Abstract - Bundesministerium für Arbeit, Soziales und ...
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GEKOMMEN UM ZU BLEIBEN:<br />
Konturen von alternden Migrantinnen<br />
<strong>und</strong> Migranten in Österreich<br />
Eine Untersuchung der allgemeinen Lebens- <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitlichen<br />
Situation von Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten im Alter 50+<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
März 2013<br />
Mag. a Nicole Halmdienst<br />
Mag. Michael Radhuber<br />
Univ.-Prof.Dr. Rudolf Winter-Ebmer<br />
Johannes Kepler Universität Linz<br />
Eine empirische Studie im Auftrag des<br />
<strong>B<strong>und</strong>esministerium</strong>s <strong>für</strong> <strong>Arbeit</strong>, <strong>Soziales</strong> <strong>und</strong><br />
Konsumentenschutz
SHARE Österreich<br />
Kontakt<br />
Johannes Kepler Universität Linz<br />
Univ.-Prof. Dr. Rudolf Winter-Ebmer<br />
Altenbergerstr. 69<br />
4040 Linz<br />
rudolf.winterebmer@jku.at<br />
Mag. a Nicole Halmdienst<br />
nicole.halmdienst@jku.at<br />
Mag. Michael Radhuber<br />
michael.radhuber@jku.at<br />
Alle Informationen zu SHARE Österreich auf www.share-austria.at.<br />
Förderungen<br />
Der österreichische Teil der „Survey of Health, Ageing, and Retirement in Europe“<br />
wird gefördert vom <strong>B<strong>und</strong>esministerium</strong> <strong>für</strong> Wissenschaft <strong>und</strong> Forschung<br />
<strong>und</strong> vom <strong>B<strong>und</strong>esministerium</strong> <strong>für</strong> <strong>Arbeit</strong>, <strong>Soziales</strong> <strong>und</strong> Konsumentenschutz.<br />
SHARE International<br />
This report uses preliminary and internal data from SHARE wave 4 release 0 or SHARE wave 1<br />
and 2 release 2.5.0, as of May 24th 2011 or SHARELIFE release 1, as of November 24th 2010.<br />
The SHARE data collection has been primarily f<strong>und</strong>ed by the European Commission through<br />
the 5th Framework Programme (project QLK6-CT-2001-00360 in the thematic programme Quality<br />
of Life), through the 6th Framework Programme (projects SHARE-I3, RII-CT-2006-062193,<br />
COMPARE, CIT5- CT-2005-028857, and SHARELIFE, CIT4-CT-2006-028812) and through the<br />
7th Framework Programme (SHARE-PREP, N ◦ 211909, SHARE-LEAP, N ◦ 227822 and SHARE<br />
M4, N ◦ 261982). Additional f<strong>und</strong>ing from the U.S. National Institute on Aging (U01 AG09740-<br />
13S2, P01 AG005842, P01 AG08291, P30 AG12815, R21 AG025169, Y1-AG-4553-01, IAG<br />
BSR06-11 and OGHA 04-064) and the German Ministry of Education and Research as well as<br />
from various national sources is gratefully acknowledged (see www.share-project.org for a full<br />
list of f<strong>und</strong>ing institutions).<br />
1
Zusammenfassung<br />
Zukünftig wieder vermehrte<br />
Migrantinnenströmen<br />
durch Alterung,<br />
Klima <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>skräftemangel<br />
Daten der 4. Welle von<br />
SHARE<br />
Bevölkerungsalterung, Klimawandel <strong>und</strong> Fachkräftemangel werden in vielen<br />
Wirtschaftsbranchen in Zukunft wieder vermehrt zu Migrationströmen nach Österreich<br />
führen. Da die Lebensumstände von Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten im<br />
Alter <strong>und</strong> ihre ges<strong>und</strong>heitliche Situation bisher in der Forschung nur wenig Aufmerksamkeit<br />
fanden, ist eine eingehende Darstellung des Alterungsprozesses<br />
der verschiedenen ethnischen Bevölkerungsgruppen in Österreich geboten.<br />
Die Erkenntnisse aus dieser Untersuchung sollen dazu beitragen, auf mögliche<br />
zukünftige gesellschaftliche Problembereiche besser vorbereitet zu sein.<br />
Ein erster Schritt in diese Richtung wurde in Österreich bereits in den Jahren<br />
2010-11 gesetzt, als im Rahmen der vierten Welle von SHARE - des „Survey<br />
of Health, Ageing and Retirement in Europe“ - detaillierte Daten zum Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
der Befragungspersonen sowie einige Zusatzinformationen betreffend<br />
den Migrationsprozess von Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten gesammelt<br />
wurden. SHARE ist eine von der europäischen Union <strong>und</strong> den Mitgliedsländern<br />
geförderte europaweite Datenerhebung zu den breiten Themenbereichen<br />
der Ges<strong>und</strong>heit, der Alterung, der Beschäftigung <strong>und</strong> des Ruhestands. In inzwischen<br />
mehr als 22 europäischen Mitgliedsländern werden mehr als 60.000<br />
Personen über 50 Jahren mittels Computerunterstützung <strong>für</strong> wissenschaftliche<br />
Zwecke persönlich befragt <strong>und</strong> untersucht.<br />
Migrantinnen- <strong>und</strong> Migrantenpopulation 50+<br />
10% der Bevölkerung<br />
50+ sind zugewandert<br />
Migration durch 2.<br />
Weltkrieg, Gastarbeit,<br />
Fall des Eisernen<br />
Vorhangs <strong>und</strong> Balkankonflikt<br />
In Österreich wurden mehr als 5.300 Personen 50+ <strong>für</strong> SHARE befragt, mehr<br />
als 4.450 davon waren bereit, am nationalen Zusatzmodul zu den Themenbereichen<br />
der Migration <strong>und</strong> der politischen Verfolgung teilzunehmen. Knappe<br />
10% der befragten Personen gelten nach der Definition der Vereinten Nationen<br />
als Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten der ersten Generation <strong>und</strong> r<strong>und</strong> 1% zählt<br />
zur Gruppe der Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten zweiter Generation. Innerhalb der<br />
Migrantinnen- <strong>und</strong> Migrantenbevölkerung stammt die mit 31% Anteil größte<br />
Gruppe aus dem ehemaligen Jugoslawien. Einwohnerinnen <strong>und</strong> Einwohner mit<br />
deutschem Geburtsort bilden mit mehr als 20% Anteil die zweitgrößte Gruppe.<br />
Auch Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten aus der ehemaligen Tschechoslowakei, aus<br />
Osteuropa, Russland <strong>und</strong> der Türkei sind in der Bevölkerung über 50 sehr häufig<br />
vertreten.<br />
Die Einwanderungszeitpunkte der untersuchten Bevölkerungsgruppen lassen<br />
sich im Wesentlichen in drei Perioden gliedern. Während <strong>und</strong> unmittelbar<br />
nach dem 2. Weltkrieg flüchteten viele Personen aus der ehemaligen ČSSR<br />
nach Österreich. Zu diesem Zeitpunkt ist auch ein Zuzug von Osteuropäern<br />
<strong>und</strong> Personen aus Russland zu verzeichnen, sowie nicht zuletzt von Ungarn<br />
2
aufgr<strong>und</strong> des ungarischen Volksaufstandes. In den 60er <strong>und</strong> 70er Jahren des<br />
20. Jahrh<strong>und</strong>erts setzte dann ein vermehrter Zuzug von Gastarbeiterinnen<br />
<strong>und</strong> Gastarbeitern aus dem ehemaligen Jugoslawien <strong>und</strong> der Türkei nach Österreich<br />
ein, von denen sich viele dauerhaft im Land niedergelassen haben.<br />
Die letzte größere Einwanderungswelle ist während der Jahre des Zusammenbruchs<br />
der Sowjetunion <strong>und</strong> der Balkankriege auszumachen.<br />
Migrationsprozess <strong>und</strong> Integration<br />
Der Migrationsprozess wird mittels Angaben von Betroffenen zu den Schwierigkeiten<br />
bei der Einwanderung nach Österreich <strong>und</strong> zur Hilfe, welche den Migrantinnen<br />
<strong>und</strong> Migranten bei der Migration nach Österreich dabei zuteil wurde,<br />
untersucht. Als Indikatoren <strong>für</strong> die Integration dieser Personen dienen Aktivitäten,<br />
das soziale Umfeld <strong>und</strong> auch die familiäre Situation der betroffenen Bevölkerungsgruppe.<br />
Die Herausforderungen, mit denen sich Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten bei der<br />
Einwanderung konfrontiert sahen, variieren stark nach Herkunftsland. In Bezug<br />
auf die Häufigkeit des Auftretens von Schwierigkeiten ist ein deutliches<br />
Nord-Süd-Gefälle erkennbar. Während Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten aus west<strong>und</strong><br />
nordeuropäischen Staaten relativ selten Schwierigkeiten bei der Einwanderung<br />
angaben, hatten 60% der Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien<br />
<strong>und</strong> r<strong>und</strong> 70% der Personen aus der Türkei mit Sprachproblemen im Migrationszeitpunkt<br />
zu kämpfen. Probleme mit der Ausbildung trafen Personen aus<br />
Südeuropa (30%) <strong>und</strong> der Türkei (23%) am häufigsten. Bemerkenswert ist außerdem<br />
der mit 80% hohe Anteil an Türkinnen <strong>und</strong> Türken, die von Problemen<br />
mit der öffentlichen Verwaltung berichten.<br />
30 bis 50% der Migratinnen <strong>und</strong> Migranten gaben im Schnitt an, bei der Einwanderung<br />
Hilfestellung von der eigenen Familie erhalten zu haben; der diesbezügliche<br />
Anteil ist mit 70% bei der türkischstammigen Bevölkerung am größten.<br />
Jedoch wurde Türkinnen <strong>und</strong> Türken kaum Hilfe von der lokalen Bevölkerung<br />
zuteil. Hinsichtlich Unterstützung von der öffentlichen Verwaltung <strong>und</strong> sozialen<br />
Organisationen ist zu erkennen, dass Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten aus<br />
der ehemaligen Tschechoslowakei <strong>und</strong> dem ehemaligen Jugoslawien vermehrt<br />
Hilfe von sozialen Organisationen erhalten haben.<br />
Der Mittelwert an persönlichen Aktivitäten, wie zum Beispiel freiwillige Tätigkeiten<br />
<strong>und</strong> Vereinstätigkeiten, beträgt in SHARE 2,6. Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten<br />
gehen im Mittel etwas weniger Aktivitäten nach, als Personen ohne<br />
Migrationshintergr<strong>und</strong>. Mit 1,8 geben Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien<br />
die geringste Anzahl an Aktivitäten an. Generell scheinen Migrantinnen<br />
<strong>und</strong> Migranten weniger in das sozio-kulturelle Umfeld Österreichs eingeb<strong>und</strong>en<br />
zu sein. Sie gehen weniger häufig freiwilligen Tätigkeiten nach, sind seltener<br />
in Vereine eingeb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> besuchen weniger Weiterbildungen. Dies trifft vor<br />
allem <strong>für</strong> Personen aus dem Osten Europas, dem ehemaligen Jugoslawien <strong>und</strong><br />
der Türkei zu.<br />
Nord-Süd-Gefälle bei<br />
Häufigkeit von Schwierigkeiten<br />
Türkinnen <strong>und</strong> Türken<br />
erhielten häufig Hilfe<br />
durch die Familie, jedoch<br />
kaum Hilfe von<br />
lokaler Bevölkerung<br />
Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten<br />
sind weniger<br />
ins soziale Leben eingeb<strong>und</strong>en<br />
3
Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten<br />
haben ein größeres<br />
soziales Netzwerk<br />
Türkinnen <strong>und</strong> Türken<br />
haben die meisten<br />
Kinder<br />
Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten<br />
mit ihrem Leben<br />
weniger zufrieden<br />
Interessante Erkenntnisse liefert auch die Untersuchung sozialer Netzwerke<br />
der Befragungspersonen. Soziale Netzwerke werden in SHARE definiert als<br />
der Personenkreis, mit dem häufig über wichtige Dinge gesprochen wird. Nach<br />
der SHARE Definition ist das soziale Netzwerk von Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten,<br />
<strong>und</strong> hierbei vor allem das soziale Netzwerk von Personen aus der Türkei,<br />
größer als das soziale Netzwerk von in Österreich geborenen Personen. Zu<br />
anderen Ergebnissen führt die Analyse der Komposition von sozialen Netzwerken:<br />
Generell ist der Anteil an Familienmitgliedern im sozialen Netzwerk von<br />
Personen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> um r<strong>und</strong> 10 Prozentpunkte geringer als<br />
bei Personen ohne Migrationshintergr<strong>und</strong>. Trotz des größeren Netzwerks besitzen<br />
Menschen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> häufiger als in Österreich geborene<br />
Personen keine enge Bezugsperson.<br />
Bei näherer Betrachtung von Partnerschaften lässt sich feststellen, dass Migrantinnen<br />
<strong>und</strong> Migranten seltener mit einem Partner gemeinsam einen Haushalt<br />
teilen. Während r<strong>und</strong> 70% der Bevölkerungsgruppe ohne Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
mit einer Partnerin oder einem Partner zusammenleben, sind es <strong>für</strong><br />
Personen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> nur 60%. Kulturell interessante Einblicke<br />
gewinnt man bei einer näheren Betrachtung jener Personen, die angeben in<br />
Partnerschaft zu leben: Während hievon nur r<strong>und</strong> 50% der Personen aus West<strong>und</strong><br />
Nordeuropa, der ehemaligen ČSSR <strong>und</strong> aus dem ehemaligen Jugoslawien<br />
verheiratet sind, sind es bei der türkischstämmigen Gruppe ganze 91%. Auch<br />
hinsichtlich Kinderzahl nehmen Personen aus der Türkei mit durchschnittlich<br />
3,2 lebenden Kindern eine führenden Rolle ein. Der Durchschnitt über alle Bevölkerungsgruppen<br />
liegt bloss bei 1,87 lebenden Kindern.<br />
Weitere untersuchte Indikatoren <strong>für</strong> Integration sind die Zufriedenheit mit<br />
dem Leben, das Glücksempfinden <strong>und</strong> die subjektive Chancen <strong>und</strong> Zukunftseinschätzungen.<br />
Im Allgemeinen weisen Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten eine<br />
geringere Lebenszufriedenheit auf, blicken seltener mit Glück auf ihr Leben<br />
zurück <strong>und</strong> sehen sich in Bezug auf Chancen <strong>und</strong> persönliche Zukunftsaussichten<br />
benachteiligt. Die geringste Lebenszufriedenheit weisen Personen aus<br />
dem ehemaligen Jugoslawien <strong>und</strong> der Türkei auf.<br />
Ausbildung <strong>und</strong> beruflicher Status<br />
Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten<br />
haben häufig<br />
keine Berufsausbildung<br />
In Bezug auf sozioökonomische Indikatoren werden die Ausbildung <strong>und</strong> der berufliche<br />
Status der Studienteilnehmerinnen <strong>und</strong> Studienteilnehmer untersucht.<br />
Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten besitzen zum Teil einen niedrigeren Schulabschluss<br />
als Personen mit österreichischem Geburtsort. Während Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten<br />
aus Deutschland eine im Schnitt etwas höhere Ausbildung als Österreicherinnen<br />
<strong>und</strong> Österreicher aufweisen, besitzen knapp 70% der Zuwanderer<br />
aus dem ehemaligen Jugoslawien <strong>und</strong> 80% der Personen aus der Türkei nur<br />
einen Hauptschulabschluss als höchsten Bildungsabschluss. Bei den Berufsabschlüssen<br />
zeigt sich, dass 17% der Männer mit österreichischem Geburtsort<br />
keine weiterführende Berufsausbildung vorweisen können. Dieser Anteil beträgt<br />
<strong>für</strong> inländische Frauen sogar 45%. Speziell Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten<br />
aus dem ehemaligen Jugoslawien (50%) <strong>und</strong> der Türkei (70%) können keine<br />
4
weitere Berufsausbildung vorweisen.<br />
In SHARE wird ein höherer Beschäftigungsanteil von Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten<br />
im Alter 50+ ausgewiesen. Die Unterschiede sind vor allem <strong>für</strong> Männer<br />
stark ausgeprägt. Währen mehr als 50% der Männer ohne Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
vor 65 in Pension gehen, trifft dies nur auf etwas mehr als 20% der Migranten<br />
der ersten Generation zu. Außerdem sind Männer mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
häufiger arbeitslos. Ähnliches ist bei Frauen erkennbar, jedoch sind<br />
die Unterschiede hier weniger stark ausgeprägt. Die Beschäftigungsquote von<br />
Männern über 50 aus Osteuropa <strong>und</strong> Russland, dem ehemaligen Jugoslawien<br />
<strong>und</strong> der Türkei beträgt mehr als 40%. Bei Österreicherinnen <strong>und</strong> Österreichern<br />
beträgt dieser Anteil in der Stichprobe nur r<strong>und</strong> 23% <strong>für</strong> Männer <strong>und</strong> 20% <strong>für</strong><br />
Frauen. Von den Frauen aus der Türkei <strong>und</strong> dem ehemaligen Jugoslawien sind<br />
r<strong>und</strong> 30% in dieser Altersgruppe noch berufstätig.<br />
Migrantinnen <strong>und</strong><br />
Migranten weisen<br />
eine höhere Beschäftigungsquote<br />
auf<br />
Ges<strong>und</strong>heitliche Situation<br />
Die ges<strong>und</strong>heitliche Lage des Bevölkerungsteils mit Migrationshintergr<strong>und</strong> ist<br />
geprägt von schlechterem ges<strong>und</strong>heitlichem Wohlbefinden relativ zur Bevölkerung<br />
ohne Migrationshintergr<strong>und</strong> - <strong>und</strong> dies wohlgemerkt trotz statistischer<br />
Korrekturen <strong>für</strong> die unterschiedliche Alters-, Geschlechts- <strong>und</strong> Bildungszusammensetzung<br />
dieser Bevölkerungsgruppen. Dies trifft sowohl auf die Selbsteinschätzung<br />
der eigenen Ges<strong>und</strong>heit von Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten als auch<br />
auf die Analyse objektiver Ges<strong>und</strong>heitsmerkmale dieser Bevölkerungsgruppe<br />
zu. Im Bereich der Selbsteinschätzung fallen insbesondere die Migrantenpopulationen<br />
aus dem ehemaligen Jugoslawien, der Türkei <strong>und</strong> auch Osteuropa<br />
<strong>und</strong> Russland mit schlechter persönlicher Ges<strong>und</strong>heitseinschätzung auf.<br />
Was die objektiven Ges<strong>und</strong>heitsmerkmale anbelangt, so ist in erster Linie der<br />
bei Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten erhöhte Wert <strong>für</strong> Krankheitsdiagnosen festzuhalten.<br />
Gewisse Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergr<strong>und</strong> weisen eine<br />
um bis zu 40% höhere Zahl an diagnostizierten Krankheiten relativ zur „einheimischen“<br />
Bevölkerung auf, allen voran wiederum die Bevölkerungsgruppe<br />
aus dem ehemaligen Jugoslawien. Personen aus dem ehemaligen Balkanstaat<br />
haben eine mehr als doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit an Bluthochdruck,<br />
hohem Cholesterinspiegel, Diabetes, Lungenkrankheiten <strong>und</strong> Krebs zu<br />
erkranken als Personen ohne Migrationshintergr<strong>und</strong>. Ähnliches gilt auch <strong>für</strong> die<br />
Anzahl an Beschwerden, die bei den Befragungspersonen auftreten. Im Ergebnis<br />
sind es vor allem 3 Symptome, <strong>für</strong> die Angehörige der jugoslawischen Bevölkerungsgruppe<br />
deutlich mehr Inzidenzrisiko aufweisen: Herzbeschwerden,<br />
Atembeschwerden <strong>und</strong> Magen-Darm-Probleme. Das Risiko, an einer dieser<br />
Beschwerden zu leiden, ist bei gleichem Alter, Geschlecht <strong>und</strong> Bildungsstand<br />
in der südlichen Migrantenpopulation teilweise fast dreimal so hoch wie <strong>für</strong> Personen,<br />
die in Österreich geboren wurden.<br />
Personen mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
schätzen<br />
ihre Ges<strong>und</strong>heit<br />
schlechter ein<br />
Auch objektive Maße<br />
zeigen das erhöhte<br />
Ges<strong>und</strong>heitsrisiko der<br />
Migrationsbevölkerung<br />
Ein weiterer Schwerpunkt der Ges<strong>und</strong>heitserhebung im Rahmen des SHA-<br />
RE Forschungsnetzwerks liegt im Bereich der geistigen Ges<strong>und</strong>heit der Bevölkerung.<br />
Dabei wird offenbart, dass Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten eine deutlich<br />
5
Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten<br />
leiden häufiger<br />
unter Depressionen<br />
Vermehrter Hilfsbedarf<br />
bei Migrationspopulation<br />
durch sprachliche<br />
Probleme<br />
höhere Anzahl an depressiven Symptomen aufweisen als der in Österreich<br />
geborene Bevölkerungsteil. Auf Ebene des Herkunftslandes sind es vor allem<br />
Personen aus der ehemaligen CSSR <strong>und</strong> aus Deutschland, die unter schlechten<br />
Werten im Bereich der mentalen Ges<strong>und</strong>heit leiden. Dieses Ergebnis ist<br />
konsistent mit zahlreichen anderen Studien, in welchen <strong>für</strong> Migrantinnen <strong>und</strong><br />
Migranten zumeist ein höheres Niveau an Belastungen im Bereich der geistigen<br />
Ges<strong>und</strong>heit ausgewiesen wird.<br />
Nicht zuletzt wird von Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten eine tendentiell etwas höhere<br />
Anzahl an Schwierigkeiten im Alltag angeführt. Die Untersuchung des<br />
potentiellen Hilfsbedarfs bezüglich der Aktivitäten im täglichen Leben weist jedoch<br />
sehr stark in die Richtung, dass der vermehrte Unterstützungsbedarf der<br />
Migrantenpopulation eher durch sprachliche <strong>und</strong> sozio-kulturelle Schwierigkeiten<br />
im Alltag, als durch „klassischen“ Pflegebedarf im Alter verursacht wird.<br />
Zugang zum Ges<strong>und</strong>heitssystem<br />
Migrantinnen <strong>und</strong><br />
Migranten weisen<br />
mehr Besuche bei<br />
Allgemeinmedizinern<br />
auf als andere Bevölkerungsgruppen;<br />
Facharztbesuche sind<br />
hingegen seltener<br />
Im Zusammenhang mit dem <strong>für</strong> die Migrantinnen- <strong>und</strong> Migrantenpopulation<br />
vermehrt festgestellten ges<strong>und</strong>heitlichen Problemen ist ein möglichst offener<br />
<strong>und</strong> hindernisfreier Zugang zum Ges<strong>und</strong>heitssystem <strong>für</strong> diese Personen von<br />
besonderer Bedeutung. SHARE Daten zeigen diesbezüglich auf, dass Migrantinnen<br />
<strong>und</strong> Migranten im extramuralen Bereich mehr Arztbesuche pro Jahr vorweisen<br />
als Personen ohne Migrationshintergr<strong>und</strong>. Vor allem Personen aus der<br />
Türkei sowie dem ehemaligen Jugoslawien besuchen im ambulanten Bereich<br />
öfter einen Arzt als andere Bevölkerungsgruppen. Während dieser Differenzwert<br />
bei Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien sowohl auf Fachärzte als<br />
auch auf Allgmeinmediziner aufgeteilt wird, betrifft es im Fall von Personen<br />
aus der Türkei fast ausschließlich Allgemeinmediziner, die von dieser Bevölkerungsgruppe<br />
vermehrt konsultiert werden.<br />
Anders verhält es sich mit Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten aus der ehemaligen<br />
Tschechoslowakei: Während die Zahl der Arztbesuche bei Allgemeinmedizinern<br />
vergleichbar ist mit jener von Personen ohne Migrationshintergr<strong>und</strong>, werden<br />
im Bereich der Fachärzte deutlich weniger Konsultationen festgestellt als<br />
bei anderen Bevölkerungsgruppen. Sowohl <strong>für</strong> Hals-Nasen-Ohren Fachärzte,<br />
als auch <strong>für</strong> Rheumatologen/Physiotherapeuten, Chirurgen <strong>und</strong> Gynökologen<br />
liegen die Zahlen <strong>für</strong> diesbezüglich Arztbesuche um bis zu 85% unter jenen<br />
vergleichbarer Populationen.<br />
Unterschiede bei Dauer<br />
von Krankenhausaufenthalten<br />
Für den Bereich der stationären Ges<strong>und</strong>heitsversorgung zeigt sich jedoch<br />
etwas unerwartet ein anderes Bild. Obwohl die Zahl der stationären Krankenhausaufenthalte<br />
aller Bevölkerungsgruppen ungefähr gleich auf liegt, ist die<br />
Zahl der stationär in einem Krankenhaus verbrachten Nächte <strong>für</strong> die Bevölkerung<br />
mit Migrationshintergr<strong>und</strong> deutlich niedriger als der Wert des „einheimischen“<br />
Bevölkerungsteils. Trotz schlechterer ges<strong>und</strong>heitlicher Werte verbringen<br />
Angehörige der Bevölkerungsgruppe aus dem ehemaligen Jugoslawien<br />
um bis zu 33% weniger Nächte stationär in einem Krankenhaus als in Österreich<br />
geborene Personen.<br />
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