Anlage erzielt wurde. Einige Werte (PCDD/PCDF, Staub, NMVOC) sind<br />

daher mit Hilfe von Betreiberangaben für die heutige Situation abgeschätzt. Dagegen müßten<br />

Technik A (Elektroabscheider) und insbesondere Technik C (Zyklon) insgesamt schlechter<br />

abschneiden, wie der Technikbeschreibung (vgl. Abschnitt 5.1.1.4) zu entnehmen ist. Ein Beleg<br />

für die erwarteten relativ schlechten Ergebnisse der Technik C (mit Betriebsdaten aus dem<br />

Jahre 1989) ist die Tatsache, daß die betroffene Sinteranlage mittlerweile mit neuer Technik<br />

(modifizierter Elektroabscheider) nachgerüstet worden ist. Die aus technischer Sicht erwartete<br />

Rangfolge sieht somit folgendermaßen aus:


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 71<br />

B,D à A à C.<br />

Die Plausibilität dieses Ergebnisses ist durch Anwendung der medienübergreifenden Bewertungsmethodik<br />

zu überprüfen und im Expertenkreis zu diskutieren.<br />

5.1.2.1 First Screening<br />

Das First Screening als erster Schritt der medienübergreifenden Bewertungsmethode dient der<br />

Eingrenzung des Untersuchungsaufwandes. Es wird dabei in einer ersten einfachen Betrachtung<br />

untersucht, ob jede der zu vergleichenden Techniken einer vollständigen Bewertung unterzogen<br />

werden muß. Der Bewertungsaufwand läßt sich erheblich eingrenzen, wenn schon<br />

frühzeitig entschieden werden kann, ob eine Technik eindeutig BVT ist oder nicht. Das Ablaufschema<br />

(vgl. Bild 4-2 in Abschnitt 4.2.1) verdeutlicht die Anwendung und Abfolge der einzelnen<br />

Schritte des First Screenings.<br />

Zunächst wird überprüft, ob durch den Einsatz der zu bewertenden Techniken die EU-weit<br />

gültigen Emissionsgrenzwerte sowie sonstige im Expertenkreis festzulegende Ausschlußkriterien<br />

eingehalten werden können. Techniken, die dazu nicht in der Lage sind, werden als<br />

"Nicht-BVT" von einer weiteren Bewertung ausgeschlossen, um so den Bewertungsaufwand<br />

zu reduzieren. Ohne im Detail auf die Betrachtung der Emissionsgrenzwerte einzugehen, wird<br />

im betrachteten Fallbeispiel davon ausgegangen, daß mit den vier zu bewertenden Techniken<br />

die derzeit geltenden EU-weiten Emissionsgrenzwerte eingehalten werden und keine Technik<br />

als "Nicht-BVT" identifiziert wird.<br />

Im nächsten Schritt des First Screenings erfolgt das Erstellen eines Mengengerüstes, d.h. einer<br />

vereinfachten Stoff- und Energiebilanz, die einen ersten Überblick über die Inputs und Outputs<br />

der zu vergleichenden Techniken gibt. Anhand des Mengengerüsts wird für jede Technik überprüft,<br />

ob sie sofort eindeutig, d.h. ohne weitere Untersuchung, als BVT identifiziert werden<br />

kann ("Sofort-BVT"). Die Entscheidung über eine sofortige Bestimmung einer Technik als<br />

BVT (und damit Ausschluß von der weiteren Bewertung) wird durch die Experten getroffen.<br />

Für die Erstellung eines Mengengerüsts müssen zunächst die Systemgrenzen (Zentralmodul,<br />

vgl. Abschnitt 4.2.1) der Techniken definiert werden. Das Zentralmodul muß dabei alle Aggregate<br />

umfassen, die für die Bewertung einer Anlage relevant sind. Im betrachteten Fallbeispiel<br />

umschließt es die Sinteranlage einschließlich der Einrichtung zur Entstaubung (vgl.Bild 5-1).<br />

Weiter ist bei der Festlegung der Systemgrenzen darauf zu achten, daß das Zentralmodul für<br />

alle zu vergleichenden Techniken die gleichen technischen Funktionen umfaßt. Das betrachtete<br />

Fallbeispiel ist in dieser Hinsicht unproblematisch, da sich die Anlagen in ihrem Aufbau kaum<br />

unterscheiden.<br />

Die tabellarische Darstellung des Mengengerüsts mittels vorgegebenem Datenformat (vgl. Tabelle<br />

4-2 in Abschnitt 4.2.1) beinhaltet alle ein- und ausgehenden Stoff- und Energieströme,<br />

insbesondere die Einsatzstoffe und Produkte, den Energieeinsatz, die Emissionen in Luft und


72 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Wasser, die festen Abfälle sowie die Abwärme. Bei der Erstellung des in Tabelle 5-3 dargestellten<br />

Mengengerüsts für das Fallbeispiel Sinterherstellung ist zu beachten, daß die jeweiligen<br />

Werte auf die gleiche Bezugsgröße, in diesem Fall auf eine Tonne produzierten Sinter (bzw.<br />

auf 1000 m³ Abgas bei der Entstaubung), bezogen werden.<br />

Das Mengengerüst enthält die Einsatzstoffe und die für den Sinterprozeß benötigte Energie.<br />

Bei den Einsatzstoffen handelt es sich um eisenhaltige Erze sowie Zuschläge. Das Rückgut<br />

wird im Mengengerüst nicht berücksichtigt, da es im Kreislauf geführt wird und die für die<br />

Bewertung gesetzten Systemgrenzen nicht überschreitet. Die eingesetzte Energie setzt sich<br />

zum einen aus den fossilen Energieträgern (v.a. Koksgrus und Zündgas) zusammen, zum andern<br />

aus dem Strom für die Sinteranlage (Antrieb von Sinterband, Rolliertrommel, etc.) und<br />

die Entstaubungseinrichtungen. Der Energieeinsatz für die Entstaubungstechniken wird für die<br />

verschiedenen Techniken aufgrund der in Abschnitt 5.1.1.4 angegebenen Daten abgeschätzt.<br />

Der Stromverbrauch für die Staubabscheidung fällt im Vergleich zum Stromeinsatz für die<br />

Sinteranlage nicht stark ins Gewicht.<br />

Zu den wichtigsten im Mengengerüst aufgeführten luftseitigen Emissionen gehören Staub, SO 2 ,<br />

CO sowie in geringerem Umfang NO x (vgl. Abschnitt 5.1.1.3). Weiterhin werden in kleineren<br />

Mengen HCl, HF, Schwermetalle, PCDD/PCDF emittiert. Bei den Emissionen ins Wasser handelt<br />

es sich vor allem um Schwermetalle. Zusätzlich sind die gängigen Summenparameter für<br />

die Wasserqualität wie Stickstoffgehalt, Gehalt an organischen Kohlenwasserstoffen (TOC)<br />

und der chemische Sauerstoffbedarf (CSB) aufgeführt. An festen Abfällen fällt der Filterkuchen<br />

aus der Naßabscheidung (Technik D) an. Die bei der Sinterherstellung entstehende Abwärme<br />

ist nicht im Einzelfall bekannt und wird anhand von Literaturdaten abgeschätzt.


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 73<br />

Tabelle 5-3: Mengengerüst für vier Techniken zur Sinterherstellung<br />

Nr. Input und<br />

Output<br />

Stoff/Energie Technik A Technik B Technik C Technik D Einheit pro t<br />

Sinter<br />

1 Einsatzstoffe Erze 875 866 k.A. 1065 kg<br />

Zuschläge 159 153 k.A. 191 kg<br />

2 Energieeinsatz feste Brennstoffe 51 46 51 47 kg<br />

gasförmige Brennstoffe 4,9 5,1 3,3 5,4 m³<br />

Strom Sinteranlage 38 40 33 29 kWh<br />

Strom Entstaubung 0,60 1,66 0,86 3,5 kWh/1000 m³ Abgas<br />

3 Haupt- und Sinter 1 1 1 1 t<br />

Nebenprodukte<br />

4.1 Abgas Volumen 1.725 1.841 2.160 2.228 Nm³<br />

4.2 luftseitige Staub 7,65*10 -2 9,21*10 -3 6,48*10 -1 1,1*10 -1 kg<br />

Emissionen CO 17,3 31,3 23,8 39,6 kg<br />

SO 2 8,32*10 -1 1,31 1,35 8,20*10 -1 kg<br />

NO x 4,10*10 -1 5,27*10 -1 4,86*10 -1 4,00*10 -1 kg<br />

NMVOC 8,61*10 -2 4,60*10 -2 3,05*10 -1 2,50*10 -2 kg<br />

Chloridionen als HCl 3,62*10 -2 2,86*10 -2 4,54*10 -2 5,90*10 -2 kg<br />

Fluoridionen als HF 3,52*10 -3 4,60*10 -4 1,14*10 -2 1,29*10 -3 kg<br />

PCDD/PCDF 3,45*10 -9 1,84*10 -9 6,48*10 -9 4,46*10 -10 kg 28<br />

As 1,00*10 -5 3,68*10 -7 4,32*10 -5 1,10*10 -6 kg<br />

Cd 1,40*10 -4 5,71*10 -7 1,30*10 -4 6,69*10 -6 kg<br />

Cr 1,21*10 -4 4,42*10 -6 4,32*10 -5 4,46*10 -6 kg<br />

Cu 3,54*10 -4 1,84*10 -6 1,30*10 -4 3,79*10 -5 kg<br />

Hg 4,51*10 -5 1,49*10 -5 4,32*10 -5 2,23*10 -5 kg<br />

Mn 7,18*10 -4 2,03*10 -6 5,44*10 -4 2,01*10 -5 kg<br />

Ni 9,76*10 -5 4,60*10 -6 7,46*10 -5 1,10*10 -6 kg<br />

Pb 8,75*10 -3 8,47*10 -6 9,91*10 -3 9,58*10 -5 kg<br />

Sn 9,18*10 -5 7,00*10 -7 9,44*10 -5 1,30*10 -4 kg<br />

Tl 1,95*10 -5 2,21*10 -7 1,56*10 -5 4,46*10 -6 kg<br />

Zn 2,40*10 -3 4,60*10 -5 3,67*10 -4 2,23*10 -6 kg<br />

5.1 Abwasser Volumen 0 0 0 0,064 m³<br />

5.2 wasserseitige Chlorid 0 0 0 3,06*10 -4 kg<br />

Emissionen SO 4 0 0 0 1,55*10 -4 kg<br />

feste Schwebstoffe 0 0 0 5,11*10 -7 kg<br />

Fe 0 0 0 1,45*10 -8 kg<br />

Cr 0 0 0 5,69*10 -10 kg<br />

Cu 0 0 0 3,97*10 -9 kg<br />

Zn 0 0 0 1,64*10 -9 kg<br />

Ni 0 0 0 3,08*10 -9 kg<br />

Cd 0 0 0 1,28*10 -10 kg<br />

Al 0 0 0 1,80*10 -8 kg<br />

As 0 0 0 5,61*10 -11 kg<br />

Pb 0 0 0 4,00*10 -10 kg<br />

Hg 0 0 0 8,81*10 -11 kg<br />

CN-volatile 0 0 0 1,28*10 -9 kg<br />

Fluorid (F) 0 0 0 4,26*10 -7 kg<br />

Sulfid (S) 0 0 0 3,84*10 -9 kg<br />

NH 4-N 0 0 0 7,13*10 -6 kg<br />

NO 3-N 0 0 0 1,10*10 -6 kg<br />

NO 2-N 0 0 0 4,12*10 -8 kg<br />

TOC 0 0 0 1,07*10 -6 kg<br />

CSB 0 0 0 8,12*10 -6 kg<br />

6 Abfall Filterkuchen, trocken 0 0 0 0,15 kg<br />

7 Abwärme Div. Anfallstellen 1.300 29 MJ<br />

28 Mengenangabe in kg Toxizitätsäquivalenten (TEQ)<br />

29 Abgeschätzt anhand von Literaturdaten.


74 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Um die Daten des Mengengerüsts übersichtlich darzustellen, erfolgt in Bild 5-3 eine graphische<br />

Aufbereitung der Daten. Die Daten werden dabei auf den Mittelwert aller Techniken bezogen,<br />

wobei auf eine Darstellung der nur bei Technik D auftretenden wasserseitigen Parameter verzichtet<br />

wird.<br />

4,00<br />

3,50<br />

3,00<br />

2,50<br />

2,00<br />

1,50<br />

Technik A<br />

Technik B<br />

Technik C<br />

Technik D<br />

1,00<br />

0,50<br />

0,00<br />

Staub<br />

CO<br />

SO2<br />

NOx<br />

NMVOC<br />

Chloride als HCl<br />

Fluoride als HF<br />

PCDD/PCDF<br />

As<br />

Cd<br />

Cr<br />

Cu<br />

Hg<br />

Mn<br />

Ni<br />

Pb<br />

Sn<br />

Tl<br />

Zn<br />

Bild 5-3: Graphische Darstellung des Mengengerüsts; Einzeldaten bezogen auf den Mittelwert<br />

gebildet über alle untersuchten Techniken<br />

Für die Staubemissionen läßt sich aus dem Mengengerüst entnehmen, daß Technik A, Technik<br />

D und insbesondere Technik B niedrige Staubemissionen erreichen, während Technik C erwartungsgemäß<br />

die höchsten Staubemissionen aufweist. Große Unterschiede treten bei den<br />

untersuchten Techniken in der Emission von Schwermetallen auf. Obwohl an dieser Stelle für<br />

eine korrekte Interpretation dieses Sachverhalts die Zusammensetzung der Einsatzstoffe berücksichtigt<br />

werden müßte 30 , ist deutlich erkennbar, daß Technik B und D i.d.R. niedrigere<br />

Emissionswerte aufweisen. Das bestätigt die vom technischen Standpunkt her getroffene Einschätzung,<br />

die die Konzeption sowohl von Technik B (Reihenschaltung von Elektroabscheider<br />

und Gewebefilter mit Additiveinblasung) als auch Technik D (AIRFINE ® -Verfahren) für die<br />

spezielle Problematik von Sinteranlagen berücksichtigt. Die Tatsache, daß Technik B für die<br />

meisten Schwermetalle niedrigere Emissionswerte als Technik D aufweist, kann möglicherweise<br />

auf einen unterschiedlichen Problemstoffgehalt in den Einsatzstoffen zurückgeführt werden.<br />

Technik A (Elektroabscheider) und Technik C (Zyklon) weisen schlechtere Emissionswerte<br />

auf, da sie feine Partikel mit teilweise hohem Schwermetallgehalt nicht genügend abscheiden.<br />

30 Aus Bild 5-2 ist ersichtlich, wie stark sich die Emissionswerte von Schwermetallen beim Einsatz der gleichen<br />

Technik unterscheiden können.


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 75<br />

Die PCDD/PCDF-Emissionen verhalten sich ähnlich, wenn auch nicht in so einem ausgeprägten<br />

Ausmaß wie die Schwermetalle. Technik D schneidet in diesem Fall besser ab als Technik<br />

B. Da die Zusammensetzung der Einsatzstoffe nicht bekannt ist und diese einen großen Einfluß<br />

auf die Dioxin- und Furanbildung haben, muß dieses Ergebnis vorsichtig interpretiert werden.<br />

Technik D weist als einzige Emissionen ins Wasser auf, wobei der Abwasserstrom sehr klein<br />

ist.<br />

Die Darstellung und Analyse des Mengengerüsts zeigen, daß eine eindeutige Rangfolgenbildung<br />

der Techniken und damit eine BVT-Bestimmung an dieser Stelle noch nicht möglich ist.<br />

Daher ist eine weitere Aufbereitung der Daten im nächsten Schritt der Bewertungsmethodik,<br />

der Erstellung von Stoff- und Energiebilanzen, notwendig.<br />

5.1.2.2 Stoff- und Energiebilanz<br />

In der Stoff- und Energiebilanz wird der relevante Input und Output der untersuchten Techniken<br />

aufgeführt. Dafür müssen zunächst die Bilanzierungsvoraussetzungen festgelegt werden.<br />

Dabei wird als erstes untersucht, ob die im First Screening gewählten Systemgrenzen den Bilanzierungsanforderungen<br />

entsprechen. Eine Erweiterung des Zentralmoduls um vor- oder<br />

nachgeschaltete Prozesse kann notwendig sein, wenn etwa Techniken mit stark unterschiedlichem<br />

Rohstoff- oder Energieeinsatz oder stark unterschiedlichem Abfallaufkommen miteinander<br />

verglichen werden (vgl. Abschnitt 4.2.2.1). Im vorliegenden Abschnitt werden die zu bewertenden<br />

Techniken ohne Erweiterung der Systemgrenzen bezüglich des Einsatzes von Endenergie<br />

(Strom, Koksgrus) betrachtet. Die in der Sinteranlage eingesetzte Energie (feste und<br />

gasförmige Brennstoffe, Strom Sinteranlage/Entstaubung) wird lediglich in ihren Primärenergiegehalt<br />

umgerechnet, damit die verschiedenen vorkommenden Energieformen untereinander<br />

vergleichbar sind (Zum Vergleich erfolgt in Abschnitt 5.1.2.4 die Berücksichtigung der Energie<br />

in Form der durch die Energieerzeugung verursachten Rohstoffverbräuche und Schadstoffemissionen).<br />

Im nächsten Schritt wird untersucht, ob eine Einschränkung der Untersuchung durch das Abschneiden<br />

gleicher Systembereiche oder gleicher Stoff- und Energieströme erfolgen kann.<br />

Ebenso muß entschieden werden, ob Input- und Outputströme von mengenmäßig oder ökologisch<br />

geringer Relevanz vorliegen, die für eine Entscheidung nicht ausschlaggebend sind und<br />

daher schon an dieser Stelle abgeschnitten werden können. Ein Abschneiden gleicher Teilbereiche<br />

oder gleicher Stoffströme ist allerdings erst dann zulässig, wenn die Auswirkung auf die<br />

Gesamtentscheidung abschätzbar ist. Dies wäre bei einer wiederholten Bewertung von Techniken<br />

der Fall, wenn die Ergebnisse einer Bewertung des vollständigen Systems aus früheren<br />

Studien vorliegen.<br />

Im vorliegenden Fall werden nahezu alle bereits im Mengengerüst aufgeführten Positionen<br />

auch in die Stoff- und Energiebilanz übernommen. Gegenüber dem Mengengerüst ergeben sich<br />

im wesentlichen drei Unterschiede, die im folgenden diskutiert und interpretiert werden. Für


76 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

die weiteren Unterschiede der Techniken sei auf die bereits im First Screening diskutierten<br />

Punkte verwiesen.<br />

Zum einen werden die Einsatzstoffe, d.h. das Eisenerz und die Zuschläge, nicht in der Stoffund<br />

Energiebilanz mitberücksichtigt, da davon ausgegangen wird, daß sie nur wenig zum Ergebnis<br />

der Bewertung beitragen. Eisenerz, Kalkstein, Branntkalk etc. zählen in diesem Fallbeispiel<br />

nicht zu den knappen Umweltgütern wie etwa die fossilen Brennstoffe. Der zweite Unterschied<br />

gegenüber dem Mengengerüst ist die Aggregation der fossilen Brennstoffe und der verschiedenen<br />

Stromverbräuche zu je einem Gesamtwert. Die jeweiligen Energieträger werden<br />

dabei auf ihren Primärenergiegehalt umgerechnet 31 . Die beiden Positionen werden getrennt<br />

aufgeführt, da der Einsatz von fossilen Rohstoffen und der Einsatz von umgewandelter Energie<br />

bezüglich ihrer Umweltrelevanz in der Entscheidungsunterstützung unterschiedlich gewichtet<br />

werden. Der dritte Unterschied der Stoff- und Energiebilanz zum Mengengerüst ist das Abschneiden<br />

der Position Abwärme. Den der Bewertung zugrunde gelegten Meßberichten konnten<br />

nicht genügend Angaben über die Menge und die eventuelle Nutzung der Abwärme in den<br />

verschiedenen Anlagen entnommen werden. Der Wert für die Abwärme wurde daher aus Literaturdaten<br />

abgeschätzt und ist somit nur als Richtwert anzusehen, der nicht für eine Bewertung<br />

geeignet ist.<br />

In Tabelle 5-4 sind für die vier zu bewertenden Techniken zur Sinterherstellung die zugrundegelegten<br />

Stoff- und Energiebilanzen aufgeführt.<br />

31 Es wird näherungsweise davon ausgegangen, daß Koksgrus einen Energieinhalt von 30 MJ/kg, Erdgas von<br />

35 MJ/Nm³ und Koksgas ungefähr den halben Energieinhalt von Erdgas hat. Der Primärenergiegehalt von<br />

Strom wird mit 10,2 MJ/kWh angenommen.


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 77<br />

Tabelle 5-4: Stoff- und Energiebilanz für vier Techniken zur Sinterherstellung<br />

Input und Output Stoff/Energie Technik A Technik B Technik C Technik D Einheit pro t<br />

Sinter<br />

Energie fossile Brennstoffe 1700 1560 1650 1600 MJ PE 1)<br />

Strom 395 425 345 410 MJ PE 1)<br />

Stoffe im Abgas Staub 7,65*10 -2 9,21*10 -3 6,48*10 -1 1,10*10 -1 kg<br />

CO 17,25 31,30 23,76 39,60 kg<br />

SO 2 8,32*10 -1 1,311 1,350 8,20*10 -1 kg<br />

NO x 4,10*10 -1 5,27*10 -1 4,86*10 -1 4,00*10 -1 kg<br />

NMVOC 8,61*10 -2 4,60*10 -2 3,05*10 -1 2,50*10 -2 kg<br />

Chloridionen als HCl 3,62*10 -2 2,86*10 -2 4,54*10 -2 5,90*10 -2 kg<br />

Fluoridionen als HF 3,52*10 -3 4,60*10 -4 1,14*10 -2 1,29*10 -3 kg<br />

PCDD/PCDF 3,45*10 -9 1,84*10 -9 6,48*10 -9 4,46*10 -10 kg<br />

As 1,00*10 -5 3,68*10 -7 4,32*10 -5 1,10*10 -6 kg<br />

Cd 1,40*10 -4 5,71*10 -7 1,30*10 -4 6,69*10 -6 kg<br />

Cr 1,21*10 -4 4,42*10 -6 4,32*10 -5 4,46*10 -6 kg<br />

Cu 3,54*10 -4 1,84*10 -6 1,30*10 -4 3,79*10 -5 kg<br />

Hg 4,51*10 -5 1,49*10 -5 4,32*10 -5 2,23*10 -5 kg<br />

Mn 7,18*10 -4 2,03*10 -6 5,44*10 -4 2,01*10 -5 kg<br />

Ni 9,76*10 -5 4,60*10 -6 7,46*10 -5 1,10*10 -6 kg<br />

Pb 8,75*10 -4 8,47*10 -6 9,91*10 -3 9,58*10 -5 kg<br />

Sn 9,18*10 -5 7,00*10 -7 9,44*10 -5 1,30*10 -4 kg<br />

Tl 1,95*10 -5 2,21*10 -7 1,56*10 -5 4,46*10 -6 kg<br />

Zn 2,40*10 -3 4,60*10 -5 3,67*10 -4 2,23*10 -6 kg<br />

Stoffe im Chlorid 0 0 0 3,06*10 -4 kg<br />

Abwasser SO 4 0 0 0 1,55*10 -4 kg<br />

feste Schwebstoffe 0 0 0 5,11*10 -7 kg<br />

Fe 0 0 0 1,45*10 -8 kg<br />

Cr 0 0 0 5,69*10 -10 kg<br />

Cu 0 0 0 3,97*10 -9 kg<br />

Zn 0 0 0 1,64*10 -9 kg<br />

Ni 0 0 0 3,08*10 -9 kg<br />

Cd 0 0 0 1,28*10 -10 kg<br />

Al 0 0 0 1,80*10 -8 kg<br />

As 0 0 0 5,61*10 -11 kg<br />

Pb 0 0 0 4,00*10 -10 kg<br />

Hg 0 0 0 8,81*10 -11 kg<br />

CN-volatile 0 0 0 1,28*10 -9 kg<br />

Fluorid (F) 0 0 0 4,26*10 -7 kg<br />

Sulfid (S) 0 0 0 3,84*10 -9 kg<br />

NH 4 -N 0 0 0 7,13*10 -6 kg<br />

NO 3 -N 0 0 0 1,10*10 -6 kg<br />

NO 2 -N 0 0 0 4,12*10 -8 kg<br />

TOC 0 0 0 1,07*10 -6 kg<br />

CSB 0 0 0 8,12*10 -6 kg<br />

gefährliche<br />

Abfälle<br />

Filterkuchen, trocken 0 0 0 0,15 kg<br />

1) Megajoule Primärenergie<br />

Der wesentliche Unterschied der Aufbereitung der Daten in der Stoff- und Energiebilanz gegenüber<br />

dem Mengengerüst ist, daß die verschiedenen eingesetzten Energieformen nun miteinander<br />

vergleichbar sind. Die Stoff- und Energiebilanz zeigt, daß sich die aus den fossilen<br />

Brennstoffen gewonnene Energie bei den untersuchten Techniken nur wenig unterscheidet.


78 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Aus Tabelle 5-5 ist zu erkennen, daß der weitaus größte Anteil dieser Energie aus dem eingesetzten<br />

Koksgrus stammt. Der Beitrag des Zündgases ist gering (ca. 10 %). Weiter ist erkennbar,<br />

daß bei allen Techniken mit Ausnahme von Technik D (energieintensives Naßentstaubungsverfahren)<br />

der Aufwand an elektrischer Energie für die Entstaubung im Verhältnis zu der<br />

für die Sinteranlage eingesetzten Energie vernachlässigbar gering ist 32 . Insgesamt liegt Technik<br />

D bezüglich des Gesamtstromverbrauchs an dritter Stelle, da sie einen im Vergleich zu den<br />

anderen Techniken günstigen Stromeinsatz für die Sinteranlage aufweist.<br />

Tabelle 5-5: Aufteilen der eingesetzten Energiearten 33<br />

Koksgrus<br />

gasförmige<br />

Brennstoffe<br />

fossile<br />

Brennstoffe<br />

gesamt<br />

Strom<br />

Sinteranlage<br />

Strom<br />

Entstaubung<br />

Strom,<br />

gesamt<br />

Einheit<br />

Technik A 1530 172 1702 388 6 394 MJ<br />

Technik B 1380 179 1559 408 17 425 MJ<br />

Technik C 1530 116 1646 337 9 345 MJ<br />

Technik D 1410 189 1599 296 111 407 MJ<br />

In Tabelle 5-4 ist deutlich zu erkennen, daß eine abschließende Entscheidung zur BVT-<br />

Bestimmung noch nicht möglich ist, da eine eindeutige Rangfolge der zu untersuchenden<br />

Techniken an dieser Stelle nicht ableitbar ist. Daher werden im nächsten Schritt der medienübergreifenden<br />

Bewertungsmethode die einzelnen Emissionen und Verbräuche in einer Wirkungsabschätzung<br />

gemäß ihren potentiellen Umweltwirkungen bewertet und aggregiert.<br />

5.1.2.3 Wirkungsabschätzung<br />

In der Wirkungsabschätzung werden die Daten aus der Stoff- und Energiebilanz entsprechend<br />

ihren potentiellen Umweltwirkungen bewertet und, wo möglich, aggregiert (vgl. Abschnitt<br />

4.2.3). Dadurch reduziert sich die Anzahl der Daten, die für eine Bewertung berücksichtigt<br />

werden müssen; gleichzeitig wird der unterschiedliche Beitrag eines Schadstoffes zu einer<br />

Umweltwirkung bewertet. Die Daten aus der Stoff- und Energiebilanz werden hierfür den jeweiligen<br />

Wirkungskategorien zugeordnet. Ihr jeweiliger Beitrag zu einer Wirkungskategorie<br />

wird durch Multiplikation mit einem Wirkungsabschätzungsfaktor (Anhang A1-A10) berücksichtigt.<br />

In Tabelle 5-6 ist beispielhaft für Technik D die Wirkungsabschätzung durchgeführt<br />

worden (Die Berechnungen für die Techniken A, B und C befinden sich im Anhang E1).<br />

32 Das Fallbeispiel eignet sich nicht zur alleinigen Bewertung von einzelnen Staubabscheidetechniken, da der<br />

Energiebedarf, der für die Staubminderung aufgebracht werden muß, geringer als die Schwankungsbreite des<br />

Strombedarfs für die Sinteranlage ist.<br />

33 Die Werte wurden für die Stoff- und Energiebilanz gerundet.


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 79<br />

Tabelle 5-6: Wirkungsabschätzung für Technik D zur Sinterherstellung<br />

Einheit<br />

Einheit<br />

pro<br />

t Sinter<br />

Stoff/Energie Wirkungskategorie<br />

Wirkungsabschätzungsfaktor<br />

Emissionsmenge<br />

Wirkungspotential<br />

Einheit pro t<br />

Sinter<br />

Luft Staub HT 2,50*10 7 m³ Luft/kg 1,10*10 -1 kg 2,75*10 6 m³ Luft<br />

ETA 2,50*10 7 m³ Luft/kg kg 2,75*10 6 m³ Luft<br />

CO HT 1,00*10 5 m³ Luft/kg 39,6 kg 3,96*10 6 m³ Luft<br />

SO 2 AP 1 kg SO 2 -Äqu. 8,20*10 -1 kg 8,20*10 -1 kg SO 2 -Äqu.<br />

HT 2,50*10 7 m³ Luft/kg kg 2,05*10 7 m³ Luft<br />

ETA 2,50*10 7 m³ Luft/kg kg 2,05*10 7 m³ Luft<br />

NO x AP 0,7 kg SO 2 -Äqu. 4,00*10 -1 kg 2,80*10 -1 kg SO 2 -Äqu.<br />

NP 0,13 kg PO 3- 4 -<br />

kg 5,20*10 -2 kg PO 3- 4 -Äqu<br />

Äqu/kg<br />

HT 2,00*10 7 m³ Luft/kg kg 8,00*10 6 m³ Luft<br />

ETA 2,00*10 7 m³ Luft/kg kg 8,00*10 6 m³ Luft<br />

NMVOC POCP 0,416 kg Ethen-<br />

Äqu./kg<br />

2,50*10 -2 kg 1,04*10 -2 kg Ethen-<br />

Äqu.<br />

Chloride als AP 0,88 kg SO 2 -Äqu. 5,90*10 -2 kg 5,19*10 -2 kg SO 2 -Äqu.<br />

HCl<br />

Fluoride als AP 1,6 kg SO 2 -Äqu. 1,29*10 -3 kg 2,06*10 -3 kg SO 2 -Äqu.<br />

HF<br />

PCDD/PCDF ME 0,7 4,46*10 -10 kg 3,12*10 -10 kg<br />

As ME 0,5 1,10*10 -6 kg 5,50*10 -7 kg<br />

Cd HT 1,00*10 12 m³ Luft/kg 6,69*10 -6 kg 6,69*10 6 m³ Luft<br />

ME 0,7 kg 4,68*10 -6 kg<br />

Cr ME 0,5 4,46*10 -6 kg 2,23*10 -6 kg<br />

Cu ME 0,5 3,79*10 -5 kg 1,90*10 -5 kg<br />

Hg HT 1,00*10 9 m³ Luft/kg 2,23*10 -5 kg 2,23*10 -4 m³ Luft<br />

ME 0,7 kg 1,56*10 -5 kg<br />

Mn HT 1,00*10 9 m³ Luft/kg 2,01*10 -5 kg 2,01*10 4 m³ Luft<br />

Ni ME 0,5 1,10*10 -6 kg 5,50*10 -7 kg<br />

Pb HT 5,00*10 8 m³ Luft/kg 9,58*10 -5 kg 4,79*10 4 m³ Luft<br />

ME 0,7 kg 6,71*10 -5 kg<br />

Zn ME 0,5 2,23*10 -6 kg 1,12*10 -6 kg<br />

Wasser Cr water ME 0,5 5,69*10 -10 kg 2,85*10 -10 kg<br />

Cu water ME 0,5 3,97*10 -9 kg 1,99*10 -9 kg<br />

Zn water ME 0,5 1,64*10 -9 kg 8,20*10 -10 kg<br />

Ni water ME 0,5 3,08*10 -9 kg 1,54*10 -9 kg<br />

Cd water ETW 1,00*10 9 m³ Wasser/kg<br />

1,28*10 -10 kg 1,28*10 -1 l Wasser<br />

ME 0,7 8,96*10 -11 kg<br />

As water ME 0,5 5,61*10 -11 kg 2,81*10 -11 kg<br />

Pb water ME 0,7 4,00*10 -10 kg 2,80*10 -10 kg<br />

Hg water ETW 1,00*10 9 m³ Wasser/kg<br />

8,81*10 -11 kg 8,81*10 -2 l Wasser<br />

ME 0,7 6,17*10 -11 kg<br />

CSB water NP 0,022 kg PO 3- 4 -<br />

Äqu/kg<br />

8,12*10 -6 kg 8,12*10 -6 kg PO 3- 4 -<br />

Äqu/kg<br />

Abfall Filterkuchen<br />

trocken<br />

A 1 kg 1,50*10 -1 kg 1,50*10 -1 kg<br />

Legende: Die wasserseitigen Stoffe wurden mit dem Index "water" versehen.<br />

HT: Humantoxizität POCP: Photooxidantienbildung<br />

ETA: Ökotoxizität Luft ME: Meeresschutz<br />

AP: Versauerung ETW: Ökotoxizität Wasser<br />

NP: Eutrophierung A: gefährlicher Abfall


80 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Am Beispiel der Stickoxide wird die Berechnung des Wirkungspotentials erläutert. Aus Tabelle<br />

5-6 ist zu entnehmen, daß Stickoxide Umweltwirkungen aufweisen, die vier Wirkungskategorien<br />

zugeordnet werden können: Versauerung, Eutrophierung, Humantoxizität und Ökotoxizität<br />

Luft . Der von der untersuchten Anlage emittierte NO x -Massenstrom wird mit dem für den<br />

jeweiligen Schadstoff und die entsprechende Wirkungskategorie charakteristischen Wirkungsabschätzungsfaktor<br />

multipliziert und ergibt das Wirkungspotential des emittierten NO x in der<br />

betreffenden Wirkungskategorie. Die Ergebnisse der Wirkungsabschätzung werden zu Gesamtwirkungspotentialen<br />

zusammengefaßt, indem in jeder Wirkungskategorie die Einzelpotentiale<br />

addiert werden. Des weiteren werden auch Daten berücksichtigt, die keiner Wirkungskategorie<br />

zugeordnet werden können, indem sie unverändert aus der Stoff- und Energiebilanz in<br />

Tabelle 5-7 übernommen werden, die auch als Grundlage für die Entscheidungstabelle dienen<br />

wird.<br />

Tabelle 5-7: Gesamtwirkungspotentiale und entscheidungsrelevante Stoff- und Energieströme für<br />

vier Techniken zur Sinterherstellung<br />

Technik A Technik B Technik C Technik D Einheit pro t<br />

Sinter<br />

Wirkungskategorie<br />

Gesamtwirkungspotential<br />

Photooxidantienbildung 3,58*10 -2 1,91*10 -2 1,27*10 -1 1,04*10 -2 kg Ethen-<br />

Äqu.<br />

Eutrophierung 5,32*10 -2 6,84*10 -2 6,32*10 -2 5,20*10 -2 kg PO 3- 4 -Äqu.<br />

Versauerung 1,16 1,71 1,75 1,15 kg SO 2 -Äqu.<br />

Humantoxizität 1,74*10 8 4,73*10 7 1,97*10 8 4,20*10 7 m³ Luft<br />

Ökotoxizität Luft 3,09*10 7 4,35*10 7 5,97*10 7 3,13*10 7 m³ Luft<br />

Ökotoxizität Wasser 0 0 0 0,216 l Wasser<br />

Gefährliche Abfälle 0 0 0 0,15 kg<br />

Meeresschutz 2,24*10 -3 4,54*10 -5 7,39*10 -3 1,11*10 -4 kg<br />

Daten aus Stoff- und Energiebilanz<br />

Emissions- bzw. Verbrauchsmenge<br />

Energieverbrauch fossile Energien 1700 1560 1650 1600 MJ<br />

Strom 395 425 345 410 MJ<br />

Luft Sn 9,18*10 -5 7,00*10 -7 9,44*10 -5 1,30*10 -4 kg<br />

Tl 1,95*10 -5 2,21*10 -7 1,56*10 -5 4,46*10 -6 kg<br />

Wasser Chlorid 0 0 0 3,06*10 -4 kg<br />

SO 4 0 0 0 1,55*10 -4 kg<br />

feste<br />

0 0 0 5,11*10 -7 kg<br />

Schwebstoffe<br />

Fe 0 0 0 1,45*10 -8 kg<br />

Al 0 0 0 1,80*10 -8 kg<br />

CN-volatile 0 0 0 1,28*10 -9 kg<br />

Fluorid 0 0 0 4,26*10 -7 kg<br />

Sulfid 0 0 0 3,84*10 -9 kg<br />

NH 4 -N 0 0 0 7,13*10 -6 kg<br />

NO 3 -N 0 0 0 1,10*10 -6 kg<br />

NO 2 -N 0 0 0 4,12*10 -8 kg<br />

TOC 0 0 0 1,07*10 -6 kg<br />

In Tabelle 5-7 sind für jede zu bewertende Technik die Gesamtwirkungspotentiale sowie die<br />

weiteren Stoff- und Energieströme, die nicht in Wirkungspotentiale überführt werden konnten,<br />

aufgeführt. Es zeigt sich, daß die luftseitigen Emissionen mit den in der medienübergreifenden


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 81<br />

Bewertungsmethode gewählten Wirkungskategorien und Wirkungsabschätzungsfaktoren sehr<br />

gut abgedeckt werden können. Im Gegensatz dazu sind die wasserseitigen Stoffe derzeit nur<br />

unzureichend erfaßt, was daran erkennbar ist, daß viele dieser Stoffe nicht in Wirkungspotentiale<br />

umgerechnet werden können. Dennoch ist im Vergleich zu Tabelle 5-4 (Stoff- und Energiebilanz)<br />

eine deutliche Reduzierung der für die Entscheidung zu berücksichtigenden Datenmenge<br />

erreicht worden.<br />

Bei der Durchführung der Wirkungsabschätzung fällt weiter auf, daß gewisse Schadstoffe nur<br />

ungenügend in den Wirkungskategorien berücksichtigt werden. So werden beispielsweise<br />

PCDD/PCDF, die schon im First Screening als Problemstoffe bei der Sinterherstellung identifiziert<br />

worden sind, nur in der Wirkungskategorie Meeresschutz berücksichtigt. Der humantoxische<br />

Aspekt dieser Stoffe wird mit den gewählten Wirkungskategorien derzeit nicht abgebildet.<br />

Die medienübergreifende Bewertungsmethode erlaubt eine pragmatische Lösung dieses Problems,<br />

indem PCDD/PCDF zusätzlich als Bewertungskategorie in der Entscheidungstabelle<br />

aufgeführt und bewertet werden (vgl. Tabelle 5-13).<br />

Durch Diskussion der Beiträge der emittierten Stoffe zu den verschiedenen Wirkungskategorien<br />

wird verdeutlicht, welchen Beitrag diese zum jeweiligen (Gesamt-)Wirkungspotential leisten.<br />

Weiter kann durch diese ausführliche Diskussion das Konzept der Wirkungsabschätzung<br />

grundsätzlich auf seine Eignung zur Bereitstellung einer Datenbasis zur Bewertung von Techniken<br />

überprüft werden. Zu diesem Zweck sind die Daten nach ihrer Wirkung sortiert in<br />

Tabelle 5-8 aufgeführt sowie in Bild 5-4 graphisch aufbereitet.


82 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Tabelle 5-8: Wirkungspotentiale der untersuchten Techniken zur Sinterherstellung nach Wirkungskategorien<br />

aufgeführt<br />

Wirkungskategorie Schadstoff Technik A Technik B Technik C Technik D Einheit<br />

pro Tonne<br />

Sinter<br />

Photooxidantienbildung NMVOC 3,58*10 -2 1,91*10 -2 1,27*10 -1 1,04*10 -2 kg Ethen-<br />

Äqu.<br />

Eutrophierung NO x 5,32*10 -2 6,84*10 -2 6,32*10 -2 5,20*10 -2 kg PO 3- 4 -<br />

Äqu.<br />

CSB 0 0 0 8,12*10 -6<br />

Versauerung SO 2 8,32*10 -1 1,31 1,35 8,20*10 -1 kg SO 2 -Äqu<br />

NO x 2,87*10 -1 3,69*10 -1 3,40*10 -1 2,80*10 -1<br />

Chloride als HCl 3,19*10 -2 2,51*10 -2 3,99*10 -2 5,19*10 -2<br />

Fluoride als HF 5,64*10 -3 7,36*10 -4 1,83*10 -2 2,06*10 -3<br />

Humantoxizität Staub 1,91*10 6 2,30*10 5 1,62*10 7 2,75*10 6 m³ Luft<br />

CO 1,73*10 6 3,13*10 6 2,38*10 6 3,96*10 6<br />

SO 2 2,08*10 7 3,28*10 7 3,38*10 7 2,05*10 7<br />

NO x 8,19*10 6 1,05*10 7 9,72*10 6 8,00*10 6<br />

Cd 1,40*10 8 5,71*10 5 1,30*10 8 6,69*10 6<br />

Hg 4,51*10 4 1,49*10 4 4,32*10 4 2,23*10 4<br />

Mn 7,18*10 5 2,03*10 3 5,44*10 5 2,01*10 4<br />

Pb 4,38*10 5 4,23*10 3 4,96*10 6 4,79*10 4<br />

Ökotoxizitä Luft Staub 1,91*10 6 2,30*10 5 1,62*10 7 2,75*10 6 m³ Luft<br />

SO 2 2,08*10 7 3,28*10 7 3,38*10 7 2,05*10 7<br />

NO x 8,19*10 6 1,05*10 7 9,72*10 6 8,00*10 6<br />

Ökotoxizität Wasser Cd water 0 0 0 1,28*10 -1 l Wasser<br />

Hg water 0 0 0 8,81*10 -2<br />

Gefährlicher Abfall Filterkuchen trokken<br />

0 0 0 1,50*10 -1 kg<br />

Meeresschutz PCDD/PCDF 2,41*10 -9 1,29*10 -9 4,54*10 -9 3,12*10 -10 kg<br />

As 5,00*10 -6 1,84*10 -7 2,16*10 -5 5,50*10 -7<br />

Cd 9,82*10 -5 3,99*10 -7 9,07*10 -5 4,68*10 -6<br />

Cr 6,04*10 -5 2,21*10 -6 2,16*10 -5 2,23*10 -6<br />

Cu 1,77*10 -4 9,21*10 -7 6,48*10 -5 1,90*10 -5<br />

Hg 3,16*10 -5 1,04*10 -5 3,02*10 -5 1,56*10 -5<br />

Ni 4,88*10 -5 2,30*10 -6 3,73*10 -5 5,50*10 -7<br />

Pb 6,13*10 -4 5,93*10 -6 6,94*10 -3 6,71*10 -5<br />

Zn 1,20*10 -3 2,30*10 -5 1,84*10 -4 1,12*10 -6<br />

Cr water 0 0 0 2,85*10 -10<br />

Cu water 0 0 0 1,99*10 -9<br />

Zn water 0 0 0 8,20*10 -10<br />

Ni water 0 0 0 1,54*10 -9<br />

Cd water 0 0 0 8,96*10 -11<br />

As water 0 0 0 2,81*10 -11<br />

Pb water 0 0 0 2,80*10 -10<br />

Hg water 0 0 0 6,17*10 -11<br />

Die wasserseitigen Stoffe wurden mit dem Index "water" versehen.


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 83<br />

Photooxidantienbildung<br />

Eutrophierung<br />

0,14<br />

0,07<br />

0,12<br />

0,06<br />

0,10<br />

0,05<br />

COD<br />

[kg Ethen-Äqu.]<br />

0,08<br />

0,06<br />

0,04<br />

NMVOC<br />

[kg PO4-Äqu.]<br />

0,04<br />

0,03<br />

0,02<br />

NOx<br />

0,02<br />

0,01<br />

0,00<br />

[Technik A] [Technik B] [Technik C] [Technik D]<br />

0,00<br />

[Technik A] [Technik B] [Technik C] [Technik D]<br />

[kg SO2-Äqu.]<br />

1,8<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

Versauerung<br />

Fluoride als HF<br />

Chloride als HCl<br />

NOx<br />

SO2<br />

[m³ Luft]<br />

2,0E+08<br />

1,8E+08<br />

1,6E+08<br />

1,4E+08<br />

1,2E+08<br />

1,0E+08<br />

8,0E+07<br />

6,0E+07<br />

4,0E+07<br />

Humantoxizität<br />

Pb<br />

Mn<br />

Hg<br />

Cd<br />

NOx<br />

SO2<br />

CO<br />

Staub<br />

0,2<br />

2,0E+07<br />

0,0<br />

[Technik A] [Technik B] [Technik C] [Technik D]<br />

0,0E+00<br />

[Technik A] [Technik B] [Technik C] [Technik D]<br />

6,0E+07<br />

Ökotoxizität, Luft<br />

NOx<br />

SO2<br />

0,25<br />

Ökotoxizität, Wasser<br />

5,0E+07<br />

Staub<br />

0,20<br />

[m³ Luft]<br />

4,0E+07<br />

3,0E+07<br />

2,0E+07<br />

[l Wasser]<br />

0,15<br />

0,10<br />

1,0E+07<br />

0,05<br />

Hg, water<br />

Cd, water<br />

0,0E+00<br />

[Technik A] [Technik B] [Technik C] [Technik D]<br />

0,00<br />

[Technik A] [Technik B] [Technik C] [Technik D]<br />

[kg]<br />

0,16<br />

0,14<br />

0,12<br />

0,10<br />

0,08<br />

0,06<br />

0,04<br />

0,02<br />

0,00<br />

gefährlicher Abfall<br />

Filterkuchen trocken<br />

[Technik A] [Technik B] [Technik C] [Technik D]<br />

0,008<br />

0,007<br />

0,006<br />

0,005<br />

[kg]<br />

0,004<br />

0,003<br />

0,002<br />

0,001<br />

0,000<br />

Meeresschutz<br />

Hg, water<br />

Pb, water<br />

As, water<br />

Cd, water<br />

Ni, water<br />

Zn, water<br />

Cu, water<br />

Cr, water<br />

Zn<br />

Pb<br />

As<br />

[Technik A] [Technik B] [Technik C] [Technik D]<br />

PCDD/PCDF<br />

Ni<br />

Hg<br />

Cu<br />

Cr<br />

Cd<br />

Bild 5-4:<br />

Graphische Darstellung der Ergebnisse der Wirkungsabschätzung für vier Techniken<br />

zur Sinterherstellung


84 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Photooxidantienbildung: Es ist aus Tabelle 5-8 ersichtlich, daß die flüchtigen Kohlenwasserstoffe<br />

als einzige Schadstoffe zu dieser Wirkungskategorie beitragen 34 . Dabei weist Technik C<br />

mit einem Photooxidantienbildungspotential, das um eine Zehnerpotenz höher liegt als das für<br />

die restlichen Techniken berechnete, den höchsten Beitrag zur Photooxidantienbildung auf.<br />

Technik A, B und D weisen vergleichbare Werte auf.<br />

Eutrophierung: Die Wirkungskategorie Eutrophierung ist neben dem Meeresschutz die einzige<br />

Kategorie, die sowohl luftseitige als auch wasserseitige Stoffe berücksichtigt. Im vorliegenden<br />

Fallbeispiel tragen die luftseitigen Emissionen der Stickoxide und der CSB-Wert des Abwassers<br />

(Technik D) zur Wirkungskategorie Eutrophierung bei. Aus Bild 5-4 ist ersichtlich,<br />

daß das durch Sinteranlagen verursachte Eutrophierungspotential praktisch vollständig durch<br />

die Emission von Stickoxiden dominiert wird. Der Beitrag durch den CSB-Wert von Technik<br />

D ist mit 8,12*10 -6 gegenüber Werten im Bereich von ca. 6*10 -2 kg PO 4 3- -Äquivalenten vernachlässigbar<br />

gering. Obwohl aus Bild 5-4 eine Rangfolge der Techniken bezüglich der Wirkungskategorie<br />

Eutrophierung ableitbar ist, wird aus Tabelle 5-8 ersichtlich, daß sich der Wert<br />

des Eutrophierungspotentials der untersuchten Techniken nur geringfügig unterscheidet.<br />

Versauerung: Zur Wirkungskategorie Versauerung tragen im vorliegenden Fallbeispiel vor<br />

allem die Stickoxid- und Schwefeldioxidemissionen bei. Obgleich die Chlorid- und Fluoridemissionen<br />

als spezielle Umweltproblematik bei der Sinterherstellung identifiziert worden sind,<br />

ist aus Bild 5-4 erkennbar, daß diese Schadstoffe nur wenig zum Gesamtpotential beitragen.<br />

Das liegt daran, daß die Halogenwasserstoffe in einer zehn- bzw. hundertfach kleineren Menge<br />

emittiert werden als NO x und SO 2 , aber Wirkungsabschätzungsfaktoren in etwa der gleichen<br />

Größenordnung (zwischen 0,7 für NO x bis 1,6 für HF) aufweisen. Hinsichtlich der Wirkungskategorie<br />

Versauerung weisen Technik A und Technik D die besseren Werte, d.h. die niedrigeren<br />

Emissionen, auf.<br />

Humantoxizität: Zur Wirkungskategorie Humantoxizität tragen acht der in der Stoff- und<br />

Energiebilanz berücksichtigten Stoffe bei. Es handelt sich dabei um die in den Luftqualitätsrichtlinien<br />

der EU und der WHO erfaßten Schadstoffe NO x , SO 2 , CO und Staub sowie die<br />

Schwermetalle Cd, Hg, Mn und Pb. Es fällt in Bild 5-4 sofort auf, daß das Wirkungspotential<br />

durch einen einzigen Schadstoff (Cadmium) dominiert wird, der einen sehr hohen Wirkungsabschätzungsfaktor<br />

aufweist (Faktor 10 12 , im Vergleich dazu 10 9 für Mn und Hg, 5*10 8 für Pb).<br />

Wird dieser Stoff bei einer Rangfolgenbildung berücksichtigt, weisen Technik A und C die<br />

schlechtesten Werte auf. Da fraglich ist, ob einem Einzelstoff, der zudem in den untersuchten<br />

34 Falls in einer Wirkungskategorie nur ein einziger Stoff (z.B. flüchtige Kohlenwasserstoffe bei der Photooxidantienbildung)<br />

erfaßt ist, beeinflußt dieser Emissionswert das gesamte Wirkungspotential viel stärker als<br />

ein Wert in einer Wirkungskategorie, die mehrere Stoffe umfaßt. Dieser Sachverhalt muß bei einer anschließenden<br />

Gewichtung der Wirkungskategorien angemessen berücksichtigt werden. Bei der Anwendung der<br />

Gewichtung nach der Methode der Ökobilanzen für Getränkeverpackungen [UBA 52/95] geschieht dies dadurch,<br />

daß nicht das Potential selbst, sondern der spezifische Beitrag des Potentials im Vergleich zum europäischen<br />

Gesamtpotential zur Gewichtung herangezogen wird.


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 85<br />

Anlagen sehr stark variieren kann (vgl. dazu Tabelle 5-1) soviel Gewicht beigemessen werden<br />

darf, ist in Bild 5-5 die Wirkungskategorie Humantoxizität zum Vergleich ohne Cadmium aufgetragen.<br />

Es ist nun ersichtlich, daß das Potential zum größten Teil durch die Stoffe SO 2 , NO x<br />

sowie den Staubemissionen verursacht wird. Technik C weist immer noch den schlechtesten<br />

Wert bezüglich der Humantoxizität auf. Technik B hat mit Technik A den Rangplatz getauscht<br />

und liegt bei Vernachlässigung des Cadmiums an vorletzter Stelle, bedingt durch die hohe<br />

Emission von Schwefeldioxid.<br />

7,0E+07<br />

6,0E+07<br />

Humantoxizität [m³ Luft]<br />

5,0E+07<br />

4,0E+07<br />

3,0E+07<br />

2,0E+07<br />

1,0E+07<br />

Pb<br />

Mn<br />

Hg<br />

NOx<br />

SO2<br />

CO<br />

Staub<br />

0,0E+00<br />

[Technik A] [Technik B] [Technik C] [Technik D]<br />

Bild 5-5: Humantoxizität ohne Berücksichtigung der Cd-Emissionen<br />

Ökotoxizität Luft : Die Wirkungskategorie Ökotoxizität Luft berücksichtigt die Stoffe SO 2 und<br />

NO x sowie die Staubemissionen. Da die Werte für die Emission von Stickoxiden und<br />

Schwefeldioxid bei allen vier Techniken in einer vergleichbaren Größenordnung vorkommen,<br />

führen letztendlich die hohen Staubemissionen bei Technik C dazu, daß diese Technik<br />

bezüglich der Wirkungskategorie Ökotoxizität Luft am schlechtesten abschneidet. Technik A und<br />

D weisen deutlich bessere Werte auf.<br />

Ökotoxizität Wasser : Zur Wirkungskategorie Ökotoxizität Wasser tragen nur die Emissionen der<br />

Technik D bei, da diese als einzige der untersuchten Techniken Emissionen ins Wasser<br />

aufweist. Die in dieser Wirkungskategorie für Sinteranlagen relevanten Stoffe sind die<br />

Schwermetalle Quecksilber und Cadmium. Es ist dabei ersichtlich, daß beide ungefähr zu<br />

gleichen Anteilen zum Gesamtpotential in dieser Wirkungskategorie beitragen, da sie den<br />

gleichen Wirkungs-abschätzungsfaktor aufweisen (10 9 l Wasser/kg) und ungefähr die gleiche<br />

Menge emittiert wird (8,81*10 -11 kg Quecksilber und 1,28*10 -10 kg Cadmium pro Tonne<br />

Sinter).<br />

Gefährliche Abfälle: Die einzige Technik, die zu dieser Wirkungskategorie beiträgt, ist<br />

Technik D, da sie als einzige Technik zu deponierende Abfälle in Form des bei der<br />

Abwasserreinigung anfallenden Filterkuchens aufweist.


86 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Meeresschutz: Die Wirkungskategorie Meeresschutz umfaßt von den in der<br />

medienübergreifenden Bewertungsmethode derzeit berücksichtigten Wirkungskategorien die<br />

größte Anzahl von Stoffen. Es handelt sich dabei im wesentlichen um die Schwermetalle sowie<br />

PCDD/PCDF. Berücksichtigt werden dabei sowohl luft- als auch wasserseitige Stoffe. Aus<br />

Tabelle 5-8 ist ersichtlich, daß die wasserseitigen Emissionen aufgrund ihrer geringen<br />

emittierten Menge kaum zur Wirkungskategorie Meeresschutz beitragen, da die<br />

Einzelpotentiale in der Größenordnung von 10 -11 bis 10 -9 kg/t Sinter liegen, während die<br />

meisten Emissionen in die Luft deutlich höher sind (im Bereich von 10 -6 bis 10 -4 kg/t Sinter).<br />

Da ein Schadstoff im Wasser und in der Luft den gleichen Wirkungsabschätzungsfaktor<br />

aufweist und dieser lediglich im Bereich von 0,5 bis 1 variiert, können im betrachteten<br />

Fallbeispiel die luftseitigen Emissionen nicht durch die wasserseitigen aufgewogen werden.<br />

Weiter ist aus Bild 5-4 ersichtlich, daß bei Technik C der Beitrag durch die Emission von Blei,<br />

der sich um bis zu drei Größenordnungen von den anderen untersuchten Techniken<br />

unterscheidet, sowie bei Technik A der Beitrag durch die Zinkemission besonders groß ist.<br />

Zum Vergleich ist in Bild 5-6 der Meeresschutz ohne luftseitige Blei- und Zinkemissionen<br />

aufgeführt. Bei dieser Betrachtung ändert sich die Reihenfolge: Technik A ist insgesamt<br />

schlechter als Technik C, während mit Berücksichtigung von Blei Technik C mit Abstand am<br />

schlechtesten abschneidet. Technik B und D weisen aufgrund ihrer für die Problematik der<br />

PCDD/PCDF und Schwermetalle entwickelten Technik wie erwartet in dieser<br />

Wirkungskategorie die besseren Werte auf.<br />

[kg]<br />

4,50E-04<br />

4,00E-04<br />

3,50E-04<br />

3,00E-04<br />

2,50E-04<br />

2,00E-04<br />

1,50E-04<br />

1,00E-04<br />

5,00E-05<br />

0,00E+00<br />

Meeresschutz<br />

[Technik A] [Technik B] [Technik C] [Technik D]<br />

Hg, water<br />

Pb, water<br />

As, water<br />

Cd, water<br />

Ni, water<br />

Zn, water<br />

Cu, water<br />

Cr, water<br />

Ni<br />

Hg<br />

Cu<br />

Cr<br />

Cd<br />

As<br />

PCDD/PCDF<br />

Bild 5-6: Meeresschutz ohne Berücksichtigung der luftseitigen Zn- und Pb-Emissionen<br />

Mit den vorliegenden Resultaten wird in den untersuchten Wirkungskategorien gemäß Bild 5-4<br />

die jeweilige Rangfolge ermittelt und in der Rangfolgentabelle (vgl. Tabelle 5-9) dargestellt.


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 87<br />

Tabelle 5-9: Rangfolgen in den Wirkungskategorien für die untersuchten Techniken zur Sinterherstellung<br />

Technik A Technik B Technik C Technik D<br />

Photooxidantienbildung 3 2 4 1<br />

Eutrophierung 2 4 3 1<br />

Versauerung 2 3 4 1<br />

Humantoxizität 3 2 4 1<br />

Ökotoxizität Luft 1 3 4 2<br />

Ökotoxizität Wasser 1 1 1 4<br />

Gefährliche Abfälle 1 1 1 4<br />

Meeresschutz 3 1 4 2<br />

Tabelle 5-9 zeigt deutlich, daß eine abschließende Entscheidung an dieser Stelle noch nicht<br />

möglich ist, da sich die Rangfolge sehr stark in den verschiedenen Wirkungskategorien unterscheidet.<br />

Technik D weist viermal die beste Wertung auf, gleichzeitig aber auch zweimal die<br />

schlechteste. Technik A und B liegen je dreimal an erster Stelle, Technik C zweimal.<br />

Bevor im Abschnitt 5.1.2.5 die Entscheidungsunterstützung als letzter Schritt der medienübergreifenden<br />

Bewertungsmethode angewandt wird, erfolgt im nächsten Abschnitt die Analyse<br />

und Diskussion der durch den Stromverbrauch hervorgerufenen Ressourcenverbräuche und<br />

Schadstoffemissionen.<br />

5.1.2.4 Exkurs: Analyse der durch die Stromerzeugung hervorgerufenen Ressourcenverbräuche<br />

und Schadstoffemissionen<br />

Nachdem bisher der Stromverbrauch über den Primärenergiegehalt in der Stoff- und Energiebilanz<br />

berücksichtigt wurde, wird im folgenden die Auflösung der Stromerzeugung in die<br />

hierfür benötigten Rohstoffe und die dabei entstehenden Emissionen untersucht. Dieser Ansatz<br />

ermöglicht die Überführung des bisher als Einzelposition behandelten Energieaufwands in Wirkungspotentiale<br />

und gibt zusätzliche Anhaltspunkte für die spätere Wahl der Gewichtungsfaktoren<br />

(vgl. Abschnitt 5.1.2.5). Hierfür werden die einzelnen Schritte der medienübergreifenden<br />

Bewertungsmethode analog zum ersten Fallbeispiel durchgeführt, so daß im folgenden lediglich<br />

auf die durch die Stromauflösung resultierenden Unterschiede eingegangen wird.<br />

Ausgehend vom Mengengerüst (vgl. Tabelle 5-3) werden die für die Positionen Stromverbrauch<br />

für Sinteranlagen und Stromverbrauch für die Entstaubung bei der Energieerzeugung<br />

eingesetzten Rohstoffe und entstehenden Emissionen ermittelt. Dabei wird die vom UBA vorgeschlagene<br />

Vorgehensweise zur Umrechnung der Stromerzeugung in Verbräuche und Emissionen<br />

gewählt [UBA-Texte 38/92]. Unter Zugrundelegung des in Abschnitt 4.2.2.2 vorgestellten<br />

Energiemix für die EU sind für die Erzeugung von einer Kilowattstunde Strom die in<br />

Tabelle 5-10 zusammengestellten Daten zu berücksichtigen.<br />

Tabelle 5-10: Rohstoffe und Emissionen für die Erzeugung von 1 kWh Strom<br />

Strom 1 kWh<br />

Steinkohle 0,076 kg


88 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Braunkohle 0,119 kg<br />

Mineralöl 0,021 kg<br />

Erdgas 0,027 m³<br />

SO 2 9,98*10 -4 kg<br />

NO x 9,03*10 -4 kg<br />

Staub 5,00*10 -5 kg<br />

CO 2 4,34*10 -1 kg<br />

CO 5,11*10 -5 kg<br />

NMVOC 1,58*10 -5 kg<br />

Die resultierende Stoff- und Energiebilanz weist in den Positionen Energie und Stoffe im<br />

Abgas im Vergleich zur Stoff- und Energiebilanz ohne Stromauflösung (vgl. Tabelle 5-4) detaillierte<br />

Angaben über die Verbräuche und Emissionen der Vorstufe Stromerzeugung auf.<br />

Die in Tabelle 5-11 gewählte Darstellung verdeutlicht die bei der Stromauflösung zusätzlich<br />

aufgenommenen Rohstoffverbräuche und Emissionen. In der Position Energie werden die fossilen<br />

Energieträger Steinkohle, Braunkohle, Koksgrus, und Mineralöl einzeln aufgeführt, beim<br />

Erdgasverbrauch sind sowohl der Zündgasverbrauch in der Sinteranlage als auch der anteilige<br />

Beitrag aus der Stromerzeugung berücksichtigt. Weiterhin ist in der Position Stoffe im Abgas<br />

ersichtlich, daß die aufsummierten Emissionen von Staub, CO, CO 2 , SO 2 , NO x sowie flüchtigen<br />

organischen Kohlenwasserstoffen nur jeweils leicht, d.h. um etwa 5 % der Gesamtemissionen,<br />

zunehmen.


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 89<br />

Tabelle 5-11: Stoff- und Energiebilanz für vier Techniken zur Sinterherstellung mit Auflösung der<br />

Stromerzeugung<br />

Input und<br />

Output<br />

Stoff/Energie Technik A Technik B Technik C Technik D Einheit pro<br />

t Sinter<br />

Energie Steinkohle 2,95 3,17 2,57 3,02 kg<br />

Braunkohle 4,66 5,01 4,06 4,78 kg<br />

Koksgrus 51 46 51 47 kg<br />

Mineralöl 8,12*10 -1 8,74*10 -1 7,08*10 -1 8,33*10 -1 kg<br />

Erdgas, Zündenergie 4,9 5,1 3,3 5,4 m³<br />

Erdgas, Stromerz. 1,06 1,15 0,93 1,09 m³<br />

Erdgas insgesamt 5,96 6,25 4,23 6,49 m³<br />

Stoffe im Staub, Sinteranlage 7,65*10 -2 9,21*10 -3 6,48*10 -1 1,10*10 -1 kg<br />

Abgas Staub, Stromerzeugung 1,95*10 -3 2,10*10 -3 1,70*10 -3 2,00*10 -3 kg<br />

Staub insgesamt 7,84*10 -2 1,13*10 -2 6,50*10 -1 1,12*10 -1 kg<br />

CO, Sinteranlage 17,25 31,29 23,76 39,60 kg<br />

CO, Stromerzeugung 1,99*10 -3 2,15*10 -3 1,74*10 -3 2,04*10 -3 kg<br />

CO insgesamt 17,26 31,30 23,76 39,60 kg<br />

CO 2 , Stromerzeugung 16,944 18,248 14,772 17,379 kg<br />

SO 2 , Sinteranlage 8,32*10 -1 1,31 1,35 8,20*10 -1 kg<br />

SO 2 , Stromerzeugung 3,89*10 -2 4,19*10 -2 3,39*10 -2 3,99*10 -2 kg<br />

SO 2 insgesamt 8,71*10 -1 1,35 1,38 8,60*10 -1 kg<br />

NO x , Sinteranlage 4,10*10 -1 5,27*10 -1 4,86*10 -1 4,00*10 -1 kg<br />

NO x , Stromerzeugung 3,52*10 -2 3,79*10 -2 3,07*10 -2 3,61*10 -2 kg<br />

NO x insgesamt 4,45*10 -1 5,64*10 -1 5,17*10 -1 4,36*10 -1 kg<br />

NMVOC, Sinteranlage 8,61*10 -2 4,60*10 -2 3,05*10 -1 2,50*10 -2 kg<br />

NMVOC, Stromerz. 6,18*10 -4 6,65*10 -4 5,38*10 -4 6,33*10 -4 kg<br />

NMVOC insgesamt 8,67*10 -2 4,67*10 -2 3,05*10 -1 2,56*10 -2 kg<br />

Chloridionen als HCl 3,62*10 -2 2,86*10 -2 4,54*10 -2 5,90*10 -2 kg<br />

Fluoridionen als HF 3,52*10 -3 4,60*10 -4 1,14*10 -2 1,29*10 -3 kg<br />

PCDD/PCDF 3,45*10 -9 1,84*10 -9 6,48*10 -9 4,46*10 -10 kg<br />

As 1,00*10 -5 3,68*10 -7 4,32*10 -5 1,10*10 -6 kg<br />

Cd 1,40*10 -4 5,71*10 -7 1,30*10 -4 6,69*10 -6 kg<br />

Cr 1,21*10 -4 4,42*10 -6 4,32*10 -5 4,46*10 -6 kg<br />

Cu 3,54*10 -4 1,84*10 -6 1,30*10 -4 3,79*10 -5 kg<br />

Hg 4,51*10 -5 1,49*10 -5 4,32*10 -5 2,23*10 -5 kg<br />

Mn 7,18*10 -4 2,03*10 -6 5,44*10 -4 2,01*10 -5 kg<br />

Ni 9,76*10 -5 4,60*10 -6 7,46*10 -5 1,10*10 -6 kg<br />

Pb 8,75*10 -4 8,47*10 -6 9,91*10 -3 9,58*10 -5 kg<br />

Sn 9,18*10 -5 7,00*10 -7 9,44*10 -5 1,30*10 -4 kg<br />

Tl 1,95*10 -5 2,21*10 -7 1,56*10 -5 4,46*10 -6 kg<br />

Zn 2,40*10 -3 4,60*10 -5 3,67*10 -4 2,23*10 -6 kg<br />

Stoffe im vgl. Tabelle 5-4<br />

Abwasser<br />

gefährliche<br />

Abfälle<br />

Filterkuchen, trocken 0 0 0 0,15 kg<br />

Analog zum Fallbeispiel ohne Stromauflösung werden in der Wirkungsabschätzung die Gesamtwirkungspotentiale<br />

berechnet und zusammen mit den nicht in Wirkungskategorien überführbaren<br />

Positionen in Tabelle 5-12 dargestellt. Durch den Miteinbezug der Rohstoffe und des<br />

Kohlendioxids ergeben sich auch in den Wirkungskategorien Ressourcenverknappung und<br />

Treibhauseffekt Wirkungspotentiale. Die graphische Darstellung der Verteilung der Anteile der<br />

Sinterherstellung und der Stromerzeugung in den einzelnen Wirkungskategorien verdeutlicht<br />

die Änderungen der Gesamtwirkungspotentiale, die sich durch die Stromauflösung ergeben<br />

(vgl. Bild 5-7).


90 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Aus Bild 5-7 ist ersichtlich, daß das durch die Stromerzeugung verursachte Potential außer für<br />

die neu hinzugenommenen Wirkungskategorien Ressourcenverknappung und Treibhauseffekt<br />

nur noch für die Eutrophierung relevant ist. In dieser Kategorie kann der Anteil bis zu 10 %<br />

betragen. In den Wirkungskategorien Ökotoxizität Wasser , gefährliche Abfälle und Meeresschutz<br />

wird durch die Auflösung der Stromerzeugung kein zusätzliches Wirkungspotential verursacht;<br />

die sich in den übrigen Wirkungskategorien ergebenden Veränderungen sind vernachlässigbar.<br />

Insgesamt zeigt sich, daß die durch die Stromauflösung resultierenden Änderungen der Wirkungspotentiale<br />

als gering einzustufen sind. Es sind jedoch zwei weitere Wirkungskategorien<br />

zu berücksichtigen.


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 91<br />

Tabelle 5-12: Gesamtwirkungspotentiale und entscheidungsrelevante Stoff- und Energieströme für<br />

vier Techniken zur Sinterherstellung mit Auflösung der Stromerzeugung<br />

Technik A Technik B Technik C Technik D Einheit pro t<br />

Sinter<br />

Wirkungskategorie<br />

Gesamtwirkungspotential<br />

Ressourcenverknappung 4,65 4,92 3,55 4,97 kg<br />

Treibhauseffekt 16,9 18,2 14,8 17,4 kg CO 2 -Äqu.<br />

Photooxidantienbildung durch<br />

Sinterprozeß<br />

3,58*10 -2 1,91*10 -2 1,27*10 -1 1,04*10 -2 kg Ethen-<br />

Äqu.<br />

Photooxidantienbildung durch<br />

Stromerzeugung<br />

2,57*10 -4 2,77*10 -4 2,24*10 -4 2,64*10 -4 kg Ethen-<br />

Äqu.<br />

Photooxidantienbildung insgesamt 3,61*10 -2 1,94*10 -2 1,27*10 -1 1,07*10 -2 kg Ethen-<br />

Äqu.<br />

Eutrophierung durch Sinterprozeß 5,32*10 -2 6,84*10 -2 6,32*10 -2 5,20*10 -2 kg PO 3- 4 -Äqu.<br />

Eutrophierung durch Stromerzeugung<br />

4,58*10 -3 4,93*10 -3 3,99*10 -3 4,70*10 -3 kg PO 3- 4 -Äqu.<br />

Eutrophierung insgesamt 5,78*10 -2 7,34*10 -2 6,72*10 -2 5,67*10 -2 kg PO 3- 4 -Äqu.<br />

Versauerung durch Sinterprozeß 1,16 1,71 1,75 1,15 kg SO 2 -Äqu.<br />

Versauerung durch Stromerzeugung<br />

6,36*10 -2 6,85*10 -2 5,54*10 -2 6,52*10 -2 kg SO 2 -Äqu.<br />

Versauerung insgesamt 1,22 1,77 1,80 1,22 kg SO 2 -Äqu.<br />

Humantoxizität durch Sinterprozeß 1,74*10 8 4,73*10 7 1,97*10 8 4,20*10 7 m³ Luft<br />

Humantoxizität durch Stromerzeugung<br />

1,73*10 6 1,86*10 6 1,50*10 6 1,77*10 6 m³ Luft<br />

Humantoxizität insgesamt 1,76*10 8 4,91*10 7 1,99*10 8 4,38*10 7 m³ Luft<br />

Ökotoxizität Luft durch Sinterprozeß 3,09*10 7 4,35*10 7 5,96*10 7 3,13*10 7 m³ Luft<br />

Ökotoxizität Luft durch Stromerzeugung<br />

1,73*10 6 1,86*10 6 1,50*10 6 1,77*10 6 m³ Luft<br />

Ökotoxizität Luft insgesamt 3,26*10 7 4,45*10 7 6,11*10 7 3,30*10 7 m³ Luft<br />

Ökotoxizität Wasser 0 0 0 0,216 l Wasser<br />

Gefährliche Abfälle 0 0 0 0,15 kg<br />

Meeresschutz 2,24*10 -3 4,54*10 -5 7,39*10 -3 1,12*10 -4 kg<br />

Daten aus Stoff- und Energiebilanz<br />

Emissions- bzw. Verbrauchsmenge<br />

Energieverbrauch Koksgrus 51 46 51 47 kg<br />

Luft Sn 9,18*10 -3 7,00*10 -7 9,44*10 -3 1,30*10 -4 kg<br />

Tl 1,95*10 -5 2,21*10 -7 1,56*10 -5 4,46*10 -6 kg<br />

PCDD/PCDF 2,41*10 -9 1,29*10 -9 4,54*10 -9 3,12*10 -10 kg<br />

Wasser Chlorid 0 0 0 3,06*10 -4 kg<br />

SO 4 0 0 0 1,55*10 -4 kg<br />

feste<br />

0 0 0 5,11*10 -7 kg<br />

Schwebstoffe<br />

Fe 0 0 0 1,45*10 -8 kg<br />

Al 0 0 0 1,80*10 -8 kg<br />

CN-volatile 0 0 0 1,28*10 -9 kg<br />

Fluorid 0 0 0 4,26*10 -7 kg<br />

Sulfid 0 0 0 3,84*10 -9 kg<br />

NH 4 -N 0 0 0 7,13*10 -6 kg<br />

NO 3 -N 0 0 0 1,10*10 -6 kg<br />

NO 2 -N 0 0 0 4,12*10 -8 kg<br />

TOC 0 0 0 1,07*10 -6 kg


92 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Ressourcenverknappung [kg]<br />

Treibhauseffekt [kg CO2-Äquivalent]<br />

5,00E+00<br />

2,00E+01<br />

4,00E+00<br />

3,00E+00<br />

2,00E+00<br />

Sinter<br />

Strom<br />

1,50E+01<br />

1,00E+01<br />

Sinter<br />

Strom<br />

1,00E+00<br />

5,00E+00<br />

0,00E+00<br />

0,00E+00<br />

Technik<br />

A<br />

Technik<br />

B<br />

Technik<br />

C<br />

Technik<br />

D<br />

Technik<br />

A<br />

Technik<br />

B<br />

Technik<br />

C<br />

Technik<br />

D<br />

Photooxidantienbildung<br />

[kg Ethen-Äquivalent]<br />

Eutrophierung [PO4-Äquivalent]<br />

8,00E-02<br />

1,40E-01<br />

1,20E-01<br />

1,00E-01<br />

8,00E-02<br />

6,00E-02<br />

4,00E-02<br />

Sinter<br />

Strom<br />

7,00E-02<br />

6,00E-02<br />

5,00E-02<br />

4,00E-02<br />

3,00E-02<br />

2,00E-02<br />

Sinter<br />

Strom<br />

2,00E-02<br />

0,00E+00<br />

Technik<br />

A<br />

Technik<br />

B<br />

Technik<br />

C<br />

Technik<br />

D<br />

1,00E-02<br />

0,00E+00<br />

Technik<br />

A<br />

Technik<br />

B<br />

Technik<br />

C<br />

Technik<br />

D<br />

Versauerung [kg SO2-Äquivalent]<br />

Humantoxizität [m³ Luft]<br />

2,00E+00<br />

2,00E+08<br />

1,50E+00<br />

1,50E+08<br />

1,00E+00<br />

Sinter<br />

Strom<br />

1,00E+08<br />

Sinter<br />

Strom<br />

5,00E-01<br />

5,00E+07<br />

0,00E+00<br />

Technik<br />

A<br />

Technik<br />

B<br />

Technik<br />

C<br />

Technik<br />

D<br />

0,00E+00<br />

Technik<br />

A<br />

Technik<br />

B<br />

Technik<br />

C<br />

Technik<br />

D<br />

Ökotoxizität, Luft [m³ Luft]<br />

Ökotoxizität, Wasser [l Wasser]<br />

7,00E+07<br />

6,00E+07<br />

5,00E+07<br />

4,00E+07<br />

3,00E+07<br />

2,00E+07<br />

1,00E+07<br />

Sinter<br />

Strom<br />

2,50E-01<br />

2,00E-01<br />

1,50E-01<br />

1,00E-01<br />

5,00E-02<br />

Sinter<br />

Strom<br />

0,00E+00<br />

Technik<br />

A<br />

Technik<br />

B<br />

Technik<br />

C<br />

Technik<br />

D<br />

0,00E+00<br />

Technik<br />

A<br />

Technik<br />

B<br />

Technik<br />

C<br />

Technik<br />

D<br />

Gefährlicher Abfall [kg]<br />

Meeresschutz [kg]<br />

1,60E-01<br />

8,00E-03<br />

1,40E-01<br />

1,20E-01<br />

7,00E-03<br />

6,00E-03<br />

1,00E-01<br />

8,00E-02<br />

6,00E-02<br />

Sinter<br />

Strom<br />

5,00E-03<br />

4,00E-03<br />

3,00E-03<br />

Sinter<br />

Strom<br />

4,00E-02<br />

2,00E-03<br />

2,00E-02<br />

0,00E+00<br />

Technik<br />

A<br />

Technik<br />

B<br />

Technik<br />

C<br />

Technik<br />

D<br />

1,00E-03<br />

0,00E+00<br />

Technik<br />

A<br />

Technik<br />

B<br />

Technik<br />

C<br />

Technik<br />

D<br />

Bild 5-7: Anteil der Stromerzeugung an den Gesamtwirkungspotentialen


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 93<br />

5.1.2.5 Entscheidungsunterstützung<br />

Ziel der Entscheidungsunterstützung ist eine aussagekräftige Aufbereitung der vorhandenen<br />

Informationen, um die Expertendiskussion auf die entscheidungsrelevanten Aspekte zu lenken.<br />

Für eine weitere Aggregation der Wirkungspotentiale gibt es allerdings keine wissenschaftliche<br />

Grundlage, da die Cross-Media Effekte noch nicht ausreichend erforscht sind. Um dennoch zu<br />

einer nachvollziehbaren BVT-Bestimmung zu gelangen, sind die Wirkungspotentiale und weitere<br />

entscheidungsrelevante Stoff- und Energieströme, zusammenfassend auch als Bewertungskategorien<br />

bezeichnet, in der vorgeschlagenen Entscheidungsunterstützung zu untersuchen.<br />

In diesem Fallbeispiel wird nun die Anwendung sämtlicher Teilschritte der Entscheidungsunterstützung<br />

exemplarisch demonstriert, die in Bild 4-3 in Abschnitt 4.2.4 aufgeführt<br />

sind.<br />

Ausgangspunkt für die Bewertung ist die Entscheidungstabelle (vgl. Tabelle 5-13), in der die<br />

entscheidungsrelevanten Wirkungspotentiale sowie die Stoff- und Energieströme, die nicht in<br />

Wirkungskategorien überführt werden können, zusammengestellt sind. Da nur Technik D<br />

Stoffe in das Wasser emittiert, werden in der Entscheidungstabelle Chloride, SO 4 , feste<br />

Schwebstoffe, Fe, Al, CN-volatile, Fluorid, Sulfid, NH 4 -N, NO 3 -N, NO 2 -N und TOC zur Bewertungskategorie<br />

„wassergängige Emissionen“ zusammengefaßt. Ferner wird PCDD/PDCF<br />

explizit als Bewertungskategorie aufgeführt, da in den derzeit eingesetzten Wirkungskategorien<br />

der kanzerogenen Wirkung von PCDD/PDCF nicht genügend Rechnung getragen wird.<br />

Tabelle 5-13: Entscheidungstabelle für vier Techniken zur Sinterherstellung<br />

ohne Stromauflösung<br />

Technik A Technik B Technik C Technik D Einheit<br />

Wirkungskategorie Gesamtwirkungspotential pro t Sinter<br />

Photooxidantienbildung 35,8 19,1 127 10,4 10 -3 kg Ethen-Äqu.<br />

Eutrophierung 53,2 68,4 63,2 52,0 10 -3 kg PO 3- 4 -Äqu.<br />

Versauerung 1,16 1,71 1,75 1,15 kg SO 2 -Äqu.<br />

Humantoxizität 174 47,3 197 42,0 10 6 m³ Luft<br />

Ökotoxizität Luft 30,9 43,5 59,7 31,3 10 6 m³ Luft<br />

Ökotoxizität Wasser 0 0 0 0,216 l Wasser<br />

Gefährliche Abfälle 0 0 0 0,15 kg<br />

Meeresschutz 2,24 0,0454 7,39 0,111 10 -3 kg<br />

Daten aus Stoff- und Energiebilanz Emissions- bzw. Verbrauchsmenge<br />

Energieverbrauch fossile Energien 1.700 1.560 1.650 1.600 MJ<br />

Strom 395 425 345 410 MJ<br />

Koksgrus<br />

n.a.<br />

Luft Sn 91,8 0,7 94,4 130 10 -6 kg<br />

Tl 19,5 0,221 15,6 4,46 10 -6 kg<br />

PCDD/PCDF 3,45 1,84 6,48 0,446 10 -9 kg<br />

Wassergängige Emissionen nein nein nein ja


94 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Normierung der Wirkungspotentiale der untersuchten Techniken<br />

Weil die Wirkungspotentiale in sehr unterschiedlichen Größenordnungen und Maßeinheiten<br />

vorliegen (vgl. Tabelle 5-13), fördert eine Normierung die Übersichtlichkeit und erleichtert<br />

somit die anschließende Beurteilung der Techniken. Tabelle 5-14 zeigt die normierten Wirkungspotentiale,<br />

die nach der Formel<br />

normiertes Wirkungspotential der Technik t =<br />

Wirkungspotential der Technik t<br />

Mittelwert der Wirkungspotentiale über alle Techniken t=<br />

1...T<br />

berechnet werden, und analog die normierten entscheidungsrelevanten Daten aus der Stoffund<br />

Energiebilanz. Je höher ein normiertes Wirkungspotential, eine Emission oder ein Verbrauch<br />

ist, desto größer ist die potentielle Umweltauswirkung. Der Mittelwert der untersuchten<br />

Techniken entspricht dem Wert 1.<br />

Tabelle 5-14: Normierte Bewertungskategorien für vier Techniken zur Sinterherstellung ohne<br />

Stromauflösung<br />

Mittelwert Technik A Technik B Technik C Technik D<br />

Wirkungskategorie<br />

normiertes Wirkungspotential<br />

Photooxidantienbildung 4,8·10 -2 0,75 0,40 2,64 0,22<br />

Eutrophierung 5,92·10 -2 0,90 1,16 1,07 0,88<br />

Versauerung 1,44 0,80 1,18 1,21 0,80<br />

Humantoxizität 1,15·10 8 1,51 0,41 1,71 0,36<br />

Ökotoxizität Luft 4,13·10 7 0,75 1,05 1,44 0,76<br />

Ökotoxizität Wasser 2,16·10 -1 0 0 0 1<br />

Gefährliche Abfälle 1,50·10 -1 0 0 0 1<br />

Meeresschutz 2,45·10 -3 0,91 0,02 3,02 0,05<br />

Daten aus Stoff- und Energiebilanz<br />

normierte Emissions- bzw. Verbrauchsmenge<br />

Energieverbrauch fossile Energien 1,63·10 3 1,04 0,96 1,01 0,98<br />

Strom 3,94·10 2 1 1,08 0,88 1,04<br />

Luft Sn 7,93·10 -5 1,16 0,01 1,19 1,64<br />

Tl 9,94·10 -6 1,96 0,02 1,57 0,45<br />

PCDD/PCDF 3,05·10 -9 1,13 0,60 2,12 0,15<br />

Wassergängige Emissionen nein nein nein ja<br />

Anhand der graphischen Darstellung der Normierung in Bild 5-8 ist zu erkennen, daß Technik<br />

C in fünf Wirkungskategorien die schlechtesten Werte im Vergleich zu den übrigen Techniken<br />

aufweist (vgl. auch Tabelle 5-9). Technik D hingegen hat in den meisten Wirkungskategorien<br />

die vergleichsweise geringsten Wirkungspotentiale. Auffallend ist auch hier der niedrige<br />

Wert in der Wirkungskategorie Meeresschutz für Technik D, die als einzige Technik Stoffe in<br />

das Medium Wasser emittiert (vgl. auch Bild 5-4)


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 95<br />

3,00<br />

2,50<br />

2,00<br />

1,50<br />

1,00<br />

Technik A<br />

Technik B<br />

Technik C<br />

Technik D<br />

0,50<br />

0,00<br />

Photooxidantienbildung<br />

Eutrophierung<br />

Versauerung<br />

Humantoxizität<br />

Ökotoxizität,<br />

Air<br />

Ökotoxizität,<br />

Water<br />

Gefährlicher<br />

Abfall<br />

Meeresschutz<br />

Bild 5-8:<br />

Graphische Darstellung der normierten Wirkungspotentiale für die vier untersuchten<br />

Techniken zur Sinterherstellung<br />

Da keine der vier untersuchten Techniken in sämtlichen Wirkungskategorien die übrigen Techniken<br />

dominiert bzw. von ihnen dominiert wird, ist für die weitere Interpretation der Entscheidungstabelle<br />

eine Untersuchung der Bedeutsamkeit der einzelnen Wirkungskategorien notwendig.<br />

Gewichtung<br />

Die Gewichtung der Kriterien erfolgt im Expertenkreis, um die Bedeutung der Wirkungspotentiale<br />

und der übrigen entscheidungsrelevanten Stoff- und Energieströme zu differenzieren.<br />

Den Experten wird bei der Gewichtung ein großer Ermessensspielraum gelassen, doch sollte<br />

die Gewichtung so weit wie möglich auf naturwissenschaftlichem und objektiv nachvollziehbarem<br />

Wissen beruhen. Um eine vergleichende und nachvollziehbare Prioritätensetzung für die<br />

Beurteilung der Wirkungspotentiale zu ermöglichen, werden zunächst die ökologische Bedeutung<br />

der Wirkungskategorien und die Mengenrelevanz der Wirkungspotentiale der untersuchten<br />

Techniken abgeschätzt. Die ökologische Bedeutung der Wirkungskategorien in Europa ist<br />

unabhängig von den untersuchten Techniken. Zur Orientierung werden die Einstufungen nach<br />

[UBA-Texte 52/95] verwendet (vgl. Tabelle 5-16 bzw. Tabelle 4-7).<br />

Die Abschätzung der Mengenrelevanz der berechneten Wirkungspotentiale erfolgt durch die<br />

Berechnung des spezifischen Beitrags (vgl. Abschnitt 4.2.4.2):


96 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

spezifischer Beitrag der untersuchten Techniken in einer Wirkungskategorie<br />

=<br />

=<br />

Mittelwert der Wirkungspotentiale der<br />

EU−weites<br />

Wirkungspotential<br />

untersuchten Techniken<br />

∑ mittlere Emissionen der untersuchten Techniken × Wirkungsabschätzungsfaktor<br />

∑ EU−weite<br />

Emissionen × Wirkungsabschätzungsfaktor<br />

Da derzeit nicht für alle Schadstoffe, die zu einer Wirkungskategorie beitragen, EU-weite<br />

Emissionsdaten vorliegen, kann der spezifische Beitrag nur in erster Näherung abgeschätzt<br />

werden (vgl. Anhang B).<br />

Tabelle 5-15: Spezifischer Beitrag zur Abschätzung der Mengenrelevanz der Wirkungspotentiale<br />

für die untersuchten Techniken zur Sinterherstellung ohne Stromauflösung<br />

Wirkungskategorie<br />

mittleres Wirkungspotential der<br />

untersuchten Techniken<br />

EU-weites<br />

Gesamtpotential<br />

spezifischer Beitrag relative<br />

Größe<br />

Photooxidantienbildung<br />

0,0480 kg Ethen-Äqu./t Sinter 6,086 ⋅ 10 9 kg Ethen-Äqu./a 7,89 ⋅ 10 -12 a/t Sinter 5,5%<br />

Eutrophierung 0,0592 kg PO 3- 4 Äqu. /t Sinter 1,631 ⋅ 10 9 kg PO 3- 4 -Äqu./a 3,63 ⋅ 10 -11 a/t Sinter 25,4%<br />

Versauerung 1,40 kg SO 2 -Äqu. /t Sinter 20,828 ⋅ 10 9 kg SO 2 -Äqu./a 6,72 ⋅ 10 -11 a/t Sinter 47,0%<br />

Humantoxizität<br />

110 ⋅ 10 6 m³ Luft/t Sinter 769,6 ⋅ 10 12 m³ Luft/a 1,43 ⋅ 10 -10 a/t Sinter 100,0%<br />

Ökotoxizität Luft 36,1 ⋅ 10 6 m³ Luft/t Sinter 552,1 ⋅ 10 12 m³ Luft/a 6,54 ⋅ 10 -11 a/t Sinter 45,7%<br />

Für die weitere Auswertung werden nicht die absoluten Werte der spezifischen Beiträge herangezogen,<br />

sondern ihre relative Größe beim Vergleich untereinander. Dazu wird der spezifische<br />

Beitrag des Wirkungspotentials mit der größten Mengenrelevanz (hier: Humantoxizität, vgl.<br />

Tabelle 5-15) gleich 100 % gesetzt und die übrigen darauf normiert. So entspricht die relative<br />

Mengenrelevanz der Photooxidantienbildung für die untersuchten Techniken dem Wert<br />

7,<br />

89⋅10<br />

143 , ⋅10<br />

−12<br />

−10<br />

= 5,5 %. Diese relative Größe bildet die Grundlage für eine verbale Einstufung der<br />

Mengenrelevanz der Wirkungspotentiale. Gemäß Tabelle 4-8 hat somit das Wirkungspotential<br />

Humantoxizität eine sehr große Mengenrelevanz, während die Mengenrelevanz der Photooxidantienbildung<br />

als gering bezeichnet wird (vgl. Tabelle 5-16).<br />

Tabelle 5-16 zeigt eine mögliche Zusammenfassung der Einstufungen anhand der ökologischen<br />

Bedeutung der Wirkungskategorien und der Mengenrelevanz der Wirkungspotentiale für die<br />

vier im Fallbeispiel untersuchten Techniken. Da nur für die Wirkungskategorien Photooxidantienbildung,<br />

Eutrophierung, Versauerung, Humantoxizität und Ökotoxizität Luft spezifische<br />

Beiträge berechnet werden können, ist die mengenmäßige Relevanz der übrigen Wirkungskategorien<br />

und entscheidungsrelevanten Daten aus der Stoff- und Energiebilanz im Expertenkreis<br />

abzuschätzen. Ebenso ist die ökologische Bedeutung für die Wirkungskategorien Humantoxizität,<br />

Ökotoxizität und Meeresschutz sowie für die entscheidungsrelevanten Daten aus der<br />

Stoff- und Energiebilanz im Expertenkreis näherungsweise einzustufen. In Tabelle 5-16 sind<br />

die für das Fallbeispiel exemplarisch vorgenommenen Abschätzungen durch kursive Schrift<br />

gekennzeichnet.


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 97<br />

Tabelle 5-16: Zusammenfassung der Mengenrelevanz und der ökologischen Bedeutung für die<br />

untersuchten Techniken zur Sinterherstellung (mit Stromauflösung)<br />

Wirkungskategorie<br />

Spezifischer<br />

Beitrag<br />

(vgl.<br />

Tabelle 5-15)<br />

Mengenrelevanz<br />

(* ) vgl.<br />

Tabelle 4-8)<br />

Ökologische<br />

Bedeutung<br />

( #) vgl.<br />

Tabelle 4-7)<br />

Gesamtbedeutung<br />

(vgl.<br />

Tabelle 4-8)<br />

Gesamtgewichtung<br />

(vgl.<br />

Tabelle F-5)<br />

Photooxidantienbildung<br />

5,5 % gering* ) groß #) mittel 7,3%<br />

Eutrophierung 25,4 % mäßig* ) mittel #) mittel 7,3%<br />

Versauerung 47,0 % mittel* ) mittel #) mittel 7,3%<br />

Humantoxizität 100 % sehr groß* ) groß sehr groß 12,2%<br />

Ökotoxizität Luft 45,7 % mittel* ) mittel mittel 7,3%<br />

Ökotoxizität Wasser --- gering mittel mäßig 4,9%<br />

Gefährliche Abfälle --- gering mäßig #) mäßig 4,9%<br />

Meeresschutz --- gering sehr groß mittel 7,3%<br />

Daten aus Stoffund<br />

Energiebilanz<br />

Fossile Energien --- gering groß #) mittel 7,3%<br />

Strom --- gering groß mittel 7,3%<br />

Sn --- gering mittel mäßig 4,9%<br />

Tl --- gering groß mittel 7,3%<br />

PCDD/PCDF --- groß groß groß 9,8%<br />

wassergängige<br />

Emissionen<br />

--- gering mittel mäßig 4,9%<br />

kursiver Text: angenommene Abschätzungen im Expertenkreis<br />

Im Sinne der praktischen Durchführung der Vergabe von Gewichtungsfaktoren für die Wirkungskategorien<br />

und die entscheidungsrelevanten Stoff- und Energieströme erfolgt zunächst<br />

eine Befragung der Experten. Dabei dienen die Informationen zur ökologischen Bedeutung und<br />

zur Mengenrelevanz der Bewertungskategorien, die gemeinsam die Gesamtbedeutung charakterisieren,<br />

lediglich als Orientierung. Eine Möglichkeit zur pragmatischen Ableitung von Gewichtungsfaktoren<br />

besteht in der Umrechnung der verbalen Einstufungen der Gesamtbedeutung<br />

in Punktzahlen (gering = 1; mäßig = 2; mittel = 3; groß = 4; sehr groß = 5), die wiederum<br />

in eine prozentuale Gesamtgewichtung umgerechnet werden können (vgl. letzte Spalte von<br />

Tabelle 5-16; zur Umrechnung der verbalen Einstufungen in prozentuale Werte vgl. Tabelle F-<br />

5 in Anhang F). Diese Werte sind von den Experten kritisch zu hinterfragen, da die Vergabe<br />

der Gewichtungsfaktoren trotz des strukturierten Vorgehens nicht ausschließlich auf objektiven<br />

Begründungen beruhen kann. Die Gewichtungsfaktoren sollten nicht im Mittelpunkt der<br />

Diskussion stehen, sondern vielmehr eine ungefähre Größenordnung angeben, um die Bedeutung<br />

der einzelnen Bewertungskategorien für die vier untersuchten Techniken zu differenzieren.<br />

Besondere Beachtung verdienen dabei die Verhältnisse zwischen der numerischen Umrechnung<br />

der verbalen Einstufungen. So ist in der Expertendiskussion zu prüfen, ob die<br />

PCDD/PCDF mit 9,8 % doppelt so stark zu gewichten ist wie die wassergängigen Emissionen<br />

mit 4,9 %. Die Gewichtungsfaktoren für die Gesamtgewichtung ist entsprechend in der Expertendiskussion<br />

anzupassen. Dennoch kann mit dieser einfach ermittelten Gewichtung eine<br />

erste formale Auswertung der Entscheidungstabelle vorgenommen werden, da diese auch Anhaltspunkte<br />

für weiteren Diskussionsbedarf geben kann, wie im folgenden gezeigt wird.


98 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Formale Auswertung mittels paarweiser Vergleiche<br />

Zur Unterstützung der Auswertung einer Vielzahl von Bewertungskategorien und der Gewichtungen<br />

der verschiedenen Umwelteinwirkungen wird eine formale Methode zur Entscheidungsunterstützung<br />

herangezogen. Die formale Auswertung mittels paarweiser Vergleiche<br />

ist Anhang F ausführlich für dieses Fallbeispiel beschrieben, so daß an dieser Stelle nur die<br />

wesentlichen Informationen erläutert werden, die durch die computergestützte Auswertung<br />

den Experten zur Verfügung gestellt werden.<br />

Bei der Methode der paarweisen Vergleiche erfolgt die Aufbereitung der Daten aus der Entscheidungstabelle<br />

(Tabelle 5-7) über die dimensionslose Vergleichsgröße „Präferenz“. Das<br />

Verfahren basiert auf paarweisen Vergleichen, die mittels der Frage durchgeführt werden: „Zu<br />

wieviel Prozent stimmt die Aussage, daß Technik A besser ist als Technik B bezüglich der betrachteten<br />

Bewertungskategorie?“ Tabelle 5-17 zeigt das Ergebnis der Auswertung: Sowohl<br />

aus dem Maß für die relative Stärke einer Technik Φ + als auch aus dem Maß für die relative<br />

Schwäche einer Technik Φ - wird eine Rangfolge der untersuchten Techniken ermittelt. Beide<br />

Rangfolgen werden zu einer graphischen Ergebnisdarstellung zusammengefaßt. Da sich in dieser<br />

Auswertung die Rangfolgen für Φ + und Φ - unterscheiden, indem Technik B und D den<br />

Rangplatz tauschen, wird in der resultierenden Rangfolge eine Unvergleichbarkeit der beiden<br />

Techniken ausgewiesen.<br />

Tabelle 5-17: Maße für die relative Stärke und Schwäche der untersuchten Techniken zur Sinterherstellung<br />

(ohne Stromauflösung)<br />

Technik A Technik B Technik C Technik D Rangfolge<br />

Maß für relative Stärke: Φ + 0,341 0,467 0,188 0,513 D B A<br />

Maß für relative Schwäche: Φ - 0,373 0,253 0,626 0,257<br />

B D A<br />

resultierende Rangfolge:<br />

B<br />

D<br />

A<br />

C<br />

C<br />

C<br />

Bild 5-9 zeigt eine graphische Darstellung der relativen Stärke und Schwäche der untersuchten<br />

Techniken. Die graphische Ergebnisdarstellung im unteren Teil von Bild 5-9 spiegelt näherungsweise<br />

die Unterschiede der untersuchten Techniken wider, indem die Pfeillänge die Differenz<br />

der Φ netto -Werte andeutet. Diese Ergebnisdarstellung der paarweisen Vergleiche als graphische<br />

Anordnung der untersuchten Techniken bietet eine geeignete Diskussionsgrundlage.<br />

Die berechneten Zahlenwerte Φ + , Φ - und Φ netto stellen dabei lediglich eine dimensionslose Vergleichsgröße<br />

dar und dürfen keinesfalls als „Umweltbelastungspunkte“ gedeutet werden.<br />

Anhand von Bild 5-9 ist zu erkennen, daß bei Technik B und D die relative Stärke jeweils die<br />

relative Schwäche überwiegt, so daß beide Techniken bei der gewählten Gewichtung überwiegend<br />

positiv beurteilt werden. Da sich jedoch die relative Stärke der Techniken B und D nur<br />

geringfügig unterscheiden, sind beide als etwa gleichwertig anzusehen. Dieses Resultat erscheint<br />

bei nochmaliger Betrachtung der Wirkungspotentiale und der daraus resultierenden<br />

Einzelrangfolgen (vgl. Tabelle 5-9) plausibel, da Technik B und Technik D in jeweils verschiedenen<br />

Wirkungskategorien die besten Werte aufweisen. Bei der Auswertung der Technik A


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 99<br />

gleichen sich relative Stärke und Schwäche aus. Technik A hat zwar auch erste Rangplätze<br />

inne und schneidet in keiner Wirkungskategorie als schlechteste ab, doch durch die höhere<br />

Gewichtung der Humantoxizität bleibt Technik A in den paarweisen Vergleichen hinter den<br />

Techniken B und D zurück. Technik C, die in sechs Wirkungskategorien am schlechtesten abschneidet,<br />

weist auch in den paarweisen Vergleichen die größte relative Schwäche auf.<br />

relative Schwäche relative Stärke<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

-0,2<br />

-0,4<br />

-0,6<br />

-0,8<br />

Stärke minus Schwäche<br />

Stärkemaß<br />

Schwächemaß<br />

Technik D Technik B Technik A Technik C<br />

D A C<br />

B<br />

Bild 5-9: Graphische Darstellung der relativen Stärke und Schwäche der untersuchten Techniken<br />

zur Sinterherstellung ohne Stromauflösung<br />

Mittels einer Sensitivitätsanalyse (Tabelle 5-18) wird überprüft, bei welcher Veränderung der<br />

Gewichtung sich eine Änderung der relativen Maße für die Stärke und Schwäche ergibt, so daß<br />

eine Änderung der graphischen Auswertung der untersuchten Techniken resultiert. Dabei stellen<br />

die Intervalle den Bereich dar, in dem die Gewichtung der Bewertungskategorien ceteris<br />

paribus (unter ansonsten unveränderten Bedingungen) variiert werden kann, ohne daß sich die<br />

Rangfolge der untersuchten Techniken ändert. Je enger die Intervallgrenzen sind, desto sensitiver<br />

ist die Gewichtung der entsprechenden Bewertungskategorie. In Spalte 3 der Tabelle 5-18<br />

ist die Sensitivität grob klassifiziert, so daß die Expertendiskussion auf die Bewertungskategorien<br />

mit hoher Sensitivität konzentriert werden kann. Die beiden letzten Spalten der Tabelle 5-<br />

18 zeigen die Rangfolgen, die aus einer Änderung der jeweiligen Gewichtung unter bzw. über<br />

die Intervallgrenzen resultieren.


100 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Tabelle 5-18: Sensitivitätsanalyse für die Gewichtung der vier untersuchten Techniken zur Sinterherstellung<br />

ohne Stromauflösung<br />

Gewichtung Sensitivitäts Sensitivität Änderungen<br />

Wirkungskategorie intervall untere Intervallgrenze<br />

obere Intervallgrenze<br />

Photooxidantienbildung 7,3 % [0%; 12,1%] mittel D B A<br />

C<br />

Eutrophierung 7,3 % [0 %; 10,2 %] mittel B D A<br />

C<br />

B<br />

D<br />

A<br />

C<br />

Versauerung 7,3 % [0 %; 10,6 %] mittel B D A<br />

C<br />

D<br />

B<br />

A<br />

C<br />

Humantoxizität 12,2 % [1,2 %; 43,3 %] niedrig D B A<br />

Ökotoxizität Luft 7,3 % [0 %; 11,1 %] mittel D B A<br />

C<br />

C<br />

Ökotoxizität Wasser 4,9 % [4,1 %; 16,4 %] hoch B A<br />

D<br />

C<br />

D<br />

B<br />

A<br />

C<br />

Gefährliche Abfälle 4,9 % [4,1 %; 16,4 %] hoch D B A<br />

C<br />

B<br />

A<br />

D<br />

C<br />

Meeresschutz 7,3 % [0 %; 100 %] keine<br />

Fossile Energie 7,3 % [4,2 %; 38,2 %] mittel D B A<br />

C<br />

B<br />

D<br />

A<br />

C<br />

Strom 7,3 % [0 %; 13,2 %] mittel D B A<br />

C<br />

Sn 4,9 % [4,5 %; 22,3 %] hoch B A<br />

D<br />

C<br />

B<br />

D<br />

A<br />

C<br />

Tl 7,3 % [1,9 %; 53,0 %] niedrig D B A<br />

C<br />

B<br />

D<br />

A<br />

C<br />

PCDD/PCDF 9,8 % [0 %; 100 %] keine<br />

wassergängige<br />

Emissionen<br />

4,9 % [4,7 %; 16,4 %] sehr hoch D B A<br />

C<br />

B<br />

D<br />

A<br />

C<br />

Anhand der graphischen Auswertung lassen sich Gruppen ablesen: Je nach Gewichtung der<br />

wassergängigen Emissionen und den damit verbundenen Wirkungskategorien dominieren sich<br />

Technik B und D wechselseitig, während Technik C stets als schlechteste der untersuchten<br />

Techniken abschneidet. Technik A ist aufgrund der ausgewogenen relativen Stärken und<br />

Schwächen eher zu der Gruppe der besseren Techniken zu zählen. Auch eine Analyse der modifizierten<br />

Entscheidungstabelle (vgl. Tabelle 5-19), die zusätzlich die im Exkurs (Abschnitt<br />

5.1.2.4) berechneten Ressourcenverbräuche und Schadstoffemissionen der Stromerzeugung<br />

umfaßt, führt zu keinem anderen Ergebnis in der Gesamtauswertung (vgl. Bild 5-10).<br />

Hier kommt es, anders als bei der graphischen Auswertung der untersuchten Techniken ohne<br />

Auflösung der Stromerzeugung, nicht mehr zu einer Unvergleichbarkeit der Techniken B und<br />

D (vgl. Bild 5-9). Jedoch überwiegt in beiden Auswertungen die relative Stärke der Techniken<br />

B und D etwa in gleichem Maße deren relative Schwäche, so daß beide Techniken im Rahmen<br />

der Untersuchung als gleichwertig und im Vergleich zu den übrigen Techniken als dominierend<br />

anzusehen sind.


5.1 Fallbeispiel Sinterherstellung mit Staubabscheidung 101<br />

Tabelle 5-19: Entscheidungstabelle mit Gewichtung für vier Techniken zur Sinterherstellung mit<br />

Auflösung der Stromerzeugung<br />

Technik A Technik B Technik C Technik D Einheit pro t Gewichtung<br />

Sinter<br />

Wirkungskategorie<br />

Gesamtwirkungspotential<br />

Ressourcenverknappung 4,65 4,92 3,55 4,97 kg mittel<br />

Treibhauseffekt 16,9 18,2 14,8 17,4 kg CO 2 -Äqu. mittel<br />

Photooxidantienbildung 3,61*10 -2 1,94*10 -2 1,27*10 -1 1,07*10 -2 kg Ethen- mittel<br />

insgesamt<br />

Äqu.<br />

Eutrophierung insgesamt 5,78*10 -2 7,34*10 -2 6,72*10 -2 5,67*10 -2 kg PO 3- 4 - mittel<br />

Äqu.<br />

Versauerung insgesamt 1,22 1,77 1,80 1,22 kg SO 2 -Äqu. mittel<br />

Humantoxizität insgesamt<br />

1,76*10 8 4,91*10 7 1,99*10 8 4,38*10 7 m³ Luft sehr groß<br />

Ökotoxizität Luft 3,26*10 7 4,45*10 7 6,11*10 7 3,30*10 7 m³ Luft mittel<br />

Ökotoxizität Wasser 0 0 0 0,216 l Wasser mäßig<br />

Gefährliche Abfälle 0 0 0 0,15 kg mäßig<br />

Meeresschutz 2,24*10 -3 4,54*10 -5 7,39*10 -3 1,12*10 -4 kg mittel<br />

Daten aus Stoff- und Emissions- bzw. Verbrauchsmenge<br />

Energiebilanz<br />

Koksgrus 51 46 51 47 kg mittel<br />

Sn 9,18*10 -3 7,00*10 -7 9,44*10 -3 1,30*10 -4 kg mäßig<br />

Tl 1,95*10 -5 2,21*10 -7 1,56*10 -5 4,46*10 -6 kg mittel<br />

PCDD/PCDF 2,41*10 -9 1,29*10 -9 4,54*10 -9 3,12*10 -10 kg groß<br />

Wassergängige<br />

Emissionen<br />

nein nein nein ja mäßig<br />

relative Schwäche relative Stärke<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

-0,2<br />

-0,4<br />

-0,6<br />

Stärke minus Schwäche<br />

Stärke<br />

Schwäche<br />

Technik D Technik B Technik A Technik C<br />

D B A C<br />

Bild 5-10: Graphische Darstellung der relativen Stärke und Schwäche der vier untersuchten<br />

Techniken zur Sinterherstellung mit Stromauflösung<br />

Die Auswertung der entscheidungsrelevanten Daten durch die formale Methode liefert somit<br />

weitere Anhaltspunkte für die BVT-Bestimmung, die in der Expertendiskussion zur Verfügung<br />

stehen. Die endgültige Entscheidung über die Gruppe der BVT ist in der Expertendiskussion<br />

zu treffen. Dazu sind die Entscheidungstabelle, die Wirkungsabschätzungstabelle und die Stoffund<br />

Energiebilanz heranzuziehen und die Datenqualität, die berechneten Wirkungspotentiale<br />

sowie die gewählten Gewichtungsfaktoren kritisch zu hinterfragen.


102 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

5.2 Fallbeispiel Elektrostahlherstellung<br />

Im folgenden Fallbeispiel wird die vorgeschlagene medienübergreifende Bewertungsmethode<br />

auf zwei fiktive Techniken zur Elektrostahlerzeugung angewendet. Die Techniken werden dabei<br />

durch Datensätze beschrieben, die aus einem Meßprogramm für Dioxine und Schwermetalle<br />

stammen und somit das Stoffspektrum und die Emissionswerte eines Elektrostahlwerks<br />

realitätsnah abbilden. Detaillierte Angaben zu Einsatzstoffen und Energieverbrauch liegen nicht<br />

vor. Es wird gezeigt, daß bei ausreichend detaillierter Datenlage auf die Erstellung eines Mengengerüstes<br />

verzichtet und direkt die Stoff- und Energiebilanz erstellt werden kann.<br />

5.2.1 Technische Beschreibung der Elektrostahlherstellung<br />

5.2.1.1 Verfahrensbeschreibung<br />

Elektrostahl wird im Elektrolichtbogenofen durch Einschmelzen verschiedener Eisenträger wie<br />

Schrott, Roheisen oder Eisenschwamm hergestellt. Die hierfür benötigte Wärme wird hauptsächlich<br />

durch elektrische Energie erzeugt.<br />

Die Erzeugung des Elektrostahls erfolgt in mehreren Betriebsphasen. Nach dem Befüllen des<br />

Ofens mit Schrott wird zwischen der Graphitelektrode und dem Metall der Lichtbogen gezündet.<br />

Damit beginnt die Einschmelzphase. Zur Senkung des Stromverbrauchs kann das Einschmelzen<br />

durch Einblasen von Sauerstoff oder einem Brennstoff-Gasgemisch beschleunigt<br />

werden. Nach dem Schmelzvorgang folgt die Oxidationsphase (Frischphase), die dazu dient,<br />

den Kohlenstoffgehalt der Schmelze zu verringern und in der Schmelze vorhandene unerwünschte<br />

Begleitelemente zu oxidieren. Hierfür wird Sauerstoff über eine Lanze in die<br />

Schmelze eingeblasen. In der darauf folgenden Desoxidationsphase wird durch Einblasen von<br />

Kohle im Rohstahl gelöster überschüssiger Sauerstoff zu CO oxidiert, der aus der Schmelze<br />

entweicht. Am Ende des Schmelzvorgangs werden erst die Schlacke, danach der flüssige Stahl<br />

abgegossen (abgestochen) und der Sekundärmetallurgie bzw. der Schlackenaufbereitung zugeführt.<br />

Es folgen weitere Aufbereitungsschritte, die jedoch für dieses Fallbeispiel nicht betrachtet<br />

werden. Für eine ausführliche Beschreibung des Verfahrens sei auf die einschlägige<br />

Literatur verwiesen, z.B. [Jellinghaus94].<br />

5.2.1.2 Inputs und Outputs bei der Elektrostahlherstellung<br />

Der eisenhaltige Einsatzstoff für die Rohstahlerzeugung im Elektrolichtbogenofen ist in der<br />

Regel Schrott, es können aber auch andere Rohstoffe wie Roheisen oder Eisenschwamm eingesetzt<br />

werden. Neben elektrischem Strom wird Sauerstoff oder ein Sauerstoff/Brennstoff-<br />

Gemisch zur zusätzlichen Wärmeerzeugung benötigt. Zu den weiteren Einsatzstoffen zählen<br />

Zuschläge wie Schlackenbildner (Kalk), Frischmittel (elementarer Sauerstoff), Kohlungsmittel<br />

(Koks, Graphitstaub), Desoxidationsmittel und Legierungsmittel (Metalle und Metall-


5.2 Fallbeispiel Elektrostahlherstellung 103<br />

Legierungen). Zusätzlich wird für die regelmäßig auszuführende Neuausmauerung des Ofens<br />

Feuerfestmaterial benötigt, sowie Graphit, da die Elektroden mit der Zeit abbrennen.<br />

Neben dem Produkt Rohstahl entstehen mehrere Reststoffe: Schlacken, Stäube und Feuerfestausbruch.<br />

Das schadstoffhaltige und partikelbeladene Abgas wird einer Abgasreinigung<br />

zugeführt. Das Kühlwasser wird im Kreislauf geführt. Bild 5-11 zeigt ein Schema der Stahlerzeugung<br />

im Elektrolichtbogenofen mit den ein- und ausgehenden Stoff- und Energieströmen.<br />

Emissionen<br />

Input, RGR<br />

Schrott<br />

Rauchgasreinigung<br />

Rauchgas, rein<br />

Strom<br />

Hilfsstoffe<br />

Zur Erstellung der Stoff- und Energiebilanz werden zunächst die konkreten Bilanzierungsvoraussetzungen<br />

und Bilanzgrenzen (Zentralmodul) festgelegt. Anschließend erfolgt die Ermitt-<br />

Elektrolichtbogenofen<br />

Staub, roh<br />

Schlacke, roh<br />

Zuschläge<br />

Ofenausbruch, roh<br />

Kühlwasser<br />

Rohstahl<br />

Bild 5-11: Schema der Elektrostahlherstellung mit ein- und austretenden Energie- und<br />

Stoffströmen<br />

5.2.2 Anwendung der medienübergreifenden Bewertungsmethode auf das<br />

Beispiel Elektrostahlherstellung<br />

5.2.2.1 First Screening<br />

Im First Screening wird die Einhaltung der EU-weiten Emissionsgrenzwerte durch die zu bewertenden<br />

Techniken untersucht. Techniken, die die erforderlichen Grenzwerte nicht einhalten,<br />

können nicht BVT werden und fallen an dieser Stelle aus der medienübergreifenden Bewertung<br />

heraus. Im nächsten Schritt des First Screenings ist ein Mengengerüst zu erstellen, anhand dessen<br />

untersucht wird, ob eine Technik sofort als BVT eingestuft werden kann. Im untersuchten<br />

Fallbeispiel ist es aufgrund der guten Datenlage sowie der im Rahmen des First Screening noch<br />

nicht durchführbaren BVT-Bestimmung angebracht, das Mengengerüst unmittelbar in eine<br />

detaillierte Stoff- und Energiebilanz zu überführen.<br />

5.2.2.2 Stoff- und Energiebilanz


104 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

lung der relevanten Stoff- und Energieströme (Positionen), die jeweils auf die Bezugsgröße, im<br />

Fallbeispiel auf eine Tonne Rohstahl, bezogen werden. Falls erwünscht oder erforderlich kann<br />

an dieser Stelle eine Erweiterung des Systems erfolgen, beispielsweise bei signifikanten Unterschieden<br />

im Energieeinsatz oder Abfallaufkommen. Zur Reduzierung des Untersuchungsaufwands<br />

kann ein Abschneiden von Positionen, die gleich sind oder sich nur geringfügig unterscheiden,<br />

sowie von Positionen, die mengenmäßig oder ökologisch nur wenig relevant sind,<br />

erfolgen.<br />

Im Fallbeispiel wird auf eine Diskussion der Bilanzierungsvoraussetzungen verzichtet, da von<br />

fiktiven Techniken ausgegangen wird. Ohne das System (Elektrostahlerzeugung) genauer zu<br />

untersuchen, werden in Tabelle 5-20 als entscheidungsrelevante Positionen der Stoff- und<br />

Energiebilanz die Stoffe im Abgas für die beiden zu bewertenden Techniken aufgeführt, um die<br />

Anwendung der nachfolgenden Schritte der medienübergreifenden Bewertungsmethode auf das<br />

Fallbeispiel Elektrostahlherstellung zu demonstrieren.<br />

Tabelle 5-20: Entscheidungsrelevante Positionen der Stoff- und Energiebilanz für zwei fiktive<br />

Techniken zur Elektrostahlherstellung<br />

Input und Output Stoff/Energie Technik A Technik B Einheit pro t Elektrostahl<br />

Stoffe im Abgas Staub 0,06 0,0144 kg<br />

CO 1,9680 0,7980 kg<br />

SO 2 0,0960 0,0784 kg<br />

NO x 0,2400 0,1120 kg<br />

NMVOC 0,0480 0,0420 kg<br />

Chloridionen als HCl 0,0144 0,0025 kg<br />

Fluoridionen als HF 0,0006 0,0014 kg<br />

PCDD/PCDF 1,37*10 -9 9,80*10 -10 kg<br />

Benzo(a)pyren 1,80*10 -7 1,54*10 -6 kg<br />

Dibenzanthracen 7,20*10 -8 4,20*10 -7 kg<br />

PAK 1,16*10 -3 1,16*10 -3 kg<br />

Benzol 3,58*10 -3 3,58*10 -3 kg<br />

PCB 1,27*10 -5 4,62*10 -6 kg<br />

As 3,24*10 -5 9,80*10 -5 kg<br />

Cd 2,76*10 -5 3,22*10 -4 kg<br />

Co 2,40*10 -6 2,66*10 -4 kg<br />

Cr 1,01*10 -4 2,66*10 -4 kg<br />

Cu 1,16*10 -4 3,09*10 -3 kg<br />

Hg 3,60*10 -6 3,08*10 -4 kg<br />

Mn 6,80*10 -4 4,62*10 -4 kg<br />

Ni 6,00*10 -6 1,26*10 -4 kg<br />

Pb 1,97*10 -3 3,56*10 -3 kg<br />

Se 2,16*10 -5 2,16*10 -5 kg<br />

Sn 4,56*10 -5 2,66*10 -4 kg<br />

Tl 1,20*10 -6 1,20*10 -6 kg<br />

V 8,40*10 -6 2,66*10 -4 kg<br />

Ein Vergleich der Daten aus der Stoff- und Energiebilanz erlaubt noch keine eindeutige Aussage<br />

über die Rangfolge der beiden Techniken. Um eine BVT-Bestimmung zu ermöglichen, wird<br />

im nächsten Schritt eine Wirkungsabschätzung durchgeführt.


5.2 Fallbeispiel Elektrostahlherstellung 105<br />

5.2.2.3 Wirkungsabschätzung<br />

In der Wirkungsabschätzung werden die Daten aus der Stoff- und Energiebilanz entsprechend<br />

ihrer potentiellen Umweltwirkung bewertet. Bei der anschließenden Aggregation der Wirkungspotentiale<br />

der Einzelstoffe zu Gesamtwirkungspotentialen reduziert sich die Anzahl der<br />

zu berücksichtigenden Bewertungskategorien.<br />

In Tabelle 5-21 wird beispielhaft für Technik A die Wirkungsabschätzung durchgeführt (Die<br />

Berechnungen für Technik B befinden sich im Anhang E2). Die Daten aus der Stoff- und<br />

Energiebilanz werden hierfür den verschiedenen Wirkungskategorien zugeordnet und ihr jeweiliger<br />

Beitrag zu einer Kategorie wird durch Multiplikation mit einem Wirkungsabschätzungsfaktor<br />

(vgl. Anhang A1-A10) berücksichtigt. In Bild 5-12 sind zudem die jeweiligen Beiträge<br />

der Einzelstoffe zum Gesamtwirkungspotential in den berücksichtigten Wirkungskategorien<br />

graphisch dargestellt.<br />

Tabelle 5-21: Wirkungsabschätzung für die fiktive Technik A zur Elektrostahlherstellung<br />

Stoff/Energie<br />

Einheit<br />

Wirkungskategorie<br />

Wirkungsabschätzungsfaktor<br />

Emissionsmenge<br />

Einheit<br />

pro t<br />

Elektrostahl<br />

Wirkungspotential<br />

Einheit pro t<br />

Elektrostahl<br />

Staub HT 2,50*10 7 m³ Luft/kg 6,00*10 -2 kg 1,50*10 6 m³ Luft<br />

ETA 2,50*10 7 m³ Luft/kg kg 1,50*10 6 m³ Luft<br />

CO HT 1,00*10 5 m³ Luft/kg 1,97 kg 1,97*10 5 m³ Luft<br />

SO 2 AP 1 kg SO 2 - 9,60*10 -2 kg 9,60*10 -2 kg SO 2 -Äqu.<br />

Äqu./kg<br />

HT 2,50*10 7 m³ Luft/kg kg 2,40*10 6 m³ Luft<br />

ETA 2,50*10 7 m³ Luft/kg kg 2,40*10 6 m³ Luft<br />

NO x AP 0,7 kg SO 2 - 2,40*10 -1 kg 1,68*10 -1 kg SO 2 -Äqu.<br />

Äqu./kg<br />

NP 0,13 kg PO 3- 4 -<br />

kg 3,12*10 -2 kg PO 3- 4 -Äqu.<br />

Äqu/kg<br />

HT 2,00*10 7 m³ Luft/kg kg 4,80*10 6 m³ Luft<br />

ETA 2,00*10 7 m³ Luft/kg kg 4,80*10 6 m³ Luft<br />

NMVOC POCP 0,416 kg Ethen- 4,80*10 -2 kg 2,00*10 -2 kg Ethen-Äqu.<br />

Äqu./kg<br />

Chloride als AP 0,88 kg SO 2 - 1,44*10 -2 kg 1,27*10 -2 kg SO 2 -Äqu.<br />

HCl<br />

Äqu./kg<br />

Fluoride als HF AP 1,6 kg SO 2 - 6,00*10 -4 kg 9,60*10 -4 kg SO 2 -Äqu.<br />

Äqu./kg<br />

PCDD/PCDF ME 0,7 1,37*10 -9 kg 9,58*10 -10 kg<br />

PAK ME 0,5 1,16*10 -3 kg 5,82*10 -4 kg<br />

Benzol POCP 0,189 kg Ethen- 3,58*10 -3 kg 6,76*10 -4 kg Ethen-Äqu.<br />

Äqu./kg<br />

ME 0,5 kg 1,79*10 -3 kg<br />

PCB ME 1 1,27*10 -5 kg 1,27*10 -5 kg<br />

As ME 0,5 3,24*10 -5 kg 1,62*10 -5 kg<br />

Cd HT 1,00*10 12 m³ Luft/kg 2,76*10 -5 kg 2,76*10 7 m³ Luft<br />

ME 0,7 kg 1,93*10 -5 kg<br />

Cr ME 0,5 1,01*10 -4 kg 5,04*10 -5 kg<br />

Cu ME 0,5 1,16*10 -4 kg 5,82*10 -5 kg<br />

Hg HT 1,00*10 9 m³ Luft/kg 3,60*10 -6 kg 3,60*10 3 m³ Luft<br />

ME 0,7 kg 2,52*10 -6 kg


106 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Mn HT 1,00*10 9 m³ Luft/kg 6,80*10 -4 kg 6,80*10 5 m³ Luft<br />

Ni ME 0,5 6,00*10 -6 kg 3,00*10 -6 kg<br />

Pb HT 5,00*10 8 m³ Luft/kg 1,97*10 -3 kg 9,85*10 5 m³ Luft<br />

ME 0,7 kg 1,38*10 -3 kg<br />

V HT 5,00*10 9 m³ Luft/kg 8,40*10 -6 kg 4,20*10 4 m³ Luft<br />

Legende der Abkürzungen:<br />

HT: Humantoxizität<br />

ETA: Ökotoxizität Luft<br />

AP: Versauerung<br />

NP: Eutrophierung<br />

POCP: Photooxidantienbildung<br />

ME: Meeresschutz


5.2 Fallbeispiel Elektrostahlherstellung 107<br />

Photooxidantienbildung<br />

Überdüngung<br />

2,5<br />

3,5<br />

2,0<br />

3,0<br />

[kg Ethen-Äqu.*1E-02]<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

Benzol<br />

NMVOC<br />

[kg PO4-Äqu.*1E-02]<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

NOx<br />

0,0<br />

[Technik A] [Technik B]<br />

0,0<br />

[Technik A] [Technik B]<br />

0,30<br />

Versauerung<br />

350.000<br />

Humantoxizität<br />

0,25<br />

300.000<br />

[kg SO2-Äqu.]<br />

0,20<br />

0,15<br />

0,10<br />

0,05<br />

Fluoride als HF<br />

Chloride als HCl<br />

NOx<br />

SO2<br />

[m³ Luft*1E+03]<br />

250.000<br />

200.000<br />

150.000<br />

100.000<br />

50.000<br />

V<br />

Pb<br />

Mn<br />

Hg<br />

Cd<br />

NOx<br />

SO2<br />

CO<br />

Staub<br />

0,00<br />

[Technik A] [Technik B]<br />

0<br />

[Technik A] [Technik B]<br />

[m³ Luft*1E+05]<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Ökotoxizität, Luft<br />

NOx<br />

Staub<br />

SO2<br />

[kg*1E-03]<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

Meeresschutz<br />

Pb<br />

Ni<br />

Hg<br />

Cu<br />

Cr<br />

Cd<br />

As<br />

PCB<br />

Benzol<br />

PAK<br />

PCDD/PCDF<br />

0<br />

[Technik A] [Technik B]<br />

0<br />

[Technik A] [Technik B]<br />

Bild 5-12: Graphische Darstellung der Ergebnisse der Wirkungsabschätzung für zwei fiktive<br />

Techniken zur Elektrostahlherstellung<br />

Die Ergebnisse der Wirkungsabschätzung für die Einzelstoffe werden jeweils zum Gesamtwirkungspotential<br />

addiert. Gleichzeitig werden auch die Stoffe und Energien, die in keine Wirkungskategorie<br />

überführt werden können, als Einzelpositionen aus der Stoff- und Energiebilanz<br />

übernommen. Die Gesamtwirkungspotentiale der Techniken A und B sowie die übernommenen<br />

Einzelpositionen aus dem Fallbeispiel sind in Tabelle 5-22 aufgeführt. Dabei zeigt<br />

sich die Reduzierung der für eine Bewertung zu berücksichtigenden Bewertungskategorien<br />

deutlich.


108 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Tabelle 5-22: Entscheidungstabelle für zwei fiktive Techniken zur Elektrostahlherstellung<br />

Technik A Technik B Einheit pro t<br />

Elektrostahl<br />

Wirkungskategorie<br />

Gesamtwirkungspotential<br />

Photooxidantienbildung 2,06*10 -2 1,81*10 -2 kg Ethen-Äqu.<br />

Eutrophierung 3,12*10 -2 1,46*10 -2 kg PO 3- 4 -Äqu.<br />

Versauerung 2,78*10 -1 1,61*10 -1 kg SO 2 -Äqu.<br />

Humantoxizität 3,82*10 7 3,31*10 8 m³ Luft<br />

Ökotoxizität Luft 6,30*10 6 2,60*10 6 m³ Luft<br />

Meeresschutz 3,91*10 -3 7,10*10 -3 kg<br />

Daten aus Stoff- und Energiebilanz<br />

Emissions- bzw.<br />

Verbrauchsmenge<br />

Benzo(a)pyren 1,80*10 -7 1,54*10 -6 kg<br />

Dibenzanthracen 7,20*10 -8 4,20*10 -7 kg<br />

Co 2,40*10 -6 2,66*10 -4 kg<br />

Se 2,16*10 -5 2,16*10 -5 kg<br />

Sn 4,56*10 -5 2,66*10 -4 kg<br />

Tl 1,20*10 -6 1,20*10 -6 kg<br />

Da eine Entscheidung an dieser Stelle noch nicht möglich ist, wird zur weiteren Datenaufbereitung<br />

auf die Entscheidungsunterstützung zurückgegriffen.<br />

5.2.2.4 Entscheidungsunterstützung<br />

Normierung<br />

Zunächst wird in der Entscheidungsunterstützung eine Normierung der Wirkungspotentiale<br />

und entscheidungsrelevanten Stoffströme durchgeführt, indem die Werte der beiden Techniken<br />

auf den jeweiligen Mittelwert bezogen werden (vgl. Tabelle 5-23). Werte kleiner als 1 bedeuten<br />

somit, daß eine Technik in der betrachteten Wirkungskategorie besser ist als der Durchschnitt.<br />

In Bild 5-13 ist die Normierung der Werte zusätzlich graphisch dargestellt.<br />

Tabelle 5-23: Normierte Kennzahlen für zwei fiktive Techniken zur Elektrostahlherstellung<br />

Mittelwert Technik A Technik B<br />

Wirkungskategorie<br />

normiertes Wirkungspotential<br />

Photooxidantienbildung 1,94*10 -2 1,06 0,94<br />

Eutrophierung 2,29*10 -2 1,36 0,64<br />

Versauerung 2,19*10 -1 1,27 0,73<br />

Humantoxizität 1,84*10 8 0,21 1,79<br />

Ökotoxizität Luft 4,45*10 6 1,42 0,58<br />

Meeresschutz 5,5*10 -3 0,71 1,29<br />

Daten aus Stoff- und Energiebilanz<br />

normierte Emissions- bzw.<br />

Verbrauchsmenge<br />

Benzo(a)pyren 8,6*10 -7 0,21 1,79<br />

Dibenzanthracen 2,46*10 -7 0,29 1,71<br />

Co 1,34*10 -4 0,02 1,98<br />

Se 2,16*10 -5 1,00 1,00<br />

Sn 1,56*10 -4 0,29 1,71<br />

Tl 1,20*10 -6 1,00 1,00


5.2 Fallbeispiel Elektrostahlherstellung 109<br />

Normierter Wert<br />

2<br />

1,8<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

Technik A<br />

Technik B<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

Photooxidantienbildung<br />

Eutrophierung<br />

Versauerung<br />

Humantoxizität<br />

Ökotoxizität<br />

(Luftschadstoffe)<br />

Meeresschutz<br />

Benzo(a)pyren<br />

Dibenzanthracen<br />

Co<br />

Se<br />

Sn<br />

Tl<br />

Kategorien<br />

Bild 5-13: Normierte Kennzahlen für zwei fiktive Techniken zur Elektrostahlherstellung<br />

Technik B weist in den meisten Wirkungskategorien bessere Werte auf, aber bei den übrigen<br />

entscheidungsrelevanten Positionen schlechtere Werte auf. Da keine der beiden Techniken die<br />

andere dominiert, kann die Bewertung an dieser Stelle nicht mit einer eindeutigen BVT-<br />

Bestimmung beendet werden. Daher ist in der Expertendiskussion eine Gewichtung vorzunehmen,<br />

um die Bedeutsamkeit der einzelnen Bewertungskategorien abzustufen.<br />

Gewichtung<br />

Im Gegensatz zum Fallbeispiel Sinterherstellung soll in diesem Beispiel auf eine ausführliche<br />

Gewichtung nach dem UBA-Ansatz für Getränkeverpackungen (vgl. Abschnitt 4.2.4.2) verzichtet<br />

werden. Stattdessen wird eine vorläufige Gewichtung pragmatisch durch die Bildung<br />

einer Rangfolge der Wirkungskategorien in der Expertendiskussion bestimmt. Dabei wird die<br />

bedeutendste Kategorie mit dem höchsten Gewichtungsfaktor versehen, die anderen erhalten<br />

dementsprechend weniger Gewicht. Es wird angenommen, daß die Wirkungskategorien zusammen<br />

eine Gewichtung von 94,5 % erhalten sollen, während für die sechs gleich zu gewichtenden<br />

Einzelstoffe zusammen 5,5 % veranschlagt werden. In Tabelle 5-24 sind die vorgeschlagene<br />

Rangfolge und die daraus ermittelten Gewichtungsfaktoren angegeben.


110 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Tabelle 5-24: Gewichtung der Wirkungskategorien und Daten aus der Stoff- und Energiebilanz<br />

für zwei fiktive Techniken zur Elektrostahlerzeugung<br />

Wirkungskategorie Rangplatz Gewichtungsfaktor<br />

Meeresschutz 1<br />

94 , 5%<br />

6⋅ = 27 %<br />

21<br />

Photooxidantienbildung 2<br />

94 , 5%<br />

5⋅ = 22,5 %<br />

21<br />

Humantoxizität 3<br />

94 , 5%<br />

4⋅ = 18 %<br />

21<br />

Ökotoxizität Luft 4<br />

94 , 5%<br />

3⋅ = 13,5 %<br />

21<br />

Versauerung 5<br />

94 , 5%<br />

2⋅ =<br />

21<br />

9 %<br />

Eutrophierung 6<br />

94 , 5%<br />

1⋅ =<br />

21<br />

4,5 %<br />

Summe der Rangplätze: 21<br />

Daten aus Stoff- und Energiebilanz<br />

Benzo(a)pyren - 0,9 %<br />

Dibenzanthracen - 0,9 %<br />

Co - 0,9 %<br />

Se - 0,9 %<br />

Sn - 0,9 %<br />

Tl - 0,9 %<br />

Summe:100 %<br />

Diese einfach ermittelten vorläufigen Gewichtungsfaktoren dienen als Anhaltspunkt für die<br />

Expertendiskussion, in der die Abstände zwischen der Bedeutsamkeit der einzelnen Bewertungskategorien<br />

kritisch zu hinterfragen sind. Da jedoch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />

über die Verhältnisse zwischen den Bewertungskategorien existieren, wird jede Gewichtung<br />

subjektiv und auf die untersuchten Techniken beschränkt bleiben. Die von den Experten vorgeschlagene<br />

Gewichtung sollte durch Sensitivitätsanalysen überprüft werden.<br />

Formale Entscheidungsunterstützung nach dem paarweisen Vergleich<br />

Die formale Auswertung mittels paarweiser Vergleiche wird auf die Entscheidungstabelle<br />

(Tabelle 5-22) mit der vorläufigen Gewichtung (Tabelle 5-24) angewendet. Bild 5-14 zeigt als<br />

Ergebnis der Computerauswertung, daß sich bei beiden Techniken die dimensionslosen Maße<br />

für die relative Stärke und Schwäche ausgleichen. Daher werden in der Expertendiskussion<br />

entweder beide Techniken als BVT identifiziert, oder keine von beiden, da die Rangfolge lautet:<br />

Technik A und Technik B sind etwa gleich.


5.2 Fallbeispiel Elektrostahlherstellung 111<br />

Maß für Schwäche Maß für Stärke<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

-0,2<br />

-0,4<br />

Stärke minus Schwäche<br />

Stärkemaß<br />

Schwächemaß<br />

-0,6<br />

Technik B<br />

Technik A<br />

Bild 5-14: Graphische Darstellung der relativen Stärke und Schwäche der untersuchten Techniken<br />

zur Elektrostahlherstellung<br />

Der Einfluß der Gewichtung auf die formale Auswertung als Vorbereitung der BVT-<br />

Bestimmung ist in der Sensitivitätsanalyse zu untersuchen. Die Sensitivitätsanalyse (Tabelle 5-<br />

25) zeigt die Intervalle an, in denen die Gewichtung der jeweiligen Bewertungskategorien ohne<br />

Auswirkung auf die resultierende Anordnung der untersuchten Techniken geändert werden<br />

kann. Dabei zeigt sich, daß die Gewichtung der meisten Wirkungskategorien sehr stark die<br />

Rangfolge der beiden Techniken beeinflussen können. Da jedoch keine Technik die andere<br />

deutlich dominiert (vgl. auch Bild 5-13), wird auch anhand der Sensitivitätsanalyse die Indifferenz<br />

zwischen den beiden Techniken deutlich.<br />

Tabelle 5-25: Sensitivitätsanalyse für die Gewichtung im Fallbeispiel Elektrostahlherstellung<br />

gewählte Sensititvitätsintervall Sensitivität<br />

Gewichtung<br />

Photooxidantienbildung 22,5 % [19,8 %; 100 %] hoch<br />

Eutrophierung 4,5 % [1,8 %; 100 %] gering<br />

Versauerung 9 % [6,48 %; 100 %] hoch<br />

Humantoxizität 18 % [0 %; 20,18 %] hoch<br />

Ökotoxizität Luft 13,5 % [10,8; 100 %] hoch<br />

Meeresschutz 27 % [0 %; 29 %] hoch<br />

Benzo(a)pyren 0,9 % [0 %; 3,5 %] gering<br />

Dibenzanthracen 0,9 % [0 %; 3,5 %] gering<br />

Co 0,9 % [0 %; 3,5 %] gering<br />

Se 0,9 % [0 %; 100 %] keine<br />

Sn 0,9 % [0 %; 100 %] keine<br />

Tl 0,9 % [0 %; 100 %] keine<br />

Dieses Fallbeispiel zeigt zum einen die Anwendung der vorgeschlagenen medienübergreifenden<br />

Bewertungsmethode auf das Stoffspektrum der Elektrostahlerzeugung. Die meisten der in der<br />

Stoff- und Energiebilanz berücksichtigten Stoffe konnten Wirkungskategorien zugeordnet<br />

werden und deren Wirkungspotential berechnet werden, wobei die gute Überführbarkeit der<br />

luftseitigen Stoffe in Wirkungspotentiale sich schon im Fallbeispiel Sinterherstellung gezeigt


112 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

hat. Zum anderen demonstriert es die verkürzte Anwendung der vorgeschlagenen Bewertungsmethode,<br />

indem auf eine ausführliche Betrachtung der Mengenrelevanz und der ökologischen<br />

Bedeutung der Wirkungspotentiale der untersuchten Techniken verzichtet wurde.


5.3 Fallbeispiel Aluminiumherstellung 113<br />

5.3 Fallbeispiel Aluminiumherstellung<br />

In diesem Fallbeispiel wird die medienübergreifende Bewertungsmethode auf Techniken zur<br />

Aluminiumerzeugung angewendet. Hierfür stehen Datensätze für drei fiktive Techniken zur<br />

Verfügung, die auf verschiedenen Literaturdaten aufbauen. Es wird gezeigt, daß bei ausreichender<br />

Informationslage der modulare Aufbau der vorgeschlagenen medienübergreifenden<br />

Bewertungsmethode eine frühzeitige Beendigung der Bewertung gestattet.<br />

5.3.1 Technische Beschreibung der Aluminiumherstellung<br />

5.3.1.1 Verfahrensbeschreibung<br />

Die Herstellung von Primär-Aluminium erfolgt in zwei Stufen:<br />

1. Gewinnung von Aluminiumoxid aus Bauxit<br />

2. Reduktion des Oxids mittels Schmelzflußelektrolyse zu metallischem Aluminium<br />

Tonerdeherstellung<br />

In der Tonerdefabrik wird aus dem Rohstoff Bauxit das Zwischenprodukt Aluminiumoxid<br />

(Tonerde) gewonnen. Das verbreitetste Verfahren hierfür ist der Bayerprozeß. Dabei wird das<br />

aufbereitete Bauxit mit wäßriger Natronlauge unter erhöhtem Druck und Temperatur im Rohrreaktor<br />

oder Autoklaven aufgeschlossen (Drucklaugung). Das Aluminium geht als Natriumaluminat<br />

in Lösung. Die übrigen Bestandteile des Bauxits bleiben ungelöst im Rückstand, dem<br />

sogenannten Rotschlamm, und werden mechanisch abgetrennt. Aus der gereinigten und abgekühlten<br />

Natriumaluminat-Lauge fällt Aluminiumhydroxid (Al(OH) 3 ) aus. Das Aluminiumhydroxid<br />

wird anschließend in Drehrohr- oder Wirbelschichtöfen durch thermische Spaltung in<br />

Aluminiumoxid (Al 2 O 3 ) überführt (Kalzinierung).<br />

Schmelzflußelektrolyse<br />

In der Aluminiumhütte wird das Aluminiumoxid, gelöst in einer Kryolithschmelze, elektrochemisch<br />

zu metallischem Aluminium reduziert. Der Elektrolyseofen besteht aus mit Kohlenstoffsteinen<br />

ausgekleideten Wannen, welche die Funktion der Kathode übernehmen. Als Anoden<br />

werden Graphitblöcke verwendet, die vorgebrannt oder als selbstbackende Söderberg-<br />

Elektroden eingesetzt werden können. An der Kathode wird Aluminium abgeschieden und am<br />

Boden des Ofens abgesaugt. An der Anode entsteht Sauerstoff, der mit dem Anodengraphit zu<br />

CO 2 umgewandelt wird. Das in der Elektrolyse gewonnene flüssige Hüttenaluminium wird in<br />

der Gießerei einer Schmelzreinigung unterzogen und nach Zusatz von Legierungszusätzen vergossen.<br />

Eine ausführliche Darstellung der Aluminiumerzeugung findet sich z.B. in [Aluminium-<br />

Taschenbuch].


114 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

5.3.1.2 Inputs und Outputs bei der Aluminiumherstellung<br />

In der Tonerdefabrik werden - neben dem Rohstoff Bauxit - Hilfsstoffe wie Kalk, Natriumhydroxid<br />

und Wasser eingesetzt. Als Energieträger für Aufschluß und Kalzinierung werden<br />

Strom und Erdgas verwendet. Für die Schmelzflußelektrolyse müssen jeweils einige Kilogramm<br />

Kryolith, Aluminiumfluorid und Flußspat je Tonne Aluminium ersetzt werden, da ein<br />

Teil dieser Stoffe mit dem Abgas oder dem Ofenausbruch aus dem Ofen ausgetragen wird. Für<br />

die Anode werden Petrolkoks, Pech, Anthrazit und Erdgas benötigt. Als Energieträger für die<br />

Elektrolyse wird elektrischer Strom eingesetzt.<br />

Als Output entsteht im Bayerprozeß bei der Drucklaugung eine größere Menge Rotschlamm,<br />

der Oxide und Hydroxide der im Bauxit enthaltenen Begleitelemente aufweist. Die aus Feuerfestmaterial<br />

und Kathodengraphit bestehende Auskleidung des Elektrolyseofens wird mit der<br />

Zeit ausgetragen und fällt als Ofenausbruch an. Die entstehenden Abgase werden einer Abgasreinigung<br />

unterzogen, wobei Filterrückstände in Form von Stäuben (oder Schlämmen) anfallen.<br />

Je nach Prozeßführung entstehen auch Abwässer. In Bild 5-15 ist die Aluminiumerzeugung<br />

schematisch dargestellt [Sage93]<br />

Energie<br />

Energie<br />

NaOH<br />

Energie<br />

Anodenkohle<br />

Kryolith<br />

Energie<br />

N<br />

Leg. Zutaten Cl<br />

Bauxit<br />

Bauxitabbau<br />

Zerkleinerung<br />

Transport<br />

Bayerverfahren<br />

(Aufschluß +<br />

Kalzination)<br />

Schmelzflußelektrolyse<br />

Schmelzreinigung<br />

und<br />

Vergießen<br />

Aluminium<br />

Abraum<br />

Rotschlamm Gase Ofenausbruch<br />

Filterstaub<br />

Gase<br />

Zentralmodul<br />

Krätze<br />

Bild 5-15: Schema der Primär-Aluminiumerzeugung mit ein- und austretenden Energie- und<br />

Stoffströmen


5.3 Fallbeispiel Aluminiumherstellung 115<br />

5.3.2 Anwendung der medienübergreifenden Bewertungsmethode auf das<br />

Beispiel Aluminiumherstellung<br />

5.3.2.1 First Screening<br />

Ohne die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte im Detail zu überprüfen, wird für die drei Techniken<br />

das in Tabelle 5-26 dargestellte Mengengerüst erstellt. Das bei der Bewertung berücksichtigte<br />

Zentralmodul ist in Bild 5-15 durch die gestrichelte Linie gekennzeichnet.<br />

Tabelle 5-26: Mengengerüst für drei fiktive Techniken zur Aluminiumherstellung<br />

Nr. Input und Output Stoff/Energie Technik<br />

A<br />

Technik<br />

B<br />

Technik<br />

C<br />

Einheit pro t Aluminium<br />

1 Einsatzstoffe Bauxit 4,1 4,1 4,1 t<br />

Kalk 100 100 100 kg<br />

NaOH 150 150 150 kg<br />

Wasser 490 490 490 l<br />

Petrolkoks 425 410 375 kg<br />

Pech 110,8 102,8 162,8 l<br />

Anthrazit 20 20 20 kg<br />

Kryolith 0 0 35 kg<br />

AlF 3 20 20 20 kg<br />

Flußspat 2 2 3 kg<br />

2 Energieeinsatz Erdgas 774 598 794 Nm³<br />

Strom 14.685 13.885 15.960 kWh<br />

3 Haupt- und Nebenproduktaluminium<br />

Hütten-<br />

1 1 1 t<br />

4.1 Abgas Volumen k.A. k.A. k.A. Nm³<br />

4.2 luftseitige Emissionen Staub 1,541 1,387 1,926 kg<br />

CO 2 1480 1400 1480 kg<br />

CO 13,6 12,24 17,00 kg<br />

SO 2 9,092 8,183 11,365 kg<br />

Fluor, gasförmig 0,283 0,255 0,354 kg<br />

Fluor, Staub 0,227 0,204 0,283 kg<br />

Fluoride 0,004 0,004 0,006 kg<br />

Teer 0,137 0,123 0,171 kg<br />

5.1 Abwasser Volumen 0 0 200 m³<br />

5.2 wasserseitige Emissionen<br />

Säuren 0 0 0,056 kg<br />

Teer 0 0 0,003 kg<br />

Fluoride 0 0 0,001 kg<br />

6 Abfall Rotschlamm 0,8 0,8 0,8 t<br />

Ofenausbruch 15 15 15 kg<br />

Der Vergleich der Techniken zeigt, daß Technik C in den meisten Fällen schlecht abschneidet<br />

und zusätzlich Emissionen ins Wasser aufweist. Dagegen erreicht Technik B in allen aufgeführten<br />

Positionen entweder gleiche oder bessere Werte. An dieser Stelle kann die Bewertung<br />

beendet werden, falls bei den Experten Einigkeit besteht. Im Fallbeispiel wird die Bewertungsmethode<br />

jedoch noch weiter durchgeführt, um den weiteren Ablauf zu demonstrieren.


116 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

5.3.2.2 Stoff- und Energiebilanz<br />

In Tabelle 5-27 sind die für die drei zu bewertenden Techniken zur Aluminiumherstellung entscheidungsrelevanten<br />

Positionen der Stoff- und Energiebilanz aufgeführt. Verschiedene Stoffund<br />

Energieströme, die bei allen untersuchten Techniken gleich sind, wurden bereits vorher<br />

abgeschnitten und sind demzufolge nicht mehr aufgeführt. Im Fallbeispiel handelt es sich bei<br />

den abgeschnittenen Stoffen um die Einsatzstoffe, die für alle drei Techniken entweder gleich<br />

sind oder wie Pech oder Flußspat mengenmäßig nicht relevant sind.<br />

Tabelle 5-27: Entscheidungsrelevante Positionen der Stoff- und Energiebilanz für drei fiktive<br />

Techniken zur Aluminiumherstellung<br />

Input und Output Stoff/Energie Technik A Technik B Technik C Einheit pro t<br />

Aluminium<br />

Primärenergie Erdgas 774 598 794 Nm³<br />

Umgewandelte Energie Strom 14.685 13.885 15.960 kWh<br />

Stoffe im Abgas Staub 1,541 1,378 1,926 kg<br />

CO 2 1480 1400 1480 kg<br />

CO 13,6 12,24 17,00 kg<br />

SO 2 9,092 8,183 11,365 kg<br />

Fluor, gasförmig 0,283 0,255 0,354 kg<br />

Fluor, Staub 0,227 0,204 0,283 kg<br />

Fluoride als HF 0,004 0,004 0,006 kg<br />

Teer 0,137 0,123 0,171 kg<br />

Stoffe im Abwasser Säuren 0 0 0,056 kg<br />

Teer 0 0 0,003 kg<br />

Fluoride 0 0 0,001 kg<br />

Aus Tabelle 5-27 ist ersichtlich, daß die Erstellung der Stoff- und Energiebilanz bereits zu einer<br />

deutlichen Reduzierung der zu untersuchenden Daten geführt hat. Um den betrachteten Schadstoffemissionen<br />

die verursachten Umweltwirkungen zuordnen zu können und dabei gleichzeitig<br />

die Anzahl der Daten noch weiter zu verringern, wird im nächsten Schritt der medienübergreifenden<br />

Bewertungsmethode eine Wirkungsabschätzung durchgeführt.<br />

5.3.2.3 Wirkungsabschätzung<br />

In der Wirkungsabschätzung werden die Daten aus der Stoff- und Energiebilanz entsprechend<br />

ihrer potentiellen Umweltwirkung bewertet. Die Daten aus der Stoff- und Energiebilanz werden<br />

hierfür den jeweiligen Wirkungskategorien zugeordnet und ihr Beitrag zu einer Kategorie<br />

wird durch Multiplikation mit dem jeweiligen Wirkungsabschätzungsfaktor berücksichtigt. In<br />

Tabelle 5-28 ist exemplarisch für Technik C des Fallbeispiels eine Wirkungsabschätzung<br />

durchgeführt worden (Die Berechnungen für die Techniken A und B befinden sich in Anhang<br />

E3). In Bild 5-16 sind zudem für alle drei Techniken die jeweiligen Beiträge der Einzelstoffe<br />

zum Gesamtwirkungspotential in den berücksichtigten Wirkungskategorien graphisch dargestellt.


5.3 Fallbeispiel Aluminiumherstellung 117<br />

Tabelle 5-28: Wirkungsabschätzung für die fiktive Technik C zur Aluminiumerzeugung<br />

Stoff/Energie<br />

Einheit<br />

Wirkungskategorie<br />

Wirkungsabschätzungsfaktor<br />

Emissionsbzw.<br />

Verbrauchsmenge<br />

Einheit<br />

pro t Aluminium<br />

Wirkungspotential<br />

Einheit pro<br />

t Aluminium<br />

Erdgas R 0,5212 kg/Nm³ 7,94*10 2 Nm³ 4,14*10 2 kg<br />

Staub HT 2,50*10 7 m³ Luft/kg 1,93 kg 4,82*10 7 m³ Luft<br />

ETA 2,50*10 7 m³ Luft/kg kg 4,82*10 7 m³ Luft<br />

CO 2 TR 1 kg CO 2 -<br />

Äqu/kg<br />

1,48*10 3 kg 1,48*10 3 kg CO 2 -<br />

Äqu<br />

CO HT 1,00*10 5 m³ Luft/kg 1,70*10 1 kg 1,70*10 6 m³ Luft<br />

SO 2 AP 1 kg SO 2 -<br />

Äqu./kg<br />

1,14*10 1 kg 1,14*10 1 kg SO 2 -<br />

Äqu.<br />

HT 2,50*10 7 m³ Luft/kg kg 2,84*10 8 m³ Luft<br />

ETA 2,50*10 7 m³ Luft/kg kg 2,84*10 8 m³ Luft<br />

Fluoride als<br />

HF<br />

Legende:<br />

R: Ressourcenverknappung<br />

HT: Humantoxizität<br />

ETA: Ökotoxizität Luft<br />

TR: Treibhauseffekt<br />

AP: Versauerung<br />

AP 1,6 kg SO 2 -<br />

Äqu./kg<br />

6,0*10 -3 kg 9,60*10 -3 kg SO 2 -<br />

Äqu.


118 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Ressourcenverknappung<br />

Treibhauseffekt<br />

450<br />

1.600<br />

[kg]<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

Erdgas<br />

[kg CO2-Äqu.]<br />

1.400<br />

1.200<br />

1.000<br />

800<br />

600<br />

CO2<br />

100<br />

400<br />

50<br />

200<br />

0<br />

[Technik A] [Technik B] [Technik C]<br />

0<br />

[Technik A] [Technik B] [Technik C]<br />

Versauerung<br />

Humantoxizität<br />

12<br />

350.000<br />

10<br />

300.000<br />

8<br />

250.000<br />

[kg SO2-Äqu.]<br />

6<br />

4<br />

Fluoride als HF<br />

SO2<br />

[m³ Luft*1E+03]<br />

200.000<br />

150.000<br />

100.000<br />

SO2<br />

CO<br />

Staub<br />

2<br />

50.000<br />

0<br />

[Technik A] [Technik B] [Technik C]<br />

0<br />

[Technik A] [Technik B] [Technik C]<br />

Ökotoxizität, Luft<br />

800<br />

700<br />

600<br />

[m³ Luft*1E+06]<br />

500<br />

400<br />

300<br />

SO2<br />

Staub<br />

200<br />

100<br />

0<br />

[Technik A] [Technik B] [Technik C]<br />

Bild 5-16: Graphische Darstellung der Ergebnisse der Wirkungsabschätzung für drei fiktive<br />

Techniken zur Aluminiumherstellung<br />

Um das Gesamtwirkungspotential der jeweiligen Wirkungskategorie zu erhalten, werden die<br />

Ergebnisse in jeder Wirkungskategorie addiert. Zudem werden die verbleibenden Werte aus<br />

der Stoff- und Energiebilanz, die keiner Wirkungskategorie zugeordnet werden können, als<br />

Einzelpositionen in die Entscheidungstabelle übernommen.


5.3 Fallbeispiel Aluminiumherstellung 119<br />

Tabelle 5-29: Entscheidungstabelle für drei fiktive Techniken zur Aluminiumherstellung<br />

Technik A Technik B Technik C Einheit pro t<br />

Aluminium<br />

Wirkungskategorie<br />

Gesamtwirkungspotential<br />

Ressourcenverknappung 4,03*10 2 3,12*10 2 4,14*10 2 kg<br />

Treibhauseffekt 1,48*10 3 1,40*10 3 1,48*10 3 kg CO 2 -Äqu.<br />

Versauerung 9,10 8,19 11,4 kg SO 2 -Äqu.<br />

Humantoxizität 2,67*10 8 2,40*10 8 3,34*10 8 m³ Luft<br />

Ökotoxizität Luft 3,85*10 7 3,47*10 7 4,82*10 7 m³ Luft<br />

Daten aus Stoff- und Energiebilanz Emissions- bzw. Verbrauchsmenge<br />

Strom 1,47*10 4 1,39*10 4 1,60*10 4 kg<br />

Fluor, gasförmig 2,83*10 -1 2,55*10 -1 3,54*10 -1 kg<br />

Fluor, staubförmig 2,27*10 -1 2,04*10 -1 2,83*10 -1 kg<br />

Teer 1,37*10 -1 1,23*10 -1 1,71*10 -1 kg<br />

Fluoride im Wasser 0 0 1,00*10 -3 kg<br />

Teer im Wasser 0 0 3,00*10 -3 kg<br />

Säuren im Wasser 0 0 5,60*10 -2 kg<br />

Bei der Wirkungsabschätzung können im Fallbeispiel von den dreizehn in der Stoff- und Energiebilanz<br />

aufgeführten Positionen nur sechs in Wirkungspotentiale überführt werden. Da die<br />

Emissionen und Verbräuche Beiträge in fünf unterschiedlichen Wirkungskategorien aufweisen,<br />

hat die Wirkungsabschätzung lediglich zu einer Reduzierung auf zwölf zu berücksichtigende<br />

Positionen und somit zu keiner nennenswerten Eingrenzung des Bewertungsaufwandes geführt.<br />

Dennoch gibt die Zuordnung der Stoff- und Energieströme zu den Wirkungskategorien<br />

Anhaltspunkte für die Bedeutsamkeit der einzelnen Ressourcenverbräuche und Schadstoffemissionen<br />

der untersuchten Techniken.<br />

5.3.2.4 Entscheidungsunterstützung<br />

Normierung<br />

Zuerst wird in der Entscheidungsunterstützung eine Normierung der Daten aus der Entscheidungstabelle<br />

(Tabelle 5-29) vorgenommen. Dabei werden die Daten jeweils auf den Mittelwert<br />

aller untersuchten Techniken bezogen. In Bild 5-17 sind die normierten Daten zusätzlich graphisch<br />

aufgetragen.


120 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

Tabelle 5-30: Normierte Kennzahlen für drei fiktive Techniken zur Aluminiumherstellung<br />

Mittelwert Technik A Technik B Technik C<br />

Wirkungskategorie<br />

genormtes Wirkungspotential<br />

Ressourcenverknappung 3,76*10 2 1,07 0,83 1,10<br />

Treibhauseffekt 1,45*10 3 1,02 0,96 1,02<br />

Versauerung 9,55 0,95 0,86 1,19<br />

Humantoxizität 2,81*10 8 0,95 0,86 1,19<br />

Ökotoxizität Luft 4,05*10 7 0,95 0,86 1,19<br />

Daten aus Stoff- und Energiebilanz<br />

genormte Emissions- bzw.<br />

Verbrauchsmenge<br />

Strom 1,48*10 4 0,99 0,94 1,08<br />

Fluor, gasförmig 2,97*10 -1 0,95 0,86 1,19<br />

Fluor, staubförmig 2,38*10 -1 0,95 0,86 1,19<br />

Teer 1,44*10 -1 0,95 0,86 1,19<br />

Fluoride im Wasser 1,00*10 -3 0 0 1<br />

Teer im Wasser 3,00*10 -3 0 0 1<br />

Säuren im Wasser 5,60*10 -2 0 0 1<br />

Normierte Werte<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

Technik A<br />

Technik B<br />

Technik C<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

Wirkungskategorie<br />

Ressourcenverknappung<br />

Treibhauseffekt<br />

Versauerung<br />

Humantoxizität<br />

Ökotoxizität (Luft)<br />

Strom<br />

Fluor, gasförmig<br />

Fluor, staubförmig<br />

Teer<br />

Fluoride im Wasser<br />

Teer im Wasser<br />

Säuren im Wasser<br />

Bewertungskategorien<br />

Bild 5-17: Normierte Bewertungskategorien für drei fiktive Techniken zur Aluminiumherstellung<br />

Die Ergebnisse der Normierung zeigen, daß Technik B in allen untersuchten Bewertungskategorien<br />

bessere Werte aufweist als die Techniken A und C. Technik C wird in jeder Bewertungskategorie<br />

dominiert. Es läßt sich bereits an dieser Stelle, ohne eine formale Auswertung


5.4 Zusammenfassung der Fallbeispiele 121<br />

mittels paarweiser Vergleiche, folgende Rangfolge ablesen, die unabhängig von jeder Gewichtung<br />

ist:<br />

Technik B à Technik A à Technik C<br />

Die vorgeschlagene medienübergreifende Bewertungsmethode kommt auch im Fallbeispiel<br />

Aluminiumherstellung zu einem plausiblen Ergebnis. Allerdings können von den betrachteten<br />

Stoffströmen nur knapp die Hälfte der Stoffe in Wirkungskategorien überführt werden. Da<br />

schon nach der Normierung eine Rangfolgenbildung möglich ist, wird auf die weiteren Schritte<br />

der Bewertung verzichtet.<br />

5.4 Zusammenfassung der Fallbeispiele<br />

In diesem <strong>Kapi</strong>tel wird die vorgeschlagene medienübergreifende Bewertungsmethode exemplarisch<br />

auf drei Fallbeispiele aus dem Bereich der Metallerzeugung angewendet:<br />

− vier in konkreten Anlagen realisierte Techniken zur Sinterherstellung mit Staubabscheidung<br />

(detaillierte Daten aus unterschiedlichen Meßprogrammen in sechs Anlagen);<br />

− zwei Techniken zur Elektrostahlherstellung (Daten aus Meßprogramm)<br />

− drei Techniken zur Aluminiumherstellung (fiktive Daten, verallgemeinerte Werte für drei<br />

verschiedene Verfahren, fehlende Daten durch Literaturangaben und gemittelte Werte ergänzt)<br />

Aus der Anwendung der vorgeschlagenen medienübergreifenden Bewertungsmethode lassen<br />

sich als folgende Erkenntnisse zusammenfassend darstellen:<br />

Datenqualität<br />

Die Bewertung von Techniken erfolgt auf der Basis von Einzeldaten aus konkreten Anlagen, in<br />

denen die zu bewertenden Techniken realisiert sind. Bei der Festlegung der Systemgrenzen<br />

sind für alle zu vergleichenden Techniken die gleichen technischen Funktionen zu erfassen. Für<br />

die Bewertung ist zu berücksichtigen, daß die Emissionen stark von den Einsatzstoffen und den<br />

jeweiligen Meßbedingungen abhängen. Daher sind Einzelmessungen i.d.R. weniger aussagekräftig<br />

als etwa Jahresmittelwerte.<br />

Insbesondere ist zu unterscheiden zwischen lokalen Einflüssen, d.h. technikunabhängigen Einflüssen,<br />

und Einflüssen, die von der Anwendung einer bestimmten Technik herrühren. So können<br />

z.B. vergleichsweise niedrige SO 2 -Emissionen sowohl durch den Einsatz schwefelärmerer<br />

Roh- oder Brennstoffe als auch durch eine leistungsfähigere Technik zur Schwefeldioxidminderung<br />

verursacht werden. Um tatsächlich die Leistungsfähigkeit einer Technik bewerten zu können,<br />

sollte die stoffliche Zusammensetzung sämtlicher Input- und Outputströme untersucht<br />

werden, um die technikunabhängigen Einflüsse in der Bewertung weitestgehend ausschließen<br />

zu können. Um die unterschiedliche Betriebspraxis, etwa durch Unterschiede in Art und Zu-


122 <strong>Kapi</strong>tel 5: Fallbeispiele zur Konkretisierung der Bewertungsmethoden<br />

sammensetzung der Einsatzstoffe durch verstärktes Recycling von problemstoffhaltigen Kreislaufstoffen,<br />

zu berücksichtigen, ist zu prüfen, ob die erreichten Wirkungsgrade der Emissionsminderungstechniken<br />

bei der BVT-Bestimmung in Betracht zu ziehen sind.<br />

Wirkungsabschätzung<br />

Bei der Wirkungsabschätzung für die gewählten Fallbeispiele zeigt sich, daß die luftseitigen<br />

Emissionen mit den in der medienübergreifenden Bewertungsmethode gewählten Wirkungskategorien<br />

und Wirkungsabschätzungsfaktoren sehr gut abgedeckt werden können, da die<br />

Wirkungskategorien Treibhauseffekt, Ozonabbau, Versauerung der Gewässer und Böden,<br />

Eutrophierung der Gewässer und Photooxidantienbildung die für die standortunabhängige<br />

sektorielle BVT-Bestimmung relevanten Umweltauswirkungen angemessen quantifizieren und<br />

wissenschaftlich ausreichend abgesichert sind.<br />

Im Gegensatz dazu sind die wasserseitigen Stoffe derzeit nur unzureichend erfaßt, was daran<br />

erkennbar ist, daß viele Stoffe nicht in Wirkungspotentiale umgerechnet werden können. Die<br />

modifizierten Wirkungskategorien Humantoxizität und Ökotoxizität sowie die neu vorgeschlagene<br />

Wirkungskategorie Meeresschutz bedürfen weiterer Untersuchung, wie besonders im<br />

Fallbeispiel Sinterherstellung deutlich wird (vgl. Bild 5-5 und 5-6).<br />

Grundsätzlich kann im Vergleich zur umfangreichen Stoff- und Energiebilanz eine deutliche<br />

Reduzierung der für die Entscheidung zu berücksichtigenden Datenmenge erreicht werden.<br />

Außerdem wird entsprechend dem Stand der Wissenschaft eine weitestmögliche Berücksichtigung<br />

von Cross-Media-Effekten durch die Berechnung der Wirkungspotentiale erreicht werden,<br />

indem teilweise luft- und wasserseitige Emissionen in den Wirkungskategorien Versauerung<br />

und Meeresschutz in ihrer potentiellen Umweltauswirkung zusammengefaßt werden. Damit<br />

stellen die Wirkungspotentiale eine geeignete Möglichkeit dar, die potentiellen Umweltauswirkungen,<br />

auch der Verbräuche und Emissionen der Vorstufen und nachgeschalteten<br />

Prozesse aufgezeigt werden (vgl. Abschnitt 5.1.2.4), transparent und nachvollziehbar aufzuzeigen.<br />

Entscheidungsunterstützung<br />

In der Entscheidungsunterstützung erfolgt eine aussagekräftige Aufbereitung der berechneten<br />

Wirkungspotentiale sowie der Stoff- und Energieströme, die nicht in Wirkungskategorien<br />

überführt werden können, um die Expertendiskussion auf die entscheidungsrelevanten Aspekte<br />

zu lenken.<br />

Die Gewichtung dieser Bewertungskategorien erfolgt in den Fallbeispielen nur vorläufig und<br />

näherungsweise. In der praktischen Anwendung der vorgeschlagenen Bewertungsmethode<br />

sollten die Gewichtungsfaktoren lediglich eine ungefähre Größenordnung für die Signifikanz<br />

der Wirkungspotentiale und sonstigen entscheidungsrelevanten Stoff- und Energieströme angeben.<br />

Die zunächst einfach ermittelten vorläufigen Gewichtungsfaktoren dienen als Anhalts-


5.4 Zusammenfassung der Fallbeispiele 123<br />

punkt für die Expertendiskussion, in der die Abstände zwischen der Bedeutsamkeit der einzelnen<br />

Bewertungskategorien kritisch zu hinterfragen sind. Da jedoch keine wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse über die Verhältnisse zwischen den Bewertungskategorien existieren, wird jede<br />

Gewichtung subjektiv und auf die untersuchten Techniken beschränkt bleiben.<br />

Durch die formale Entscheidungsunterstützung können unterschiedliche Wirkungskategorien<br />

und entscheidungsrelevante Stoff- und Energieströme bei der Vorbereitung der BVT- Bestimmung<br />

gemeinsam ausgewertet werden. 35 Mittels der Sensitivitätsanalysen werden computergestützt<br />

diejenigen Bewertungskategorien ausgewiesen, deren Gewichtung die Gesamtentscheidung<br />

verändern könnte. Dadurch kann die Expertendiskussion auf die relevanten Aspekte gelenkt<br />

werden. Da bei allen Entscheidungen subjektive Einschätzungen eine zentrale Rolle einnehmen,<br />

kann die Gewichtung nicht formalisiert werden. Daher können die beispielhaft ermittelten<br />

numerischen Gewichtungsfaktoren lediglich als Orientierung dienen und sind kritisch zu<br />

hinterfragen. Im Sinne der Transparenz und Nachvollziehbarkeit der BVT-Bestimmung sollte<br />

die Gewichtung weitestgehend an wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgerichtet sein.<br />

Verkürzte Anwendung der vorgeschlagenen Bewertungsmethode<br />

In den Fallbeispielen Elektrostahl- und Aluminiumherstellung wird die verkürzte Anwendung<br />

der vorgeschlagenen medienübergreifenden Bewertungsmethode demonstriert. Dank des modularen<br />

Aufbaus der Bewertungsmethode kann auf einzelne Schritte verzichtet oder das vorgeschlagene<br />

Vorgehen beendet werden, sobald in der Expertendiskussion die Gruppe der BVT<br />

bestimmt werden kann. Auch bei der verkürzten Anwendung ist sicherzustellen, daß die Einschätzung<br />

der Bedeutsamkeit der betrachteten Stoff- und Energieströme sich weitestgehend<br />

am Stand der Wissenschaft orientiert. In diesem Zusammenhang erscheint eine Betrachtung der<br />

Wirkungskategorien, in die einzelne Stoff- und Energieströme überführt werden können, sinnvoll,<br />

auch wenn die Wirkungsabschätzung zu keiner Reduzierung der Anzahl der Bewertungskategorien<br />

führt. Abschließend läßt sich festhalten, daß sich das modular strukturierte Ablaufschema<br />

in den Fallbeispielen bewährt hat.<br />

35<br />

Die formale Methode der paarweisen Vergleiche erlaubt zudem auch eine simultane Auswertung von ökonomischen<br />

und technischen Kennzahlen, z.B. auch Wirkungsgrade.

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