SR_4904_1206.pdf.pdf - Schweizer Parlament
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29. Mai 2012 291 Ständerat 12.050<br />
solchen Kundendaten zu suchen. Diejenigen Personen, die<br />
ihre Steuerpflicht durch eine Abgeltung erfüllt haben oder<br />
dann allenfalls sich selbst in Deutschland angezeigt haben,<br />
haben nämlich keine Rechtsfolgen mehr zu befürchten. Die<br />
Kundinnen und Kunden haben es also diesbezüglich selbst<br />
in der Hand.<br />
Dann wurde weiter vorgebracht, dass Nachverhandlungen<br />
notwendig gewesen seien. Es ist natürlich immer unschön,<br />
wenn man einen Vertrag auf dem Tisch hat und dann gezwungen<br />
wird, nochmals nachzugeben – sozusagen auf die<br />
Knie zu gehen und nochmals nachzubessern –, und als<br />
Staat so letztlich auch im internationalen Verhältnis erpressbar<br />
wird. Ich glaube, dass wir uns da nichts vormachen<br />
müssen. Es ist in der Tat eine schwierige Situation, aber es<br />
bestand auch ein ausserordentlicher Druck. Ich möchte hier<br />
niemandem einen Vorwurf machen, aber ich hoffe, dass wir<br />
in Zukunft nicht mehr nachgeben müssen, dass die Schweiz<br />
selbstbewusst ihre Position durchbringen kann.<br />
Herr Germann hat darauf hingewiesen, dass im Rahmen der<br />
Nachverhandlungen das Zugeständnis gemacht werden<br />
musste, dass 1300 Anfragen getätigt werden können. Dieses<br />
Zugeständnis ist inhaltlich nicht von derart grosser Bedeutung.<br />
Wenn man schon 999 Anfragen tätigen kann und<br />
die Abkommen letztlich die Anonymität – mit Ausnahmen bei<br />
gewissen Vermögen – nicht gewährleisten, spielt die Möglichkeit<br />
von 300 zusätzlichen Anfragen bei der Umsetzung<br />
des Abkommens keine Rolle mehr. Gegen aussen ist diese<br />
Zahl, bei der man nachgegeben hat, vielleicht relevanter,<br />
aber inhaltlich ist sie für mich nicht entscheidend.<br />
Letztlich zahlen wir mit diesem Abkommen einen gewissen<br />
Preis dafür, dass wir die Strategie der Abgeltung anwenden<br />
können. Im Nachhinein könnte man vielleicht bessere Konditionen<br />
aushandeln. Aber dieses individuelle Abkommen mit<br />
Deutschland jetzt nochmals zur Diskussion zu stellen würde<br />
für mich eben auch bedeuten, dass wir den Weg, den der<br />
Bundesrat mit der Strategie der Abgeltung eingeschlagen<br />
hat, nicht begehen können, weil die Strategie sistiert ist, bis<br />
wir dieses Abkommen haben. Deshalb bin ich dagegen,<br />
dass wir hier nochmals einen Marschhalt einlegen.<br />
Widmer-Schlumpf Eveline, Bundespräsidentin: Ich möchte<br />
Sie selbstverständlich bitten, den Rückweisungsantrag der<br />
Minderheit Germann abzulehnen.<br />
Zuerst zu den gestohlenen Daten und zur Formulierung, wie<br />
wir sie in den drei Abkommen haben: Wir halten fest, dass<br />
ein aktiver Erwerb – d. h. das Erwerben und selbstverständlich<br />
auch das Bezahlen – von gestohlenen Daten nicht mehr<br />
möglich ist. Diese Formulierung liegt im Rahmen des Übereinkommens<br />
über das Recht der Verträge und besagt mit<br />
anderen Worten Folgendes: Wenn ein passiver Erwerb erfolgt,<br />
d. h., wenn jemandem einfach Daten zugespült werden,<br />
ohne dass diese Person oder dieses Amt etwas dafür<br />
tut, kann man diese Person oder dieses Amt natürlich nicht<br />
dafür verantwortlich machen; so ist die Auslegung des Vertrags.<br />
Dass aktiv nichts erworben werden darf, ist meiner<br />
Ansicht nach an sich richtig und in dem Sinne aber auch genügend.<br />
Wenn man jetzt sagt, dass es Bundesländer gibt, die anderer<br />
Auffassung sind, möchte ich Folgendes antworten: Es<br />
gibt auch in der Schweiz manchmal Kantone, die anderer<br />
Auffassung sind, wenn man einen Staatsvertrag aushandelt,<br />
trotzdem gilt der Staatsvertrag dann natürlich auch für diese<br />
Kantone. Auch für Deutschland gilt, dass selbstverständlich<br />
sämtliche Bundesländer an einen Vertrag, den Deutschland<br />
mit einem anderen Staat abschliesst, gebunden sind.<br />
Ich teile die Auffassung von Herrn Ständerat Schmid, wonach<br />
Deutschland gar keine geklauten CD oder irgendetwas<br />
Ähnliches braucht, wenn wir die Abgeltungssteuer mit<br />
Deutschland einführen; diese Mittel sind dann gar nicht<br />
mehr interessant. Dann ist nämlich alles regularisiert und in<br />
Zukunft versteuert, sei es nun über die Steuersätze, die wir<br />
vereinbart haben, oder sei es über eine Offenlegung. Es<br />
mag dann immer noch Leute geben, die Daten klauen, aber<br />
sie können dafür nichts mehr bekommen; es kann kein Geschäftsmodell<br />
für Diebe sein.<br />
Zu diesen 1300 Anfragen: Es ist richtig, dass es 1300 sind.<br />
Der kleine Unterschied zu den Bemerkungen von Herrn<br />
Ständerat Germann ist, dass es maximal 1300 über zwei<br />
Jahre sind, also nicht in einem Jahr, sondern über zwei<br />
Jahre. Auch diese Anfragen sind zudem an bestimmte Voraussetzungen<br />
gebunden. Es geht hier nur darum, dass man<br />
den «Waschmaschineneffekt» ausschliessen kann, d. h.,<br />
dass ein regularisiertes Konto wieder benutzt wird, um unversteuerte<br />
Gelder darauf zu lagern. Es geht um diesen Mechanismus.<br />
Zu den 50 Prozent Nachlasssteuer, Herr Ständerat Germann:<br />
Auch in diesem Fall haben Sie natürlich die Möglichkeit,<br />
das Vermögen offenzulegen und dann die effektive<br />
Nachlasssteuer zu bezahlen, ebenfalls gegenüber Deutschland.<br />
Auch ein deutscher Steuerpflichtiger, der ein so grosses<br />
Vermögen besitzt und die entsprechenden Voraussetzungen<br />
erfüllt, bezahlt in Deutschland 50 Prozent Nachlasssteuer.<br />
Das ist also nicht nur bei uns, sondern auch in<br />
Deutschland der maximale Steuersatz für Nachlässe.<br />
Nachdem wir dieses Zusatzprotokoll gemacht hatten, brachte<br />
die Bankiervereinigung im April zum Ausdruck, dass für<br />
sie das Ende der Fahnenstange erreicht sei, dass sie nicht<br />
weiter gehen wolle. Sie hat aber auch zum Ausdruck gebracht<br />
– wenn man den Text weiterlesen würde, würde man<br />
das merken –, dass sie mit der vorliegenden Fassung einverstanden<br />
ist, dass sie dahintersteht. Warum war es überhaupt<br />
notwendig, diesen Zusatz zu machen? Die EU-Kommission<br />
hat im Dezember beanstandet, dass die Abgeltungssteuer<br />
dort, wo sie sich mit der Zinsbesteuerung treffe,<br />
nicht EU-konform sei. Darum haben wir noch eine Zusatzschlaufe<br />
machen müssen, und in diesem Zusammenhang<br />
haben wir bei den Sätzen für die Vergangenheit – nur für die<br />
Vergangenheit! – diesen Zusatz, also 21 bis 41 Prozent statt<br />
19 bis 34 Prozent, gemacht. Das ist die einzige Änderung.<br />
Es wurde immer wieder beanstandet, dass es jetzt plötzlich<br />
Aufseher gebe, die sich um Kundendaten kümmern würden.<br />
Diese Regelung war aber bereits in den im September und<br />
Oktober des letzten Jahres unterzeichneten Abkommen enthalten!<br />
Dabei geht es nicht darum, Kundendaten zu überprüfen,<br />
sondern darum, dass die Bankenaufsichtsbehörde<br />
Deutschlands – die Bafin, analog unserer Finma – dann,<br />
wenn ein Finanzinstitut einen direkten Zugang zum Markt in<br />
Deutschland hat, ohne Zwischenstation überprüfen können<br />
soll, ob sich dieses Finanzinstitut an die Regulierungsvorschriften<br />
hält oder nicht. Es geht also nicht darum, Kundendaten<br />
zu überprüfen, sondern darum, dass die Aufsichtsbehörde<br />
von Deutschland dafür sorgen kann, dass eine<br />
<strong>Schweizer</strong> Bank, die in Deutschland keine Zweigniederlassung<br />
und kein Anbahnungsinstitut hat, sondern direkten<br />
Marktzutritt, die deutschen Regulierungsvorschriften erfüllt.<br />
Im Übrigen verlangen wir das auch, wir haben in der<br />
Schweiz genau dieselbe Einrichtung: Wenn eine ausländische<br />
Bank bei uns direkt Geschäfte tätigt, muss sie unsere<br />
Regulierungsvorschriften erfüllen. Das ist im Finanzmarktaufsichtsgesetz<br />
klar geregelt. Die Finma kann das auch vor<br />
Ort überprüfen. Auch das war bereits bei der Unterzeichnung<br />
im Herbst so, ist also auch nichts Neues. Konkret<br />
mussten wir einfach den Zinsbesteuerungsteil anpassen und<br />
haben gleichzeitig die Vergangenheitsregularisierung etwas<br />
breiter gefasst.<br />
Jetzt sagt Herr Ständerat Germann, die Vorlage sei zurückzuweisen,<br />
um die Vergangenheit zwar zu regularisieren,<br />
aber mit einer besseren Variante. Ich bin sehr offen: Wenn<br />
Sie mir ein Modell zeigen können, mit dem wir das innert<br />
nützlicher Frist erreichen können und uns keine zusätzlichen<br />
Nachteile einhandeln, dann bin ich sehr froh. Wir haben ungefähr<br />
anderthalb Jahre über dieser Frage gebrütet und sind<br />
zu diesem Modell gekommen, das ich als gut anschaue. Ich<br />
kann mir nicht vorstellen, dass in Neuverhandlungen etwas<br />
Besseres herauskommt. Und schauen Sie: Ich bin zwar Berufsoptimist,<br />
aber nach dem, was wir in den letzten anderthalb<br />
Jahren in diesem Bereich erlebt haben, bin ich auch<br />
Realist. Ich denke, es ist wichtig, dass man bei der Realität<br />
bleibt, und ich sage Ihnen ganz klar: Wenn man jetzt die Vorlage<br />
zurückweist, ist es ehrlicher, das Kind beim Namen zu<br />
Amtliches Bulletin der Bundesversammlung