Kurzfilmworkshop
Kurzfilmworkshop
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Kurzfilme im Deutschunterricht<br />
Kurzspielfilme sind Filme, die<br />
• die eine Länge von 30 Minuten nicht<br />
überschreiten. I.<br />
• erkennbar eine Geschichte (gleich, mit<br />
welchen Mitteln) erzählen<br />
• nicht als Trailer oder Teaser<br />
Sekundärprodukte, d.h. Kurzfassungen eines<br />
Lang-spielfilms sind, sondern originäre<br />
Produkte<br />
• nicht einen lyrischen Text umsetzen, d.h. dem<br />
Genre Poesiefilm (poetry clip) zugeordnet<br />
werden können, der eigene Überlegungen<br />
erforderten würde
Kurzfilme<br />
- geben als low-budget-Produktionen Filmemacher/-innen<br />
mehr Freiheit zu experimentieren<br />
als der Langfilm<br />
- neigen ähnlich wie Kurzgeschichten in der<br />
Literatur zu Ausschnitthaftigkeit und offenem<br />
Schluss<br />
- lassen oft eine „symbolische Lektüre“ zu und<br />
fordern damit Interpretationsgespräche heraus.
Kurzfilme realisieren meist nicht ein Genre, sondern<br />
spielen mit Genreerwartungen.<br />
Horror<br />
Krimi<br />
Reportage<br />
(Psycho-<br />
)Drama<br />
Fantastischer<br />
Film<br />
Kinder-<br />
/Familienfilm
Kurzfilme realisieren meist nicht ein Genre, sondern<br />
spielen mit Genreerwartungen:<br />
- „The most beautiful man in the world“ könnte als<br />
Langspielfilm ein Familienfilm sein, aber auch ein<br />
Psychothriller oder ein Horrorfilm.<br />
„The most beautiful man in the world“ (Alicia Duffy, GB 2002, 05:47)
Kurzfilme realisieren meist nicht ein Genre, sondern<br />
spielen mit Genreerwartungen:<br />
- „Morgen früh wenn Gott will“ könnte als Rückblende<br />
das Ende eines Langspielfilms sein, der den<br />
Grund für die Amnesie seines Helden enthüllt<br />
„Morgen früh wenn Gott will“ (Maria Anna Rimpfl, D 2009, 05:39)
Kurzfilme realisieren meist nicht ein Genre, sondern<br />
spielen mit Genreerwartungen:<br />
- „Der Meister der Zisternen“ changiert zwischen<br />
Fantasy-/Märchenfilm und Horror …<br />
„Der Meister der Zisternen“ (Le Joueur de Citernes, Emmanuel Gorinstein, F 2010, 13:10).
Einige Verfahren zum Umgang mit Film<br />
• anhand von<br />
Screenshots<br />
(nach)erzählen<br />
• ein Filmgespräch<br />
führen<br />
• ein Problem<br />
der Figur(en)<br />
diskutieren<br />
• Szenen<br />
• spielen<br />
Sprechen<br />
Schreiben<br />
• aus der Sicht einer<br />
Figur schreiben<br />
• einen Text fürs TV-<br />
Programm<br />
entwerfen<br />
• eine Filmkritik<br />
schreiben<br />
• Profile für ein<br />
Casting<br />
verfassen<br />
• Screenshots<br />
zusammenstellen,<br />
sichten,<br />
interpretieren<br />
• Clips mehrfach<br />
anschauen und<br />
beschreiben,<br />
auch ohne Ton<br />
• Sequenzen<br />
analysieren<br />
Sehen<br />
Hören<br />
• Clips ohne<br />
Bild anhören,<br />
location und<br />
Körpersprache der<br />
Figuren beschreiben<br />
• stummgeschalteten<br />
Clips selbst<br />
Filmmusik<br />
unterlegen
Aus: Benseler/Maurer, Portfolio Spielzeugland (2012), Bogen 2
Workshop-Phase<br />
1. Sie haben jetzt u.a. folgende drei Kurzfilme gesehen,<br />
von denen Sie jetzt einen auswählen.<br />
2. Sie bekommen dazu ein Arbeitsblatt mit einer Auswahl<br />
an Screenshots. Diskutieren Sie deren Einsatzmöglichkeit<br />
im Deutschunterricht und machen Sie<br />
auch dazu Notizen in der rechten Spalte.<br />
a<br />
b<br />
c
Workshop-Phase<br />
The most beautiful man in the world<br />
(05:47 Alicia Duffy, GB 2002)<br />
Ein etwa fünfjähriges Mädchen langweilt sich nachmittags. Die Mutter<br />
telefoniert und bemerkt nicht, wie das Kind mit dem kleinen Hund<br />
hinausgeht: eine Vorstadtsiedlung am Rand einer Ausfallstraße. Im<br />
Ödland zwischen dieser und den Reihenhäusern streift das Mädchen<br />
durchs hohe Gestrüpp. Auf einmal steht ein Mann vor ihr, mit nacktem<br />
Oberkörper. Es fallen kaum Worte; die Spannung ist stark. Er klaubt<br />
einen Käfer von ihrer Schulter und lächelt.
) Workshop-Phase<br />
Morgen früh, wenn Gott will<br />
Morgen früh wenn Gott<br />
will<br />
(05:39, Maria Anna Rimpfl,<br />
D 2009)<br />
Ein abseits gelegenes Haus in Brandenburg: Mit der unbeschwerten Frühstücksstimmung<br />
einer Familie ist es plötzlich vorbei, als sich ein etwas<br />
lädierter Fremder zu ihnen an den Tisch setzt und zu essen beginnt. Als er<br />
in der Mansarde oben ein Baby hört, macht er sich auf den Weg ins Kinderzimmer.<br />
Die Familie - die Mutter, der humpelnde Vater und die Tochter - eilt<br />
hinterher. Doch der Unbekannte singt dem Kleinen nur ein Wiegenlied vor -<br />
und verschwindet. Schließlich wird klar, dass er mit dem Eindringen in die<br />
fremde Familienidylle für kurze Zeit nur sein eigenes, verloren gegangenes<br />
Glück zu suchen schien: Er kehrt wortlos zu seinem auf der Landstraße<br />
zertrümmerten Auto zurück.
Workshop-Phase<br />
Spielzeugland<br />
(14:00, Jochen<br />
Alexander Freydank, D<br />
2007)<br />
Deutschland 1942: Wie soll Marianne Meissner ihrem kleinen Sohn Heinrich<br />
die bevorstehende Deportation des jüdischen Nachbarsjungen David<br />
Silberstein und seiner Familie erklären? Als ihr die Idee kommt zu<br />
behaupten, dass David ins "Spielzeugland" fahre, ist Heinrich am nächsten<br />
Morgen verschwunden: Er will seinem besten Freund in dieses Land folgen.<br />
Frau Meissner lässt am Bahnhof die Deportations-Waggons durchsuchen …<br />
Der Film "wurde 2009 unter anderem mit dem Oscar für den besten Kurzfilm<br />
ausgezeichnet.
Workshop-Phase<br />
Arbeitsblatt für die Gruppenarbeit<br />
1. Sichten Sie den Film und<br />
charakterisieren Sie kurz die Hauptfiguren, auch in ihrer Beziehung zueinander;<br />
benennen Sie filmsprachliche Aspekte, deren Behandlung im Unterricht ergiebig<br />
sein könnte, z.B. Kameraarbeit, Schnitt/Montage, Licht/ Farben, Ton/ Musik;<br />
beschreiben Sie die unten angegebene Sequenz (ca. 1 Min. Länge) und diskutieren<br />
Sie, worin ihre Funktion für das Filmganze besteht;<br />
wenn technisch möglich, fertigen Sie einige Screenshots (motion stills) an, um ihre<br />
Aussagen zu belegen.<br />
2. Einigen Sie sich auf ein Thema, über das Sie in Zusammenhang mit dem Film im<br />
Unterricht sprechen (oder schreiben lassen) würden, z.B. das Verhältnis von<br />
Kindern zu Erwachsenen, Wahrheit und Lüge, Zufall und Schicksal…<br />
3. Überlegen Sie sich zwei alternative Möglichkeiten, in die Arbeit am Film (nach<br />
einer ersten Sichtung) einzusteigen.<br />
Wählen Sie zwei Gruppenmitglieder aus, die Ihre Ergebnisse im Plenum vorstellen.
Workshop-Phase<br />
The most beautiful man in the world<br />
(05:47 Alicia Duffy, GB 2002)<br />
Was zeichnet den Film aus?
) Workshop-Phase<br />
Morgen früh, wenn Gott will<br />
Was zeichnet den Film aus?<br />
Morgen früh wenn Gott<br />
will<br />
(05:39, Maria Anna Rimpfl,<br />
D 2009)
Workshop-Phase<br />
Morgen früh wenn Gott will, 0:35
Workshop-Phase<br />
Morgen früh wenn Gott will, 0:44
Workshop-Phase<br />
Morgen früh wenn Gott will, 1:07
Workshop-Phase<br />
Morgen früh wenn Gott will, 1:21
Workshop-Phase<br />
Morgen früh wenn Gott will, 1:41
Workshop-Phase<br />
Morgen früh wenn Gott will, 2:35
Workshop-Phase<br />
Morgen früh wenn Gott will, 2:56
Spielzeugland<br />
(14:00, Jochen<br />
Alexander Freydank, D<br />
2007)<br />
Was zeichnet den Film aus?<br />
• Montage: Achronologische Erzählweise („analytisch“)<br />
• Mise-en-scène: Einblicke in das (jäh beendete) bürgerliche Milieu<br />
einer Kleinstadt<br />
• Figuren: weitgehend stereotyp
Arbeit mit frames:<br />
„Gedankenblasen“ füllen lassen<br />
(„Spielzeugland“)
Didaktische Literatur zu Kurzfilmen<br />
Benseler, Marc/ Maurer, Björn: Film Portfolio. Aspekte der Kameraarbeit. Spielzeugland.<br />
Hannover. Schroedel 2012.<br />
Busley, Gunda: Ist doch nur’n Film! Fiktionssignale in Kurzspielfilmen. In: Praxis Deutsch 180<br />
(2003), 24-28.<br />
Klant, Michael/ Spielmann, Raphael: Film Portfolio: „Aspekte der Filmanalyse“. Schwarzfahrer.<br />
Ein Kurzspielfilm von Pepe Danquart. Braunschweig: Westermann Schroedel Diesterweg<br />
2011.<br />
Schmitt, Markus/ Stratz, Eddie: Kafka im Kurzfilm. Film-Portfolio „Aspekte der Literaturverfilmung“.<br />
Die Verwandlung interpretiert im Film Samsas von Kirsten Peters und<br />
weiteren Filmbeispielen. Braunschweig: Westermann Schroedel Diesterweg 2011.