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Veranstaltungsprogramm (Pdf) - Folkwang Universität der Künste

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<strong>Folkwang</strong><br />

<strong>Universität</strong> <strong>der</strong> <strong>Künste</strong><br />

Do_05. September 2013 | 19.30 Uhr<br />

Fr_06. September 2013 | 19.30 Uhr<br />

Sa_07. September 2013 | 19.30 Uhr<br />

Pina Bausch Theater<br />

Danton. Robespierre.<br />

Liebe in Zeiten <strong>der</strong> Revolution.<br />

_Regie: Mizgin Bilmen<br />

_Abschlussinszenierung Schauspiel | Regie<br />

_Mit Studierenden und Alumni <strong>der</strong> Studiengänge Schauspiel<br />

und Tanz


Die Revolution macht aschfahl – ist eine kalte Glut?<br />

Danton und Robespierre treffen wie Brü<strong>der</strong> – o<strong>der</strong> gar Schwestern – aufeinan<strong>der</strong>,<br />

die sich voneinan<strong>der</strong> entfremdet haben. Sie verhandeln nicht eine historische o<strong>der</strong><br />

politische Revolution, son<strong>der</strong>n vielmehr die Frage, warum <strong>der</strong> Mensch überhaupt -<br />

revoltiert. Wir fragen nach den Auswirkungen gesellschaftlicher Konventionen auf<br />

die menschliche Fähigkeit zu lieben.<br />

Dantons Tod handelt vom Drama <strong>der</strong> Französischen Revolution und den Folgen<br />

dessen, wenn das Öffentliche in das Private eintritt und es immer weiter an den<br />

Rand des Lebens schiebt.<br />

Wir leben seit Anbeginn <strong>der</strong> menschlichen Existenz in einer Welt, in <strong>der</strong> das politische<br />

Handeln im revolutionären Sinne nur möglich ist, wenn es die Maske <strong>der</strong><br />

Emotionen bildet. Am Anfang war Natur. Vor ihrem Hintergrund und gegen sie wurden<br />

unsere Gottesvorstellungen gebildet, darum bleibt Natur Grenzbegriff in allen<br />

Fragen <strong>der</strong> Moral und Sittlichkeit. Nur wenn wir unser Verhältnis zur Natur geklärt<br />

haben, können wir hoffen, auch ein Verständnis von Sexualität und Geschlecht zu<br />

gewinnen. Sexualität ist Teil <strong>der</strong> Natur, das Naturhafte im Menschen.<br />

Wenn das Naturhafteste im Menschen die Sexualität ist, so fragen wir uns, welche<br />

Auswirkungen haben unsere Konventionen und Systeme auf unser heutiges<br />

Zusammenleben <strong>der</strong> Geschlechterrollen? Wir wollen beschreiben, dass das rein<br />

logische, rationale und argumentative Lebensmodell (das apollinische Prinzip /<br />

apollinisches Prinzip) dazu führt, dass <strong>der</strong> Mensch die an<strong>der</strong>e Seite in sich, also<br />

die chaotische, zerstörerische und chthonische (das dionysische Prinzip / dionysisches<br />

Prinzip) verkommen lässt. Ist es aber nicht eben das Dionysische, was uns<br />

lieben lässt? Wir schließen also: Solange Revolutionen nicht nach <strong>der</strong> Sexualität im<br />

menschlichen Verhalten fragen und diese in ihre For<strong>der</strong>ungen nach einer Systemumstellung<br />

einbeziehen, werden Revolutionen scheitern. Wie soll eine gesunde<br />

Welt auf einem Haufen von Morast und Schmutz wachsen? Solange wir uns nicht<br />

mit unserem inneren Schmutz auseinan<strong>der</strong>setzen, haben wir keine Chance auf eine<br />

saubere Welt.<br />

Mizgin Bilmen ist im Oktober 1983 in Duisburg zur Welt gekommen. Sie studierte<br />

zunächst zwei Jahre Germanistik und Soziologie an <strong>der</strong> TU Dortmund und<br />

spielte anschließend in Laiengruppen Theater. Nach ihren Spielerfahrungen ging<br />

sie ans Theater an <strong>der</strong> Ruhr (in Mülheim a. d. Ruhr), wo sie ein Jahr hospitierte.<br />

2010 begann sie ihr Studium Schauspiel | Regie an <strong>der</strong> <strong>Folkwang</strong> <strong>Universität</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Künste</strong>. Innerhalb ihres Studiums bearbeitete sie u. a. Stücke von Büchner, Brecht,<br />

Allen, Tschechow und Textbearbeitung von Kane, Kafka und Faldbakken. Zusätzlich<br />

verfasste und inszenierte sie selbstgeschriebene Stücke.<br />

BESETZUNG<br />

Regie<br />

Mizgin Bilmen<br />

Produktionsassistenz<br />

Katharina Lüdin und Marina Sell<br />

Spiel<br />

Elaine Cameron<br />

Raphael Dwinger<br />

Linus Ebner<br />

Johanna von Gutzeit<br />

Aleksandar Kojevski<br />

Katharina Rehn<br />

Sandra Schreiber<br />

Margaux Marielle-Trehouart<br />

Künstlerische Begleitung<br />

Prof. Brian Michaels<br />

_Dauer: ca. 1 Stunde 35 Minuten, keine Pause


„Gesellschaft ist ein Gebilde von Menschenhand, ein Bollwerk gegen die Macht <strong>der</strong><br />

Natur. Ohne Gesellschaft wären wir <strong>der</strong> Natur ausgesetzt wie Schiffbrüchige dem<br />

sturmgepeitschten, erbarmungslosen Ozean. Gesellschaft ist ein System ererbter<br />

Formen, die unsere demütigende Ohnmacht gegenüber <strong>der</strong> Natur abmil<strong>der</strong>n. Wir<br />

können diese Formen än<strong>der</strong>n, aber keine gesellschaftliche Verän<strong>der</strong>ung wird die<br />

Natur än<strong>der</strong>n. Wir Menschen sind nicht die Lieblingsgeschöpfe <strong>der</strong> Natur. Wir sind<br />

nur eines unter einer Vielzahl von Lebewesen, über welche die Natur ihre Macht<br />

unterschiedslos ausübt. Worauf die Natur hinaus will, können wir höchstens ahnen.<br />

Sexualität und Erotik sind die heikle Schnittstelle zwischen Natur und Kultur.<br />

Die Feministinnen vereinfachen das Problem des Geschlechts auf grobe Weise,<br />

wenn sie es auf eine Frage von sozialen Konventionen reduzieren: Als erwarten<br />

sie, dass sich nach einer Korrektur gesellschaftlicher Ungerechtigkeiten, einer<br />

Beseitigung <strong>der</strong> Ungleichheit zwischen den Geschlechtern und einer Klärung <strong>der</strong><br />

Geschlechterrollen allenthalben Glück und Harmonie einstellen. Wie alle freiheitlichen<br />

Bewegungen <strong>der</strong> letzten beiden Jahrhun<strong>der</strong>te ist auch <strong>der</strong> Feminismus in<br />

diesem Punkt Erbe von Rousseau. Die libertären Bewegungen <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne kranken<br />

an unaufgelösten inneren Wi<strong>der</strong>sprüchen. Sie preisen Individualismus und Freiheit,<br />

die radikalen Strömungen verdammen gesellschaftliche Ordnung als repressiv.<br />

An<strong>der</strong>erseits wird vom Staat erwartet, dass dieser für die materielle Wohlfahrt aller<br />

Sorge trage, was sich wie<strong>der</strong>um nur durch eine Erweiterung staatlicher Macht und<br />

eine Aufblähung des bürokratischen Apparats realisieren lässt. Solche Liberalität<br />

brandmarkt mithin den Staat als tyrannischen Vater, verlangt aber von ihm, dass<br />

er sich wie eine sorgende Mutter betrage. Der Feminismus hat diese Wi<strong>der</strong>sprüche<br />

geerbt. Sexualität ist eine weit dunklere Macht, als <strong>der</strong> Feminismus zugeben<br />

möchte. Die Sexualität ist <strong>der</strong> Berührungspunkt zwischen Mensch und Natur, an<br />

<strong>der</strong> Moral und guter Wille primitiven Zwängen erliegen. Das Streben nach sexueller<br />

Befreiung ist zum Scheitern verurteilt. Alles Sexuelle wird beherrscht von Trieb und<br />

archaischem Zwang. […] <strong>der</strong> Feminismus hat es sich zu einfach gemacht mit seiner<br />

Behauptung, die archetypischen Vorstellungen seien politisch motivierte Lügen<br />

des Mannes.“<br />

Realistische Kunst und das Theater <strong>der</strong> Wirklichkeit<br />

„Geschichte, Religion und Literatur stellen den Protagonisten des Revolutionsdramas<br />

ein Repertoire von Rollen- und Verhaltensmustern zur Verfügung, die<br />

eine stilisierende Vermittlung des eigenen und eine Deutung fremden politischen<br />

Handelns erlauben. Den größten Anteil an den auffällig zahlreichen literarischen<br />

und historischen Anspielungen und Zitaten hat die Welt <strong>der</strong> Antike. Die antiken<br />

Zitate verdichten sich tendenziell zu einem eigenständigen Code <strong>der</strong> politischen<br />

Kommunikation. Die Selbst- und Fremdwahrnehmung <strong>der</strong> politischen Akteure im<br />

Drama greift konsequent auf die normativ hochbesetzten heroischen Deutungsund<br />

Legitimationsmuster <strong>der</strong> Antike zurück. […]<br />

Die Revolution selbst erscheint im Horizont <strong>der</strong> Theatermetaphorik als politische<br />

Inszenierung, als die kollektive Aufführung eines vorbestimmten dramatischen<br />

Texts. Die Welt als Theater, <strong>der</strong> Mensch als Rollenträger, sein Handeln als fremdbestimmtes<br />

Spiel: <strong>der</strong> Topos des Welttheaters ist immer schon als Aussage darüber zu<br />

lesen, was Wirklichkeit ist. […]<br />

Dabei erscheint das Theater nicht so sehr als Kunst, son<strong>der</strong>n als eine Vermittlungsform<br />

gesellschaftlicher Realität. Mit dem potenzierten Einsatz <strong>der</strong> Theatermetaphorik<br />

verschärft Büchner die Ideologie des politischen Diskurses und überführt<br />

diese zugleich in eine fundamentale Kritik <strong>der</strong> gesellschaftlichen Produktion von<br />

Wirklichkeit. Die soziale Revolution des neunzehnten Jahrhun<strong>der</strong>ts kann ihre<br />

Poesie nicht aus <strong>der</strong> Vergangenheit schöpfen, son<strong>der</strong>n nur aus <strong>der</strong> Zukunft. Im<br />

Bild des Welttheaters thematisiert Danton die individuell erfahrene Entfremdung<br />

vom historischen Prozess <strong>der</strong> Revolution. Zugleich aber wird ihm die Theatermetapher<br />

zu einer avancierten Chiffre für die Wahrnehmung des eigenen Verlusts von<br />

Wirklichkeit:“Wir stehen immer auf dem Theater, wenn wir auch zuletzt im Ernst<br />

erstochen werden.“ […] Das Theater als Konstitutionsform gesellschaftlicher<br />

Wirklichkeit verbindet den politischen und den ästhetischen Diskurs im Stück. […]<br />

Camille Paglia; Masken <strong>der</strong> Sexualität


Die Kunst steht im Dienst <strong>der</strong> sozialen Revolution, und Dantons Tod erscheint vor<br />

diesem Hintergrund als ein praktisches Manifest <strong>der</strong> neuen Kunst, die radikal mit<br />

<strong>der</strong> bürgerlichen Tradition bricht.<br />

Die Liebe erscheint im Drama nicht als Idee, son<strong>der</strong>n als eine Praxis gesellschaftlichen<br />

Handelns; die in ihr begründete Identität ist eine soziale Identität. Die von<br />

Julie und Danton, von Camille und Lucile gelebte Liebe entwirft – in kleinster<br />

Größe – das Modell einer alternativen gesellschaftlichen Existenz. Dieses Gegenbild<br />

entfaltet seine volle Bedeutung allerdings erst dann, wenn die Dialektik von<br />

privater und öffentlicher Sphäre nicht einseitig aufgelöst wird. Als praktische Kritik<br />

bleibt <strong>der</strong> gesellschaftliche Entwurf je<strong>der</strong>zeit auf die politische Realität <strong>der</strong> bürgerlichen<br />

Revolution bezogen.<br />

Die Rückkehr in den intimen Diskurs <strong>der</strong> privaten Existenz steht sichtlich in Zusammenhang<br />

mit dem Sinnverlust <strong>der</strong> öffentlichen Existenz und <strong>der</strong> drohenden Nähe<br />

des eigenen Todes, <strong>der</strong> im Rahmen des politischen und historischen Diskurses <strong>der</strong><br />

Revolution als ein sinnloses Opfer erscheint. […] Im Tod erst findet Danton zurück<br />

zu einer Identität im Leben, die <strong>der</strong> eigenen Geschichte jenseits öffentlicher Rollen<br />

einen unbezweifelbaren Sinn verleiht.“<br />

Michael Voges; Dantons Tod<br />

Veranstaltungstechnik<br />

Leitung<br />

Leitung Bühne<br />

Leitung Beleuchtung<br />

Technik<br />

Auszubildende<br />

Rüdiger Klahr<br />

Volker Löwe<br />

Bernd vom Felde<br />

Joaquin Berenguel, Kevin Kramer, Peter Mursall,<br />

Ralf Rodloff, Oliver Semrau, Carsten Teuwsen,<br />

Dennis Finke, Patrick Kaminski,<br />

Nicolas Schildmann, Viktor Schmidt<br />

Mit freundlicher Unterstützung von: Dr. Hauschka, CopyCity Bochum,<br />

ce malerbetrieb, Bettenhaus Arthur Korten GmbH


Weitere Termine Abschlussinszenierung Schauspiel | Regie:<br />

Danton. Robespierre.<br />

Liebe in Zeiten <strong>der</strong> Revolution.<br />

_Regie Mizgin Bilmen<br />

Fr_06.09.2013 | 19.30 Uhr<br />

Sa_07.09.2013 | 19.30 Uhr<br />

Hinweis: Ton- und Bildmitschnitte sind nicht gestattet!<br />

Redaktion: Kommunikation & Medien, <strong>Folkwang</strong> <strong>Universität</strong> <strong>der</strong> <strong>Künste</strong><br />

<strong>Folkwang</strong> <strong>Universität</strong> <strong>der</strong> <strong>Künste</strong> | Klemensborn 39 | D-45239 Essen | Tel. +49 (0) 201.49 03-0 | www.folkwang-uni.de

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