LEADER Interview mit CEO Ewald Rehm, 01.09.2013 - Orianda ...
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36 Wirtschaft<br />
«Wir haben <strong>mit</strong> unserem Fachwissen<br />
ein Alleinstellungsmerkmal»<br />
Die <strong>Orianda</strong> Solutions AG <strong>mit</strong> Sitz in Tägerwilen berät im SAP-Umfeld<br />
Transport- und Logistikunternehmen sowie international tätige<br />
Pharmaunternehmen in Maintenance Solutions, Technology Solutions<br />
und Business Intelligence Solutions. Ein komplexes Themenfeld<br />
<strong>mit</strong> hohem Zukunftspotenzial – in der Schweiz wie auch im ausländischen<br />
Markt. Im Gespräch <strong>mit</strong> <strong>CEO</strong> <strong>Ewald</strong> <strong>Rehm</strong>.<br />
<strong>Interview</strong>: Marcel Baumgartner Bilder: Tiziana Secchi<br />
<strong>Ewald</strong> <strong>Rehm</strong>, wenn Journalisten einen komplexen<br />
Themenbereich erklärt haben möchten, stellen<br />
sie die Frage «Wie würden Sie einem zehnjährigen<br />
Kind erklären, was Sie tun»? Ihr Aufgabengebiet<br />
ist schwer in Worte zu umfassen, deshalb bediene<br />
ich mich dieser Fragestellung.<br />
<strong>Orianda</strong> steht für «Die Experten für Instandhaltung<br />
und Logistik». Wir sind ein Beratungsunternehmen<br />
und helfen unseren Kunden, in der Regel grosse Unternehmen,<br />
ihre technischen Anlagen (bei Eisenbahnen<br />
Lokomotiven, ganze Züge, Schienen, Weichen<br />
«Die Schweiz ist ein typisches Eisenbahnland,<br />
und das kommt uns zugute.»<br />
usw.) optimal zu bewirtschaften. Beispielsweise,<br />
dass ein Zug fahren kann, wenn er fahren soll – und<br />
nicht im falschen Moment in der Werkstatt steht. Wir<br />
helfen auch <strong>mit</strong>, die Instandhaltungsprozesse unserer<br />
Kunden optimal zu gestalten und für sie zielgerichtete<br />
und effiziente IT-Lösungen zu realisieren.<br />
Kann man also vereinfacht sagen, dass Sie in einem<br />
Unternehmen die gesamten Abläufe – vor<br />
allem im Bezug auf die Instandhaltung der Infrastruktur<br />
– <strong>mit</strong>tels ausgeklügelter Informatiklösungen<br />
überwachen und in der Folge optimieren?<br />
Nicht ganz. In einer Ist-Analyse er<strong>mit</strong>teln wir die<br />
Ausgangssituation bei unserem Kunden und entwerfen<br />
basierend auf Anforderungen und Erwartungen<br />
ein Zielbild. Das heisst: Wohin soll die Reise gehen,<br />
welche Vision oder welche strategische Ausrichtung<br />
soll erreicht werden? Stimmt das so entworfene Zielbild<br />
<strong>mit</strong> den Vorstellungen unseres Kunden überein,<br />
konzipieren und realisieren wir die neuen Prozesse<br />
und Abläufe seiner Instandhaltung. Das bedeutet,<br />
wir bauen und dokumentieren ein Instandhaltungsplanungs-<br />
und Steuerungswerkzeug für unseren<br />
Kunden, da<strong>mit</strong> dieser seine technischen Anlagen<br />
nachhaltig besser nutzen kann.<br />
Wie sehen solche Prozesse bei einem typischen<br />
Kleinunternehmen aus?<br />
Das hängt wie bei Grossunternehmen ganz von der<br />
Instandhaltungsstrategie ab. Man muss die Frage<br />
stellen: Lege ich den Fokus auf zustandsabhängige<br />
oder vorausschauende Instandhaltung, oder liegt<br />
mein Schwerpunkt auf der Störungsbeseitigung?<br />
Heute wird bei vielen Kleinunternehmen die Instandhaltung<br />
leider oft nur als Kostenfaktor betrachtet<br />
und ihr Nutzen nicht strategisch gesehen. Es gibt<br />
aber auch KMU, die den Mehrwert einer effizienten<br />
Instandhaltung sehen und eine kurzfristige Investition<br />
in eine nachhaltige Zukunft angehen. Auch hier<br />
geht es darum: Was will und benötigt der Kunde von<br />
<strong>Orianda</strong>, wie können wir dies <strong>mit</strong> IT-Mitteln zielgerichtet<br />
unterstützen?<br />
Ist ein bestimmtes Volumen erforderlich, bis sich<br />
der Einbezug Ihrer Lösungen ausbezahlt?<br />
<strong>Orianda</strong> ist SAP-Partner und wird bei Kunden aktiv,<br />
die selbst SAP im Einsatz haben oder planen, SAP<br />
einzuführen. Es hängt davon ab, welchen Stellenwert<br />
die Instandhaltung bei einem potentiellen Kunden<br />
hat. Ist der Kunde Dienstleister und verkauft seine<br />
Instandhaltungsleistungen an seine Endkunden,<br />
rechnet sich eine Investition schon bei wenigen Mitarbeitern.<br />
Bei anderen Kunden ist entscheidend, wie<br />
wichtig die Nicht-Verfügbarkeit von technischen Anlagen<br />
beziehungsweise deren Auswirkung auf ihre<br />
Produktion ist. Zentrale Aspekte für Anlagenbauer<br />
und Eisenbahnverkehrsunternehmen sind Transparenz<br />
und Rückverfolgbarkeit von eingesetzten Komponenten<br />
sowie Nachweise über angewandte In-<br />
<strong>LEADER</strong> | September 2013
Wirtschaft<br />
37<br />
<strong>Ewald</strong> <strong>Rehm</strong>, <strong>CEO</strong> der <strong>Orianda</strong> Solutions AG:<br />
«Der Standort erweist sich<br />
nicht nur als vorteilhaft.»<br />
<strong>LEADER</strong> | September 2013
38 Wirtschaft<br />
standhaltungsleistungen. Für pharmazeutische Unternehmen<br />
sind Validierung und Kalibrierung von<br />
Prüf- und Mess<strong>mit</strong>teln von entscheidender Bedeutung<br />
– für Nachweise gegenüber Zulassungsbehörden.<br />
Diese sie sind im Endeffekt für jeden Verbraucher<br />
relevant.<br />
So komplex wie das Themengebiet sind <strong>mit</strong>unter<br />
auch die Tätigkeitsfelder Ihrer Kunden. Wo setzt<br />
man bei einem Neukunden zuerst an?<br />
Das ist branchen- und kundenspezifisch. Lassen Sie<br />
mich ein Beispiel nennen: Bei Eisenbahnunternehmen,<br />
die im Güterverkehr tätig sind, sind seit Kurzem<br />
umfangreiche gesetzliche Nachweise erforderlich,<br />
die zwar organisatorisch sichergestellt werden<br />
«Auf internationalen SAP-Kongressen<br />
und Eisenbahnmessen ist das<br />
Fachwissen der <strong>Orianda</strong> begehrt.»<br />
können, aber vom Aufwand her besser <strong>mit</strong> IT-Mitteln<br />
erbracht werden. Mit unserer Expertise helfen wir,<br />
IT-Lösungen für die Instandhaltung und Logistik kostengünstig<br />
und nachhaltig bereitzustellen.<br />
Hat die Komplexität auch einen entscheidenden<br />
Vorteil, etwa dass man einen gewonnenen Kunden<br />
nicht so schnell wieder verliert?<br />
Dies sehe ich bedingt so. Eine langfristige Zusammenarbeit<br />
<strong>mit</strong> einem Kunden setzt beständige Qualität<br />
und Vertrauen voraus. Gerade in der Beratung<br />
ist der Mensch von zentraler Bedeutung. <strong>Orianda</strong> ist<br />
als <strong>mit</strong>telständisches Unternehmen besonders darauf<br />
angewiesen, dass ihre Berater beim Kunden die<br />
richtige Leistung bringen und sich überdurchschnittlich<br />
einsetzen.<br />
Und wie sieht es <strong>mit</strong> der Konkurrenzsituation aus?<br />
Kennen Sie ein vergleichbares Unternehmen unserer<br />
Grösse <strong>mit</strong> dem Schwerpunkt Instandhaltungsberatung<br />
im SAP-Umfeld – und dann noch <strong>mit</strong> unserem<br />
Branchenschwerpunkt?<br />
Das Aufgabenfeld setzt ein grosses Fachwissen<br />
Ihrer Mitarbeiter voraus. Haben Sie keine Mühe,<br />
entsprechendes Personal zu finden?<br />
Doch. Hier erweist sich der Standort nicht nur als<br />
vorteilhaft. Für viele Schweizer liegt der schöne<br />
Thurgau leider abseits. Und dann kommt dazu, dass<br />
wir eine enorme Mobilität von unseren Beratern fordern,<br />
die dann von Montag bis Freitag für die <strong>Orianda</strong><br />
unterwegs sind und bei unseren Kunden arbeiten.<br />
Wie stark setzt man beispielsweise auf Fachkräfte<br />
aus Deutschland?<br />
Ausländische Fachkräfte, insbesondere aus Deutschland,<br />
bekommen wir leichter, aber es bedarf einer<br />
gründlichen Ausbildung in den spezifischen Fachgebieten.<br />
Insbesondere gute Kontakte zu den Hochschulen<br />
in Konstanz kommen uns zugute.<br />
Gemäss einer neuen Studie der Credit Suisse gehört<br />
der Kanton Thurgau zu den Regionen <strong>mit</strong> einer<br />
überdurchschnittlich hohen Standortqualität.<br />
Können Sie das als hier tätiger Unternehmer unterschreiben?<br />
Eindeutig ja! Im Thurgau haben wir eine gute Anbindung<br />
an die Verkehrsinfrastruktur der Schweiz. Tägerwilen<br />
verfügt über zwei wenn auch kleine Bahnhöfe,<br />
und die Autobahn ist keine zwei Kilometer entfernt.<br />
Zum Flughafen Zürich-Kloten dauert es eine<br />
Stunde. Lediglich die Anbindung an das Hochgeschwindigkeitsinternet<br />
zu vernünftigen Preisen vermisse<br />
ich. Dies ist in an anderen Standorten in der<br />
Schweiz deutlich besser gelöst. Einzigartig ist die<br />
wunderbare Landschaft <strong>mit</strong> dem Bodensee hier. Wir<br />
arbeiten dort, wo andere Ferien machen.<br />
Ihr Unternehmen wechselte 2011 den Standort.<br />
Man zog von Gottlieben nach Tägerwilen. Standen<br />
auch andere Ortschaften zur Debatte?<br />
Ja, aber nur innerhalb des Thurgaus.<br />
<strong>LEADER</strong> | September 2013
«Für das nächste Jahr haben<br />
wir einen weiteren<br />
Wachstumsschritt geplant.»<br />
Die Grenznähe machen Sie sich zu Nutzen. Sie<br />
legen den Fokus neben der Schweiz auch auf<br />
Deutschland, Österreich und Liechtenstein. Ein<br />
Muss, um in dieser Branche wachsen zu können?<br />
Unser Hauptmarkt ist die Schweiz, wo wir beispielsweise<br />
<strong>mit</strong> dem Gotthard-Basistunnel einzigartige<br />
Mandate haben. Gerne stellen wir unsere Beratungsleistung<br />
auch den Kunden in Deutschland, Österreich<br />
und Liechtenstein zur Verfügung. Die Schweiz<br />
ist ein typisches Eisenbahnland, und das kommt uns<br />
bei Anfragen aus dem Ausland zugute. Auf internationalen<br />
SAP-Kongressen und Eisenbahnmessen<br />
ist das Fachwissen der <strong>Orianda</strong> begehrt. Wir hatten<br />
schon Besucher aus Belgien, Deutschland, Frankreich,<br />
Grossbritannien, Israel, Kroatien, Österreich,<br />
Ungarn und den Emiraten. Dies führt nicht automatisch<br />
zu neuen Kundenaufträgen, aber speziell in der<br />
Eisenbahnwelt ist die <strong>Orianda</strong> <strong>mit</strong>tlerweile bekannt,<br />
ihre Experten sind gefragt.<br />
Und wie sieht es <strong>mit</strong> dem internationalen Markt<br />
aus?<br />
Aktuell sind wir <strong>mit</strong> einem Beraterteam in Abu Dhabi<br />
tätig. Dort wird eine neue Eisenbahn gebaut, und wir<br />
freuen uns sehr, dass Schweizer Qualität und Expertise<br />
in den Emiraten gefragt ist. Es ist etwas Besonderes,<br />
bei einem solchen Aufbau <strong>mit</strong>wirken zu dürfen.<br />
Wie beurteilen Sie die künftige Unternehmensentwicklung?<br />
Ich schätze unsere Chancen auf dem Markt als gut<br />
ein. Wir haben <strong>mit</strong> unserem Fachwissen und der vorhandenen<br />
Kompetenz im SAP-Umfeld ein Alleinstellungsmerkmal,<br />
das wir für den weiteren Ausbau aktiv<br />
nutzen wollen. Wir beschäftigen bis zum Jahresende<br />
knapp 70 Berater; für das nächste Jahr haben<br />
wir einen weiteren Wachstumsschritt geplant. Wir<br />
wollen aber nicht nur quantitativ wachsen, sondern<br />
unser Dienstleistungsangebot erweitern. Was bisher<br />
nur wenigen bekannt ist: Wir bieten auch mobile<br />
Instandhaltungslösungen an und haben <strong>mit</strong> Supply<br />
Chain Management einen neuen Bereich, der vor allem<br />
Kunden im Logistikumfeld ansprechen wird.<br />
Wäre es auch denkbar, weitere Branchen zu erschliessen?<br />
Weitere Branchen stehen bei uns im Fokus, um vor<br />
allem auf dem Schweizer Markt wachsen zu können.<br />
Viel Potential sehen wir im pharmazeutischen<br />
Umfeld und bei Unternehmen, die grosse Anlageobjekte<br />
verwalten und dabei für die Sicherung dieser<br />
Werte unser Fachwissen nutzenbringend einsetzen<br />
wollen.<br />
Funkeln Sie<br />
Was täten Sie machen,<br />
wenn Sie wüssten, dass<br />
Sie noch ein Jahr zu<br />
Leben hätten, aber ansonsten<br />
gesund sind?<br />
Vielleicht ein paar administrative<br />
Dinge erledigen<br />
und die Papiere in<br />
Ordnung bringen. Hoffentlich<br />
den wichtigen<br />
Personen in Ihrem Leben<br />
Ihre Gefühle und<br />
Ihre Zeit schenken. Und<br />
ziemlich sicher verwirklichten<br />
Sie noch ein paar<br />
Träume, Dinge wie tiefseetauchen,<br />
ins Weltall<br />
fliegen oder sich eine<br />
Tätowierung stechen<br />
lassen. Vielleicht aber<br />
auch die kleinen grossen<br />
Wunder des täglichen<br />
Kolumne<br />
Carmen Haag ist CVP-<br />
Kantonsrätin im Thurgau<br />
und Fraktionspräsidentin<br />
der CVP/glp-Fraktion;<br />
Geschäftsführerin eines<br />
Steuerberatungsunternehmens;<br />
Betriebsökonomin<br />
HWV, Eidg. Dipl.<br />
Financial Consultant<br />
FH/Executive Master of<br />
Finance.<br />
Lebens geniessen, wie der Sonne beim Aufgang<br />
zuschauen, den Vögeln zuhören, eine Blume bis<br />
ins kleinste Detail betrachten und dem Nachbarkind<br />
das Velofahren beibringen.<br />
Und weshalb machen Sie das nicht jetzt? Woher<br />
wissen Sie, dass Sie noch länger als ein Jahr<br />
leben dürfen? Wir verhalten uns, als lebten wir<br />
ewig. Wir fühlen uns gefangen in den Erwartungshaltungen,<br />
die unser Umfeld an uns stellt.<br />
Wir möchten gefallen, rackern uns ab und verschieben<br />
Träume auf morgen. Um dann vielleicht<br />
festzustellen, dass die Gesundheit es nicht mehr<br />
zulässt oder die verbleibende Lebenszeit nicht<br />
mehr ausreicht. Dann sind wir verbittert und<br />
fühlen uns betrogen. Dabei wissen wir ganz genau,<br />
dass es unwahrscheinlich ist, das wir alle<br />
gesund 100 Jahre alt werden.<br />
Wir sollten unsere Lebenszeit jederzeit maximal<br />
auskosten. Was das für den Einzelnen bedeutet,<br />
ist Gott sei Dank sehr persönlich und individuell.<br />
Vermögen und die da<strong>mit</strong> verbundenen Möglichkeiten<br />
spielen eine untergeordnete Rolle. Viel<br />
wichtiger sind die zwischenmenschlichen Begegnungen<br />
und das Viele, was in diesem Zusammenhang<br />
nicht ausgesprochen wird. Wir sollten<br />
uns angewöhnen, unseren Mitmenschen schöne<br />
Komplimente zu machen, dem Lokführer zuzuwinken,<br />
fremden Menschen eine Blume zu<br />
schenken und Liebe auszusprechen, auch wenn<br />
es verletzlich macht. Und jeden Tag etwas Zeit<br />
den Wundern der Natur zu schenken.<br />
Wir haben jederzeit die Wahl, ob wir unsere Aufmerksamkeit<br />
den Schönheiten des Lebens schenken<br />
möchten oder den Schattenseiten. Wenn Sie<br />
so durchs Leben gehen, werden Sie funkeln und<br />
andere Menschen zum Strahlen bringen. Kaum<br />
auszudenken, was passiert, falls es ansteckend ist.<br />
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<strong>LEADER</strong> | September 2013