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Queerulant_in-Ausgabe-6-Lesbar2014

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Das Lili Elbe Archiv –<br />

"Inter, Trans, Queer Geschichte"<br />

Das Archiv ist e<strong>in</strong>e moderne, unabhängige Dienstleistungse<strong>in</strong>richtung für Öffentlichkeit,<br />

Forschung und Verwaltung, die e<strong>in</strong>malige Zeugnisse der älteren, neueren und neuesten<br />

deutschen sowie <strong>in</strong>ternationalen Geschichte nicht‐normativer Geschlechtlichkeiten als<br />

Archivgut sichert, zugänglich macht und sich als e<strong>in</strong>e wichtige Ergänzung zu bereits<br />

bestehenden Archiven versteht.<br />

Beitrag von Niki Trauthwe<strong>in</strong>.<br />

Angefangen hat alles vor mehr als 10 Jahren. E<strong>in</strong>es<br />

der ersten Bücher war die Biographie von Lili Elbe ‐<br />

"E<strong>in</strong> Mensch wechselt se<strong>in</strong> Geschlecht. E<strong>in</strong>e Lebensbeichte"<br />

von 1932 ( 1 , 2 ) . Gewidmet ist ihr das Archiv,<br />

weil ihre Biografie etwas ganz Besonderes darstellt.<br />

Sie war e<strong>in</strong>er der ersten Menschen, die geschlechtsangleichende<br />

Operationen an sich vornehmen ließen<br />

und bezahlte es mit ihrem Leben. Ihr Werdegang<br />

verb<strong>in</strong>det auch die drei Aspekte Inter*, Trans* und<br />

Queer mite<strong>in</strong>ander. Bis heute ist die Frage der Intersexualität<br />

bei ihr nicht abschließend geklärt, da es<br />

zwar Andeutungen auf <strong>in</strong>nenliegende Gonaden <strong>in</strong> der<br />

Literatur gibt, aber von Lili Elbe niemals ausdrücklich<br />

als Hermaphrodit_<strong>in</strong> gesprochen worden ist. Die<br />

queeren Aspekte ihres Lebens werden <strong>in</strong> den Werken<br />

von Lilis Frau, Gerda Wegener, beschrieben, <strong>in</strong> denen<br />

sie oft auch etwas erotisch abgebildet worden<br />

ist. Bee<strong>in</strong>druckend ist, dass die beabsichtigte Veröffentlichung<br />

ihrer Biographie bereits e<strong>in</strong>e Form von<br />

nicht‐normativem, geschlechtspositivem Aktivismus<br />

darstellt.<br />

„Ich kämpfe gegen die Vore<strong>in</strong>genommenheit<br />

des<br />

Spießbürgers, der <strong>in</strong> mir e<strong>in</strong><br />

Phänomen, e<strong>in</strong>e Abnormität<br />

sucht. Wie ich jetzt b<strong>in</strong>, so<br />

b<strong>in</strong> ich e<strong>in</strong>e ganz gewöhnliche<br />

Frau“ (S.243)<br />

Aus dem Interesse von Privatpersonen an historischer<br />

Literatur zu <strong>in</strong>ter‐, transgeschlechtlichen und<br />

queeren Themen wurde mit der Zeit e<strong>in</strong>e umfangreiche<br />

Sammlung. Heute beläuft sich der Bestand<br />

des Archivs, das <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Sitz hat, auf ca.<br />

6000 Dokumente, Zeitschriften, Bücher, Journals,<br />

Dissertationen, Flyer, Fotografien, Interviews, Jahrbücher,<br />

Fotobände, Ratgeber, Fragebogen, audio‐visuelle<br />

Medien etc. Die Zeitspanne, welche der<br />

Archivbestand momentan abdeckt, erstreckt sich<br />

von 1803 bis heute und wir arbeiten alle sehr engagiert<br />

daran und hoffen darauf <strong>in</strong> den nächsten Monaten<br />

diesen Zeitraum auf das 16 Jahrhundert<br />

ausweiten zu können.<br />

Wer „Wir“ s<strong>in</strong>d – Darum geht es im Archiv<br />

Leider ist es so, dass noch nicht sehr viel Geschichte<br />

nicht‐normativer Geschlechtlichkeiten bekannt ist<br />

und wenn etwas dazu veröffentlicht wurde, dann<br />

meist von außenstehenden Personen. Die meisten<br />

Veröffentlichungen drehen sich um Magnus Hirschfeld(<br />

3 , 4 ) und dessen Ansicht über Transvestiten (5) , die<br />

Ärzt_<strong>in</strong>nen, welche ihn umgaben und um Psychiatrie.<br />

Manchmal werden auch gerne die Versuche von<br />

Eugen Ste<strong>in</strong>ach (6) oder die Ansichten von John Money<br />

(7) erwähnt, die leider nur e<strong>in</strong>e sehr e<strong>in</strong>geschränkte<br />

Sichtweise erlauben. Dadurch gerieten die<br />

E<strong>in</strong>zelbiographien vieler <strong>in</strong>ter‐ und transgeschlechtlicher<br />

Personen zunehmend <strong>in</strong> Vergessenheit. Gleiches<br />

gilt für queere Veröffentlichungen, vor allem<br />

zu Polyamorie und Asexualität. Uns ist es e<strong>in</strong> wichtiges<br />

Anliegen, mit dem Archiv e<strong>in</strong>zigartige Dokumente<br />

zu sammeln und e<strong>in</strong>e Informationsbasis zu<br />

schaffen, die es den Menschen ermöglicht sich<br />

selbstbestimmt e<strong>in</strong>e Vergangenheit zu geben. Wer<br />

„wir“ s<strong>in</strong>d ist auch e<strong>in</strong>e Frage danach, wer „wir“<br />

waren. Während es Susan Stryker, Richard Ek<strong>in</strong>s und<br />

andere schafften, <strong>in</strong> den USA, Kanada und England

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